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06. Oktober 2016 – Ausgabe 42

 

Leserbrief zu „100 Ziele in Deutschland“

In einem Hamburger Verlagshaus müsste eigentlich jede/r Mitarbeiter/in wissen, an welchem Fluss die Stadt liegt. Auf Ihrer Karte scheint es aber so zu sein, dass die Elbe irgendwo hinter Dessau in die Saale mündet, die Havel bei Wittenberge auch. Und die Landeshauptstadt von Sachsen-Anhalt spiegelt ihren gotischen Dom ebenfalls in der Saale. Folglich liegt Hamburg auch an der Saale hellem Strande…

Dort, wo auf der Karte die Bezeichnung „Sachsen-Anhalt“ eingetragen ist, befindet sich die uralte Kulturlandschaft der Altmark – sie wird aber ignoriert. Mit ihren Hansestädten und deren norddeutscher Backsteingotik (Salzwedel, Stendal, Werben, Tangermünde, Havelberg usw.) bildet sie ein einzigartiges Reiseziel, von Hamburg aus übrigens in etwa zwei bis zweieinhalb Stunden erreichbar. – Ulrich Müller-Etzbach


Leserbrief zu „Der Teufel scheißt auf den größten Haufen“ ein Gespräch mit Peer Steinbrück geführt von Uwe Jean Heuser und Tina Hildebrandt

der Titel „Berater“ für Ex-Politiker, die sich von Privatunternehmen anheuern lassen, ist doch ein reiner Euphemismus. Wie könnte ein Mensch ohne operative Erfahrung im aktuellen Tagesgeschäft, oft sogar bar jeglicher einschlägiger fachlicher Kenntnisse und Fähigkeiten, einen – doch hoffentlich kompetenten Vorstand beraten? Hierbei handelt es sich doch lediglich um den Versuch, mit einem Etikettenschwindel zu verbrämen, dass es in Wahrheit um eine extreme und daher auch besonders hoch vergütete Form des Lobbyismus geht. – Wolf-Rüdiger Heilmann 


Leserbrief zu „Uns fehlt das dritte Kind“ ein Gespräch mit Martin Bujard geführt von  Elisabeth Niejahr

Bezeichnend ist, daß das Interview zum Thema „Uns fehlt das dritte Kind“ im Bereich „Wirtschaft“ zu finden ist!

Wir haben ein drittes Kind!  „Die Spätlese“,  wie die Einzige, die sofort mir gegenüber erfreut und positiv auf die dritte Schwangerschaft reagierte, es nannte. Aber schon, als das zweite Kind,  nur erst vermutet, „unterwegs“ war, bekamen wir Schwierigkeiten, eine Wohnung zu finden, – schon des nur vermuteten zweiten Kindes wegen! Mit drei Kindern dann eine Wohnung zu finden, war für uns, 1974, nicht einfach. Und als mein Mann dann ein Miethäuschen gefunden hatte, war meine Reaktion zunächst: „Hier packe ich nicht aus!“ Ich habe natürlich ausgepackt und fand es auch gar nicht so schlecht.

Es ist ja so: wo der, der das meiste  –  oder überhaupt  – „verdient“,  möglichst hinzieht, muß der Ehepartner mit; und meist ist es die Frau, die mit“muß“.  Bei unserem dritten Kind ist es auch so, daß der Berufsort sich wegen des höheren Verdienstes nach ihm (nach ihr, der Tochter) gerichtet hat.

Auch unser Sohn und Schwiegersohn haben drei Kinder; beider Frauen „arbeiten nicht“!

In der Familie mit dem lukrativen Beruf der arbeitenden Mutter ist es bei zwei Kindern geblieben; und es war früheste Krippenbetreuung, übrigens sehr gute!,  viel Mithilfe des Ehemannes, der von Zuhause aus arbeiten kann, und beider Großelternpaare über viele Kilometer hin nötig, um die Kinder zu versorgen und die Mutter zu vertreten, wenn sie beruflich auf Reisen war.

Um unseren Kindern eine gute Ausbildung und uns allen einen gewissen Wohlstand und ein für uns angenehmes, ja!, Familienleben zu ermöglichen, haben unsere Kinder und wir Eltern, mein Mann, Sozialarbeiter, ich, Lehrerin, uns bereit gefunden, zunächst unseren Pflegeburschen aufzunehmen mit dem Gedanken: „Er hilft uns, wir helfen ihm.“ – und, als unsere Kinder „aus dem Haus“ waren, ein weiteres Pflegekind aufzunehmen. Interessant war für mich als Mutter, daß dieses „Lebenshilfekind“ zuweilen auch mir, einer erfahrenen Mutter von nun fünf Kinder, eine Behandlung einbrachte, die mich fühlen ließ, der „Unterschicht“ zugehörig zu sein.

Ich bin im Geschäftshaushalt aufgewachsen; des fehlenden Vaters wegen ging unsere Mutter 1945 ins Elternhaus zurück; und ich bin gerne „von Beruf und von Leib“ Mutter gewesen und nun gern achtfache Großmutter und habe Familienleben genossen. Natürlich genieße ich nun keine große Rente. Und noch etwas: wenn wir jemand besuchten als fünfköpfige Familie, pflegte mein Mann zu sagen: „Wir sind kein Besuch, wir sind eine Heimsuchung“.  Ja, so ist das mit den fehlenden dritten Kindern in unserer Gesellschaft und Volkswirtschaft! – Bärbel Schramm


Leserbrief zu „100 Ziele in Deutschland“

Die vier Karten für “100 Ziele in Deutschland” sind eine wirklich gute Idee. Die gut gemachte und übersichtliche grafische Darstellung regt an, neue Reiseziele in Deutschland zu erkunden.

Allerdings fiel mir beim Teil 4 “Der Osten” auf, dass der Autor wohl kein echter Kenner des Ostens ist. Es haben sich ein richtiger Fehler und mehrere kleine Ungenauigkeiten eingeschlichen:

  1. Die Elbe wurde zwischen Barby (in Ihrer Karte ab dem Bild vom Bauhaus Dessau) und Havelberg als Saale bezeichnet.
    Im Poster unterhalb von Wittenberge vor dem Einfluss der Havel steht “Saale”. Diese mündet aber bei Barby in die Elbe, erkennbar auch an der richtig gezeichneten Stärke der Flüsse.
  1. Die gezeichneten Weinreben an der Elbe entlang der Sächsischen Weinstraße bei Dresden sind etwas sehr großzügig gezeichnet:
    Einmal liegen sie natürlich “rechtselbisch”, denn die Weinberge sind natürlich die Nordhänge der Flusstäler, und zum Anderen enden sie (wie richtig beschrieben unter der Nummer 24) im Norden bei Diesbar-Seußlitz, was aber noch weit vor Riesa und somit noch sehr viel weiter vor Torgau liegt. Dort gibt es einfach keine Elbhänge mehr, die hier Voraussetzung für das Gedeihen von Wein sind.
  1. Dass der Elbradweg (mit 840 km Länge in Deutschland sicher einer der längsten) vergessen wurde, würde ich schon als Fehler bezeichnen.

Die folgenden Punkte sind sicher nur kleinere Ungenauigkeiten:

  1. Als Thüringer Wald wird in der Regel das ganze Mittelgebirge bis zur Höhe von Ilmenau (südlich von Erfurt, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Th%C3%BCringer_Wald) bezeichnet, bei Ihnen wurde er westlich über die Werra verschoben, es zählen aber die eingezeichneten Berge östlich der Werra dazu.
  1. Neben dem Thüringer Wald hätte ich auch den Harz und das Erzgebirge als die drei Mittelgebirge des Ostens deutlicher bezeichnet.
  1. Der Spreewald, in der Karte ebenfalls nicht beschriftet, aber durch den Kahn gut erkennbar gezeichnet, liegt ebenfalls ein gutes Stück südlicher – deutlich näher an Cottbus denn an Frankfurt/Oder.

Freundliche Grüße aus Dresden! – Siegfried Masur


Leserbrief zur Rubrik „Prominent ignoriert“

Kim Kardashian auf Ihrer Top-Titelseite? Stecken Sie da mit im Deal? Somit kann ich ihr Blatt (prominent) ignorieren und umweltfreundlich entsorgen. – Anette Aslan


Leserbrief zu „100 Ziele in Deutschland“

Ach ihr lieben Hamburger, Ihr solltet doch einmal Eure Elbe aufwärts fahren, um zu merken, dass Magdeburg nicht an der Saale liegt. – Karola Schell


Leserbrief zu „Unter ihrer Würde“ von Björn Stephan

Ich bin Ostrentner, 87 Jahre alt, seit 1950 glücklich verheiratet, wir haben 5 Kinder in der DDR heranwachsen lassen und 1989/90 gehofft, dass uns nun in der freiheitlichen Bundesrepublik ein neuer Weg ermöglicht wird.

Tiefer enttäuschen konnte man uns nicht, meine Frau damals gerade im Rentenalter bekam zunächst 600 DM Rente für 5 Kinder und mehrere Jahre Vollarbeit in der DDR. Miete und Lebenshaltungskosten betrugen ein mehrfaches gegenüber den DDR Zeiten. Rente und Löhne nicht.

Nach DDR Rentenrecht hätte sie die volle Rente bekommen müssen, mit 5 Kindern, nach der Rechtsauslegung der Rente in der BRD wird ihr das bis heute verwehrt – es sei zu teuer heißt es, zumindest für die Ostrentner. Sie kennen die unterschiedlichen Punktwerte und ihre Entwicklung von 1990 bis heute und wissen, wieviel Rente diesen Menschen vorenthalten wurde – der Rentenanspruch wurde nicht von den Ostrentnern errechnet, sondern von Rentenspezialisten der BRD, auch die Bewertung mit einem Bruchteil der Westrentenwerte wurde von diesen Spezialisten vorgenommen.
Sie stellen in Ihrem Artikel eine Frau vor, über der man sehr verschiedener Meinung sein kann, auch weil sie vieles aus ihrem Leben im Dunkeln lassen.

Reisen nach Malorca oder Vergleichbares war in der DDR nicht üblich und Reisen auf die Krim konnte sich auch kaum jemand leisten, der nur arbeitete.Sie sagen weder ob es die Brutto oder Nettorente der Frau ist, die Sie nennen, Sie schweigen auch darüber was der Mann von der Trennung gehalten hat, und bedauern diese Frau, weil Sie weiter über die Hälfte ihrer Rente für ihre Wohnung ausgibt und sich als arm darstellt,Sie wissen, dass einem Hartz IV Empfänger nur ein bestimmter Mietzuschuß genehmigt wird, und er oder sie sich notfalls eine billigere Wohnung suchen muß;

Sie attestieren der Frau, dass Sie monatlich einschließlich der Lebensmittel aus der Tafel über Lebensmittel im Werte von mindestens 160 Euro verfügt, und wir stellen fest, dass wir beide kaum das doppelte für Essen und Trinken ausgeben können – ohne uns deshalb arm zu fühlen – Diese Darstellung muss jeden Rentner in den neuen Bundesländern schockieren, weil die Frau – etwas einsichtiger – von Ihrer Rente gut leben könnte – das Verwenden von Wasser aus der Badewanne oder anderen Verbrauchsquellen zum Sparen beim Wasserverbrauch ist auch bei Menschen üblich, die sich nicht arm fühlen, sondern sparsam sind, das haben wir von einer Rentnerin in einem Seniorenheim in Westberlin „gelernt“.

Sprechen Sie doch mal mit einer vergleichbaren Rentnerin in Leipzig, Dresden oder einem anderen Ort in den neuen Bundesländern, was die an Rente bekommen, und wir sie damit auskommen.
Ich fürchte, da ergeben sich wesentlich größere Probleme und weniger Selbstmitleid.

Man könnte noch lange darüber diskutieren, warum die freie Presse es nicht fertigbringt, objektiv über die Lebensverhältnisse in den neuen Bundesländern zu berichten, und damit der ArD, Pegiada und den Rechten den Wind aus den Segeln zu nehmen, und die Politiker zu veranlassen endlich mal Stellung zu nehmen, und die Sorgen nicht aufzunehmen. –  Eberhard Backhaus


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

Herzlichen Dank für den wunderbaren Artikel „Die Macht der Beleidigten“. Ich darf anregen, in der übernächsten Ausgabe der ZEIT ein Resumee der Reaktionen des Beleidigten-Komplexes auf diesen Artikel von Herrn Jessen zu ziehen.  – Andreas Steffen


Leserbrief zu „Kampf um den Kornmarkt“ von Amrai Coen und Daniel Müller

machen wir jetzt mal ein abstraktes gedankliches Experiment:

Lassen wir mal alles weg, woran man erkennen könnte, wo sich was zwischen wem zugetragen hat, und das geht so: Jemand geht aus Land A weg (ob er jetzt angst um sein leben hatte oder aus wirtschaftlichen Gründen lassen wirauch weg) und geht in Land B. Und da bricht dann ein, wie sie es nennen, „Kampf um die Vorherrschaft“ eines Platzes aus.

Wem meinen Sie, würde der gemeine Zuhörer weniger gesonnen sein? Sobald man aber hört, worum es genau geht, ist plötzlich alles sonnenklar: Der typische ostdeutsche Jugendliche, der sich nach der harten Hand eines Führers sehnt und Asylbewerber „hetzt“.

Und die sehr verängstigten Asylbewerber, die bis in die Albträume verfolgt werden.

Wissen Sie, ich sage nicht, dass es auf beiden Seiten gute und schlechte Menschen gibt. Aber können Sie nicht mal ansatzweise verstehen, dass hier Frust entstehen kann, wenn ihr Protagonist der deutschen Seite 1100 Euro im Monat verdient und auf der anderen

Seite möchte jemand „um die Vorherrschaft des Platzes“ kämpfen, der aus Marokko stammt, wo meines Wissens nach kein Krieg herrscht und niemand weiß, wie er überhaupt in den Status eines Asylbewerbers kommt? Gewalt ist sicher keine Lösung, dennoch scheint der Bericht doch wieder ein wenig Schlagseite zu haben. Das können sie besser. – Steffen Kaufmann


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

Die beleidigte Leberwurst mit Emoji-Gesicht hat es auf die Titelseite der „Zeit“ gebracht, weil sie anscheinend ein Grundgefühl unserer Zeit darstellt. Eine wachsende Anzahl der vermeintlich Zukurzgekommenen hat das Gefühl vom Leben unfair behandelt zu werden. Eigenverantwortung wird allzu oft ausgeblendet, unreifes Verhalten ist modern geworden. Das Spiel mit den Schuldgefühlen der anderen hat Hochsaison. Dahinter lassen sich Manipulationen aller Art geschickt verbergen, Ressentiments lassen sich so ganz einfach überspielen.

Nur denjenigen, die auch gleichzeitig austeilen können wie Muhammad Ali, als er noch Cassius Clay hieß, wird das Gekränktsein nicht als Schwäche ausgelegt. Es wird eher so getan, als ob es bei diesen Menschen nur ein Zeichen von allzu menschlichen Regungen sei.

„Wer austeilt muss auch einstecken können“ gilt heutzutage nicht mehr. Zu groß ist anscheinend die Sehnsucht nach der guten, alten Zeit, in der alles viel besser war. „Wann wird es endlich wieder so wie es nie war?“  (© Joachim Meyerhof) Eine faktenresistente Gesellschaftsschicht gewinnt immer mehr an Bedeutung. – Egon Hofer


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Ich hadere mit Ihnen erneut; schon allein das Ihr Autor Bernd Ulrich das Interview mit Frau Merkel führen konnte. Der Mann ist von allen Geistern verlassen wie er erkennbar unserer Bundeskanzlerin den Hof macht. Die Frau hat nicht die politische Qualität ein so starkes wirtschaftliches Land angemessen zu führen.

Sie hat sich durch ihren Eid verpflichtet von ihrem Volk Schaden abzuwenden. Sie tut aber ständig das Gegenteil. Ihre Argumentation indem sie die halbe Welt bearbeiten muß, um den Schaden für unser Volk abzuwenden ist nichts anderes als eine Alibibehauptung. Mit ihren eigentlichen Auftrag hat das nichts aber auch gar nichts zu tun. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Der Alleingang der Bundesrepublik in der Flüchtlingsfrage ( innerhalb der EU) , der jetzt teilweise revidiert wird, hat gezeigt, daß es nicht sinnvoll ist, wenn Deutschland aus welchen honorigen Motiven auch immer,  meint, für den Kontinent Afrika eine Sonderlast schultern zu sollen. Das geht sinnvoll nur im Rahmen der EU.

Wir dürfen auch nicht vergessen , daß insbesondere Franzosen und Briten in Afrika immer noch eigene Interessen haben und eine Interferenz durch Deutschland nicht gerade mit Freundlichkeit bedenken. Daß der afrikanische Kontinent in gewisser Weise durch die Kolonisation rücksichtslos behandelt und ausgebeutet  worden ist, ist  ja unbestreitbar.  Aber es war richtig, daß die deutsche Entwicklungshilfe  schon recht früh auf das Prinzip:  “Hilfe zur Selbsthilfe“,  umgestellt wurde.

Afrikanische Regierungen dürfen aus ihrer Eigenverantwortung für ihr eignes Land nicht entlassen werden. Vielleicht kann aber der in Hamburg domizilierende Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft e.V. , der einmal die Deutsche Afrika-Gesellschaft in Bonn in sich aufgenommen hat, noch stärker über die rein wirtschaftlichen Interessen hinaus  aktiviert werden? – Sigurd Schmidt


Leserbrief zu „Stolpert Trump über seine Steuererklärung“ von Kerstin Kohlenberg

Donald Trump stürzt höchstens über seine eigenen Füße. Die Amerikaner, zumindest die Hälfte, haben von der etablierten Politelite genauso die Nase voll wie es auch in Deutschland der Fall ist.

Für mich war das alles absehbar. Und ich fürchte auch, wir werden noch ganz andere Zerwürfnisse erleben. Trump kann natürlich noch verlieren.

Der Pflog ist so oder so eingeschlagen. In Europa und auch in den USA, wird weiterhin so Politik machen können, nicht mehr gehen. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Auf Seite 3 der heutigen Ausgabe der Zeit stellt einer von ihnen beiden der Bundeskanzlerin die Frage: „Würden Sie sagen, Globalisierung heißt, dass uns ein Senegalese so nah ist wie ein Ossi?“

Ich habe die Frage mehrfach gelesen. Leider ändert sich die Formulierung auch nach mehrmaligen Lesen nicht.

Frage 1: wer ist uns?

Frage 2: Verstehe ich die in der Frage an Frau Merkel inhärente Implikation dergestalt, dass mit „uns“  Deutsche, also natürlich echte Deutsche sprich Westdeutsche (ich bin

übrigen reinrassiger westdeutscher  Franke, bis in die 4.Generation) in Abgrenzung zu den anderen, sprich Ausländer oder sonstige Ostdeutsche gemeint sind???

Frage 3: wer von ihnen entschuldigt sich für diese erbärmliche Mauer in seinem Kopf? Sie Frau Hildebrandt oder Sie Herr Ulrich?

Und ich hoffte nur Pegida und AfD sind eine Bedrohung für unsere Kultur. – Udo Wolf


Leserbrief zu „Schluss mit dem Moralisieren“ von Winfried Kretschmann

Obwohl ich kein Freund der Grünen bin, kann ich alles unterstützen was Winfried Kretschmann geschrieben hat. Er ist bei den Grünen eine Ausnahmeerscheinung. Seine Worte sind von Vernunft getragen. Ich hoffe, besonders die Frauen bei den Grünen haben gut zugehört. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Schluss mit dem Moralisieren“ von Winfried Kretschmann

Was für ein großartiger Artikel!  Danke, Herr Kretschmann. –  Prof. Dr. Andreas Klamt


Leserbrief zu „Kampf um den Kornmarkt“ von Amrai Coen und Daniel Müller

Sicherlich ist es erforderlich, nach den fremdenfeindlichen Übergriffen in Bautzen sowie anderen Städten und Gemeinden Sachsens deren Bewohnerinnen und Bewohnern mit Abscheu zu begegnen.
Trotzdem eine marginale Korrektur zu Ihrem Dossier: Der Polizeibeamte, welcher am 3. Oktober den Demonstraten von Pegida “ in Dresden einen erfolgreichen Tag“ wünschte, stammt aus Niedersachsen. –
Wilfried Kunz


Leserbrief zu „Der wirkungslose Mindestlohn“ von Kolja Rudzio

 Wer die falschen Fragen stellt …

… der bekommt natürlich nichts Vernünftiges heraus. Alte Naturwissenschaftler-Weisheit, die aber auch sonst gilt.

