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Pakistanische Satire über Extremisten

Klasse! Pakistanische Rapper machen sich in Punjabi lustig über die Kultur der Paranoia, des Nationalismus und der religiösen Intoleranz, die ihr Land ergriffen hat.

 

 

 

Die New York Times erklärt:

The song rues the fact that killers and religious extremists are hailed as heroes in Pakistan, while someone like Abdus Salam, the nation’s only Nobel Prize-winning scientist, is often ignored because he belonged to the minority Ahmadi sect.

“Qadri is treated like a royal,” wonders the goofy-looking lead vocalist in the song, referring to Malik Mumtaz Qadri, the elite police guard who killed the governor of Punjab, Salman Taseer, in January after he challenged the blasphemy law.

Another line in the song, “where Ajmal Kasab is a hero,” makes a reference to the only surviving Pakistani gunman involved in the 2008 terrorist attacks in Mumbai, India. Still another line, “cleric tried to escape in a veil,” alludes to the head cleric of Islamabad’s Red Mosque — which was the target of a siege in 2007 by the Pakistani government against Islamic militants — who tried unsuccessfully to break the security cordon by wearing a veil.

The song even makes fun of the powerful army chief, Gen. Ashfaq Parvez Kayani, for extending his role for another three years. (…)

The popularity of the song on the Internet has made it a sensation across the border in India as well, surprising the band members, who have been incessantly asked whether they feel they have put their lives in danger by ridiculing the mighty.

There are certainly enough provocations to rile nationalists and conservatives. At one point in the music video, the lead singer holds a placard that reads, in English: “This video is sponsored by Zionists.”

 

Pakistans Kampf gegen den Terrorismus

Heute morgen gab es ein interessantes Hintergrundgespräch mit pakistanischen Militärs, Geheimdienstlern  und Politikern in Berlin. Es ging um die Sicherheitsinteressen des Landes, insbesondere im Bezug auf Afghanistan. Major General Ghayur Mahmood, der selber 2 Jahre lang eine Infanterie-Brigade in Nord Wasiristan kommandiert hat, führte das Wort. Für mich war es interessant zu hören, wie sehr sich die Pakistaner durch die zunehmende Kritik – vor allem aus Amerika – ins Unrecht gesetzt sehen.

Und die Zahlen des Generals waren in der Tat beeindruckend. 150.000 pakistanische Soldaten stehen an der Westgrenze zu Afghanistan. Aber auch sie können die über 2600 Kilometer gemeinsame Grenze mit Afghanistan nicht effektiv kontrollieren. Die Topographie sein ein „militärischer Alptraum“, sagte der General. Pakistan habe im Kampf gegen den Terrorismus 31.000 Tote zu beklagen, darunter 12.000 Soldaten. 290 Offiziere und 9 Generäle hätten bereits ihr Leben gelassen. Der ISI (Geheimdienst) hat 290 Tote zu verzeichnen, drei von 5 regionalen Hauptquartieren seien von den Terroristen angegriffen worden.

Der finanzielle Schaden des Kampfes gegen den Terrorismus für das Land wird mit 68 Milliarden US-Dollars beziffert. 1.7 Millionen Afghanen leben als Flüchtlinge in Pakistan, zeitweilig waren es bis zu 5 Millionen, und das in einem selbst bitterarmen Land. Der Krieg gegen die Terroristen bedeute eine besondere psychologische Belastung für die pakistanischen Soldaten, weil sie gegen die eigenen Landsleute (oder auch Stammesverwandten) kämpfen müssen.

Es sei sehr bedauerlich, dass die Rückeroberung des Swat-Tals durch die pakistanische Armee nicht gewürdigt worden sei: Die Region war bereits an die Taliban verloren, man habe diese entschlossen bekämpft und die Region von den Terroristen gesäubert. 2 Millionen innere Flüchtlinge hätten darum bereits zurückkehren können. Statt einer Anerkennung dieser Leistung unter großen Opfern gebe es nur Kritik und Verdächtigungen gegenüber Pakistans Armee, sie „spiele ein doppeltes Spiel“, während Pakistan in Wahrheit der Welt einen Dienst erweise.

Der General beklagte, dass die Drohnenangriffe zu viele Kollateralschäden hinterlassen und neuen Hass schüren, der sich auch gegen die Armee richte. Und man wundere sich schon sehr, dass zwar dauernd in Pakistan gebombt werde – wenn die Aufständischen sich aber über die unkontrollierbare Grenze zurückzögen, gebe es keine Drohnenangriffe auf sie. Die mangelnde Kontrolle auf afghanischer Seite sei ein großes Sicherheitsproblem für Pakistan. Bei einem Fall im April seien 500 bewaffnete Kämpfer nach Pakistan eingefallen, aus einem safe haven jenseits der Grenze.

