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30. Mai 2018 – Ausgabe 23

 

Leserbrief zu „Leidende aller Linken, vereinigt euch“ von Robert Pausch

Die historischen Gräben zwischen der reformatorisch gesonnenen deutschen Sozialdemokratie und der immer noch eher revolutionär gesonnenen DIE LINKE sind viel zu tief, als daß es einen Sinn macht, von einer gemeinsamen neuen deutschen Linken zu träumen.  Da hilft auch nicht das schöne Bild, es gälte, ein Gefäß (die neue linke Sammlungsbewegung) mit dem richtigen Inhalt zu füllen. In der Wirtschaftspolitik sowie in Außen und Sicherheitsfragen liegen Welten zwischen  der SPD und der LINKEN. Es ist vielleicht gar nicht so, daß Sarah Wagenknecht nun  wirklich „eisige Ablehnung “ entgegen schlägt. Nein: die Schnittflächen – politisch – sind einfach viel zu klein oder gar nicht vorhanden. Die Linke steht einfach nicht  auf dem Boden der Marktwirtschaft. Sarah Wagenknecht mag dies persönlich, weil sie volkswirtschaftlich  und betriebswirtschaftlich ausgebildet ist,  etwas anders sehen, aber die gesamte LINKE träumt immer noch von einer sozialistischen Wirtschaft. Im Übrigen hängt nun einmal der heutigen LINKEN der Stallgeruch der DDR an. Daran kann man nichts ändern  !! – Sigurd Schmidt


Leserbrief zu „Seine Experimente sollten helfen, Parkinson und Demenz zu heilen“ von Moritz Aisslinger

Es ist eine fatale Eigenschaft der Menschen, auch die schlimmsten Verbrechen zu rechtfertigen, wenn diese ihnen, ihrer Familie, ihrem Volk, ihrer Spezies Nutzen bringen. Frau Albright rechtfertigte im Interview die Boykottmaßnahmen, die den Tod von 500.000 Kindern zur Folge hatten, die Sklavenhändler und Sklavenhalter wähnten sich im Recht, Besatzungsmitglieder der Enola Gay verteidigten vor der Kamera den Abwurf der Atombombe. Der grausame Umgang mit den Tieren wird durch die Gesetze unseres Parlamentes gedeckt. Es wird höchste Zeit, zu erforschen, welche Stelle im menschlichen Gehirn die Ursache dafür ist, dass Menschen zu solch perversen Grausamkeiten fähig sind, während andere Menschen furchtbar darunter leiden, dass das geschieht. Ein Drähtchen für Moritz Aisslinger und seine Brüder im Geiste und das Bundesverdienstkreuz für den Tierschützer P. und seine Freunde. Das wäre mein Wunsch zur Verteidigung der gequälten Tiere. – Klaus Lachetta


Leserbrief zu „Eins mit Sternchen“ von Ronald Düker

Ich weiß, dass ich hier einen politisch und historisch absolut unpassenden Anklang bringe. Aber Ihr Artikel regt dazu an. Die Zeichen wie Sternchen sollen Menschen Aufmerksamkeit und Gerechtigkeit bringen, und deutlich machen, dass es mehr Schöpfungsvarinten gibt alsMann und Frau. Dass dies so ist bestreitet heute niemand mehr und der grundgesetzliche Anspruch der Gleichheit an Recht und Würde aller Menschen ist heute in der Bundesrepublik weitgehend durchgesetzt und erfüllt. Etwas Anderes ist die gefühlte Anerkennung in unserer Gesellschaft, als eine jeweilige Minderheit in Würde und Recht gleich zu sein. Und sicher bedarf es hier auch immmer noch der Anstrengungen und immer wieder das Setzen von Zeichen. Hier allerdings kann die jetzige Auseinandersetzung und Diskussion um Sternchen, Unterstrich, usw.auch kontraproduktiv sein,ja auch zur Ausgrenzung beitragen statt zur Integration. In der deutschen Geschichte haben wir dazu das schrecklichste Beispiel. Normalität des Miteinanders unterschiedlicher Menschen erreicht man nicht durch öffentliche Kennzeichnungen, sondern nur in Offenheit füreinander und im gelebten Miteinander und nicht durch eine künstliche Sprache. – Klaus Stolze


Leserbrief zu „Warum müssen sich alle immer anpassen“ von Sophia Bogner

Ich habe mich selten über einen Artikel in der ZEIT so gefreut wie über Ihren. Alles, was Sei schreiben ist wahr und richtig und wohltuend pragmatisch und unaufgeregt und deshalb gehört dieser Artikel unbedingt auf die Titelseite! Ich denke jeder hat schon erlebt, dass er sich nicht integrieren konnte weil andere es verhinderten oder man selbst es nicht wollte oder obwohl man selber es wollte. Ich bin innerhalb Deutschlands oft umgezogen und habe mich eigentlich nie wirklich integrieren können. Mein Umfeld war daran nicht interessiert. Ich habe das als sehr befremdlich erlebt. Ich habe dann genau das gemacht, was Ihr Onkel machte. Ich suchte mir die Gruppen und Orte aus, wo ich auf ähnlich Gesinnte stieß und habe dort Kontakte aufgebaut und gepflegt und habe damit zufrieden gelebt. Und so habe ich es überall gemacht, denn überall stieß ich auf eingeschworene Gemeinschaften, die selten daran interessiert waren jemand Neues aufzunehmen, es sei denn er passte genau ins Schema. Ich habe also immer mehr oder weniger in von mir ausgesuchten Parallelgesellschaften gelebt. Daran hat niemals jemand Kritik geübt oder kam an und sagte, integriere dich gefälligst! Ich hätte mir das auch als Einmischung und Grenzüberschreitung verbeten. Ich habe mir das aber eigentlich immer anders gewünscht. Ich habe mir gewünscht, willkommen zu sein und auf Interesse zu stoßen. Das hat es so gut wie nie gegeben. Ich wünsche mir sehr, dass Ihr Artikel auf breite Zustimmung stößt und dass er dazu beiträgt, zu zeigen, dass es möglich ist die ganze Integrationsdebatte aus einer anderen Perspektive wie z.B. der Ihren zu betrachten und dass wir  alle ein bisschen pragmatischer und entspannter damit umgehen sollten. Ich fände das wohltuend! – Elisabeth Dietz


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Erst einmal danke für die ausführliche Gegenüberstellung von Pro und Contra. Ich möchte mich der Meinung von Ulrich Greiner anschließen – Eleganz und Sprachfluss unserer Kommunikation hat einen gewissen Daseinszweck, den man nicht leichtfertig beiseitewedeln sollte, nur um alle Geschlechter immer explizit mit einzubeziehen. Die Gleichberechtigung muss in den Köpfen entstehen, nicht (nur) in der Sprache – ein guter Schritt in die richtige Richtung wäre es, Berufsbezeichnungen einfach grundsätzlich für beide Geschlechter anzuwenden, so wie es im Russischen gebräuchlich ist: „Sie ist Ingenieur.“ Das macht es nicht nur einfacher, sondern vermeidet auch den Eindruck, Ingenieur*innen seien etwas anderes als Ingenieure. Häufig wecken die weiblichen Berufsbezeichnungen andere Assoziationen, als die männlichen. Ich möchte als Ingenieur wahrgenommen und bezahlt werden, nicht als etwas, was so ähnlich wie ein Ingenieur ist. Meiner Meinung nach wäre es also eher ein Schritt in Richtung Gleichberechtigung, wenn man offensiv die sprachlich maskulinen Bezeichnungen für biologisch alle Geschlechter geltend machen würde. Da beide Autoren so gerne mit Witzen argumentieren, hätte ich auch noch einen. Ein Vater gerät mit seinem Sohn in einen Verkehrsunfall. Im Krankenhaus angekommen sagt der Chefarzt: „Ich kann den Jungen nicht operieren, das ist mein Sohn“. Was an einem Verkehrsunfall amüsant sein soll, sei mal dahingestellt, aber die Pointe verschwände natürlich genau in dem Moment, indem der Beruf „Chefarzt“ vom Geschlecht des ihn Ausübenden unabhängig wahrgenommen werden würde. Dafür muss sich aber etwas an der Einstellungs- und Beförderungspraxis und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei Frauen UND MÄNNERN etwas ändern, nicht an der Sprache. Zu guter Letzt möchte ich Marie Schmidt widersprechen, dass „es jeder machen könne, wie er/sie es für richtig halte“. Erstens sind wir in einer Situation, wo vom Gendern der eigenen Sprache direkt auf die gesellschaftlich-politische Gesinnung geschlossen wird – ich bin mir nicht sicher, dass diese Art von Schubladendenken wünschenswert ist. Zweitens ist gerade diese Wahlfreiheit nicht mehr gewährleistet, wenn man für egal welche Wahl öffentlich zur Rechenschaft gezogen wird, gerade wegen des oben genannten Schubladendenkens. – Cornelia Hintze


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Ein Aspekt in der Diskussion um gendergerechte Sprache hat mich zunehemnd verwirrt. Da sind so männliche Kleidungsstücke wie die Unterhose, die Socke oder die Krawatte eindeutig weiblich, während ureigen weibliche Teile der Garderobe wie der BH, der Slip, der Schlüpfer, der Tanga, der Straps männlich sind. Das wäre doch mal ein emanzipatorisch lohnendes Projekt für die genderbewussten, Sprachwissenschaft Treibenden, vor allem die wohl Alimentierten im akademischen Elfenbeinturm. Also mal forsch an die Wäsche! – Bernd Guth


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Sprachgebrauch erzwingen zu wollen ist totalitär! Sprache wandelt sich im gesellschaftlichen Alltag, manches findet dauerhaft Eingang und Akzeptanz, anderes verschwindet wieder. Voraussetzung bleibt für unser wichtigstes Kommunikationsmittel immer: Sie muss schreib-, lese- und sprechbar bleiben! Die unsäglichen akademischen Kopfgeburten einiger Gender Professor/i/nn/en (!) tragen nicht zur Gleichberechtigung von Frauen oder gar von Minderheiten bei. Da gäbe es dringlichere Themen. Zudem geht diese „Correctnes-Wahn-Saat“ genau dort auf (AfD etc.), wo wir alle es im Interesse des gesellschaftlichen Zusammenhaltes  nicht wollen sollten! Zum polemischen Schluß: Wie halten wir es mit „der Mensch“? Sollten wir ändern in „die Mensch“ oder gar „das Mensch“, was ja wohl wegen negativer Konnotation gar nicht geht. Also, welches Genus hat jetzt „Mensch“, mensch? – Peter Schiel


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Bei dem Beispiel von Marie Schmidt erkennt man tatsächlich nicht, ob von Männern oder Frauen die Rede ist. Na, und?! Wozu sollte man das auch wissen wollen? Man weiß ebensowenig, ob es um Schwarze oder Weiße, Muslime, Christen oder Atheisten geht, man erfährt nichts über die Staatsangehörigkeit, das Alter oder die Intelligenz der Personen. Und das ist auch gut so, denn alles andere wäre im wahrsten Wortsinn Diskriminierung, nämlich „Unterscheidung“. Man braucht keine 25 verschiedenen Wörter für Schnee, wo es nicht mehr schneit. – Margot Neuser


Leserbrief zu „Die Rückkehr der Menschenfeindlichkeit“ von Harald Welzel

Einseitiger und ideologieblinder als in diesem Artikel kann man das deutsche Dilemma wohl kaum noch formulieren. Offenbar darf der Menschenfreund ein ziemlich grober Menschenfeind gegenüber Kritikern sein und muss auch die eigentlichen Anliegen der anderen nicht zur Kenntnis nehmen, da es sich ja samt und sonders um Nazis handelt, wenn sie eine andere Ansicht haben. Fakten muss man in dem Zusammenhang auch nur dann zur Kenntnis nehmen, wenn sie einem genehm sind; die nicht genehmen Fakten sind eben alternativ und müssen bis zum St.Nimmerleinstag empirisch untersucht werden, auch wenn sie sich immer wieder bestätigen. Selbst bei denjenigen, die 2015 ff bislang als „alternativlos“ bezeichnet haben, setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass nicht alles so rund läuft, was die Hoffnung erweckt, dass sich in den nächsten Jahren die gespaltene Gesellschaft wieder etwas zusammenfindet. Daher ist es mir unverständlich, dass ausgerechnet die ZEIT so einen Salafisten der selbstdefinierten Menschlichkeit in dieser Ausführlichkeit zu Wort kommen lässt. – Gilbert Brands


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Herr Greiner hat völlig recht: Die Vertreter und Vertreterinnen des Gender-Neusprech (mit ihren unsäglichen großen I’s, Sternchen usw.) wollen nicht einsehen, dass das grammatische Geschlecht nicht dasselbe ist wie das natürliche. „Die Personen“ ist ein weiblicher Plural – Männer sind mitgemeint und noch nie hat sich einer durch dieses Wort diskriminiert gefühlt. Ebenso Millionen „Mädchen“, die trotz des sächlichen Substantivs nicht um ihre Weiblichkeit besorgt sind. Sollen wir Leser wirklich „Lesende der ZEIT“ werden? Geht gar nicht. Das Partizip sagt aus, dass man „in diesem Moment“ etwas tut. „Leser“ verhält sich zu „Lesender“ wie „Trinker“ zu „Trinkender“ und „Student“ zu „Studierender“. Das lateinische „studens“ war männlich und weiblich zugleich. Es ist erschreckend, dass Hunderttausende von Euros ausgegeben wurden, um die „Studentenwerke“ in „Studierendenwerke“ umzubenennen. Inkonsequenterweise und zum Glück darf man noch sagen, Münster (z.B.) sei eine „Studentenstadt“, und „Studentenfutter“ essen. Gibt es demnächst „BürgerInnensteige“ und „ZitronenfalterInnen?“ Ich habe Briefe bekommen, in denen sogar sächliche Substantive absurd „gegendert“ wurden: „Liebe Mitglieder und Mitgliederinnen!“ Merkwürdig, dass es niemals heißt: „Mörder und Mörderinnen“ oder „Schleuser und Schleuserinnen“ – Frauen können offenbar nicht böse sein! Die Auswüchse des schon fast sprachpolizeilichen Wahns kann man vielleicht nur noch satirisch bekämpfen: „Altweibersommer“ ist diskriminierend und frauenfeindlich. Man sollte besser sagen: „Femininer Naturzustand ohne Menstruationshintergrund.“ – Manfred Lauffs


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Die Argumentation von Marie Schmidt ist elegant und überzeugend. Um auch den Befürwortern der „neutralen“ männlichen Schreibweise gerecht zu werden, für die Ulrich Greiner eintritt, bietet sich folgende einfache Übergangslösung an: Lasst uns ab 2019 für die nächsten 100 Jahre probeweise überall das generische Femininum verwenden. Dann wären gesamtgesellschaftlich insgesamt wesentlich mehr Personengruppen zufrieden gestellt. Denn die Fürsprecher des generischen Maskulinum argumentieren stets damit, dass es überhaupt nicht auf das grammatische Geschlecht ankomme und die Verwendung der männlichen Form keinerlei reale Auswirkungen habe. Ob dem tatsächlich so ist, liesse sich im Rahmen eines Zwischenstands in der ZEIT Nr. 20 im Jahr 2068 resümieren. Diese Schreibweise bezieht sich nicht nur auf das weibliche Geschlecht und meint ab dem 1.1.2019 auch alle männlichen Personen. – Leena Crasemann


Leserbrief zu „Seine Experimente sollten helfen, Parkinson und Demenz zu heilen“ von Moritz Aisslinger

Es ist bemerkenswert, dass sich DIE ZEIT für den Abdruck einer Meinung entschieden hat, die unter dem Nimbus der Wissenschaftlichkeit Methoden rechtfertigt, welche die Objektivierung des lebendigen Wesens systematisieren. Dass der/die betreffenden Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in ihrem Stolz gekränkt sind, ist verständlich. Der massive öffentliche Gegendruck könnte für diese aber auch Anlass zur Reflektion ihrer Methoden sein – ohne der Gesellschaft kollektives Unverständnis, ja geradezu Dummheit zu unterstellen. Letztlich ist es genau diese Gesellschaft, die Forschung (insbesondere Grundlagenforschung) finanziert und das Hauptargument im Artikel um die Methoden zu verteidigen ist der potenzielle gesellschaftliche Nutzen. Tatsächlich sind in der Gesellschaft (zu der Patientinnen und Patienten nun einmal zählen) aber starke Tendenzen und Sehnsüchte hin zu einer ganzheitlichen Medizin zu beobachten, auch einer sprechenden Medizin, die sich nicht in der mechanischen Symptombekämpfung objektivierter Einzelteile (Organe) erschöpft. Diesem Bedürfnis nach ursächlicher Behandlung kann eine Medizin, die ihre Erkenntnisse durch eine gegenständlich-biologische Perspektive auf die lebenden Forschungssubjekte erlangt, nicht gerecht werden. Aus dieser und aus biologischer Sicht sind viele Tierversuche auf die Menschenheilung kaum anwendbar. Gerade so, wie ein Mensch nicht Fahrradfahren lernen kann indem er die technischen Zusammenhänge zwischen Pedalen, Fahrradkette und Rädern versteht – man muss sich aufs Fahrrad setzen und lernen das Gleichgewicht zu finden und die Balance zu halten. Für die Medizin hieße das, dass man sich dem kranken Menschen zuwenden muss, ohne diesen auf seine Krankheit zu reduzieren, gar mit gezücktem Skalpell und Rezeptblock im Anschlag.  Darin sollte Grundlagenforschung betrieben werden: in einem ursachengerechten, menschenwürdigen Umgang mit dem Patienten in seiner Gesamtheit, als biologisches, soziales und geistiges Wesen. Auch wenn diese Forschung den entmenschlichten Wissensdrang  mancher unterfordert oder die Ergebnisse nicht an Medizintechnik-Unternehmen und Pharmafirmen verkauft werden können. Heilung kann man nicht durch die systematische konzeptionelle und tätliche Zerstückelung eines lebendigen Wesens lernen. Und Heilung sollte unser Anspruch sein, gerade in der Grundlagenforschung. – Dr. phil. M. Culka


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Ich bin für „JA!“. Für mich ist eine übertrieben „gendergerechte“ Ausdrucksweise eine Zumutung. Sie trägt meines Erachtens nicht dazu, einen Text schneller und ohne Missverständnisse zu verstehen. Das hängt möglicherweise damit zusammen, dass ich zur Generation der Großväter gehöre: Ich bin Vielleser seit seit mehr als 70 Jahren. Ein Kriterium für einen guten Text ist für mich, dass er flüssig zu lesen ist. Wenn ich nicht sofort entscheiden kann, was der Schreiber meint, dann ist das ein Manko. In jüngster Zeit habe ich  einige Bücher aussortiert, weil z.B. außer dem Satzanfang alle Wörter kleingeschrieben waren oder die „persönlichen Reden“ nicht eindeutig durch Anführungszeichen gekennzeichnet waren – selbst wenn diese Werke irgendwelche Literaturpreise erhalten hatten. „Die Probe der Güte ist es, dass der Leser nicht zurückzulesen hat“ ist ein Wort von Jean Paul. Es ist selbstverständlich möglich, sich als Autor so auszudrücken, dass der Leser ohne Umwege erkennt, dass es sich bei den handelnden Personen um Frauen, Männer oder eine gemischte Gruppe handelt. „Frau Professor“ ist für mich eine eindeutige Ansprache und keine die weiblichen Gelehrten diskriminierende Form; „Professorin“ als Kennzeichnung halte ich ebenfalls für zutreffend. „Die Frau Professor-in“ ist doppelt gemoppelt. „Frau Doktor“ ist ja auch die selbstverständliche Ansprache für promovierte Damen; auf die „Frau Doktor-in“ ist offensichtlich noch niemand gekommen. – Harald Schulz


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Frau M. Schmidt  muss man zustimmen, wenn Sie am Schluss sagt: “ Reisende in Sachen Gender-Sprache sollte man nicht aufhalten“. Ich füge hinzu:  auf ihrem Weg ins sprachliche und sprachästhetische Abseits. Die Professor*innen und Professx werden keine sprachprägende Wirkung entfalten, die Entwicklung der deutschen Sprache in ihrem Sinne zu beeinflussen. Der gesunde Sprach- und Menschenverstand des Volkes ist stärker, das Beharrungsvermögen größer.  Die geschlechtergerechte Sprache ist eine Illusion, ihre Verfechter*innen sind Ideolog*innen vom Schlage der jakobinischen Heilsbringer im Wohlfahrtsausschuss der Jahre 1793/94. – Stefan Kaisers


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Da wir viel mehr sprechen als schreiben und das Sprechen im Kontext klar ist, gibt es dabei kaum Probleme. Bei offiziellen Reden kann man die politisch korrekte Doppelform,  etwa „Schülerinnen und Schüler“,  beim ersten Mal verwenden, doch diese immer zu wiederholen ist störend und überflüssig, weil es meistens gar nicht um unterschiedliches Verhalten der Geschlechter geht. Beim Schreiben wussten sich schon die Römer zu helfen. In den Digesten (ca. 500 n. Chr.) heißt es in deutscher Übersetzung: „Der Ausdruck ‘Wenn einer‘ umfasst sowohl Männer wie Frauen.“ Meine Variante hierzu lautet: „Alle Personenbezeichnungen in diesem Buch/Text umfassen Frauen und Männer.“ Wem es wichtig ist, ergänze „und Sonstige“. Im Übrigen eignen sich Pluralformen besser, da der bestimmte Artikel stets „die“ ist. Zum Glück hat sich noch niemand darüber aufgeregt, dass „die“, weil Singular feminin und Plural, häufiger vorkommt als „der“. Ich bin Schriftstellern und Journalisten ausgesprochen dankbar, dass sie in puncto geschlechtergerechtes Schreiben zurückhaltend sind. Wer gut schreibt, achtet die Sprache. Das würde ich mir auch vom akademischen Milieu wünschen, vom politischen gar nicht zu reden. Der verbissene Streit um Binnen-I oder Gendersternchen trägt nichts bei zur notwendigen Verbesserung der Situation der Frau hinsichtlich Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Bezahlung oder Machtmissbrauch durch Männer (Stichwort: Me-Too). Im Gegenteil, er lenkt davon ab. – Werner Keym


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Haben sich die Sprachtüftler einmal gefragt, wie die Debatte um gendergerechte Sprache auf Leute wirken muss, die von hohen Mieten bedrängt werden, in prekären oder befristeten Arbeitsverhältnissen tätig sind, deren Zukunftsvision lebenslange materielle Dürftigkeit ist und deren literarische Praxis sich mit Preisvergleichen in Discounter-Reklamen erschöpft. Denen geht das Ganze am .….. Wie aber werden Teile des Mittelstands reagieren ? Sie könnten sich bedrängt fühlen von jenen Sprachideologen, die sie, starrsinnig wie SED-Funktionäre einer politischen Kopfwäsche unterziehen wollen, wie sie in Komintern-Schulen üblich war. Nennenswerte Wählerpopulationen könnten sich die Frage stellen, ob sie nicht vor der Einführung von „Kritik und Selbstkritik“ doch die AfD wählen sollten. Die Bildungsnahen werden von Aktivisten nach Art der Frau Schmidt vor den Kopf gestoßen, weil Leute, die sich mit Literatur befassen, sich fragen, ob die Bastler an der Deutsche Sprache jemals Thomas Mann gelesen haben? Wenn ja, wie können sie dann eine Ungenauigkeit der deutschen Sprache behaupten ? Ungenau sind bestenfalls schlechte Redner, ahnungslose Zuhörer und Autoren die Bücher schreiben wie man früher Kuchen gebacken hat. Die deutsche Sprache galt bisher als besonders geeignet, Sachverhalte genau abzubilden. – Dr. Frank-Peter Hübner