Der Mindestlohn ist „wirkungslos“? Nun, vielleicht ist er das. Ich weiß das nicht, aber die drei gewählten bzw. vom Autor vorgestellten Parameter taugen offensichtlich nicht dafür, irgendeine Aussage darüber zu treffen:

– solange „Armut“, wie es ja durchgängig der Fall ist, RELATIV definiert ist (arm oder armutsgefährdet ist, wer weniger als xy % des durchschnittlichen …), was ich i. ü. noch nie verstanden habe, wäre auch ein Zuschuss von 10.000 € an alle Bürger gleichzeitig „wirkungslos“ in dem Sinne, dass sich diese Quote nicht ändert

– dass die Kleinverdiener, die nun etwas mehr bekommen, damit noch nicht zu gesellschaftlichen Aufsteigern werden, sich also auch das Gesamtgefüge und damit der Gini-Koeffizient nicht wirklich verändert, ist auch klar

– und solange die Aufstocker größtenteils alleinerziehende Teilzeitarbeitnehmerinnen sind, werden die auch nicht oder nur in seltenen Glücksfällen zu Nicht-mehr-aufstocken-Müssern. Überraschung!

 Viel interessanter wäre es herauszufinden, WIEVIEL die Summe der „Aufstockungsleistungen“ vor dem und nach dem Mindestlohn betragen hat (vorbehaltlich bzw. herausgerechnet Änderungen im System, falls es welche gab). Und da sage ich Ihnen voraus, dass Sie finden werden: DIE ist aber ganz beträchtlich gesunken, auch wenn es die Zahl der Bezieher nicht oder kaum ist.

D.h. das ganze ist eine Umverteilung von den Sozial- in die Unternehmenskassen. Das war i. ü. auch der Plan, und das ist auch völlig in Ordnung so, dass die Produkt- und die Dienstleistungskäufer Preise bezahlen (müssen) bzw. die Unternehmen Preise verlangen (müssen), die auskömmlich sind, die Beschäftigten anständig(er) zu bezahlen. Aber dass Deutschland durch den Mindestlohn ein Land der Gleichen und Reichen wird, sorry, das hat doch nie jemand erwartet. Sie etwa? Das fände ich doch recht beträchtlich naiv … – Dr. Christian Naundorf


Leserbrief zu „Unter ihrer Würde“ von Björn Stephan

Ich habe eben mit großem Interesse oben genannten Artikel gelesen, glaube aber, dass er einen Fehler enthält.

Wenn Frau Quenstedt  175€ im Monat zum Leben verbleiben, wären das doch nur ca. 5,80€ am Tag, und nicht die genannten 8,63€. Ich denke hier hat sich ein Fehler eingeschlichen. – Christoph Wunderle


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

Beleidigt sein ist Mode geworden: Na, endlich arbeitet das Problem mal jemand auf. Auf diesen Artikel hab ich lange gewartet !  Super! –   Rolf Wittig


Leserbrief zur Rubrik „Prominent ignoriert“

Kim Kardashian wohl ein Vielen wohlbekanntes Model – ich kenn‘ sie nicht – lässt sich in Paris Schmuck  im Wert von 9 Millionen klauen, wie eben die ZEIT berichtet. Fünf Männer haben sie gefesselt und den Klunker eingepackt. Bemerkenswert, dass keine sexuelle Gewalt angewandt wurde bei einer so schönen Frau und bei fünf Männern.

Gut, die wichtige Frage ist: wer, welche Männer, denn es müssen Männer sein, macht solche Verträge mit solchen Honoraren, solchen Gagen, die solche shopping-Touren möglich machen? Es gibt tausende Mädchen, die genauso schön wie Kim sind und genauso begabt. Sie sind für normale Gagen zu gewinnen, normal: was normale Menschen verdienen.

Das sind notwendige Reformen, daran muss die Weltgemeinschaft arbeiten. Aber, es geht doch immer um Bildung, also Latein lernen; die Römer wussten es schon: mundus vult decipi, die Welt will betrogen werden. Kim kann Latein. Also: gibt es die Soko, die zweifelsfrei nachweisen kann, für die Versicherung, dass der Raub als event inszeniert war, gefakt (getürkt darf man nicht mehr sagen, das ist politisch unkorrekt und wird vom Leserbrief-Redakteur gestrichen). Kim ist mit ihrem Privatjet nach Hause geflogen. – Dr. Erwin Leibfried


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Das Interview mit Merkel rettet „Die Zeit“ vor einer Kündigung des Abo … es rückt wieder zurecht, was der Chefredakteur ins Schwanken gebracht hat …

Noch nie in den bald 80 Lebensjahren habe ich die CDU / CSU, FDP oder die Grünen gewählt …im Gegenteil aber bei der nächsten Wahl werde ich glatt Merkel gegen ihre Partei unterstützen müssen!

Sie ist zur Zeit die einzige, die mit einer verständlichen und vernünftigen Analyse der Situation und folgerichtigen Plänen (ich sage nur Afrika …) für eine Zukunft sorgt! Und sie bleibt bei dem was sie sagt und wackelt nicht von Tag  zu Tag …

Ganz nebenbei rettet sie die Ehre der Ossis: Sie gehört zu den 80 Prozent, die was Brauchbares leisten, statt zu jammern und dumm für die AfD zu brüllen! Vielleicht lernt sie sogar auch noch, dass die „Schwarze Null“ ein schwarzes Loch ist, in das wir alle stürzen werden!

Die SPD kann ich schon lange nicht mehr wählen, mit Gabriel schon 3 mal nicht … die Linke hat Gysi matt gesetzt … der grüne Kretschmann rückt mir allmählich zu weit nach rechts … – Siegmar Geiselberger


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Das Interview mit der Kanzlerin ist in seiner Klarheit und Aufrichtigkeit „Gold wert“ und wird zum besseren Verständnis der augenblicklichn politischen Szene beitragen.

Mit Afrika im Fokus sind wir auf dem richtigen Weg, den Flüchtlingen und den globalen Problemen handelnd zu begegnen (auch den innerdeutschen „Ängsten“. Danke den drei Beteiligten. – T. Scholl


Leserbrief zu „Urteile selbst!“ von Abdel-Samad

Vielen Dank für Ihren Mut, dem mutigen Hamed Abdel-Samad das Wort zu geben! Meine ganz persönliche Gratulation auch an ihn selber. Er spricht für meine Freunde Shabbir, Iqbal, Nuri, Samir und viele andere, Frauen und Männer.

Hamed Abdel-Samad ist einer, der uns hilft, das fromme Rauschen (the Noise)  von harten Botschaften zu unterscheiden. Bei den Leuten, die ihn heute angreifen, orte ich auch diejenigen, welche „unsere“ katholischen Scheiterhaufen von einst rechtfertigen würden.

Es sind gewiss nicht diejenigen, welche das Gros der lebensbejahenden, gläubigen Muslime vertreten. Im Gegenteil: Manche Gutmenschen bei uns reden den klerikal-faschistischen Tyrannen das Wort, indem sie Kritik ablehnen oder das Schweigegebot fataler Autoritäten gutheissen. Das könnte auch geschehen, weil man frühere Fehl- einschätzungen nicht zugeben will… – Rolf Leemann


Leserbrief zu „Schluss mit dem Moralisieren“ von Winfried Kretschmann

Den Beitrag von Ministerpräsident Winfried Kretschmann habe ich mit großem Interesse gelesen. Dazu möchte ich einige Ergänzungen anbieten:

Natürlich ist der Mensch „aus krummem Holz geschnitzt“. Das meint Kant jedoch nicht in Bezug auf das Individuum, sondern auf das Gattungswesen Mensch und seine Phylogenesegeschichte.

Wenn man mit dem Moralisieren Schluss macht, wäre das allenfalls im Sinne des Beckmessertums sinnvoll. Kant hat in seiner Vorlesung „Über Pädagogik“ ausdrücklich die vier Handlungsfelder der Erziehung genannt: Disziplinieren, Zivilisieren, Kultivieren und Moralisieren. Die Werte unserer Demokratie (Hannah Arendt) und unserer positiven Sittentradition (Immanuel Kant) können wir nur vermitteln, indem wir sagen, was wir als human und was als inhuman ansehen. Und: Ohne Disziplinierung und Kontrolle wie auch Sanktion geht es nirgendwo, will man nicht in der Anarchie versinken!

Vielleicht könnte ein Blick auf Charles Darwin ebenfalls weiterhelfen: „The survival of the fittest“ meint eben nicht das Recht des Stärkeren und dessen Durchsetzung, wie uns Sozialdarwinisten immer wieder weismachen wollen, sondern die Fähigkeit, sich optimal im Rahmen pluralistischer Lebensformen an ein sittlich humanes System anzupassen. Es geht wirkich nicht nur um das Überleben, sondern auch um das Gute Leben! –Dr. Hartmut Karg


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

„Ich finde es gut und richtig, dass Sie der Bundeskanzlerin auf zwei Seiten Gelegenheit geben, ihre Politik zu erklären. Doch sie tut dies in bekannter Manier und analysiert die „Realitäten“ in Deutschland, Europa und Afrika. Von Lösungen, Konzepten und Maßnahmen ist nicht die Rede.

Beispiele gefällig: „Das Wohl Afrikas liegt im deutschen Interesse“. O.K. – doch was folgt daraus? Oder noch besser: „Theoretisch haben wir immer gewußt, dass diejenigen (Flüchtlinge) ohne Bleiberecht konsequenter zurückgeführt werden müssen. Nur praktisch umgesetzt wurde das nicht gut.“ Was wird also ab jetzt besser gemacht und wie? Dazu Fehlanzeige. Und die ZEIT setzt nicht nach, obwohl es doch auf der Hand liegt. Zweimal mangelhaft!“ – Joachim Steig


Leserbrief zu „100 Ziele in Deutschland“

Auf der Karte „Der Osten, 100 Ziele in Deutschland“ steht an der Elbe zwischen Wittenberge und Magdeburg „Saale“. Auf der Karte „Der Westen“ vermisse ich im Hu8nsrück die Geierlay Brücke. Die ist zwar erst ein Jahr alt aber sie ist die längste Fußgängerhängebrücke der Bundesrepublik und ein kleines Abenteuer. Ich war dort mit einer Jugendgruppe, ein Mädchen ist nach 20 m wegen Höhenangst umgekehrt und war nicht zu bewegen über die 360 m lange Hängebrücke, die über ein 100 m tiefes Tal führt, zu laufen. Alle Anderen sind über die Brücke und wieder zurück gelaufen.

Vielleicht können Sie das bei einer evgentuellen Neuauflage der sehr interessanten und schönen Karten berücksichtigen. – Horst-Volker Henschel


Leserbrief zu “ Trumpenproletariat “ von Josef Joffe

Wen, Herr Joffe, hatten Sie im Sinn, als Sie behaupteten “ Wir “ wüßten  „genau“, dass Trump-Wähler die “ Fusskranken der Moderne “ seien ? Die „Enttäuschten“ deren Zukunft mangels Bildungsmöglichkeiten und Jobverlust vorbei, die “ also abgehakt“ werden können? Wessen Köpfe “ bevölkern“ diese “ Abgehängten“ ,die Sie in die Nähe „verkommener“  Filmhelden rücken? Unsere? Wer soll das sein? Weder in meinem Familien – noch Bekanntenkreis, mich selbst eingeschlossen, finden sich derart ( Pardon) simple und überhebliche Vorstellungen. Sollten Sie Ihr eigenes Menschenbild und ihre eigenen Vermutungen hinter diesem „Wir“ verstecken, so bitte ich Sie herzlich, mich und die Meinen als Leser der „ZEIT“ in Zukunft davon auszunehmen und tapfer allein für die eigene Gesinnung einzustehen. Oder handelt es sich hierbei um den „Pluralis Majestatis“? Dann erübrigt sich dieses Schreiben. – Claudia Heinkele


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Die Bundeskanzlerin spricht in diesem Interview relativ oft davon, dass sich Deutschland und Europa mehr in Afrika engagieren sollen, um dort die Not und also auch die daraus resultierenden Fluchtbewegungen zu verhindern. Jedoch muss man hier klar sagen, dass es weder die Aufgabe Deutschlands, noch die Aufgabe Europas sein kann, die Heilsarmee für Afrika zu spielen. Wenn man sich, so wie Merkel das will, in jeden Konflikt und in jede Auseinandersetzung in Afrika einmischt, provoziert das unweigerlich eine neuerliche (militärische) Eskalation und dürfte für die Menschen dort wie ein Freibrief nach Europa wirken.

Merkel ist dabei, sich hier wirklich zu verzetteln, denn diese Ziele sind nicht zu erfüllen. Man sollte hier mehr Realismus walten lassen und endlich die Probleme der Umverteilung und Integration von Flüchtlingen in Europa lösen, anstatt den Weltpolizisten darzustellen. – Florian Michlmair


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Es ist schön, dass Frau Hildebrandt und Herr Ulrich eine erstaunlich gelassene Kanzlerin erleben durften. Leider erlebte ich beim Lesen entsetzlich unkritische und zahme Journalisten. Kritische Nachfragen? Fehlanzeige.

Die Kanzlerin darf wenigstens fünf Mal das Schleppertum erwähnen. Was sie nun aber wirklich dagegen machen will, ob sie mit Ihrer Politik nicht genau das gefördert hat? Null.

Keine Nachfragen auf Fehler nach dem 4.9.2015 Ihrerseits, sie antwortet ausweichend. Kontrollverlust, Totalausfall BAMF, tausende ohne bzw. mit gefälschten Papieren? Keine Nachfrage.  Immer will sie versuchen „ihre Politik zu erklären“- das nun seit einem Jahr. Woran liegt es, dass es vielen unverständlich ist  bzw. unverantwortlich erscheint- vielleicht auch an der Politik bzw. deren Versagen?

Keine Frage nach der Zukunft ihres Deutschlands, für dessen Wohl sie ja scheinbar doch noch eine Verantwortung sieht. Terrorgefahr, auf den Zusammenbruch zusteuernde Sozialsysteme, Zuspitzung innenpolitischer Auseinandersetzungen? Alles kein bzw. kaum ein Thema.

In Vorbereitung ihrer Afrikareise darf Frau Merkel erzählen, wie sie plant Afrika zu retten. Sie darf behaupten, die Europäische Union zusammenzuhalten. Sie ist es, die Europa durch ihre Alleingänge zerstört. Während ich diese Zeilen schreiben, tickern die Eilmeldungen vom vereitelten Anschlag in Chemnitz ein, nach aktuellem Stand ein syrischer Flüchtling. Bereut Frau Dr. Merkel wenigstens ihre Lügen, dass keine Terroristen unter den Flüchtlingen sind, dass alles hochqualifizierte Integrationswillige sind?

Es erinnert mich immer mehr an die letzten Tage der DDR. Eine ignorante Staatsführung umgibt sich mit ihr wohlgesonnenen Schreibern und ist mit sich sehr zufrieden… – Thomas Schossig


Leserbrief zu „Rache ist süß“ von Daniel Müller

Wenn man so etwas lesen muss,dann zieht mir das die Schuhe aus. Mich regen besonders die Journalisten auf, die keine Grenzen des Anstandes mehr kennen. Die Pressefreiheit wird in einer Art und Weise missbraucht, die schon fast kriminelle Ausmaße angenommen hat.

Wenn ich dann von der Politik höre, das muss man in einer Demokratie aushalten können, fällt mir nur ein, alles eine Mischpoke. Ich kann Erdogàn immer mehr verstehen, wenn er das in seinem Land nicht hinnehmen will.

Es wundert mich gar nicht, wenn jetzt eine Partei aufgetaucht ist, die das erkannt haben. Willi Brandt hat mal gesagt: „Wir wollen mehr Demokratie wagen.“ Das Wagnis ist voll in die Hose gegangen. –  Gunter Knauer


Leserbrief zu „Rache ist süß“ von Daniel Müller

Was ist der Unterschied zwischen einem Unrechtsstaat und sowas? Jörg Kachelmann ist ein Justizskandal. Wenn solche Sachen möglich  sind, gibt es freie Denunziation, und die ist bekanntlich Wesens- merkmal jeder Despotie.

Zum Glück gibt es kritische Blätter wie die Zeit, die endlich korrekt berichten.   Gibt es denn keine Paragraphen gegen Falschaussagen? (Unabhängig vom Geschlecht von Klagenden und Beklagten, ohne jede Ausnahme für Mann und Frau?)

Dann schlage ich vor, schleunigst einen zu schaffen, der folgendes festhalten sollte.

1) Wer erwiesenermassen falsch aussagt, erleidet genau die Strafe, welche dem/der falsch Beschuldigten auferlegt worden wäre.

2) Wer erwiesenermassen falsch aussagt, bezahlt sämtliche dem/der Beklagten erstandene Kosten: sämtliche Gutachten, Gerichts-     kosten etc.

3) Wer erwiesenermassen falsch aussagt, bezahlt eine dem Verlust und dem Leiden des/der Beklagten angemessene Entschädigung.

4) Bei bewusstem oder unsorgfältiger Beurteilung durch Beamte  zugunsten des/der Klagenden werden die in jedem Falle sanktioniert,      bis zur Entlassung.

5) Nach einer Woche wird ein einstweilen als unschuldig (nicht erwiesenermassen schuldiger) zu betrachtender Mensch freigelassen.   Milderungsgründe: bei erwiesenermassen auf Irrtum der/des Klagenden  beruhender Falschaussage kann der/dem Klagenden das Strafmass auf einen Drittel reduziert werden, ohne dass jedoch die Entschädigung des/der Beklagten und dessen/deren Wiederherstellung des Leumundes  tangiert werden.

Unzurechnungsfähigkeit der/der Klagenden wird innerhalb einer Woche  festgestellt. Entsprechende Entlassung aus der Untersuchungshaft  erfolgt für Beklagte unmittelbar.  Bin ich denn ein Jurist? Nein! Aber die Grundregel gilt doch: die Regeln der Justiz sollten dem Laien und Bürger einsichtig bleiben. Nicht? – Rolf Leemann 


Leserbrief zu „Elena Ferrante schuldet uns nichts“ von Mariam Lau

besten Dank für Ihre kleine Kritik an der Literaturkritik. Jetzt hoffen wir alle, dass Ihre Kollegen vom Feuilleton das auch lesen und beherzigen, und ihr Buch statt mit seitenlangen Interviews (und Doppelinterwiews!!!!) und Homestories mit Schriftstellen wieder mit Kritiken füllen. – Rüdiger Schmidt


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Überraschend klare Fragen zur Zielsetzung und zukünftigen Richtung der Merkelschen Flüchtlingspolitik. Klare Antworten? Fehlanzeige. Da sind sie wieder, die „rhetorischen Plattenbauten“ (F.J. Raddatz); es ist wie mit dem Pudding, den man vergeblich versucht, an die Wand zu nageln.

Jetzt also Afrika retten! Natürlich ist die Idee nicht neu, Herkunftsländern von Wohlstands- und Wirtschaftsflüchtlingen mit der Schaffung von zunächst einfachen  Wirtschaftsstrukturen zu einem bescheidenen Wohlstand zu verhelfen, um so die Fluchtursachen abzubauen. Aber das wäre doch wohl das Werk einer konzertierten Aktion mit der sich die EU endlich einmal auszeichnen könnte. Deutschland allein kann weder den Syrienkrieg beenden noch die Länder Afrikas wirtschaftlich retten.

Fazit: Eine Kanzlerin, die in den entscheidenden Fragen mauert, den Eindruck erweckt, sich weitaus mehr für die Belange der Flüchtlinge zu engagieren „(meine Politik“) als für das Wohl des eigenen Volkes und Kritik notorisch ignoriert. Das Ergebnis ist eine neue Fluchtbewegung: Fort von der CDU. Mecklenburg- Vorpommern und Berlin waren erst der Anfang. –  Michael Deil


Leserbrief zu „Nun sind wir gezeichnet“ von Ludger Heid

Schon lange beunruhigt mich der Begriff des „Deutschtürken“, den ich auch in Ihrer Zeitung immer wieder einmal lesen muss, ohne dass er definiert würde.

In den Germanischen Sprachen, also auch im Deutschen, bestehen zusammengesetzt Wörter oder Komposita  aus einem Erstglied (Determinans oder Bestimmungswort) und einem Zweitglied, dem Kern (Determinatum oder

Grund- bzw Basiswort). Das funktioniert z. B. beim „Deutschschweizer“

so, dass er natürlich in erster Linie ein Schweizer ist, der genauer bestimmt ist dadurch, dass er der deutschen Sprachgruppe angehört.

Dann ist also ein „Deutschtürke“ in erster Linie ein Türke. Was aber bedeutet das Bestimmungswort? Dass er einer deutschen Sprachgruppe angehört wohl eher nicht. Dass er in Deutschland lebt, kann es auch nicht bedeuten, denn bei anderen Nationalitäten gibt es diesen Zusatz nicht. Im Gegenteil ist der „Deutschamerikaner“ ein Amerikaner, der eben nicht in Deutschland lebt, aber von hier mal ausgewandert ist.

Entsprechend wäre der „Deutschtürke“ ein ehemaliger Deutscher, der ausgewandert ist und die türkische Staatsangehörigkeit angenommen hat.

Das ist aber beim Gebrauch dieses Begriffes sicher nicht gemeint.

