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Iran: geheime Atomanlage entdeckt

Nach einem Bericht der New York Times wird Obama heute bekannt geben, dass die USA von einer geheimen Anreicherungsanlage in Ghom, 100 Meilen südwestlich von Teheran, wissen.

Die bereits bekannte Anlage in Natans wird seit Jahren regelmäßig inspiziert. Es war aber seit langem vermutet worden, dass Iran eine geheime Anlage betreibe, um unbeaufsichtigt sein nukleares Reservoir zu vergrößern.

Offenbar war den Iranern vor kurzem aufgefallen, dass die Amerikaner Wissen von der Anlage in einem Berg bei der heiligen Stadt Ghom haben (dem theologischen Zentrum des iranischen Schiismus). Darum hat sich die amerikanische Regierung entschlossen, ihr Wissen mit den Verbündeten zu teilen und vor den Gesprächen mit den Iranern am 1. Oktober publik zu machen.

Mit der iranischen Strategie des Ausweichens und Verheimlichens wird es nun nichts. Und es ist auch nicht denkbar, dass bei den ersten direkten Gesprächen zwischen Amerikanern und Iranern um den heissen Brei herum geredet wird.

Ein amerikanischer Regierungsvertreter wird von der NYT zitiert: „Sie haben drei Mal betrogen, und sie sind drei Mal erwischt worden.“

American officials say that they have been tracking the covert project for years, but that Mr. Obama decided to make public the American findings after Iran discovered, in recent weeks, that Western intelligence agencies had breached the secrecy surrounding the project. On Monday, Iran wrote a brief, cryptic letter to the International Atomic Energy Agency, saying that it now had a “pilot plant” under construction, whose existence it had never before revealed.

Mehr hier.

 

Etwas dreht sich in der Afghanistan-Debatte

Auch in den USA. Heute stolpere ich über dieses Zitat meines Lieblingsbloggers Andrew Sullivan, früher ein verlässlicher Unterstützer des Krieges gegen die Taliban:

„The Islamist world is a brutal, backward, bigoted miasma. The idea that we can change this with troops, or that its continuation is somehow America’s responsibility, is, tragically, misguided.“

Mancher bereitet den innerlichen Truppenabzug vor.

 

Warum wir jetzt gerade mit Iran reden müssen

Bezieungsweise nicht wir, die das immer schon getan haben, sondern die Amerikaner, die in 30 Jahren Diplomatiepause nichts, nichts und wieder nichts dagegen haben tun können, dass Iran zur regionalen Vormacht aufsteigt. Nicht einmal die Unterstützung eines Krieges gegen Iran hat geholfen.

Unterdessen haben die Amerikaner sei drei Jahrzehnten kein direktes Wissen über Iran aus eigenen Kontakten. Alles läuft über Mittelsmänner wie die Europäer und die Schweizer im Besonderen. Geheimdienstinformationen aus Iran sind nahe Null, weil ohne Botschaft auch das Spionage-Geschäft leidet.

Alle Infos über das Nuklearprogramm kommen von Oppostionsgruppen und Überläufern. Und man weiss in den USA eben nicht mehr, wie man mit Iranern überhaupt umgehen soll.

Das wird sich nun bald ändern, nachdem die amerikanische Regierung das Angebot der Iraner angenommen hat, im nächsten Monat  in Gespräche einzusteigen.

Roger Cohen, der während der brutalen Unterdrückung nach den Wahlen im Land war, unterstützt dies mit Bauchschmerzen:

„This is an ugly moment for diplomacy; the clampdown in Iran continues. But then nor were the situations in the Soviet Union or China propitious when breakthroughs were achieved. America must continue to press for the release of political prisoners and respect of human rights in Iran.

In the end, talks are essential because there is no viable alternative. Benjamin Netanyahu, the Israeli prime minister, said recently that “now is the time to start harsh sanctions against Iran.” But Iran is inured to sanctions after years of living with them and knows that its years of cultivating Russia and China (no mention of the plight of Chechen or Uighur Muslims) will pay. Iran is in effect a Russian ally.

I cannot see any deal that will not at some point trade controlled Iranian enrichment on its soil against insistence that Iran accept the vigorous inspections of the I.A.E.A. Additional Protocol and a 24/7 I.A.E.A. presence. The time is approaching for the United States and its allies to abandon “zero enrichment” as a goal — it’s no longer feasible — and concentrate on how to exclude weaponization, cap enrichment and ensure Iran believes the price for breaking any accord will be heavy.“

 

Sebastian Haffner über Afghanistan

Als ich diese Stelle in einem alten Buch las – fast dreißig Jahre alt! – hat es mir fast die Schuhe ausgezogen. Wie bitte? Damals hat der Mann das schon gesehen? Ist ja Wahnsinn.

Der Mann ist Sebastian Haffner, und das Buch heißt „Überlegungen eines Wechselwählers“. Es erschien 1980 zur Wahl – als Empfehlung für Helmut Schmidt und gegen Franz-Josef Strauss. Haffner hätte aus innepolitischen Gründen nichts gegen die Union an der Regierung gehabt, aber die Aussenpolitik hat für ihn den Ausschlag gegeben, noch einmal der SPD den Sieg zu wünschen.

