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Solare Pioniere

Foto: Fraunhofer ISE

Auf der Rappenecker Hütte hat die Energiewende bereits vor 25 Jahren begonnen. Die auf der Scheune installierten Solarzellen liefern seit 1987 Strom. Das Gasthaus auf etwas mehr als 1000 Meter Höhe zwischen dem Freiburger Hausberg und der Gemeinde Oberried ist ein Experimentierfeld für das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. „Die Module auf der Rappenecker Hütte weisen nach 25 Jahren noch deutlich über 80 Prozent ihrer ursprünglichen Leistung auf“, sagt ISE-Chef Professor Eike Weber. Bislang gibt es nach Angaben der ISE nur eine Schwachstelle: Langsam dringt Feuchtigkeit in die Module ein.

Auf der Rappenecker Hütte ist es nicht bei einem Solarkraftwerk mit einer Leistung von 3,8 Kilowatt – gefördert von der Europäischen Union – geblieben. 1990 kam ein Windrad mit einer Leistung von 1,8 Kilowatt hinzu. Dafür hatte das Bundesforschungsministerium Geld gegeben. Und 2003 ist eine Brennstoffzelle installiert worden. Eine Investition, die der Innovationsfonds des südbadischen Energieversorgers Badenova mitfinanziert hatte. Mit der Brennstoffzelle ist auf der Hütte dann ein paar Jahre lang so viel Strom produziert worden, dass der Dieselgenerator (Leistung: zwölf Kilowatt) gar nicht mehr gebraucht wurde. Allerdings war die Brennstoffzelle den Ansprüchen des Pächters der Hütte nicht gewachsen. Sie ging schnell kaputt und auch die zwei Nachfolge-Modelle hielten nicht allzu lange.

Erst in diesem Jahr zum 350-jährigen Bestehen der bei Wanderern beliebten Gaststätte, und zum 25-jährigen Bestehen des Solarkraftwerks, ist nun eine neue Brennstoffzelle installiert worden. Die Firma FuturE stellte die Vier-Kilowatt-Brennstoffzelle kostenlos zur Verfügung, um zu zeigen, dass sich auch diese Technik weiter entwickelt hat. Der Jahresstromverbrauch von 4.000 Kilowattstunden – zwischen November und März bleibt die Küche in der Hütte kalt – wird zu 65 Prozent von der Photovoltaik gedeckt. Der Windkraftanteil beträgt zehn Prozent. Die Brennstoffzelle deckt etwa 25 Prozent des Bedarfs.

Geheizt wird allerdings nicht mit der Brennstoffzelle, obwohl deren Abwärme über einen Wärmetauscher genutzt werden könnte. Das allerdings wäre technisch etwas aufwendiger, und als Finanzier hat sich offenbar auch keiner dafür gefunden. Deshalb wird das Gasthaus mit einer Zentralheizung gewärmt, in der große Holzscheite verbrannt werden. Für die Warmwasserbereitung gibt es aber seit dem Jahr 2000 eine Solarthermieanlage.

Das Experiment des ISE hat viele Nachahmer gefunden. „20 bis 25 Hütten des Alpenvereins sind mit ähnlichen Systemen ausgestattet worden“, sagt Projektleiter Georg Bopp. In Schwellen- und Entwicklungsländern ist diese Insellösung inzwischen ebenfalls häufig im Einsatz.

Die Solarpioniere von heute arbeiten an ganz ähnlichen Themen. Zum Beispiel die zwei jungen Erfinder Alex Hornstein und Shawn Frayne. Sie wollen über sogenanntes Crowdfunding eine Fabrik für die Produktion von Mikrosolarpaneln aufbauen. Die Panele werden genutzt, um Handys oder Batterien aufzuladen. Der Amerikaner Alex Hornstein lebt in der Hauptstadt der Philippinen, Manila. Der Absolvent des Massachussets Instituts for Technology (MIT) nennt sich selbst einen unabhängigen Erfinder. Shawn Frayne lebt in Hong Kong und arbeitet für die Firma Haddock Invention, die unter anderem schon ein Kleinstwindrad erfunden hat. Hornstein und Frayne wollen Kleinstsolarpanels besser und billiger herstellen. Dafür haben sie eine Maschine erfunden, die die Solarzellen bricht, auf Glaspanele aufklebt und in haltbares Plastik einschweißt. Die beiden Erfinder wollen die Panele um 30 Prozent billiger und fünf Mal langlebiger machen.

