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In eigener Sache

Ich bin noch einmal ein paar Tage auf Reise (Israel, Libanon, Syrien) und werde spätestens ab Mitte der Woche berichten. Es verspricht, interessant zu werden. Sollte es von unterwegs aus Möglichkeiten geben zu posten, melde ich mich auch früher. Versprechen kann ich’s nicht.

 

In eigener Sache

Aufregende Tage müssen leider ohne die Kommentierung dieses Blogs vergehen – ich bin dieser Tage auf Reisen in Mecklenburg-Vorpommern, Ägypten und Syrien.

 

„Natürliches Wachstum“: Der große Siedlungs-Schwindel

Shaul Arieli ist ehemaliger israelischer Brigade-Kommandeur für den Gaza-Streifen und hat als ehemaliger Chef der israelischen regierungsamtlichen Peace Administration an zahlreichen Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern teilgenommen. Er gilt als einer der führenden Experten zu Fragen einer möglichen zukünftigen Grenzregelung zwischen beiden Seiten.

Arieli hat sich die Zahlen zum Siedlungsbau in den besetzten Gebieten der Westbank vorgenommen und sie daraufhin untersucht, ob es sich bei dem Wachstum der Siedlungen um „natürliches Wachstum“ handeln kann, wie die israelische Regierung behauptet.

Das Ergebnis ist eindeutig: Nein. Es handelt sich um gezielte Einwanderungspolitik. Die folgende Tabelle entnehme ich der Website von Shaul Arieli.

Natural growth or growth by immigration?!

Government

Years

Settlements in the West Bank and Gaza

Israelis in the West Bank and Gaza

Neighborhoods in east Jerusalem

Israelis in east Jerusalem

Total

Cumulative total

Labor

67-77

32

6,000

11

32,000

38,000

38,000

Likud

77-81

47

11,000

26,000

37,000

75,000

Likud

81-84

37

29,000

20,000

49,000

124,000

Unity

84-90

26

46,000

1

32,000

78,000

202,000

Likud

90-92

2

15,000

5,000

20,000

222,000

Labor Likud

92-2001

4

93,000

2

52,000

145,000

367,000

Likud Kadima

2001-2009

100 Outposts

95,000

27,000

122,000

489,000

Total

127

295,000

14

194,000

489,000

So fasst Arieli seine Ergebnisse zusammen:

1. All Israeli governments established settlements in West Bank areas.
2. During the first 15 years, the Israeli government prioritized populating east Jerusalem with Jews.
3. Since 2001, unauthorized outposts have replaced the establishment of new settlements.
4. A third of the Israelis living in the West Bank and Gaza Strip moved there prior to signing the Oslo Accords (25 years), another third during the Oslo Accords period (8 years), and another third after it was frozen (8 years)!!!
5. 55% of the Israelis living in east Jerusalem moved there before signing the Oslo Accords and the rest during the Oslo Accords period or after it was frozen!!!
6. Natural growth for Jewish population is 1.6%.
7. The size of an average family in Israel is 3.1 persons.

In anderen Worten: In acht Jahren nach den Oslo-Verträgen wanderten genausoviele Menschen in die Westbank ein wie in den 25 Jahren zuvor. Und nach der Aussetzung des Oslo-Prozesses abermals so viele. In Oslo sollte die palästinensische Selbstverwaltung vorbereitet werden. Während also offiziell die Selbstverwaltung der Palästinenser ausgehandelt wurde, wurden auf dem Boden Fakten geschaffen, um sie zu torpedieren und die Landnahme in der Westbank voranzutreiben.

Akiva Eldar kommentiert die Zahlen Arielis in Ha’aretz:

The myth of „natural population growth“ doesn’t impress Col. (res.) Shaul Arieli, nor do the stories about little children from good Jewish homes who are left without a kindergarten. Arieli, who in the late 1990s served as deputy military secretary to former prime minister and incumbent Defense Minister Ehud Barak, did the calculations and found that one third of Israelis living in the territories (not including East Jerusalem) settled there during the Oslo years and another third after the peace process was suspended.

Expressed in numbers: From 1992-2001, the number of Jewish settlers increased by approximately 93,000 and four settlements were added; in the period from 2001-2009, another 95,000 settlers were added to the population and 100 additional outposts established.

As for East Jerusalem, 45 percent of Israelis living in East Jerusalem moved there after the Oslo agreement.
And now for the total: While 32 settlements (not including East Jerusalem) were established in the territories between 1967 and 1977, housing some 6,000 settlers, today 127 Jewish settlements can be found in the territories, alongside another 100 outposts, housing a total of 295,000 settlers.

