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14. Februar 2019 – Ausgabe 8

 

Leserbrief zu „Die Geprüfte“ von Anna-Lena Scholz und Martin Spiewak

Es ist erstaunlich, dass in der Diskussion über Plagiatsfälle bei Dissertationen die Rolle der Doktorväter und -mütter so gut wie gar nicht behandelt wird. Haben sie geprüft, ob die Kandidaten die nötigen Grundvoraussetzungen für eine Promotion (u. a. fachliche Kenntnisse und Fähigkeiten, charakterliche Eigenschaften – „das Bohren dicker Bretter“, zeitliche und organisatorische Belastbarkeit) erfüllen? Ist das Thema promotionsrelevant, und sind die Kandidaten dieser speziellen Aufgabenstellung gewachsen? Haben die Kandidaten regelmäßig – d. h. mindestens einmal pro Semester – über die Fortschritte ihrer Arbei berichtet – in Gesprächen oder in einem Doktorandenseminar? Sind die Doktor“eltern“ selber mit dem Arbeitsgebiet so gut vertraut, dass sie die einschlägige Literatur kennen und wissen, welche anderen Wissenschaftler sich möglicherweise mit diesem oder einem verwandten Thema befassen? Betrachtet man die in der Öffentlichkeit behandelten Fälle, in denen dem Verdacht auf ein Plagiat nachgegangen wurde, kann man sich des Eindrucks leider nicht erwehren, dass diejenigen, die diese Doktorarbeiten vergeben, betreut und begutachtet haben, selber sehr schlampig, um nicht zu sagen: verantwortungslos gehandelt haben. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann


Leserbrief zu „Die Fallen der Fürsorge“ von Kolja Rudzio

Die Gleichsetzung der verfassungsrechtlich verbrieften Sicherung eines auskömmlichen Lebensstandards mit einer staatlichen Konzession zum „Nichtstun“ ist in jeglicher Hinsicht abzulehnen. Der Autor identifiziert im demographischen Wandel das dringendste Problem unserer Zeit, dem sich die Sozialpolitik schlichtweg unterordnen müsse. Dieser Ansatz übersieht, dass die Gegenwart einigender Sozialpolitik verlangt. Andernfalls verspricht die Forderung nach individueller Marktkonformität die Legitimation von Politik wie auch den Zusammenhalt der Gesellschaft immer tiefer in Mitleidenschaft zu ziehen. Die Sozialdemokraten haben diesen Zusammenhang offenbar (einmal mehr?) erkannt – was freilich nicht die Diskussion um die Ausgestaltung entsprechender Maßnahmen verbietet. Es wird kosten, die Frage ist bloß: Was ist uns der Zusammenhalt wert? – Maurice Heine


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Kurz nach Erhalt der heutigen ZEIT bin ich sofort Ihrem Wunsch vom vergangenen Dienstag im Rahmen der Veranstaltung „Freunde der ZEIT“ nachgekommen, das Dossier „Tief in den Genen“ dringend zu lesen. Und in der Tat eine – wie Sie es nannten – „Wahnsinnsgeschichte“, deren inhaltliche Bewertung in der Kürze der Zeit nicht möglich ist. Aber spontan zu zwei „äußeren“ Aspekte meine Anmerkungen:

  • Zur Dramaturgie der Geschichte: Bereits nach der ersten Spalte war mir klar, worauf das hinausläuft – wie bei einem Krimi, wo man auch schon am Anfang weiß, wer der Täter ist.
  • Zur Verifizierung: Sie sagten am Dienstag, die Geschichte basiere im Wesentlichen aus den Eigenaussagen der Betroffenen (am Ende des Artikel ist angemerkt, dass weitere Gespräche stattfanden) – aber reicht das? Wären angesichts der Relevanz des Skandals nicht unabhängige Ermittlungen nötig gewesen – zu unwahrscheinlich (wenn auch in sich schlüssig) ist das Ganze. Oder ganz anders gedacht: ist kollusives Zusammenwirken der Betroffenen völlig ausgeschlossen (die Geschichte ist so surreal, dass auch sowas nicht auszuschließen wäre ..). Jedenfalls hoffe ich, dass Ihre Juristen hinreichend gewappnet sind …

