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Bekenntnisse eines Ex-Islamisten von Hizb-ut-Tahrir

Ein faszinierender Beitrag der BBC über einen jungen Mann, der nach dem 11. September 2001 zum Extremisten wurde und nach den Londoner Attentaten vom 7.7. 2005 aus dem Islamismus ausstieg.
Shiraz Maher liefert tiefe Einblicke in die Ideologie der „Kalifatspartei“ Hizb-ut-Tahrir, deren Leitungsebene er angehörte. Und er zeigt Aufnahmen vom Kongress der Hizb in diesem Sommer in Indonesien, die einem das Blut in den Adrern gefrieren lassen: Vor 50.000 Anhängern in einem Fussballstadion wird ungestraft zur Vernichtung Israels aufgerufen. Trotz Tony Blairs Bekundung vom August 2005, HuT solle verboten werden, ist die Organisation bis heute in Grossbritannien legal.



 

Liberale Muslimbrüder und die Freiheit der Frau ohne Kopftuch

Die kluge ägyptische Journalistin Mona Elthahawy hat eine spannende Kontroverse mit führenden ägyptischen Muslimbrüdern angezettelt. In einem Artikel, der in der jüdischen Tageszeitung „Forward“ erschien, schrieb sie: „Ich stelle mich vor die Muslimbruderschaft“. Darin berichtet sie von einem Besuch in der Kairoer Zentrale vor zwei Jahren, bei dem sie mit dem Führer der Bruderschaft, Mahdi Akef, sprechen konnte.

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Mona Eltahawy

The first time I went to interview the Muslim Brotherhood, in 1995, an officer manager at their headquarters on the Nile opened the door with one hand and gave me a headscarf to wear with the other. The second time I went to interview the Muslim Brotherhood, in 2005, no headscarf awaited me.

Es hatte sich also einiges getan in der Bruderschaft, so Eltahawys Eindruck. Dennoch war sie schockiert, als Akef im Gespräch auf ihre Frage hin, ob die ägytische Bruderschaft an der Macht schlecht für die Frauenrechte sein werde, folgendes antwortete:

“No,” Akef replied, “and my proof is that although you’re naked, you were allowed to enter my office.”

I was wearing a short-sleeved t-shirt and pants.

Es ergab sich folgender Schlagabtausch:

“I am not naked,” I reminded him. “The verses in the Koran concerning women’s dress have been interpreted differently.”

“According to God’s law, you are naked,” he replied. “Your arms are naked, your head is naked. There is only one interpretation.”

One interpretation? So much for pluralism. Clearly, the Muslim Brotherhood had quite some way to go.

Trotzdem, so Eltahawy, müsse sie als säkulare und liberale Ägypterin die Präsenz der Muslimbruderschaft auf der politischen Bühne Ägyptens verteidigen:

If I don’t, then I am just as guilty as the regime that has for decades sucked the oxygen out of the body politic — and with Gamal Mubarak being groomed to take over the presidency from his aging father, the regime seems set to rule for another generation.

Besides the state, the Brotherhood is the last man standing in Egypt. We’re down to the state and the mosque. The Muslim Brotherhood must remain on Egypt’s political stage, not least so that its ideas are out in the open and can be challenged.

Eltahawy wendet sich gegen die brutale Unterdrückung der Muslimbrüder in der letzten Zeit. Sie sieht darin einen direkten Einfluss der amerikanischen Wende weg von der Demokratisierungsagenda im Zeichen des Irak-Desasters. Man lässt dem Mubarak-Regime freie Hand bei der Unterdrückung der einzig relevanten Opposition:

So, “naked” as I am, I’ll continue to defend the Muslim Brotherhood’s right to be on that stage.

Auf diese Intervention hin bekam Mona Eltahawy eine interessante Antwort von einem der jüngeren Muslimbrüder, die wiederum im jüdischen Forward veröffentlicht wurde: Ibrahim El Houdaiby, der Redakteur der englischsprachigen Website Ikhwanweb, begrüßt Eltahawys Menschenrechts-Engagement und sagt, die Muslimbrüder ihrerseits hätten sich auch für andere Oppositionelle, die von Mubarak verfolgt wurden – wie etwa Ayman Nur oder die religionskritischen Blogger Karim Amer und Sandmonkey – eingesetzt.