Benutzt ein Türke diesen Begriff, so kann er damit durchaus einen Landsmann bezeichnen, der vielleicht für längere Zeit in Deutschland lebt. Wir Deutschen bezeichnen aber nie einen Engländer oder Italiener, der hier lebt als „Deutschengländer“ u.s.w.. Wenn wir von Türken in Deutschland sprechen, reicht also der Begriff „Türke“.

Wenn ich aber von „Deutschtürken“ lese, muss ich immer wieder den Eindruck gewinnen, dass damit Deutsche türkischer Herkunft gemeint sind.

Den kann man aber grammatikalisch nur als „Türkischdeutschen“ oder etwas eleganter als „Turkdeutschen“ bezeichnen (daneben gäbe es auch noch den „Kurddeutschen“und „Arabdeutschen“), wenn denn ein solcher Begriff wirklich nötig sein sollte. Wie oben erwähnt brauchen wir ihn bei anderen Nationen nicht.

Fazit ist: Der Begriff ist ausgrenzend und beleidigend und auch so gemeint, und wird auch von unseren Mitbürgern aus diesen Herkunftsländern so wahrgenommen.

In diesem Zusammenhang eine Bemerkung zu Ludger Heid. „Nun sind wir gezeichnet“.

Der Begriff „deutschjüdisch“, den er ohne Anführungsstriche benutzt, hat wie auch „Deutschjude“ die gleiche ausgrenzende Bedeutung, denn er unterstellt, dass der Bezeichnete in erster Linie Jude ist und durch „deutsch“ nur sein derzeitiger Aufenthalt bestimmt wird, er also nicht zu uns gehört.

 Mein Brief ist wahrscheinlich ungeeignet für eine Veröffentlichung, aber vielleicht könnte sich ja einmal einer Ihrer Germanisten oder Philosophen mit dem Thema beschäftigen. – Rüdger Schmidt


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Leider ist das o.a. Interview mit der Bundeskanzlerin sehr mager ausgefallen. Sie sind als Interviewer leider sehr zahm aufgetreten. Aussagen der Bundeskanzlerin wurden kaum hinterfragt bzw. wurden gewisse Themen ganz ausgespart.

Beispiele:

Informationspolitik der Kanzlerin: Frau Merkel behauptet, sie versucht  „ihre Politik zu erklären“. Sie ist für vieles bekannt, nur nicht dafür.

Flüchtlingspolitik: Warum hat sie das Parlament bisher nicht beteiligt ? Warum hat sie sich nicht mit den EU-Partnern abgestimmt ? Welche Belastungen sieht sie auf Deutschland zukommen ? Sieht sie einen Zusammenhang zwischen ihrer Politik und dem Erstarken der AFD ?

Entwicklungspolitik: Warum thematisiert sie nicht die Bevölkerungspolitik in Afrika und in den muslimischen Ländern ? Die ist eine Hauptursache für Hunger und die Kriege, weil das Wirtschaftswachstum nicht mithalten kann. In Syrien hat sich die Bevölkerung von 3 Millionen in 1950 auf jetzt über 20 Millionen entwickelt. 70 % der Bevölkerung sind unter 30 Jahren. Der jetzige Krieg mit den vielen islamistischen Gruppierungen überrascht überhaupt nicht.

Europa: Wie sieht der Status in Griechenland aus? Wird sich der IWF am Hilfspaket jetzt beteiligen oder nicht ?

Vorwurf des Rechtsbruchs: Was sagt sie dazu, das etliche Verfassungsrichter ihr Rechtsbruch im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik vorwerfen?

Kanzlerkandidatur 2017 ? Wäre interessant gewesen, was sie Ihnen auf diese Frage geantwortet hätte.

Ich weiß nicht warum Sie als gestandene Zeitjournalisten so „devot“ gefragt haben. ( Er erinnern sie sich an Gaus, Casdorff, Merseburger?) Meine Vermutung : Herr Ulrich will auch zukünftig zu dem erlauchten Kreis gehören, die für Hintergrundgespräche ins Kanzleramt zugelassen sind.

Schade, es hätte ein viel aufregenderes, informativeres Interview werden können. – Reimond Rohde


Leserbrief zu „Rache ist süß“ von Daniel Müller

Ist es denn möglich, dass im deutschen Rechtsstaat das Recht so gebeugt wird durch Staatsanwalt und Richter? Läuft denn dieser Staatsanwalt und dieser Richter noch frei herum?

Wer Bücher von Heinrich Albertz gelesen hat, weiß was die Springer- Presse schon in den achtundsechziger Jahren mittels der „Bild“ verbrochen hat. Zumindest alles was mit „Bild“ zutun hat gehört verboten.

Burda: Focus, Bunte! Springer: Bild, BamS!  Wie viel Menschen haben die schon vernichtet?

Warum wird im Fall Kachelmann Alice Schwarzer nicht genannt? Diese Frau ist immer gegen „Bild“ zu Felde gezogen wegen der nackten Frauen auf den Titelseiten.

Plötzlich wechselt sie die Fronten und schreibt für „Bild“ als Gerichtsreporterin.

Wie viel Hass und Gift schleppt diese Frau mit sich rum! – Heinz Heienbrok


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Unsere Bundeskanzlerin hat im Laufe ihrer Kanzlerschaft eine erstaunliche Entwickelung gemacht. Oft war ich mit ihr nicht einverstanden. Z.B. Irakkrieg.

Dieses Interview zeigt eine  Frau die in großen Dimensionen denkt und handelt. Sie schaut über den Tellerrand. Und degradiert die kleingeistigen, egoistischen Denker in ihren Reihen und die vielen Leserbriefschreiber, die nur das Allernächste und sich selber im Blick haben.

Über Jahrhunderte wurden die Afrikaner vom Westen geplündert! Und jetzt hohlen sie sich etwas zurück. Und das müssen wir aushalten.

Leider ziehen sich die, die es in erster Linie angeht, nicht gerade elegant, aus der Affäre. – Heinz Heienbrok


Leserbrief zu  „Fehlt nur noch der Horst“ von Matthias Geis

Ihre Analyse der AfD und der Linken stimme ich fast uneingeschränkt zu. Allerdings empört mich Ihr Begriff „Sozialneid von unten“!

Wenn Arbeiter, Arbeitslose und Abgehängte ihre Rechte einfordern, so hat das mit Sozialneid nichts zu tun. So wie die Schere zwischen Armen und Reichen aufklafft und zukünftig die Unterschiede systembedingt immer noch größer werden, ist es, wenn Sie den Rechtsanspruch der Unterschicht auf ein anständige Ein- bzw. Auskommen schon nicht ethisch rechtfertigen wollen, notwendig, dies aus gesellschaftspolitischen Gründen zu tun. Die Hinwendung größerer Bevölkerungsteile zu extremen Parteien ist doch hauptsächlich die logische Folge der Politik der etablierten Parteien der vergangenen Jahre. Mit Sozialneid hat auch dies nichts zu tun.

Und noch eines: Sie werden sich wundern, welchen Erfolg der bayerische Horst bei den nächsten Landtagswahlen einfahren wird! – Roland Fischer


Leserbrief zu „Elena Ferrante schuldet uns nichts“ von Mariam Lau

Der Wirtschaftsjournalist Claudio Gatti mag Anita Raja als (großartige) Autorin des Romans „Meine geniale Freundin“ enthüllt haben, sich selbst hat er als einen selbstgerechten Dilettanten geoutet.

Auf der pietätlosen Suche nach der Wahrheit missachtet er Persönlichkeit und Kunst gleichermaßen. Überdies, was machen wir am Ende mit einer gefundenen Wahrheit?

Wir verfälschen und vernichten sie mit Intoleranz oder Parteilichkeit, welche wir uns aufgrund beseitigter Objektivität meinen leisten zu müssen. Der Weg zu einem weiteren Fehlurteil ist geebnet. – Matthias Bartsch


Leserbrief zu „Abschied aus einer verrückten Stadt – Brüssel“ von Matthias Krupa

Matthias Krupa hat also fünf Jahre in Brüssel gelebt, und dieser kakophone Schmelztiegel multikultureller EU-Beglückungsphantasien ist ihm ans Herz gewachsen. Schön für ihn. Vor allem auch deswegen schön für ihn, da er sicher während der fünf Jahre dort des nachts – oder wann er auch immer nach Hause zurückkehrte – in seine schöne warme Wohnung irgendwo im Zentrum der Stadt zurückkehren konnte, wahrscheinlich unweit des Cinquentenaire, bezahlt durch sein nicht geringes Journalisten-Gehalt aus Hamburg, mit Auslandszulage. So mußte er nicht 24 Stunden lang, tagein, tagaus, die mehr als offensichtlichen Schattenseiten dieser Stadt hautnah miterleben, die nur jemand ermessen kann, der sein ganzes Leben lang in Brüssel lebt und mit ansehen muß, wie der schleichenden Verlust typisch belgischer Lebensweisen vonstatten geht.

Unsereins dagegen ist 1963 in Brüssel geboren, als Sohn eine EWG/EG/EU-Beamten, hat dort bis zum Abitur mehr als 18 Jahre gelebt, und ist auch nach seinem Weggang 1981 häufig wieder in Brussel/Bruxelles gewesen, da nicht nur seine Eltern und Geschwister dort lange weiterlebten, sondern er u.a. auch im Europäischen Parlament arbeitete, kurzum, er eine weitaus längere und umfassendere Kenntnis von Brüssel erwerben konnte als der Autor. Ich kenne also noch das Brüssel der 70er, 80er und 90er Jahre, und habe unmittelbar und mittelbar den schleichenden wirtschaftlichen und sozio-kulturellen Niedergang dieser Stadt bis heute beobachten können. Da sind mir im Gegensatz zum Autor die „Nachtgedanken“ ganz sicher nicht „verflogen“.

Denn ich weiß noch, wie es war, in einem rein belgischen Fußballverein in Stadtteil Boitsfort spielen zu können, bei dem auch die gegnerische Mannschaft rein belgisch war, will sagen, alle Spieler inklusive Schiedsrichter und Zuschauer Flamen oder Wallonen waren. Oder wie es war, wie die kinderreichen Familien der EWG-Beamten sich zusammen mit „normalen“ belgischen Familien aus allen gesellschaftlichen Schichten vor Weihnachten in dem großen Veranstaltungssaal von Forest National wiederfanden, um einer festlichen Zirkusveranstaltung beizuwohnen, mit christlich-weihnachtlicher Stimmung. Oder wie es war, als sich die flämischen Nationalisten mit den französischsprachigen Gegenspielern in den zweisprachigen Stadtgemeinden einen fast schon lustigen Namenswettstreit mit Pinsel und Farbtopf lieferten, wie denn nun auf den Straßenschildern der Name des Stadtteils oder des Brüsseler Vorortes geschrieben werden sollte – auf flämisch oder französisch.

Dieses ursprüngliche, mehrheitlich friedfertige, recht lockere, liebenswürdig unprätentiöse zweisprachige Brüssel, das Brüssel, das auch ein Jacques Brel hätte besingen können, dieses etwas chaotische, leicht verschlafene und nicht so durchorganisierte provinzielle Brüssel, das ist dank EU und sonstigen internationalen Organisationen auf der einen Seite und einer Massenimmigration vor allem aus Nordafrika auf der anderen Seite verloren gegangen, ja, mutwillig zerstört worden, durch wahnwitzige multikulturelle Beglückungsphantasien von EU-Utopisten, unter dem Beifall von Hofschreiberlingen wie dem Autor.

Der Schreiber dieser Leserbriefzeilen hat noch das eigene Erlebnis in Saint-Jos im Jahre 2000 vor Augen, als er durch die Straßen voller fremdländischer, mehrheitlich arabischer Herkunftsmenschen auf der Suche nach einer Apotheke war, diese dann auch fand, mit vergitterten Fenstern, und sich beim Betreten dieser Apotheke ganz überraschend einer blonden, blauäugigen, verzweifelten Apothekerin gegenüberstand, die sich darüber ausließ, wie tagtäglich bei ihr eingebrochen würde und sie von den Neubürgern ihres Stadtteils belästigt würde. Sie endete ihre Erzählung mit dem Schlußsatz: „Je vote Front National“, ich wähle den Front National. Und dann noch: „Je suis la dernière blanche ici“, ich bin also die letzte Weiße hier, und: „je vais partir“, ich werde gehen, wegziehen. Denn sie konnte es nicht mehr aushalten in diesem bunten Brüssel.

Diese dramatischen Schattenseiten des multikulturellen Lebens, beispielhaft aufgezeigt an der Geschichte der Brüsseler Apothekerin, blendet der Autor vollkommen aus, weil es nicht in sein ideologisch eingefärbtes farbenfrohes Weltbild paßt. Er übersieht den Verlust der Sicherheit, das Verschwinden der eigenen, vertrauten Kultur, des heimischen Umfeldes eines Durchschnittsbrüsselers, wo z.B. Molenbeek noch für einen „normalen“ Brüsseler Arbeiterviertel stand, dessen Fußballverein mit dem großen Rivalen aus Anderlecht locker mithalten konnte, und nicht für die Brutstätte arabischstämmiger islamistischer Attentäter. Lang ist es her. Diese mit brachialer Gewalt von oben durchgeführte soziokulturelle Transformation der Hauptstadt Belgiens war gerade für den „kleinen Mann“ weder bereichernd noch erfreulich.

Stefan Hertmans Abschlußhalbsatz, „wir müssen daran glauben“, ist weitaus wahrer, als ursprünglich gedacht und vom Autor niedergeschrieben. Denn die durchschnittlichen autochthonen Belgier müssen in der Tat „daran glauben“, im Sinne von sie müssen es ausbaden, was auswärtige EU-MultiKulti-Fetischisten so glücklich macht, und „das tut weh“, das tut wirklich weh, ça fait mal.

Au revoir, tot ziens. –Hartwig Benzler, früher Brüssel, jetzt Hamburg


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Haben Sie vielen Dank für das ausführliche und interessante Interview mit unserer Kanzlerin. Sie haben Fragen gestellt,die  auch uns Lesern unter den Nägeln brennen, und sie waren keineswegs immer nett oder gar nachsichtig. Wenn ich als notorischer Merkelkritiker dennoch nicht ganz zufrieden bin, dann nur, weil Sie an einigen Stellen hätten nochmals nachfragen können:

Frau Vorsitzende, Sie sagen, sie handeln immer nach derselben unveränderten Grundhaltung. „Manche unserer Gegner können es sich nicht verkneifen, uns in der Zuwanderungsdiskussion in die rechte Ecke zu rücken, nur weil wir im Zusammenhang mit der Zuwanderung auf die Gefahr von Parallelgesellschaften aufmerksam machen…Deshalb werden wir auch weiter eine geregelte Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung fordern“ haben Sie auf dem Parteitag in Leipzig gesagt.

Ist das dieselbe die Grundhaltung, die Sie im September des vergangenen Jahres eingenommen haben?

Fau Dr. Merkel, Sie sagen sinngemäß, dass wir weder alle noch keine Flüchtlinge aufnehmen können. Das ist die Antwort einer Naturwissenschaftlerin. Können Sie das als Politikerin ein wenig mehr eingrenzen?

Frau Bundeskanzlerin, Sie sagen, sie hätten im letzten Jahr nicht aus Mitleid gehandelt. Es wird viele Mitbürger überraschen zu lesen, dass Sie den Flüchtlingsstrom nicht mit warmem Herzen, sondern mit kühlem Kopf ermöglicht haben. Haben Sie also das Mitleid der Bevölkerung einkalkuliert, das Einschleusen von Flüchtlingen unterschiedlichster Herkunft und Motivation inkl. Terroristen billigend in Kauf genommen, die Schwierigkeiten bei der Integration so vieler Fflüchtlinge vorausgesehen?

Vielleicht sogar die Aufregung in der Bevölkerung? – Johannes Kettlack


Leserbrief zu „Kampf um den Kornmarkt“ von Amrai Coen und Daniel Müller

In Ihrem Artikel: Kampf um den Kornmarkt vom 06. Oktober 2016 (Die Zeit Nr.: 42) schreiben Sie auf Seite 15 „Im thüringischen Sangerhausen…“.

Ich möchte darauf hinweisen, dass meine Geburtsstadt Sangerhausen nicht in Thüringen liegt, sondern in Sachsen-Anhalt. – Lutz Lipowski


Leserbrief zu „Der wirkungslose Mindestlohn“ von Kolja Rudzio

Der Gesetzentwurf des Bundesarbeitsministeriums zum flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn wurde geändert und abgeschwächt. Die Regierungsparteien haben sich auf Ausnahmen vom Mindestlohn geeinigt, die Sie in Ihrem Artikel einfach unterschlagen. Betroffen sind:

– Saisonarbeiter

– Zeitungszusteller (Presseverlage konnten 2015 um 25 Prozent und  2016 um

17 Prozent vom gesetzlichen Mindestlohn abweichen.

– Branchenspezifische Übergangsregelungen (ab 1.1.2018 gesetzlicher

Mindestlohn)

– Praktikanten

– Jugendliche unter 18 Jahren

– Langzeitarbeitslose

 Aufgrund dieser noch teilweise bis zum 1.1.2018 bestehenden Ausnahmen, wundert es mich, dass Sie schon heute den Mindestlohn statistisch als „wirkungslos“ bezeichnen, obwohl der flächendeckende gesetzliche Mindestlohn erst ab dem 1.1.2018 in Vergleichsberechnungen einbezogen werden kann.

 Ebenso abenteuerlich ist es, den Mindestlohn als Mittel zur Lösung der Sozialen Frage überhaupt in Betracht zu ziehen. Die Armutsbekämpfung ist grundsätzlich sehr bescheiden. Auch wenn seit 1983 die Zahl der Armen von

1,9 Mrd. auf 1,2 Mrd. zurückgegangen ist, ist im gleichen Zeitraum die Weltwirtschaftsleistung (BIP) von 12,5 Mrd. auf 74,1 Mrd. US-$ (2013), also um 500 %, gestiegen. In Deutschland stieg seit 1994 die Zahl der „Tafeln“ von 320 auf heute gut 1000 an.m

Richtig ist, dass der Mindestlohn nicht der entscheidende Meilenstein auf dem Weg zur Armutsbekämpfung ist. Richtig ist aber auch, dass bei einer Wachstumssteigerung von über 500 % der eigentliche Skandal die Tatsache ist, dass es einen „Mindestlohn“ gibt. – Franz Pastusiak


Leserbrief zu „Ich ziehe eine ganz klare Linie“ ein Interview mit Eckart von Hirschhausen

Keine Angst vor einem Miteinander – Als Gesundheitspraktikerin möchte ich den Aussagen Dr. Eckhart von Hirschhausens in vielen Teilen zustimmen, aber auch einen dritten Standpunkt hinzufügen: den des ‚Sowohl-als-auch‘. Nach meinen Erfahrungen funktioniert die Kooperation mit Schulmedizinern sehr gut – vorausgesetzt, beide Praktizierende akzeptieren das Arbeitsfeld des anderen. Unumstritten ist auch, dass ein Vertrauensmissbrauch in beiden Disziplinen verheerende Wirkungen haben kann. Begegnet ein Patient einem Pharmareferenten statt einem guten Diagnostiker, kann das seiner Gesundheit ebenso Schaden zufügen wie unvalidierte Methoden eines psychologisch ungeschulten Alternativmediziners. Missbrauch und finanzielles Kalkül gibt es leider auf beiden Seiten zu verzeichnen.

Dennoch könnte man in Zukunft auf eine gemeinsame Schnittmenge hin arbeiten:

Selbstverantwortung und – liebe des Erkrankten, Zuwendung und eine gute Portion Humor als gesundheitsfördernde Maßnahmen. Reiki hilft nicht gegen Krebs – die chemische Keule gegen Einsamkeit aber auch nicht. Liebe Kollegen: auf eine gute Zusammenarbeit also! –  Susanne Evers


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

Mir ist das noch nicht aufgefallen, dass die bloße Erwähnung historischer Kränkungen einer bestimmten gesellschaftlichen Teilgruppe ausreicht, dass diese sich heute davon beleidigt fühlt.
Tatsächlich wäre das auch ein großer Rückschritt in der gesellschaftlichen Verständigung, denn bislang taugte die Nennung historischer Ungerechtigkeiten genau zum Gegenteil: nicht der neuerlichen Verunglimpfung der betreffenden Gruppe, sondern viel mehr ihrer Anerkennung und Emanzipation. Darüber gab es ein Einverständnis, das laut Jessen demnach nicht mehr voraussetzbar wäre.