It doesn’t take a demographer to deduce from Arieli’s figures that „natural population growth“ – even at a record 3.4 percent per annum (which is twice the national average among Jews) – cannot explain a 100 percent growth to the settlers‘ population in 2001-2009.

 

Vor Netanjahus Besuch bei Obama: Israel unter Druck – durch seine Freunde

In der kommenden Woche wird der israelische Premier Netanjahu bei Barack Obama seinen Antrittsbesuch machen. Er wird dort den „neuen Ansatz“ in der Palästinenserpolitik vorstellen, für den seine Koalition steht. 

Ein zentraler Streitpunkt dabei wird sein, ob die israelische Regierung sich wie ihre Vorgänger die „Zweistaatenlösung“ auf die Fahne schreibt. In mehreren Interviews hatte der neue Aussenminister Avigdor Lieberman erklärt, der Annapolis-Prozess sei gescheitert (mein Bericht hier). In Berlin, bei seinem Besuch am letzten Donnerstag, hat Liebermann sich offen lustig gemacht über die „Friedens-Industrie“, die in Jahrzehnten von Verhandlungen nichts gebracht habe.

Amerikaner und Europäer haben daraufhin abermals den Druck erhöht, die Israelis sollten sich dazu bekennen, weiter die Zweistaatenlösung zu verfolgen. 

Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat in diesem Sinn am Montag einstimmig eine Resolution verabschiedet, die beide Seiten auffordert, auf alle Schritte zu verzichten, die das Vertrauen unterminieren. Der Generalsekretär sagte gar, es sei „an der Zeit, dass Israel sein Verhalten fundamental ändert.“ Auch die amerikanische UN-Botschafterin Susan Rice drängt jetzt auf „echte Ergebnisse“. So viel Druck hat Israel seit Jahren nicht von seinen Freunden zu spüren bekommen. Die eher links orientierte Tageszeitung Haaretz schrieb am letzten Freitag bereits besorgt über einen „Zusammenbruch der Kooperation zwischen den USA und Israel unter Obama“. 

Der zweite zentrale Streitpunkt wird sein, was in Israel schon „linkage wars“  genannt wird – die Debatte darüber, ob – und wenn ja, wie – die Bedrohung durch einen atomar aufrüstenden Iran mit der Frage der palästinensischen Staatlichkeit verknüpft sein sollte. 

Die israelische Regierung möchte nämlich gerne das Thema wechseln: Wir können derzeit sowieso nichts mit den Palästinensern erreichen, liebe Verbündete, also lasst uns die Augen auf die iranische Bedrohung richten. Erst wenn wir diese Bedrohung einhegen oder besser noch ausschalten, werden die Palästinenser wieder verhandlungsfähig sein, weil die radikalen Gruppen (Hisbollah und Hamas) dann ihren Hauptsponsor verloren haben werden.

Umgekehrt argumentieren derzeit Israels Verbündete: Ein Fortschritt im Friedensprozess, liebe Israelis, macht es uns sehr viel leichter, eine glaubwürdige Drucksituation gegen Iran und die von ihm gesponserten Terroristen aufzubauen. Iran wird so das Spiel verdorben, sich als einzig authentischer Pate der Palästinenser aufzuspielen, während die so genannten „moderaten“ Araber blamiert dastehen, weil nichts für ihre Klienten erreichen können.

Obamas Aussenministerin Clinton besteht darauf, dass Israel die gewünschte Unterstützung gegen die iranische Gefahr nur dann bekommen könne, wenn es nicht „an der Seitenlinie“ stehen bleibe bei der Lösung der Palästinafrage. Die arabischen Regime seien allesamt willig, so Clinton, gegen Irans Hegemonieansprüche in der Region Druck zu machen – aber nur, wenn Israel unverzüglich bereit sei, mit der PA wieder in Verhandlung zu treten. Amerika sei ausserdem bereit, eine mögliche Einheistregierung aus Fatah und Hamas zu unterstützen.

Israel lehnt letzteres ab, so lange Hamas nicht klar und deutlich die „Quartettkriterien“ erfüllt – Gewaltverzicht, Anerkennung Israels und aller bisherigen Vereinbarungen. 

Der israelische Vizeaussenminister Danny Ayalon hat gegenüber der Washington Post die amerikanische Verknüpfung des iranischen mit dem palästinensischen Problem mit einer eigenen Version des „linkage“ gekontert: 

The new Israeli government will not move ahead on the core issues of peace talks with the Palestinians until it sees progress in US efforts to stop Iran’s suspected pursuit of a nuclear weapon and limit Teheran’s rising influence in the region.

Zu Deutsch: Wenn ihr dem Iran nicht mehr Druck macht, tun wir nichts für die Palästinenser. 

