Überall auf der Welt wird in diesen Tagen an die Attentate in den USA vor zehn Jahren erinnert. Über 3.000 Menschen starben, nachdem Attentäter ganz normale Flugzeuge entführt hatten und die Piloten zwangen, in Häuser zu fliegen. Zu trauriger Berühmtheit sind die Bilder der brennenden und dann einstürzenden Türme des ehemaligen World Trade Centers in New York geworden. Die meisten von Euch waren vor zehn Jahren noch zu klein oder noch gar nicht geboren. Ihr könnt nicht erinnern, wie geschockt alle von diesen Anschlägen waren. Denn was da passierte, hätte keiner je für möglich gehalten. Wir erzählen Euch, wie Chuck Allen, einer der Überlebenden des brennenden World Trade Centers, diesen 11. September vor zehn Jahren in New York erlebte.
„Der 11. September 2001 fängt äußerst verheißungsvoll an. Keine einzige Wolke bedeckt den strahlend blauen Himmel über New York. Die silbrigen Türme des World Trade Centers glitzern in der Sonne. Das 1973 errichtete Gebäude beherrscht mit einer Höhe von mehr als 400 Metern die Skyline von Manhattan. Auf 110 Stockwerken arbeiten rund 14000 Menschen, das entspricht der Einwohnerzahl einer Kleinstadt.
Im 83. Stock des Nordturms des World Trade Centers sitzt Chuck Allan an seinem Schreibtisch und blickt hinunter auf den Hudson, der durch die Stadt fließt. Ganz in der Ferne, dicht über der George-Washington-Brücke, sieht er einen kleinen Punkt, offenbar ein Flugzeug. Es fliegt niedrig, befindet sich vermutlich auf dem Landeanflug auf den Airport Newark. Chuck Allan schenkt ihm keine weitere Beachtung und wendet sich wieder seinem Computerbildschirm zu. Es ist 8.46 Uhr und er hat noch viel zu erledigen.
Plötzlich zerreißt ein unerträglich lautes Geräusch die morgendliche Stille des Büros. »Was zur Hölle ist das?«, ruft eine Kollegin von nebenan. Chuck Allan blickt aus dem Fenster. Er sieht herabstürzende Trümmer, Papier schwebt durch die Luft, eine zähe Flüssigkeit fließt die Scheiben herab. Etwas Schreckliches muss geschehen sein!
Der Turm schwankt hin und her, viermal, fünfmal. Es knirscht in den Wänden, Möbel verrutschen, Aktenordner fallen zu Boden, die Mitarbeiter schreien und klammern sich an ihren Schreibtischen fest. Dann herrscht gespenstische Ruhe. Auch die Computerbildschirme sind schwarz, alle Telefonleitungen sind tot.
Es ist ganz still. Kein Feueralarm, keine Lautsprecherdurchsagen, nichts. Auf einmal bemerkt Chuck Allan, dass dünner Qualm durch die Türritzen dringt. »Nichts wie raus hier«, ruft er seinen Kollegen zu. Im Treppenhaus riecht es nach Kerosin, dem Benzin, mit dem Flugzeuge fliegen. Alles ist voller Rauch. Die Aufzüge sind außer Betrieb. Allan und seine Mitarbeiter können nur noch die Treppen benutzen. 83 Stockwerke! Panik kommt auf. Schaffen sie es noch rechtzeitig? Es geht quälend langsam voran, denn auch aus den anderen Büros strömen immer mehr Menschen und versuchen, sich ins Freie zu retten. Chuck Allan wirft noch einen letzten Blick aus dem Fenster: Der Platz unten ist mit Trümmern übersät – Stahl, Beton, Glas, Teile von Büroeinrichtungen, daneben eine sonderbare Metallmasse. Etwa das Wrack eines Flugzeugs? Chuck Allan wird übel. In dem Moment hört er einen zweiten ohrenbetäubenden Knall. Es ist 9.04 Uhr.
Erst später erfährt Chuck Allan, was an diesem Morgen tatsächlich geschehen ist: Um 8.46 Uhr ist eine Boeing 757 mit 92 Menschen an Bord und einer Geschwindigkeit von 700 Stundenkilometern etwa in Höhe des 96. Stockwerks in den Nordturm des World Trade Centers geprallt. Nachdem man zunächst noch glaubte, es sei ein schreckliches Unglück gewesen, steht 20 Minuten später fest, dass es sich um einen geplanten Anschlag handeln muss: Um 9.04 Uhr ist ein zweites Flugzeug im Südturm explodiert. Das kann kein Zufall sein. Nicht nur die Insassen der beiden Maschinen sterben. Für Hunderte von Menschen in den oberen Etagen des World Trade Centers kommt der Tod, bevor sie überhaupt begreifen können, was passiert ist. Nur wenige Minuten nach dem zweiten Flugzeugeinschlag nehmen Mitarbeiter der US-Bundespolizei FBI die Suche nach den Selbstmordattentätern und den Drahtziehern im Hintergrund auf.““
Dieser Situationsbericht von Chuck Allen ist dem Buch „Da hielt die Welt den Atem an“, erschienen im Ravensburger Buchverlag (22,95 Euro), entnommen. Neben den Terroranschlägen vom 11. September, die den Krieg gegen den irakischen Diktator Saddam Hussein und den Einmarsch westlicher Truppen in Afghanistan zur Folge hatten, wird in dem Buch noch über andere wichtige Ereignisse der letzten hundert Jahre berichtet: Die Gründung der Bundesrepublik Deutschland, den Fall der Berliner Mauer, das Ende der Rassentrennung in Südafrika und andere.