Allerdings ist mir an der Berliner Exzellenz-Universität, die ich kenne, in Seminaren ein zumindest verwandtes Phänomen aufgefallen, das man vielleicht als Vorstufe deuten könnte, so dass Jessens Szenario dann auch hierzulande in den Bereich des Möglichen rücken würde: es reicht nicht mehr aus, wenn Lehrende Fakten wie auch immer dokumentiert darstellen, die dann für sich selbst sprechen würden, wenn man das Werkzeug zu ihrer Deutung denn besäße. Das ist offenbar nicht mehr vorhanden, so dass ich es immer wieder erlebt habe, dass Lehrende ständig zu überpointierter Stellungnahme gezwungen sind gegenüber Fakten, weil sie sonst verdächtigt werden, diese Fakten gut zu heißen. Also meist geht es ja um Unrecht und Ungerechtigkeit, insbesondere in den Sozialwissenschaften, und wenn diese dann nicht auch überdeutlich als solche gebrandmarkt werden, stehen die betreffenden Lehrenden sofort unter Verdacht, das Geschehen, von dem sie berichten, positiv zu sanktionieren. Das heißt, der Wille zur Gerechtigkeit ist schon noch da, aber die Positionierung dazu muss laut und deutlich erfolgen, sonst wird sie einfach nicht wahrgenommen, und Zurückhaltung wird diskreditiert. Verschiedene Positionen sind so natürlich auch nicht möglich. Oder besser gesagt: auf Studierenden-Seite schon, hier sogar kritiklos, da wird Toleranz noch einer falschen und dummen Position gegenüber erwartet und auch gewährt. Der Gegenstand hingegen wird aber weitaus weniger großzügig behandelt, hier steht immer alles schon fest, sobald es eine politische Komponente gibt.

Ich muss fairerweise hinzu fügen – können Sie ggfs. gerne kürzen – dass mir Jessens Artikel dennoch auch wie eine Fortsetzung von Di Lorenzos Politik-Leitartikel von vor zwei Wochen erscheint: er klingt selbst wie einer der gekränkten Mehrheitsvertreter, die man, entschuldigung, auch unter den AfD-Wählern findet, die einfach nicht damit klar kommen, dass die Mehrheitskultur heutzutage eben nicht mehr diese souveräne Deutungshoheit über alles und jedes besitzt. In Jessens Fall wird daraus dann konservative Kulturkritik. Aber an sich ist es doch ein Fortschritt, eine plurale Leitkultur zu haben. Anstatt darüber selbst gekränkt zu sein, wäre es vielleicht hilfreicher, die Auswüchse, die er beschreibt, ganz sachlich zu hinterfragen und zurecht zu rücken, so ähnlich, wie Winfried Kretschmann das in der gleichen ZEIT-Ausgabe im Politik-Teil in Fortsetzung der grünen Hegemonie-Debatte fordert. – Astrid Lamm


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Vielen Dank für dieses Interview! Wer hätte gedacht, dass diese Kanzlerin, die mich jahrelang die Wände hochgetrieben hat, weil sie alles getan hat, außer entschieden für irgendetwas einzutreten, in einer so wichtigen Frage so viel Format beweist.  – Daniela Fietze


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Bei allem Respekt vor der Anstrengung von Ulrich und Hildenbrandt, die „Glaube, kann, müsste, will, soll,wäre“-Kanzlerin zu klarer Position zu bringen: Es war leider schon wieder ein gescheiterter Versuch, den Pudding an die Wand zu nageln. – Wolfrgang Frings


Leserbrief zu „Extrem schön“ von Astrid Geisler

Beim Lesen des Artikels erfaßte mich Sensationslust. Ich erwartete Szenenbeschreibungen etwa von Muskelpaketen mit Hilfsschulbildung, die mit dem Baseballschläger die fromme Alte zwingen, bei der Briefwahl die AfD anzukreuzen. Stattdessen lese ich eine Beschreibung der ostpommerschen Idylle, in die immer mal wieder Begriffe wie NPD, AfD, Neonazis und das verwerfliche Verhalten von Ortsbürgermeistern gegenüber ihren Mitbürgern, mit denen zusammen sie schließlich leben müssen, eingeflochten werden.

Sind Sie als Print-Journalistin eigentlich gehalten oder gehört es nur zum guten Ton, stets eine bestimmte Quote Abscheu und Distanzierung gegenüber allem, was rechts von der zur Mitte gerutschten CDU stattfindet, zu dokumentieren?

Der inzwischen von allen – rechtschaffenen – Medienvertretern automatisch und damit gedankenlos dahingeworfene Begriff „rechtspopulistisch“ im Zusammenhang mit AfD und vergleichbaren europäischen Strömungen  geht in dieselbe Richtung. Nachdem  selbst die Regierungskoalition die Stimmung im Volke (über 80 % gegen Merkels Flüchtlingspolitik) aufgenommen und begonnen hat, sich mit zuwanderungsordnenden und – vermindernden Gesetzesregelungen politisch zu drehen, ist es doch sicherlich an der Zeit, auch von der „mittepopulistischen CDU“ und der „linkspopulistischen SPD“ reden zu können – oder? Und sogar die „heilige Kathrin“ von den Grünen faltet selbstzufrieden die frommen Hände, seit sie nicht mehr im Stundentakt wiederholen muß, daß es mehrheitlich ordentliche Flüchtlinge gibt, die nicht zum terrorisieren, sondern aus nackter Not zu uns gekommen sind.

Ist Ihnen im übrigen klar, daß das Adjektiv „populistisch“ immer eine unglaubliche Beleidigung für Bürger, Wähler und Leser ist?

An einer einzigen Stelle Ihres Artikels, Frau Geisler, greifen Sie viel zu kurz einen wirklich in weiten Teilen der neuen Länder vorhandenen Mißstand auf, nämlich das Pendlerlos der arbeitenden Bevölkerung mit seinen negativen Folgen für das Funktionieren  lebendiger Gemeinden.

Und im übrigen haben die meisten dieser gottverdammten Gutmenschen keinen blassen Schimmer von den Befindlichkeiten der Menschen im Beitrittsgebiet, wenn es darum geht, warum gerade dort, wo die wenigsten Flüchtlinge leben, die Ablehnung der Bevölkerung am größten ist.

Abgesehen davon, daß es in der Finanzierung öffentlicher Aufgaben nicht nur Gemeinde- und Landeshaushalte, sondern auch einen nicht gerade unwichtigen Bundeshaushalt gibt und zudem der Bund gerne und kräftig in die Sozialkassen hineingreift ( den Moralträgern der Gesellschaft offenbar völlig unbekannt), sind die Menschen aus der Ex-DDR mit nicht zu unterschätzenden Erwartungshaltungen in  das neue Gesamtdeutschlan hineingegangen:

Ich weiß nicht, wo Sie nach 1989 waren – ich jedenfalls war 5 Jahre lang zur Aufbauhilfe in Thüringen. Dort habe ich zunächst einen städtischen Wohnungsbetrieb in eine GmbH umgewandelt und entsprechend strukturiert. Und ich werde nie vergessen, wie mir nicht nur eine Wohnungswirtschafterin unter Tränen und vor Wut zitternd berichteten, mit welchen Erwartungshaltungen gleich nach der Wende Polen- und Russenaussiedler  Wohnungen nachgefragt haben.

Es kamen nur beheizte Neubauwohnungen im 1. Obergeschoß mit Südbalkon in Frage, während die Wohnungsverwalterinnen oder ihre Eltern in provisorischen Teilwohnungen alter viergeschossiger Stadtvillen noch die Braunkohlenbriketts aus dem Keller nach oben schleppen mußten.

Die Haltung der Menschen war, was kein Offizieller öffentlich sagen wird: Jetzt sind wir mal zuerst am Futtertrog.

Und diese Haltung ist jetzt in der Flüchtlingsfrage wieder voll da. Und – offenbar anders als die Sozialillusionisten – wissen sie genau, daß auch ihre Krankenkassenbeiträge steigen, wenn die Zuwanderer in München alle ihre Zähne gemacht bekommen haben.

Der schreibenden und am Mikrofon stehenden Zunft wünsche ich etwas mehr Besinnung auf die Herkunft und Entwicklung des Menschen, wenn schon die übrigen Geistes- und die Sozialwissenschaftler dazu offenbar nicht in der Lage sind. Denn sie alle glauben, die Welt allein mit der menschlichen Großhirnrinde und ihren Nebenprodukten (Ethik, Moral, Religion etc.) steuern zu können. Daß die Menschheit wieder einmal an diesem Irrglauben gescheitert ist, weil die Kräfte des Stammhirns obsiegten,  konnte die ganze Welt noch vor gut einem Vierteljahrhundert am Niedergang des Marx’schen  Sozialismus begreifen. – Günter Tibutt


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

kein Blick in Deutschlands Zukunft; Hilfe für afrikanische und asiatische Staaten, die zuerst von der OAU und Arabischen Liga geleistet werden müßte; bis sie irgendwann greift – oder auch nicht – fortwährende Aufnahme von Menschen, die von Schleppern nach Europa geschleust werden, die unsere europäischen Nachbarn nicht aufnehmen wollen, unter ihnen den ein- oder anderen Terroristen: welch nachhaltige Politik zum „Nutzen des deutschen Volkes“ (Zitat aus dem Amtseid der Kanzlerin), welch Vorbild für die Welt: Geben  u n d  Nehmen! – Dr. med. Ulrich Pietsch


Leserbrief zu „Stolpert Trump über seine Steuererklärung“ von Kerstin Kohlenberg

Der Bericht von Frau Kohlenberg liest sich wie eine Kurzfassung des 500-Seiten Wälzers „Reich und Arm“ von Joseph Stiglitz. Es wäre schon eine Ironie der Geschichte, wenn die Mehrheit der amerikanischen Wähler mit Trump den Bock zum Gärtner machen würde. Ein solches Ergebnis könnte auch die Feinde der offenen Gesellschaft in Europa, zum Beispiel die Rechtspopulisten in Frankreich, England, Polen, Holland und auch Deutschland, beflügeln.

Auch wenn sich die Geschichte nicht wiederholt, so könnten die letzten Zeilen seines Gedichtes „An das Publikum“ von Kurt Tucholsky aus dem Jahre 1931 auch heute wie ein Appell an die demokratisch gesinnte Zivilgesellschaft verstanden werden.

„Es lastet auf dieser Zeit

der Fluch der Mittelmäßigkeit.

Hast Du so einen schwachen Magen?

Kannst Du keine Wahrheit vertragen?

Bist also nur ein Grießbrei-Fresser – ?

Ja, dann…

Ja, dann verdienst dus nicht besser.“

Jürgen Rohlfshagen


Leserbrief zu „Eine Welt aus Daten“ von Julia Nolte

Danke, im wohl aufziehenden Zeitalter des Postfaktiizismus -oder so-, „Daten“ und „Information“ zu unterscheiden. Daten sind ein Rohstoff, aus dem wir Information produzieren. Solche und solche, vermutlich von vielen äußeren und inneren Bedingungen abhängig. Das „Gefährliche“ an einem postfaktischen Zeitalter ist, die Worte „Daten“ und „Information“ unreflektiert synonym zu verwenden, insbesondere im alltäglichen Sprachgebrauch. – Volker Homann


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Frau Dr. Merkel nutzt dieses Interview, um Ansprüche an den afrikanischen Politiker zu stellen wie „Das entbindet doch keinen afrikanischen Politiker von der Pflicht , gute, saubere und transparente Politik für seine Bevölkerung zu machen.“

Als ehemaliger Entwicklungshelfer für zwei Jahre in Kenia muss ich mich doch sehr wundern. Ihr Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und die deutsche Botschaft in Nairobi können darüber nur den Kopf schütteln. Und  der Leser wird über die Wirklichkeit in Afrika in die Irre geführt.

Diese Forderungen sind nicht zu erfüllen. Die Denke ist anders. Eine andere Mentalität und geschundene Kultur verhindern Kontinuität und Nachhaltigkeit. Die zitierten Zivilgesellschaften sind viel zu schwach und nur durch viel Geld am Leben zu erhalten.

Nach nunmehr fünfzig Jahren Erfahrung bedauere ich solche Meinungsäußerungen einer Kanzlerin. Es gibt Lösungsansätze, die viel Geld kosten werden. Natürlich würde die Aus und- Weiterbildung die erste Geige spielen müssen, aber nicht nach unseren treu- deutschen Regeln für Menschen, die erst einmal überleben müssen. – Arnulf Baumann


Leserbrief zu „Preis der Wahrheit“ von Angela Köckritz

Man muss Frau Köckritz in einem Punkt Recht geben: der Frieden in Kolumbien hat seinen Preis, und es führt kein Weg daran vorbei diesen Preis zu zahlen. Ihre Argumentation dazu ist aber mehr als abwegig. Sie tut so, als wären in Kolumbien nur Opfer von Kriegsverbrechen der Guerrilla-Organisation FARC zu beklagen. Als wäre die FARC alleinige Ursache des Bürgerkriegs, eine Art Laune krimineller Figuren.
Dabei wäre die Entstehung der FARC aus Selbstverteidigungsgruppen von Kleinbauern und Landarbeitern gegen die Privatarmeen der Großgrundbesitzer unschwer zu ermitteln gewesen. Ebenso das Ausmaß der Gewalt von Seiten der kolumbianischen Oligarchie. Deren Paramilitärs, geduldet durch den von ihr weitgehend kontrollierten Staat, gehen brutal gegen Gewerkschafter, kritische Journalisten, Vertreter von Kleinbauern und Landarbeitern, indigener Gruppen und Aktivisten von Menschenrechts- und Umweltgruppen vor. Ergebnis sind tausende Mordopfer und Millionen Vertriebene. Bis heute ist darum das Eintreten für politische und soziale Veränderungen in Kolumbien mit Gefahr für Leib und Leben verbunden.

Auch der Löwenanteil der Finanzierung der Paramilitärs  erfolgt durch Drogenhandel. Selbst Frau Köckritz wird nicht glauben, dass die kolumbianischen Großgrundbesitzer ihre Paramilitärs allein mit den Gewinnen aus der Produktion von Palmöl, Bananen und Schnittblumen finanzieren.
Umso wichtiger ist der aktuelle Friedensprozess. Aber er wird nicht erfolgreich sein, wenn man die Kriegsursachen und die Verbrechen einer Seite verschweigt.

Hier sind historische Vergleiche nicht hilfreich, wenn sie zur Geschichtsklitterung werden. In Südafrika ging es um die Verbrechen der Apartheidregierung und weniger um die der Widerstandsorganisation ANC.

In Deutschland haben die Täter und Mitläufer der NS – Regierung lange wohlwollende Nachsicht erfahren, während der Widerstand gegen das Regime ebenso lange diskreditiert wurde. Möchte Frau Köckritz dieses deutsche Nachkriegsmodell wirklich als Muster für Kolumbien empfehlen?

Die Redaktion der ZEIT sollte sich Gedanken darüber machen, ob eine derart vorurteilsbeladene sowie falsche Argumentation auf der Basis schlechter Recherche als Artikel für die erste Seite dem eigenen Anspruch auf Qualität entspricht. Ich würde mich darum auf eine differenziertere Analyse über den derzeitigen Friedensprozess in Kolumbien auf Seite  eins in Ihrer Zeitung freuen. – Thomas Isensee


Leserbrief zu „Eine Welt aus Daten“ von Julia Nolte

Mit Interesse, aber auch grosser Verwunderung habe ich die Artikel gelesen, die sie unter dem Thema „Die Zukunft der Forschung“ im Wissen-Teil der letzten Ausgabe der ZEIT zusammengestellt haben.

Imponierend sind natürlich die Datenmengen, die in naturwissenschaftlichen Forschungen verarbeitet werden. Sie sind so enorm, dass Sie versucht haben, sie in einer Grafik in alltäglich erfahrbare Mengen zu übersetzen und somit verständlich zu machen. Den Trick mit der 80fachen Vergrösserung für den Punkt, der für die schlappen 144GB aus Satellitenmissionen steht, fand ich durchaus amüsant und gelungen.

Weniger amüsant finde ich dagegen die einseitige Ausrichtung auf Datenmengen als der „Zukunft der Forschung“. Ein bisschen wagnerisch das Ganze („Zwar weiss ich viel, doch möcht ich alles wissen“). Hier wird der Eindruck vermittelt, die Steigerung ins Immense der Datenmenge würde auch neue Arten wissenschaftlicher Erkenntnis nach sich ziehen. Als genüge es, grosse Datenmengen zu sammeln, damit daraus schon irgendwie bahnbrechende Erkenntnis entstünde: je grösser die Datenmenge, desto wichtiger der Wissensfortschritt.

Gerade aber die Beispiele, die Sie aus den Geisteswissenschaften zitieren, lassen daran allerdings zweifeln – jedenfalls in der Form, in der Sie diese vorstellen: auf welche Frage antwortet denn die Erstellung eines „Gefühlsstadtplans“ von London? Als Ergebnis einer literaturwissenschaftlichen Forschung fällt mir die Einordnung schwer. Oder geht es darum zu zeigen, dass Literatur von sozialen Lebensbedingungen abgehoben ist (denn der Stadtplan bleibt gleich trotz der Veränderung der sozialen Wirklichkeit)? Soll dahinter ein Urteil über das Funktionieren von Literatur aufscheinen? Würde das bedeuten, dass Literatur naturwissenschaftlichen Gesetzmässigkeiten gehorcht?

Ich hätte mir gewünscht, dass Sie die Darstellung der mit modernen Techniken verarbeitbaren Datenmengen in Beziehung setzen zu den theoretischen Voraussetzungen einer solchen grossformatigen Erhebung. Sonst stellt sich die Frage, ob nicht mit der Menge herkömmliche Vorstellungen zementiert werden sollen. In der vorliegenden Darstellung scheint ein durchaus verdächtiger naiver Empirismus durch, den es ja gerade zu hinterfragen gilt. Vielleicht auch zu fragen gilt, warum gerade jetzt dieser Datenkult so unkritisch hervorgehoben wird. Die Zukunft der Forschung sehe ich in erster Linie in eben dieser kritischen Hinterfragung wissenschaftlicher Modelle und Modellvorstellungen. Der Umgang mit einer angemessenen Empirie ist dann Handwerk – unabhängig von der zu bearbeitenden Datenmenge. – Matthias Marschall 


Leserbrief zu „Postbote auf sechs Rädern“ von Kathrin Witsch

als ich in der Zeitung vom geplanten Testlauf zur Paketzustellung durch Roboter las, habe ich mich tatsächlich kurz vergewissern müssen, ob es sich nicht um einen April- Scherz oder ähnliches  handelt …

 Die Fußwege schon jetzt von Menschen mit sehr unterschiedlichen Geschwindigkeiten genutzt auf Gehwegen, die nicht selten so schmal sind, dass zwei Personen kaum nebeneinander gehen können. Außerdem sind sie oft voller Stolperfallen und nicht ausreichend ausgeleuchtet. Auf diesen schlechten Gehwegen werden wir bereits jetzt von dort fahrenden Radlern erschreckt und belästigt. Und da sollen nun also die „Paket–Roboter“ hinzukommen, die mit einer Geschwindigkeit von 5-6 km/h schneller wären als die meisten Fußgänger, d.h. diese müssten sich darauf einstellen, in Zukunft auch noch von Robotern überholt zu werden.

Der Einsatz der Roboter wird mit dem „Ziel einer emissionsarmen innerstädtischen Belieferung“ begründet. Wirklich emissionsfrei verhalten sich die Menschen, die sich zu Fuß bewegen!

Sollte sich das  Projekt  im Testlauf bewähren, dürfte die Zahl der Roboter verschiedener Anbieter auf den Gehwegen schnell zunehmen.