Zur Frage des Abzugs aus Afghanistan bis 2014 war von verschiedenen Teilnehmern zu hören, man fürchte eine Wiederholung der Lage nach dem  sowjetischen Abzug: Bitte geht nicht ohne einen Plan und ohne das Vakuum zu füllen. Die afghanische Armee sei keineswegs in der Lage dazu. Sie sei auch ethnisch nicht genügend ausbalanciert, es gebe viel zu wenige Paschtunen darin. Die ANA gelte darum als anti-paschtunisch.

Ein anderer Kommandant zeigte zur Unterstreichung des guten Willens im Antiterrorkampf Bilder von einer Operation in den FATA-Gebieten. Man konnte eine Werkstatt zur Herstellung von IED’s sehen, erbeutete Waffen und tote Taliban. Der Helikopter, der die Operation von der Luft aus unterstützen sollte, musste notlanden. Er stammt aus dem Jahr 1986, als man die Pakistaner aufgerüstet hatte, damit sie den Mudschahedin gegen die Russen helfen konnten. Jetzt kämpfen sie gegen die Erben der Mudschahedin, aber immer noch mit den Waffen aus dem Kalten Krieg.

Selbst wenn man Abstriche macht – das Militär überall in der Welt pflegt über schlechte Ausstattung zu klagen – es ist etwas dran, dass die Welt einen schiefen Blick auf Pakistan wirft. Die Militärs fühlen sich von ihren Alliierten betrogen, weil ihr Land immer nur noch als Pulverfass und „gefährlichstes Land der Welt“ beschrieben wird.

Wir stehen an der Front eures Kampfes, den ihr nur noch von Langley aus mit dem Joystick führt. 300 Al-Kaida Führer und Kämpfer konnten dank der Informationen des ISI getötet worden. Unsere Soldaten sterben in diesem Kampf, sagte der General.

 

Warum Pakistan die Welt kalt lässt

Die mageren Spenden für die Flutopfer in Pakistan sind überall ein Thema. Ich habe für die morgige Ausgabe einen Leitartikel verfasst. Sehr beeindruckt bin ich vom Niveau der Debatte in pakistanischen Zeitungen und Blogs. Meine Lieblingsquelle dieser Tage ist „Pak Tea House„, wo auch dieser Kommentar von Nasima Zehra Awan (Auszug, meine Übersetzung) veröffentlicht wurde:

„Die Welt hat unser militantes Abenteurertum so sehr satt, dass dies die Spendenbereitschaft für unsere Fluthilfe beeinträchtigt. Die Menschen befürchten, dass ihre Spenden bei islamistischen Milizen landen, die sich um Menschlichkeit nicht scheren und die weiterhin Soldaten der Länder umbringen, die zu den Hauptgeldgebern Pakistans gehören. Der einzige Weg, Pakistan zu retten, besteht darin unsere Tradition eines Sicherheitsstaates zu beenden und all unsere Ressourcen darauf zu verwenden, das Land wortwörtlich vor dem Ertrinken zu retten. Ein entscheidender Schritt dahin besteht in der Ermächtigung des Parlaments, dessen fortschrittliche Gesetzgebung nicht andauernd von einer kompromittierten und politisierten Justiz blockiert werden darf (…)

Ob Sie es mögen oder nicht, ehrenwerter Oberster Richter, wir müssen ein säkularer Staat werden, und weil das Parlament mit dem 18. Verfassungszusatz (der die Möglichkeit des Präsidenten einschränkt, das Parlament aufzulösen, JL) die ersten zaghaften Schritte in diese Richtung unternommen hat, muss die Vernunft siegen. Ein ertrinkendes Pakistan kann sich nicht läner die Trugbilder ’strategischer Tiefe‘ in Afghanistan und Kaschmir leisten. Was es wirklich braucht, ist sauberes Wasser und Nahrung für die 20 Millionen, die obdachlos geworden sind (…).“

Es gibt viele solcher Stimmen  in der lebendigen Öffentlichkeit Pakistans. Sie müssen hier bei uns mehr gehört werden.

 

Karsai glaubt nicht mehr an den Sieg

Wow. Gut zu wissen (gestern in der New York Times):

„… Mr. Karzai had lost faith in the Americans and NATO to prevail in Afghanistan.

For that reason, Mr. Saleh and other officials said, Mr. Karzai has been pressing to strike his own deal with the Taliban and the country’s archrival, Pakistan, the Taliban’s longtime supporter. According to a former senior Afghan official, Mr. Karzai’s maneuverings involve secret negotiations with the Taliban outside the purview of American and NATO officials.

