Zurzeit gibt es in Kabul viele Anschläge, ich lese also etwas öfter als sonst bei Twitter nach, welche Neuigkeiten es in der Stadt gibt. Heute morgen sehe ich, dass ein Reporter bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, an den Tweet ist das Foto eines jungen Mannes angehängt. Ich retweete.
Kurz darauf schreibt mir der afghanische Journalist, der das Bild gepostet hatte: „Sorry dear, this news is not true, because today is the first day of April.“ In den April geschickt. In Kabul. Etwas öffentlicher als ich es gewohnt bin. Und etwas makaberer. Kurz frage ich mich, ob es wohl jemand über’s Herz bringen würden, einen kompletten Anschlag zu erfinden.
Auf Facebook geht es weiter: Nachrichten über Präsidentschaftskandidaten, die angeblich von einem Tag auf den anderen ihre Stimme verloren haben und nun nicht mehr sprechen können; die mit einer Alkoholvergiftung im Krankenhaus landen oder ganz überraschend am letzten Tag des Wahlkampfs ihre Kandidatur zurückziehen. Ashraf Ghani wurde vorzeitig zum Präsident gewählt! Hamid Karsai hat fünf Tage vor der Wahl das Sicherheitsabkommen mit den USA unterzeichnet! Nun beschließe ich, heute endgültig nichts mehr zu glauben.
Am Nachmittag kommt ein guter Freund vorbei. „Ich wurde in den April geschickt!“, sagt er. „Eine Freundin hat erzählt, ihr Chef habe sie rausgeschmissen, weil er ein Projekt nicht mochte, das wir zusammen organisiert haben.“ Ich erzähle ihm von der Twitter-Nachricht. Und er: „Letztes Jahr hat ein Freund einen anderen Freund angerufen und ihm gesagt, ein dritter Freund sei gestorben. Er hat den ganzen Tag geweint und erst abends, zufällig, gemerkt, dass es gar nicht stimmt.“ „Oh Mann“, sage ich. „Von Deutschland bin ich etwas harmlosere Aprilscherze gewohnt.“
Als der Freund weg ist, gehe ich noch einmal zu Twitter. Kein Anschlag, keine Schießerei. Dafür eine andere Nachricht: Saudi-Arabien hat Mc Donald die Namensrechte für die Haji verkauft. In diesem Jahr werden Millionen Muslime zur „McDonald’s Hajj 1434“ nach Mekka pilgern.