Fußwege würden immer stärker bestimmt durch die Nutzung durch „besondere Fortbewegungsmittel“. Wenn sich dann Fußgänger irgendwann kaum noch auf die  Straße wagen und die letzten Geschäfte in den Quartieren geschlossen haben, wird die Belieferung der „alternden Gesellschaft durch Roboter“ (Hermes) vielleicht wirklich die einzige Möglichkeiten sein, sich mit den Dingen des Alltags zu versorgen. Das wäre dann allerdings eine Stadt, in der es sich kaum noch zu leben lohnt. Denn eine Stadt lebt durch Menschen, die sich zu Fuß bewegen und so in Kontakt kommen. – Sonja Tesch


Leserbrief zur Auswahl von Leserbriefen zu Bernd Ulrichs Artikel „Das falsche Pferd“

6 Leserbriefe zu diesem Artikel sind durchweg zu den Thesen dieses wirklich hervorragenden Artikels Bernd Ulrichs im Tenor negativ. Ein Leser hingegen, man höre und staune, positiv. Ich frage mich, gab es nur diesen einen positiv formulierten Brief oder passt die Meinung der 6 anderen Schreiber doch eher zum jetzigen Tenor der „Zeit“ und na ja, wie soll ich es ausdrücken, der Gerechtigkeit halber, druckt man dann doch diesen einen positiven ab? Mehr und mehr fällt mir auf, dass nicht nur Herr Lorenzo, sondern auch einige Ihrer Journalisten in einer höchst fragwürdigen Weise gegen die Merkel-Politik anschreiben und sich damit den anderen Blättern annähern. Haben Sie das nötig? Nun, da könnte ich ja gleich …. kaufen, tu es aber nicht. Doch wie lang ich Ihre Zeit, die immer mehr Reklame-Hefte – natürlich immer im Glanzschein gedruckt – beifügt, noch kaufen werde. – Ada Drewsen


Leserbrief  zu „Amerikanischer Albtraum“ von Heike Buchter und Lisa Nienhaus

Sie berichten in der Ausgabe 42 auf S. 23 über die der Deutschen Bank drohenden Strafzahlungen, wobei die Überschrift hoffen lässt, dass man etwas mehr über die Gründe für diese exorbitant hohen Strafzahlungen erfährt – leider ist das nicht der Fall. Es ist immer nur  die Rede von angeblich unzulässigen Geschäften mit Hypotheken. Mich interessiert sehr, auf welcher Rechtsgrundlage diese angedrohten Strafen beruhen und wieso die Höhe der Strafen derart beliebig ist – es ist die Rede von Beträgen zwischen 5 und 14 Milliarden Dollar. Auch die Frage der Justiziabilität der Forderung stellt sich natürlich.Für jemanden, der mit den Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Systems groß geworden ist wie mich, ist es schlicht nicht nachvollziehbar, wie eine staatliche Behörde in einer solchen Weise auf  möglicherweise  unzulässige Geschäfte im Privatsektor reagieren kann. Vergleichbar wären Strafzahlungen der deutschen Regierung für die Beteiligung ausländischer – auch US- amerikanischer Banken an der Beteiligung von Praktiken zur Hinterziehung von Steuern z.B. im Zusammenhang mit den sog. Cumexgeschäften. Daß die deutsche Regierung über solche Instrumentarien verfügt, ist nicht bekannt und auch nicht vorstellbar. Es wäre schön, wenn die Zeit, die ich wegen ihrer meist sehr fundierten Recherchen außerordentlich schätze, hier etwas mehr in die Tiefe gehen würde, zumal die Forderung der US-amerikanischen Regierung u.U. weitreichende Auswirkungen auf das gesamte Banken- und Wirtschaftssystem haben kann. – Ernst Wilhelm Rietschel


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Der Satz „Migranten sind nicht notwendigerweise die Ärmsten ihrer Länder“ wurde von mir seit Langem vermißt. Wenn man die Summen hört, die von den Flüchtlingen auf ihrer sicherlich unmenschlichen Flucht für diverse Schlepper und „Gutmenschen“ gezahlt werden, dann ist doch mehr als einleuchtend, daß die Armen der Ärmsten in ihrem Elend zurück bleiben müssen. Bei diesen Menschen wiegen Bombadierung, Verfolgung und Hunger aufgenscheinlich nicht  ganz so schwer.  – Georg Jahn 


Leserbrief zu „Uns fehlt das dritte Kind“ ein Gespräch mit Martin Bujard geführt von  Elisabeth Niejahr

Angst vor Überbevölkerung, Triebkontrolle, Stigmatisierung Kinderreicher, gründliche und perfektionistische Deutsche, die ihre Bildung und ihr Verantwortungsbewußtsein bedauerlicher-und fälschlicherweise in eine genau geplante und nach 2 Kids rigoros beendete Fortpflanzungspraxis umsetzen und damit einer rigiden Norm aufsitzen, die auch noch im ärztlichen Mutterpass sich manifestiert.  Meine Güte, Herr Bujard. Wie wäre es mit einem Blick über den Tellerrand auf den Zustand der Welt, der ja dann auch zu dem von Ihnen favorisierten Wachstum beitragen dürfte. – Irene Herzberg


Leserbrief zu „Urteile selbst!“ von Abdel-Samad

Schon als 13jähriger habe ich mich weigern wollen, zum Konfirmationsunterricht von den Eltern verpflichtet zu werden, konnte die redseeligen Einlullungen des Pfarrers nicht mehr ertragen und verweigerte mich schließlich innerlich gegenüber all den Lügen und Selbstbeweihräucherungen dieser menschgemachten Christenreligion…

Im zu engen und kurzhosigen Anzug wurde ich dann leider bedrängt konfirmiert, schloss die weltoffenen Augen am Altar und verschloss mich in meinem Bewusstsein: dieses Theater über mich ergehen lassen zu müssen… Und mit 18 Jahren bin ich aus der Kirche und diesem Verein ausgetreten. All die früh(er)en Religionen der Antike, der griechischen, römischen, germanischen Welt (um nur kulturell nahe Glaubensabstürze zu benennen) wurden vernichtet, als Götzenanbetungen verachtet und zerstört, um anteilig durch einen jüdischen Zimmersmannssohn bzw. dessen nachfolgenden Verrückten extrem abgelöst zu werden… Dann kommt Jahrhunderte später ein Mohamed daher und wildert aus der jüdischen und christlichen Religion heftigst heraus, phantasiert sich einen eigenen Gott zusammen und begründet so ebenfalls wie Jesus aus Nazareth (vorhersehbar?) eine eigene Weltmacht der Abhängigen und somit eine unausweichliche Gegenwelt aus zu-künftiger Gewalt und Herrschsucht…

Beide Religionen stehen sich in nichts nach, sind egoistisch, kriegerisch und zerstörend, können einen anderen Gott nicht akzeptieren: denn damit würde doch wohl ihre eigene Existenz ad absurdum gestellt werden.

Verdammt nochmal – warum müssen wir Atheisten uns diesen Wahnsinn zeitlebens mitmenschlich antun, kommen aus diesen Religionsgefängnissen nicht heraus, erleben täglich den chaotischen (zerstörerischen) Irrsinn zwischen all den Religionen und sind verzweifelt und ratlos.

Ich wünsche mir eine Welt der Vernunft, des bewussten Lebens der Menschheit miteinander: ohne all die Religionen, die Glaubensentrücktheiten, die Besessenheiten, das Wahnsinnige in der überheblichen Vorstellung: in den Himmel oder in das Paradies zu kommen… Außerdem kann ich mit Jungfrauen und Engeln nichts anfangen – solche Art von Höhenflügen ohne sexuelle Potenz sind mir zu außerirdisch und sinnentleert. „Gottseidank“ bin ich ein Ungläubiger (im doppelten Sinne) – widerspricht sich das etwa… Auch wenn Voltaire in seinem Todesbett vermeinte: „Vorsichtshalber könne man sich ja dann doch noch bekennen!“ – Axel Manfred  Rumpf von Mansfeld


Leserbrief zu „Stolpert Trump über seine Steuererklärung“ von Kerstin Kohlenberg

Der Artikel von Frau Kohlenberg liest sich gut: Irgendwie investigativ, flüssig geschrieben und emotional unterlegt. Das gesunde Gerechtigkeitesgefühl des ZEIT-Lesers wird angesprochen und permanente Empörung wird produziert.

In besonderem Maße ist dieser Artikel jedoch geeignet für die Lehrerausbildung, z.B. um zusammen mit Referendaren Abschnitt für Abschnitt durchzugehen und dabei fassungslos festzustellen, dass man selbst in der ZEIT nicht vor inkompetenten Artikeln sicher sein kann. An diesem Artikel lässt sich mit Referendaren herausarbeiten, wie leicht es sich journalistisch vermuten, argumentieren und runterschreiben lässt, wenn das nötige Fachwissen fehlt. Dabei geht es nicht nur um das mangelnde Verständnis des amerikanischen Steuerrechts (das sich bei den Themen wie Verlustvortrag und Sonderabschreibungen gar nicht so sehr vom deutschen Steuerrecht unterscheidet), sondern dass es kaum einen Abschnitt gibt, der nicht durch fachliche Fehler, unbewiesene Verdächtigungen und negative Suggestionen gegen Trump, die NY-Politik und die USA überhaupt gekennzeichnet ist. Ein Beispiel: „1995 hatte er in seiner Steuererklärung Verluste von 916 Millionen Dollar geltend gemacht. In den Folgejahren  konnte  er  so  fast  eine  Milliarde Dollar Steuern sparen“ Diese Aussage ist natürlich blanker Unsinn, da 900 Mio Verlust nur ca. 350 Mio Steuerersparnis bedeuten, und die 900 Millionen als Verlustvortrag über viele Jahre verteilt mit nachfolgenden Gewinnen verrechnet werden.Verwundert muss man also feststellen, dassdie Autorin Grundbegriffe wie Umsatz, Gewinn, Verlust, Steurschuld und Verlustvortrag offensichtlich nicht kennt bzw. nicht unterscheiden kann.

Es gibt sicherlich genügend Gründe, warum man Trump für einen höchst ungeeigneten Präsidentschafts­kandidaten halten kann, erst recht aus weiblicher Perspektive. Aber bevor ich mich als Jounalist an die Tastatur setze, nur um noch einen weiteren Trump-Verriss zu schreiben, sollte ich mir die nötigen Fachkenntnisse zu dem Thema aneignen, zu dem ich schreiben will. Das gehört auch beim „investigativen“ Journalismus dazu. Leider konnte ich in dem Artikel auch nicht viel Investigation erkennen.

Bleibt zum Schluss die Frage, warum die ZEIT (Die Politik-Redaktion) für solch einen emotional dominierten Text so viel Platz an so prominenter Stelle (Seite 4!) verschwendet. Bitte das nächste Mal solche Artikel zuerst durch die Wirtschaftsredaktion prüflesen lassen! – Jacob Fuhrmann


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

Dass man Texte wie den von Jessen im Namen der Meinungsfreiheit ab und an im Feuilleton unterbringen muss – geschenkt. Aber als Leitartikel steht er für die ganze Redaktion bzw. sie hinter ihm. Und es ist grausam zu lesen, wenn eine doch recht bedeutsame deutsche Wochenzeitung wie die Zeit kein Problem damit hat, die Opfer von deutschem Massenmord verächtlich als bloß „Beleidigte“ abzuhandeln. Sie wurden ermordet, nicht beleiditgt!

Im Übrigen ist der ganze Text eine beinahe vollständige Abbildung der Standpunkte der AfD, nicht einmal die böse Genderforschung darf fehlen. Jessen stellt wie die AfD-Fans in Deutschland, Trump-, Orban- oder Erdogan-Anhänger weltweit nur einen jener Privilegierten dar, die das Gefühl haben, etwas weggenommen zu kriegen, sobald Gerechtigkeit walten soll (frei nachSandrine Micossé-Aikins).

Willkommen im globalen Club der Chauvinist*innen, die beleidigt sind, wenn ihnen ihre Überhebung über andere weggenommen werden soll. – Mathias Berek


Leserbrief  zu „Amerikanischer Albtraum“ von Heike Buchter und Lisa Nienhaus

Wo ist eigentlich der größenwahnsinnige, noch 2008 ff. hochgelobte Ackermann  abgeblieben/untergetaucht?  Traut er sich noch aus der Schweiz nach Deutschland? – Horst Behr


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

„Alle das Neigen von Herzen zu Herzen, ach, wie so eigen schaffet das Schmerzen!“
J. W. von Goethe

Wbeniger erstaunt, aber doch mit innerem Unbehagen – wie sollte es nach J. W. v. Goethe auch anders möglich sein – habe ich Ihre Ausführungen zu dem Thema „Die Macht der Beleidigten“ gelesen.

Das Thema Beleidigung weist in die Richtung des Kontextes von seelischem Schmerz. Auf höchstem intellektuellem Niveau wird in Ihrem mutigen Artikel dem wohl in uns Menschen liegenden Reflex eines „sich verschließen vor Schmerz“ gefolgt, insbesondere vor seelischem Schmerz. Je mehr wir davon berührt werden, desto subtiler wirken diese schwer greifbaren Mechanismen des „sich verschließen“.

Hierdurch entstehen gleichwohl neue Schmerzen: Die sich an den inneren Schmerz anheftenden bzw. mit diesem verbundenen meist impliziten sprachimmanenten Bewertungs- und Beschuldigungsszenarien heizen das psychosoziale Gesamtgeschehen immer weiter an.

Es scheint sich um ein Hydra-ähnliches Geschehen zu handeln. So wie ich Imre Kertesz ein Stück weit verstanden habe, geht es hierbei um die erodierenden Mechanismen, die in unserer Sprache und Kultur eingewoben scheinen. Der Soziologe Alex Honneth knüpft mit seinem „Kampf um Anerkennung“ eine soziologische Perspektive an. Aber kann denn Anerkennung etwas anderes sein als eine Haltung? Anerkennung demgegenüber als eine Handlung zu konzipieren, führt zu weiteren Konfliktszenarien und einem zusätzlichen Anheizen von Schmerz und Leid.

In Ihren Ausführungen greifen Sie das wichtige Moment von Aufmerksamkeit auf. Je mehr Aufmerksamkeit bei seelischem Schmerz primär auf Wünsche „abzielt“, desto mehr bleibt die tiefere Semantik des Schmerzes verborgen. Bei dem „Aufmerksamkeit zu schenken“, „sein Herz zu öffnen“ – geht es um etwas weitreichenderes, um Inneres, um Persönliches, bei dem anderen und bei mir.

Unser Herz zu öffnen, das ist das, was wir so wenig vermögen.

Um an Ihre Worte anzuknüpfen: Es tut mir leid, aber eine versöhnliche Erklärung für Kränkung kann es nicht geben. Die Frage aus meiner Sicht lautet, was ein weiterführender Schritt sein könnte?

Das Buch „Die Empathie-Tests von Leslie Jamison“ könnte hier Impulse setzen. Ihr Buch schließt mit den Worten „Ich will, dass unsere Herzen offen sind.“ Strenggenommen können wir nicht wollen, dass unsere Herzen offen sind. Der Blick wäre eher der, bereit zu sein, unsere Herzen einen Schritt weit öffnen lernen, dort, wo es um Schmerz, insbesondere um seelischen Schmerz geht. Ich teile die Auffassung von Jamison, dass die Aufmerksamkeit, die wir anderen schenken, uns zurückgegeben wird.

Nochmals vielen Dank für Ihren Mut und Ihre Offenheit in Ihrem Artikel. – Norbert Ruffing


Leserbrief zu „Einmal Hölle und zurück“ von Jörn Leonhard

Das Buch von Ian Kershaw „Höllensturz“, das ich nicht gelesen habe, aber aufgrund des Beitrages Ihres Autors reicht für mich aus, um den Vergleich mit der Weimarer Republik und danach als sehr gewagt infrage zu stellen.

Keiner will Krieg und auch kein instabiles Land. Heute umtreibt viele Menschen der offensichtliche Versuch der Politik und Medien eine Kultur zu installieren, die weit in unserer Kultur hineingeht. Die bei aller Loyalität keinen Platz in unserer Gesellschaft finden kann.

Die Lüge der Politik, daß die bereits seit 60 Jahren hier Lebenden Muslime sich integriert haben, stimmt so wenig wie 2 mal 2 = 6 ist. Ich habe erlebt, wie Erdogàn in Köln wie ein König empfangen wurde. Und das waren fast nur Muslime, die lange in Deutschland leben.

Das zu erkennen scheint das Problem der Politik zu sein. Wir müssen uns nicht bemühen, dafür die Geschichte heranzuziehen. Das hatte ganz andere Ursachen gehabt.

Und die Nazi hat es in unserem Land  schon immer gegeben, einmal mehr, einmal weniger. Die gilt es zu vernachlässigen. Wenn es richtig ist , daß circa  80% der Bürger mit der Politik unzufrieden ist, dann liegt es an dem Verständniswahn der Politik.

Auch der gesellschaftliche Zustand unseres Landes spielt eine Rolle. Die Kriminalitätsrate ist von Jahr zu Jahr gestiegen.

Die AfD hat das erkannt. Und jetzt wundert sich die Politik , wie das passieren konnte. Am Anfang wurden sie verharmlost  – die verschwinden genauso wie die anderen Aussenseiter-Parteien. Als sie merkten, das scheint doch nicht so zu sein, hauten sie auf sie ein. Das war wieder verkehrt. Als die ersten Stimmen das reden entdeckten, wurde wieder umgeschwenkt.

Das zeigt mir, die ständigen Fehleinschätzungen der Politik ist ein Zeichen von: sie wissen nicht mehr was sie tun. Die AfD ist von Anfang an eine demokratische Alternative, die von Wissenschaftlern gegründet worden ist. Und das war überfällig.

Die Medien haben den tatsächlichen Zustand, wie sie das halt immer tun, weit übertrieben. In Deutschland habe ich auch das Gefühl, wenn es nicht nach ihrer Ideologie geht, dann ist es keine Demokratie.

Auch diese Fehleinschätzung haben sie mit der Politik gemein. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Stolpert Trump über seine Steuererklärung“ von Kerstin Kohlenberg

Stolpert Trump über seine Steuererklärung? Stolpert Trump über seinen Rassismus? Stolpert Trump über seine Lügen und seine hinlänglich geoffenbarte politische Unkenntnis? Stolpert Trump über das frauenfeindliche Skandal-Video?

Es ist doch eine schier unglaubliche Farce, dass diese Fragen noch immer im Raum und Kontext mit der Kandidatur Trumps zur US-Präsidentschaftswahl stehen!

Insofern kann die einzig relevante Frage in diesem politisch-demokratischen Trauerspiel doch wohl nur lauten:

Stolpern die USA über Trump? – Ira Bartsch


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Frau Dr. Merkel betonte gestern in einem Interview, sie hätte sich „intensiv“ auf ihren Mali-Besuch vorbereitet. Sinnvoller wäre es wohl gewesen, den Film „Mali Blues“ anzusehen, der bringt die ganze Problematik auf den Punkt. – Ruth Schütz-Mitterhusen


Leserbrief zu „Eine Welt aus Daten“ von Julia Nolte

Ob man tatsächlich durch die Big Data und Analytics-Algorithmen passende Diagnosen so leicht finden kann,  wird sich noch zeigen. Die englische Zeitung „Financial Times“ vom 28.03.2014 brachte einen Artikel „Big data: are we making a big mis- take?“, wo sie David Spiegelhalter, Professor für Public Understanding von Risk an der Uni. Cambridge zitierte:  „Unglücklicherweise sind diese vier Glaubensgrundsätze im besten Fall optimistisch grobe Vereinfachung”. Die vier  Glaubensätze sind, dass Datenanalyse unheimlich genaue Ergebnisse erzeugt, dass jeder einzelne Datenpunkt er- fasst werden kann, so dass alte Stichprobenverfahren obsolet werden, dass es passé ist, sich Sorgen zu machen,  was bewirkt was, weil statistische Korrelation uns sagt, was wir wissen müssen, dass statistische und wissenschaft- liche Modelle nicht benötigt werden, weil mit genügend Data die Zahlen für sich sprechen.    Im März 2012 startete in den USA die Obama-Administration eine $200 Million „Big Data Research and Development  Initiative“, deren Hauptziel es ist, die Anwendung von Big Data für wissenschaftliche Entdeckungen und biomedizini- sche Forschung und in anderen Gebieten zu transformieren.

Andererseits erwartet man, wie das McKinsey Global Institute in einem Bericht schätzt, dass Big Data-Analytics mehr  kann, als $300 Milliarden an Einsparungen pro Jahr im U.S.-Gesundheitswesen zu ermöglichen, zwei Drittel der Summe  durch Senkungen von ca. 8% der Ausgaben des nationalen Gesundheitswesens. Klinische Betriebe und F&E sind zwei  von den größten Bereichen für potentielle Einsparungen mit $165 Milliarden bzw. $108 Milliarden durch Verschwendung.  Man erwartet offensichtlich sehr viel von Big Data. Es muss sich noch zeigen, ob die Erwartungen gerechtfertigt sein  werden.

Die EU hat die sog. Flagship-Projekte in Future und Emerging Technologies, eines dieser Themen der Projekte ist z.B.  ITFoM – IT Future of Medicine and Revolution in Healthcare,  Es ist nicht nur Genomik im Allgemeinen, wie Herr Mayer-Schönberg erwähnte, sondern auch die Next-Generation-Se- quencing im Besonderen und neue Startups wie z.B. die Fa. Grail. Jeff Huber, bisher Senior Vice President von Google,  leitet seit Kurzem das Unternehmen Grail, benannt nach dem sprichwörtlichen heiligen Gral. Illumina, das weltgrößte Un- ternehmen für Erbgutentschlüsselung, gründete es Anfang des Jahres in San Francisco. Grail verfügt über $100 Millio- nen Startkapital, mit Bill Gates und dem Venture Fonds von Amazon-Chef Jeff Bezos sind einige der angesehensten US- Investoren beteiligt. Bis 2019 soll der Bluttest zur Bestimmung mancher Arten von Krebs verfügbar sein. „Wir hoffen,  dass der heutige Tag ein Wendepunkt im Krieg gegen Krebs ist“, sagte Jay Flatley, CEO von Illumina, anlässlich der Fir- mengründung.

Zwei andere ex-Google-Mitarbeiter, Nat Turner und Zach Weinberg, haben ein Startup Flatiron Health für Krebsdaten-Ana- lytics gegründet.  So wie es aussieht, werden die Big Data von Computern mit künstlicher Intelligenz analysiert. IBM z.B. kreiert einen neuen  Bereich. Die Firma pumpt $1 Mrd. in ihre neue Watson Business Group, die „ausschließlich der Entwicklung und Kommer- zialisierung von Cloud-basierten kognitiven Innovationen“ gewidmet ist. Der Bereich wird sein HQ in Manhattan haben, fo- kussiert auf das Anwenden der Computerintelligenz auf Apps gerichtet für solche diverse Bereiche wie Gesundheitswesen,  usw.