‚The president has lost his confidence in the capability of either the coalition or his own government to protect this country,‘ Mr. Saleh said in an interview at his home.“

Amrullah Saleh ist der Geheimdienstchef Afghanistans, der kürzlich gefeuert wurde. Er wird als pro-westlicher Hardliner gesehen und vor allem von Pakistan abgelehnt.

Ich halte fest: Unser Alliierter Karsai glaubt nicht mehr daran, dass die Nato in Afghanistan den Konflikt siegreich bestehen wird. Er möchte ohne amerikanische Aufsicht mit den Taliban verhandeln und scheint sich auf Pakistan als neue Schutzmacht einzustellen.

So redet der Mann, dessen gefälschte Wahl wird unterstützt und finanziert haben? Eine Wahlbeobachterin, die die ganze Zeit vor Ort war, sagte mir kürzlich, der einzige Unterschied zu Iran sei – was die Qualität des demokratischen Prozesses angehe – dass der Westen die Wahlen in Afghanistan bezahlt habe.

 

Der Times-Square-Bomber: „a modern boy“

Der Attentäter vom Times Square kommt nach einem Bericht der pakistanischen Tageszeitung Dawn aus guter Familie:

Der Vater war ein höherer Offizier der Air Force Pakistans, die Familie lebte in dem Dorf Mohib Banda bei Peschawar in einem villenartigen Anwesen. Er wurde liberal erzogen und besuchte Eliteschulen und Universitäten wie üblich im pakistanischen Establishment. Die Familie hatte angeblich keine starken religiösen Bindungen, geschweige denn Kontakte zu Militanten.

“He was clean shaven here but I now see a change. He has grown beard in the United States,” said Ahmad, the 50-year-old former mayor of Mohib Banda.

 

Neue Argumente für ein Burkaverbot…

…liefern heute die pakistanischen Taliban, die über 40 Menschen – die meisten Flüchtlinge, viele Schiiten – bei zwei Selbstmordanschlägen ermordet haben:

KACHA PAKHA, Pakistan (Reuters) – Two suicide bombings at a center for people displaced by a Pakistani military offensive against militants killed at least 38 people and wounded 65 on Saturday, an official said.

The first of two male attackers, disguised as a woman in an all-enveloping burqa dress, was followed seconds later by a teenager who blew himself up, said local commissioner Khalid Khan Omarzai.

„It was huge and caused most of the deaths,“ he said of the second explosion.

They struck as about 300 people displaced by fighting were registering at an office in the village of Kacha Pakha in the northwest of the country, hoping to get food items, officials said.

Pakistan’s military has carried out a series of crackdowns against homegrown al Qaeda-backed Taliban fighters seeking to topple the government, destroying some of their bases.

But the measures have failed to weaken the resolve of the Taliban, whose violent suicide bombings have raised questions over the stability of U.S. ally Pakistan.

„The blasts were so powerful that the limbs of people scattered throughout the area. People are searching limbs of their dear ones in nearby crop fields,“ said resident Mohammad Qasim. Shoes and bloodstained clothes lay strewn on the ground.

A group affiliated with Pakistan’s Taliban claimed responsibility for the attacks.

The military says its latest operations, in the Orakzai and Khyber and Kurram regions, have killed hundreds of militants, tolls that were not possible to confirm independently. The Taliban usually disputes casualty figures released by the military.

Suicide bombings and the Taliban’s version of Islamic rule, which can involve public beheadings and floggings, have angered many Pakistanis.

„How can anyone call them human beings? They are beasts who are killing innocent people. The government should finish them off once and for all,“ said Jabbar Ali, whose leg was wounded in Saturday’s bombings.

 

Eine 600-Seiten Fatwa gegen Al-Kaida

Ein pakistanischer Gelehrter, der Sufi-Imam Dr Tahir-ul-Qadri veröffentlicht heute in London eine 600 Seiten starke theologische Herausforderung der Ideologie Osama Bin Ladens.

Ul-Qadri ist keineswegs der erste Gelehrte, der sich gegen Al-Kaida stellt. Doch er erhebt den Anspruch, dies gründlicher zu tun als alle seine Vorgänger: eine Punkt-für-Punkt-Widerlegung des Bin Ladenschen Anspruchs, im Namen des Islams zu handeln.