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Ibrahim El Houdaiby

Hoch interessant, was El Houdaiby zum Kopftuch zu sagen hat:

Not wearing the hijab, or headscarf, makes a woman unveiled, not naked. I realize how offensive it is to call someone “naked” for not wearing a headscarf, and I find Akef’s comment unjustifiable.

To be clear, I support Akef’s stance on wearing the hijab, and like him view it as a religious obligation. There has been consensus on that among Islamic scholars for centuries.

Yet this has got nothing to do with the Muslim Brotherhood as a political group. While we believe that wearing the hijab is an obligation, we believe it is an individual woman’s choice to uphold it — a choice that the state should not interfere in.

There is a difference between what Islamists, and Muslims in general, regard as correct, and what they regard as enforceable by the state. This difference has unfortunately been blurred by the misguided practices of some contemporary Islamist systems, and in order to clear up any misconceptions the literature of moderate Islamist scholars needs to be scrutinized further.

Dies wäre in der Tat eine bedeutender Schritt vorwärts in Richtung auf echte Religionsfreiheit: Der Glaube, das Kopftuch sei eine religiöse Pflicht wird deutlich getrennt von der Aufgabe des Staates. Die „zeitgenössischen islamistischen Systeme“ werden für ihrer „mißgeleiteten Praktiken“ kritisiert – und es folgt sogar der Aufruf, dies theologisch aufzuarbeiten. es sei durchaus möglich, eine bestimmte theologische Auslegung für die einzig richtige zu halten, sagt El Houdaiby, und doch politisch für Pluralismus zu sein:

Not accepting another interpretation as authentic, however, does not mean attempting to silence it.

We understand the rules of democracy, and realize that people have the right to choose to do whatever they want, even if we view their choice as incorrect. At the end of the day, what matters should be neither the Muslim Brotherhood leaders’ opinion nor that of President Hosni Mubarak, but rather the Egyptian people’s opinion, as manifested in ballot boxes in free and fair elections — given, of course, that their decision does not undermine the basic rights or civil liberties of any group or individual.

Das sind erstaunliche Worte.

 

Islamkritik ohne Hass

Die libertäre Zeitschrift ef (eigentümlich frei) beschäftigt sich mit den Schwierigkeiten der Islamkritik, sich gegen Dumpfbackentum abzudichten und findet dabei lobende Worte für unsereinen. Das soll natürlich nich unentdeckt bleiben:

Der „Zeit“-Journalist Jörg Lau führt seit langem ein äußerst islamkritisches, aber durchweg seriöses Blog, in dem Abscheulichkeiten ausbleiben. Das ist kein Zufall.

Ganzer Text hier.

(Dank an Mitblogger lebowski.)

 

Religionsfreiheit im Islam?

Jetzt muss es hier leider mal ein bisschen kompliziert und ausführlich zugehen. Aber sonst kommen wir ja auch nicht weiter…

Auf dem Orientalistentag hielt Patricia Crone aus Princeton den Hauptvortrag über „Islam and Religious Freedom“. Es war ein Erlebnis, die große Unruhestifterin der Islamwissenschaft dort zu erleben.
Crone geht darin den Deutungen nach, die der berühmte Koranvers „Kein Zwang in der Religion“ (2:256) erfahren hat. Sie fragt, ob dieser Vers, wie es oft verstanden wird, einen Ansatz zur Versöhnung des Islam mit dem modernen Säkularismus bietet, ob er gar ein Fundament für ein islamisches Verständnis von Religionsfreiheit sein könnte.

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Patricia Crone

Es gibt derzeit keine spannendere Frage für Orientalisten, und nicht nur für sie. Es ist die Frage, die allen Beunruhigungen über den Islam zugrunde liegt, wie sie sich in Moscheebaustreitigkeiten und Kopftuchdebatten manifestieren.

Crone verfolgt diese Frage durch das islamische Mittelalter bis zu der Debatte um die Regensburger Vorlesung des Papstes und der Antwort der 38 islamischen Theologen.

Die Vorlesung ist jetzt online abrufbar auf der Website des Orientalistentages.