Da die Krankheiten der Menschen zu Datensätzen von Big Data werden sollen, seit ein paar Jahren spricht man auch von  „P4-Medizin“ – Predictive, Preventive, Personalized and Participatory Medizin. Manche Leute meinen, dass die P4-Medizin  die gegenwärtige reaktive Medizin innerhalb der nächsten zwei Jahrzehnte ersetzen wird. – Igor Fodor


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Nach diesem Interview sollte auch den optimistischsten Anhängern unserer Kanzlerin klar sein, wie verbraucht sie ist und wie armselig ihre Visionen.

Schön, sie hat eine Strategie. Das ist ja immerhin schon mal was, und für eine konservative Politikerin sind ihre Postionen auch mutig: Sie will nicht nur den kriminellen Schlepperbanden die Geschäftsgrundlage entziehen, sondern auch „an die Menschen denken, die zu uns fliehen, vor allem aus den Bürgerkriegsgebieten.“

Und in Afrika fühlt sie sich auch dafür verantwortlich, dass es dort so zugeht, dass „Menschen dort Heimat als Heimat empfinden können“.

Leider machen sich die Interviewer aber nicht die Mühe, diese Worthülsen zu hinterfragen. Statt den advocatus diaboli von rechts zu spielen und damit Frau Merkel die Gelegenheit zu geben, sich als Protagonistin einer humanen und weltoffenen Poltik zu präsentieren, hätten sie besser mal nachfragen sollen, ob sie denn die Konsequenzen ihrer Aussagen wirklich bedenkt: Heißt „an die Menschen in Syrien denken und Schlepperbanden bekämpfen“ nicht auch, dass man sich nicht nur um die Glücklichen kümmert, die es schon hierher geschafft haben, sondern auch für jene offen bleibt, die jetzt noch im Kriegsgebiet eingeschlossen sind? Wie stellt sie sich denn die Bekämpfung der Fluchtursachen in Afrika vor, wenn Deutschland noch nicht einmal die Mindestziele der Entwicklungshilfe (0,7 Prozent !) erreicht und sich auch sonst nicht als Ideengeber für wirtschaftliche Entwicklung profiliert. Die wirkungsvollste Hilfe könnte Deutschland leisten, indem es  sich für die Öffnung des EU-Marktes einsetzt und Afrikanern (Merkel nennt sie verschämt und pauschal: nicht Schutzbedürftige) Einwanderungsmöglichkeiten bietet, denn der Rücktransfer von Einwanderern übersteigt bekanntlich alle Entwicklungshilfe. Doch all das sagt sie ganz bewusst nicht, weil sie ihre Strategie nämlich nicht wirklich ernsthaft erfolgt.

Wäre das der Fall, so könnte sie angesichts der Lage in der Türkei den Türkei-Deal doch allenfalls als Notlösung klassifizieren, bis eine bessere Lösung gefunden ist und mehr als nur ein paar Hundert Flüchtlinge über diesen Deal nach Europa gelangen können. Statt dessen ist dieser Deal für sie schon eine „nachhaltige Lösung“, also wohl das Maximum, was sie an Visionen hat.

Das zeigt, dass sie für die Zukunft, in der sowohl eine Antwort auf globale Flüchtlingsströme als auch auf die zerbröselnde Zivilität unseres Gesellschaftsmodells gefunden werden muss, nicht die Richtige ist. Statt dessen brauchen wir Politiker oder Politikerinnen, die Mut haben zu kühnen Visionen – auch auf die Gefahr hin, damit zu scheitern. – Dr. Dirk Kerber


Leserbrief zu „Prof. Dr. Mutlos“ von Anna-Lena Scholz

Wie kommt es, daß die Professorengilde auf einmal entdeckt wurden ist. Mein Sohn ist schon vor 20 Jahren nach Holland geflohen. Indien passt gut ins Bild. Das dortige Kastenwesen hatte wahrscheinlich für unsere Universitäts-Professoren Vorbildcharakter  – böse formuliert. Das kommt auch daher , daß die Politik nicht Vorwärtsgewand agiert.

Die werden immer erst dann aktiv wenn die Hütte in Flammen steht. In den letzten 2 oder 3 Jahren hat man die Schulprobleme entdeckt, obwohl das schon vor 30 Jahren bekannt war. Das ist unter anderem genau auch ein Thema der heutigen Gesellschaft. Die Flüchtlingskrise war eine Ursache  aber halt nicht die einzige. Es ist eine ganze Gemengelage, die die Menschen auf die Barrikaden treibt.  Der Wohlstand hat anscheinend lähmende Wirkung.

Die Menschen fragen sich ständig, wie kann man so viele Ausländer ins Land lassen, wenn schon seit Jahren die Armut ständig bei uns zunimmt. Bei der Kriminalität sieht es nicht viel anders aus.  Durch den 68er Epochenbruch kam eine ganz neue wissenschaftliche Elite in Verantwortung, die die Lehranstalten nicht unbedingt als nur Lehranstalten ansahen.

Lernen allein stand nicht mehr an vorderster Stelle. Das war der Beginn der „Freizeitstätten“. Rechtschreibung war nicht mehr gefragt und vieles mehr. Ich spreche nur von NRW. In Bayern mag das anders gewesen sein. Wenn man jetzt mit ansehen muß, wie die Politik Afrika entdeckt, was nur aus der Not heraus entstanden ist, dann kann man erahnen wie schlecht die Politik aufgestellt ist.

Es wurde zwar viel Geld ausgegeben, was aber zu keiner Besserung der afrikanischen Länder geführt hat. Eher das Gegenteil.  Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern als ein afrikanischer Präsident nebst Gemahlin zum Staatsbesuch nach Deutschland kam.

Es machte schnell die Runde; die Frau mit dem goldenen Bett. Die heutigen Professoren werden das wieder einmal nicht verstehen wollen. In 14 Tagen ist alles wieder vergessen und es wird sich kaum was ändern. – Gunter Knauer 


Leserbrief zu „Rache ist süß“ von Daniel Müller

Danke für Ihren interessanten Arikel zu Hr. Kachelmann.
Im letzten Absatz schreiben Sie:

„In einem Zivilverfahren gelten andere Regeln als in einem Strafprozess. Die Beweislast liegt beim Kläger.“

Das ist m.E. falsch oder zumindest missverständlich, da auch im Strafprozess die Beweislast beim (An-)Kläger liegt, nämlich bei der Staatsanwaltschaft. – D. Goetze


Leserbrief zu „Abschied aus einer verrückten Stadt – Brüssel“ von Matthias Krupa

Ein sehr interessanter Artikel – aber : Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Brüsseler Bourgoisie in den Zwanzigerjahren des zwanzigsten Jahrhunderts auf den Boulevards mit Zylinder und Reifrock Biedermeier gespielt habe;das Afrikanerviertel heisst Matongé mit „accent aigu“ auf dem é; die Soldaten die zur Beruhigung der Bevölkerung in der Stadt patroullieren tragen keinesfalls Maschinengewehre vor der Brust sondern schlicht Gewehre, natürlich vollautomatisch. – Hans-Udo Pfeiffer


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

Vielen Dank für die Warnung! Wäre für mich nicht nötig gewesen. Greifen wir aber mal den an Karl Marx erinnernden Satz „Ein Sturm der Kränkungsgefühle tobt durch die Welt“ auf: Sind es wirklich Gefühle oder wird da ein Verhaltensmuster konstruiert bzw. verinnerlichte Konditionierungen angesprochen? Die Berufung auf Gefühle soll ja immer was Echtes suggerieren. Zum Ende des Artikels bezeichnet Herr Jessen das Phänomen ja auch als „Kult der Kränkung“. Kult, also vorgegebenes Modell, in dem man Zuflucht vor angeblichen bis boshaften Beleidigungen suchen und finden kann.

Und ist es möglich, dass der „Wettlauf um die größte Kränkung“ gelegentlich als Vorstufe zu einer resignativen Todessehnsucht verstanden werden kann? Es gibt weltweit nun mal eine Vielzahl von Regionen, in denen der Todeswunsch den Überlebenstrieb verständlicherweise ablösen kann. Krankheiten können entweder geheilt werden oder zum Tod führen. Deshalb die Warnung: Gefühle sollten nicht instrumentalisiert und von Instrumentalisierungen keine Gefühle abgeleitet werden. Schließlich hat sich die von der Ablösung des geozentrischen durch das heliozentrische Weltbild ausgelöste kopernikanische Kränkung der damaligen Meinungs- und Stimmungsmacher glücklicherweise dann doch als heilsame Ent-täuschung herausgestellt.  – Christoph Müller-Luckwald


Leserbrief zu “ Trumpenproletariat “ von Josef Joffe

Vielen Dank für den Artikel Trumpenproletariat. Ich gehe einmal davon aus, dass ihre dort getätigten Aussagen wahr sind.

„Laut dem Institut der deutschen Wirtschaft sind AfD-Sympathisanten gut gebildete Besserverdiener. Ein Drittel gehört zum reichsten Fünftel der Bevölkerung. Laut stern/RTL liegt das durchschnittliche Haushaltseinkommen von AfD-Anhängern knapp über dem aller Wahlberechtigten. Es ist mit 3140 Euro höher als die Werte für die SPD (3000) und die Linke (2690).“

Damit wird in den Medien ein völlig falsches Bild über die AfD erzählt und permanent wiederholt. Weshalb ist dann das Wort „Lügenpresse“ falsch?

Oder liegt das nur an den Journalisten, damit meine ich jetzt nicht Sie, die entweder zu dumm, zu verlogen oder zu hinterfotzig, wie wir in Bayern dafür sagen, sind.

Leider wird dadurch die Meinung, die ich über die Presse in ihrer Gesamtheit habe, die Zeit ist hier weitgehenst ausgenommen, da sie doch sehr vielfältig informiert, bestätigt.

Deutschland wird leider in vielfältigerweise manipuliert, nicht nur über die Zeitungen, sondern besonders auch über das Fernsehen. Ich würde hier teilweise von Gehirnwäsche sprechen. – Rudolf Höfling


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

In dem Artikel von Jens Jessen sehe ich Parallelen zum Umgang mit Kritikern von zu hohen (Manager)Gehältern vor einigen Jahren. So wie man damals versucht hat, diese Leute pauschal als Neider zu verunglimpfen und damit jede Diskussion zu ersticken, verpasst man heute Menschen, die Kritik üben an unserer jetzigen politischen Situation, das unschöne Etikett „beleidigte Leberwurst“, anstatt sie ernst zu nehmen und mit Ihnen zu reden.

Zusammengefasst in einem Satz verstehe ich den Artikel so: „Liebe Leute, stellt euch nicht so an, es ist doch alles in Ordnung bei uns und imZweifelsfall haben wir ja noch unsere Bundeskanzlerin, die das ja alles im Griff hat.“

Wenn man aber sieht, dass
– Frau Merkel unter Umgehung des Parlaments 1 Mio Flüchtlinge ins Land holt
– namhafte Konzerne lügen und betrügen (ADAC, VW, Krankenkassen)
– unsere Konzerne Menschen aus armen Ländern unter unwürdigen Bedingungen für sich arbeiten lassen, dann hat man allen Grund besorgt zu sein und solche Artikel wie der von Herrn Jessen sind kontraproduktiv. –  Konrad Krägeloh


Leserbrief zu “Beginnt ein neues atomares Wettrüsten?” von Michael Thumann

Wo bleibt hier die objektive Berichterstattung in der Zeit? Man hat beim Lesen den Eindruck nur Putin lässt hier die Lage eskalieren. Kein Wort von der Osterweiterung der NATO, der Stationierung von amerikanischen  Raketenabwehrsystemen in Polen/Baltikum, der Modernisierung der amerikanischen Atomwaffen in Deutschland (die gemäß Bundestagsbeschluß abgezogen werden sollten!). Für mich ist dies kein guter Journalismus ( schon garnicht der Hineis ggf. „nachzurüsten“) und führt letztlich zum Aufbau neuer Feindbilder ! – H. P. Henker


Leserbrief zu „Uns fehlt das dritte Kind“ ein Gespräch mit Martin Bujard geführt von  Elisabeth Niejahr

„Uns fehlt das dritte Kind“ in Nr. 42 auf p. 30 ist wieder ein Artikel mit bezeichnendem Selbstbetrug. So war das auch bei der Serie im Frühjahr über das Vermächtnis der Deutschen. Als Vater von vier Kindern (und mittlerweile von 2 Enkeln), der das für seine Ausbildung angemessene Gehalt eines Angestellten bezogen hat, kann ich nur sagen: Wenn die Menschen keine größere Kinderzahl haben wollen, geht es nicht um die Sorge, schräg angesehen zu werden (das am Rande auch), sondern knallhart um Geld.

Wer kein oder ein bis zwei Kinder hat, kommt mit dem Geld klar, das ein in etwa durchschnittlicher Haushalt einnimmt, wer mehr Kinder hat, wird von unserer/m Gesellschaft/Staat ausgenommen und muß schauen, wie er (dann typischerweise als Alleinverdiener) über die Runden kommt. Kindergeld etc. sind da bloß Kleckerbeträge. DINKs und Kleinstfamilien dagegen haben ein meist nettes Einkommen (auch keinen oder geringen Kinderstress) und den Rechtsanspruch auf hohe Renten, obwohl v. a.  die DINKs genau das System unterminieren.

Und die mehrfachen Mütter, die die unentbehrliche Grundlage für ein dauerhaft funktionierendes Rentensystem liefern, nämlich Kinder, die sie so erziehen, daß diese auch einmal in die Rente einzahlen, werden mit der Mütterrente, die angeblich im Rentensystem unverdient ist, abgespeist. Diese Sorgen um das Geld für die Kinder und um die eigene Rente halten die meisten Menschen (nachvollziehbar) von mehreren Kindern ab.

So lange sich das nicht ändert, und so lange bequemes, wellness- und konsumorientiertes Leben den lifestyle bestimmen, ändert sich nicht wirklich etwas an der Geburtenrate. Eine hohe Geburtenrate ist nicht wichtig, aber die Rate – und der Zustand der Gesellschaft – sollten so sein, daß die Menschen mit ihren Kindern, welcher Zahl auch immer, glücklich sind und unsere Gesellschaft eine Zukunft hat.

Daher muß man Deutschland als kinderfeindliches Land bezeichnen, auch wenn – wie im angesprochen Artikel – das öffentliche Gerede sich voller Hochschätzung für Kinder gibt. – Dr. Herbert W. Wurster


Leserbrief zu „Der wirkungslose Mindestlohn“ von Kolja Rudzio

Die Überschrift lässt sich als pointierte These des Autors lesen: Der Mindestlohn bringt nichts. Die drei herangezogenen Statistiken mögen ja richtig sein, und ich kann dem Autor keine anderen Statistiken entgegenhalten. Ich stimme ihm sogar in einem Punkt zu, wenn er schreibt: „Schätzungen zufolge haben bis zu vier Millionen Menschen von dieser Lohnerhöhung profitiert. Das ist enorm, trotzdem reicht es nicht, um das Problem der Armut zu lösen.“  Ja, ist das etwa nichts? Lassen wir die Aussage auf der Zunge zergehen. Bis zu vier Millionen Menschen erhalten mehr Lohn für ihre Arbeit. Demnach sind bis zu vier Millionen Menschen jetzt auch weniger arm als vorher, richtig? Ein paar Millionen Arbeitnehmer*innen sind nun wirklich keine Pappenstiel. Gut möglich, dass sie  immer noch arm sind, aber doch deutlich weniger arm als zuvor. Das nenne ich Fortschritt auf dem Weg zu Anerkennung und Fairness. Natürlich ist damit noch längst nicht Gleichwertigkeit oder Gerechtigkeit hergestellt. Deshalb möchte ich anregen, über ein Mindesthonorar nachzudenken. Immer mehr Menschen werden nicht mehr angestellt. Sie sind weitgehend entrechtet, müssen sich allein versichern und erhalten Dumpinghonorare. Wie wäre es, wenn man für Lehrer*innen ein gesetzliches Mindesthonorar einführt und ihre Leistung mehr honoriert und anerkennt? –  Peter Düweke


Leserbrief zu „Kampf um den Kornmarkt“ von Amrai Coen und Daniel Müller

„Die Erben von so viel Kraft“ „Identität durch Tradition?“ – Innenansichten eines nachdenklichen Jugendlichen

Die alte Bundesrepublik, auf und aus den Trümmern des 2. Weltkrieges neu erbaut, war explizit antifaschistisch, obwohl sie alte Nazis in Wirtschaft, Verwaltung und Industrie duldete und die Kapitalismuskritik seitens des Marxismus, aber auch seitens der Nationalsozialisten nicht genügend aufgearbeitet hatte. Sie wurde mit dem Modell der „sozialen Markwirtschaft“ zu einem der reichsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Länder der Welt, in dem auch der Wohlstand der Bürger auf ungeahnte Höhen stieg. Ein Paradies für Konsumenten, Produzenten und Spekulanten. Die „soziale Marktwirtschaft“ wurde übrigens von einem Wirtschaftswissenschaftler ersonnen, der im Auftrag der NS-Planungsgruppe Industrie ab 1942 damit begann, die Grundrisse einer Nachkriegswirtschaft für Deutschland zu entwerfen. Der realexistierende Sozialismus jenseits der Mauer wurde als totalitär betrachtet. Die Totalitarismus-These besagt, dass sowohl der Kommunismus marxistisch-leninistischer Prägung als auch der Nationalsozialismus sich gleichen in ihrer Ablehnung des Liberalismus, des Individualismus, des Kapitalismus, der Rechtsstaatlichkeit, der Gewaltenteilung und der universellen Menschenrechte. Obwohl der welthistorische Zenit beider Ideologien längst überschritten ist, haben sie sich in ihrer theoretischen Ausprägung kaum gewandelt, so dass man über sie durchaus im Präsens nachdenken kann, nachdenken sollte.

Sie vertreten beide immer noch homogene Gemeinschafts- und keine pluralistischen Gesellschaftsmodelle. Wollen die einen einer „Rasse“ („Arier“) zur Weltherrschaft verhelfen, so die anderen einer Klasse (Proletarier). In ihren Analysen der realen Weltverhältnisse meinen sie jeweils ein einfaches bipolares Schema zu entdecken: herrschend seien entweder die „Juden“ oder die „Kapitalisten“. Diese Herrschaft, so die Diagnose, sei deshalb so verwerflich, weil sie die Bereicherung einiger weniger auf Kosten aller anderen bedeute. Das politische Wirtschafts- und Weltsystem sei deshalb ein System der Kriege, Konflikte und der Korruption. Würden die „Juden“ und/oder die „Kapitalisten“ vom Planeten Erde verschwinden, dann hätten alle Menschen Frieden und Wohlstand, so die simple Schlussfolgerung. Beides sind sogenannte eschatologische Ideologien, die auf einen künftigen idealen Weltstaat „hinarbeiten“, indem sie gewaltsam und brutal das aus ihrer Sicht Falsche und Unpassende zerstören wollen.

Da die Nationalsozialisten aber in der Rolle der „Kapitalisten“ zumeist „Juden“ wahrnehmen, haben sie einen ideologischen Vorsprung gegenüber dem Marxismus und können das Wort „sozial“ mit in ihren sonst völkischen Nationalismus mitaufnehmen. Die alte DDR, die teilweise noch in den Trümmern des 2. Weltkrieges eingerichtet wurde, war ebenfalls explizit antifaschistisch, aber auch sie duldete Nazis in Wirtschaft, Verwaltung und Industrie. Da sie für einen Großteil der Reparationszahlungen der UdSSR aufkommen musste, sie eine staatskapitalistische und planwirtschaftliche Ökonomie hatte und der unternehmenskapitalistischen Systemkonkurrenz, die zudem staatlich massiv unterstützt wurde, nicht gewachsen war, wurde sie mit ihrem Wirtschaftsmodell nicht zu einem der reichsten und wirtschaftlich erfolgreichsten Länder der Welt, in dem auch der Wohlstand der Bürger nicht auf ungeahnte Höhen stieg. Die DDR war kein Paradies für Konsumenten, Produzenten und Spekulanten.

Hatte sie die Kapitalismuskritik des Marxismus genügend aufgearbeitet? Es ist fraglich, ob die fast komplette Abschaffung der Privatwirtschaft und die Umwandlung fast aller wirtschaftlichen Sektoren in VEBs dem Siegeszug des Sozialismus günstig gewesen ist. Jedenfalls gedieh in der alten DDR eine Kultur der vernichtenden Feindkritik, die in dem Liberalismus, Individualismus und in der wirtschaftlichen Prosperität der alten BRD nur eine schöne, glänzende Fassade argwöhnte, hinter der das geistige, soziale und psychische Elend versteckt war, um dem Systemkonkurrenten, der sein Elend ja so offen zur Schau stellte, die Puste zu nehmen. Der Erfolg der alten BRD war aus Sicht der DDR-Ideologen ein Schachzug der Großkapitalisten, dem Sozialismus die Bürger abspenstig zu machen. Und da in den 20er und 30er Jahren des 20. Jahrhunderts das Kapital sich des Faschismus‘ bediente, um seine Interessen gegen den Aufstieg des Sozialismus und Kommunismus durchzusetzen, waren nach den gängigen Analysen beide Feindbilder – Kapitalismus und Faschismus – deckungsgleich.