Die Geldsammelaktion der beiden Erfinder dauert noch bis zum 15. September und ihr erstes Ziel, 50.000 Dollar einzusammeln, um ihre Maschine auf ein großtechnisches Niveau zu bringen, ist schon fast erreicht. Am Freitag lagen die Zusagen bei gut 47.000 Dollar. Sollten sogar 100.000 Dollar zusammenkommen, versprechen die beiden Erfinder, einen günstigeren Laser-Schneider für ihre „Solar Pocket Factory“ zu entwerfen und die Konstruktionsdaten offenzulegen, damit er überall nachgebaut werden kann. Sollten sogar 150.000 Dollar zusammenkommen, soll die Solar Pocket Factory auch komplett mit Solarenergie betrieben werden.

 

Fischer wehren sich gegen Missbrauch bei Ökostrom-Vergütung

Fischtreppen sind ja eigentlich eine feine Sache. Sie ermöglichen Flussfischen einen Umweg um ein Wasserkraftwerk, damit sie am Ende nicht in der Turbine geschreddert werden oder ihnen der Weg versperrt ist.

Auch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) beschäftigt sich mit solchen Dingen. Wer nämlich ein Wasserkraftwerk betreibt, der kann eine höhere Vergütung für jede produzierte Kilowattstunde Ökostrom geltend machen, wenn er „Maßnahmen zur ökologischen Verbesserung“ einbaut. Und das können eben zum Beispiel Fischtreppen sein. Ein lukratives Grünes Geschäft für beide Seiten, möchte man meinen: für die Natur und den Wasserstromlieferanten, der einen Ökobonus kassiert.

In Bayern ist das Thema besonders relevant, schließlich hat kein anderes Bundesland mehr Wasserkraftwerke (rund 4.250 Anlagen). Der Landesfischereiverband in Bayern hat jetzt die ersten Missbrauchsfälle mit dem Ökobonus aufgedeckt. Denn offenbar gibt es Umweltgutachter, die allzu leichtfertig die „ökologische Verbesserung“ attestieren.

Ein wirklich dreister Fall ist etwa ein Plastikrohr von zehn (!) Zentimetern Durchmesser an einem kleinen Wasserkraftwerk am Senkelbach in Augsburg. Eigentlich soll es helfen, dass Fische an der Turbine vorbei vom Staubecken oben ins Unterwasser gelangen können. Doch das Rohr ist natürlich viel zu klein, schwer auffindbar und nichts für große Fische. Und es endet auch noch zwei Meter über dem Becken. „Nicht funktionsfähig“ attestiert Johannes Schnell vom Landesfischereiverband. Ein Umweltgutachter sah das anders und attestierte „ökologische Verbesserung“.

Für den Betreiber hat sich das Plastikrohr gelohnt. Dank des Gutachtens erhält er neben der Grundvergütung von 7,67 Cent nun auch vier Cent Ökobonus für jede Kilowattstunde. Geht man davon aus, dass die Anlage rund 1,8 Millionen Kilowattstunden  im Jahr produziert und die Vergütung 20 Jahre gewährt wird, dann, schätzt Schnell, erhält der Betreiber durch das Plastikrohr einen Mehrerlös von 826.000 Euro insgesamt.

Das sind Summen, die inzwischen dazu führen, dass sogar Netzbetreiber gegen die Gutachten klagen. So etwa die  Mitteldeutsche Netzgesellschaft Strom aus Halle/Saale. In fünf Fällen wehrte sie sich gegen leichtfertig ausgestellte Umweltgutachten, jedes Mal bekam sie vor Gericht beziehungsweise einer Clearingstelle Recht.

Glaubt man Fischfreund Schnell, dann ist die Anlage in Senkelbach zwar ein Negativrekord.