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Darf ich fragen in welchem Elfenbeinturm Sie leben? Ihr JA und NEIN zum o. a. Thema hat mich mehr als irritiert, wegen der unglaublichen Ignoranz von Ihnen beiden. Ich habe mit Blick auf die aktuellen Aufgaben und Probleme in unserer Gesellschaft nur eine Bitte an Sie beide: Versuchen Sie doch mal Verständnis für Inhalt und Notwendigkeit Ihres Themas zu werben bei Herrn Jürgen S, (DIE ZEIT Nr. 23-2018: „Warum hat sich Jürgen S. von dieser Gesellschaft verabschiedet?“), oder bei Herrn Helge Liebling (DIE ZEIT Nr. 23-2018: „Verblüffen, verstören, verwöhnen“) oder bei den ehrenamtlichen und hauptberuflichen Rettungskräften von Rotem Kreuz, Feuerwehr, Polizei und anderen Hilfsorganisationen, die sich in der Ausübung ihrer Hilfeleistungen bedrohen, angreifen, verletzen und beleidigen lassen müssen, versuchen Sie es bei denen, die laut DIE ZEIT unter dem Lehrermangel leiden, der wohl die Ursache ist dafür, dass 22,1% aller Viertklässler nicht richtig schreiben und 10,8% der Viertklässler Grundkompetenzen im Zuhören nicht erfüllen können (DIE ZEIT Nr. 23-2018: „Plötzlich ist der Wurm drin“). Unter nicht-richtig-schreiben-können sind sicher nicht die Inhalte Ihres überflüssigen Themas gemeint. Ich bin sehr sicher: Sie werden es nicht schaffen! Versuchen Sie es und berichten Sie, ich meine es ernst! Vor diesem Hintergrund wird sich jeder vernünftige Mensch fragen was das soll. Viele werden sich abwenden ob der Sinnlosigkeit Ihres Themas. Es leistet Beitrag zu weiterer Spaltung der Gesellschaft, leistet Vorschub für das Gedankengut von Populisten und schlimmeren Gesinnungen, die sich ausbreiten können, auch weil es den Menschen zunehmend an Urteilsfähigkeit fehlt, siehe Lehrermangel. 200 Professuren gibt´s zum Thema. Überraschung. Nicht alles wird sinnlos sein. Der Aufwand für Ihr Thema schon! – Michael Pëus


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Schade, dass in keinem dieser Texte bemerkt wird, dass das Geschlecht eines Menschen so gut wie nie eine erwähnenswerte Information ist oder sein sollte, außer bei bestimmten Themen (z.B. Sexualität, Gesundheit, Diskriminierung…). Man stelle sich verschiedene Pronomen je nach Hautfarbe vor… das wäre für die meisten zum Glück undenkbar. Bereits als Kind fand ich es grotesk und nahezu unanständig, dass mit jedem Pronomen „er“ oder „sie“ bei einem Menschen etwas darüber ausgesagt wird, was sich zwischen dessen Beinen befindet – das sollte doch fast niemanden etwas angehen, fand ich. Für mich wäre also die einzige Möglichkeit, diskriminierungsfrei zu sprechen, die, die Sprache nicht (mehr) zu gendern. Die Möglichkeit, die nur auf einem langen, steinigen Weg zu erreichen wäre, wäre das generische Maskulinum – erst wenn in der Zukunft einmal wirkliche Gleichstellung, auch in den Köpfen, erreicht ist, werden alle Menschen gleichermaßen damit gemeint sein (wie im Englischen, wo es einen nichts angeht, welches Geschlecht ein neighbour, friend oder teacher hat) und die Etymologie der Endung „-er“ in Verbindung mit dem Pronomen „der“ wird uns an die hoffentlich dann überwundene Geschichte der Diskriminierung nach Geschlecht erinnern. Daher sehe ich die Möglichkeit, sich an das Pronomen „das“ zu gewöhnen (das Professor, das Arzt, das Lehrer) als schnellere Möglichkeit an – an ein kleines Pronomen gewöhnt man sich bestimmt schneller als vermutet – sehr viele andere Wörter schießen blitzschnell wie Pilze aus dem Boden und integrieren sich ebenso schnell in unsere Sprache. Wer nun meckert, kein „Neutrum“ sein zu wollen, wertet wie Ulrich Greiner im Text („Hat das Schwein es verdient, dass es bloß (sic!) ein Neutrum ist?“) maskulines/feminines Geschlecht höher als andere Möglichkeiten – so etwas Unreflektiertes habe ich in der ZEIT lange nicht mehr gelesen! – Lina Rost


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Aussenseits: So möchte auch ich bitte zukünftig angesprochen werden. Denn mit dem Begriff ‚Mensch*innen‘ und Ähnlichem kann ich mich leider nicht identifizieren. Nicht aus physisch geschlechtlichen Gründen, denn in grammatischen Artikeln ein körperliches Geschlecht zu sehen, wäre mir allzu sexistisch. Nein, von Worten wie ‚Mensch*innen‘ oder ‚Leser*innen‘ fühle ich mich aus sprachlichen Gründen nicht angesprochen – falls ein Signifikant (sprachliches Zeichen) überhaupt jemals ein Signifikat (dinglicher oder abstrakter oder lebendiger Gegenstand) ansprechen konnte und kann. Ich als einer, der täglich zirka sechs Stunden an Kurzgeschichten, Gedichten und einem Roman schreibt, habe da so meine Zweifel – wie der Linguist Anatol Stefanowitsch (S. 41 unten) völlig richtig angemerkt hat. Daher fordere ich – wenn schon Gendern, dann schon – solche geistigen und sprachlichen Aliens wie mich als „Aussenseits“ anzusprechen. DAS Aussenseits, wohlgemerkt. Das hätte den Vorteil, dass sich die Sprecherin/Schreiberin oder der Sprecher/Schreiber dann nach allen Seiten gerecht verhält. Sie dürfen mich – und alle anderen Menschen – auch einfach als „das Human-Biest“ oder kurz: „das Biest“ bezeichnen. Das wiederum hätte den Vorteil, dass es in den westeuropäischen Sprachen bekannt und organisch gewachsen ist (beast, bête, bestia, …). Zudem kurz ist, sich flüssiger als all diese sperrigen Genderkonstruktionen schreiben und lesen lässt, und eine wesentliche Wahrheit über uns aussagt. Und dann auch noch ohne jeden künstlichen Eingriff in diesen lebendigen Organismus Sprache mit dem grammatischen Neutrum daher kommt! Je nach Gemütslage dürfen Sie zu mir auch gerne „Saubiest“ sagen. Das tut mir nichts – ich komme aus Süddeutschland – trägt sogar eher noch dazu bei, dass ich mich dann sauwohl und „echt gemeint“ fühle. Und die lieben Schweinderl fühlen sich davon bei uns zu Hause garantiert nicht angesprochen. Also, auch tier-ethisch alles okay. – Burkhard Schwarzkopf


Leserbrief zu „Es ist zum Weinen“ von Kirsten Boie

Was Kisrten Boie berichtet, stimmt nachdenklich. Ihre Vermutung, dass soziale Medien, Smartphones und ähnliches massiv in das Medien- und Leseverhalten von Kindern eingreifen, verdient Nachdenken. Auch die Verknüpfung von Rezeption fiktionaler Geschichten mit der Entwicklung von Phantasie, mit dem Hervorbringen der eigenen Biographie und sogar mit dem Erwerb der Fähigkeiten zu Empathie und Teilnahme am Gefühlsleben anderer leuchtet ein. Wenn die Autorin dann aber eine Volte schlägt und nur das Lesen für den Erwerb dieses so reichen Gewinns aus Medienteilhabe verantwortlich macht, weil Film nur das Außen handelnder Personen zeige, spricht sie ein ebenso rabiates wie falsches Urteil aus, das alles, was wir über die Prozesse des Verstehens, Empfindens, Einfühlens und moralischen Urteilen auch bei der Rezeption von Filmen wissen, in Abrede stellt. Nichtwissen? Oder Arroganz eines Bildungsbürgertums, das den künstlerischen Reichtum, der der Kultur mit der Entwicklung des Films zugewachsen ist, immer noch leugnet? – Prof. Dr. Hans J. Wulff


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Felix Germania!? Andere führen Krieg, du aber tobst dich lieber aus auf unblutigen Nebenkriegsschauplätzen, allerdings mit solcher Inbrunst, als gelte es, für den/die/das * die Mutter aller Schlachten zu schlagen! Dabei bist du zur Genüge bedrängt von wirklichen Problemen und bedroht von echten Gefahren, für die du jetzt allerdings blind bist in deinem Genderwahn! Hoffentlich wirst du nicht eines Tages von ihnen erdrückt! Dann ist’s eh aus mit den Bürger*innen! – Dr. med. Ulrich Pietsch


Leserbrief zu „Jetzt mal ehrlich, Frau Merkel“

bravo, das ist die beste, informativste und wichtigste Seite, da sind endlich einmal (fast) all die Fragen versammelt, auf die auch ich von Frau Merkel sehr gerne eine ehrliche Antwort bekommen würde. Insbesonders hoffe ich, am kommenden Mitwoch findet sich im Bundestag jemand, der – furchtlos, argumentativ brillant und sachlich vollkommen sattelfest – Angela Merkel auch Frage 13 stellt. Nur die mindestens ebenso berechtigte und naheliegende Frage, wie sehr Angela Merkels stures „Keine Obergrenze“ Donald Trump im Wahlkampf gegen Hillary Clinton geholfen hat, fehlt. Darum frage ich jetzt Sie, sehr geehrter Herr di Lorenzo: Warum? PS: Wesentlich unvollständiger als die Frageliste, ist leider der Artikel von Harald Welzer auf Seite 6. Selbstkritik enthält dieser besorgniserregend hasserfüllt klingende Appell nämlich nicht einmal im Ansatz. Den Stil dieses Schreibens finde ich darum mehr als nur bedauerlich. Ich fürchte fast, wenn das der Ton ist, in dem die offene Gesellschaft verteidigt wird, dann braucht sie keine Feinde mehr. Ich bezweifle jedenfalls sehr, dass „wir“ (da rechne ich jetzt die ZEIT dazu, und auch ihre Leser – ganz dreist also auch mich ) „ziemlich gut… „im routinierten Beobachten, Analysieren und Kommentieren“ sind.  Was mich betrifft, müsste ich an dieser Stelle zum Beispiel gestehen, dass ich bis heute gar nicht wusste, wie kläglich es um das Fragerecht im deutschen Bundestag bestellt ist. Ich nehme an, das wirft genug schlechtes Licht auf mich, um mich als „ziemlich guten Beobachter, Analytiker und Kommentator“ zu disqualifizieren. Oder?Und was Sie betrifft, sehr geehrter Herr di Lorenzo, und die von mir sehr geschätzte Redaktion der ZEIT, erinnere ich aus gegebenem Anlass an das (bezüglich des Geschlechterverhältisses der Flüchtlinge) die Fakten völlig verzerrende Titelbild der ZEIT vom 1. Oktober 2015 – siehe dazu mein damaliger Leserbrief. – Peter Jungwirth


Leserbrief zu „Plötzlich ist der Wurm drin“ von Martin Spiewak

Teacher on demand, Lehrer to go. Lehrermangel: Die Verantwortung von Schulamt, Bezirksregierung, Schulministerium und Kultusministerium fährt Karussell. Leidtragende: Schüler, Lehrer, Schulleitungen und nicht zuletzt das, was wir Bildung nennen. Ja, Herr Spiewak, ja, Frau Boie: Grundrechenarten: Fehlende Kenntnisse in der Addition von Babys (= werdende Schüler), von Flüchtlingskindern und Inklusionskindern, dann Division durch Klassenstärken = ein passabler Anhaltspunkt für den Bedarf an Lehrenden. Bislang noch ungenannte Bauteile des langjährig entwickelten Produkts Miss-Bildung durch Ämter und Behörden: Die Praxis von maximal zehnjährigen Kettenverträgen für Vertretungslehrer (Ersparnis: durchschnittlich 500,00 Euro bei gleicher Arbeit). Das Ganze mit garantiert anschließender Exklusion. Entzug der Lehrerlaubnis. Eine Art Berufsverbot, für erfahrene Lehrkräfte. – Nein, hier helfen auch keine hervorragenden Zeugnisse, keine Anforderung durch eine Schule, kein unterschriftsreifes Vertragsangebot, keine Petition, kein Protest von Kollegium, Eltern und Schülern. – Warum? – Das Schulamt hat das Sagen. Antrag abgelehnt. – Vertretungslehrer hätten nach zehn Jahren Ausbeutung das Anrecht auf einen unbefristeten Vertrag. Die Folge: Arbeitlosigkeit qualifizierter, erfahrener Lehrer. Zerstörung von Existenzen der Preis für Kostenersparnis.* Der neueste Trend der Einsparungen: Frische Lehrer in ihrem ersten Schuljahr werden auf Order der Schulämter während der Sommerferien entlassen. Sie haben damit nicht einmal Anspruch auf Arbeitslosengeld, sondern rutschen, nach Studium und Referendariat, in die Grundversorgung. – Während der Sommerferien liegt die vielgepriesene Bildung aus fiskalischen Gründen halt auf Eis. ** Leerermangel: Ideen wie die, Studenten und Quereinsteiger einzustellen oder der Rückruf von Lehrkräften im Ruhestand zurück an die Schulen – bei Aufhebung der Hinzuverdienstgrenzen-, bekommen in Anbetracht solcher „Fälle“ ein summa cum laude in Absurdität. – Sind Quereinsteiger und Rentner statt ausgebildeter Lehrer wirklich günstiger – oder nur – vermeintlich – billiger? Schulen scheinen nicht anders als Unis ökonomisch und willkürlich dirigiert. Bildung ja, aber sie soll bittschön nichts kosten. Feste Arbeitsverträge, gar Verbeamtung sind eine Rarität. Lehrende on demand, Forschung auf Abruf, ohne Kontinuität, ohne Sicherheit – wie lange geht das gut? Nun, vielleicht solange, bis Lehrer es nach dem Studium vorziehen, Quereinsteiger in der freien, bildungsfernen Wirtschaft zu werden, weil die Arbeitsbedingungen, die Sicherheit, das Gehalt mehr zu bieten haben? – Bis der Analphabetismus final und unumkehrbar die 20 Prozent erreicht? Bis Gärtner und Köche in den Klassen pflanzen und brauen? Bis wir in PISA-mal-Daumen die letzten sind? – Dunkles Munkeln, etwa so: – Ach, was, Anal-phabetismus, Rechtschreibung und Silbentrennung: Ihre Bedeutung restlos überbewertet angesichts Spracherkennungssoftware, die Schreiben entbehrlich machen wird?! Eitle Germanisten, nach bestem Duden und Gewissen eine überflüssige Gattung – Nun ja, dumm nur, dass sich auch das Wissen in anderen Fachgebieten nicht ohne sinnentnehmendes Lesen, nicht ohne sinngebendes Schreiben wird erlangen lassen. Stichwort Fachkräftemangel. – Soziale Gerechtigkeit, Integration und Inklusion beiseite. Das ist ein anderes, unschönes Kapitel wert. – Sonja Röder


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Droht uns die Sprachzensur? Ein Nein zum Nein von Frau Schmidt. Die Argumentation von Marie Schmidt erinnert doch sehr an das große Scheitern der Philosophie des Logischen Konstruktivismus in den 1970er Jahren (Kamlah, Lorenzen, Schwemmer at. al.): Man postuliert ein ewiges Missverstehen als Basis des lobenswerten Bemühens – übersehend, dass, um dem zustimmen zu können, man dieses Postulat erst verstanden haben muss. Man rekurriert also aufs Verstehen, um fürs Missverständnis zu argumentieren. „Man versteht sie (die Sprache) sonst nicht richtig, das Gesagte wird unklar oder schlimmstenfalls falsch.“ Genau da liegt der Fehler. Nein Frau Schmidt, wir alle haben uns in den letzten Jahrhunderten sprachlich keineswegs miss-, sondern sehr gut verstanden. Die Sprache taugt schon so, sie ist nicht das Problem. – Dr. Marius Kliesch


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Wenn ein Mensch etwas sagt, hat er unweigerlich ein Bild dazu im Kopf. Bei dem, der ihm zuhört, entstehen ebenfalls Bilder, doch stimmen sie vermutlich niemals mit denen des „Senders“ überein. Reden beide weiter, werden sie ihre inneren Bilder im Laufe der Unterhaltung unwillkürlich angleichen  – und zwar dort, wo es ihnen wichtig ist. Wenn es in einem Gespräch z.B. auf das Geschlecht von irgendjemand ankommt, wird sich das unweigerlich herausstellen. Anderes wird offen bleiben oder von den Bildern her auseinanderlaufen. Diese Annährung im unterschwelligen Frage- und Antwortspiel hat immer etwas im Wortsinne Erotisches (griech.: erotao – fragen). Es ist die lustvolle (und im Übrigen friedenstiftende) Seite des Sich-Verständigens. Das ist es, was dem Projekt gendergerechte Sprache am meisten vorzuwerfen ist: Es beraubt die Verständigung der ihr innewohnenden Erotik, indem sie penetrant und vorschnell Klarheit in Bezug auf den Sexus schafft. Auf tragische, weil ihren erklärten Absichten entgegenstehende Weise ist sie damit nichts anderes als das Abbild eines sexuell überladenen gesellschaftlichen Kontextes. – Ulrich Pohl


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Die Erkenntnis, daß „Begriffe … offene Ränder (haben)“ stammt von Ludwig Wittgenstein und seit den Anfängen der Philosophie wissen wir um die Welthaltigkeit der Bedeutung unserer Begriffe – etwas banal übersetzt: Kunst ist, was als solche begriffen wird und ein Pferd ist etwas anderes für einen mittelalterlichen Bauern, einen Offizier des 18. Jahrhunderts, einen expressionistischen Maler oder einen modernen Rennstallbesitzer. Was in einem Begriff ausgeschlossen, inbegriffen oder mitgemeint ist, entscheidet sich aber nicht durch akademische Diskussion, sondern durch politisches, gesellschaftliches und auch mutiges individuelles Handeln.  Daß es „Ärztinnen“ gibt, verdanken wir jedenfalls Frauen, die alles daran setzten, „Arzt“ zu werden und nicht jenen, die darüber diskutierten, wie sie sich einmal nennen würden, wenn sie es geschafft hätten. Darum also, danke, Ulrich Greiner, für Ihre Gegenrede! Schade nur, daß es beim ersten rechtschreibreformerischen Angriff von Häßlichkeit auf unsere inzwischen arg gebeutelte deutsche Sprache  kein so fulminantes  Statement gegeben hat, um beispielsweise der „ss-“ und „sss-“Inflationierung und anderen Kapriolen entgegenzutreten. Sollte es vielleicht doch um Männer und Frauen gehen? Dennoch wäre mein Rat an die jungen meines Geschlechts eher: Statt an 200 (!) Lehrstühlen zu „gendern“, studiert lieber mehr Mathematik und Physik, Jura und Medizin oder Geschichte und Politik oder fliegt auch meinetwegen auf den Mars! – Felicitas Englisch


Leserbrief zu „Macrons letzter Versuch“ von Georg Blume

Der Wunsch gutwilliger Europäer,  Macrons Vorstellungen von einer wirtschaftlichen Vertiefung der EU und das Ziel garantierter und dauerhafter finanzpolitischer Seriosität miteinander in Einklang zu bringen, könnte ein schöner Traum bleiben. Dass der gegenwärtige Zustand der europäischen Familienbande nicht in allen EU-Ländern Begeisterung für das  Knüpfen einer engeren Verbindung mit zusätzlichen Verpflichtungen  auslöst, ist nur natürlich. Woher sollte ein entsprechender Reformwille auch kommen ?   Wieviele Europäer mögen sich schon jetzt beim Blick auf die EU wie im Schlaraffenland fühlen ?  Friedlich leben die Völker in Europa zusammen, gedenken in Ehrfurcht ihrer stolzen nationalen Vergangenheit und wahren mit Liebe und Fürsorge die Interessen ihres eigenen Landes.  Frei von äußerem Zwang können sie ihre Träume wahr machen. Zwar gibt es – auch in EURO-Land – vertraglich vereinbarte  Regeln, doch wird deren Beachtung nicht ernsthaft erwartet, geschweige denn durchgesetzt. Dass Verträge einzuhalten seien, ist hier nur noch ein lateinisches Zitat („Pacta sunt servanda“, wie zuletzt noch Franz-Joseph Strauß wusste). Wie dieser Zustand geändert werden könnte, hat noch kein Politiker überzeugend dargelegt. Uneingeschränkt gilt allein das Prinzip der „Solidarität“, dem zufolge jeder für sich bei Bedarf  Hilfe „von oben“ erwarten kann.  Dort in der Höhe thront über Allen der gütige König Mario, der unablässig Geld über Gerechte und Ungerechte hinabregnen lässt. Ovids Goldenes Zeitalter scheint zurückgekehrt, warum also etwas ändern? – Michael Fritzen


Leserbrief zu „Wie es wirklich ist… im Alltag Latein zu sprechen“ von Anna Mayr

In der aktuellen Ausgabe der Zeit ist in der Reihe Wie es wirklich ist ein kleiner Beitrag mit dem Titel “Im Alltag Latein sprechen” erschienen, in dem es um meine Erfahrungen in der Accademia Vivarium Novum geht. Ich freue mich sehr, dass dieses Thema, das mir sehr am Herzen liegt, es in die Zeit geschafft hat. Allerdings haben sich auf dem Weg zwischen den mit mir geführten Interviews und der Veröffentlichung einige Fehler und Ungenauigkeiten eingeschlichen, die ich gern berichtigen würde:
1. Um die Butter bittet man natürlich nicht “data mihi buturum”, sondern eher “da mihi butyrum”. Ob ausgerechnet Seneca Butter gegessen hat, weiß ich nicht, aber zumindest von Plinius dem Älteren wird sie erwähnt.
2. Das Frühstück selbst heißt auf Latein nicht “cerealia”, sondern “ientaculum”. Mit “cerealia” (von der Göttin Ceres) hingegen bezeichnen wir Müsli und ähnliche Lebensmittel auf Getreidebasis, die es natürlich nicht selten zum Frühstück gibt.
3. “Litterae Latinae, monumentum aere perennius” bezieht sich nicht auf “Latein” an sich, wie es in dem Beitrag steht, sondern auf die lateinische Literatur. Die Sprache Latein ist für uns in der Accademia Vivarium Novum nämlich kein Zweck, sondern ein Mittel: Durch sie bekommen wir Zugang zu einer Literatur, die nicht auf die römische Antike beschränkt ist, sondern sich über mehr als zwei Jahrtausende erstreckt. Noch eine Kleinigkeit: Latein zu sprechen ist in der Akademie kein Zwang, denn auch Altgriechisch ist erlaubt. – Lars Wattenberg


