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Afterville

Den-Sommer-nicht-loslassen-wollen ist dieser Tage nicht nur das Lieblingshobby von Because we are Friends, auch die Dockville-Familie möchte sich nicht mit einer so langen Pause zufriedengeben. „Das letzte MS DOCKVILLE ist schon viel zu lange her und bis zum nächsten dauert es noch viel zu lange“, schreiben sie auf Facebook. Was ist die Lösung? ‚Ne fette, fette Party natürlich – nur ohne Sternenzelt, dafür mit Bunker und Festbeleuchtung. Bevor im Sommer 2016 das Zehnjährige gefeiert wird, wird am Freitag im Uebel & Gefährlich das Afterville zelebriert. Mit Sascha Bremer, Weißer Rabe, RSS Disco, Meggy, Gacha und allem, was die elektronische Musik so hergibt. So kommt die Open-Air-Saison im Herzen auf jeden Fall zurück.

Text: Andra Wöllert

 

Because we are friends

Was war das schön diesen Sommer: Freunde guter elektronischer Musik haben sich von einem Open Air zum nächsten gefeiert. Because we are Friends war eins davon. Das erste eigene Festival und die Freiluftsaison im Rücken, besinnt sich das Veranstaltungskollektiv dahinter jetzt auf die überdachte Version der Nachtgestaltung und auf den Waagenbau – den Hamburger Mainfloor der Partyreihe. Neben Mario Aureo, Jay Pauli oder Martin Gruen mit dabei: das Berliner Telekollegen-Duo Bondi, das mit ihrem Zusammenspiel von analogen und digitalen Sounds und der Stimme Alexander Schugs die beste Grundlage für all jene liefert, die sich von entspannt treibenden Bässen auf die Tanzfläche locken lassen. Und wer braucht schon Sommer, wenn einen auch der Bass schön ins Schwitzen bringen kann.

Text: MME

 

Jette Jaete mit Jan Oberlaender

Jan Oberlaenders diesjähriges Fusion-Set auf Soundcloud erfreut sich einer beinahe euphorischen Beliebtheit. Oberlaender hört sich aber nicht nur besonders gut an, er inszeniert sich auch besonders: Auf Bildern zeigt sich der Rostocker bevorzugt umhüllt von Neonfarben und schrillem Photoshop-Expressionismus. Zu seinem Sound passt es allemal: Der Katermukke-DJ vermengt unterschiedlichste Einflüsse mit anhaltendem Schub nach vorne. Techno, Deep- und Tech-House at its best eben und die drei sollen die Nochtwache am Freitag mal so richtig aufräumen. „Auf die Bäume meine Äffchen, der Wald wird gefegt!“, lautet die Ansage. Für die endgültige musikalische Grundreinigung sorgen außerdem MikaH und Zeitdeep.

Text: MME

 

Exorzieren statt Exerzieren

Mehr als ein Dutzend Kampnagel-Produktionen haben Gintersdorfer und Klaßen bereits auf dem Gewissen, der visuelle Künstler und die Theaterfrau. Und wieder spielt Afrika eine tragende Rolle, wo Exorzismus noch zum Brauchtum gehört. Ebenso wie die Verwendung von Abführmitteln, die dort allerdings eher im Bereich Schulmedizin angesiedelt ist und der Behandlung von Bauchschmerzen dient. Auch dieser Tanztheaterabend soll abführen, Ballast abwerfen und alte Denkmuster entsorgen. Dabei kommt zur Verwendung: Zeitgenössischer Tanz, bildende Kunst, Psychoanalyse, Magie und Tradition. Die bunte Truppe aus drei Kontinenten sorgt mit ihrem interkulturellen Ansatz für eine andere Sicht der Dinge und allein das hat ja schon manch gut gepflegtes Vorurteil über Bord gehen lassen. Ein Abend mit reinigendem Charakter, in deutscher, englischer und französischer Sprache.

 

Yallah! Underground

Ein Wandel hat sich seit dem Arabischen Frühling 2011 in vielen Ländern vollzogen. Über politische Umbrüche und brutale Ereignisse berichten die Medien regelmäßig. Doch wie sieht es im Inneren der Gesellschaft aus? Einblicke geben die Dokumentar- und Spielfilme der 2. Arabischen Filmtage (22.–25.10.) im 3001 Kino. Regisseur Farid Eslam zeigt in Yallah! Underground die pulsierende Underground-Musik-Szene der arabischen Welt, hat einflussreiche Künstler von 2009 bis 2013 begleitet und dokumentiert, wie sie um künstlerische (Meinungs-)Freiheit und eine liberale Gesellschaft kämpfen. Man ist nah dran, an den prekären und manchmal konspirativen Lebenssituationen der gezeigten Musiker, vom Libanon bis nach Ägypten.

Text: Julia Braune

 

Pin-up

Die Illustratorin Sarah Roloff hat einen Pin-up-Kalender der ganz anderen Art gezeichnet, liebe- und humorvoll nimmt sie in I might be nerdy, but I’m sexy as hell die Krönung der Schöpfung – den Mann – aufs Korn, zeigt ihn etwas pyknisch und mit wehendem Rüssel. Eben so wie Gott ihn schuf, als es mal gerade nicht so lief bei ihm. Im Projektor wird das frivole Werk jetzt ausgestellt. Passend dazu zeigt das Flexible Flimmern einen männerlastigen Film. Ab 20 Uhr läuft die mehrfach ausgezeichnete Filmkomödie Ganz oder gar nicht, wo männlicher Striptease der Ausweg aus der Armut des postindustriellen Sheffield ist. Da es sich um eine britische Low-Budget Produktion handelt, besetzt mit lauter glaubhaften Losern, wird in diesem grundehrlichen Streifen ebenso wenig geshoppt und geschönt, geschminkt und weichgezeichnet wie in Roloffs Kalender. Sehr lustig und sehenswert sind beide, trotzdem und deswegen.

