Okay, anfangs konnte ich mit diesem Wort auch nichts anfangen: Shwopping. Ähhh, wie bitte? Es ist ein ziemlich kruder Mix für meine deutschen Muttersprachler-Ohren von shopping (einkaufen) und swap (austauschen). Aber die Idee, die dahinter steckt, könnte ein neuer Trend werden.
Heute hat in London die britische Klamottenkette Marks & Spencer zusammen mit der Entwicklungshilfeorganisation Oxfam eine „Shwopping“-Initiative vorgestellt. Jedes Jahr verkauft die Kette rund 350 Millionen Kleidungsstücke. Wie wäre es, wenn jeder beim Kauf eines neuen Kleidungsstückes ein altes in eine Sammelbox im Laden wirft (ein Schelm, der Böses dabei denkt)? M&S reicht die ausrangierten Stücke weiter an Oxfam und will sie so vor der Mülltonne bewahren. Dort landen nach M&S-Angaben schließlich alle fünf Minuten rund 10.000 Altkleiderstücke in Großbritannien. Oxfam verkauft die Stücke entweder secondhand weiter oder nutzt sie als Recyclingmaterial – und entlastet so die Umwelt.
In Deutschland ist mir das Shwopping zwar noch nicht untergekommen, auch die großen Ketten wie H&M und C&A halten sich bei solchen Mitmach-Aktionen seltsam zurück. Also machen es die Leute eben selbst. Etwa morgen in Berlin. Beyond Berlin und ReShirt laden dort gerade per Facebook zum weltweit ersten Shirtmob ein.
Um 17 Uhr werden auf dem Alexanderplatz mitten in Berlin wildfremde Menschen aufeinander zustürmen, sich ihrer T-Shirts entledigen und sie untereinander tauschen. Auch eine Idee, um an neue Klamotten zu kommen. Erste Bedingung: Es sollen exzentrische Shirts sein, also bitte nicht das Polo von Ralph Lauren. Zweite Bedingung: bitte frisch gewaschen.
Es klingt nach einem „Pfff, dann machen wir’s eben selbst“: Die ersten Windpark-Betreiber bauen inzwischen ihre eigenen Stromleitungen, um den Ökostrom von Windparks abzutransportieren und ins Stromnetz einzuspeisen. Das Besondere daran ist: Kein Privathaushalt oder Gewerbebetrieb hängt an diesen Stromleitungen. Es sind reine Einbahnstraßen, der Strom kann nur zum Übertragungsnetz abtransportiert werden.
Normalerweise speisen Windparks ins Verteilnetz ein, an das Haushalte und Unternehmen angeschlossen sind und das daher gewisse Sicherheitsstandards für einen möglichen Blackout erfüllen muss (Ich sag‘ nur (n-1)-Sicherheit, aber das führe ich hier lieber nicht aus). Das müssen die neuen Einspeisenetze nicht – und das macht sie, obwohl sie Erdkabel sind, günstiger. Zu ihnen präsentierte der Bundesverband Windenergie heute eine passende Studie und titulierte die Idee Mosaikstein im Gesamtbild Energiewende.
Das längste Öko-Einspeisenetz in Deutschland hat inzwischen der Windparkbetreiber Enertrag für sein Kraftwerk Uckermark errichtet. Das sei schneller und günstiger, als den Ausbau des Verteilnetzes abzuwarten. Rund 600 Kilometer Erdkabel hat Enertrag verlegt.
„Wir wollten das Heft selbst in die Hand nehmen und uns unabhängig von regionalen Verteilernetzen machen“, sagt Enertrag-Vorstand Jörg Müller.
Bislang hat das Unternehmen die Kosten, mehr als 35 Millionen Euro, aus eigener Kasse finanziert. Allerdings hört man auch hier den Ruf nach finanzieller Unterstützung. Die Branche fordert eine Umlage auf den Strompreis, ähnlich den Netzentgelten, um die neuen Einspeisenetze zu finanzieren.