So why is there so much fuss about this verse? Well, one reason is that it expresses a tolerant view that Westerners like to hear, so it is a good passage to dispel their prejudices about Islam with. But it is also a verse that you encounter in connection with the question whether Islam can coexist with a secular sphere: is Islam a belief system that you can combine with a any political order that you like — as long as they are religiously neutral? Or is it a religion that dictates its own political order? That’s a key issue today, and the „no compulsion“ verse figures in the discussion.

Für die frühesten Exegeten, sagt Crone, war der Vers ein Problem: Sie lebten in einer politischen Gemeinschaft, die auf dem Islam aufgebaut war. Und für diese Gemeinschaft war der „kein-Zwang-Vers“ ein Sprengsatz, weil er in der Konsequenz ihre Grundlagen gefährdete – wenn man ihn als Freibrief für das Individuum verstand, seine Religion frei zu wählen:

For if it is up to the individual to choose his own religion, then you can’t have a polity based on religion; if religion is a private matter, then the public space is secular, in the sense of based on some non-religious principle, such as territory or nationality, or whatever else a large number of people can feel they have in common. The exegetes lived in a polity based on Islam. Islam had created the public space they shared. For as you know, Islam had not grown up within a state, the way Christianity had; rather; it had created its own state. You obviously can’t have religious freedom in a community based on religion. You can’t have religious freedom in a church.

Was taten sie also, diese Exegeten? Sie entwickelten verschiedene Deutungen, nach denen dieser Vers „abrogiert“ (abgeschafft, ersetzt) worden sei: er habe nur für die Frühzeit des Islam in Mekka gegolten, oder er habe sich nur auf Dhimmies (schutzbefohlene Juden, Christen, Zoroastrier) in Medina bezogen.

Dann kommen die Mutaziliten ins Spiel. Sie deuten den Vers neu im Sinn einer schlichten Feststellung: Gott zwingt niemanden zum Glauben. Glauben ist eine Sache zwischen dem einzelnen Menschen und seinem Gott.

What they meant by this was that when God says that there is no compulsion in the religion, He means that He does not practise compulsion. He does not force you to be a believer or an infidel – i.e. He does not predestine or determine it for you: you have free will. I suspect that this will sound sound farfetched to you, but the word for predestination was jabr, compulsion, and the word for free will, or one of them, was qadar, power. God was seen as refraining from using His power so that you could have your own; he was abstaining from compulsion –from determination — so that you could choose whether to be a believer or an unbeliver. That’s what what God was saying here, according to the Mu’tazilites: the verse was a declaration of unlimited freedom from divine coercion. God allows you to choose your own salvation.

Klingt gut? Heisst es aber auch, dass Menschen keinen Zwang in Sachen des Glaubens ausüben dürfen, wenn Gott selbst seine Macht so zurücknimmt?

Eben nicht, sagt Crone:

In short, in your inner self, your private interior, you are free vis-à-vis humans and God alike. But your external self was a different matter. You were free as a disembodied soul, not as an embodied social being. As a member of a human society you were subject to coercion in all kinds of ways. There was – still is– no way round that, in any society. And since the Muslim polity was based on religion, coercion had to be used in religious matters too. But that didn’t contradict the verse because the coercion was only applied to the external person: the inner person was free; there was no coercion in religion in the sense of inner conviction. So again, the verse was not contradicted by the duty to wage holy war or execute apostates. It was even compatible with forced conversion, which was allowed in the case of unbelievers who hadn’t become dhimmis yet or couldn’t become dhimmis, either because they were pagans rather than Christians, Jews or Zoroastrians or else because they were slaves. In fact, the Mu’tazilites said, forcing people to convert was actually a good thing, because sooner or later they or their children would acquire genuine faith: so you would have saved them from eternal hellfire.

Das ist eine erstaunliche Pointe der Mutaziliten-Deutung des Zwangs-Verses: Weil Gott keinen Zwang ausübt und es also eine religiöse Freiheit des inneren Menschen gibt, ist äußerer Zwang nicht nur nicht verwerflich, sondern geradezu geboten. Und das ist die Denkschule, auf der alle Hoffnungen der religiösen Modernisierer wie etwa Nasr Hamid Abu Zayd beruhen! Ernüchternd.