Das ist eine ziemlich törichte Position, weil sie erstens Israels Hebelkraft überschätzt – und zweitens die Palästinenser zur Geisel der Iraner macht, ganz so, wie es die Iraner ja auch gern sehen. Ayalon gibt damit Iran de facto die Einflußposition auf den Nahostprozess, die sich das Land seit langem anmaßt. Und er schlägt die moderaten arabischen Partner ins Gesicht, auf die Israel sich sonst gerne bezieht, um die Breite der Front gegen Iran zu beschwören.

Ayalon muss selber gemerkt haben, dass diese Position unhaltbar ist – und so hat er sie jüngst zurückgezogen. Gegenüber der Jerusalem Post sagte er am letzten Donnerstag: „Wir müssen die iranische Bedrohung stoppen, als gäbe es keinen Konflikt mit den Palästinensern, und wir müssen mit den Palästinensern vorwärts kommen als gäbe es keine nukleare Bedrohung aus dem Iran“. 

Wie bedroht sich die Israelis unter dem Druck ihrer Freunde und der Umstände in der Region sehen, zeigt jetzt ein bereits viel diskutierter alarmistischer Essay des neuen israelischen Botschafters in den Vereinigten Staaten, Michael B. Oren in der neokonservativen Zeitschrift Commentary. Oren zählt nicht weniger als sieben existenzielle Bedrohungen Israels auf, darunter interessanter Weise nicht nur äußere, sondern auch innere Zerfallsfaktoren:

– der Verlust Jerusalem als symbolisches Zentrum des jüdischen Staates

– die demographische Bedrohung durch den arabischen Bevölkerungszuwachs (ein binationaler Staat wäre das Ende des zionistischen Projekts)

– die internationale Delegitimierung Israels wegen der Besatzung als „das neue Südafrika“

– die terroristische Gefahr durch die immer besseren Raketen der Hisbollah und Hamas

– die iranische Atombombe

– die Ausblutung der Staatssouveränität (angesichts der wachsenden Bevölkerungsteile der Araber und der jüdisch Orthodoxen, die beide illoyal zum Staat stehen)

– die moralische Erosion Israels durch seine korrupten Eliten (die Knesset ist die Institution mit dem geringsten Ansehem im Land).

Das ist ein finsteres Bild. Der Botschafter spricht von einem „Zusammenbruch der öffentlichen Moral“ in seinem eigenen Land! Er malt die Aussicht an die Wand, dass alle Israelis, die es können, das Land verlassen werden, wenn die sieben Bedrohungen nicht gekontert werden. 

Am kommenden Montag, wenn Premier Netanjahu bei Barack Obama zu Gast sein wird, kann man eine erste Ahnung bekommen, ob die neue Regierung willens und in der Lage dazu ist.

 

Für Kurzentschlossene

Bosch Public Policy Lecture
America’s Disappearing Death Penalty: A Victory for Europe?

Charles Lane, Journalist and member of the Editorial Board, The Washington Post; moderated by Jörg Lau, Foreign affairs Correspondent, Die Zeit

NOTE: On Wednesday, May 20, at 7:00pm, Charles Lane will also speak at B.A.Z. Amerika Haus München, Karolinenplatz 3, about „The Future of America’s War on Terror under the Obama Administration.“ Please register with programm@amerikahaus.de, Tel: (089) 55 25 370.

Heute abend, 20h In der American Academy, Berlin

 

Lob des Mitbloggers

Still und unbemerkt hat dieser kleine Blog die magische Zahl von 40.000 (!) Kommentaren überschritten, in zweieinhalb Jahren seines Bestehens.

Und wenn man die (Schreck!) 871 Beiträge zugrunde legt, die ich hier hinterlegt habe, dann macht das im Schnitt 45 Kommentare pro Beitrag.

Und das macht mich dann schon ein bisschen stolz – und dankbar!

 

In eigener Sache

Hier wird es in den kommenden Tagen wenig Input geben.

Ich hole mir gerade selber welchen – in St. Louis, Denver und Dallas.

Bericht folgt.

 

In eigener Sache: Links, Links, Links

Den werten Mitbloggern zur aufmerksamen Prüfung: Die Link-Sektion (Blogroll), ein armes Stiefkind dieses Blogs, wird endlich aufgemöbelt. 

Immer getreu der Parole: Dem Volke dienen!

Dort findet sich nun Vieles, was ich täglich oder regelmäßig lese. Bitte mal herumprobieren.

Anregungen erwünscht! Auch eigene Blogs, die hier hineinsollen!

(Wenn man die Maus rüberhält, werden Stichworte lesbar.)