Aber ob’s die wirklich geben wird? EEG-Umlage und Netzentgelte haben wir ja bereits auf den Strompreis. Nun ist auch noch eine Art Offshore-Umlage im Gespräch. Dass sich die Politik dann auch noch zu einer Einspeisenetz-Umlage hinreißen lässt – wohl kaum.
Wat es alles gibt, oder? Die Windmüller starten jetzt in die nächste Liga: Sie wollen die besseren Windverhältnisse in – Achtung – 300 bis 500 Metern Höhe ausnutzen. Das Unternehmen NTS aus Berlin entwickelt dafür zurzeit die erste Höhenwindanlage in Deutschland. Dabei bewegen hoch am Himmel ziehende Drachen kleine Fahrzeuge auf einem Schienenkreis am Boden. Es ist sozusagen die Skysails-Idee fürs Land. Ein Kite soll eine Kapazität von etwa einem Megawatt schaffen. Die Effizienz sei wegen der besseren Ausbeute bis zu drei Mal höher als bei den herkömmlichen Windrädern.
NTS ist inzwischen sogar aus der Zukunftsvisionsphase heraus. In Mecklenburg-Vorpommern hat das Unternehmen in der Gemeinde Friedland eine erste Testanlage gebaut, die 400 Meter lang ist. Die Entwicklungskosten liegen im einstelligen Millionenbereich, die Berliner Förderbank IBB unterstützt das Projekt. Der Geschäftsführer des Start-Ups gibt sich optimistisch, bislang erfülle der Testbetrieb alle Erwartungen, so Uwe Ahrens.
Wie also genau funktioniert die Technik? Die Idee ist, die stärkeren Winde dort oben besser auszunutzen, NTS schwärmt sogar von grundlastfähigem Strom. Die Kites ziehen die kleinen Fahrzeuge auf den Schienen immer in der Runde. Dabei erzeugen Generatoren Strom und speisen ihn ins Netz ein. Wenn es keinen Wind gibt oder die Fahrzeuge gerade auf einem Abschnitt unterwegs sind, auf dem der Wind aus der falschen Richtung bläst, übernehmen die Schienenfahrzeuge den Antrieb und ziehen die Kites. Auch wenn das wiederum Energie verbraucht: Das sei vergleichsweise wenig, sagt NTS. So sollen die Kites in der Luft gehalten werden. So funktioniert übrigens auch der Start der Kites: Die Mini-Fahrzeuge ziehen die Drachen in die Luft hoch. Es ist das gleiche Prinzip wie beim Drachensteigen, die ersten Meter muss man eben selbst rennen.
Eine Herausforderung ist, das wird gleich klar, der Flächenbedarf an Land und in Luft. Über der Anlage können Flugzeuge nur eingeschränkt fliegen, schließlich sind die Drachen auf bis zu 500 Metern Höhe unterwegs. Und damit sich nichts vertüddelt, brauchen die Kites einen Mindestabstand von etwa 400 Metern. NTS stellt die Schienen auf Stelzen, damit die landwirtschaftlichen Flächen noch zu nutzen sind. Trotzdem würde eine Anlage, die etwa 120 Gigawattstunden im Jahr produzieren können soll, rund 9,6 Kilometer lang sein müssen (weil sie die Form einer Ellipse hätte wäre sie de facto rund 4.000 Meter lang und rund 800 Meter breit).
Tja, ob das jetzt was für Deutschland ist? Erst einmal sicher nicht, dafür ist die Technik ja noch in der Pilotphase. Aber die Entwicklerfreudigkeit, die dahinter steckt, die braucht Deutschland jetzt in der Energiewende auf jeden Fall. Und wer weiß: Vielleicht finden sich ja die ein oder anderen Landwirte, die ihre Äcker lukrativ an die Drachenflieger von NTS verpachten wollen.