The big issue is Muslim society itself. The laws regulating modern Muslim states are mostly secular: should the civic sphere be wholly secularised? Can Muslims be fully integrated in secular societies in the West? In other words, should religion be something you have along with your citizenship rather than as part of it? And if yes, should this additional membership be wholly voluntary, so that Muslims would be free to convert to other religions, or to have no religion? … For to say that people are free to leave Islam is oficially to declare the public order to be secular, so that one could in principle be an atheist or a Buddhist or a Hindu along with being a full citizen of Egypt.

Davon sind wir ganz offenbar weit entfernt, wie etwa die Verurteilungen des ägyptischen Bloggers gezeigt hat, der halb wegen seiner Frechheiten gegenüber Präsident Mubarak und halb wegen seiner angeblichen „Apostasie“ verurteilt wurde.

Aber Ägypten ist eh nicht unser Hauptproblem: Die Frage ist, ob sich die islamische Theologie auf die Situation des religiösen Pluralismus in den Ländern des Westens einstellen kann. Kann (und will) die islamische Theologie den Gläubigen eine Deutung des „kein-Zwang-Verses“ an die Hand geben, die es ihnen ermöglicht, dauerhaft in einer säkularen Ordnung als eine religiöse Gruppe unter anderen zu leben – ohne den Anspruch, diese Ordnung zu transformieren oder sie in den Dienst der eigenen religiösen Agenda zu stellen. Dazu wäre es nötig, die Deutungen des Verses radikal zu historisieren, wie es Crone ansatzweise in ihrem brillanten Vortrag tut. Werden muslimische Denker ihr folgen? Skeptizismus ist angebracht:

We historians do not equate change with falsehood, but there is no way around the fact that we are secularisers: we are secularising history, because we separate the past we are studying from our own and other people’s modern convictions; we do not allow the past to be rewritten as mere support of these modern convictions. That’s a problem to all traditional believers, and perhaps Muslims more than most. Muslims tend not to have a problem with modern science: the Quran does not have a mythological account of the creation, it is not incompatible with any modern scientific views. But history is a different matter because the truths of Islam are tied to history. So whether they want to or not, historians also find themselves as actors in the debate whether, or to what extent, Islam should coexist with a secular sphere. Where will it all end? Well, there at least even the most modern of historians can give the most traditional of answers: God knows best.

 

Italienischer Innenminister: Kopftuch nicht verbieten! (Burka schon)

Der italienische Innenminister Giuliano Amato hat gestern in der Kopftuchfrage gegenüber der Tageszeitung La Stampa Stellung bezogen: Das Kopftuch soll in Italien nicht verboten werden, weil auch Nonnen eine Kopfbedeckung tragen dürfen. Amato sagte in Florenz anläßlich der Nationalen Migrations-Konferenz: «Vietare il velo vuol dire imporre un’ideologia imperialista occidentale agli occhi di chi ci vede diversamente da noi». (Das Kopftuch zu verbieten, bedeutet in den Augen derer, die bei uns anders leben, eine imperialistische westliche Ideologie durchzusetzen.)
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Koptuch ja, Burka nein: Giuliano Amato

Amato ist allerdings einverstanden damit, die Verschleierung des Gesichts in der Öffentlichkeit, etwa durch die Burka, zu verbieten.

Weitergehenden Forderungen nach einem kompletten Kopftuchverbot in der Öffentlichkeit hält Amato entgegen:
«Allora dovremmo vietare il velo solo alle donne islamiche? Se fai una legge che proibisce di portare il velo nei luoghi pubblici, la prima questione che sorge è: perché una suora può portarlo e una donna islamica no?“ (Sollen wir das Kopftuch nur Musliminnen verbieten? Wenn wir ein Gesetz machen, dass das Tragen des Kopftuchs an öffentlichen Orten verbietet, dann stellt sich als erste Frage: Warum kann eine Nonne es tragen und eine islamische Frau nicht?)

Auf den Einwand, in Frankreich gebe es ein Kopftuchverbot, antwortet Amato, dort seien schließlich auch Kreuze verboten, und einen solchen Laizismus wolle er in Italien nicht.