„Aber es gibt den begründeten Verdacht, dass es hier einen systematischen Missbrauch gibt.“

Eine Gesamtübersicht der Missbrauchsfälle gibt es bislang nicht. In einem Leitfaden listet der Verband aber einige weitere Fälle auf. Die auf 20 Jahre hochgerechneten Erlössteigerungen durch die Gutachten schwanken nach Kraftwerk zwischen rund 34.000 Euro und mehreren Millionen Euro. Und das sind wohlgemerkt Gelder, die am Ende alle Stromkunden per EEG-Umlage zahlen.

„Seitens der Wasserkraftbranche waren bisher keine Bestrebungen zu erkennen, fragwürdige Fälle oder offensichtlichen Missbrauch beim EEG branchenintern zu überprüfen oder zu korrigieren“, so Schnell.

Interessant sind vor allem die volkswirtschaftlichen Dimensionen des Problems. Denn der Ökobonus ist gerade für  Wasserkraftanlagen mit einer geringen Leistung attraktiv. Wer ein kleines Kraftwerk betreibt, der kann die Vergütung um fast 50 Prozent steigern. Dabei liefern diese kleinen Anlagen  nur acht Prozent der bayrischen Wasserstromproduktionen.

 

Und das Stromnetz kann doch noch mehr

Das Folgende läuft unter der Kategorie „Na, geht doch“. In Schleswig-Holstein hat E.on Netz Anfang August ein Pilotprojekt gestartet. Es erhöht die Übertragungskapazität der 110 kv-Leitungen um bis zu 50 Prozent. Das ist jetzt, wo allenorts über den Netzausbau gestritten wird und Bürger sich gegen neue Stromleitungen in ihrer direkten Umgebung aussprechen, ein wirklich spannendes Projekt. Und vor allem wichtig für Schleswig-Holstein, wo die Windenergie an Land ja noch radikal ausgebaut werden soll und der Netzausbau nicht hinterkommt.

Das so genannte Auslastungsmanagement auf zwei Pilotstrecken klingt zuerst einmal widersprüchlich: E.on Netz schaltet Windräder vom Netz ab. Aber, und das ist der Unterschied zur bisherigen Praxis, das passiert nur noch bei einem Störfall. Bislang war es so, dass Techniker in der Schaltzentrale von E.on einzelne Windräder manuell und in Stufen abgeschaltet haben, wenn das Netz komplett ausgelastet war (Einspeisemanagement). Der Windparkbetreiber findet das natürlich nicht prickelnd, weil er seinen Ökostrom nicht mehr vergütet bekommt. Aber die Netzbetreiber müssen ihm eine Ausgleichsvergütung zahlen.

Jetzt probiert E.on auf den Pilottrassen (ingesamt betrifft das rund 200 Windräder mit einer Kapazität von 400 Megawatt) ein automatisiertes Verfahren. Die Windräder werden per Computer sofort komplett abgeschaltet. Das passiert aber nur noch im wirklichen Ernst-, sprich im Störfall. Und das ist dann weitaus seltener als sonst. So nutzt E.on Reservekapazitäten im Netz aus. Die Folge: Es kann zwar sein, dass Windräder abgeschaltet werden, trotzdem landet aber mehr Ökostrom im Netz. Drei Millionen Euro hat E.on in die Technik investiert.

Im Netz geht also noch was. Erst recht, wenn man sich anschaut, dass E.on in Schleswig-Holstein auch noch Freileitungsmonitoring betreibt. Die Idee ist simpel: Der Wind kühlt Stromleitungen. Und wenn´s dann draußen auch noch schön knackig kalt ist,  erhöht das die Übertragungskapazitäten des Stromnetzes auch noch einmal um bis zu 5o Prozent.

Dass so viel Musik noch im Netz drin ist, hätte E.on wohl selbst vor ein paar Jahren nicht gedacht.

 

Altmaier und die wunderbare „Privilegierungsmasse“

Altmaier-Bashing seitens der Umweltverbände ist ja gerade in. Die Grünen glauben, dass  sich der Bundesumweltminister über den Ausbau der Erneuerbaren grämen würde. Die Windmüller haben Angst, dass er den Ausbau der Windkraft an Land blockieren will.