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Erstmal: Chapeau!!! Ihr Text spricht mir aus voller Seele. Sie haben das Thema auf den Punkt gebracht. Und das sehr kreativ und so ausführlich, empathisch und „solidarisch“… Ich habe tatsächlich Ihren ersten Abschnitt fünfmal lesen müssen, um ihn verstehen zu wollen. Und habe es tatsächlich nicht geschafft! Und dann erleichternd Ihre Auflösung… Ihr Experiment ist sogar bei mir, die sich schon seit 1987 mit der „Nennung“ des weiblichen Geschlechts beschäftigt und sie auch in meinem Schreiben seitdem immer anwendet, vollkommen gelungen. Ich frage mich, warum  „Männer“ und Redakteure bei Spielen – da je mehr Spielregeln, desto besser- sich nicht an nur  EINE einzige neue Regelung in  der Sprache halten wollen, den Frauen allgemein damit ein kleines Geschenk machen könnten…Dann würde ein ganzes Kartenhaus zusammenfallen? Sind es eigentlich doch nur WORT-Spiele. Warum nicht einfach mit Worten spielen? Scrabble ist da ja eine Anführerin… Auch ein Spiel: Wer schafft die meisten passenden Worte? Der/die gewinnt! Wer auf die Idee käme: der Artikel – die Artikelin, der hätte auf jeden Fall gewonnen. (Scherz!) Gewinnen würde die/derjenige, die/der die meisten „Anwendungen“ nennen könnte.Sehr geehrter Herr Ulrich Greiner, mir hat in Ihrem Artikel auch Einiges gefallen und für mich Neues entdecken gelassen… Die Linguistin Prof. Luise Pusch, die Sie erwähnen, ist mir schon 1987 in dem Seminar „Weibliches Schreiben“, anlehnend an ihr Buch „Deutsch ist eine Männersprache“, an der Universität Freiburg begegnet. Hat sich seitdem viel verändert im „Sprachfeminisms“? Aber immerhin wird über sie gesprochen, die ausdrückliche Nennung des Weiblichen in unserer Sprache. – Patricia Sauerwein


Leserbrief zu „Das Glück der Überwindung“ von Felix Dachsel

Ich mag sie fast alle, die frischen engagierten Artikel der jungen, mutigen und intelligenten Redakteurinnen und Redakteure von „Z“. So stimme ich auch jenem o.g. von Felix („Jung“)-Dachsel zu 99% zu. Ich habe mir auch immer eine Wurst an einer Angel vorgehalten und bin ihr nachgelaufen. So habe ich Dinge geschafft, die ich selbst nicht für möglich gehalten hatte. Aber ein Satz hat mir die linke Augenbraue doch angehoben: der Vergleich der potentiell schlechteren  Fahrkünste eines „alten, kurzsichtigen Mannes mit Führerschein aus dem Jahr 1954“ mit denen- unzweifelhaft hervorragenden solchen- des 9-Jährigen  zielstrebigen Kirmesbesuchers aus Recklinghausen. Da fiel mir doch eine Textstelle meines fast gleichaltrigen Künstler-Idols Udo Lindenberg  aus seinem Lied „Der Greis ist heiß“ ein, die da lautet: „Ält’re Typen werden oft von jungen Pinschern angepisst, als wär es schon, schon ein Verdienst, wenn man zufälligerweise bisschen jünger ist…“. Dr. Dieter Henschel


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Vielen Dank für die sehr unterschiedlichen Sichtweisen zum Thema geschlechtergerechtes Sprechen und Schreiben. Wie sich an beiden Beiträgen wieder zeigt scheint eine sachliche Diskussion hierzu schwierig zu sein. Herr Greiner verweist darauf, dass an der Universität Leipzig „nur noch die weiblichen Bezeichnungen“ verwendet werden dürften. Dies ist nicht wahr. Es wurde 2011 ledigiglich entschieden, dass die „weiblichen Bezeichnungen“ in der Grundordnung Vorrang haben. Dies wurde – wie mir scheint mit großer Freude – von der folgenden Berichterstattung falschverstanden und taucht seitdem immer wieder auf. Ich würde mir von beiden Seiten einen nüchternen und sachlichen Umgang mit diesem wichtigen Thema wünschen und nicht, dass versucht wird sich gegenseitig mit „Absurditäten“ zu überbieten. – Stefan Landmann


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Sprache sollte sprechbar bleiben. Wie aber spreche ich so etwas wie „Beamter*Beamtin“ überhaupt aus? Und denken die Zuhörenden dann auch mit, wie viele „Gender“ unter dem Sternchen versammelt sein könnten? Zeigt sich die Ministerin Katarina Barley „entzückt“ vom Gender-Sternchen, dann doch wohl aus politischem Kalkül (und hoffentlich nicht ideologisch); jedenfalls ohne zu bedenken, was der Sprache mit solch einer Verrenkung angetan wird. Zögen Gender-Sternchen und Unterstrich, auch lautlich, gar in die Belletristik ein, könnte das einer und einem jedes Hörbuch verleiden. Selbstverständlich muss sprachlich differenziert werden, wo das Geschlecht (Frauen im Sport etwa) eine bestimmte Gegebenheit beherrscht. Auch mit dem geschlechtsneutralen Partizip lässt sich das generische Maskulinum oft elegant vermeiden. Sollen Frauen und Männer in öffentlicher Rede mit weiblicher und männlicher Sprachform erreicht werden (in Politiker-Beiträgen zum Beispiel), dann aber bitte doch so, dass vom „innen“ nicht allzu oft die zweite Silbe verschluckt wird. – Günther Dressler


Leserbrief zu „Schluss mit Kürzungen!“ Annelie Buntenbach

Es ist für mich einfach nicht nachvollziehbar, dass da ein Mitglied des Bundesvorstands des DGB einen Kommentar zum Thema RENTE verfasst, ohne darauf hinzuweisen, dass eigentlich eine grundsätzliche NEUORDNUNG der Alterssicherungssysteme in Deutschland anzustreben ist. (Da auch die neu berufene RENTENKOMMISSION sich offenbar nur mit dem Thema RENTE beschäftigen soll, bleibt die Frage, ob die Beamten im Besonderen und der Öffentliche Dienst im Allgemeinen ihren besonderen Status beibehalten dürfen – der Sprengstoff bleibt unangetastet). – Roland Zahn


Leserbrief zu „Schluss mit Kürzungen!“ Annelie Buntenbach

Seit wann dürfen Vorstände von Lobbygruppen wie es beispielsweise die Gewerkschaftsverbände zweifellos sind,auf einer Viertelseite im redaktionellen Teil der ZEIT Gegenmeinungen propagieren und ausführlich publizieren? Gesteht man dies den Herren Kramer und Kempf als Vertreter der Arbeitgeberlagers  in Zukunft ebenfalls zu? Frau Buntenbach hätte ja einen Leserbrief schreiben können, der falls kurz und prägnant sicherlich auf die entsprechende Meinungsseite gepasst hätte. Aber wahrscheinlich reicht dies den Gewerkschaften nicht mehr aus! Sachliche Argumenten, wie sie Herr Pletter vertreten hat, stören da nur! Im übrigen erinnert mich dieser Vorgang an diverse Stellungnahmen von Ex-Familienministerin Schwesig oder von Frau Künnast, die der journalistischen Argumentation verschiedener ZEITjournalisten ( auch von der CR) offensichtlich ihre eigene Darstellung entgegen stellen wollten. – Hans Hardenberg


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Ach die liebe Zeit! „Mit einiger Verspätung erreichte uns die Nachricht, dass Gänse das Kapitol gerettet haben.“ – Diese zwei Seiten Pro und Contra hätten auch schon vor 10 oder noch mehr Jahren geschrieben werden können. Abgesehen von einigen marginalen neueren Erkenntnissen wird hier beiderseits nichts wesentlich Neues vorgetragen. Marie Schmidt präsentiert immerhin einige maßvolle Ideen, wie man mit Anstand und Rücksicht auf berechtigte Empfindlichkeiten gendert, aber das gab es auch schon seit langem. Ulrich Greiner schafft es, mit großer rhetorischer Geste so zu tun, als gäbe es gar keine bedenkenswerten Auswirkungen einer „männlichen“ Sprache auf die Wirklichkeit. Das hat man nun wirklich schon hundertmal gelesen. Bemerkenswert ist daran, dass diese rein ideologische Position ihre eigene Irrelevanz ignoriert – als ob der Geist „gegenderte Sprache“ je wieder in die Flasche zurück zu bekommen wäre! Die folgende Reportage zum Stand der Dinge bei Rechtschreibrat, Duden und Co allein hätte das Thema völlig ausreichend behandelt. – Michael Praschma


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Ich schreibe in Bezugnahme auf den von Ihnen veröffentlichten Artikel »Uns droht die Sprachzensur«. Ehrlich gesagt bin ich nicht nur enttäuscht, sondern auch ein wenig schockiert davon wie wenig progressiv und zeitgemäß einige Ihrer Journalisten sich mit den Wandeln in unserer Gesellschaft, die zugegeben immer noch in großen Teil von einem extrem präsenten, wenn auch oft subtil wirkenden Sexismus und Rassismus geprägt ist, auseinandersetzen. So wenig Bewusstsein über die eigene privilegierte Stellung innerhalb unserer Gesellschaft ist zu bedauern. Würde ein größeres Bewusstsein über diese Privilegien bestehen, bin ich sicher würde der Verfasser nicht derartig einen angestrebten Wandel in der Sprache, ob geschrieben oder gesprochen, derartig kritisieren. Wandel und Änderung mögen anfänglich ungewohnt sein, aber wo wären wir wenn wir uns nicht neuen Umständen anpassen, ja diese sogar auch mal initiativ antreiben könnten. Wieso ist es für viele Männer ein Problem, generische männliche Formen zu ergänzen. Weil es immer einfach ist Probleme anzuerkennen wenn man selber darunter leidet bzw. ausgeschlossen wird? Das ist wohl emblematisch für die oft fehlende Empathie in Deutschland. Bezüglich Sexismus sollte momentan meiner Meinung nach erstmal eine Phase des Zuhörens propagiert werden, des versuchen-zu-verstehen. Zu schnell werden Schlüsse gezogen, sich zugetraut Situationen die fremd sind einschätzen und beurteilen zu können. Dass die Zeit eine solche Mentalität unterstützt finde ich wirklich schade, aber vermutlich symbolisch für ein zutiefst sexistisches Land ohne funktionierende Gesprächskultur die auf Austausch beruht. – Ein/e Leser/in


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Mich würde einmal das Ergebnis einer Befragung der Lebensgefährten bzw.-gefährtinnen der Inhaber der „etwa 200 Professuren im deutschen Sprachraum“ zur gelebten Genderpraxis interessieren, welcher der Partner Zuhause die Toiletten reinigt? – Wolfgang Burkhardt


Leserbrief zu „Eins mit Sternchen“ von Ronald Düker

Das Problem auf eine Zeichensetzung zu reduzieren, verrät, dass es um die Sache der weiblichen Geringschätzung geht. Um eine solche geht es unterschwellig auch bei dem L bei Wissenschaftlern. Wurde das nicht schon aus dem Sprachgebrauch eliminiert? Genau darauf bezog sich auch Karl Kraus, wenn er „jedermann“ durch „jedefrau“ ersetzen wollte. Denn beides ließe sich, wie auch sonst ähnlich durch „alle“ ersetzen. Geht es nicht oft wie am Schluss des Beitrags nicht nur um „Einsinnigkeit“, sondern vielmehr um Eigensinn? Über diesem alles beherrschenden Thema werden andere Spracheigenheiten übergangen. Warum nennt man zu Fuß Gehende „Fußgänger“? Womit denn sollten Sie gehen – auf dem Gehweg und nicht „Gängerweg“? Es heißt ja auch „Läufer“ und nicht Fußläufer“. Ach ja, und ist das, was ich da geschrieben habe, eine Beleidigung für den Duden, weil ich eine Frau bin? – Christine Preyer


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Sprache schafft Bilder und schließlich auch Realität, wie das angeführte „FC-Bayern-Fan“-Beispiel von Schmidt erneut beweist. Voreingenommenheit und unreflektierter Sprachgebrauch werten mehrheitlich Männer auf. Sich dem mit der Emanzipation einhergehenden und erforderlichen Wandel zu verweigern, zeugt von ausgeprägtem Konservativismus, weniger von linguistischem Verstand. Denn Menschen, die sich viel mit der deutschen Sprache beschäftigen, wissen auch, dass die Fortentwicklung dieser natürlich und notwendig ist. Nur so bleibt sie für uns lebendig. Machen wir es uns doch einfach: Der Staat geht in seinen Schriften mit gutem Beispiel voran, indem er Frauen und Männer anspricht. (Bis das dritte Geschlecht von der breiten Masse anerkannt wird, bedarf es vermutlich noch mehr Zeit.) Alle anderen können schreiben und sprechen, wie sie wollen und werden sehen, wie sie damit fahren. Sparkassen-Konten oder Zeitungs-Abos lassen sich kündigen. Und wenn eine Person heutzutage ernsthaft das Wort „Neger“ benutzt, um einen Menschen mit schwarzer Hautfarbe zu beschreiben, möchte ich mit ihr doch auch nicht befreundet sein. – Sarah Stybalkowski


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Vielen Dank, Ulrich Greiner, für den Ausflug in jene absurden Gefilde, in denen es darum geht, eine geschlechtergerechte Sprache auf den Weg zu bringen. – Was bei mir sich verfestigt, ist der Eindruck, dass, je abseitiger der Kriegsschauplatz ins Visier genommen wird, desto wahrscheinlicher ist es, dass das tatsächliche Verhältnis der Geschlechter zueinander davon nicht berührt wird. Am Ende bleibt zu hoffen, dass der Verfasser oder seine weiblichen Verwandten nicht irgendwann mal in Rechtfertigungsnot geraten, weil der Nachname eindeutig einen generischen Maskulinum aufweist, denn im Artikel heißt es: „Wörter mit der Endung ‚-er‘ sind von Verben abgeleitet.“ – greinen ugs. für weinen. – Dieter Rogge


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Egal wieviele Sternchen und Unterstriche man verwendet – wer von einer Gruppe weiblicher Fußballfans oder männlicher Gala-Leser spricht, wird explizit darauf hinweisen müssen, weil der Leser nicht damit rechnet. Ihre Paraphrase von „Frauen sind die besseren Autofahrer“ ist doppelt so lang und um kein Haar verständlicher. Witzig, daß Sie uns zu Verständlichkeit unserer Texte ermahnen und uns ausgerechnet Habermas empfehlen. Aber es geht ja gar nicht wirklich um Verständlichkeit, sondern um den alten linken Umerziehungstraum. Um Menschen, die sich vernünftiger dünken als der große Rest, es vielleicht sogar sind, und sich nicht damit zufriedengeben, das zu genießen. Alle anderen sollen ihre Gewohnheiten aufgeben, um dereinst ebenso vernünftig zu sein. Diese anderen lieben aber ihre Gewohnheiten, ändern sie schon mal, aber dann lieber freiwillig. Zudem ist Sprache nicht irgendein auswechselbares Werkzeug wie ein Dosenöffner, sondern Teil unserer Identität. Den Mitmenschen Sprache vorzuschreiben, ist beliebtes Mittel von Unterdrückern. Heute gehört es zur linken Version der Leitkultur, und die ist genauso unmenschlich wie die rechte. – Thomas Matzner


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Frau Marie Schmidt zu Trost und Ermutigung: Wir sind ja bereits wundervoll weit fortgeschritten auf dem dornigen Wege zu gendergerecht blühenden Wortlandschaften. Obwohl mir da manchmal Bedenken kommen hinsichtlich der punktgenauen Zielansprache: Kürzlich las ich im Bonner „Generalanzeiger“ sogar in einer Schlagzeile, ein berühmter Professor (sic) habe einen Vortrag gehalten „vor tausend Studierenden“. Was für ein grober Klotz! Ganz offensichtlich war ihm entgangen, dass die jungen Leute sich konzentrieren und ihre Ruhe haben wollten. Aber es bleibt eben auch genug zu tun. Ein paar väterliche Hinweise: Noch sind, frei zitiert nach Mark Twain „The Awful German Language“, eher unattraktive Sachverhalte wie  d i e  Dampfmaschine und  d i e Einkommensteuererklärung Mädchen, während  d a s Weib als Inbegriff strotzender Fraulichkeit ein Ding ist, vom Voll- oder Prachtweib ganz zu schweigen. Zum Glück ist  d a s  Frauenzimmer (oder gar  d a s  Mensch) bereits unter den sprachlichen Tisch gefallen. Und: Gendergerechtigkeit kann und darf keine Einbahnstraße sein. In uns umgebenden Kultursprachen wie Französisch und Italienisch sowie im Lateinischen sind „Mond“ weiblich und „Sonne“ männlich (le soleil, la lune). So geht das nicht weiter. Ich will meinen Sonne wiederhaben, den Damen gönne ich dafür ihre Mond. Von Herzen! Auch sonst vermag ich Frau Schmidts Argumentation kaum zu folgen. Das beginnt mit der Episode am Anfang: Kein Erzähler, der sich einen rudimentären Sinn für Dramaturgie bewahrt hat, wird seine Hörer so lange darüber im Unklaren lassen, dass es sich bei dem besoffen grölenden Grüppchen um Mädels handelte. Denn: Frauen sind nicht nur die besseren Autofahrer, sondern auch die besseren Fans. Eigentlich. – Hartmut Lehbrink


Leserbrief zu „Das ist der Gipfel“ von Matthias Nass

„Was könnte herauskommen?“ – das ist tatsächlich eine spannende Frage. Nach meiner Meinung arbeitet Kim Jong Un längst zweigleisig. Er umgarnt Trumb und wenn er da nicht zum Ziel kommt, vereinigt er sich mit Südkorea mit dem Ergebnis, dass die Amerikaner Korea verlassen müssen und Sanktionen gegen Nordkorea nicht mehr durchsetzbar sind, weil es kein Nordkorea mehr gibt. Mich beschäftigt noch etwas anderes, Wirtschaftssaktionen bedeutet Krieg ohne Waffen. Sie richten sich nicht gegen Militärs oder Machthaber, sie richtien sich gegen die Bevölkerung – den Hungertod nimmt man in Kauf!Das gilt z.B. für die Palistinenser, für Venezuela, für Kuba und bald auch für den Iran, warum eigentlich nicht die Araber? Wer sich dem Willen von Trump nicht beugt, muss hungern. Das gilt aber auch für uns Europäer. Wenn es uns oder auch allen schlecht geht, aber Amerika blüht, hat Trump gewonnen. Übrigens, ich habe gelernt, dass es gar nicht auf einen Handelsüberschuss ankommt, sondern die Gesamtrechnung, die Geldströme insgesamt, sollte ausgeglichen sein. Wenn wir nur auf die Handelsbilanz schauen, sind wir dem Trump schon auf den Leim gegangen. Zölle mit Zöllen zu begegnen, ist dann der falsche Weg. Google, Windows und Microsoft, Lizensen u.ä. besteuern, könnte eher treffen! – Dipl. Kfm. Johannes Barth


Leserbrief zu „Plötzlich ist der Wurm drin“ von Martin Spiewak

Vor der Leistung von Grundschullehrern, welche heute vor allem auch soziale Probleme regeln müssen, habe ich großen Respekt. Zusätzlich zu den (Erziehungs-) Problemen, die Lehrer heutzutage lösen sollen, scheinen sie  m. E. auch Opfer fragwürdiger Bildungsreformen zu sein. Zwei Beispiele: 1. Vor einigen Jahren betreute ich einen Drittklässler – also Grundschüler – mit Migrationshintergrund und sozial benachteiligt (2. Generation Hartz IV) im Fach Deutsch. Mangels eigener Kinder und selbst im techn. Beruf fehlte mir jeglicher Zugang zum Bildungssystem des „Muster-Bildungs-Ländles“ Baden-Württemberg. Und ich staunte nicht schlecht: der Junge behauptete steif und fest, Orthographie und Zeichensetzung müsse er nicht lernen – das mache man in der Schule nicht. Ich bestand trotzdem darauf – mit dem Ergebnis, dass er sich binnen weniger Wochen nicht nur in Deutsch stabil und nachhaltig von Note 5-6 auf Note 1-2 verbesserte. Soweit, so gut. Was mich aber erschütterte: als er einsah, dass „Subjekt – Prädikat – Objekt – Punkt“ eine gute Strategie für schriftliches Deutsch ist, begann er zu weinen und fragte fassungslos, warum man ihm in der Schule dieses Wissen vorenthalte?
2. Im privaten Gespräch beklagte Grundschullehrer den hohen Lärmpegel und die Disziplinlosigkeit seiner Erstklässler. Ich schlug „Change-Management“ vor: er solle seine Erstklässler am ersten Schultag in Zweierreihen antreten lassen und so leise in die Klasse führen. Dort möge er informieren, dass – die Kinder nun „groß“ seien, – man daher nicht wie im Kindergarten aufstehe und herumlaufe und – man Rücksicht nähme, z. B. jeder jeden ausreden lasse. Es hat prima funktioniert, denn in einer neuen Umgebung suchen Menschen – auch Kinder – nach stabilen Regeln, an denen sie sich orientieren können. Übrigens „liefern“ nun die umliegenden Kindergärten nach entsprechender Rücksprache die einzuschulenden Kinder schon entsprechend: in den letzten Kindergartenwochen wird vermittelt, dass man in der Schule mehr Rücksicht aufeinander nimmt. Ich kann nur vermuten, dass krauses, zusammenhangloses Denken entsteht, wenn Bildungsreformer mit Ganzwortmethode und ohne Interpunktion sinnvolle Sätze abschaffen. Und dass man vor lauter Eifer, den früher üblichen, sinnlosen Gehorsam – berechtigterweise – abzuschaffen, leider vergaß, dass Kinder Rücksichtnahme lernen müssen – denn die Fähigkeit dazu ist nicht „angeboren“. Zudem gibt es einen Zusammenhang  zw. fragwürdigem Deutsch-Unterricht und der Misere in den MINT-Fächern: Im Rahmen der seit 25. Mai gültigen DSGVO gab es einen TV- Bericht über ein Meeting bei Google (oder Amazon o. ä. ?), in man betonte, man bräuchte das Datensammeln für gute Zwecke: man könne z. B. statistisch beweisen, dass Schüler, die mit 15 Jahren in der High School „Creative Writing“ belegt hätten, später signifikant besser in Mathematik seien. Allerdings wisse man nicht, warum. Die Erklärung ist einfach: Mathematik ist eine Kurzschrift für gesprochene Informationen; vgl. – Rechenbüchlein von Adam Riese: er erfand Rechenzeichen als Kurzschrift von Sprache („und“ wurde „+“) oder – neuzeitlich Bertrand Russell: er kannte zwar schon das Verküpfungszeichen, aber nicht den „Googol“ oder den Aufwärts-Pfeil für potenzierte Potenzen. Der Zusammenhang zw. Creative Writing und Mathematik liegt auf der Hand: Mathematik entstammt der Sprachphilosophie (=Suche nach wahren Aussagen), und eine Aussage/Information ist nur, was verstanden wird. Danach ist „blau“ keine Information,  „Der Himmel ist blau“ aber sehr wohl. Mathematisch enthält der zweite Satz ein Gleichheitszeichen, der erste nicht. In Creative Writing lernt man sowohl sinnvollen Satz- als auch sinnvollen Handlungs- / Gedankenaufbau mit dem Ziel der Verständlichkeit für den Leser. Und eben genau das ist Mathematik: verständliche Aussagen und Folgerichtigkeit – nur eben in Kurzschreibweise. Wenn dies sprachlich nicht gelernt wird, dann fehlt später eine Grundvoraussetzung für die Mathematik. – Dr. Sabine Möller