Die wahre Aufgabe bestehe in der Integration der entfremdeten Jugendlichen im Westen, „perché la radicalizzazione nasce sempre da un’identità negata“ – „denn die Radikalisierung kommt immer aus einer verweigerten Identität“.
Das ist mir ein bisschen zu einseitig: Es gibt viele intrinsische Faktoren für Radikalisierung, die herzlich wenig mit „verweigerter Identität“ zu tun haben.

Auch das Wort vom „Imperialismus des Westens“ finde ich fatal. Das ist  fast schon Originalton Muslimbruder-Propaganda.

Aber Amato hat trotzdem recht, gegen ein Kopftuchverbot zu votieren, weil es nicht zur freiheitlichen Ordnung Italiens paßt.

 

Und das ist nicht gut so: Schwulenhass unter Migranten

Ein schwuler Bürgermeister hilft offenbar nicht viel, wenn es darum geht, schwulenfeindliche Einstellungen abzubauen.

Der Lesben- und Schwulenverband Deutschland hat den Kieler Sozialpsychologen Bernd Simon beauftragt, Berliner Schüler über ihre Meinung zur Homosexualität zu befragen. Von dem Ergebnis zeigte der Verband sich „nicht überrascht“, in der Eindeutigkeit aber doch erschreckt. Die Berliner Zeitung schreibt von einem „tief sitzenden Schwulenhass“:

„So sagten 37 Prozent der jungen deutschen Männer, sie hätten etwas falsch gemacht, wenn ihr Kind homosexuell wäre. Bei den russischen Migranten waren 51 Prozent, bei den türkischen Jugendlichen sogar 71 Prozent dieser Meinung. Gleiche Rechte für Hetero- und Homosexuelle fanden 74 Prozent der deutschen Schüler, 47 Prozent der russischen und nur noch 38 Prozent der türkischen Schüler richtig.“

Und Jan Feddersen kommentiert in der taz:

Entsprechendes sagen auch Sozialpädagogen und andere mit der Betreuung von Menschen befasste Personen: Nichts verdient so sehr Verachtung, mehr noch, Bestrafung wie ein Angehöriger, der homosexuell ist. Und was fällt Berlins Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner dazu ein? Sie warnt davor, einen Zusammenhang mit dem Islam herzustellen. „Das wäre hier die grundfalsche Antwort. Ich wünsche mir, dass wir Homophobie nicht mit Islamophobie begegnen.“ Als ob das jemand täte!

In Wahrheit gibt es einen Zusammenhang zwischen der herauskristallisierten Parallelgesellschaft muslimischer Prägung, meinetwegen altpatriarchalischen Formen des menschlichen Zusammenlebens und diesem grassierenden Hass auf Homosexuelles, der mit dem Wort „Homophobie“ nur unzulänglich umrissen ist. Wer diese inneren Verbindungen leugnet, will letztlich auch nichts von den Umständen wissen, denen Homosexuelle gerade in muslimisch geprägten Gemeinschaften ausgesetzt sind. Das Argument, man dürfe nichts gegen den Islam sagen, lebt ohnehin von der Unterstellung, dass auch das Christentum in Sachen Antihomosexualität seine Leichen im Keller habe. Richtig, möchte man sagen – aber die in Berlins Vierteln Neukölln und Wedding, in Hamburgs Billstadt oder in Köln-Mülheim gelebten Arten des Hasses auf Homosexuelle findet sich in altdeutsch (auch christlich) grundierten Milieus nur noch selten: Und wenn, ist man dort seit vielen Jahrzehnten gewöhnt, dass die betreffenden Kinder sich mit Hilfe eines Netzes von Hilfsangeboten aus den homophoben Strukturen lösen können.

Den Alltag in muslimischen Vierteln aber kennzeichnet vor allem dies: Es gibt reichlich Männer mit schwuler Praxis. Sie leben aber in heterosexuellen Ehen – und spricht man sie denn an, was sie davon hielten, wenn ihre Töchter und Söhne auch Nein, wehren sie brüsk ab, die müssten dann verheiratet werden, im übelsten Fall sogar verstoßen oder getötet werden. In diesen Milieus gibt es so viel Ehebetrug gerade mit schwulem Unterfutter – und stets verteidigen die Betrüger ihre familiären Verhältnisse mit dem Hinweis auf den Koran, auf Allah und auf die Familie, die man nicht enttäuschen dürfe.