Hier einmal eine Nachricht, die vielleicht die Truppe beruhigen mag. Auf einer Erneuerbaren-Energien-Tagung hat Peter Altmaier gerade betont, dass es mit ihm keine weiteren Ausnahmen für die Industrie bei der Ökostrom-Umlage geben werde.

„Für weitere Reduzierungen sehe ich keinen Bewegungsspielraum. Wenn, dann muss man das aus der bisherigen Privilegierungsmasse finanzieren.“

Einmal davon abgesehen, dass „Privilegierungsmasse“ ein ganz wunderbares, mir vorher unbekanntes Wort war: Übersetzt bedeutet das: Wenn irgendjemand eine Ausnahme von der EEG-Umlage haben möchte, dann muss jemand anders eine bitteschön aufgeben.

Altmaier berührt damit natürlich ein aktuelles Thema. Stromintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen, können sich von der EEG-Umlage befreien lassen. Das Bundesumweltministerium schätzt, dass allein in diesem Jahr rund 730 Unternehmen so mehr als 2,5 Milliarden Euro einsparen werden.

Seit Kurzem klagen auch mittelständische Textilunternehmen gegen die EEG-Umlage, weil sie sich im Vergleich zur stromintensiven Industrie benachteiligt fühlen, da sie nicht in Genuss der Ausnahme kommen.

Natürlich geht es am Ende darum, wer eigentlich die Kosten der Energiewende finanziert. Zur Veranschaulichung will ich den Lesern nicht einen „echten Altmaier“ aus meinem Notizblock vorenthalten:

Skizze von Bundesumweltminister Peter Altmaier, Copyright: M.Uken
Skizze von Bundesumweltminister Peter Altmaier, Copyright: M.Uken

Auf der x-Achse sieht man einen Zeitstrahl. Auf der y-Achse hat der Umweltminister leider vergessen, „Kosten“ dranzuschreiben. Die Erklärung geht so: Ursprünglich verteilten sich die Kosten der Energiewende relativ gleichmäßig auf den Zeitraum vom Jahr 2000 bis 2050 (untere Kurve).

Jetzt aber, durch den rasanten Ökostromausbau, fallen die Kosten viel früher an (siehe obere Kurve): Die Ausgaben für die Ökostromvergütung steigen früher als gedacht an, dazu kommen auch noch die Kosten für den Netzausbau. Der große Finanzierungsbedarf wird also auf einen kürzeren Zeitraum verteilt als ursprünglich bedacht, er wird gestaucht.

Diese Stauchung hat natürlich vielfältige Folgen. Das beginnt bei Tennet, denen jetzt das Eigenkapital für den Netzausbau Offshore fehlt und endet bei Sozialtarifen, die mancher fordert, weil einkommensschwache Haushalte unter den schnell steigenden Strompreisen leiden.

Altmaier will deswegen einen „gesellschaftlichen und nationalen Konsens“ über die Energiewende. Das mag erstmal nach Blabla klingen, aber er hat Recht: Ohne das „Go“ der Bevölkerung und der Bundesländer, die Kosten gemeinsam zu stemmen, wird die Energiewende kaum gelingen.

 

Thunfisch, geangelt mit Samthandschuhen

Fischer mit Handangeln, Copyright: Naturland
Fischer mit Handangeln, Copyright: Naturland

Manchmal kommt man ja in der Küche um die Dose Thunfisch nicht drumherum. Schaut man sich die Packungen an, dann ist da viel von „delfinfreundlichem Fang“ die Rede. Das heißt aber noch lange nicht, dass er wirklich auch aus einem intakten Bestand stammt und man mit seinem Kauf nicht zur Überfischung beigetragen hat.

Immer mehr Anbieter bringen daher Thunfisch mit einem Ökosiegel auf dem Markt. Die wichtigsten Zertifizierer hierzulande sind das Marine Steward Council (MSC) und Naturland. Sie garantieren Fischkonsum mit gutem Gewissen. Bei Naturland spielen, im Unterschied zu MSC, auch soziale Kriterien wie Krankenversorgung für die Fischer und Schulausbildung für deren Kinder eine Rolle.