Okay, fragen Sie mich jetzt nicht, warum dieses britische Start-Up gerade Naked Energy heißt. Denn das, was die Firma gerade entwickelt, ist alles andere nackt, die Briten ummanteln nämlich: Sie stecken Solarkollektoren, die Wasser erhitzen, in eine Art Glaskolben und kombinieren sie mit Solarzellen, die Strom erzeugen. Das erhöht, zumindest theoretisch, die Effizienz ungemein.
Am Anfang steht nämlich eine Art „Designdilemma“: Je wärmer eine Solarzelle wird, desto geringer ihre Ausbeute. Auf der anderen Seite benötigt man allerdings gerade höhere Temperaturen, um Wasser mit Solarkollektoren zu erhitzen. Wie also löst man den Zielkonflikt, wenn man beides kombinieren will?
„A very efficient photovoltaic panel has a maximum efficiency of approximately 18 per cent. But by the time you get up to 65°C, which is quite a normal temperature on the face of a solar panel, you’re down to something like four per cent efficiency“, sagt Nick Simmons von Naked Energy dem Fachmagazin The Engineer.
Also muss man die Hitze ableiten, um den Wirkungsgrad zu steigern. Die Hitze lässt sich wiederum perfekt zur Warmwasserbereitung mit einem Solarkollektor nutzen – eine klassische win-win-Situation. Naked Energy macht das mit einer speziellen Wärmeleitertechnology, lässt sich aber nicht so recht in die Karten schauen. Inzwischen hat das Unternehmen einen ersten Prototyp entwickelt.
„Heat is transferred away from the photovoltaic cells with a patented thermosyphon technology that harvests the unwanted heat from the photovoltaic cell to heat up water“, heißt es bei The Engineer.
Nun muss ich ein bisschen Entwarnung geben: Das, was die Briten hier entwickeln, ist nicht komplett neu – aber eben vielversprechend. Am Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) arbeitet man ebenfalls schon seit einiger Zeit an der Technologie, schließlich ist sie – wenn sie denn klappt – die effizienteste Art, Solarenergie auszunutzen. Bislang allerdings steckt man dort auch noch in der Prototypenphase. Die Herausforderung ist es, Solarzelle und Solarkollektor zu kombinieren – und zugleich Kosten einzusparen. Das gelinge bislang noch nicht in ausreichendem Maße, heißt es am ISE.
Mal schauen, ob es den Briten besser geht. Die scheinen ganz optimistisch zu sein. Aber sie sind auch auf der Suche nach Investoren, mehr als zehn Millionen US-Dollar wollen sie in den Aufbau einer Produktion stecken, wenn ihr Prototyp erfolgreich ist.
Laut Duden bedeutet das Wort wenden „in die entgegengesetzte Richtung bringen“. Dass der Politik der U-Turn gerade schwerfällt, zeigt sich zurzeit mal wieder im Detail. Das Gesetz zur Kraft-Wärme-Kopplung soll novelliert werden. Hinter diesem Wortungetüm verbirgt sich die Förderung von Mini-Kraftwerken. Jemand, der etwa ein Blockheizkraftwerk im Keller hat, erzeugt selbst Wärme und Strom. Für jede Kilowattstunde Strom erhält er bei einer kleinen Anlage eine Vergütung von zurzeit etwa fünf Cent, schließlich erzeugt er dezentral und effizient Energie zu Hause.
Der Bundesregierung ist die Kraft-Wärme-Kopplung eigentlich ein Herzensanliegen. Auf einen Anteil an der Stromerzeugung von 25 Prozent in 2020 soll sie kommen. Jede vierte Kilowattstunde sollen also die Bürger am liebsten privat erzeugen. Oder sie soll in einem effizienten Kraft-Wärme-Kraftwerk, das zugleich ein Fernwärmesystem unterstützt, produziert werden.
Doch die KWK kommt nicht so recht voran. Geht es so weiter wie bisher, kommt man bis 2020 auf etwa 20 Prozent. Das mag auch an dem Zickzackkurs der Politik liegen, immer wieder flogen in der Vergangenheit Anlagen aus der Förderung heraus. In den vergangenen Jahren hat sich das Fördervolumen für KWK-Anlagen fast halbiert.
