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Es gibt ein afghanisches Sprichwort, das geht so: Wer von einer Schlange gebissen wurde, hat auch Angst vor einem großen Stock.

Die Schlange – das ist für viele Afghanen der Abzug der Sowjetunion: Im Februar 1989 verließen nach zehn Jahren die letzten Soldaten das Land. Mindestens einer Million Afghanen hatte der Krieg damals das Leben genommen. Vier Jahre später brach der Bürgerkrieg aus, jeden Tag zerstörten hunderte Bomben die Hauptstadt Kabul.

Der Stock – das ist für viele Afghanen der Abzug der Nato: Im Dezember 2014 wird ein Großteil der Soldaten das Land verlassen. Keiner weiß, was danach kommt.

2014 ist zum Symbol geworden:

Für die Angst vor dem Kollaps.

Für den Zorn über Medien, die ihn herbeischreiben.

Für die Hoffnung, dass die neue Regierung es besser macht.

Für die Sehnsucht nach Frieden.

An einem Tag in diesem Jahr wird das afghanische Volk einen neuen Präsidenten wählen, an einem anderen wird ein General die Mission Isaf für beendet erklären. Jeden Tag werden Menschen bei Luftangriffen, Terroranschlägen und Schießereien ihr Leben verlieren.

Und sonst?

Die Menschen werden Witze erzählen, im Stau stehen, sich heimlich betrinken, weinen, Schmiergeld bezahlen, Gäste einladen, tanzen, Gedichte schreiben, Politiker verfluchen, Schafe schlachten, Hochzeiten feiern, Cricket spielen, Examen schreiben, Frauen nachpfeifen, zu Gott beten und „Inschallah“ sagen.

Ich will versuchen, ihnen dabei zuzuschauen.