Leserbrief zu „Hände weg vom ORF!“ von David Schalko

Ganz offensichtlich sind Sie nicht ÖVP oder FPÖ Wähler; diese Erkenntnis setzt recht bald beim Lesen Ihres Artikels ein. Ich möchte gerne folgende zwei Punkte ansprechen: Wieso fühlen Sie sich berechtigt oder was gedenken Sie zu erreichen, wenn sie als Prämisse Ihres Textes annehmen, dass ÖVP und FPÖ der Demokratie schaden wollen? Als jemand, der etwas weiter in der Mitte des politischen Spektrums angesiedelt ist als Sie, konnte ich nur mit den Augen rollen, als Sie unhinterfragt der FPÖ unterstellten und die ÖVP zumindest verdächtigten „postdemokratische, autoritäre Strukturen“ anzustreben. Mein Verdacht, dass Sie weniger objektiv, dafür mehr ideologisch argumentieren, wurde noch weiter gefestigt, als Sie ganz unverblümt analysierten, dass die FPÖ nach dem Skript des „faschistischen Philosophen Julius Evola“ handle und den „ORF politisch unterjochen“ wolle; selbstredend, da die FPÖ ja selbst eine faschistische Partei ist, richtig? Jenseits meiner widersprechenden Ansichten, möchte ich nur erwähnt wissen, dass diese Art der Argumentation nicht Ihre Glaubwürdigkeit als objektiver Kommentator fördert. Der zweite Punkt ist jedoch viel wichtiger: Wieso erläutern Sie lang und breit, wie Parteien rechts der politischen Mitte den ORF unterwerfen wollen, und wieso behandeln Sie überhaupt nicht den Vorwurf, dass dieser bereits geprägt von der linken Seite sein könnte? Warum ist dieser Umstand, zugespitzt im pointiert Ausdruck „Rotfunk“ (wohl vergleichbar Ihrer rhetorischen Spitze „freiheitlich ist die Verlogenheitsform von freiheitsliebend“), nur eine lächerliche „Verschwörungstheorie“? Was entgegnen Sie der allgemeinen Auffassung, dass Herr Armin Wolf FPÖ-Politiker deutlich härter im Interview behandelt als SPÖ-Politiker? Dass in der Sendung „Im Zentrum“ ein FPÖ-Politiker seine Ansichten gegen fünf Diskussionsgegner inklusive Frau Ingrid Thurnher verteidigen musste? Oder dass Stermann und Grissemann in jeder Sendung mindestens fünf „lustige und originelle“ Strache-Hitler-Vergleiche zum Besten geben müssen (legendär und bezeichnend: „Wollt ihr das totale Sieb?!“)? Selbstverständlich braucht es einen unabhängigen, objektiven und starken Öffentlichen Rundfunk. Aber dies nur einzufordern, wenn Gefahr besteht, dass Ihre eigene Weltanschauung und Sicht der Dinge nicht mehr vertreten ist, scheint mir opportunistisch und vereinfachend. – Leonhard Riemer


Leserbrief zu „Die Rückkehr der Menscheinfeindlichkeit“ von Harald Welzel

„Harald Welzers Aufruf zum Engagement für die offene Gesellschaft ist wichtig, irritiert jedoch an einer zentralen Stelle. Was genau meint der Autor mit seiner Kritik am angeblichen „sozialpädagogischen Verständnis“ rechtspopulistischer Entwicklungen? Wird hier wieder mal die Realität geleugnet und der Begriff Sozialpädagogik als Synonym für naiv-sozialromantische Kümmerpädagogik missbraucht? Oder stellt der Autor ungerechtfertigt die Wirksamkeit einer außerschulischen Bildungsarbeit infrage, deren Maßnahmenplanung selbstverständlich darauf beruht, die Lebenswelt der Zielgruppe bestmöglich zu verstehen? Egal ob das eine oder das andere oder beides gemeint war: Welzer diffamiert durch diese undifferenzierte Begriffsverwendung die professionelle Bildungsarbeit zahlreicher Fachkräfte der Sozialen Arbeit und damit eine wichtige Verbündete im Engagement für die offene Gesellschaft.“ – Prof. Dr. Johannes Emmerich


Leserbrief zu „Seine Experimente sollten helfen, Parkinson und Demenz zu heilen“ von Moritz Aisslinger

Diesem Beitrag über Tierversuche für Hirnforschung entnahm ich – bisher keine „radikale“ Tierschützerin – unter anderem: Hirnforscher halten Experimente mit Affen für moralisch gerechtfertigt, weil im angeblichen menschlichen Interesse. Das Interesse der menschenbezogenen Medizin und Pharmaindustrie steht über dem Lebensrecht der Tiere. Die eigens für Experimente gezüchteten Affen werden nach Beendigung oder Abbruch der Experimente getötet.

Ich bin entsetzt über ein anthropozentrisches Weltbild, bei dem mit Selbstverständlichkeit angebliche menschliche Interessen über das Lebensrecht von Tieren gestellt und bedient werden. Den beteiligten Hirnforschern muss klar sein, dass Säugetiere nicht nur einen Großteil ihrer DNA mit uns teilen, sondern auch die Schmerz- und Leidensfähigkeit. Wie kommt also unsere Spezies dazu, leidensfähige sowie intelligente Mitgeschöpfe kaltblütig zu „vernutzen“, sei es bei Laborversuchen, sei es MILLIARDENFACH für die Nahrungsmittelindustrie (sic!)? Und mit derselben Kaltblütigkeit den letzten Wildtieren zunehmend ihrer Lebensräume zu beschneiden? Warum wohl entschließen sich Hirnforscher nicht zum medizinischen Eigenversuch und lassen sich selbst Sonden implantieren? Die Frage ist ernst gemeint.

Der mantraartig beschworene medizinische Fortschritt hat übrigens im 20. Jh. eine nie gesehene Vermehrung der Menschheit und die damit verbundene Verknappung von Ressourcen ausgelöst. Auch unter diesem Gesichtspunkt verliert der „medizinische Fortschritt“ an Überzeugungskraft. – Dr. Tessa Savvidis


Leserbrief zu „Jetzt mal ehrlich, Frau Merkel“

Ihre Fragen an Frau Merkel können Sie in die Tonne werfen. Die sind nach Merkelscher Manier alle leicht zu beantworten. Mit dieser Frau müssen Sie suggestiv umgehen. Das geht in etwa so:
1. Frau Bundeskanzlerin: Warum mögen sie unseren Staat nicht?
2. Warum haben Sie die Gelder an korrupte „Präsidenten“ in Afrika ständig gezahlt, obwohl sie wissen, daß die Gelder von den Präsidenten für sich vereinnahmt werden. Und das geht bis heute so weiter?
3. Warum haben Sie die Bildungsstätten willentlich verwahrlosen lassen, obwohl das seit vielen Jahren  bemängelt wurde – geistig wie körperlich? Viele Bürger unterstellen, dass das absichtlich geschehen ist. Das sehen wir heute überall in unserem Land, einschließlich ihrer Person?
4. Warum haben Sie wissentlich die Verblödung unserer Kinder und Jugendlichen hingenommen?
Sie können sich nicht damit herausreden, daß das Ländersache ist.
5. Warum haben Sie aus unserem Staat durch die vielen Flüchtlinge einen Terrorort gemacht, und die hohe Kriminalität zugelassen?
Ihre Intelligenz hätte dafür ausreichen müssen um frühzeitig Maßnahmen zu treffen, dass es dazu gar nicht kommt?
6. Warum haben Sie aus Europa mit Frankreich zusammen eine Zerrüttung statt Zusammenführung gewollt?
7. Warum verschwenden Sie Geld, was ihnen gar nicht gehört, sondern nur zur Verwaltung anvertraut wurde (siehe oben)? Anstatt die alten Menschen zu unterstützen, die unseren Staat mit aufgebaut haben?
8. Warum sind Sie als Bundeskanzlerin, eines der reichsten Länder unseres Planeten, nicht in der Lage die Wohnungsnot frühzeitig zu erkennen und abzuändern?
9. Warum sind Sie nicht in der Lage für Kinder eine unpolitische Betreuung zu gewährleisten und ohne Mehrkosten einzurichten?
10. Warum können Sie sich nicht mit Putin darauf verständigen, daß er uns und Deutschland Russland hilft, daß die Krim bei Russland bleibt – es ist schließlich urrussisches Gebiet?  Der Westen hat schließlich ständig Gebiete annektiert.
Und dafür wird die Ukraine in die EU aufgenommen. Vorausgesetzt die Bürger wollen das.
11. Warum lassen Sie ein elektronisches Medium zu, die ihre Aufgabe nur daran sieht, indem sie nur noch skandalisiert, bis hin zur Diffamierung, und moralisiert und ihre eigentliche Arbeit, die  der Berichterstattung vernachlässigt? Damit wird die Pressefreiheit ad absurdum geführt.
12. Warum gehen sie zu Amerika auf Distanz. Die Folge ist: Sie schwächen damit unsere Wirtschaft.
13. Warum waren Sie nicht in der Lage ein Einwanderungsgesetz durchzusetzen, daß unseren Staat stärkt und nicht schwächt?
14. Warum waren Sie nicht in der Lage, einen Ordnungsrahmen zu schaffen, der unsere Bürger schützt und nicht ständig der Gefahr ausgesetzt ist, vielleicht morgen nicht mehr am Leben zu sein?
15. Aufgrund dieser Zustände, die Sie vorwiegend zu verantworten haben – warum treten Sie nicht zurück? – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Es ist zum Weinen“ von Kirsten Boie

Die Ausführungen von Frau Boie kann ich voll und ganz unterstreichen. Sie beschreibt tiefgehend den Wert eines „sinnentnehmenden“ Lesens für das lesende Kind  als Basis für ein erfolgreiches Erwachsenenleben. Mit einem AUgenzwinkern stellte ich  allerdings fest, daß sogar Frau Boie, die doch Kindern strukturiertes Lesen vortragen will, selber zahlreiche Grammatikfehler in ihrem Artikel macht; und vielen Sätzen fehlt einSinn, weil  dieser erst bei mehrmaligem Lesen  der umgebenden Sätzen zu erkennen ist. Daß das Lesen von Tageszeitungen zunehmend ein Ärgernis bereitet, ist bekannt. Ein Artikel über das gute Lesen und Schreiben sollte doch aber weder ein schriftstellerischer Aufsatz sein, dem man eine gewisse Freizügigkeit in Grammatik und Sinnzusammenhang zugestehen muß, noch ein normaler Zeitungsartikel, der die sprachliche Schluderei der Politiker übernimmt. Ich kann nur sagen: schade, daß dieser inhaltlich gute  und wichtige Artikel  z.T.  selber  Teil der Kritik am sparchlichen Können ist. – Michael Müthe


Leserbrief zu „Seine Experimente sollten helfen, Parkinson und Demenz zu heilen“ von Moritz Aisslinger

Vielen Dank für Ihr hervorragendes Dossier. Ich halte Organisationen wie Soko Tierschutz und Peta für, leider, notwendig. Allerdings darf es nicht passieren, dass eine Art Scheuklappen-Ideologie aufgrund mangelnder Expertise bspw. bezüglich medizinischer und neuro- biologischer Forschung die Arbeit dieser Organisationen überlagert. Dies führt zwangsläufig zu Vertrauensverlust gegenüber den Tierschützern und Stagnation in der Humanmedizin. Ganz zu schweigen von den Angriffen und existenziellen Bedrohungen gegenüber ebenso engagierten wie namhaften Wissenschaftlern, wie in Ihrem Dossier beschrieben. Und Revolver-Medien, wie Stern TV und Bild, schaffen es dann mit undifferenzierter und sträflich selektiver Berichterstattung, dass sich sogar ein Abgeordnetenhaus und das Max- Planck-Institut einschüchtern lassen. Deshalb muss auf diese „Missstände im Tierschutz“ immer wieder hingewiesen werden. – Claus Marquardt


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Im Streit um das generische Maskulinum und seiner Vermeidung kommt mir in den Sinn: In der indoeuropäischen Grundsprache, von deren germanischem Zweig auch das Deutsche abstammt, wurde in der Wortform des Substantivs ursprünglich nur Belebtes von Unbelebtem unterschieden, da nur Belebtes im eigentlichen Sinn zum Handeln ( grammatisch gesprochen als Subjekt) geeignet ist. So hatte, wie der historische Sprachvergleich zeigt, etwa das Wort für „Rind“ nur eine Form für männliche und  weibliche Tiere (noch im Lateinischen „bos“). Das gemeinsame grammatische Geschlecht (genus commune) steht nicht im Widerspruch zum natürlichen  Geschlecht der Tiere. Die eigene Kategorie „Femininum“ wurde erst später durch formale Veränderung geschaffen (so genannte Motionssuffixe). Schwierig und kompliziert? Nicht mehr als geschlechtsspezifische Sprache unserer Tage auch. Und was kommt am Ende heraus, um mit gegenderter Sprache wirklich allen gerecht zu werden? Ein Gebilde wie „Professx“ – das ist nichts Anderes als ein genus commune der Frühzeit. Was ist im Interesse einer gerechteren Sprache also gewonnen? – Dr. Sascha Malter


Leserbrief zu „Die Rückkehr der Menscheinfeindlichkeit“ von Harald Welzel

Och ne, Herr Welzer, schon wieder so eine übertriebene Beschreibung der „Welt am Abgrund“. Mich wundert bei Ihrem Text über „Menschenfeindlichkeit“, wieviel Menschenfeindlichkeit und Verächtlich-machen Sie sich doch selbst gestatten – denen gegenüber, die einfach nur eine andere Meinung haben als Sie. Ja, die AfD ist doof – und die Reden ihrer „Protagonisten“ sind unterirdisch! Keineswegs in diese Kategorie gehören aber Menschen wie Uwe Tellkamp, Neo Rauch und „Gattin“, die gesamte CSU und sehr viele ganz normale Bürger. Das geht einfach zu weit. Solange so argumentiert wird und jede mehr als berechtigte Kritik an unserer „Flüchtlingspolitik“ mit solchen Artikeln diskreditiert wird, braucht die AfD sich über Wählerzuwachs keine Sorgen zu machen. – Lisa Werle


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Die Pro-Kontra-Artikel in der ZEIT lese ich normalerweise ausgesprochen gern, weil sie mich auch bei Themen, zu denen ich mir bereits eine Meinung gebildet habe, immer wieder zum Nachdenken anregen. Von Ulrich Greiners Beitrag zur Sprachzensur-Diskussion war ich aber enttäuscht. Ich greife einen Punkt heraus, der mich besonders verwundert, nämlich Greiners Verwertung von Guy Deutschers Im Spiegel der Sprache. Die Vorstellung des Heine-Gedichts „Ein Fichtenbaum steht einsam“ sowie zweier englischer Übersetzungen bildet bei Deutscher den Auftakt zu einem Kapitel, in dem er verschiedene empirische Studien zum Einfluss des grammatischen Geschlechts auf unser Denken diskutiert. Das Ergebnis dieser Studien ist, dass ein solcher Einfluss nachgewiesen werden kann. In Sprachen wie dem Deutschen führt die Verwendung einer maskulinen Form zu Assoziationen mit Männlichkeit, und zwar selbst bei Gegenständen wie Äpfeln, die gar kein natürliches Geschlecht haben. Mit anderen Worten: Wir stellen unbewusst eine Verbindung zwischen grammatischem und sozialem Geschlecht her. Es ist schade, dass sich Ulrich Greiner mit diesem Teil des Kapitels „Sex und Syntax“ und seiner Relevanz für die Zensurdebatte überhaupt nicht auseinandersetzt. Stattdessen kritisiert er Benjamin Lee Whorfs schon längst widerlegte Behauptungen („scheinbar primitive Sprachen, die kein Futur kennen“), um zu suggerieren, der Einfluss des generischen Maskulinums sei „schwer zu ermitteln“. Die neueren, methodisch wesentlich solideren Untersuchungen, die Deutscher ausführlich bespricht, ignoriert Greiner. So kann man polemisieren, aber nicht argumentieren. – Susanne Hagemann


Leserbrief zu „Seine Experimente sollten helfen, Parkinson und Demenz zu heilen“ von Moritz Aisslinger

Ein repräsentatives Beispiel für viele Fragestellungen in unserem Land. Seien es Tierversuche wie hier oder Flüchtlingsfragen, Energiepolitik, Türkeipolitik und vieles mehr. Wir sind geprägt von dogmatischen Romantikern und Ideologen, die mit Hilfe einer tendenziösen Presse ihr Unwesen treiben und der Öffentlichkeit eine Mehrheit vorgaukeln. Wenn das dann auch noch auf mutlose und über-polisch-korrekte Organisationen ohne Haltung trifft wie in Ihrem Beispiel die Max-Planck-Gesellschaft, dann kommt sowas dabei heraus. In vielen Fällen muss ich leider feststellen, dass es uns an einer strategischen und ausgewogenen Sichtweise fehlt. Das nutzen andere zu unserem Nachteil aus. – Christian Voss


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Guten Tag, meine sehr geehrten Damen und Herren, lieber Gast, liebe Gästin, liebe Leserbriefschreiberinnen und -Schreiber, liebe Beiträger und -Innen… Wobei mir bei dieser Anrede bereits wieder ein dicker Fehler unterlaufen ist, weil ich aus Versehen die männliche Anrede vor das weibliche Geschlecht gesetzt habe. Es müsste natürlich korrekt heißen: Liebe Gästin, lieber Gast, beziehungsweise liebe Beiträgerin, lieber Beiträger. Aber was ist, wenn nun eine Beiträgerin einen (männlichen) Beitrag, huch!, schreiben soll? Hoffentlich bin ich ihr nicht zu nahe getreten. Sie sehen schnell, dass auch meiner Höflichkeit Grenzen gesetzt sind. Dabei weiß ich nicht mal, wie der Plural von Beiträgern und Beiträgerinnen zu schreiben ist, wenn beide Geschlechter gleichwertig gemeint sind: Ich könnte das Ungetüm mit Binde-, Unterstrich, Sternchen, slash oder mit anschließendem Großbuchstaben schreiben (also „Beiträger-innen, Beiträger_innen, Beiträger/innen, Beiträger*innen, BeiträgerInnnen“). Schön hässlich allesamt. Und soll man so etwas etwa in der Schule lernen? Da fällt mir ein, dass die deutsche Sprache noch diskriminierender sein kann. Der Leiter, ich meine den Staatenlenker, verzeihen Sie, die „Leiterin“ (nicht zu verwechseln mit der weiblichen Form der Sprossenleiter) unseres Staates ist bekanntlich männlich und weiblich. Sie ist nämlich „Bundeskanzler“ und gleichzeitig „Bundeskanzlerin“. Wobei ich hoffe, dass Frau Dr. Merkel nicht gleich beleidigt ist. Wer genau hingehört hat, konnte allerdings feststellen, dass hier die deutsche Sprache sehr fein zwischen Amt und Geschlecht unterscheidet, sodass eine „Bundeskanzlerin“ durchaus das Amt des „Bundeskanzlers“ bekleiden kann. Gleichzeitig dürfen wir stolz sein, dass unsere Bundeskanzlerin durchaus „ihren Mann steht“ gegenüber Trump und Putin beispielsweise. Das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich festgestellt, dass man ein Bier nicht mit dem Eigenschaftswort „bekömmlich“ bewerben dürfe; andererseits wurde fest-gestellt, dass das Wort „Kunde“, na so was aber auch, durchaus die weibliche Form mit enthalten würde?!? Was bedeutet, dass eine „Kundin“ sich durchaus in dem Wort „Kunde“ angesprochen fühlen darf – und soll. Im Bemühen die Sprache noch gerechter zu machen, wollen wir jetzt noch ein bisschen „gendern“. Klingt wie „rendern“. Wobei mir das noch klarer erscheint als „gendern“, denn beim „Rendern“ wird – in der Computersprache – aus Rohdaten wenigstens ein Bild erstellt. Beim „Gendern“ macht man das so ähnlich: Aus Mann und Frau wird womöglich so etwas dazwischen. Wir wollen jetzt aber mal – ohne Spaß – alles ganz richtig machen: ein „Hundebesitzer“ trifft sich mit einer „Hundebesitzerin“ auf der Straße, wobei sich, während sich die Hunde beschnuppern, im Gespräch herausstellt, dass der Herr eine „Hündin“ besitzt, sie jedoch den männlichen Part davon. Korrekt müsste es also heißen: Ein „Hündin-Besitzer“ und eine „Hund(e)besitzerin“ treffen sich auf der Straße. Auf der anderen Straßenseite jedoch kommt noch ein „Hunde-Besitzer“ (männlicher Herr mit männlichem Hund) und eine „Hündin-Besitzerin“ dazu. Möglicherweise gesellen sich zufällig noch weitere dazu. Und während sich die „Vierbeiner“ und „Beinerinnen“ ganz toll finden und sich gegenseitig beschnüffeln, treffen sich weiter oben also ein „Hündin-Besitzer“ mit einem „Hunde-Besitzer“, worauf noch „Hündinnen-Besitzer“ folgen und last but not least „Hündinnen-Besitzerinnen“. Jetzt werden manche behaupten, das sei Sprachverhunzung. Ich würde das akzeptieren und widerspreche nicht. Sprachsensible würden das als „Vergewaltigung“ ihres „geliebten Deutsch“, wie Goethe sich vielleicht ausdrücken würde, empfinden. Gender-gestreamt-gestählte Professoren und Professorinnen würden sicher darauf bestehen, dass hier ein „Vergewaltiger“ am Werke war. Wahrscheinlich würde niemand auf die Idee kommen, dass es eine „Vergewaltigerin“ war. Einfach, weil dieses Kunstwort so gestelzt wirkt, dass man sich die Umsetzung gar nicht vorstellen möchte.Dabei wusste ich gar nicht, dass es 200 Gender-Professuren in Deutschland geben soll. Sartre würde sagen, das ist „de trop“. Offensichtlich wurde in diesem Umfeld auch die Schnapsidee geboren, dass man, um jeglicher Diskriminierung vorzubeugen, alle weiblichen Endungen grundsätzlich abschaffen sollte. Dann würde das „das“, „die“ oder „der“ Professor heißen. Gehts noch? Leichter wäre es da, man würde die entsprechenden Professorenstellen einsparen. Schon früh wird den Schülern, Verzeihung, den Schülerinnen und Schülern und zwar von Lehrerinnen und Lehrern in der Schule beigebracht, dass sie die Sprache und auf dieselbe zu achten hätten. Der Lehrer fragt zum Beispiel: „Was ist daran falsch? ‚Das Mädchen ist schön. Sie hat den Jungen geküsst.‘“ Und nun rätseln die Schüler, was daran falsch sein könnte. Vielleicht hätte sie es nicht in der Pause oder in der Öffentlichkeit machen sollen. Oder vielleicht steht da was in der Schulordnung… Wieder alles falsch. Küssen ist richtig, aber grammatikalisch ist der Satz nicht korrekt. Wie bitte? Und zwar der grammatikalische Bezug darin. Es müsste heißen: „Das Mädchen ist schön. ‚Es‘ hat den Jungen geküsst.“ Die Schüler sind baff. Leider ist „das Mädchen“, obschon weiblich, grammatikalisch durchaus ein Neutrum. Und es kommt auf die Bezüge in der Sprache an. Es geht hier auch nicht um Anzüglichkeiten wie in alten „Herrenwitzen“. Soviel ich weiß, gibt es kein weibliches Pendant dazu. Halb sexistisch und schon nah dran an der Me-Too-Debatte wäre die scheinbar etymologische Herleitung, dass „Herr“ von „herrlich“, „Dame“ von „dämlich“ abstamme. Aber so dämlich, respektive „damisch“ wollen wir nicht sein. Das Englische hat nur einen Artikel, das Französische immerhin zwei, das deutsche drei. Sind wir stolz drauf und gehen wir vernünftig damit um. Man kann in Gotte Namen nicht in allen Sprachen alles ausdrücken: Warum hat man „Warten auf Godot“ nicht übersetzt? Weil es im Deutschen die entsprechende Verkleinerung des Wortes „Göttlein“ oder „Göttchen“ o.ä. nicht gibt. In diesem Fall „entlehnt“ man ein Fremd-Wort und lässt es so stehen. Und siehe da: Die deutsche Sprache ist um ein Wort reicher geworden… Wir wollen „die Kirche im Dorf lassen“ und ich hoffe, damit niemanden beleidigt zu haben, denn unter den Lesern gibt es sicher welche, die noch nie eine Kirche von innen gesehen haben. Aber der Satz war ja nur „metaphorisch“ gemeint. Wohlgemerkt: Ein Sprach-Bild, das etwas aus-drückt – im übertragenen Sinne. Was mich daran erinnert an das Diktum von Wittgenstein, des alten Sprachphilosophen. Und er hat wohl sehr lange nachgedacht, um zu dieser Einsicht zu gelangen: „Die Bedeutung eines Wortes besteht in der Kenntnis der Regeln seines Gebrauchs.“ Wenn jeder diesen Satz beherzigen würde, bräuchten wir die ganze Diskussion nicht zu führen. Solche Debatten sind Schein-Debatten. Besser wäre es, unsere Energie auf die Regionen und Länder zu richten, wo Frauen und Mädchen bis heute unter dem Machismo leiden oder aus kulturell-religiösen Gründen oder verschwurbelt-verschwiemelter Wertetraditionen noch echter Diskriminierung ausgesetzt sind. Und ansonsten, meine sehr verehrten Damen und Herren (und zur Beruhigung, meine Damen, als Mann habe ich mich noch nie diskriminiert gefühlt, wenn die Damen bei der Anrede zuerst genannt werden) wissen wir ja, dass Männer von Haus aus erlösungsbedürftig sind: Wir danken an dieser Stelle ausdrücklich unserem Klassiker Goethe, der eine tiefe Wahrheit geschaut hat: „Das Ewig-Weibliche zieht uns hinan.“ In Demut treten wir beiseit und verzichten auf jede Gegenrede. – Wolfgang Rzehak