Die Totalitarismus-These hüben, die Kapitalismus-ist-gleich-Faschismus-These drüben. In beiden Fällen sah die wechselseitige Kritik so aus: die jeweils andere Seite hat ein „falsches Bewusstsein“, lebt in einer Welt aus Schein und Illusionen. Nur die jeweils eigene Seite verfügte über das passende Instrumentarium der Analyse und Kritik, um die Wahrheit über den Gegner herauszufinden. Nach dem Ende der DDR vor 26 Jahren blieb nur die nunmehr erweiterte, aber nicht reformierte BRD zurück, aber die alten Welt- und Feindbilder überlebten wohl das politische und wirtschaftliche Ende der DDR. Die ideologische Konkurrenz von Kapitalismus, Kommunismus und Faschismus hat ja im Laufe von 150 bzw. 100 Jahren ein ganzes Arsenal von politischen und ökonomischen Ideologemen hervorgebracht, die nicht so einfach wieder verschwinden.

Darüber hinaus hat sich ein Mentalitätswandel in Gesamtdeutschland vollzogen: Die Bürger der alten DDR haben einen System-Kollaps erlebt, manche Rentner sogar zwei oder gar drei: Das Ende der Weimarer Republik, das Ende des 3. Reiches, das Ende der DDR. Warum also nicht auch das Ende der alten BRD? Dieser Gedanke ist so einfach wie durchschlagend. Auch die alte BRD, wie sie ihren alten Bürgern ja so vertraut ist, hat ja neuerdings eine – Alternative. Während die alten Feinde der Demokratie nach BRD-Modell im Westen Aufwind durch den Systemkollaps erhalten, kommen die neuen Feinde der Demokratie nach obigem Modell ja mit waschechten Erfahrungen eines solchen Zusammenbruchs erst gar nicht in den Genuss, sich der Illusion einer gewissermaßen ewigen Bundesrepublik hinzugeben. Und wenn ihre Familiengeschichte keine Erfolgsgeschichte gewesen ist, ums so einfacher, ein politisches System in Frage zu stellen, dem man scheinbar nichts schuldet.

Wenn sich nun ein junger Mann aus Bautzen Gedanken macht über die globale Ungerechtigkeit, dann wird er wie die meisten Sympathisanten des „grün-linken Mainstreams“ zunächst den globalen „Turbo-Kapitalismus“ und die Virtualität des Kapitals auf den Finanzmärkten dafür verantwortlich machen, dass die EURO-Krise zu Massenarbeitslosigkeit und Staatspleiten führt, dass große Volkswirtschaften ihre Bevölkerungen ausbeuten und die kleinen Volkswirtschaften auf Kriegswirtschaft umstellen, um mit den Global Players mithalten zu können bzw. um auf dem Weltmarkt nicht gänzlich unterzugehen. Zentrum dieses Weltkapitalismus sind natürlich die USA, die auch für die meisten Angriffskriege in der zweiten Hälfte des 20. und in den Anfängen des 21. Jahrhunderts zeichnen.

Nun die Frage: Für welche Art der Kapitalismus-Kritik wird sich unser junger, nachdenklicher Mann aus Bautzen entscheiden? Entscheidet er sich für die marxistische Kapitalismus-Kritik, dann wendet er sich zugleich damit gegen den Faschismus und Neonationalsozialismus. Auch ein wenig gegen die real existierende Demokratie in der BRD, denn die sei ja nur eine Marionette des amerikanischen Großkapitals. Welche Chancen hätte er, politisch aktiv zu werden? Nun er solidarisiert sich mit den Kriegsflüchtlingen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak, weil die ja direkt oder indirekt Opfer des globalen Kapitalismus und der amerikanischen Interventions- und Kriegspolitik seien. Solidarität mit den Flüchtlingen als Akt des Widerstandes und Protestes gegen die Amerikaner.

Er wird sich in der Antifa engagieren und er wird aus dem DDR-Arsenal der BRD-Kritik schöpfen können (und der BRD-eigenen linken System-Kritik). Kurz, er wird sich der Demokratie entfremden. Oder er entscheidet sich für die neo-nationalsozialistische Kapitalismuskritik, dann wendet er sich zugleich damit gegen den Kommunismus und konkretisiert den globalen Agenten des Kapitals als jüdisch-amerikanischen Großaktionär oder Manager, er feindet explizit  die herrschende parlamentarische Demokratie an, weil sie nicht mehr den Volkswillen verkörpert, sondern vom „Parteienkartell“ ausgebeutet wird, das von Lobbyismus und Ämterpatronage korrumpiert ist, von der europäischen Kommission „gesteuert“ und vom „grün-linken Mainstream“ ideologisch umnebelt wird. Welche Chancen hat er, sich politisch zu engagieren? Nun, zahlreiche.

Er kann natürlich in die NPD oder noch besser in die AfD eintreten (die NPD wird ja voraussichtlich verboten und die AfD ist ja bundesweit im Aufwind und sitzt schon in den Landesparlamenten), aber er kann auch einfach an gut vernetzten „Aktionen“ teilnehmen, denn die neuen Rechten und die „identitäre“ Demokratiebewegung ist im Kommen und besser vernetzt als die „Linken“. Er kann also in einem Milieu, das weitestgehend dem demokratischen Selbstverständnis entfremdet ist, auf viele Unterstützer und Helfer oder gar Gesinnungsgenossen zählen. Vor allem kann er gegen Flüchtlinge vorgehen. Nicht aus Unmenschlichkeit oder fehlender Empathie, sondern weil die Flüchtlinge nicht der unbeabsichtigte Kollateralschaden einer kriegerischen Politik seien, sondern selbst Zweck dieser Politik, „menschliche Waffen“, viel effektiver als Bomben oder Flugzeuge, denn die muslimischen Migranten sind Zeitbomben, die auch nach Generationen noch hochgehen können und das kapitalistisch-demokratische System destabilisieren. Welche Wahl er treffen wird, hängt nicht von der Wahrheit der Analyse ab, denn beide Formen der Kapitalismus-Kritik sind einseitig vereinfachend und daher falsch. Es hängt auch nicht von der „Wahrheit“ der Ideologien ab, zwischen denen er sich entscheiden zu müssen glaubt, denn die sind ebenfalls einseitig vereinfachend und daher falsch. Welche Wahl er trifft, hängt von vielen Faktoren ab, von denen die meisten in seiner sozialen, politischen, ökonomischen und  psychischen Familiengeschichte und damit auch, aber nicht vorrangig in seiner Bildungsbiografie liegen mögen. Man sollte die Bildungsbiografie nicht überbewerten, denn Bildung und Aufklärung sind keine Garantie gegen politischen Radikalismus, insbesondere auch nicht gegen den Faschismus und Nationalsozialismus, ansonsten hätte es diese Strömungen nach 200 Jahren Aufklärung und Emanzipationsgeschichte in Deutschland und Europa nicht geben dürfen.

So nimmt es nicht wunder, dass gerade das Bildungsland Sachsen im Fokus der Aufmerksamkeit steht, wenn es um „rechte Gewalt“ geht. Um der globalen Ungerechtigkeit im eignen Land Herr zu werden, muss da der junge Mann aus Bautzen sich für eine der beiden Möglichkeiten entscheiden? Es gibt ja noch andere Richtungen, aus denen Kapitalismuskritik geübt wird, so von den Kirchen oder den etablierten Parteien, aus der Mitte der Zivilgesellschaft und natürlich von den NGO‘s. Für welche Seite er sich entscheiden wird, wird auch etwas damit zu haben, wem er glaubt, wem er vertraut und wem er auch ein effektives Handeln zutraut. Unser nachdenklicher, junger Mann ist nicht dumm, er ist schon gar nicht dumpf. Er hat tatsächlich eine dringliche, drängende Frage: Woher kommt all die Ungerechtigkeit? Und er braucht eine Antwort, die ihn überzeugt, von Menschen, denen er vertrauen kann. Je nach dem, wird er entweder auf der einen Seite oder auf der anderen Seite des Kornmarktes in Bautzen sitzen und auf den richtigen Moment warten. Welches ist der richtige Moment? Es ist der Moment, in dem er beschließt zu kämpfen oder zu denken. Wir haben es in der Hand. Wir können nach der richtigen Antwort auf seine Frage suchen. – Thomas Kühn


Leserbrief zu „Das schweißt zusammen“ von Kersten Augustin

Sehr ueberzeugend dieser Artikel fuer einen alten Mann , der noch mit 72 Motorrad faehrt aber
noch nie in einem Fitnessstudio war. Ich wuerde dort hin  gehen,wenn ich mit meinem Training wenigstens Strom erzeugen koennte.Mens sana in corpore sano…..habe ich auch gelernt …aber es ist doch schade um die vires, die Kraefte ,die da ungenutzt vergeudet werden. – Christian G. Schnabel


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

Das ist ein wunderbarer Artikel, der die Absurdität unseres Opfer-Täter-Denkens in Gänze offenbart. Wir kommen dadurch, dass wir andere und uns selbst für schuldig erklären, nicht mehr weiter, sondern halten sowohl den Täter als auch das Opfer in Kleinheit gefangen.

Der einzige Ausweg, der sich zeigt, liegt in der Vergebung, die gleichzeitig sowohl den vergebenden als auch den Vergebung annehmenden Menschen in seine Größe zurück führt und so auch den “existentiellen Schrei nach Liebe” beantwortet. Unter Vergebung verstehe ich bewusstes Anschauen der Situation, konstruktives Lernen aus der gemachten Erfahrung  und Loslassen der angeblichen Kränkung. Wer kann damit besser anfangen als ich mit mir? – Frauke Martini


Leserbrief zu „Unter ihrer Würde“ von Björn Stephan

Björn Stephan beschreibt sehr eindringlich, wie das Leben mit einer kleinen Rente aussehen kann.

Aber: „Unter ihrer Würde“. Wieso eigentlich? Zum einen: Woher soll bei der geschilderten Erwerbsbiografie (Halbtagsarbeit, unentgeltliche Beschäftigung, Teilzeitarbeit) eine höhere Rente kommen? Zum anderen:

Eine 50 Quadratmeter-Zweizimmerwohnung in Elmsbüttel wird bewohnt, und wie der Autor schreibt, kommt eine billigere Wohnung am Stadtrand nicht infrage. Eine soziale Einbindung (Chöre, Kaffeeklatsch mit Freundinnen) ist gegeben. Die Überschrift des Artikels ist für mich nicht nachvollziehbar. – Raimund Helbrich


Leserbrief zu  „Fehlt nur noch der Horst“ von Matthias Geis

Selten habe ich einen Artikel gelesen der sich so von dem Gegenstand unterscheidet über den er berichtet. Das Doppelinterview das in der FAS  gibt nicht her was dieser Artikel an Behauptung aufstellt, wobei nie von der Behauptungsebene abgewichen wird.

Was an dem Treffen beider Frauen ungewöhnlich sein soll entzieht sich meinen Vorstellungsvermögen, denn die Zeitung hat eingeladen, hat damit damit einen Zweck erfüllen wollen.

Herr Geis behauptet zwei Extreme haben sich aufeinander zubewegt, nur gibt das Gespräch auch bei mehrmaligen lesen genau das nicht her. Dass Flüchtlinge am besten in den Heimatländern versorg werden ist eine alte Erkenntnis, die gab es schon da hat von der AFD noch niemand gesprochen. Wenn man nun zur Kenntnis nimmt das diese an den Haaren herbeigezogene Behauptung durch die Qualitätsmedien geistert, dann spürt man deutlich wohin der Artikel zielt

Ein Journalist soll sich mit keiner Sache gemein machen, dieser Grundsatz wurde hier nicht beachtet. – Herbert Schmitt-Bing


Leserbrief zu „Urteile selbst!“ von Abdel-Samad

Der Prozess der Aufklärung, Säkularisierung und Demokratisierung hat in unserem Land über 500 Jahre gedauert. Und ist in vielen Bereichen immer noch nicht vollendet (Stichworte: Gleichstellung/-berechtigung von Frauen; vorurteilsfreie sexuelle Orientierung und Selbstbestimmung; Diskriminierung des „Andersseins“ in unterschiedlichstem Kontext; einkommens- und herkunftsunabhängiger Zugang zu Bildung und Lebenschancen; Unfehlbarkeits-Dogma). Bei der Diskussion um den Koran und die Entwicklung des Islam werden wir vermutlich auch in Epochen denken müssen. –Dr. Diethard Mai


Leserbrief zu „Rache ist süß“ von Daniel Müller

mir ist zunächst absolut nicht klar, warum Ihr Artikel im Wirtschaftsressort platziert wurde. Vor allem geht es mir aber um die einseitige Opfer-Darstellung des Herrn Kachelmann. Was Frau Dinkel getan hat ist abscheulich, hat psychopathische Züge und entsprechend verurteilenswert. Herr Kachelmann aber hat über viele Jahre viele Frauen belogen, betrogen und hintergangen. Eine mir bekannte Dame hat mehr als 10 Jahre diesem Mann und seinen perfiden Versprechen und Hinhaltetechniken Glauben geschenkt. Ihr Leben ist heute, mit Mitte 40, ein absolut anderes, als Sie es sich vorgestellt hat. Dieser Mann hat sie schlichtweg bestohlen. Sicherlich ist Manipulation und Trug eine absolut herausragende Charaktereigenschaft von Herrn Kachelmann, da er ja auch bei Ihnen, als sicherlich kritischem Journalist geschafft hat, sich als reines Opfer darzustellen. Ich denke ihm diese Bühne zu schenken, ist die schlimmste Tat von Frau Dinkel. – Thomas Hügen 


Leserbrief zu „Das schweißt zusammen“ von Kersten Augustin

Folgende Szene, die ich gestern einmal wieder in der Schule erlebte, möchte ich Ihnen darstellen: Durchtrainierte 11. Klässler aßen aus Tupperdosen Rührei (reich an Proteinen) und unterhielten sich über Proteinshakes etc., die sie so zu sich nehmen, um den Erfolg ihrer fast täglichen Besuche im Fitnessstudio noch zu verbessern – sie trainieren, und das sieht man allen an (Jahrgangsstufen 9 – 13), durchaus an Geräten, Laufbändern etc. Und, ob Sie es glauben oder nicht, diese Szene trug sich an einer WALDORFSCHULE zu! Seltsam? Wo Waldorfschüler/innen ja sonst nur auf Matten, zusammen mit Ökos, durch Eigengewicht Muskeln aufzubauen versuchen, nachdem das mit dem Tanzen ihrer Namen nicht so geklappt hat…

 Ich weiß, wenn mal wieder Klischees bedient werden, auch in der ZEIT, soll man diese geflissentlich ignorieren oder darüber lachen, sich aufzuregen zeugt nicht von Gelassenheit. Ich bin jetzt mal nicht gelassen.

 Ich finde ansonsten einiges in Ihrem Artikel richtig – Vereinsmeierei ist anstrengend. Allerdings gibt es eben auch Menschen, die in ihrer knappen Freizeit lieber eine Fremdsprache lernen oder zum Chor gehen und dann unter Umständen moppelig bleiben – obwohl es noch nie so einfach war „nicht dick und unsportlich zu sein“ – womit wir beim Thema Selbstoptimierung und Schöheitswahn wären, aber darüber wird ja schon viel sinniert.

 Also: Vielleicht ist ja jemand, mit dem Sie in einem Raum schwitzen und den Kopf frei kriegen ein Waldorfschüler oder gar ein Lehrer? :)  – Anna Büttner


Leserbrief zu „Mitleid ist nicht mein Motiv“ ein Interview mit Angela Merkel geführt von Tina Hildebrandt und Bernd Ulrich

Ich bin sehr froh ja fast stolz darauf, das Angela Merkel unserer Bundeskanzlerin ist! Sie ist die einzige moralische und humanistische Person in so einem hohen Amt. Wenn es irgend wann einmal einen „Präsidenten“ von Europa gäbe, wünsche ich mir Sie in dieses Amt. – Benjamin Mathias


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

Hoch die Finger, Thadden, Jessen! Andere nicht zu vergessen. Seit über fünfzig Jahren lese ich die Zeit. Glaube manchmal, zweifle häufig. Aber immer schätze ich Ihren Einsatz für Information, Kritik und Toleranz. Ganz besonders aber dafür, dass über den Beiträgen des Feuilletons fast immer eine leichte Wolke entspannter Ironie schwebt. Bitte weiter so! Mit freundlichen Grüssen. –  Manfred Wagener 


Leserbrief zu „Urteile selbst!“ von Abdel-Samad

Nach Meinung von Hamed Abdel-Samad „…kann Koranexegese erst Früchte tragen, wenn man sich von der Macht des Textes als ewiges und allgemeingültiges Wort Gottes emanzipiert.“ Deshalb will er den Koran als ein „menschliches“ Buch betrachten. Diese Alternative dürfte für die meisten Muslime inakzeptabel sein, wie eine entsprechende Forderung auf die Bibel bezogen auch für die meisten Juden und Christen inakzeptabel wäre. Denn alle drei Religionen basieren auf jeweils ihrer Heiligen Schrift, die zwar interpretiert werden muss, aber nicht der völligen Profanisierung preisgegeben werden darf. Im Christentum hat sich allerdings in den letzten Jahrhunderten die Auffassung durchgesetzt, dass die Bibel zugleich Gottes- und Menschenwort ist, entsprechend der doppelten Natur Christi als Gottes- und Menschensohn. Das Menschenwort bezeugt, dass ein bestimmtes Gotteswort unter bestimmten Umständen an bestimmte Menschen erging. Das einzelne Wort hat dann allerdings keine „ewige und allgemeingültige“ Bedeutung.

Das lässt sich an vielen Geschichten der Bibel und des Koran zeigen, z.B. wie Abraham seinen Sohn opfern soll (Gen 22,1-19 / Sure 37,102-112). Der Befehl „Nimm deinen Sohn und opfere ihn“ (Gen 22,2) wird schon am Ende der Geschichte wieder aufgehoben. Im Koran handelt es sich zwar „nur“ um einen Befehl in einer Traumvision, und als Abraham seinen Sohn auf dessen Gesicht legt, gilt der Befehl als erfüllt – in jedem Fall kann aber die Forderung nach dem Kindesopfer nicht als ein ewiges und allgemeingültiges Gebot betrachtet werden. Das liegt daran, dass das Gottesbild noch nicht von der griechischen Philosophie geprägt ist. Dort würde ein göttlicher Sinneswandel als ungöttlich gelten, denn Gott ist unwandelbar und unbeeinflussbar. Der Gott der Bibel und des Koran ist dagegen ein Gott, der nicht nur spricht, sondern auch hört und sieht und entsprechend reagiert.

Man kann auch diese Betrachtungsweise philosophisch formulieren, z.B. mit der Begrifflichkeit aus Martin Bubers Schrift „Ich und Du“: Das göttliche Wort ist nicht ein „Es“, das vom „Ich“ studiert wird (Subjekt – Objekt-Beziehung), sondern es spricht je und je ein „Du“ zum „Ich“ (Subjekt – Subjekt-Beziehung). In diesem Fall kann es geschehen, dass man feststellt: Dieses Wort betrifft uns heute nicht, es ist für uns nicht normativ, weil wir uns von anderen Gottesworten in die Pflicht genommen fühlen. –Peter v. Baggo


Leserbrief zu „Urteile selbst!“ von Abdel-Samad

Bei der Berichterstattung über den Islam habe ich den Eindruck, dass der ZEIT mit ihren hervorragenden Journalisten jegliche Menschenkenntnis und jegliches Faktenwissen abhanden gekommen ist. Anders kann ich mir nicht erklären, warum ausgerechnet einer der größten Oppurtunisten der Gegenwart, Herr Hamed Abdel-Samad, immer wieder ohne jegliche Gegendarstellung eine derart große Werbeplaftform bei der ZEIT findet, um sein Halbwissen zu präsentieren. Um den Islam zu verstehen, muss man wissen, in was für einer primitiven Gesellschaft Mohammed gelebt hat, und wie er unter den unmenschlichen Praktiken seiner Mitmenschen gelitten hat. Islam ist nichts weiter als ein mehr oder weniger gelungener Kompromiss mit den damaligen gesellschaftlichen Verhältnissen. Jede einzelne Sure war Folge eines bestimmten gesellschaftlichen Ereignisses. Und alle drei Kriege, in denen Mohammed als angeblicher Feldherrr mitgewirkt  hat, waren Verteidigungskriege und nicht Eroberungskriege.