Glaubt man der Branche, unterschätzt die Politik das Potenzial von KWK bislang konsequent. Schließlich bedeutet KWK auch „Energiewende von unten“. Lieschen Müller als Stromproduzentin, das ist etwas komplett anderes als eine Energiepolitik, die von großen Energieversorgern gestemmt wird. „Altes Kraftwerksdenken“ attestieren KWK-Unternehmen der Politik.
Das Ökostrom-Unternehmen Lichtblick, das mit seinen Zuhausekraftwerken groß in den KWK-Markt einsteigen will und entsprechend laut wirbt, hat heute ein weiteres Argument für den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung vorgebracht. Glaubt man den Hamburgern, lassen sich bis zu einer halbe Milliarde Euro Kosten für den Netzausbau einsparen, wenn KWK konsequent ausgebaut wird. Das zeigt eine Studie der Beratungsgesellschaft LBD im Auftrag von Lichtblick (Kaum überraschend ist natürlich, dass Lichtblick gleich verbesserte Förderbedingungen für KWK-Anlagen verlangt).
Wenn man die Mini-Kraftwerke geschickt vernetzt, ließen sich so Lastspitzen abpuffern. Das sind Zeitpunkte, wenn der Strombedarf besonders hoch ist. Dann könnten die Zuhausekraftwerke einspringen – und man könnte sich den Netzausbau sparen. Für das Vernetzen und Hochfahren seiner Zuhausekraftwerke braucht Lichtblick nach eigenen Angaben gerade mal 60 Sekunden.
Bislang gibt es allerdings nur 420 Zuhausekraftwerke. Da fehlen noch ein paar, um die Zielmarke 100.000 zu erreichen und einen ernsthaften Beitrag zur Energiewende zu leisten.
. Und zwar müsse es verbesserte Anreize geben, damit
Auch wenn es genügend Standorte mit guter Windausbeute gibt: Bislang dreht sich vor den US-amerikanischen Küsten kein einziges Offshore-Windrad. Auch in den Great Lakes herrscht, zumindest was Offshore-Windenergie angeht – zurzeit noch Flaute.
Dabei schätzt die US-Regierung das landesweite Potenzial auf rund 4000 Gigawatt. Und erneuerbare Energien sind ihr – nun gut: neben Atom und Gas – ja ein Herzensanliegen, schließlich will die US-Regierung die Abhängigkeit von Energieeimporten mindern.
Jetzt hat Energieminister Steven Chu angekündigt, mit einem 180 Millionen US-Dollar-Programm für die kommenden sechs Jahre den Ausbau der Offshore-Windenergie in vier Pilotregionen zu fördern. Noch in diesem Jahr stellt sie 20 Millionen Dollar zur Verfügung. Das klingt zwar auf den ersten Blick ziemlich zaghaft, schließlich gehen die Kosten von Offshore-Windfarmen locker in die Milliarden. Aber es gilt wohl: besser als nix.
Ganz explizit spricht Chu vor allem amerikanische Windpark-Entwickler an:
“The new offshore wind energy initiative announced today will help to catalyze the development of offshore wind in America, supporting U.S. innovators as they seek to design and demonstrate next generation wind energy technologies. These investments are critical to ensuring that America remains competitive in this growing global industry that can drive new manufacturing, construction, installation and operation jobs across the country.”