Leserbrief zu „Wurde auch Zeit“ von Evelyn Finger

Déjà vu? Als ob das irische Abtreibungsvotum katholische Christen nicht schon genug schmerzte, erinnert sie Evelyn Finger auch noch an vergangenes Leid. Ihre Kirche hat bedeutende moralische Positionen aufgegeben: „Sex vor der Ehe, Homosexualität, Zölibat, Ehescheidung“. Jahrtausende alte Verbote und Gebote, die sie nicht ohne Widerstand aufgegeben hat, oder um die sie noch kämpft, wie das Zölibat. Es ist keine Frage: Gesetze, die sich Menschen geben, sind so vergänglich wie ihr Leben. Wie schnell das geschehen kann, erfuhr 1973 der Bundesverkehrsminister. Lauritz Lauritzen musste in der ersten Ölkrise auf den Lieferboykott der OPEC reagieren. Er schlug ein Tempolimit auf den Autobahnen vor: 80 km/h vor An sich vernünftig. Es hätte den Benzinverbrauch gedrosselt. Bild und der ADAC  protestierten. Motiviert von den Autobauern? Das Limit wurde auf 100 km/h erhöht. Wie in den USA. Die Meute blieb ihm auf den Fersen. Bei 130  zeigte ihn eine Karikatur als Hasen auf  einem dritten Schild, darunter bellende Hunde. 1974 trat er zurück. Die allgemeine Tempobeschränkung wurde aufgegeben Und der Papst? Frau Finger wirft ihm vor, er lasse es an klaren Worten fehlen. Aber in der Schlacht um das Leben kann er nicht zurücktreten. Für ihn und seine Kirche ist der Fötus ein Mensch, der das Recht hat zu leben, sich aber gegen seine Tötung nicht wehren kann. Also entscheidet seine Mutter. Im deutschen Recht besteht wenigstens die Absicht, ihn zu schützen. Wenigstens das sollte europaweit erhalten werden. – Helmut Mehrer


Leserbrief zu „Wann hat sich Jürgen S. von dieser Gesellschaft verabschiedet?“

Dieser Artikel ist in meinen Augen schlechter Journalismus und ein großes Ärgernis. Ich bin sehr verwundert, dass er groß aufgemacht und prominent plaziert ist, und gleichzeitig von der Redaktion ungeprüft in die Zeitung gelangt zu sein scheint. Das Schicksal von Jürgen S. ist sicher bedauernswert. Zu was aber soll die durchgehende Kritik an den gesellschaftlichen Umständen führen? Jürgen S. kann sich jedenfalls bestätigt fühlen und weiter vor der schmerzhaften Erkenntnis schützen, möglicherweise mit seinen eigenen Einstellungen und Verhaltensweisen sein Schicksal mitgestaltet zu haben. Ein Aspekt unter vielen: seit wann gibt es ein Recht, im erlernten Beruf auf Dauer arbeiten zu können? Und warum wäre dieses gegenüber der Gesellschaft einklagbar? In dieser Hinsicht hat mich eine Patientin beeindruckt mit der Feststellung, sie und ihr Mann- beide beruflich erfolgreich, dabei aber ständig zu Anpassungen gezwungen- würden notfalls auch einen Würstchenstand eröffnen, um sich finanziell über Wasser zu halten. Als Psychotherapeut wirklich geärgert hat mich die Verächtlichmachung der therapeutischen Bemühungen in einer psychosomatischen Klinik. Auch an dieser Stelle lässt die Autorin die notwendige Distanz zu ihrem Gegenstand völlig vermissen. – Ulrich Pickelein


Leserbrief zu „Plötzlich ist der Wurm drin“ von Martin Spiewak

Es ist wahr und das seit Jahrzehnten. Schulen – nicht nur in Deutschland – erreichen die SchülerInnen nicht mehr. Statt das immer wieder zu beklagen und nach mehr LehrerInnen zu fragen, wäre vielleicht ECHTE Reformen mal zu benennen:
1. Stoffpläne sind seit 30 Jahren out, unterrichtet wird immer noch danach. Heute soll es ums Können gehen, der Weg dahin ist frei und wird von Schulen selten kreativ genutzt.
2. Schule und der Unterricht müssen mit dem Leben zu tun haben, haben sie aber meist nicht. Unter anderem deshalb: Was wissen BildungsgewinnerInnen, die LehrerInnen geworden sind, denn vom Leben der Flüchtlinge, MigrantInnen, inklusiven SchülerInnen, vom Stadtteil, vom Dorf?
3. Schule ist nur ein kleiner Teil der Bildungslandschaft, in der sich Kinder bewegen (90% der Wachzeit sind SchülerInnen bis zum 16. Lebensjahr NICHT in der Schule und lernen trotzdem viel). Kooperation wäre sinnvoll, selten praktiziert.
4. Grundschule hat fast überall nur 4 Jahre und mündet in den meisten Fällen in Selektion ab Klasse 4 Das erzeugt eine unnötige Hektik, bestimmt von den BildungsbürgerInnen, damit ihre Kinder ja das Abi schaffen.
5. Ganz am Ende sind Lesen, Schreiben, Rechnen Kulturtechniken zum Zweck, Welt zu verstehen und zu gestalten. Wenn man sich die traurigen, lustlosen Gestalten am Ende ihrer Schulkarriere ansieht, merkt man, das für diese die Schule nur etwas war, das man überstehen musste, nicht etwa einPlatz um Begeisterung auszuleben und Neugierde zu befriedigen.
6. Eine begeisternde Schule mit motivierten LehrerInnen und lebensnahem Unterricht und Projekten, schafft Zukunft, vor der man keine Angst haben muss. Mehr Mut zu neuer Qualität, statt immer wieder mehr LehrerInnen zu fordern. 1 Milliarde für Nachhilfe sind es schon jetzt   http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/nachhilfe-unterricht-in-deutschland-das-geschaeft-mit-der-nachhilfe-a-1135872.html, Sitzenbleiben kostet eine weitere Milliarde Euro http://www.bertelsmann-stiftung.de/de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/pid/sitzenbleiben-kostet-knapp-eine-milliarde-euro/  , total steigen die Kosten 9,1% vom BIP, ohne bessere Qualität zu liefern. – Harald Kleem


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Die im Betreff genannten Beiträge von Marie Schmidt, Ulrich Greiner und Ronald Düker bieten einen lesenswerten Überblick über das Thema. Zu einigen Aspekten dieser Thematik sind nach meiner Kenntnis bisher keine oder nur wenige Beiträge allgemein verfügbar. Ist es möglich, zu folgenden Fragen Informationen zu erhalten, ggf. durch weitere Veröffentlichungen in der ZEIT: Beziehen sich Forderungen nach Genderneutralität nur auf die schriftliche oder auch auf die mündliche Sprache? Wo wird eine „komplette Genderung“ gefordert bzw. angewandt (die Vermeidung bzw. Eliminierung sämtlicher generischer Maskulina), wo eine „Teilgenderung“ (das generische Maskulinum wird teilweise beibehalten, aber durch Doppelnennungen, Partizipialbildungen u.a. ergänzt)? Im politischen Spektrum wird genderneutrale Sprache besonders wahrnehmbar von „linken“ Parteien verwendet. Vor allem die Sozialdemokratie hat zunehmend Schwierigkeiten, ihre traditionelle Klientel anzusprechen bzw. zu mobilisieren. Existieren Studien oder Umfragen, in welchem Maße genderneutrale Sprache von Menschen befürwortet wird, die in nicht-akademischen Berufen oder sogenannten prekären Beschäftigungsverhältnissen tätig sind? Wie unterscheiden sich beispielsweise die Ansichten einer alleinerziehenden Krankenschwester von denen einer Universitätsprofessorin? Wie wird die Verwendung genderneutraler Sprache von Menschen ohne regelmäßige berufliche Tätigkeit beurteilt? Als Ziel genderneutraler Sprache werden vielfach gedankliche Sichtbarmachung verschiedener Geschlechter und sprachliche Gerechtigkeit angegeben. Sind darüber hinaus Untersuchungen bekannt, in denen Auswirkungen solcher Sprachverwendung auf andere Aspekte der Geschlechtergleichstellung nachgegangen wird, z.B. Beseitigung von Lohn- und Gehaltsunterschieden, Schutz vor Sexualdelikten, Vermeidung von Geschlechtsstereotypen in Massenmedien? Zum Thema selbst nur dies: Es soll nicht pauschal der Annahme widersprochen werden, die Verwendung des generischen Maskulinums führe zu einer gedanklichen Bevorzugung männlicher Personen und habe in bestimmten Situationen Auswirkungen auf das Verhalten weiblicher Personen. Bemerkenswert ist allerdings,  dass von denjenigen, die eine genderneutrale Sprachverwendung fordern, offenbar ohne weiteres eine Legitimation zur generellen sprachlichen Beeinflussung in dieser Hinsicht vorausgesetzt wird. Anscheinend herrscht hier ein Grundkonsens, Sprache in erster Linie als Manipulationsinstrument anzusehen und als solches auch zu benutzen, wenn es denn der Gerechtigkeit dient. – Friedrich Elshoff


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Euch geht’s offensichtlich zu gut. Habt Ihr keine brennenderen Probleme, als Euch angesichts dieser chaotischen Zeiten wegen des generischen Maskulinums oder gar der LSBTTIQ*-Sternchen die Köpfe einzuschlagen ? Der englische „friend“ inkludiert beispielsweise beide (vielleicht sogar „alle“) Geschlechter;  die Unterscheidung, wer jetzt gemeint ist, setzt aber Mitdenken voraus….;  mein Gebet lautet also auf schwäbisch: „O Herrin und o Herr, schmeiß Hirn ‚ra !“ Liebe Deutschinnen und Deutsche, Brüderinnen und Brüder, bleibt einfach auf dem Teppich  ! – Johannes Barth


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Ein typisch deutscher Text über ein typisch deutsches „Problem“, mit dem man sich in der ganzen Welt nur lächerlich machen kann. Ich empfehle Ihnen, sich einmal mit dem Aufbau der Sprache Japanisch zu beschäftigen: Sie würden nie wieder derartigen – Verzeihung – Unsinn darüber verfassen, ob, warum und ggf. wie Sexus und/oder Genus in einer Sprache abgebildet sein müssen. Zwei Stunden Grundkurs Japanisch – und Sie würden sich ob der Lächerlichkeit Ihrer Fallbeispiele und der daraus abgeleiteten Fehlschlüsse in Grund und Boden schämen. 90% aller Völker wären längst ausgestorben, wenn Sprache als Kommunikationselement so funktionieren würde, wie Sie glauben, oder müsste, wie Sie fordern. – Dr. Matthias Wagner


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Wenn Sie schon „gendern“, dann bitte „die Verteidiger und Verteidigerinnen des sogenannten generischen Maskulinums …“ oder: „die Verfechter und Verfechterinnen des generischen Maskulinums …“ oder: „die Liebhaber und Liebhaberinnen des generischen Maskulinums …“ In Ihrem Sinne „gegendert“ lese ich das so, daß ausschließlich Männer die Verteidiger, Verfechter oder Liebhaber des generischen Maskulinums sind. Sind Sie da so sicher? Und den Witz haben Sie auch nicht „gegendert“:  „Ein/e Norddeutsche/r fährt Aufzug. Steigt ein/e Bayer/in ein und sagt: ‚Grüß Gott/Grüß Göttin!‘ …“ – Raimund Scholzen


Leserbrief zu „Wurde auch Zeit“ von Evelyn Finger

Recht auf Leben. Sie jubeln, weil „irische Frauen und Männer bald selbst darüber entscheiden dürfen, ob sie ein Kind nicht bekommen wollen.“ Das verschlägt mir die Sprache, denn schlussendlich jubeln Sie, dass Frauen und Männer in Irland nun auch darüber frei entscheiden dürfen, wem Leben gebührt und wem nicht. Um nichts anderes geht es hier – wie auch überall sonst auf der Welt, wo die Frage der Abtreibung nicht mit einem kategorischen Nein beantwortet wird. Es geht also um das fundamentale Recht auf Leben eines jeden Einzelnen, das mit einem „liberalen“ Recht auf Abtreibung zur Disposition gestellt wird. Das Recht auf Leben ist aber absolut, selbst wenn in unserer Gesellschaft der Rechtsstaat sich auf einen faulen Kompromiss eingelassen hat, der immer zu Lasten derjenigen geht, die grundsätzlich bei keiner Abtreibung eine Stimme haben – den noch nicht Geborenen. Sie polemisieren, dass eine Frau, die ungewollt schwanger wird, dass werdende Eltern, die sich einem behinderten Kind nicht gewachsen fühlen, dass eine Vergewaltigte ein gezeugtes Kind nicht will, doch Gründe seien, die allesamt ausreichen würden, um werdendes Leben töten zu dürfen. Ich bedauere, sehr geehrte Frau Finger, das tut keiner dieser Gründe – aus menschlicher Sicht. Ein Leben ist für den, der es erfährt, von Gott gegeben. Ich darf es ihm oder ihr nicht nehmen, nicht einmal dann, wenn diesem Leben ein Verbrechen zugrunde liegt. Dafür kann dieser Mensch, um dessen Leben es geht, nichts, aber auch rein gar nichts. Das Recht auf Leben darf niemandem genommen werden. Einzig um den Preis des Leben eines anderen Menschen. Diese Ausnahme hat das irische Abtreibungsrecht aber bislang vorgesehen. Einen Aspekt, den Sie leider nicht aufgreifen. Ich meine damit: Das Recht auf Leben ist universal und gilt von Beginn an und darf durch keine Lebenssituation eines anderen Menschen aufgehoben werden, die nicht auch fundamental sein Recht auf Leben aufzuheben droht. Leben und Gesellschaft. Sie fokussieren Ihre Kritik auf die katholische Kirche und prangern ihre Einstellung als unbarmherzig an. In der fundamentalen Frage des Lebens liegen Sie damit falsch, denn die katholische Kirche tritt fundamental wie niemand sonst für das Recht auf Leben ein. Jedoch zielt der Kern Ihrer Kritik auf einen Missstand unserer Gesellschaft, den auch und vielleicht gerade die katholische Kirche in Ihrer Haltung zur Abtreibung nicht wahrnimmt: Menschen werden in ihrer Not allein gelassen. Es helfen oft nicht einmal familiäre Bande, weil bei besonderen Belastungen die betroffenen Menschen auch und mitunter gerade dort ausgegrenzt werden: eine ungewollte Schwangerschaft – muss das denn sein? ein behindertes Kind – das hätte doch heute verhindert werden können! Vergewaltigung – lass es wegmachen! Die heute schon vorhandenen Hilfen für die Betroffenen können dabei vor allen Dingen nicht deren Ausgrenzung verhindern. Darf deshalb ein noch nicht geborener Mensch in seinem Recht auf Leben beschnitten werden? Sicher nein! Was aber tun? Das Dilemma lässt sich nur auflösen, wenn den Menschen, die vor der Herausforderung stehen, ihr Leben und das Leben des werdenden Kindes zu meistern, die volle gesellschaftliche Unterstützung zuteil wird – und sei es, dass sich diese Unterstützung anfänglich auf den Staat beschränkt. Ein wesentlicher Schlüssel für einen Ausweg aus dem sinnlosen Töten von werdendem Leben kann gewiss darin bestehen, das Adoptionswesen in unserer Gesellschaft zu stärken, Erziehungspartnerschaften zu definieren, überhaupt ein Netz aufzubauen, das Familien bei großen Herausforderungen trägt und nicht zuletzt ein politisch initiierter Bewusstseinswandel, der sich wirklich der Inklusion aller Menschen in unserer Gesellschaft verschreibt. Zusammenfassung: Zu naiv? Zu viel Aufwand? Zu undifferenziert? Ich sage: Jedes Leben, das heute noch ausgelöscht wird, weil es die individuelle Lebenssituation der werdenden Eltern unzumutbar belastet, ist ein Verbrechen, ein Skandal, der uns alle betrifft und wachrütteln muss. Deshalb gehört jede Abtreibung, die nicht die Rettung des Lebens der Mutter zum Gegenstand hat, heute und zukünftig verboten. Wenn aber das Leben eines werdenden Menschen das familiäre Umfeld zu überfordern droht, muss die Gesellschaft hier spürbar  entlasten und dabei begreifen: Jeder, aber auch wirklich jeder Mensch ist gewollt – und er oder sie ist es wert! – Peter Voßwinkel


Leserbrief zu „Seine Experimente sollten helfen, Parkinson und Demenz zu heilen“ von Moritz Aisslinger

Ihr sehr engagierter und größtenteils sehr gut recherchierter und sehr anschaulich geschriebener  Beitrag wirft die Frage auf, darf der Mensch Tiere benutzen. Die Kontrollkriterien sollten streng und vernünftig sein, dann darf man das. Nach Ihrer Beschreibung war das bei der Arbeit von Nikos Logothetis  der Fall,  deshalb teile ich seine Einstellung, gegen die Verleumdungen, Bedrohungen und bewußt verfälschende Berichterstattung „ ein Zeichen zu setzen und Position zu beziehen.“ Auch ich möchte weiterhin am medizinischen Fortschritt teilnehmen. In Ihrem Beitrag haben Sie auf 2,5 Seiten erfolgreich und zu Recht die  guten Tierquäler, die mit höchsten Standards dem medizinischen Fortschritt dienen, verteidigt. Dann beschreiben Sie als Kontrapart die bösen Tierquäler die sich mit der Bereitstellung von Fleisch befassen.. Es werden700 Milionnen Geflügeltiere und 60 Millionen Schweine „umgebracht“ von den Jägern werden 4 Millionen „Tiere aus dem Leben gerißen.“230 000 sterben im Straßenverkehr. Soko Tierschutz der Nikos Logothetis reingelegt hat, dient Ihnen mit dem Schlachthof Düren und einem  Milchhof in Sachsen- Anhalt, der vernachlässigt wurde, weil der Bauer depressiv geworden ist, als Beispiel. Kritiklos und unkommentiert wird Peta  von Ihnen  bemüht. 6 Millionen Mitglieder sind keine Rechtfertigung für Aktionen: Der Holcoust auf Ihrem Teller, KZ Häftlinge im Vergleich mit Hühnern und Schweinen in der „Massentierhaltung.“ Erst entgleisen die Worte und dann die Taten. In mehreren Campangen und vielen Beiträgen aber nicht allen, haben Redakteure der „Zeit“ wesentlich an der unsäglichen Berichterstattung über die Tierhaltung in Deutschland beigetragen. Nach Ihrer Enttäuschung über unfaire und bösartige Berichterstattung über Ihr Anliegen,  hoffe ich, daß in Zukunft in der „Zeit“ nur noch gut informiert und sachlich  über Themen der Tierhaltung diskutiert wird. Rainer Heukamp


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Ich wundere mich sehr darüber, dass Sie in Ihren Ausführungen an keiner Stelle darauf hingewiesen haben, dass die gegenwärtige amtliche Regelung der deutschen Rechtschreibung auch verschiedene Möglichkeiten vorsieht, wie entsprechende Doppelformen dargestellt werden können. Dies kann einerseits mithilfe von Klammern (1) und andererseits mithilfe des Schrägstrichs (in Kombination mit einem Bindestrich) (2) erfolgen: (1) Schüler(innen), Lehrer(innen), Mitarbeiter(innen) (2) Schüler/-innen, Lehrer/-innen, Mitarbeiter/-innen. Es ist übrigens zu beobachten, dass der nach der amtlichen Rechtschreibregelung erforderliche Ergänzungsbindestrich aus typografischen Gründen häufig weglassen wird (3) (vgl. auch Stang/Steinhauer: Duden. Komma, Punkt und alle anderen Satzzeichen. Dudenverlag, Berlin 2018). (3) Schüler/innen, Lehrer/innen, Mitarbeiter/innen. – Christian Stang


Leserbrief zu „Wann hat sich Jürgen S. von dieser Gesellschaft verabschiedet?“

Auch ich bin Jahrgang 1959, kenne leider auch Arbeitslosigkeit, aber der Satz „Er weiß nicht, ob das arrogant ist, aber will nichts machen, was nicht seiner Ausbildung entspricht“ löst bei mir großes Entsetzen aus. Für mich drückt es nach 14 Jahren Arbeitslosigkeit nicht einmal mehr Arroganz aus, aber ein extrem großes Anspruchsdenken, wenn denn ALG2 von der Allgemeinheit, sprich allen Steuerzahlern (das sind vielfach diejenigen, die arbeiten), als Existenzminimum zur Verfügung gestellt wurde. Man kann darüber klagen und streiten, ob es ein Recht auf Arbeit geben sollte, was unser Grundgesetz zurzeit jedoch nicht vorsieht, aber jeder Arbeitslose ist verpflichtet, selbstständig eine neue Anstellung zu finden, ab  ALG2  jede zumutbare Arbeit aufzunehmen, auch zwei 450€ Jobs sind möglich, um den Lebensunterhalt (zumindest das Existenzminimum) selbst zu bestreiten und nicht die Allgemeinheit über Jahre zu belasten. Aus dieser sicher schwierigen  Lebenssituation heraus, kann man immer noch versuchen zurück in den alten Beruf zu gelangen. Wo steht geschrieben, dass ich ein Arbeitsleben lang in meinem erlernten Beruf arbeiten darf/muss, bei Arbeitsplatzwechsel das gleiche Einkommen bekomme wie vorher?! Eine Sozialgesellschaft gibt und nimmt immer in beide Richtungen, ansonsten ist ihr Bestand auf Dauer gefährdet. Übrigens muss auch ich, als freiwillig Versicherter, meine Brille selbst bezahlen. – Peter Schmidt