Wie erklärt sich Herr del-Samad, dass dieser kriegssüchtige Feldherr sich nur mit drei Kriegen zufrieden gegeben hat, obwohl er mehr als zwei Jahrzehnte zur Verfügung hatte? Woher ich mein Wissen habe? Aus diversen türkischen Quellen, aus Übersetzungen des Korans in Kurdisch, Türkisch und Deutsch sowie aus den Interpretationen des Korans von den beiden verhassten Moslems Seyyid Kutub und Mavdudi. Dass die ZEIT  ohne jegliche Überprüfung –  und damit meine ich nicht Zensur, sondern Hinterfragen –  einem Opportunisten, der drei Jahre lang von den Muslim Brüdern profitiert hat, große, vielleicht sogar kostenlose Werbefläche bietet, erfüllt mich mit großer Skepsis und Sorge. In dieser hasserfüllten Gegenwart dem Hass, Unwissen und Intolleranz Nährboden zu bieten, ist einer fortschrittlichen Zeitung nicht würdig. Ein Politologe, der eine Religion, in der weder Institutionen noch Hierarchien gibt, als Faschismus bezeichnet, kann bestensfalls rückschrittliche Menschenhasser begeistern. Mit Wissen hat das, was Herr Abdel-Samad von sich gibt, nichts zu tun. Sie brauchen übrigens nicht einmal den ganzen Koran zu lesen. Es reicht, wenn Sie Mohammeds letzten Predigt lesen und sich die kurze Sure anschauen, in der es heißt:“Eure Religion euch, meine Religion  mir: Lekum dinikum weliye din.“ – Mahire Krüger


Leserbrief zu „Uns fehlt das dritte Kind“ ein Gespräch mit Martin Bujard geführt von  Elisabeth Niejahr

Meines Erachtens hat der Bevölkerungsforscher Martin Bujard einen wichtigen Aspekt völlig außer Acht gelassen: Kinder sind ein Kostenfaktor. Lt. statistischem Bundesamt (Konsumausgaben von Familien für Kinder, 2014) betragen diese durchschnittlich zwischen 130.000 bis deutlich über 230.000 EURO (bei Studium). – Holger Gundlach


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

Ich bekenne auf tiefstem Herzen: ICH BIN BELEIDIGT. Seit 50 Jahren beleidigt, als ich in ein damaliges Fürsorgeheim eingewiesen wurde. Zwangsweise, gegen meinen Willen. Ab diesem Tag sollte in meinem Leben nichts mehr so sein, wie es bis dahin gewesen war.

Dieses Beleidigt-Sein war die Reaktion auf die Ungeheuerlichkeit dieses Eingriffs in mein kindliches Leben. Dennoch hat es mich niemals davon angehalten, mein kleines, armseligen Leben auch als Erwachsener mehr schlecht als recht zu führen. Obwohl mir niemals ANERKENNUNG zuteil wurde.

Weder für die zahlreichen Schläge, Demütigungen und Übergriffe, den Freiheitsentzug und die Zwangsarbeit, die meiner zarten kindlichen Seele tiefe Wunden zufügten, die auch heute noch wirken. Noch dafür, dass ich – anstatt wie andere Heimkinder – kriminell, drogenabhängig, gewalttätig oder verrückt zu werden, mich in der Folgezeit um anderere Opfer dieser kalten Gesellschaft kümmerte.

Anders als in dem von Herrn Jessen zitierten jüdischen Witz könnte mein DURST sehr wohl mit Wasser gelöscht werden. Etwas zumindest. Bis heute habe ich vergeblich auf eine angemessene Entschädigung oder die Nominierung zum Friedensnobelpreis gewartet. Heimlich und stumm – im stillen Kämmerlein. Immerhin ist es eine nicht unerhebliche Lebensleistung, dass ich meine eigene Opfererfahrungen nicht  wie allgemein üblich an Anderen ausgelassen habe. Darauf bin ich schon ein wenig stolz.

 In den bemerkenswerten Ausführungen Jessens ist mir besonders deutlich geworden, wie unsinnig der Konkurrenzkampf von Personen und Gruppern um die „tauben Ohren“ von Gesellschaft und Markt ist. Die immer stärker entregulierte Gesellschaft benötigt für die GESAMTHEIT ihrer Mitglieder dringend neue, verbindliche Regeln. Zur Wiederherstellung eines Gemeinwesens, das aus allen Fugen geraten ist. Erst in dieser Ordnung können Empfindlichkeitsdebatten wieder auf ein gesundes Maß zurückgeführt werden.

Da wirkliche Veränderungen zuallererst bei einem selbst beginnen, versuche ich ab sofort, von meinem Wunsch nach Anerkennung und Entschädiguzng Abschied zu nehmen. Versprochen! – Wolfgang Leiberg


Leserbrief zu „Wohin fließt das Geld von Apple“ von Mark Schieritz

Wenn die “faire und leistungsgerechte Besteuerung der Konzerne” dazu führen wird, dass dies u.a. Deutschland schaden sollte, ist das kein Mangel dieses Abkommens, sondern nur gerecht und fair – da es dann  ja vorher offensichtlich nicht fair zuging, sondern – um beim Beispiel China zu bleiben – zu Lasten der chinesischen Steuern anders war. – Holger Gundlach


Leserbrief zur Auswahl von Leserbriefen zu Bernd Ulrichs Artikel „Das falsche Pferd“

Wo bleibt das positive?

Herr Vogt versucht deutsche Leitkultur zu definieren, indem er aufzählt, was sie nicht ist. Es sollte bekannt sein, dass es ein schlechtes Licht auf einen Begriff wirft, wenn man diesen nur negativ definieren kann. Herrn Vogt möchte man fragen: wo bleibt das Positive? Falls Herr Vogt nicht wissen sollte, dass diese Frage etwas mit deutscher Leitkultur zu tun hat, dann sei ihm Google empfohlen. Nur schlichte Gemüter können denken, dass es nur schwarz und weiß gibt. Es gibt Umstände, bei denen die Entscheidung, ob sie zur deutschen Leitkultur gehören oder nicht, nicht so einfach zu treffen ist. Gehört z. B. Kafka, bekanntlich ein Prager Jude, zur deutschen Leitkultur? Gehört millionenfacher Mord, begangen im Rassenwahn, zur deutschen Leitkultur? An der letzten Frage ist zu lernen, dass man bei jeder Kultur, auch der deutschen, Aspekte finden kann, die abzulehnen sind. Was sagt das über die Kultur aus? Wenn solche Fragen nicht einfach eindeutig zu entscheiden sind, welche Instanz trifft dann die Entscheidung? Wie kann man sicher sein, das die Entscheidung sachliche und nicht ideologische Gründe hat?

Also Herr Vogt: nur Mut Versuchen Sie es doch einmal positiv! –  Günter Zeyer


Leserbrief zu „Urteile selbst!“ von Abdel-Samad

Es wäre schön, wenn auch von den Heiligen Schriften der Christenheit eine solch offene Kritik in der ZEIT erscheinen dürfte … – Manfred Schleyer


Leserbrief  zu „Die 10 Goldenen Regeln“ von Peter Dausend

Rechts von der Union dürfe es keine Partei geben, habe Franz Josef Strauß gemeint. Dieses Ziel habe er erreicht, indem er den Raum rechts der Union selbst besetzte und „seinen Bayern Laptop und Lederhose verpasste“. Als Metapher kann man über diese These diskutieren. Und: Lederhosen gab es damals tatsächlich schon. Aber der erste Laptop im heutigen Sinne, das Apple Power Book 100, kam 1989 auf den Markt; da war der ‚große Vorsitzende‘ schon ein Jahr tot. – Dr. Uwe Gerrens


Leserbrief zu „Die Macht der Beleidigten“ von Jens Jessen

„Beim Lesen über die Macht der Beleidigten gewinne ich den Eindruck, Jens Jessen spreche von oben herab über diejenigen, „die [nach] Anerkennung [ihres] Leidens“ dürsten? Wir leben alle von der Aufmerksamkeit anderer. Darüber zu lächeln bringt uns nicht weiter. Lassen Sie uns lieber darüber diskutieren, wie möglichst viele dieses Grundbedürfnis befriedigt bekommen. Eine Gesellschaft kann sehr wohl den „Schrei nach Liebe“ erhören. Zum Glück gibt es millionenfach Orte, Strukturen und Beziehungen, wo Aufmerksamkeit, Bindung und Liebe gut gelebt werden, sonst wären viel mehr Menschen krank und unglücklich. Oder wie würden Sie, Herr Jessen, sich fühlen, wenn Ihre Ideen niemand anhören und Ihre Artikel niemand lesen würde?“- Dr. Friederike S. Bornträger


Leserbrief zu „Schluss mit dem Moralisieren“ von Winfried Kretschmann

Die klassische Ehe ist natürlich nicht ohne Mängel, aber jahrtausendealter Konsens und bewährte Struktur. Mit Schwachstellen zwar, aber immer noch das beste Modell auf dem Markt.
Eine schweigende Mehrheit findet diese bewährten Strukturen gut.
Dieselbe Mehrheit tut sich schwer, Homosexualität und andere alternative Lebensformen  zur klassischen Ehe als vollkommen gleichwertig zu empfinden.
Übrigens gab es Homosexualität und andere alternative Formen, die Sexualität auszuleben, immer schon! Dennoch wurden sie über Jahrtausende so gut wie nie als gesellschaftlich anerkannte Lebensform auch nur in Betracht gezogen. Übrigens auch heute noch in großen Teilen dieser Welt.  Hatten diese Epochen alle keine Ahnung? Oder wussten sie noch um Dinge, um die die moderne westliche Gesellschaft nicht mehr weiß?

Seit einiger Zeit darf jeder seine sexuelle Orientierung leben, wie er will. Das muss und will ich akzeptieren! Aber dass eine kleine Minderheit der Gesellschaft eine vollkommen rechtliche Gleichstellung alternativer Lebensformen mit der Ehe nur durch intensive Lobbyarbeit mit nur der Berufung auf den Zeitgeist durchsetzen will, muss ich nicht ohne weiteres hinnehmen!
Heute darf praktiziert werden, was vor 60 Jahren noch unter Strafe stand. Damit finden sich viele Menschen, wenn auch zähneknirschend, ab.

Die modernen Strömungen in unserer Gesellschaft haben das Recht, ihre neuen Lebensformen mit die neugewonnen Freiheiten auszuleben und uns mit einer gewinnenden Ausgestaltung derselben zu beeindrucken.
Aber dass diese erst seit kurzem geduldeten Alternativen, noch dazu ohne ethische oder intellektuelle Fundierung und nur dem Zeitgeist geschuldet, plötzlich völlig gleichberechtigt neben bewährten Lebensformen stehen sollen, kann ich nicht sehen.

Deshalb danke ich Herrn Kretschmann zutiefst für seine ursprüngliche Aussage. Er spricht aus, was viele denken! Und von den entrüsteten Protestierern wünsche ich eine Begründung für ihre grundlose Diskriminierung der alten bewährten Rollenmodelle.
Ein: „Das ist nicht mehr zeitgemäß!“ ist kein Argument. – Andreas Gering


Leserbrief zu „Schluss mit dem Moralisieren“ von Winfried Kretschmann

Mit Interesse habe ich Ihre anregende Diskussion verfolgt, die von Herrn di Lorenzo in der Zeit vom 22. September provoziert wurde. Aufgrund der Debattenkultur, die sich in den letzten Jahren entwickelt hat, ist es mir ein persönliches Anliegen vorauszuschicken, dass ich sowohl die Arbeit, als auch die Lebensleistung der drei Autoren achte und schätze. Das bedeutet nicht, dass ich mit dem von Ihnen Vertretenem überein stimme, dennoch bin ich dankbar für ihren persönlichen Einsatz.

Mit seiner Diagnose, dass die Grünen es seit den achtziger Jahren bis zu einer „kulturellen Hegemonie“ gebracht hätten, auf die nun die AfD reagiert, hat Di Lorenzo offenbar einen wunden Punkt getroffen. Zumindest fühlt sich die Führungsriege der Grünen bemüßigt, ihre Partei und Grundansichten zu verteidigen.

Frau Künast  macht allerdings „grundsätzliche Aspekte“ für den Erfolg der AfD verantwortlich: rechtsextreme Einstellungen scheinen als anthropologische Konstante, mindestens aber seit dem Nationalsozialismus, einfach da, und es war nur eine Frage der Zeit, bis Professoren dieses Gedankengut in eine Form überführten, die zwar als Partei existieren kann, aber grundsätzlich nicht mit einem „demokratischen Land“ kompatibel seien. So scheint es, dass Frau Künast den Kampf der achtundsechziger gegen die Väter und Mütter einfach fortsetzen möchte, aber immerhin weist die ehemalige Bundesministerin ein Antidot gegen rechtsextreme Einstellungen: „Bewegung“!

Differenzierter argumentiert der württembergische Ministerpräsident, der Di Lorenzos Analysen zumindest als „wichtig“ bezeichnet, um die „wachsende Spaltung“ der Gesellschaft zu verstehen. Immerhin sieht Herr Kretschmann, dass sich neben der grünen Hegemonie zugleich blinde Flecken entwickelt haben, in den Ohnmacht, Überforderung und Kontrollverlust empfunden werden, worauf mit dem Ruf nach einem  „neuen autoritären Zeitgeist“ reagiert wird. Leider ist sein eigener Lösungsansatz etwas verwirrend. Mit Hannah Arendt will Kretschmann unbedingt die errungenen Freiheiten und die Liberalität verteidigen und mit Kant hält er am Kern der Moral fest, der darin besteht, dass Handeln – und zwar nach Kant jedes, nicht bloß „kollektives“, wie Kretschmann schreibt –  verallgemeinerbar sein muss. Für diese solle gekämpft werden, während man auf der anderen Seite das Moralisieren sein lassen solle. Doch was soll dieser Seitenhieb gegen das moralisieren, wenn das moralisch Gute doch offenbar so eindeutig benennbar ist?

Jedenfalls gehört zu seinem Kampf für das Gute, neben dem Eintreten für die Freiheiten, auch die Kritik einer übertriebenen Individualisierung und des zunehmenden Egoismus. Und als – zugegebenermaßen vielleicht überflüssiges – Beispiel zeichnet Kretschmann die klassische Ehe zwischen Mann und Frau normativ aus.

Letzteres hat nun wieder heftige Reaktionen innerhalb der Grünen und der Linken hervorgerufen. „Heteronormativität“ werfen ihm junge und alte Linke in seiner Partei vor. Doch dabei ist nicht das Problem, dass Kretschmann sich traut, zu etwas zu stehen, oder im Bezug auf ein konservatives Thema eine bewertende Haltung einzunehmen. Das ist im Grunde genommen sogar erfrischend und diskutabel. Denn das eigentliche Problem der Bewertung ist, dass Kretschmann weder ein Argument vorbringt noch Gründe anführt und so den fahlen Beigeschmack von Anbiederung an die Rechte zurücklässt.

Schließlich macht Kretschmann noch einen konkreten Vorschlag, was die politische Debatte anbelangt: „Wir müssen eine neue Tonlage finden, getragen von Klarheit und Respekt.“ Das in schöne Worte, nur leider bleibt völlig dunkel, wie diese Tonlage gefunden werden kann und was ihre Eigenheiten ausmachen.

Nun scheint mir dieser letzte Vorschlag Kretschmann, ebenso wie die unbegründete Bewertung der Ehe, das eigentliche Problem offen zu legen: was das Entstehen einer neuen Rechten begünstigt hat, ist die Konzentration auf die Form, anstatt auf den Inhalt. Als müsste man zu den Leuten nur in möglichst einfachen Worten sprechen und dabei Verletzungen vermeiden, und schon sei der Protest wie auch die Wut gelöst und verflogen. Und die schlimmste Form der Gleichgültigkeit für den Inhalt ist der Versuch die Mehrheitsmeinung zu erraten und ihr zu entsprechen! Während Künast also im Grunde genommen auf der Reflexebene bleibt und ihren eigenen, ewigen Kampf weiter kämpft, ist Kretschmann perfide: Anstatt einen Diskurs anzubieten und moralische Haltung zu beweisen sollen wir an der Nase herum geführt werden. Aber ist nicht ein großer Teil der aktuellen Politikverdrossenheit der Tatsache geschuldet, dass stets das Gefühl zurückbleibt, bloß mit auf den Wählerwillen und mediale Stichworte abgestimmte „Statements“ abgespeist zu werden? Das einzige was dagegen hilft, ist ein sich einlassen auf Argumente, genaues Lesen, Zuhören und für etwas einstehen, unabhängig davon, wie populär es ist.

Gehen wir also zurück zu Di Lorenzo. Sind die Grünen die Ursache für das erstarken der AfD? Ebenso sehr, wie alle anderen Parteien, Medienmechanismen und der ständige Versuch, die Menschen nicht intellektuell sondern emotional anzusprechen. Vor allen Dingen letzteres scheint wichtig, denn es verhält sich wie bei einem Kartentrick: ist der Trick durchschaut, wirkt er nicht mehr. Muss man aber daraus gleich einen „Menschheitsreflex“ machen, als wäre die „Abwehr des Fremden“ unumgänglich? Im Grunde genommen besteht die Lorenzo mit diesen Phrasen ein, dass letztlich nicht die Grünen sind, die die AfD verschulden. Doch dann ist auch der Anstoß zu der Debatte nicht mehr, als ein herum tappen im Dunkeln auf der Suche nach dem Mechanismus, der die neuen Rechten hervorgebracht hat.

Aber könnten die Grünen nicht mehr tun gegen den Rechtsruck? Ich denke schon, denn in der Tat sind sie Menschheitsthemen verpflichtet und vertreten moralisch Unumgängliches – was ja auch ihren Erfolg ausmacht. Und ein guter Anfang wäre, intellektuelle Debatten zu führen – und zwar nicht dann, wenn man sich selbst attackiert oder ins falsche Licht gerückt fühlt, also nicht dann, wenn es letztlich nur um einen selbst geht. Schön wäre es daher, würden sich die Stimmen von Frau Künast und Herrn Kretschmann dann erheben, wenn die wirklich wichtigen Themen aktuell, sind und eine solche Debatte in der ZEIT führen. Welche Themen? Nun ja, Ausbeutung von ärmeren Ländern, schlechte Bedingungen von Arbeiterinnen in Deutschland, die Schwierigkeiten sein eigenes Leben noch als sinnvoll in dieser Gesellschaft zu bewerten… Das wäre ein Anfang. Es gäbe also genug zu debattieren, aber die Bedingung dafür ist, dass gründlich nachgedacht wird. –  Gustav Melichar


Leserbrief zu „Unter ihrer Würde“ von Björn Stephan

Ich schätze die ZEIT für ihren unabhängigen und meist gut recherchierten Journalismus. Untypisch hanebüchen war aber leider der Artikel „Unter ihrer Würde“ (42/16). Dort wird behauptet, dass eine Frau die 41 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt habe, kaum von ihrer Rente leben könne.

Die Nettoeinkünfte der Frau betragen laut Artikel  1.036,22 Euro (zum Vergleich BAföG-Höchstsatz: 735 Euro). Nach Abzug von Miete (560 Euro warm in Eimsbüttel), Wasser (8 Euro laut Bericht), Strom, Telefon, GEZ

(17,50 Euro), Krankenversicherung (offenbar freiwillig zusätzlich zur

Pflichtversicherung) und der Haftpflichtversicherung seien bei Frau Quenstedt davon nur 175 Euro zum Leben übrig. Diese Rechnung erscheint mir mit Verlaub reichlich unplausibel.Selbst wenn man für Strom, Telefon und Haftpflicht zusammen großzügig 80 Euro ansetzt, blieben noch 370,72 Euro übrig. Wieso Frau Quenstedt hiervon rund 200 Euro monatlich anscheinend für eine freiwillige private Zusatz-Krankenversicherung ausgibt ist nebulös. Rührselige Aussagen, wie sie könne sich den Mittagstisch für 3,60 Euro nicht leisten, sind jedenfalls in keinster Weise nachvollziehbar.

 Ärgerlich ist dass mit solchen Artikeln jenen politischen Kräften Vorschub geleistet wird, die eine weitere Verschärfung der bereits stattfindenden Ausplünderung der Jungen durch die Alten fordern. Also etwa SPD-Politikern die ernsthaft über Rentenerhöhung reden statt über eine notwendige Verlängerung der Lebensarbeitszeit und Beitragssenkung.

Genau das wäre aber angesichts einer Rentnergeneration, der es heute wirtschaftlich erheblich besser geht als jemals zuvor ein sinnvoller Schritt. Die heutigen Beitragszahler zahlen bereits jetzt erheblich mehr in die Rentenkasse ein, als frühere Generationen und werden doch erheblich weniger bekommen. Das Nettoeinkommen der 24-29jährigen ist trotz wirtschaftlichen Boomjahren in den letzten Jahren gesunken.

Interessanter vielleicht aber eine andere Zahl: Das Durchschnittsalter der Bundestagsabgeordneten liegt derzeit bei fast 53 Jahren. Insofern ist es wohl kein Wunder, dass noch immer Politik zu Lasten der jungen Menschen gemacht wird. Es wird Zeit, dass sich die junge Generation politisch organisiert und dagegen mobil macht. – Martin Lochner