Das Öko-Institut fügt nun mit einer Studie für das UN-Umweltprogramm der Geschichte einen weiteren Aspekt zu. Denn nicht alle Elektrogeräte, die nach Afrika gehen, landen einfach ungenutzt auf einer Halde. Projektleiter Andreas Manhart hat die Situation genauer analysiert. In Ghana sind Elektrogeräte etwa eines der wichtigsten Importgüter – und die sind zum großen Teil tatsächlich weiterverwendbar. Schaut man sich ihre Importzahlen an, dann lassen sie sich wie folgt aufschlüssen:
– Neuware: 30 Prozent
– Gebrauchtware funktionsfähig: 49 Prozent
– Gebrauchtware nicht funktionsfähig aber reparierbar: 10,5 Prozent
– Gebrauchtware nicht funktionsfähig und nicht reparierbar: 10,5 Prozent
Und tatsächlich hat sich in einigen afrikanischen Ländern inzwischen ein florierendes Recyclinggeschäft etabliert. Egal, ob Staubsauger, Wasserkocher, Handys oder Computer: Die importierten Geräte werden repariert und weitergenutzt. Ganz im Sinne von Umweltschützern (Obwohl man einfügen muss: Alte Kühlgeräten mit klimaschädigendem FCKW und Stromfresser haben nichts im Recycling zu suchen. Und es gibt leider keine Zahlen darüber, wie lange denn die Second-Hand-Geräte tatsächlich am Ende halten.)
Klar ist aber: Dieses Geschäft schafft Arbeitsplätze. Allein in Accra (Ghana) und Lagos (Nigeria) verdienen rund 30.000 Menschen in diesem teilweise informellen Bereich ihr Einkommen.
„Kein anderes westafrikanisches Land importiert so viele Altgeräte wie Nigeria. Das bedeutet gleichzeitig, dass Reparatur und Recycling von Alt- und Schrottgeräten wichtige Arbeitsmärkte für die Menschen sind. Allein auf den zwei größten Märkten des Landes – dem Alaba Market und dem Ikeja Computer Village – reparieren und verkaufen 15.000 Menschen in 5.500 Kleinbetrieben gebrauchte elektrische und elektronische Geräte“, sagt Manhart.
UNEP betont daher in der Studie, dass es keinen Sinn macht, einfach den weltweiten Handel mit Altgeräten zu verbieten, um Umweltsünden zu vermeiden.
„In addressing this issue, one major challenge for West African countries is to prevent the import of e-waste and near-end-of-life equipment without hampering the meaningful and socio-economically valuable trade of used EEE of good quality. Refurbishing of EEE and the sale of used EEE is an important economic sector in some countries of West Africa (e.g. Ghana and Nigeria). It is a well-organized and dynamic sector that holds the potential for further industrial development. Indirectly, the sector has another important economic role, as it supplies low and middle income households with affordable ICT equipment and other EEE.“
(ICT: Informations- und Kommunikationstechnologie; EEE: elektrische und elektronische Geräte)
Also geht es – neben effektiven Ausfuhrkontrollen, um Kriminellen das Handwerk zu legen – vor allem um den Aufbau besserer Recyclingcenter vor Ort. Wer die Altgeräte besser, umwelt- und fachgerechter zerlegt, der kann etwa noch mehr Rohstoffe gewinnen und weiterverkaufen. Für Manhart ist daher klar, dass Afrika hier einen anderen Weg gehen muss als etwa Deutschland mit seinen Hightech-Recyclingcentern:
„In Europa sind die Verfahren oft auf einen möglichst geringen Arbeitskräfteeinsatz optimiert. Dies wäre in West-Afrika einerseits aus sozialen Gründen nicht akzeptabel, andererseits gehen bei vielen mechanisierten Verfahren auch wertvolle Rohstoffe unwiederbringlich verloren.“
Ich gebe zu: Nach einer Weile können ja Rekordmeldungen à la „Der Beste, der Höchste, der Kleinste“ nerven. Trotzdem kann ich mir diese Nachricht nicht verkneifen:
Kein anderes Land habe im vergangenen Jahr so stark in grüne Technologien investiert wie Indien. Das vermeldet Bloomberg New Energy Finance.