Tahir-ul-Qadri Foto: Wikimedia

Ul-Qadri ist der Gründer der Sufi-Organisation Minhaj-al-Quran, die in England mittlerweile zehn Moscheen betreibt. Zahlenmässig spielt seine Gruppierung noch keine große Rolle unter den britischen Muslimen. Doch die Behörden sehen in ihm einen Hoffnungsträger, weil er vor allem jüngere Muslime anspricht. Die BBC schreibt:

The scholar’s movement is growing in the UK and has attracted the interest of policymakers and security chiefs.

In his religious ruling, Dr Qadri says that Islam forbids the massacre of innocent citizens and suicide bombings.

Although many scholars have made similar rulings in the past, Dr Qadri’s followers argue that the massive document being launched in London goes much further.
They say it sets out point-by-point theological arguments against the rhetoric used by al-Qaeda inspired recruiters. The fatwa also challenges the religious motivations of would-be suicide bombers who are inspired by promises of an afterlife.

The populist scholar developed his document last year as a response to the increase in bombings across Pakistan by militants.

The basic text has been extended to 600 pages to cover global issues, in an attempt to get its theological arguments taken up by Muslims in western nations. It will be promoted in the UK by Dr Qadri’s organisation, Minhaj ul-Quran International.

Shahid Mursaleen, spokesman for Minhaj-ul-Quran in the UK, said the fatwa was hard-hitting.

„This fatwa injects doubt into the minds of potential suicide bombers,“ he said. „Extremist groups based in Britain recruit the youth by brainwashing them that they will ‚with certainty‘ be rewarded in the next life.

„Dr Qadri’s fatwa has removed this key intellectual factor from their minds.“

 

Wurde der Talibanführer gefangen oder verraten?

Die Festnahme des Talibanführers Mullah Baradar ist erfreulich über die Tatsache hinaus, dass den Aufständischen in Afghanistan damit ein wesentlicher Schlag zugefügt werden konnte.

Die Kooperation zwischen dem pakistanischen Geheimdienst ISI und der CIA lässt hoffen, dass Pakistan endlich den Kampf gegen die Dschihadisten aufnimmt, statt sie als Werkzeug seiner Einflussnahme im Nachbarland zu päppeln und zu protegieren. Mullah Baradar wurde ausserhalb der südpakistanischen Stadt Karatschi festgenommen. Dabei soll die amerikanische Telefonüberwachung eine entscheidende Rolle gespielt haben.

Die pakistanische Zeitung Dawn schreibt:
Mullah Baradar’s capture from a place on the outskirts of Karachi was the result of increasing US pressure on Pakistan to pursue a policy of killing or capturing the Taliban leadership believed to be hiding in the country.

The detention of one of their most powerful commanders sent a clear message to the Taliban leadership that Pakistan was no more a safe haven for them.

Pakistani intelligence had been keeping a close track of the movement of the Taliban leadership which had earlier moved freely.

Mullah Baradar’s arrest demonstrated increasing cooperation between the Central Intelligence Agency and Pakistan’s Inter Services Intelligence.

Pakistan hofft offenbar, sich durch die Kooperation gegen die Taliban Aktien im Poker um die Zukunft Afghanistans zu erwerben: gut so!

Allerdings gießt Al-Dschasira etwas Wasser in den Wein: Mullah Baradar könnte, vermutet der Sender, einer Intrige in der Talibanführung zum Opfer gefallen sein. Er war angeblich bei geheimen Verhandlungen mit der afghanischen Regierung in Dubai beteiligt. Dies sei bei den Hardlinern der Bewegung nicht auf Zustimmung gestossen.
Und nun habe man ihn womöglich aus dem Verkehr gezogen, indem man ihm dem Feind ausliefert. (Mit leuchtet daran nicht ein, dass es doch viel zu gefährlich ist, einen Mann mit diesem Wissen aufzugeben. Hätte man ihn nach der Logik von Al-Dschasira nicht besser liquidiert?)

Jedenfalls: Wenn Mullah Baradar zum verhandlungsbereiten und verhandlungsfähigen Teil der Bewegung gehört, ist seine Festnahme vielleicht schlechte Nachricht für alle, die eine „politische Lösung“ des Konflikts für unabdingbar halten.

Hier der Bericht von Al-Jazeera English:

 

Taliban: Nr.2 gefasst?

Das waren noch Zeiten: Congressman Charlie Wilson in AFG

In übereinstimmenden Nachrichten der New York Times und der BBC ist die Rede davon, dass Mullah Baradar, der militärische Chef der Taliban, bereits vor einer Woche von amerikanischen Truppen und von mit ihnen kooperierenden Pakistanern (!) gefasst worden sein soll.