Ein Bio-Fischanbieter arbeitet mit etwa mit einer Thunfisch-Fischerei auf den Malediven zusammen. Es ist wohl die ineffizienteste, dafür aber umweltverträglichste Fischerei überhaupt: Die Fischer angeln den Thunfisch einzeln mit Bambusangeln. Beifangprobleme? Unbekannt.

Der Inselstaat hat sich in den vergangenen Jahren auf Leinenfang spezialisiert. Mehr als 570 traditionelle maledivische Boote, die Dhonis, sind dort unterwegs. Die Fische werden vor Ort verarbeitet, das stärkt die heimische Wirtschaft.

Umweltverbände wie Greenpeace unterstützen solche Initiativen.  „Wir favorisieren die Angelruten-Fischerei“, sagte mir Greenpeace-Experte Thilo Maack in einem Gespräch, „sie ist eine der selektivsten und damit umweltverträglichsten Fischereien überhaupt.“

Auch das Kieler Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung findet Angelroutenfischerei gut, betont allerdings, dass sie nicht per se die beste Methode sei. „Leinenfischerei ist gut, aber reicht nicht aus“, sagt Rainer Froese, Meeresbiologe am Helmholtz-Zentrum. „Auch wenn man den letzten Fisch mit Samthandschuhen fängt – es bleibt der letzte Fisch.“

Wichtig ist also nicht nur die Fangmethode, sondern auch, wie es dem Bestand geht. Für die Malediven sieht das ganz gut aus. Nach Einschätzung des jüngsten Berichts der Indian Ocean Tuna Commission ist der Bestand des Skipjack-Thunfisches vor den Malediven groß genug und nicht zu hart befischt.

 

 

Neue Offshore-Perspektiven – mit Altmaier im Watt

SH-Landesumweltminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), Copyright: M.Uken
SH-Landesumweltminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU), Copyright: M.Uken

So ganz geheuer ist es ihm nicht. Vorsichtig tastet sich Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) gerade bei Friedrichskoog über das rutschige Watt. Es hat ein bisschen gedauert, bis er sich durchgerungen hat, tatsächlich die Gummistiefel im Strandkorb zu lassen, ein wenig eitel ist der Mann ja schon.

Aber nun glitscht er mehr oder weniger sicher über den feuchten Meeresboden. Aufmerksam hört er der jungen Frau zu, die mit ihrer Forke im Watt herumfuhrwerkt, Wattwürmer zeigt und Krebse präsentiert. Nein, Danke, den Wattwurm will er lieber doch nicht auf der Hand herumkriechen lassen – Matsche an den Waden, das reicht ihm. Das darf dann lieber der grüne Landesumweltminister Robert Habeck machen, der neben ihm durchs Watt stakst.

Es ist eine seltsame Begegnung, Altmaier und das Wattenmeer. Ein Koloss, der seinen Weg auf rutschigem Boden sucht. Der Minister ist auf Sommerreise. Er startet oben im Norden, in Schleswig-Holstein. Kein anderes Thema drängt hier so wie die Energiewende mit ihrem rasanten Ausbau der Offshore-Windenergie. Altmaier will den Ausbau („klares Bekenntnis zur Offshore-Windenergie“), weiß aber auch genau um die Schwierigkeiten. Das Interesse der Investoren an maritimen Windrädern ist enorm: Zurzeit liegen der Genehmigungsbehörde Anträge für Windparks mit einer Kapazität von 44 Gigawatt vor. Gut für die Energiewende – aber es könnte sich als Problem für das empfindliche Natursystem vor der Nordseeküste entpuppen.

Nun muss man, in bester Altmaier-Manier, sagen: gemach, gemach. Wer weiß, wie viele Projekte tatsächlich am Ende gebaut werden. Aber das enorme Interesse bringt den Bundesumweltminister ganz schön in Bredouille, denn er ist für beides zuständig, den Naturschutz und die Energiewende.

Und da tauchen jede Menge Konflikte auf. Eines ist der Lärmschutz für Schweinswale und Kegelrobben während der Bauarbeiten. „Es gibt immer wieder kleine Nagelproben, an denen sich entscheidet, welche Rolle der Naturschutz tatsächlich in der Energiewende spielt“, sagt Altmaier. Da unterscheidet er sich radikal von seinem Vorgänger Norbert Röttgen, den das Themengebiet kaum interessierte.