10,3 Milliarden US-Dollar seien in Ökoprojekte investiert worden – ein Plus von 52 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit würde Indien vier Prozent aller weltweiten Green Investments abgreifen:
„Clean energy investments in India reached $10.3bn in 2011, some 52% higher than the $6.8bn invested in 2010. This was the highest growth figure of any significant economy in the world. There is plenty of room for further expansion – in 2011, India accounted for 4% of global investment in clean energy.“
Und jetzt raten Sie mal, was der Wachstumstreiber ist? Genau: Solarstrom. Während vor zwei Jahren gerade einmal 600 Millionen US-Dollar in netzgebundene Solarprojekte investiert wurden, habe sich die Zahl 2011 sogar versiebenfacht (auf 4,2 Milliarden US-Dollar). Das liege vor allem an den radikalen Kostensenkungen, die Solarmodule zurzeit verzeichnen, so Bloomberg.
Der Preiseinbruch sorgt also nicht nur für einen Solarboom auf deutschen Dächern, sondern eben auch in Indien. Und der wird zudem noch unterstützt von einem staatlichen Förderprogramm, der Jawaharlal Nehru National Solar Mission (die allerdings in der Kritik steht).
Und mit Wachstumsraten ist das ja so eine Sache. Der Solarboom klingt ja ganz gut, aber entscheidend ist, von welchem Niveau man startet. Bislang ist der Solarstromanteil in Indien noch recht bescheiden. Nach Informationen der Unternehmensberatung GTM kamen Solaranlagen Ende 2011 auf geschätzte 365 Megawatt:
„At year-end 2010, India claimed just 54 MW of installed grid-connected solar. However, recent feed-in tariffs (FIT) allocations from the NSM and the state of Gujarat’s Solar Policy promise to increase that installed capacity six-fold to approximately 365 MW by the end of 2011 and, furthermore, to over 1,100 MW by 2012.“
Zum Vergleich: In Deutschland sind zurzeit Anlagen mit einer Kapazität von knapp 25.000 Megawatt installiert.
Korrektur 16:58: In einer alten Version sprach ich von einer Verdoppelung der Wachstumsrate. Das war falsch und wurde korrigiert.
Ein Knackpunkt der Energiewende wird die Entwicklung von Stromspeichern sein – schließlich weht der Wind nicht immer und auch die Sonne verschwindet mal hinter einer Wolke. Vor einigen Jahren haben sich der Energieversorger RWE und General Electric (GE) daher zusammengetan. Sie wollen einen adiabaten Druckluftspeicher entwickeln, das Projekt Adele.
Die Idee ist einfach: Wenn es besonders hohe Windstrom-Überschüsse gibt, wird diese Energie dafür genutzt, unter Tage Luft in einen Speicher zu pressen. Einen solchen Speicher gibt es bereits jetzt, in Huntorf bei Oldenburg. Bei hoher Stromnachfrage kann diese Druckluft abgelassen werden, eine Turbine antreiben und so Strom produzieren. Der Clou: Die beim Verpressen anfallende Wärme wird zwischengespeichert und beim Ablassen der Druckluft genutzt, um diese wieder zu erwärmen. Dass die Wärme (wenn Luft verdichtet wird, erhitzt sie sich auf bis zu 600 Grad Celsius) im Prozess verbleibt, erhöht den Wirkungsgrad enorm. Bisherige Speicher nutzten Gas, um die abgekühlte Druckluft zu erhitzen – das ist weitaus weniger effizient.
Zwar kann der Speicher auch nur kurzfristige Stromlücken überbrücken – er ersetzt für etwa fünf Stunden die Stromproduktion von etwa 40 großen Offshore-Windrädern (200 Megawatt). Aber immerhin.
Leider aber verzögert sich das Projekt. Wie Stephan Reimelt, Vorsitzender von GE Deutschland, jüngst mitteilte, werde weiter an Adele geforscht, von einer Realisierung sei man aber noch weit entfernt. Ursprünglich war geplant, schon in diesem Jahr mit den Bauarbeiten loszulegen. Ob es 2015 etwas werde? „Eventuell.“
Entscheidend sind die Kosten. Rund zehn Millionen Euro investieren die Projektbeteiligten RWE, GE, Züblin und das Deutsche Luft- und Raumfahrtzentrum. Technisch sei das Projekt machbar. „Aber bislang rechnet es sich einfach nicht,“ so Reimelt. Gerade die hohen Temperaturen und Drücke verlangten anspruchsvolle Technologie und Komponenten.