Die Times schreibt:

Details of the raid remain murky, but officials said that it had been carried out by Pakistan’s military spy agency, the Directorate for Inter-Services Intelligence, or ISI, and that C.I.A. operatives had accompanied the Pakistanis.

In anderen Worten: Das ISI und die CIA versuchen den Geist wieder in die Flasche zu stopfen, den sie einst herausgelassen hatten. Sehr gute Nachrichten, vor allem wegen des pakistanischen Umdenkens, das sich hier zeigt. Anders gesagt: „Charlie Wilson’s War“ wird zuende geführt.

Baradar ist die Nummer 2 hinter dem Talibachef Mullah Omar, und seine Bedeutung für die militärische Strategie der Taliban im afghanischen Süden wird sogar noch höher eingeschätzt als die des Anführers.

Sollte sich diese Nachricht bestätigen, wäre dies ein Grund zur Hoffnung. Und es würde auch erklären, warum die Großoffensive  in Helmand just in diesen Tagen stattfindet.

Ein ausführliches Porträt findet sich hier.

Paragh Kanna warnt aber davor, in den möglichen (noch unbestätigten) militärischen Erfolgen bereits die Wende sehen zu wollen, die einen politischen Prozess (und das heisst:  Verhandlungen mit den Clanführern) überfüssig machen würde:

The olden system of influential tribal elders, though battered in the Pashtun areas, has withstood the Taliban’s violent campaign to destroy and replace it with militant Islamic rule. No matter how tumultuous and intermittently brutal the situation, kinship networks and their leaders retain persuasive influence.

Regrettably, most officials and analysts fail to grasp that the Pashtun region is a potentially fruitful theater for dialogue and engagement. Its tribes have not only been fierce fighters for centuries, but also expert negotiators; they violently punish those who break promises, but honor agreements and loyalty as well. If the Obama strategy emphasizes “people-to-people ties,” these are the people who are crucial to enlist in both the short and long term. The tribal order can’t be defeated by fighting against it, but it can be gradually and incrementally modernized through thoughtful engagement. Many tribal leaders have appealed responsibly for just such an approach, including influential opinion-shapers in isolated North Waziristan. To turn away from this opportunity would be tragic.

 

Pakistanischer Taliban-Chef tot (vermutlich)

Vorsicht ist geboten, denn es gab schon mehrfach Nachricht von seinem Tod: Baithullah Mehsud, der pakistanische Talibanchef, soll am Mittwoch bei einer Attacke von einer amerikanischen Drohne getötet worden sein. Bisher war nur der Tod seiner Frau bestätigt worden. Doch nun gibt es mehrere pakistanische Quellen, die seinen Tod für gegeben halten. Beweise gibt es freilich noch keine, denn die Gegend, in der ihn die Bombe traf, wird von den Taliban kontrolliert.

Baithullah Mehsud

Auch wenn es jetzt bereits Warnungen vor einer Rache der Taliban gibt, wäre dies eine gute Nachricht.

Sie würde erstens belegen, dass Pakistan den Kampf gegen die selbst geschaffenen Taliban-Monster ernst zu nehmen beginnt, statt sie nur taktisch als Mittel zur Einflußgewinnung zu sehen. (Islamabad hat die USA gebeten, diesen Schlag zu führen.)

Zweitens wäre damit auch den afghanischen Taliban ein herber Schlag zugefügt – denn die Unterstützung von deren Kampf von pakistanischer Seite aus ist eine Hauptfunktion Mehsuds gewesen.

Drittens würde dieser Schlag – auch wenn es auf den ersten Blick paradox klingt – die neue Politik der Verständigung mit den Teilen der Bewegung, die für Angebote überhaupt erreichbar sind, erleichtern („Gespräche mit den moderaten Taliban“. Denn es wäre damit klar, dass die „ausgestreckte Hand“ an einem starken Arm hängt, der auch zuschlagen kann. Verhandlungen sind ohnehin nur aus einer Position der Stärke denkbar. Und der Westen (inklusive Pakistan und die afghanische Regierung) hätten deutlich an Stärke gewonnen.

Viertens wird der Schlag – wenn sich sein Erfolg bestätigen sollte – Pakistan stabilisieren, weil deutlich geworden ist, dass Massenmord und politische Anschläge (Bhutto) nicht ungestraft bleiben.

Dies alles hängt aber auch daran, dass man sich von der Illusion frei macht, wir könnten „capture or kill our way to victory“. Die Drohnen sind offenbar ein wichtiges und probates Mittel – die Lösung sind sie nicht.
p.s.: Hier eine Einschätzung aus der Tageszeitung „Dawn“ (Karatschi) zur Frage, on Mehsuds Tod im Kampf gegen den Terrorismus hilft.