Weiteres Material hier.

 

Islamisierung der Zahnheilkunde abgewehrt

Ein Zahnarzt in Manchester wurde vom General Dental Council wegen Diskriminierung einer Patientin verurteilt – weil er sie aufgefordert hatte, ein Kopftuch zu tragen. Der Arzt namens Omer Butt bezog sich bei seiner Aufforderung auf die Scharia. Die Zahnärztekammer hat ihn drei Tage lang verhört und schließlich abgemahnt.

Ich sehe das als Beispiel dafür, dass die Islamisierung des Alltags keineswegs geduldet werden muss. Es gibt Mittel und Wege der Zivilgesellschaft, den öffentlichen Raum vor dieser Art von Kolonisierung zu schützen.

Aus dem Bericht der BBC:

The dentist had denied the charges, but admitted he would ask Muslim women to cover up in accordance with Islamic law before he treated them and reducing fees to encourage patients to wear the headscarf.

Dr Butt, of Prestwich, Greater Manchester, was found to have „undermined public confidence“ in the dental profession by discriminating against the woman in April 2005.

Giving evidence in his defence, Dr Butt said he „politely requested“ the woman, a non-practising Muslim, to wear a headscarf.

He said it was „unlawful“ for him, as a Muslim, to look at a Muslim woman who was not properly covered up.

The patient, a community nurse who worked in Bury, said Dr Butt told her she would have to find another dentist because she would not wear the headscarf.

The hearing was told the dentist later quoted Islamic Sharia law on appropriate relationships between men and women.

Patient A said she was told by a dental nurse at the surgery: „Inside the surgery it’s Dr Butt’s world and his rules apply.“

The patient said she sought to register at the Unsworth Smile Clinic after the birth of her young child because it was nearer to her home.

She said she telephoned the clinic to make an appointment and was told they required Muslim women to wear the headscarf.

Muslim men attending the clinic could not wear gold jewellery, she was told.

 

Ülkücülük – oder: Wer bei DITIB so alles willkommen ist

DITIB erklärt zu dem Vorschlag Wallraffs, aus den Satanischen Versen von Salman Rushdie auf dem Gelände der DITIB-Moschee zu lesen und zu diskutieren: „Geschäftsführung, Dialogabteilung und Vorstand sind sich einig gewesen, dass eine solche Veranstaltung nicht für die Integration der Muslime in Deutschland förderlich wäre.“

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„Alparslan“ Türkes, Führer der türkischen Rechtsextremisten


Die Gremien der DITIB müssen sich dann aber auch die Frage gefallen lassen, ob es für die Integration förderlich ist, wenn die größte DITIB Moschee Berlins, die Sehitlik Moschee, am 8.4.2007 den türkischen Rechtsextremen (Graue Wölfe) überlassen wird, damit diese in der Moschee ihre Gedenkfeier (Anma Gecesi) für ihren am 4.4.1997 verstorbenen Führer, den Oberwolf Alparslan Türkes, veranstalten können.

So ist es geschehen. Und es wäre auch eine kleine Debatte wert gewesen.

 

Iran: Weltspitze bei Geschlechtsumwandlungen

Der iranische Präsident wurde ausgelacht, als er in New York behauptete, „wir haben keine Homosexuellen in Iran“.

Aber eigentlich ist die Lage der Homosexuellen im Iran zu bitter für solche Heiterkeit.

Es gibt dort drakonische Gesetze gegen Homosexualität. Shirin Ebadi, die Friedensnobelpreisträgerin und Anwältin, erklärt:

„Homosexuality is defined both for men and women in law… There is one part for homosexuality in men, which is called lavat (sodomy), which is punishable by death. There is another for women, which is called mosahegheh. If the crime is committed up to three times, the penalty is 100 lashes. On the fourth, it is execution.“

Wozu braucht man eigentlich diese barbarischen Gesetze, wenn es den Tatbestand in der perfekten islamischen Gesellschaft des Iran gar nicht gibt?

Iranern dreht sich der Magen um, wenn sie von diesem Mann in Welt vertreten werden. Das Regime ist schlimm genug, aber Achmadinedschad schafft es, dem Iran ein noch schlechteres Image zu geben als es verdient.