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Ich habe das Heine-Gedicht in meine Muttersprache Persisch übertragen. Und bei Gott! Die Vorstellung von dem Fichtenbaum, der sich nach einer Palme sehnt, wurde nicht weniger zart und poetisch, nur weil der „Fichtenbaum“ plötzlich nicht mehr männlich und die Palme nicht mehr weiblich war. Als eingefleischter Emigrantin ist mir das Genus seit Jahrzehnten ein Dorn im Auge. Und doch bin ich gegen das „Gendern“ (!) der Sprache. Dies wäre nur ein ideelles Landgewinnen für das postmoderne Denken bzw. die Feministen, die um die historisch bedingten Marotten der deutschen Grammatik diesen Kampf und Krampf veranstalten, statt die tagtägliche Verdummung, Verdinglichung und Erniedrigung des weiblichen Geschlechts in der Werbung, Mode, Kosmetikindustrie, dem Kino u. ä. effektiv zu bekämpfen. – Mitra Gaast


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Während das Inhaltsverzeichnis den Beitrag von Marie Schmidt als „Plädoyer für ein anderes Schreiben“ betitelt, heißt es in der Überschrift des Artikels: „Deshalb müssen wir anders sprechen und schreiben als bisher.“ Dies weist auf eine erhebliche Schwäche aller drei Ausführungen zum Titelthema hin: Zwischen gesprochener und geschriebener Sprache wird nicht in der gebotenen Weise systematisch unterschieden. Vielmehr werden sie gleichsam als ein einheitlicher Gegenstand behandelt. Sprachlicher Wandel beispielhaft in semantischer, morphologischer und syntaktischer Hinsicht verläuft in Laut und Schrift aber in unterschiedlichen Formen. Und viele nun vorgetragene Änderungsvorschläge klammern sich an die Schrift.  (Nebenbei gesagt hat der  – mit Verlaub –  Idiotenapostroph (Else’s Auto) in der gesprochenen Sprache keine Veränderung bewirkt.) Beim anerkannten Primat mündlicher Sprache kommt es auf die einzelne Sprecherin und den einzelnen Sprecher an, Veränderungen zu bewirken. Dabei stimmt es ermutigend, dass das einzig Beständige an der Sprache ihre Unbeständigkeit ist. Unbeantwortet bleibt die Frage, was unter einer gerechten Sprache zu verstehen ist. Dieses Konstrukt erschließt sich mir bislang nicht. – Detlef Hacker


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

In der Debatte um eine gerechte Sprache wird zu sehr vom Einzelwort her argumentiert. Gewiss sind Wörter auch Denkvorgaben. Sie können uns aber nicht festlegen, weil das Wunderwerk der Grammatik / Kombinatorik das Denken befreit. Wie kommt es, dass man im Deutschen, so wie es gewachsen ist, die herrlichsten feministischen Traktate verfassen kann? Entscheidend sind letztlich Texte, in denen sich die Sprache auch selbst widerlegen kann.  Ähnlich die Sache mit den Eskimosprachen. Man hat sie gerühmt, weil sie mehr Wörter für Schnee hätten. Und glatt übersehen, dass man in deutschen Texten alle möglichen Schneesorten beschreiben kann, mühelos. – Wolfgang Butzkamm


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Da versuchen doch tatsächlich welche, das Pferd vom Schwanz her aufzuzäumen! In allen Veröffentlichungen, so fällt mir auf, in denen mit Sternchen und Unterstrich oder Binnen-I für eine geschlechtergerechte Sprache geworben wird, kommt zigmal Sprache, sprechen, Sprache, sprechen und immer wieder Sprache vor, aber kein Wort darüber, wie ich diese Zeichen beim tatsächlichen Sprechen wiedergeben soll. Man müsste sich da auf ein klares Signal einigen, das der Sprechende von sich gibt, denkbar wäre beispielsweise ein lautes Schnalzen mit der Zunge an der richtigen Stelle. Ich will mit diesem überzwerchen Vorschlag den Neuerern deutlich machen, dass sie auf dem Holzweg sind und ihnen zurufen: Beschäftigt euch bei eurer Suche nach geschlechtergerechten Lösungen erst einmal mit der Sprache selber und dann erst mit Vorschlägen für den geschriebenen Text! Habt ihr verstanden? Mit der S-p-r-a-c-h-e, das kommt von sprechen, nicht von schreiben. Wenn ihr etwas gefunden habt, woran ich zweifle, dann kann man darüber reden, wie sich das im Schriftlichen darstellen lässt. Und nicht umgekehrt! Der deutsche Rechtschreibrat samt Duden fühlt sich zu Unrecht aufgerufen. Soweit sind wir noch nicht. Erst muss festgelegt werden, was es ist, das da rechtgeschrieben werden soll. Im Übrigen darf nicht übersehen werden: Angenommen diese Genderifizierung gelänge, dann entstünde alsbald auch ein verändertes Sprachgefühl. Das ist ja auch das Ziel der Neuerer und das würde auch allmählich die Erträglichkeit der neuen Formulierungen verbessern. Aber: Gleichzeitig würden viele Texte im alten Sprachgebrauch, wie sie unsere Bibliotheken füllen, rückwirkend beschädigt, weil sie  nachträglich einer verfälschenden Zielgruppenhalbierung unterworfen würden. – Prof. Dr. Bernt Spiegel


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Vielen Dank zur Diskussion um den – wahrlich nicht einfach zu lösenden – Konflikt zwischen geschlechtsgerechter und ‚schöner‘ Sprache bzw. Schreibweise. Für mich, als Vater einer – von mir immer geförderten und mentalbekräftigten – 21-jährigen Tochter und als Seelengefährte einer modernen, gebildeten und eigenständigen Frau, ist es selbstverständlich, daß eine sprachliche Bezeichnung immer beide Geschlechter betrifft, daß Frauen die selben Rechte und Chancen haben (sollen), daß Frauen gleichberechtigte Partnerinnen sind, etc. Natürlich gibt es Bezeichnungen, Formulare, o.ä., die tatsachlich neutral oder ‚ausgleichend‘ gestaltet werden sollten (‚Studierende‘, ‚Auszubildende‘, etc). Dies sollten wir als Gesellschaft gemeinsam angehen, da es dabei auch um unsere gemeinsame Sprache geht. Aber: – Müssen wir unser wunderschöne Sprache deshalb wirklich bis über dieGrenze der Lesbarkeit hinaus zerstückeln ? – Sollten wir die laufende, sprachliche Weiterentwicklung nicht lieber von einer Diskussion um ‚Macht‘ oder ‚Sichtbarkeit‘ trennen ? Die in der feministischen Linguistik stark kritisierte Asymmetrie in der Geschlechtsform von Rollenbezeichnungen erscheint mir dabei oft zu kleinlich. Moderne – und somit meist starke und selbstbewusste – Frauen sollten damit gelassener umgehen (können) – auch mit dem unter Sexismus-Verdacht stehende ‚generischen Maskulinum‘. Bei der ganzen Diskussion um die ‚geschlechtergerechte Sprache‘ frage ich mich, ob von dieser feministischen Seite aus eigentlich schon mal jene umgedrehte Asymmetrie festgestellt bzw. bedacht wurde, daß in der deutschen Sprache alle (!) Substantive – egal, ob sie im Singular ursprünglich den weiblichen, männlichen oder neutralen Artikel besitzen – im Plural dann ausnahmslos den weiblichen (!) Artikel vorangestellt bekommen ? ! Also: DIE Frau – DIE Frauen,
aber: DAS Haus – DIE Häuser, DER Mann – DIE Männer. Selbst beim wohl männlichsten Körperteil überhaupt wird daraus: DER Penis – DIE Penisse. Ändert dies denn etwas an dessen sozialer Rolle bzw. biologischer Funktion ? Nein ! Hat sich schon mal ein Mann über den weiblichen Plural-Artikel beschwert ? Macht der weibliche Artikel die Männer gar sprachlich unsichtbar ? Nein, denn diese geschlechtsübergreifende Kombination ist für uns sprachlich derart selbstverständlich, daß sie keinem mehr auffällt – also eigentlich eine elegante Lösung. Vielleicht sollten wir die in der deutschen Sprache vorkommende Kombination deshalb mal aus einer versöhnenden, gemeinsamen Sicht betrachten:Weiblicher Artikel + generisches Maskulinum = Es sind alle gemeint Also: Exaktheit in der Sprache ist oft sinnvoll und förderlich, aber eben nicht Alles. Was hält denn Frauen vermeintlich ‚klein‘ ? Ist das heutzutage denn wirklich immer noch ‚die Sprache‘ oder ‚die Männer‘ ? …oder sind es teilweise gar ‚die Frauen‘ selbst ? Ich finde es bei diesen Diskussionen auch schade, daß sich viele Frauen – bzw. die sie vermeintlich ganzheitlich vertreten wollenden Feministinnen – immer wieder selbst in die Rolle des Opfers stellen, aus der heraus sie verlangen, daß ‚Andere‘ (sprich die Männer, die Gesellschaft, der Staat, die Institutionen, etc) etwas ändern sollen, damit die Frauen ‚endlich mal‘ die ihnen zustehende Rolle einnehmen können. Aus meiner Sicht liegt unser gesellschaftliches Problem in der Rollenverteilung von Frauen und Männern aber anderswo als bei der Sprache, u.a. sind dies: – Nach wie vor massiv fehlende, bezahlbare Möglichkeiten zur (Ganztags-)Betreuung von Kindern, so daß Mütter stressfrei ebenfalls arbeiten und ihren Platz in der Arbeitsgesellschaft einnehmen könne- Mehr Mut bei den Frauen, beruflich Verantwortung zu übernehmen, anstatt sich oft selbst in die zweite Reihe zu stellen- Mehr Mut bei den Frauen, bei der beruflichen Orientierung mal nach links und rechts zu schauen (MINT-Fächer!), anstatt darüber zu jammern, daß Ingenieure mehr verdienen als Friseurinnen (…was einer der signifikanten Gründe für das ‚gender-pay-gap‘ ist, aber auch für den Mangel an Fachkräften im technischen Bereich !- Echte Gleichberechtigung für Väter bei den Regelungen im Scheidungsrecht, damit der Aufenthalt der Kinder und der Unterhalt wirklich gerecht und geschlechtsneutral aufgeteilt werden können, ohne von Vornherein zwischen ‚Bezahler‘ (= männlich) und ‚Empfangende‘ (= weiblich) aufzuteilen. – René Rade


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Verbessern wir die Welt mit großem Binnen-I, Unterstrich und Genderstern! Das Aussprachetechnische kann ja kein großes Problem sein. Frau / man müsste nur die Methode der phonetischen Interpunktion nach Viktor Borge entsprechend adaptieren – praktische Demonstrationen hierzu siehe Youtube. Alle genannten Formen folgen dem gleichen Prinzip: Zuerst kommt die maskuline Endung, dann folgt die feminine. Was lehrt uns das? – Klarer Fall: Der Mann ist und bleibt die Nummer eins, das weibliche Geschlecht das Anhängsel. Besonders schön ist das große Binnen-I, dieses einmontierte Phallussymbol, augenfälligster Ausdruck des Bemühens, den Penisneid wenigstens auf graphisch-symbolischer Ebene zu kompensieren. – Reinhold Westphal


Leserbrief zu „Die Rückkehr der Menschenfeindlichkeit“ von Harald Welzel

Herr Welzer hat leider Recht: Der Kampf gegen die Rückkehr der Menschenfeindlichkeit erfordert für jeden und jede „im Privaten, im Freundeskreis etc. für Minderheiten einzutreten“. Denn leider hat sich diese Menschenfeindlichkeit schon ganz nah herangeschlichen an die ganz private Umgebung, sich hineingefressen in Freundeskreis und Familie, wo selbst Menschen im nächsten Umfeld, für deren Toleranz ich immer eine Hand ins Feuer gelegt hätte, bedenkenlos Vorurteile äußern – und Schlimmeres. Ich will daher den Appell von Herrn Welzer aufgreifen und auf eine – ziemlich subtile – Stimmungsmache eine Seite vorher in dem Artikel „der  neue, alte Weg“ von Herrn Klingst aufmerksam machen. Der Artikel ist sehr sachlich und liefert mir endlich eine Erklärung, warum trotz des angeblich funktionierendem Türkei-Deals und Wiederinkraftsetzung des Dublin-Verfahrens immer noch jedes Jahr knapp 200 000 Flüchtlinge über die Grenze nach Deutschland kommen. Diese Erklärung lautet: Sie kommen zum Teil auf neuen Routen, zum Teil auch aus der Türkei auf dem Landweg trotz Deal, aber auch deshalb, weil Deutschland niemanden mehr direkt an der Grenze abweist, sondern auch nicht Schutzberechtigte erst einmal ins Land lässt und hier registriert. So weit so gut. Der allerletzte Satz macht leider den Artikel völlig kaputt und fügt der guten Information eine Stimmungsmache hinzu, die völlig unnötig ist. Dieser Satz lautet : „Horst Seehofer will das nicht ändern“. Wenn Herr Klingst der Meinung ist, es gäbe hier Änderungsbedarf, soll er den Mumm haben, aufrichtig zu seiner Meinung zu stehen und sie nicht lediglich andeuten. – Dr. Dirk Kerber


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Als wenn wir keine anderen Probleme hätten, würde sicher eine deutliche Mehrheit deutschsprachiger Menschen antworten, würden sie auf Fragen der Geschlechtergerechtigkeit unserer Sprache angesprochen. In den Nachwendejahren fiel mir auf, wie selbstbewusst DDR-Frauen sagten ich bin Ingenieur oder ich bin Chemiker. Sie verzichteten auf das -in ohne sich diskriminiert zu fühlen. Für mich steht jedoch außer Frage, dass das -in dazu gehört. Insofern ist eine Frau fraglos eine Kundin. Müssen deshalb Banküberweisungen und hunderte ähnliche Formulare geändert werden, nur weil sie ein generisches Maskulinum verwenden? Ich bin sicher, die Mehrheit der Frauen ist selbstbewusst genug damit leben zu können. Der Kampf für gleiche Bezahlung ist viel wichtiger. Übrigens, im Französischen heißt l’homme, wie wir wissen, der Mann, aber auch der Mensch. Mann gleich Mensch, welche Ungeheuerlichkeit, und keiner regt sich darüber auf. Davon sollten wir lernen, wir deutschen Menschen. Pardon! Und Menschinnen natürlich. – Werner Bitter


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Eigentlich empfinde ich das hier auf gewaltig viel Raum entfaltete Thema ungefähr so notwendig wie einen Kropf. Ich bin halt ein Mann. Aber ich verstehe, dass eine Menge Leute ihr Herzblut in diese Debatte einbringen. Alle meinen es ja nur gut. Vielleicht sah auch die Redaktion der ZEIT nur ein Sommerloch auf sich zu kommen.  Sei´s drum – ich will´s nicht tadeln. Aber gerade als Uninteressiertem kamen mir unwillkürlich ein paar Gedanken, an die im Eifer der Debatte die Beteiligten beiseite ließen. Vielleicht lohnt es, sie noch zu bedenken. Sie könnten ja die Hitze der Auseinandersetzung etwas herunter zu kühlen:
1. Die deutsche Grammatik behandelt Frauen ungerecht, wenn die in allgemeinen Begriffen (wie „Kunde“ auf dem Sparkassenformular) „nur mitgemeint“ sind. Zugegeben: Auch ich empfinde das so. Aber ist es eine Ungerechtigkeit, deretwegen es sich lohnt, vor Gericht zu ziehen? Wären etwa durchweg Zinssätze für Männer günstiger als für Frauen, dann hielte auch ich den Gang zum Gericht für zwingend. Dann hätte er aber auch bestimmt Erfolg. Bei derzeitiger Lage kann ich nur feststellen: Sehr schmal ist der Grat zwischen berechtigtem Anliegen und Lächerlichkeit.
2. Hat eigentlich schon einmal jemand von Eiferern und Eifererinnen (welch schöne Sprachblüte dank dem Streben nach Gerechtigkeit!) bedacht, dass dies unwillkommene „Mitgemeintsein“ die Frauen immerhin Menschen bleiben lässt. Ist dem gegenüber nicht weitaus schlimmer, dass unsere Sprache Kinder unter die Sachen einordnet? Da wird Menschenwürde verweigert – Verfassungsbruch! Sind in der Richtung eigentlich schon Sprachreformen eingeleitet oder wenigstens angedacht? Oder könnten wir uns der Einfachheit halber in beiden Fällen und auch im Blick auf die mehr als zwei Geschlechter mit der strikten Trennung von Genus (bitte hier keinesfalls Doppel-s!) und Sexus zufrieden geben?
3. Als Deutsche mit hinreichend tiefen Wurzel in unserem Land ist Deutsch unsere Muttersprache. Heißt das nicht: Wir verdanken sie weitgehend dem weiblichen Teil unserer Ahnen? Wenn ja, ist es dann völlig ungerecht, wenn die Urheberinnen der vorhandenen Ungerechtigkeiten  unter diesen ein wenig stärker leiden als der männliche und zumindest hieran weniger schuldige Rest?
4. Jede Sprache unterliegt auch einer Sprachökonomie. Hätten wir es nicht alle gern klar, kurz und treffend (Lyrik und Verwandtes einmal ausgenommen)? Ich zweifle nicht daran, dass sich in jeder Sprache alles, was vermittelt werden soll auch, auch exakt und gerecht ausdrücken lässt, sofern das überhaupt sprachlich möglich ist. Doch der Aufwand an Zeit, Denkvermögen, Aufmerksamkeit usw. wächst bei erhöhten Anforderungen. Zusätzlicher Nutzen wird jedoch meist  bald gegen Null gehen.
5. Für gutes und verständliches Reden hat einer, der das wirklich konnte, schon vor Jahrhunderten empfohlen: Es gilt, „dem Volk aufs Maul zu schauen“. Dem Volk! Nicht Germanistikseminaren, Politikzirkeln, Redaktionsstuben oder Ähnlichem. –  Aber der war ja auch ein Mann, noch dazu fiel er gelegentlich als Möchtegern-Synagogen-brandstifter und Möchtegern-Bauernschlächter auf. Niemand muss ihn also ernst nehmen. Aber immerhin haben auch seine erbittertsten Gegner seine Verdienste um die deutsche Sprache nicht bestritten.
6. Wäre Englisch die bessere Wahl? Mag sein, aber  hat schon jemand über folgendes nachgedacht:  Welches Frauenbild transportiert eine Sprache, der Schiffe grundsätzlich als weiblich gelten? Auch Schlachtschiffe und Atomwaffenträger, die zu nichts taugen als zum Zerstören und massenhaften Töten! Na, mit viel Glück vielleicht auch gerade noch so zum Abschrecken. Typisch weiblich und gerechter als unsere Sprache? Wer nicht zwischen biologischem und grammatischem Geschlecht unterscheiden will oder kann, der gewinnt durch die englische Sprache wohl eher Verständnis für Heinrich VIII. – Helmut Steiner


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Es muß sich schon um ein sehr bedeutendes Problem handeln, wenn die Geschlechtergerechtigkeit in der deutschen Sprache von der „ZEIT“ zum Titelthema ihrer Ausg. Nr. 23 erhoben wird. Eine Autorin und ein Autor versuchen, das Für (Frau M. Schmidt) und Wider (Herr U. Greiner) eine entsprechende Wandlung im Sprachgebrauch zu begründen. Herr Ron Düker – Anmerkung: Der Gerechtigkeit halber wäre es hier angebracht gewesen, auch eine Frau zu beteiligen – berichtet, wie dieses Thema die sprachwissenschaftlichen Gremien des Landes (Rat für Rechtschreibung und Duden) sowie Sprachwissenschaftler beschäftigt und offenbart dabei, welche Blüten im negativen Sinn die Behandlung dieses Themas in den Fachkreisen treibt, bzw. schon getrieben hat. Als normaler Leser meine ich, dass Sprache das natürliche Ergebnis einer vieltausendjährigen Entwicklung ist und allen Anforderungen, auch der Geschlechtergerechtigkeit, sehr wohl zu genügen vermag. Es bedarf keiner Sternchen, Striche und umständlicher Schreibweisen, um zu zeigen, dass die Gleichberechtigung der Frau gewährleistet ist. Im konkreten Fall wird ohnehin die weibliche Form auch ohne jedwede Reglementierung problemlos verwendet. Ich erkenne daher keine Notwendigkeit, am bisherigen Sprachgebrauch einschließlich der Schreibweise etwas zu ändern, nur weil eine Minderheit, die noch lange nicht „der Staat“ ist, dies so will. Das Titelthema hat aber bewirkt, über das Geschlecht vieler Wörter nachzudenken, z. B.: Warum ist Bundeswehr / Armee weiblich, Krieg aber männlich? Analog: Sonne und Planet. Folgte man / frau also den Sprachreglern müsste jedes Substantiv auf den generischen Prüfstand. Wie soeben gezeigt, könnte das Wort Mann sogar um ein „n“ gekürzt und in der Summe viel Druckfläche und -schwärze gespart werden. – Hans Anhoeck


Leserbrief zu „Plötzlich ist der Wurm drin“ von Martin Spiewak

Wenn man  Grundschullehrern immer mehr aufbürdet  wie  mit der Inklusion, den Migranten ohne Deutschkenntnisse, der Ganztagsbetreuung  und der Erziehung der Kinder, muss man sich über eine Überforderung der   Lehrer und erwähnte  Leistungsdefizite nicht wundern.  Das Spektrum bei Leistungsvermögen und Verhaltensweisen ist schon in einer „normalen“ Klasse sehr hoch und verlangt  den Lehrern  ein hohes Maß an Einsatz bei der individuellen Förderung  und Erziehungsarbeit ab. Inklusion sollte daher nur in bestimmten Fällen und bei Vorliegen der  erforderlichen Rahmenbedingungen erfolgen. Und Zuwanderer dürften erst dann in Regelklassen integriert werden, wenn sie vorab in Vorbereitungsklassen mit der deutschen Sprache vertraut gemacht wurden. Ferner müsste man  das Image des Lehrerberufes  verbessern und seine Wertschätzung  erhöhen. So sind Lehrer keine „faulen Säcke“ oder „Halbtagsjobber“  mit zu viel  Freizeit und Ferien. Auch in ihrer sog. unterrichtsfreien Zeit haben sie eine Menge  zu erledigen wie  Unterricht vor- und nachbereiten,  Klassenarbeiten  und Hausaufgaben nachsehen, Zeugnisse und Gutachten schreiben, Elterngespräche, Konferenzen, Versammlungen, Schulfahrten, Feste und Feiern vorbereiten und durchführen, sich fortbilden, mit außerschulischen Einrichtungen zusammenarbeiten  etc. Nicht zuletzt ist es an der Zeit, die Tätigkeit des Grundschullehrers mit einem angemessenen Gehalt zu honorieren. – Gabriele Gottbrath