Text: Georg Kühn

 

Barbara Morgenstern

Schön, dass im Rausch all der Shooting Stars manche Sterne schier unvergänglich ihre Bahnen ziehen. Barbara Morgenstern ist ein solcher Stern, der seit mehr als zwanzig Jahren nicht aus der Ruhe zu bringen ist. Ihr soeben frisch erschienenes Album trägt den Titel Doppelstern – ein Verweis auf die von gegenseitiger Anziehung getragene Zusammenarbeit mit Kollegen wie Hauschka, Justus Köhncke oder T. Raumschmiere, der auch an der Produktion beteiligt war. Seit Jahren bastelt die umtriebige Elektronikerin an der einen oder anderen Kooperation, nur allzu naheliegend, daraus mal ein ganzes Konzeptalbum zu zimmern. Der eine oder andere Überraschungsgast mag also heute Abend im Pudel durchaus vorbeischauen, um dort Die Welt zu Gast beim Feudeln zu besichtigen, das Motto der Donnerstagstermine in klassischem Pudelhumor.

Text: Friedrich Reip

 

The Walk

Bereits ein Jahr nach ihrer Einweihung, am 7. August 1974, wurden die New Yorker Twin Towers Ziel eines Anschlags, bei dem allerdings nur das Leben einer einzigen Person in Gefahr war. Menschen mit Höhenangst sollten an der Kinokasse noch einmal in sich gehen: Bin ich bereit, über ein zwischen Nord- und Südturm gespanntes Drahtseil zu spazieren, in Höhe von 110 Stockwerken? In der Pressevorführung wanden sich hartgesottene Journalisten 3D-bebrillt in ihren Sitzen. Sie konnten weder hin- noch wegsehen. Der Wahnsinnige, der diesen Balanceakt einst wirklich wagte, heißt Philippe Petit. Beim Anblick eines Zeitungsbilds der im Bau befindlichen Zwillingstürme packt ihn seine abstruse Idee. Er überzeugt erste Mitstreiter, ihm bei der Planung dieses eigentlich unmöglichen, zudem höchst illegalen Coups zu helfen. Petit passiert den amerikanischen Zoll mit Drahtseil, Winde, Pfeil und Bogen (um das Seil von einem Dach zum anderen zu schießen). Getarnt als Bauarbeiter, verschafft sich seine Bande Zutritt zu den Dächern beider Gebäude, und der luftige Showdown kann beginnen. Natürlich kann man das World Trade Center nicht auf die Leinwand bringen, ohne die Ereignisse von 9/11 zumindest anzureißen. Das tut Regisseur Robert Zemeckis in der letzten Einstellung eindringlich, aber angenehm frei von Pathos.

TEXT: Calle Claus

 

Bauerfeinds Auslese

Sarah Connor, Dieter Meier, oder Tim Mälzer – Katrin Bauerfeind liebt den Dialog mit Menschen, in diesem Falle des öffentlichen Lebens, und formt daraus eigene Formate, so auf 3sat Bauerfeind assistiert…. Außerdem macht sie wilde Lesereisen durch die Republik, wo sie aus ihrem Bestseller Mir fehlt ein Tag zwischen Sonntag und Montag – Geschichten vom schönen Scheitern liest, aber auch Perlen aus Spamordnern, SMS oder Tagebüchern zum Besten gibt. Auch dazu lädt sie hochkarätige Gäste mit Text ein, wie diesen Mittwoch Thees Uhlmann, dem Sänger von Tomte, der selbst jüngst ein Buch veröffentlicht hat. Eine sehr entspannte Kombilesung, von der angenommen werden darf, dass herrlich schwadroniert wird und die Bälle hin- und herfliegen. Gesichert ist jedenfalls, dass auf der Bühne Alkohol ausgeschenkt wird.

Text: Georg Kühn

https://youtu.be/PlYTL7S08_0

 

Zurück-in-die-Zukunft-2-Nacht

Dank Teil zwei der Saga kommt Marty McFly nämlich exakt am 21. Oktober 2015 um 07.28 pm in der Zukunft an. Da Amerika immer später dran ist als wir, wird es bei uns schon 1:28 Uhr sein, keine Sorge aber, das Zeise Kino hat reichlich Programm bis zum Zeitpunkt des Eintreffens. Selbstschnürende Schuhe, fliegende Autos und Skateboards, so hat man sich 1989 unter Regisseur Robert Zemeckis die Zukunft von 2015 erträumt. Wir, die zäh durchgehalten und brav gealtert sind und nicht einfach mit einem DeLorean zeitreisen konnten, wissen heute, dass sooo viel jetzt auch nicht anders ist. Okay, Bildtelefonie gibt es wirklich, das Faxgerät aber, damals heißer Stuhl, ist längst Geschichte. Und leider oder glücklicherweise bleibt der Individualflugverkehr bislang ein Traum. All diese Erfindungen sind aber längst nicht so kompliziert wie die Handlung der ZIDZ-Streifen, in der stets der schwierigen Operation gefrönt wird, einzelne Ereignisse in der Vergangenheit so zu verändern, dass einerseits familiäre Katasrophen des Helden in der Gegenwart ausbleiben, andererseits nicht der gesamte Fortschritt beeinflusst wird. Denn laut Chaostheorie kann ja bereits der Flügelschlag eines Schmetterlings am Amazonas bei uns einen Wirbelsturm auslösen. Gar nicht auszumalen, wenn man dann den Falter noch in der Vergangenheit flattern lässt.

Text: Georg Kühn