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Columbia University Campus, während der Rede des iranischen Präsidenten

Was die idiotische Behauptung des Präsidenten über die nicht vorhandene Homosexualität verschleiert: In Wahrheit gibt es einen merkwürdigen Pragmatismus des Regimes in Sachen Transsexualität.

Iran hat die höchste Rate an Geschlechtsumwandlungen nach Thailand. Und dies ist nicht nur völlig legal, seit der Ajatollah Khomeini selbst in einer Fatwa es so bestimmt hat. Die Praxis wird sogar vom Staat gefördert:

Iran has between 15,000 and 20,000 transsexuals, according to official statistics, although unofficial estimates put the figure at up to 150,000. Iran carries out more gender change operations than any other country in the world besides Thailand.Sex changes have been legal since the late Ayatollah Ruhollah Khomeini, spiritual leader of the 1979 Islamic revolution passed a fatwa authorising them nearly 25 years ago. While homosexuality is considered a sin, transsexuality is categorised as an illness subject to cure.

The government seeks to keep its approval quiet in line with its strait-laced stance on sexuality, but state support has actually increased since Mr Ahmadinejad took office in 2005.

His government has begun providing grants of £2,250 for operations and further funding for hormone therapy. It is also proposing loans of up to £2,750 to allow those undergoing surgery to start their own businesses. (Quelle)

Diese erstaunliche Politik muss allerdings wiederum von einer Toleranz gegenüber sexueller Selbstbestimmung unterschieden werden.

Sie ist im Gegenteil ideologisch als die Kehrseite der offiziellen Schwulenfeindlichkeit zu verstehen. Transsexualität gilt als Krankheit, die durch eine vereindeutigende Operation geheilt werden kann, während Homosexualität als eine Form von dekadenter Kriminalität betrachtet wird. Viele Schwule werden dadurch zu Geschlechtsumwandlungen getrieben, weil das Leben als Transsexueller akzeptiert ist – anders als die lebensgefährliche Homosexualität.

Grauenhaft.

 

Weiter Streit um Wallraffs Rushdie-Lesung

Es geht weiter im Schlagabtausch zwischen DITIB und Günter Wallraff. DITIB versendet soeben die Presseerklärung, man führe schon

„seit knapp zwei Monaten … verschiedene Gespräche mit Günter Wallraff, um abzuwägen, inwieweit eine gemeinsame Veranstaltung zur Lesung der ‚Satanischen Verse‘ von Salman Rushdie sinnvoll sein könnte. Dabei prüfte die DITIB, ob eine solche Lesung tatsächlich einen wichtigen Diskussionsbeitrag zu den Themen Demokratieverständnis, Religionsfreiheit und Integration leisten kann. Die DITIB schlug vor, grundsätzlich eine Veranstaltungsreihe zu dem Thema ‚Islam, Demokratie und Integration‘ durchzuführen. Die Lesung hätte ein Programmpunkt sein können, bei dem Religions- und Literaturwissenschaftler offen über das Werk außerhalb des Moscheegeländes hätten diskutieren können. Günter Wallraff ist auf diesen Vorschlag nicht eingegangen und wollte kein gemeinsames Konzept mitgestalten. Durch seine Kompromisslosigkeit und sein mangelndes Verständnis für die Gefühle und Belange der muslimischen Gemeindemitglieder ist die DITIB als gesamte Organisation zu dem gestern veröffentlichten Ergebnis gekommen. Dazu beigetragen hat ebenfalls Wallraffs Aussage, er wolle nun den Präsidenten des Präsidiums für Religionsangelegenheiten in Ankara aufsuchen, um seine Idee doch noch zu verwirklichen. Die Entscheidung gegen die geplante Lesung basiert auf einer gemeinsamen Entscheidung der DITIB-Führung in Köln.

Im Rahmen einer demokratischen Meinungsbildung gehört es auch dazu, zu einem anderen Ergebnis kommen zu dürfen. Wallraffs These, die DITIB sei nur integrationsfähig, wenn sie eine Lesung durchführe, wie er sie sich vorstellt, ist anmaßend.“

Hat er diese These denn wirklich vorgebracht? Er hätte sich wohl kaum zu einer Mitarbeit im Moschee-Beirat bewegen lassen – und zu einer Unterstützung der Ehrenfelder Moscheebaupläne – , wenn er dieser angeblichen „These“ anhängen würde. Die Rushdie-Lesung ist nicht der ultimative Integrationstest, und es ist ein bisschen böswillig, das so hinzustellen.