Bundesumweltmininister Peter Altmaier (CDU) und SH-Landesumweltminister Robert Habeck (Grüne); Copyright: M.Uken
Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) und SH-Landesumweltminister Robert Habeck (Grüne); Copyright: M.Uken

Altmaier dagegen lässt sich bei 35 Grad durch die Seehundaufzuchtstation in Friedrichskoog führen, füttert Seehunde und lässt sich erklären, wie Kegelrobben auf den Lärm bei den Rammarbeiten reagieren. Eine Karte der Nordsee zeigt, wo überall Offshore-Windparks geplant sind und wie sich die Schallwellen während der Rammarbeiten ausbreiten. Da bleiben kaum noch Ruhezonen für die rund 45.000 Schweinswale, die durch den Baulärm ihr Gehör und damit ihren Orientierungssinn verlieren können.

Altmaier reagiert darauf. Mitten im Watt muss er Interviews geben, der Schlick schmatzt unter seinen Füßen. Er fordert ein umfassendes Schallkonzept für die Offshore-Windenergie. Die Windparkbetreiber wird das kaum freuen, denn es wird verdammt teuer für sie, Blasenschleier während der Rammarbeiten zu installieren und neue Verfahren zu entwickeln. Altmaier aber ist überzeugt:

„Wir wollen die Energiewende, um unseren Planeten zu schützen, aber wir müssen es so machen, dass auch die Tiere nicht zu sehr beeinträchtigt werden.“

 

 

 

Offshorewindenergie: Neuer Wirbel um Stromnetzbetreiber Tennet

Die armen Niederländer, möchte man fast sagen. Tennet, der Stromkonzern aus Arnheim, der unter anderem in Deutschland für den Anschluss der Offshorewindparks in der Nordsee sorgen muss, steht erneut im Fokus. Jetzt wurde bekannt, dass der Offshorewindpark-Betreiber Windreich den Stromnetzbetreiber erstmals vor der Bundesnetzagentur verklagt hat, weil Tennet die Steckdose auf See nicht pünktlich liefern kann. Im Raum stehen Schadensersatzforderungen in Millionenhöhe.

Die Klage ist brisant, denn gerade eben hat die Bundesregierung den Referentenentwurf vorlegt, der genau solche  Haftungsfragen für Offshorewindparks klären soll. Weil bislang unklar ist, wer eigentlich zahlt, wenn ein Offshorewindpark seinen Strom nicht ins Netz einspeisen kann, verzögert sich der Ausbau der Windenergie gerade immens, halten Windparkbetreiber ihre Investitionen zurück.

Der aktuelle Vorschlag der Regierung sieht vor, dass der Stromnetzbetreiber (also in diesem Fall Tennet) an den Windparkbetreiber 90 Prozent der entgangenen Vergütung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz zahlen muss. „Aber wir wollen natürlich Erlöse aus produziertem Strom un

 

Ökofonds können der Finanzkrise kaum trotzen

Zurzeit Besitzer einer Solarworld-Aktie zu sein, macht gerade keinen Spaß: Der Kurswert dümpelt aktuell bei 1,15 Euro. Dabei kratzte sie zu Hochzeiten vor einigen Jahren schon einmal an der 50-Euro-Marke. Auch Solarworld hat mit den Überkapazitäten der Branche und dem Preisverfall zu kämpfen.

Erst vorgestern gaben die Bonner einen Verlust von 143 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern für das erste Halbjahr 2012 bekannt. Auch der Ausblick ist alles andere als sonnig, man werde „im Geschäftsjahr 2012 aus heutiger Sicht kein positives EBIT erzielen“. (EBIT ist der Gewinn vor Zinsen und Steuern)

Oh je, kann man da nur sagen. Kein Trost ist es da, dass es anderen „Solaris“ nicht besser geht. Im Vergleich zum Vorjahr hat Deutschlands wichtigster Solaraktien-Index PPVX, der die 30 weltweit größten Solarfirmen abbildet, rund zwei Drittel an Wert eingebüßt.