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Sehr überrascht las ich bei Ihnen, dass Autofahrerinnen einen Führerschein haben  –  haben die nicht einen Führerinnenschein?? Ich habe mich immer gewundert, dass betont feministische Kolleginnen vor oder nach dem Unterricht ins „Lehrerzimmer“ kamen, wie sie selber sagten, und dort etwas in ihrem „Lehrerkalender“ nachschlugen; keine einzige kam ins Lehrerinnen- und Lehrerzimmer, um dort ihren Lehrenden-Kalender zu zücken. Sprechfaulheit schlägt Ideologie, dachte ich mir dann. Und was haben die eingangs von Ihnen erwähnten Australier und Australierinnen, zurückgekehrt in ihr Vaterland  –  nein: Elternland, denn in ihrer Muttersprache –  nein: Erziehenden-Sprache, ihren Bekannten erzählt? Hatten sie nicht fans getroffen, friends gefunden und citizens kennengelernt, nette germans  – und wussten ihre Gesprächspartner da sofort, welches Geschlecht die gehabt hatten? Und das Französische? Die dritte Person Plural lautet nicht nur einfach „sie“, sondern entweder „ils“ oder „elles“  –  ist nur ein einziger Mann in einer Gruppe, muss man „ils“ benutzen! Da lobe ich mir doch den geschlechtergerecht formulierenden  Vereinsvorsitzenden, der uns „liebe Mitgliederinnen und Mitglieder“ tatsächlich zur „Mitgliederinnen- und Mitgliederversammlung“ einlud. – Burckhardt Großbach


Leserbrief zu „Plötzlich ist der Wurm drin“ von Martin Spiewak

Wie die Redaktion weiß, habe ich schon vor vielen Jahren das Bildungswesen beklagt. Ich habe alles geschrieben was es dazu zu sagen gibt. Und Sie sprechen von „Plötzlich“. Sie erwähnen wichtige Baustellen in der Bildung gar nicht, obwohl ich Ihnen das alles schon erzählt habe. Das macht mich fuchsig. Es verhallt in Ihrer Redaktion und immer noch schreiben Ihre Autoren nur Halbwissen. Für mich ist das Thema gestorben. Wechseln Sie die Politiker aus und lassen Politiker ran, die über einen gesunden Menschenverstand verfügen. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Plötzlich ist der Wurm drin“ von Martin Spiewak

Völlig zu Recht machen Sie auf eine dramatische Entwicklung im Bereich der Grundschulen aufmerksam: Über Jahre hinweg ist die Prognose des Lehrerbedarfs völlig an der Realität vorbeigegangen. Erst vor wenigen Wochen hat die Kultusministerkonferenz eingeräumt, dass im Jahre 2025 von einer Schülerzahl von 11 Millionen auszugehen ist. Das sind 1.3 Millionen mehr als bisher angenommen wurde. Die falsche Vorhersage hat zu einem gravierenden Lehrermangel geführt. Er ist an Grundschulen in den Bundesländern zwar unterschiedlich groß, führt aber vielerorts dazu, dass erschreckend viele Lücken mit Lehrkräften ohne entsprechende Ausbildung gestopft werden – z.B. indem Gymnasiallehrer plötzlich in der Grundschule unterrichten sollen. Einige Bundesländer weigern sich unverändert, Grundschullehrer nach der gleichen Stufe zu vergüten wie andere Lehrkräfte und halten ein um zwei Semester kürzeres Studium als Vorbereitung auf die Arbeit mit dieser Altersgruppe für ausreichend. Gerade dort, wo pädagogische Kompetenz zum Ausgleich von Benachteiligung am dringendsten gebraucht würde, wird gespart! Angesichts der Herausforderungen, vor denen die Grundschulen stehen, ist das unverantwortlich: Inklusion von Schülern mit und ohne Behinderungen, wachsende Zahlen von Schülern mit sozial-emotionalen Störungen und Schülern mit Migrationshintergrund, die besonderer pädagogischer Unterstützung bedürfen. Genau diese Unterstützung ist aber unmöglich, wenn es an gut ausgebildeten Lehrern fehlt, die über das didaktische Wissen verfügen, wie unter ungünstigen Entwicklungsbedingungen dennoch erfolgreich altersgemäße Lese- und Rechtschreibfähigkeiten erworben können und gravierenden Unterrichtsstörungen begegnet werden kann. Die Forderung an die Kultus- und Wissenschaftsministerien muss lauten: a) bedarfsgerechte Erhöhung der Zahl der Studienplätze für Grundschulpädagogen, Erhöhung der entsprechenden Stellenzahl in den Hochschulen, Angleichung der Studiendauer und der Vergütung an die anderen Lehrämter; b) flächendeckende Verbesserung der personellen Ausstattung der Schulen durch Sonderpädagogen (Doppelbesetzung der Klassen) und Schulsozialarbeiter, um den Bedürfnissen der Vielzahl der Schüler mit Benachteiligungen und Behinderungen gerecht zu werden; c) ausreichende Zahl von Ganztagsplätzen mit pädagogischer Qualität. Aber auch von den Lehrkräften muss ein Entwicklungsprozess erwartet werden: Pädagogische Arbeit mit Kindern mit hohem Unterstützungsbedarf ist ein Vollzeit-Auftrag. Grundschulpädagogen müssen sich darauf einstellen, wie andere Arbeitsnehmer auch ganztags in der Schule präsent zu sein; dafür müssen ihnen angemessene individuelle Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt werden. Auch wenn so manche Kollegin diesen Beruf mit der Erwartung einer guten Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewählt hat: Nur so werden sich die pädagogischen Herausforderungen bewältigen lassen. Sie erfordern eine Verbindung von individueller Vor- und Nachbereitung des Unterrichts mit vielfältigen Beratungsaufgaben und einer effektiven Zusammenarbeit im pädagogischen Team. Seiteneinsteiger oder Aushilfen ohne ausreichende pädagogische Ausbildung, „Mikätzchen“, Verzicht auf professionelle Anforderungen an Lehrkräfte – all das muss Tabu sein, wenn wir eine weitere Zunahme von Schülern verhindern wollen, denen grundlegende Fähigkeiten für einen erfolgreichen Ausbildungsweg fehlen. – Prof. Dr. Klaus Sarimski


Leserbrief zu „Warum müssen sich immer alle anpassen?“ von Sophia Bogner

Die Autorin Sophia Bogner schlägt in der Zeit No 23 vor, es wolle doch ausreichen, wenn Menschen verschiedener Herkunft, die in Deutschland leben, einander friedlich ignorierten, und postuliert die kritisch diskutierten „Parallelgesellschaften“ zugewanderter Mitbürger als „Rückzugsräume“, in denen Minderheiten ihre Bedürfnisse ausleben könnten. Dem ist entschieden zu widersprechen. Eine Familie besteht nicht aus zufällig im gleichen Haus nebeneinander her lebenden Menschen; ebenso wenig eine Fussballmanschaft aus elf Männern oder Frauen, die sich zufällig auf dem gleichen Stück Rasen befinden. In beiden Fällen gibt es eine gemeinsame Agenda, die situativ immmer wieder neu verhandelt werden muss; und in beiden Fällen ein Rahmenwerk von Regeln, innerhalb dessen diese Agenda verhandelt und verfolgt werden kann. Das ist in einem Staat nicht anders, weswegen grundlegende Sprachfertigkeiten und Respekt für geltendes Recht und Gesetz für eine aktive Teilhabe aller Bürger unerlässlich sind. Und aus diesem Grund sind wirkliche Parallelgesellschaften, die diese Grundlage aussetzen, abzulehnen. So fördernswert Vielfalt von Kultur, Sprache und Fertigkeiten in unserem Land sind: es muss eine gemeinsame Grundlage geben. Gemeinschaften, die dies verneinen und Sprache und Gesetz für komplett verhandelbar halten, sind für einen Bürgerstaat nicht tragbar. Einige Auswirkungen kann man in der gleichen Ausgabe der Zeit bewundern, wenn es um die abnehmende Lesefähigkeit von Grundschulkindern gerade auch in Wohnorten mit hohem Migrantenanteil in der Bevölkerung geht. Die Autorin täte gut daran, gesellschaftliche und kulturelle Vielfalt nicht mit der Existenz von Parallelgesellschaften zu verwechseln. – Dr. Christof Lenz


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Tief verstört habe ich die ungerechte und grob verkürzende, die Mensch_inn_enwürde aller Betroffenen*dinnen zutiefst verletztende Formulierung von Herrn Greiner auf S. 40 des Feuilletons gelesen. Richtig hätte es selbstverständlich heißen müssen: „Bürgerinnenmeisterinnenzimmer, Bürgerinnenmeisterzimmer, Bürgermeisterinnenzimmer oder Bürgermeisterzimmer“. – Sören Kaschke


Leserbrief zu „Warum müssen sich immer alle anpassen?“ von Sophia Bogner

Zunächst war ich beim Lesen Ihres Artikels über das zukünftige Zusammenleben von Menschen verschiedener Herkunft, Rasse, Religion und Weltanschauung in der BRD der Annahme, daß Sie hier etwas ironisch diesem Staat den Spiegel vorhalten, bis ich beim Weiterlesen mitbekam, daß Ihre Vorschläge Ihr voller Ernst sind. Nur -leider- plätschert Ihr Artikel an der Oberfläche, er reiht nur Äußerlichkeiten auf, stellt sie gegenüber und bleibt daher oberflächlich. So etwas, mit der pauschalen Aussage: „Es lebe die Parallelgesellschaft!“, kann man einfach nicht ernst nehmen und ist nicht einmal ein beachtenswerter Mosaikstein in der ewigen Diskussion von Einwanderung, Migration usw. In diesem Staat gilt Gott sei Dank der auf einen vereinfachten Nenner gebrachte Grundsatz, daß jeder hier frei sein Leben leben kann, solange er nicht die Rechte und Freiheit der anderen beeinträchtigt oder gar verletzt. Wie soll dann das von Ihnen propagierte „friedliche Ignorieren“ funktionieren? Wenn eine Türkin einer Deutschen in der U-Bahn den „Stinkefinger“ zeigt, weil sie vielleicht der deutschen Sprache nicht weiter „mächtig“ ist, und sie die Deutsche beleidigt, so soll es die Deutsche wohl hinnehmen oder großzügig übersehen? Was, wenn es andersherum läuft? Dann wäre die Deutsche ausländerfeindlich und gleich ein „Nazischwein“. Mit Ihrem Artikel ignorieren Sie ganz einfach, daß in der BRD jeder, ob Staatsbürger oder sich zeitweilig Aufhaltender, Träger von Rechten und Pflichten ist. Gerade letzteres wird immer ausgeklammert. Ihre Aussage, daß Parallelgesellschaften Rückzugsräume sind, ist leider eine traurige Wahrheit und hat mit einem friedlichen Zusammenleben nichts mehr zu tun. Es ist nun `mal so, daß ich in jedem Staat der Welt die dort geltenden Normen und Gesetze zu beachten und einzuhalten habe; da kann es dahingestellt bleiben, ob das Assimilation oder anders genannt wird. Diesen Anspruch müssen Sie auch dem Staat BRD zugestehen. Wenn ich also hierher komme und hier gleichberechtigt leben will, dann habe ich mich dieser Gesellschaft anzupassen und nicht umgekehrt. Das fängt schon mit dem Erlernen der deutschen Sprache an! Da überzeugt Ihre wachsweiche Argumentation mit den unterschiedlichen Fahrgästen in der Berliner U-Bahn oder Ihre bloßen Behauptung, daß in den blühenden(!) Parallelgesellschaften die deutsche Sprache nicht verloren gehen muß, überhaupt nicht. Wenn Sie mit offenen Augen und Ohren durch dieses Land in seinem derzeitigen Zustand gehen würden, dann müßten Sie sich eingestehen, daß Ihr Artikel dermaßen untaugliche, lebensfremde Ratschläge enthält, die zum Scheitern verurteilt sind. Da war wohl der Wunsch der Vater des Gedanken! Schade um das bedruckte Papier! – Ulrich Schmidt


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Oh – eine Debatte auf der Titelseite der ZEIT über gendergerechte Sprache, wie spannend! Als Professorin für Kognitionswissenschaft und, ja, auch, Genderforschung beschäftige ich mich seit Jahren mit diesem Thema und freue mich über eine breitere Öffentlichkeit. Droht uns eine Sprachzensur? „Ja!“ sagt Ulrich Greiner. Würde man seinen Text unter dem Aspekt der Neuigkeiten lesen, man könnte ihn getrost ignorieren, da er – wie er selbst an einigen Stellen sagt – grösstenteils die seit vierzig Jahren gleichen Argumente wiederholt. Zu dumm nur, dass es sich gar nicht um Argumente handelt, sondern fast aussschliesslich um Polemik. Mit Anführungszeichen diskreditiert er die Qualifikationen anders Denkender (z.B. die „Vizerektorin Qualität, …“), mit negativen Begriffen (z.B. „Absurditäten“) wertet er andere Meinungen ab, ohne sich die Mühe einer inhaltlichen Begründung zu machen, mit extremen Wortschöpfungen („Bürgerinnen- und Bürgermeisterzimmer“) macht er, wie so oft, alle vernünftigen Vorschläge lächerlich, und mit subtilen Referenzen zu Schweinen und Kindsmördern lässt er keinen Zweifel an seiner Missachtung für den „Genderwahnsinn“. Sachliche Argumentation muss ja auch gar nicht sein, denn: um sich nicht angreifbar zu machen, beruft sich Greiner darauf, es gehe ihm um die „Schönheit“ der Sprache – und über Ästhetik lässt sich ja bekanntermassen nicht streiten. Richtig spannend wird es dann aber, als Ihr „Feuilletonist“ anfängt, Heine-Gedichte zu deklamieren. Wie schön, dass unsere Sprache erlaubt, eine erotische Spannung zwischen einem (männlichen) Fichtenbaum und einer (weiblichen) Palme zu implizieren! Und das nur durch den Trick, statt „die Fichte“ das etwas längere und schwerfälligere „der Fichtenbaum“ zu verwenden. Aber halt: Ist denn nicht das Hauptargument der Gegner von gendersensibler Sprache, dass Genus und Sex (also grammatikalisches und biologisches Geschlecht) im Deutschen gar nicht zusammenhängen? Dass also maskuline Personenbezeichnungenüberhaupt keine männliche Konnotation haben? Da ist Herrn Greiner leider etwas durcheinander geraten und er hat Guy Deutscher wohl gründlich missverstanden – seine poetische Beobachtung ist ein wunderbares Argument für den unmittelbaren Einfluss von Sprache auf automatische Assoziationen, ein Argument dafür, dass die Grammatik starken Einfluss auf die bildhaften Vorstellungen ausübt, die durch Sprache transportiert werden. Erfrischend sachlich ist dagegen das „Nein!“ von Marie Schmidt. Sie versteht es in ihrem kundigen Artikel m.E. sehr erfolgreich, die so verblüffend hochkochenden Emotionen rauszunehmen. Sie zitiert psycholinguistische Forschungsergebnisse, macht sie Leserinnen und Lesern durch Beispiele zugänglich – und vor allem, sie betont, dass das „Gendern“ nicht aus von oben diktierten Normen oder Vorschriften besteht. Es geht darum, mehr sprachliche Sensibilität einzufordern, damit unser Sprachgebrauch den Wandel  zu einer diversen, toleranten und gleichberechtigten Gesellschaft widerspiegelt. – Prof. Dr. Evelyn Ferstl


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Gleichheit drückt sich in der Sprache aus. Gleichheit drückt sich in unterschiedlichen Sprachen unterschiedlich aus. Im norwegischen zum Beispiel wurde das im Deutschen jetzt notwendige *inne abgeschafft, eben wegen der Gleichstellung von Mann und Frau. Früher gab es den lærer und die lærerinne (Lehrer und Lehrerin), den student und die studentinne. Für viele Berufe gibt es nur die männliche Form, z.B. lege (der Arzt) und elev (der Schüler). Die männliche Form schloss dann alle ein, Männer wie Frauen. Feminist*innen sagten: Ganz früher gab es eben nur männliche Ärzte, und Jungs in der Schule. Die Lehrberufe waren überwiegend weiblich besetzt. Jetzt gibt es aber weibliche Ärzte und Schülerinnen, und männliche Lehrer. Was machen die norwegischen Feminist*innen? Sie schaffen das inne vollständig ab. In der norwegischen Sprache gibt es keine lærerinne mehr, alle sind gleichermaßen lærer. Feminist*innen heissen hier feminister (en feminist, feministen = der Feminist). Beide, Männer und Frauen sind feminister. Als ich noch neu in Norwegen war, hatte ich eine email-Adresse post@arkitektinne.no (ich bin arkitekt in Norwegen, also Architektin in Deutschland). Diese Adresse hat eine sehr feministische Bekannte sehr erregt: Wir sind hier in Norwegen und da soll ich mich bitte nicht arkitektinne nennen. Das sei veraltet, negativ für die likestilling (=Gleichstellung von Mann und Frau), das mache man hier nicht. Ich habe erfolglos versucht, ihr zu erklären, das sich das inne nicht auf meine Weiblichkeit bezieht, sondern darauf, dass ich auch Innenarchitektur anbiete (inne bedeutet im norwegischen auch innen). Die Adresse benutze ich nicht mehr. Die neutralen Bezeichnungen wie elev, student, lærer, arkitekt schließen also Männer und Frauen ganz natürlich ein. Der norwegische elev, student, arkitekt könnte übrigens auch ein Hermaphrodit sein. Wie ist es da im Deutschen? Ist ein Hermaphrodit, der (die) sich noch nicht für ein Geschlecht entschieden hat, nun ein Architekt oder eine Architektin? Das Norwegische und das Deutsche sind zwei sehr unterschiedliche Sprachen. Norweger und Deutsche sind unterschiedlich. Wenn sich Geschlechtergerechtigkeit nun in der Sprache ausdrückt, was ist gerechter, der/die deutsche Feminist*in oder der norwegische feministen? – Barbara


Leserbrief zu „Plötzlich ist der Wurm drin“ von Martin Spiewak

Ein spannender Artikel – aber den Leistungseinbruch im Schulbereich in starkem Maße den Quereinsteigern zuzuschreiben ist zu kurz gesprungen! Nach über 40 Jahren im Lehreberuf, darunter 23 Jahre als Schulleiter, sehe ich folgende Ursachen:
– Landesregierungen, die bei jedem Regierungswechsel meinen, die Schulen entsprechend ihrer jeweiligen Bildungsphilosophie reformieren zu müssen, anstatt Schulen die für ihre Arbeit essentielle Eigenständigkeit und vor allem auch Ruhe zu gewähren.
– Elternhäuser, die oft nicht mehr in der Lage sind, ihre Kinder zu Hause im notwendigen Maß von den Versuchungen der modernen Medien fernzuhalten und dann den Schulen die Schuld dafür geben, dass die Kinder und Jugendliche große Defizite aufweisen im Leseverständnis, im Rechnen, aber auch im Bereich der Sozialkompetenzen
– Eine Lehrerausbildung, die zu praxisfern abläuft und ignoriert, dass ein guter Lehrer vor allem über Softskills wie Empathievermögen, Authentizität, Gerechtigkeitssinn und Humor verfügen muss, welche man leider an einem Lehreseminar nicht lernen kann – im Ergebnis erweisen sich dann eben nicht nur manche Quereinsteiger, sondern auch viele klassisch ausgebildete Lehrkräfte als für diesen Beruf ungeeignet.
– Eine Wohlfühlpädagogik, die es den oft zu Lernbegleitern mutierten Lehrkräften verbietet, den Kindern und Jugendlichen über ehrliche Rückmeldungen klar zu sagen, wo sie leistungsmäßig stehen und die unter der Überschrift „Individualisierung“ die für die soziale Erziehung so wichtigen Klassenverbände weitgehend auflöst. – Manfred Hensler


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Die Sprachgenderei erinnert an die leidigen Grußwort-Strecken bei Veranstaltungen. Sämtliche Kompetenzen und Prominenzen müssen abgearbeitet werden, das Publikum wird ungeduldig oder schläft ein – wer aber durchhält und im richtigen Moment seine Aufmerksamkeit wieder einschaltet, darf auf eine Belohnung hoffen: jemand spricht über Inhalte. – Bettina Ziegler


Leserbrief zu „Warum müssen sich alle immer anpassen“ von Sophia Bogner

Ihr Artikel in der Zeit Nr. 23 hat mich entsetzt und  -das muss ich zugeben- auch wütend gemacht. Wie kann man ein so schwieriges und problematisches Thema wie das Entstehen von Parallelgesellschaften so verniedlichen und mit dem Hinweis, einander friedlich ignorieren, abtun. Es darf nie und nimmer ignoriert werden, wenn zum Beispiel die Scharia über das Grundgesetz dominieren soll. Parallelgesellschaften dürfen nicht zur Konservierung von Frauenunterdrückung, Antisemitismus, antidemokratischen Strukturen wie Erdogan-Anhängern,usw. beitragen. Hier hat Anpassung zwingend zu erfolgen. Nun mögen sie einwenden, dass sie von einer christlichen und nicht von einer islamischen Parallelgesellschaft berichtet haben. Wer aber wie ihr Onkel auch nach Jahrzehnten kaum deutsch spricht, muss – trotz einer akademischen Ausbildung- mit eine prekären Beschäftigung auskommen. Wahrscheinlich endet die Geschichte wie für viele Migranten nach Harz 4 in der Altersarmut. Unter den Experten besteht Einigkeit, dass Parallelgesellschaften für eine lebendige, friedliche Gesellschaft Gift sind. Und das nicht nur bei Migranten, sondern das gilt genauso für soziale Abgrenzungen. Die Politik der Durchmischung in sozialer wie auch nationaler Hinsicht verdient Unterstützung und nicht die etwas naive Vorstellung von Parallelgesellschaften als Inseln der Seeligen. – Hans Dieter Wolf


Leserbrief zu „Seine Experimente sollten helfen, Parkinson und Demenz zu heilen“ von Moritz Aisslinger

Verwunderlich, welchen einseitigen Jubelartikel die ZEIT über den jammernden und weinerlichen Chef von Rechtsbrechern am MPI Tübingen veröffentlicht. Wenn schon eine Staatsanwaltschaft Strefbefehle gegen 3 solcher Tierquäler beantragt, sollte dies sogar die ZEIT aufhorchen lassen. Und dann unterschlägt der Autor noch eine rechtskräftige Geldstrafe aus dem Dunstkreis dieses „Wissenschaftlers“: Eine Kollegen von ihm ist rechtskräftig wegen dreister Lügen über die Tierrechtler verurteilt worden – weil sie die Behauptung erfunden hatte, sie wäre von Tierrechtlern tätlich angegriffen worden. Das MPI hat schon andere Schlagzeilen gemacht: In Hessen konnten sich „Wissenschaftler“ auch des MPI nur mit hohen Bußgeldzahlungen von einer Anklage wegen Forschungsbetruges freikaufen: https://www.peta.de/illegale-tierversuche-am-franz-groedel-institut-bad-nauheim Vivisektoren, egal welcher Fachrichtung, sind systemimmanente Tierquäler, Lügner und Betrüger – hofiert und gefördert von Bundes- und Landesregierungen – bemitleidet von der ZEIT in einem lückenhaften, einseitigen Dossier. – Dr. Edmund Haferbeck