Weiter heißt es:

„Geschäftsführung, Dialogabteilung und Vorstand sind sich einig gewesen, dass eine solche Veranstaltung nicht für die Integration der Muslime in Deutschland förderlich wäre. In einer Demokratie darf man auch zu dem Entschluss kommen, dass eine von einem prominenten Schriftsteller angefragte Veranstaltung nicht mit der religiösen Auffassung der Gemeinde zu vereinbaren ist.“

Letzteres ist völlig richtig. Es muss das Recht geben, eine solche Veranstaltung abzulehnen, ohne dass man gleich dafür verdammt wird. Aber den ersteren Satz hätte man gerne erklärt bekommen: Warum ist eine solche Lesung „nicht für die Integration der Muslime in Deutschland förderlich“?

Es leuchtet mir absolut nicht ein. Es ist eine Sache, die Lesung aus ästhetischen, religiösen oder sonstigen Gründen abzulehnen (oder einfach aus Unwillen, Konfliktscheu oder warum auch immer). Es ist eine andere Sache, dies mit unsinnigen Sätzen über „Integrationsförderlichkeit“ zu bemänteln.
Weiter heißt es:

„Wallraffs persönliche Attacke gegenüber Sadi Arslan, dem Präsidenten der DITIB, ist unverständlich und hat die DITIB bestürzt. Sadi Arslan wurde als Theologe und Botschaftsrat für religiöse Angelegenheiten von der DITIB zum Präsidenten gewählt. Er hat dieses Amt seit April 2007 inne. Seit diesem Zeitpunkt fördert er intensiv die Aktivitäten der DITIB in Fragen des interreligiösen Dialogs und der Integration. Wallraffs Reaktion ist wahrscheinlich Ergebnis seiner ‚maßlosen‘ Enttäuschung, seine persönlichen Ziele nicht erreicht zu haben.“

Diese Passage beruht auf folgendem Absatz aus dem Kölner Express:

„Auf Anfrage des EXPRESS zeigte sich Wallraff maßlos enttäuscht. ‚Sadi Arslan, der Chef der Ditib, ist ein Aufpasser, Wächter, Abschirmer im Auftrag des türkischen Staates. Er ist wohl eher ein türkischer Beamter, der sich wenig für die Integration seiner Organisation und der hier lebenden türkischen Muslime einsetzt‘, so Wallraff.

Aufgeben will der Kölner Schriftsteller aber nicht: ‚Ich bin Langstreckenläufer und Ausdauersportler‘, sagt er. ‚Ich werde in die Türkei reisen, um beim Chef der Religionsbehörde Überzeugungsarbeit zu leisten.'“

Für DITIB ist das Peinliche daran, dass wieder einmal die Abhängigkeit des Vereins von der türkischen Regierung deutlich wird. Sadi Arslan wurde „gewählt“, heißt es. Er wird gewählt, weil Ankara ihn geschickt hat, als Botschaftrat, der sich hier um religiöse Angelegenheiten kümmern soll. Jeder weiss das. Es ist peinlich, dies als demokratische „Wahl“ auszugeben.

Das ist eine historisch gewachsene Sache, für die man nicht nur den Türken die Schuld geben kann. Die deutsche Seite hat diesen Zustand hingenommen, wenn nicht befördert. Aber es kann einfach so nicht weitergehen. Die DITIB muss endlich eine deutsche Angelegenheit werden, wenn sie hier mit einer grossen Moschee in die Öffentlichkeit drängt. Sonst kann und wird es auf Dauer keine Akzeptanz geben. Das geht nicht von heute auf morgen, aber glaubhafte erste Schritte müssen jetzt gemacht werden.

Im übrigen: Eine Veranstaltung zu Salman Rushdie unter sichtbarer und offizieller Beteiligung von DITIB wäre auch ausserhalb der Moschee eine tolle Sache. Wallraff sollte diese Idee nicht wegen maximalistischer Forderungen fallen lassen.