Und am Ende kommt er auf einen Konflikt zu sprechen, der damals noch vor allem die USA betraf. Heute ist er auch unserer. Die Rede ist von Afghanistan. Die Russen hatten das Land besetzt, und Amerika nahm auf seiten der Mudschaheddin Partei, die es in der Folge massiv unterstützte, zum großen Teil über den Umweg des pakistanischen Geheimdienstes, der den islamistischen Widerstand mit amerikanischen Dollars förderte.

Sebastian Haffner Foto: Teuto

Haffner sieht hier schon den neuen Weltkonflikt heraufziehen, der den Kalten Krieg ablösen wird. Den Konflikt mit einem „militanten islamischen Glaubensfanatismus“. Sein Rat, dies an einen Konflikt zu begreifen, der die Blockkonfrontation transzendiert, liest sich wie ein Omen:

„Ob die Amerikaner in ihrem eigenen Interesse richtig gehandelt haben, als sie den russischen Einmarsch in Afghanistan, ein mit Amerika nicht verbündetes Land, mit wirtschaftlichen und sportlichen Sanktionen beantwortet haben, ist nicht unsere Sache zu entscheiden; wir sind nicht gefragt worden. Denkbar gewesen wäre auch eine ganz andere amerikanische Reaktion, bis hin zu einem russisch-amerikanischen Zusammenwirken. Denn schließlich haben es die Russen in Afghanistan mit demselben Gegner zu tun wie die Amerikaner im benachbarten Persien, nämlich einem wiedererwachten, ebenso antiwestlichen wie antiöstlichen, militanten islamischen Glaubensfanatismus; und ein gemeinsamer Gegner, sollte man meinen, legt eher Allianz nahe als Konflikt. Wie auch immer, dieser Konflikt ist nicht unser Konflikt. Afghanistan ist nicht unser Verbündeter, un wir sind kein Weltpolizist. Wir sind in Afghanistan nicht einmal ideologisch engagiert. In dem ideologischen Konflikt zwischen dem Kommunismus und der westlichen Demokratie sind wir Partei; aber zwischen Kommunismus und Islam sind wir neutral. Wenn Amerika glaubt, in diesem Konflikt Partei nehmen zu sollen, ist es seine Sache, nicht unsere. Unser klares Interesse – ein wirkliches Lebensinteresse – ist, zu verhindern, daß die mittelöstlichen Wirren auf Europa übergreifen; und es trifft sich gut, daß sich dieses Interesse mit dem ganz Europas deckt – ganz Europas: unserer westeuropäischer Partner sowohl wie der osteuropäischen Verbündeten Rußlands.

Aus: Sebastian Haffner, Überlegungen eines Wechselwählers, Kindler Verlag, München 1980 (2000, Neuauflage), S. 139

 

Eine super Gelegenheit, Iran zu bombardieren

Hat John R. Bolton entdeckt, ehemals eine hohe Figur im republikanischen Siherheitsestablishment und schließlich UN-Botschafter George W. Bushs.

Seit Jahren ist Bolton – ein Erz-Falke – unterwegs, um für einen Krieg gegen Iran zu werben, wie ich persönlich bezeugen kann.

Anders als manche Kommentatoren, die das neue Gesicht Irans – durch die lebendige Zivilgesellschaft, die dem Wahlbetrug tapfer entgegenhielt – für einen Grund halten, eine militärische Option auszuschliessen, will Bolton jetzt erst recht Bomben fallen sehen.

Und zwar sollen die Israelis es machen (da auf Obama offenbar nicht zu setzen ist):

Time is too short, and sanctions failed long ago.

Only those most theologically committed to negotiation still believe Iran will fully renounce its nuclear program. Unfortunately, the Obama administration has a „Plan B,“ which would allow Iran to have a „peaceful“ civil nuclear power program while publicly „renouncing“ the objective of nuclear weapons. Obama would define such an outcome as „success,“ even though in reality it would hardly be different from what Iran is doing and saying now. A „peaceful“ uranium enrichment program, „peaceful“ reactors such as Bushehr and „peaceful“ heavy-water projects like that under construction at Arak leave Iran with an enormous breakout capability to produce nuclear weapons in very short order. And anyone who believes the Revolutionary Guard Corps will abandon its weaponization and ballistic missile programs probably believes that there was no fraud in Iran’s June 12 election. See „huge credibility gap,“ supra.

In short, the stolen election and its tumultuous aftermath have dramatically highlighted the strategic and tactical flaws in Obama’s game plan. With regime change off the table for the coming critical period in Iran’s nuclear program, Israel’s decision on using force is both easier and more urgent. Since there is no likelihood that diplomacy will start or finish in time, or even progress far enough to make any real difference, there is no point waiting for negotiations to play out. In fact, given the near certainty of Obama changing his definition of „success,“ negotiations represent an even more dangerous trap for Israel.

Bolton hat schon zwei Kriege bekommen in seiner aktiven Laufbahn unter George W.

Aber genug ist nicht genug.