Leserbrief zu „Plötzlich ist der Wurm drin“ von Martin Spiewak

Martin Spiewak konstatiert in seinem Artikel den aktuellen und akuten Zustand, die Würmer, die zu dieser Misere geführt haben, jedoch nicht. Die da sind:
PISA unterläuft seit Jahren mit einem groben Instrumentarium von Fragen und Auswahlantworten den Bildungsprozess des Lesens als empathische Identifikation, zerbröselt das Wechselspiel zwischen Textverstehen und Selbstreflexion. Entwicklung von Leseneugier, Leseinteresse, Liebe zur Literatur, in der unsere Kultur zu einem Großteil enthalten ist, wird reduziert zu Einweisungen auf Leseniveaus.
Politiker, die im gleichen Atemzug Bildung und Digitalisierung aneinanderfügen, verbreiten eine Mentalität, dass Bildung von den neuen Technologien übernommen und in der Hand mitgetragen werden kann. Demzufolge braucht es keine Debatte, was denn in Bildung für junge Kinder investiert werden müsste.
Die Installierung von Sprachkursen für Migranten, in denen auf weißer Tafel schriftsprachliche Strukturen (Ich gehe, du gehst, er geht…) festgehalten und damit, fernab der rauen Wirklichkeit, getrimmt werden, lassen Lernwillige sich abwenden von einer Sprache, die vor allem im Miteinandersprechen entsteht und behalten wird.
Wissenschaftliche Statements, so nennt man Artikelchen in Zeiten der Rastlosigkeit, die, in rascher Folge und Kürze mitteilen, was in Institutionen der Lehreraus- und – weiterbildung zu geschehen hat, blenden mit übertriebener Geschäftigkeit.
Verantwortliche für kulturelle Initiativen befriedigen überwiegend das in der Gesellschaft, was David Foster Wallace mit „Unendlicher Spass“ aufgespießt hatte. Kindliche Bedürfnisse werden mit einem `Event` pro Halbjahr bedient.
Die Hektik, mit der politisch reagiert wird (Lehrereinstellung, Lehrerbesoldung, Lehrerausbildung) ist nun, nachdem Blut fließt, Indiz für die Versäumnisse in den letzten 20 Jahren. „Alle reden“ sagte Jean Paul, der Meinungsbildenden tönerne Hohlphrasen und substanzloses Palavern vorhielt, „keiner liest“. – Heinz Günnewig


Leserbrief zu „Seine Experimente sollten helfen, Parkinson und Demenz zu heilen“ von Moritz Aisslinger

Ich fühle, dass er doch einiger Ergänzungen bedarf, da er doch zu einem großen Teil die Sichtweise der Forscher wiederspiegelt und meine Sichtweise nur bedingt gerecht wird. Vor allem finde ich es nicht richtig die Tausende Menschen, die in Tübingen gegen die Affenversuche demonstriert haben, als „gewalttätig“ einzustufen. Ich verstehe, dass dies die Wahrnehmung einer der Wissenschaftlerinnen ist, dennoch: Ich habe an allen Demonstrationen teilgenommen und ich weiß, dass die Veranstalter stets darum bemüht waren, dass diese friedlich bleiben. Meines Wissens nach gab es nie Einwände seitens des Ordnungsamtes oder der Polizei. In dem Sinne deckt sich diese Einschätzung einfach nicht mit der Wirklichkeit. Auch nur Forscher zu Wort kommen zu lassen, die sich für Tierversuche aussprechen erweckt den Eindruck, dass es einen grundlegenden Konsens in der Wissenschaft gibt, dass Tierversuche unersetzlich sind. Dabei gibt es Zahlreiche Forscher, wie z.B. Prof. Hartung von der Uni Konstanz, die genau das Gegenteil behaupten und seit Jahren an Alternativen forschen. Des Weiteren bin ich – wie im Gespräch erläutert – der Ansicht, dass Forscher Tieren sicherlich nicht aus bösen Willen Schmerzen oder Leiden zufügen. Dennoch nehmen sie diese in Kauf, um ihre Ziele zu erreichen. Ob dies gerechtfertigt ist, ist eine schwierige ethische Frage, die nicht in wenigen Sätzen eruiert werden kann (auch wenn ich der Meinung bin, dass dies nicht der Fall ist) – gerade in Anbetracht dessen, dass es viele Hinweise dafür gibt, dass diese Methodologie nicht so aussagekräftig ist, wie Tierversuchsforscher es gerne darstellen würden. Jedenfalls sollte alles daran gesetzt werden Tierversuche so schnell wie möglich zu überwinden. Aus meiner Sicht passiert noch viel zu wenig Seitens der Wissenschaft und Politik, um genau das zu erreichen. Schließlich finde ich es schade, dass die Arbeit von Organisationen wie PETA auf eine über 10 Jahre alte Kampagne reduziert wird. Das wird der Arbeit der Organisation, die u.a. mit zahlreichen Unternehmen und Entscheidungsträgern zusammenarbeitet, Menschen zu einem tierfreundlichen Lebensstil verhilft und sich aktiv gegen die Misshandlung von Tieren einsetzt, einfach nicht gerecht. Dennoch vielen Dank, dass Sie sich diesem kontroversen Thema angenommen haben. – Ein/e ZEIT-Leser/in


Leserbrief zu „Die Rückkehr der Menschenfeindlichkeit“ von Harald Welzel

Ich danke Ihnen für diesen ganz hervorragenden Artikel, der leider konträr zum derzeitigen Mainstream ist, wie ich auch in langen Diskussionen in meinem durchaus gebildeten Bekanntenkreis erfahren musste. Zum Teil habe ich die von Ihnen aufgeführten Ressentiments im gleichen Wortlaut hören müssen. – Hubert Klemenjak


Leserbrief zu „Es ist zum Weinen“ von Kirsten Boie

Ihnen gebührt Dank für den deutlichen Hinweis auf die nachlassende Lesefähigkeit als Menetekel eines rasanten Verlustes von Bildung. Nur bei den Ursachen blenden Sie die Ergebnisse der Kognitionsforschung aus. „Denn sonst müssten wir davon ausgehen, dass ein Fünftel unserer Kinder schlicht zu dumm ist, um lesen zu lernen. Ich bin gespannt, wer es wagt, so zu argumentieren.“ Ich will das einmal versuchen: Wahrscheinlich ist Ihnen bekannt, dass für 240 Millionen Menschen im arabischen Sprachraum weniger Bücher ins Arabische übersetzt werden als für 11 Millionen Griechen ins Griechische. Auch in steinreichen Petrodollar-Staaten wird praktisch nicht gelesen. Der Schülervergleichstest TIMSS untersucht nur Stichproben von 10jährigen, die vier Schuljahre absolviert haben. Schlusslichter 2015 waren Qatar (439 Punkte), Kuwait (353 Punkte) und Saudi Arabien (383 Punkte), die viele, viele Petrodollars in ihre Grundschulen investiert hatten, wovon ich mich selber überzeugen konnte: Vollklimatisierte neue Gebäude, kleine Klassen. Kuwait gönnt sich für 125 000 Grundschüler 20 000 Lehrer. Es besteht Schulpflicht und der Unterricht ist für Staatsbürger kostenlos. Mathematik steht oben auf der Prioritätenliste und kommt nicht mit der Scharia oder dem Islamunterricht ins Gehege. Dennoch kann die Mehrzahl der arabischen Schüler am Ende von Klasse 4 diese mittelschwere TIMSS-Aufgabe nicht lösen: „Ali pflanzt 5 Palmen in einer Reihe. Wie viele Palmen pflanzt er insgesamt, wenn er 6 Reihen anlegt?“ 98% aller koreanischen Schüler gelingt das (608 Punkte). http://timss2015.org/timss-2015/mathematics/student-achievement/ Seit der bahnbrechenden Studie von Robert Plomin an über 12 000 britischen Zwillingen wissen wir, dass die Varianz der Schulnoten zu 62% genetisch determiniert ist. Schulnoten korrelieren mit Standard-Intelligenztest mit R 0.7 bis 0.8. https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4210287/ In der 7. Auflage „Psychologie der Persönlichkeit“, Springer 2017, schreiben Asendorpf und Neyer: „In jedem Fall ergibt sich zweifelsfrei eine Rangfolge Südostasien > Europa, Nordamerika, Australien > Nordafrika und Golfstaaten > Subsahara für den Greenwich-IQ und die mittlere Leistung in internationalen Schulleistungstests.“ (Seite 408/409) Welche Auswirkungen das auf das Wohlergehen der Nationen hat, haben R.Lynn und T. Vanhanen akribisch analysiert. http://www.rlynn.co.uk/uploads/pdfs/Intelligence%20and%20the%20Wealth%20and%20Poverty%20of%20Nations.pdf Heiner Rindermann analysiert seit Jahren die Effekte von Migration auf die durchschnittliche kognitive Leistungsfähigkeit und damit auch auf die Lesefähigkeit: https://www.tu-chemnitz.de/hsw/psychologie/professuren/entwpsy/team/rindermann/pdfs/HintergrundFocusRindermann.pdf Kurz und gut: Die Migrantenkinder aus Ethnien mit niedriger durchschnittlicher kognitiver Leistungsfähigkeit ziehen den Durchschnitt der Lesefähigkeit deutlich nach unten. Und es ist keine Frage des Wollens, sondern des Könnens. – Hubert Paluch


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Sprache muss sich in der Gesellschaft entwickeln, es lassen sich gesellschaftlich erwünschte Änderungen nicht durch angeordnete Sprachkonstrukte erreichen. Die Konstruktion Professor*innen ist nicht wirklich sinnvoll, wenn schon, dann Professor*en, denn dann werden mehr als zwei Geschlechter angesprochen, * steht also für alle, da braucht es das “inn” nicht, damit würde ja eines der Geschlechter hervorgehoben. Was leider in den Diskussionen völlig übersehen wird, wie denn das Sprechen/Vorlesen funktionieren soll. Schreiben kann man viel, aber wie lese ich aus dem Manuskript vor “Professor*innen”, spontan sprachlich als Aufzählung ergänzen? Na danke, für solche Vorträge. Schön der Satz “Freunde findet man…” und dann die Aufzählung weiblicher Personen. Eigentlich geht die Formulierung immer schief, egal wie es konstruiert wird, wenn Pronomen oder Artikel im Satz vorkommen. Die müsste man also ausmerzen, so wie das Besispiel mit der Autofahrerin oder wie mir kürzlich in einer Vorlesung auffiel “Sie ist die beste meiner Studierenden”. Ach ja? Aller Studierenden oder nur der weiblichen? Klar wäre das in gewohnter oder konstruierte Sprache wohl nur mit “Von allen meinen Studierenden schneidet Frau X am besten ab”. Schon ein “…die beste” macht alles wieder zunichte. Wie ist es eigentlich mit „…einzige Frau unter Männern…“? denn die Frau gehört ja nicht zu den Männern, muss man also anders formulieren. Keine Gesellschaft wird sich komplett auf solche Sprach-”Reinheit” einlassen, vergebliche Liebesmüh. Der Autor Martin Orack hat vor Jahren mal den interessanten Vorschlag gemacht, die Anrede durch ein Kunstwort geschlechtsneutral zu mache. Sein Vorschlag ist das Wort Mitmir, also Singular und Plural immer Mitmir, lieber Mitmir, liebe Mitmir, liebes Mitmir. Warum eigentlich nicht? Sehr interessant finde ich zu dem Thema auch den Beitrag vom 5.1.2018 “Entmännlichung der Sprache” im Blog www.oeverthun.com, dem ich mich voll anschließen kann. – Bernd Grothkopp


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Der  Einleitungstext, mit dem Marie Schmidt demonstrieren will, dass ein nicht „gegenderter“ Text nicht sinnvoll ist, ist ein unauthentischer, nur  für seinen Zweck konstruierter Text, in einer Art, wie er im wirklichen Leben von niemandem erzählt werden würde. Seiner These zuliebe verwendet er sogar ein frauenfeindliches Klischee von den hilflosen weiblichen Wesen, die ohne Handtasche verraten und verkauft sind und deshalb natürlich kein Geld fürs Bier dabei haben, offenbar wie alle Bergsteigerinnen, Sportplatzbesucherinnen, Joggerinnen, etc., die gewöhnlich keine Handtasche mitführen und deshalb leider auch kein Geld dabei haben. Und dann, o Pech, treffen sie auf eine Gruppe Australier, die sich zwar mit ihnen verbrüdern, sie also wohl sympathisch finden; diese Sympathie geht aber nicht so weit, dass sie in dieser Situation ein Bier für die armen Mädels springen lassen würden, denn Australier sind ja wohl bekanntermaßen extrem geizig, oder?  Und falls sich in der Gruppe Australier auch weibliche Exemplare befanden, sind diese als Frauen natürlich eifersüchtig , oder?, gönnen also den deutschen Konkurrentinnen erst recht kein Bier. Aber eigentlich brauchen die ja auch kein Bier mehr, da sie auch ohne Bier „sogar“ johlend durch die Straßen ziehen, was bei Gruppen von Fußballfans ja bekanntlich äußerst selten vorkommt. Der Text erinnert in seiner Bemühtheit an das von Verteidigern der deutschen Großschreibung zitierte Konstrukt: „Ich habe in Moskau liebe genossen“, das angeblich nur durch den Segen der Großschreibung seine Zweideutigkeit  verliert….. – Klaus Fischer


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Frau Schmidt was wir uns vorstellen wenn wir ein Wort hören, hat mehr mit den realen Verhältnissen zu tun als mit dem Wort selbst. Als Frauen noch nicht studieren durften, waren mit Studenten nur Männer gemeint-man stellte sich also auch nur Männer vor. Heute gibt es Studiengänge mit einem Frauenanteil von mehr als 50%. Bei dem Wort Studenten denkt man nicht mehr nur an Männer. Glauben Sie das Frauen das Handwerk meiden, weil die Berufsbezeichnungen männlich sind ?

Die gendergerechte Sprache ist alles andere als gerecht. Sie diskriminiert die Frauen sogar noch stärker in dem sie sie exklusiv stellt. Sind Frauen dann noch Menschen oder nur noch Gebärende ? Ist es nicht diskriminierender extra zu erwähnen das da Frauen dabei sind, als es als selbstverständlich anzusehen ? Es gab Zeiten da hat man einer Frau den Arztberuf nicht zugetraut. Heute gehören selbstverständlich Frauen zur Ärzteschaft. Eine Veränderung der Sprache halte ich für falsch, weil das zu einer Reduzierung auf das Geschlecht führen würde. Wenn ich mit dem Bus fahre, ist es mir Wurscht ob da vorne eine Frau oder eine Mann sitzt. Hauptsache es sitzt ein Fahrer am Steuer. Wie melden Sie eigentlich ein führerloses Fahrzeug ? Der Halter könnte ja eine Frau sein. Der Kontext macht den Sinn und nicht die Einteilung nach dem Geschlecht. Das die Menschheit aus Männern und Frauen besteht ist nicht ganz neu. Übrigens stört es mich nicht, das ich als Mann der Menschheit angehöre. Oder finden Sie es beleidigend wenn man Sie als Mensch bezeichnet ? – Olaf Goldschmidt


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Die Diskussion um die vermeintliche Minerrepräsentanz es Weiblichen in der deutschen Sprache wird duch eine Anekdote aus meinem Leben nach Absurdistan ausgeweitet: Ein radebrechender Türke duzt mich permanent in einer Auseinandersetzung um eine mangelhafte Dienstleistung. Ich korrigiere ihn mit den Worten: „Für Sie bin ich immer noch Sie!“, worauf er meint: „Aber du doch Mann.“ Und mir wird klar, dass unser Pronominalsystem im Plural wie in allen Höflichkeitsformen nur feminine, aber keine maskulinen Formen vorsieht (die, sie, ihr, Sie, Ihr). Beginnt ein Satz mit „Die Männer“, denkt jeder eine Silbe lang erst einmal an eine Frau, bis „Männer“ erklingt. Ein Hörer der Frage „Leben Sie hier?“ denkt erst einmal an eine Frau, nicht an einen Mann, das gleiche gilt, wenn von einer ‚Figur‘ oder einer ‚Rolle‘ in Theater und Literatur die Rede ist. Und schon gleich gar nicht mehr stimme ich meiner Bezeichnung als einer ‚Person‘ zu. Das weibliche Genus der drei letzten Substantive schließt mich – wenigstens im Sinne der linguistisch fehlgeleiteten Genderbeauftragt*innen – als männlichen Bezeichneten geradezu aus. In leichter Sorge um den gesunden Menschenverstand – Günter Meyer


Leserbrief zu „Warum müssen sich alle immer anpassen“ von Sophia Bogner

„Warum rottet ihr euch eigentlich immer zusammen?“ – Diese Frage stand auch indirekt vor mir, als ich als Student zur Verbesserung meiner Französischkenntnisse ein Schuljahr in Paris verbrachte. Ich wollte mich so voll integrieren und anpassen, dass ich nach einem Jahr als „Franzose“ nach Hause zurückkehren könnte. Die Kontakte, die ich als Deutschassistent an einem Vorstadtgymnasium reichten mir nicht. So nahm ich nebenbei noch die unterschiedlichsten Jobs an. Mein Französisch machte schnell Fortschritte: Ich träumte nachts auf Französisch, las die Zeitung ohne Wörterbuch … Die zahlreichen Kontakte hinterließen bei aller Sympathie immer ein befremdliches Gefühl. Dann gab es da eines Abends eine Veranstaltung, die ich so einschätzte, dass ich dort auch viele Franzosen treffen könnte, die auf meiner Wellenlänge wären: „Ah, que la guerre est jolie!“ (Ah, wie hübsch ist der Krieg!), multimediales, pazifistisches Theaterstück zum ersten Weltkrieg mit anschließendem Buffet. Auf meiner Wellenlänge waren die anderen Besucher sogar noch mehr als ich mir erträumt hatte: Sie waren fast ausnahmslos junge Deutsche wie ich, die gerne Kontakt mit Franzosen gehabt hätten. Wie durch eine unsichtbare Hand waren wir alle dorthin gelenkt worden. Anscheinend gab es da etwas in uns, das wir gemeinsam hatten, ohne dass ich es gewusst hätte. Aus diesem Erlebnis ziehe ich bis heute mein Verständnis für die „Zusammenrottungen“ von Menschen aus anderen Ländern: Damit fühlen sie sich wohl, weil sie so ein Stück Heimat erleben  –  bei uns. – Franz Steffens


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Zunächst vielen Dank für die umfangreichen, sehr informativen Beiträge zum Titelthema! Gestatten Sie mir zwei Anmerkungen zur Terminologie im Artikel von Frau Marie Schmidt. Frau Schmidt schreibt: „unser Sprachverstehen beruht auf inneren Bildern, Vorurteilen.“ In meinen Augen sollte der Begriff „Vorurteil“ hier ersetzt werden durch „Stereotyp“. Im Spracherwerb lernen wir zusammen mit Worten zugleich sowohl begriffliches Wissen als auch vorgefasste Meinungen über Attribute der Außenwelt, also Stereotype. Erst im Laufe unserer Reifung lernen wir auf unserem Bildungsweg, stereotypisches von begrifflichem Denken zu unterscheiden, wenn wir denn das Glück haben, von klugen Menschen erzogen und gebildet zu werden. Der polnische Sprachforscher Adam Schaff weist in seinen Essays über die Philosophie der Sprache auf die Orientierungsfunktion der Stereotype hin, durch die das Kind sich in seiner Lebenswelt zurechtfindet. Die Gefahr, dass aus Stereotypen Vorurteile werden, erwächst aus einem ideologisch geprägten Umfeld, das Aggressivität fördert, z. B. in Form von Fremdenfeindlichkeit. Frau Schmidt sollte die Ausdrücke „Wörter“ und „Begriffe“ auseinander halten. Wenn sie schreibt „Wörter sind abstrakt, sie bezeichnen Klassen von Dingen“, so sind Begriffe gemeint. Wörter sind lediglich sprachliche Zeichen für das begrifflich Gemeinte und als solche beliebig. Ob ich „arbre“ oder „tree“ sage – gemeint ist der Begriff Baum. – Viktor Rintelen


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Sprache verändert sich. Sprache ist nicht starr und schon gar nicht immer gleich. Das verdeutlicht sich besonders gut in den nächsten Generationen, die anders sprechen, andere Worte benutzen. Diese neue Form der deutschen Sprache nimmt Einzug in den Duden, den Alltag, den Sprachgebrauch. Die deutsche Sprache als etwas anzusehen, gegen das mittels einer Veränderung gekämpft werden kann, erscheint mir daher schlichtweg als falsch. Die Frage des genderns sehe ich ebenso als einen Prozess. Es ist der Umgang noch nicht geklärt, wir befinden uns in der Findungsphase eines neuen Sprachgebrauchs. Das wird noch etwas Zeit in Anspruch nehmen. Ich bin mir aber sicher, dass am Ende allen bewusst ist, dass die Formulierung „männliche Professorinnen“ nicht weniger absurd ist als „weibliche Professoren“! Meine Überzeugung nehme ich aus der nächsten Generation – meinen Kindern, die mich völlig selbstverständlich darüber aufklären, dass wir nicht zum Arzt fahren, wenn dieser eine Frau ist, sondern zur Ärztin. Und meine Tochter, die ohne nachzudenken ihrem Bruder erklärt, dass beim Schule spielen nur er der Lehrer ist. Denn sie ist ja die Lehrerin. – Johanna Rosenleitner


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Der Beitrag von Ulrich Greiner ist für mich verständlich, ausgewogen und entspricht der Grundhaltung von mir und meiner Frau(!).Wenn ich dagegen in Zukunft ähnlich unverständliche, unverdauliche Texte in der ZEIT lesen müsste wie die von Frau Schmidt, müsste ich wohl mein Abo beenden. Sie sagt, unser Deutsch sei ungenau und führt das Bayern-Fan und Touristen Beispiel an. Ich frage sie, wen ich mir unter „Tourist_innen“ oder „Reisenden“ vorzustellen habe? Natürlich bedarf viel Gesagtes oder Geschriebenes der Interpretation, der Nachfrage. Beim Nuss-Beispiel sage ich und die Mehrheit in meinem Umfeld: Walnuss! Nichts wird durch Gendern verbessert oder eindeutiger. Diese von etwa 200 Gender Professuren vorangetriebenen, verkopften  Veränderungen „von oben“ sind grausig. Arme Studierende und Lehrende. Ob am Ende die Gesellschaft mehr Verständnis für Frauen aufbringen würde, wage ich sehr zu bezweifeln. – Walter Kahnis


Leserbrief zum Titelthema „Droht uns die Sprachzensur?“ von Marie Schmidt und Ulrich Greiner

Das generische Maskulinum Lehrer, Kunde oder Bürger bezeichnet alle Menschen, die berufsmäßig lehren, etwas kaufen oder in einem Gemeinwesen eingetragen sind – unabhängig davon, ob es sich um Männer oder Frauen handelt. Letztere haben zusätzlich eine eigene weibliche Variante – Lehrerin, Kundin, Bürgerin – für ihre Geschlechtsgenossen, während Männern eine solche versagt ist und sie sich mit dem generischen Maskulinum begnügen müssen. Im Tierreich ist dies mitunter anders: Katze, Maus und Gans sind generische Feminina, und Kater, Mäus- und Gänserich sind Privilegien der männlichen Spezies, die sich – im Gegensatz zu Feministinnen – nie über diese ihre Bevorzugung beschwert hat. – Günther Hoffmann