Nun könnte man argumentieren: Ist doch kein Problem. Wer eine Solaraktie kauft, der tut doch sowieso nichts für die Energiewende. Schließlich sind die Aktien bereits im Handel, eine Solarworld bekommt durch den Aktienkauf nicht einen Cent mehr, um damit in die Energiewende zu investieren. Ähnlich bei Vestas, dem weltgrößten Windradhersteller. Wer eine Vestas-Aktie ersteht, der verschafft dem Unternehmen nicht höhere Mittel für den Ausbau der Windanlagenproduktion.

Das Problem ist, dass die mauen Kurse der Erneuerbare-Energien-Branche sich auch auf die Performance der nachhaltigen Anlagefonds insgesamt auswirken. Rund 115 Milliarden Euro haben Anleger im deutschsprachigen Raum hier im vergangenen Jahr investiert. Nach Angaben des Forums Nachhaltige Geldanlage machen Firmen aus dem Bereich erneuerbare Energien rund ein Viertel aus.

Früher galten nachhaltige Geldanlagen (und darunter verstehen viele Anleger ja vor allem auch Firmen aus dem Alternative-Energien-Bereich) als attraktiv, das Segment verzeichnete zweistellige Wachstumsraten. Nun eiert vor allem die deutsche Politik bei der Förderung und verunsichert Anleger. Entsprechend hat sich das Wachstum abgeschwächt, es lag 2011 bei rund fünf Prozent. In anderen Jahren waren es noch mehr als 15 Prozent. „Grüne Investmentfonds sind keine Selbstläufer“, so das Fachmagazin Ecoreporter und schreibt in der jüngsten Ausgabe:

„72 der nachhaltigen Aktienfonds, die länger als fünf Jahre am Markt sind, haben zweistellig an
Wert verloren. Sie bewegen sich damit übrigens auf einem ähnlich schwachen Niveau wie herkömmliche Aktienfonds.“

Fragt sich nur, wie sich die Ökofonds in Zukunft entwickeln werden. Manche Fondsmanager sind da ganz optimistisch und sagen: Wenn es schnell abwärts geht, kann es auch schnell wieder aufwärts gehen.

Na, mal sehen.

 

 

 

 

 

Mehr Cash für neue Ökoheizungen

Es gibt sie tatsächlich noch, die kleinen, positiven Meldungen über die Energiewende. Die Bundesregierung hat jetzt bekannt gegeben, die Förderbedingungen für das Heizen mit erneuerbaren Energien zu verbessern. Bereits ab dem 15. August 2012 können sich Antragssteller über höhere Zuschüsse vom Staat für Solarkollektoren und Wärmepumpen freuen.

Konkret erhöht das Bundesumweltministerium die Förderung aus dem Marktanzreizprogramm. Das wird vor allem für Hausbesitzer interessant sein, die sich Solarkollektoren aufs Dach schrauben, um damit Warmwasser für Heizung, Dusche und Waschmaschine zu produzieren. Nach Angaben des Bundesverbands Solarwirtschaft (BSW) können sie zukünftig bei einer klassischen Solarwärme-Anlage statt mit 1.500 mit bis zu 2.000 Euro Zuschuss kalkulieren: Die Mindestförderung steigt und zudem gibt es noch eine Abwrackprämie für den alten Heizungskessel.

Bislang gab es die Zuschüsse nur für den Austausch von alten, ineffizienten Anlagen. Ab kommender Woche unterstützt die Bundesregierung auch die Kombination von Biomasseanlagen, Wärmepumpen und Solarkollektoren in Neubauten – allerdings erst einmal nur in großen Mehrfamilienhäusern. Wer eine Biomasseanlage zum Heizen nutzt (das sind zum Beispiel Holzpelletanlagen) und diese nachrüstet, bekam bisher 500 Euro Zuschuss. Zukünftig gewährt der Bund hier 750 Euro. Und auch für Neubauten werden solche Ökoheizungen nun erstmals mit 850 Euro unterstützt.