Warum glaubt Bolton, jetzt könne man dem iranischen Volk besser klarmachen, dass ein Schlag gegen das Atomprogramm nicht gegen die Bevölkerung, sondern gegen das Regime gerichtet sei?

Significantly, the uprising in Iran also makes it more likely that an effective public diplomacy campaign could be waged in the country to explain to Iranians that such an attack is directed against the regime, not against the Iranian people. This was always true, but it has become even more important to make this case emphatically, when the gulf between the Islamic revolution of 1979 and the citizens of Iran has never been clearer or wider.

Das ist eine absurde Fehleinschätzung der Folgen eines Militärschlages: Der Graben zwischen Regime und Volk würde sich sofort wieder schliessen, wenn ein Angriff stattfände. Denn selbst die Kritiker des Regimes unterstützen den ursprünglichen Impuls der Revolution: Unabhängigkeit und Souveränität des iranischen Volkes. Auch die Gegner des Atomprogramms sind gegen einen Krieg um seinetwillen.

 

Iran: Der Weg zum islamischen Faschismus

Gary Sick, der amerikanische Präsidentenberater für iranische Angelegenheiten unter Ford, Carter und Reagan, sieht es so: Im Iran hat die Machtergreifung der Revolutionsgarden stattgefunden. Alles hier lesen:

Needless to say, it also provides tangible benefits to very specific groups: the leader himself, who is thus promoted to a position not simply as first among equals but as the equivalent of an absolute monarch; the top leadership of the Revolutionary Guards, whose profitable dominance of all aspects of the government’s operations is guaranteed; and the conservative, politically minded clergy, who want a true theocracy with no meddling by those who are not properly anointed. The objective, quite simply, was to remove the “republic” from the Islamic republic.

This is a formula for the kind of militarized and nationalist corporate state under a single controlling ideology that is not dissimilar to fascist rule in an earlier day. Like fascism, it defines itself not only in terms of its own objectives but even moreso by what it opposes: liberalism, individualism, unfettered capitalism, etc. There is no need to push the definition too far, since fascism tended to be specific to a particular time and set of historical circumstances. But the resemblance in nature and practice seems to justify use of the term.

Regardless of what one calls it, this perspective helps to illuminate some puzzling aspects of the current circumstances. Why did the regime resort to such a frantic manipulation of the vote when it was entirely possible that Ahmadinejad would have made a respectable showing—or possibly even have narrowly won—a fair election, and when the opposition in any event was devoted to the concept of the Islamic republic as it existed? The answer may be that the corporate entity saw this election as one of the final steps in cementing its absolute control. Accepting the Islamic republic as it is and not as they wanted it to be was simply unacceptable. The emergence of a relatively mild reformer—or even a substantial reformist vote—would undercut the kind of absolute authority that they were getting ready to assert. It would, in a word, complicate the coup that they were in the process of carrying out.

Why have they taken such drastic and brutal action against their own people and why have they been so determined to blame everything on outsiders? Because any hint of compromise or doubt would have suggested that their level of support among the Iranian people was far short of their own self-defined (and largely self-delusional) pretenses of absolute popular support for absolute theocratic corporate rule.

 

Warum Obama zu Iran vorerst schweigen sollte

Schreibt die Autorin von „Lipstick Jihad“, Azadeh Moaveni:

But in conversations with friends and relatives in Tehran this week, I’ve heard the opposite of what I had expected: a resounding belief that this time the United States should keep out. One of my cousins, a woman in her mid-30s who has been attending the daily protests along with the rest of her family, viewed the situation pragmatically. “The U.S. shouldn’t interfere, because a loud condemnation isn’t going to affect Iranian domestic politics one way or the other. If the supreme leader decides to crackdown on the protests and Ahmadinejad stays in power, then negotiations with the United States might improve our lives.”

I heard these sentiments, remarkably thoughtful for such a passionate moment, echoed from many quarters. President Barack Obama’s outreach to Iran, and his offer of a mutually respectful dialogue, has raised the possibility of better relations for the first time in years, and many Iranians worry that a false step might jeopardize that prospect altogether. A friend of mine who studies public relations in Tehran noted that other American allies in the Gulf, Arab dictatorships with no pretence of democracy, are thriving economically. “In the end, a dictatorship that doesn’t face U.S. sanctions is better off than one that does,” she said. “Now that after 30 years it seems that we have a chance to negotiate with America, it would be a shame if we lost the chance.”

Other friends I spoke with cited various reasons why the United States should maintain its discrete posture. “If Obama’s position until now has been to respect Iran, then he really has no choice but to watch first how things unfold. Mousavi hasn’t produced any facts yet, no one has produced evidence of fraud,” said my friend Ali, a 40-year-old photographer. “That’s what is needed before Obama takes a major stand.”

My older relatives fretted particularly that any real criticism by the United States would be used as a pretext by Ahmadinejad to blame the protests on “outside enemies,” a reflexive response for the president when dealing with even housing inflation and the rising price of tomatoes. “It’s better for Obama to stay out of this. Given what happened with Bush in Florida, Ahmadinejad can always claim the United States is in no position to lecture anyone about fair elections,” my aunt noted.