Und so glaubt kaum einer in der Branche, dass sich Stromspeicher im derzeitigen System ohne staatliche Förderung rechnen. „Der Kosten-, Nutzen- und Ertragseffekt zwischen Einspeicherung und Ausspeicherung bedarf eines wirtschaftlichen Fördermodells“, teilt GE mit. So würden die Kosten für eine Pilotanlage transparent gemacht.
Mal schauen, wie es weitergeht und ob sich die Bundesregierung wirklich an eine weitere Förderung herantraut. Kaum zu glauben, wie viele Baustellen die Energiewende der Bundesregierung „eingebrockt“ hat. Wenn die Energiewende klappt, wird uns das Ausland applaudieren. Wenn es schief geht, steht Deutschlands guter Ruf auf dem Spiel.
Wie versorgt man die Ärmsten der Armen mit Energie? Bislang suchen die Menschen in Äthiopien in der Regel nach Holz, transportieren es mühselig über Kilometer zu ihren Hütten nach Hause, um es dort zu verbrennen. Das Problem ist nur: Das Holz wird so langsam knapp – und der Transport von 30 Kilo Brennholz ist auch nicht gerade einfach.
Wissenschaftler der Universität Hohenheim haben daher nun einen Biogas-Rucksack entwickelt. Er wiegt etwa drei Kilo, besteht aus mehreren Schichten Kunststoff und einem Anschluss. Der Rucksack fasst etwa einen Kubikmeter Gas, das entspricht etwa dem Tagesbedarf einer Familie. Die Menschen laufen mit ihm zu einer zentralen Biogasanlage und zapfen sich dort ihre Energie. Zuhause deponieren sie ihn vor der Hütte und drücken je nach Bedarf das Gas heraus – der Rucksack wird ohne Druck befüllt.
Agrartechnikerin Karin Pütz, die das Konzept entwickelt hat, will den Biogas-Rucksack in eine Infrastruktur einbetten. Kleinbauern beliefern eine Biogas-Anlage mit Kuhdung – und zapfen sich im Gegenzug das Biogas. So werde ein Handelssystem aufgebaut, das sich selbst trage. Der Rucksack ist nötig, weil es kein Geld für Leitungen oder andere Transportmöglichkeiten in Entwicklungsländern gibt. „Damit Biogas erfolgreich in Entwicklungsländern genutzt wird, muss es transportiert werden können, nur so bekommt es einen finanziellen Wert“, sagt Pütz. „Biogas as Business“ hat sie ihr Konzept genannt. Der Rucksack kostet – produziert in Deutschland – etwa 30 Euro.
Aber mit einem Kubikmeter Gas auf dem Rücken herumzulaufen, ist das nicht gefährlich? Pütz bewertet das Risiko als gering. Da es ohne Druck abgefüllt werde, könne es nicht explodieren, sondern nur verbrennen. Und damit es sich entzündet, müssen Biogas (mit hohem, nicht-brennbarem CO2-Anteil) und Sauerstoff in einem ganz bestimmten Verhältnis aufeinandertreffen. Plus eine Feuerquelle. Zurzeit lässt Pütz ihren Biogas-Rucksack vom TÜV Rheinland prüfen. Allemal ist der Rucksack aber sicherer als die derzeitige Praxis. In Indonesien, erzählt Pütz, würden etwa Bauern Biogas in Reifenschläuchen transportieren.
Das Interesse ist übrigens enorm. Indonesien hat schon die ersten Rucksäcke geordert. Zurzeit verhandelt Pütz außerdem mit der Regierung in Äthiopien, damit ihr Konzept in das Nationale Biogasprogramm aufgenommen wird. Das ist allerdings nur der erste Schritt. Am Ende soll sich die Idee selbst finanzieren und ohne Zuschüsse auskommen.