Na endlich, kann man da nur sagen. Schließlich verwenden wir rund 40 Prozent unserer Energie fürs Heizen – und bislang leisten erneuerbare Energien da einen geringen Beitrag. Seit Jahren will die Bundesregierung daher den Einsatz alternativer Energien im Wärmesektor fördern. Und seit Jahren bemüht sie dabei das Bild vom „schlafenden Riesen Ökowärme“. Ob der nun von dem Geldsegen aufwacht, werden die kommenden Monate zeigen. Die Solarlobby ist optimistisch. „Sowohl Eigenheimbesitzer als auch die Industrie profitieren. Wir rechnen mit einer Belebung der Nachfrage“, so der BSW.

Die Bundesregierung hat allerdings noch einen kleinen Trumpf im Ärmel. Im Vermittlungsausschuss vegetiert ja immer noch der Vorschlag zur steuerlichen Abschreibung von energetischen Sanierungsmaßnahmen. Wer sein Haus saniert, soll jährlich zehn Prozent der Sanierungskosten von der Steuer abschreiben können. Im Verhandlungspaket könnte nun auch eine Maßnahme aus dem Bereich erneuerbare Wärme sein, die sich dann abschreiben ließe. Wann die Verhandlungen zwischen Bund und Ländern, die das Vorhaben wegen Steuerausfällen boykottieren, allerdings fortgesetzt werden, ist noch unklar.

 

Solare Landschaften

Wer durch Süddeutschland fährt, sieht sie überall funkeln: Fotovoltaikanlagen, wohin das Auge schaut. In idyllischen Schwarzwaldtälern helfen sie Bauern, Sägereien oder sogar kleinen Industriebetrieben, ihre Energiekosten niedrig zu halten. In Bayern dagegen sind sie entlang der Autobahn in Richtung Osten vor allem als Freiflächenanlagen zu sehen. Und in den bayerischen Alpen sieht es nicht anders aus als im Schwarzwald oder den italienischen Alpen. Nur Österreich auf der Strecke Richtung Brenner ist abstinent. Dort ist kaum eine Solaranlage auf einem Dach zu erspähen.

Bisher bildet der reale Ausbaustand der Solarenergie vor allem die jeweilige staatliche Förderung in den Ländern ab. Aber das wird sich jedoch schnell ändern. In Deutschland ist die Solarförderung gerade unter den Preis für Haushaltskunden pro Kilowattstunde gesunken. In Italien, Spanien, Großbritannien wird sie ebenfalls zurückgefahren. Lediglich Japan, das noch ganz am Anfang des Ausbaus steht, hat gerade erst einen Einspeisetarif für erneuerbare Energien eingeführt. Dort werden zunächst 43 Cents (42 Yen) pro Kilowattstunde Solarstrom gezahlt, 20 Jahre lang.

Trotz der Kürzungen wird der Ausbau der Solarenergie nicht nur in Deutschland, sondern weltweit weitergehen. Warum? Weil die Solarenergie kurz davor ist, auch ohne Förderung wirtschaftlich zu sein. In Süd- und Mittelamerika werden sogenannte Net-Metering-Modelle erprobt. In Brasilien oder auch in Costa Rica bekommen Investoren Zähler eingebaut, die vorwärts und rückwärts zählen können. Je mehr Solarenergie jemand verbraucht, desto kleiner wird die Stromrechnung, und Überschüsse kann er oder sie ins Netz einspeisen und so die eigene Stromrechnung weiter reduzieren.

Überall dort, wo der Haushaltsstrom relativ teuer ist, ist das bereits ein gutes Geschäft. Der deutschen Solarförderung sei Dank. In ihrem Bericht über grünes Wachstum (Green Growth) hat die Weltbank darauf hingewiesen, dass die deutsche Solarförderung für viele Entwicklungsländer mehr wert ist, als diverse Millionen Entwicklungshilfe. Denn dadurch wurde in die Solarenergie investiert und diese wird nach und nach überall erschwinglich. Noch verfügt Deutschland über etwa die Hälfte der weltweit installierten Solarkapazität. Doch jetzt beginnt der Ausbau auch überall sonst. Deutschland wird dann nur noch ein Markt unter vielen sein. Aber dennoch wird der Ausbau auch hierzulande weitergehen – mit immer weniger Förderung. Genau so war das vor Jahren auch einmal gedacht.