Dies eine allererste Reaktion. – Volker Bathe


Leserbrief zu „Wir alle sind vergiftet!“ von von Hanno Rauterberg

Ich möchte Ihnen spontan danken für den Artikel über die „erstaunliche Karriere“ – wie Sie es nennen – des Wörtchens „toxisch“, das, wie ich als Amerikanistin seit einigen Jahren beobachte, auch in den USA einen kometenhaften Aufstieg genommen hat, und – wirklich erstaunlicherweise – alle möglichen anderen Bewertungsadjektive so gut wie verdrängt hat. Alles, was irgendwie kritikwürdig scheint aus irgendwelchen Perspektiven, wird zu „toxic“. Von daher finde ich es mehr als überfällig und sehr zutreffend, daß und wie Sie in Ihrem Essay auf das Problem der eskalierenden Verwendung dieser Vokabel hinweisen. Wie gesagt, danke! Ich habe allerdings eine Anmerkung: Ihrer Einschätzung nach kommt dieses Wort aus einer ursprünglichen Verwendung in den Naturwissenschaften, und soll so auch immer den Anschein des Objektivierbaren signalisieren. Ich bin mir da nicht so sicher. Es kann sein, dass dies in den USA in den letzten 15 Jahren solch einen Weg genommen hat. Als deutsche Intellektuelle sollten wir uns allerdings darüber klar sein, daß die kulturelle und politische Verwendung dieses Wort eine weitaus ältere Tradition hat: für den deutschen Faschismus war „giftig“ bez. „vergiftende Einflüsse“, bis hin zu „Brunnenvergiftern“ auch schon einmal gründlich dienstbar und im letztlich tödlichen Einsatz. Von daher kann ich nie verstehen, dass dieses Wort in unseren Breiten selbst auf gebildete Menschen, die es besser wissen müssten, solch einen Reiz ausübt. Ist dies wirklich nur die reine opportune Wortfaulheit? Offensichtlich ist für jüngere deutsche Generationen die Spur des Faschismus bereits nicht mehr kenntlich; wir Älteren sollten sie aber kenntlich machen, und uns auch gegen die Sorg- und zumindest scheinbare Arglosigkeit wenden, mit der dieses Wort durch ständige massenhafte Wiederholung auf einmal wie selbstverständlich zu uns gehören soll. Ich habe angefangen, immer wieder auf eine Adornos „Jargon der Eigentlichkeit“ hinzuweisen…. – Prof. Dr. Sabine Broeck


Leserbrief zu „Wir alle sind vergiftet!“ von von Hanno Rauterberg

Nach meiner Wahrnehmung ist es keinesfalls so, dass das Wort „toxisch“ eine Karriere macht, die erstaunlicher ist als die vieler anderer Modewörter, die eine Zeitlang in aller Munde sind, von Talkshow zu Talkshow weitergetragen werden, dann aber wieder aus dem Sprachgebrauch verschwinden. Ähnlich prominent in Wort und Schrift ist zur Zeit z. B. das Wort „tiefenentspannt“ – wo es früher ausreichte, locker oder entspannt zu sein, muss man sich neuerdings mit dieser Vokabel wichtig machen. Und wo es früher ungeordnet oder chaotisch zuging, ist es heutzutage „vogel- wild“, wobei die meisten, die dies nachplappern, den eigentlichen Sinn dieses Wortes vermutlich gar nicht kennen. Damit wären wir bei den sogenannten Experten (ebenfalls ein Modewort) und ihren Analysen (dito) bei Sportereignissen. Dort vermeidet man Begriffe wie Gegenangriff oder Konter, um mit der Floskel „Umschaltspiel“ zu glänzen. Mannschaften stehen neuerdings nur noch „hoch“ oder „tief“, wo man früher offensiv oder defensiv sagte. Und wenn eine Mannschaft bei einem Angriff der anderen nicht einfach nur herumsteht, sondern versucht, den Ball zu erobern, dann betreibt sie „Gegenpressing“. Ach ja, und wenn trotz Gegenpressings und funktionierenden Umschaltspiels die Partie verloren geht, dann war das, Krönung hohlen Wortgeklingels aus Trainermund, ein „gebrauchter Tag.“ – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Das aktuelle Dossier bestätigt wieder einmal meine Entscheidung zum Kauf der ZEIT – ich lese Ihre Zeitung, weil ich mich stets auf hohem Niveau an ihr reiben kann. Bei mir handelt es sich wahrlich um einen Vielleser, aber kein Medium weicht so sehr von meinen Überzeugungen, Meinungen und Anschauungen ab wie DIE ZEIT. Oft kann ich die Befindlichkeiten der Redakteure nicht nachvollziehen, dieses Mal geht es mir aber so mit Ihrer Protagonistin Frau Christina Motejl. Bitte verstehen Sie meine Einleitung nicht als Sarkasmus sondern als echte Anerkennung, ich liebe es, aus meiner Komfortzone herausgeholt zu werden, immer wieder löst DIE ZEIT bei mir AHA-Effekte aus und bringt mich dazu zu murmeln: „So habe ich das noch nie gesehen…“, für genau diesen Effekt bin ich dankbar und warte deshalb sehnsüchtig auf jeden Donnerstag.

Verblüffend, welch konservativer Spießer ich mit 47 Jahren schon geworden bin, und wie Sie meine Einwände vorwegbehandeln. Kaum halte ich Frau Motejl für die personifizierte Undankbarkeit, schon wünscht sich deren Mutter mehr Dankbarkeit von ihr. Gerade denke ich bei mir, die geschilderten Luxusprobleme leisteten sich wohl überwiegend gelangweilte Frauen mit einer kaputten Ehe, schon lese ich Dr. Katzorke sagen, bei den nervenden Spenderkindern handele es sich fast nur um Frauen aus gescheiterten Beziehungen. Einfach nur köstlich, dass Dr. Katzorke auch selbst Hand anlegt und einspringt. If I was in your shoes – man sollte niemals vorschnell über andere urteilen, niemand weiß, wie man in einer solchen Situation fühlen und denken würde. Fakt aber ist, dass obergerichtlich festgestellt worden ist, dass menschliches Leben niemals einen Schaden darstellt. Mit meiner Ex-Frau habe ich selbst ein IVF-Kind nach 5 gescheiterten IVF-Versuchen in die Welt gesetzt. Die Mutter war zu Beginn der Schwangerschaft bereits 40 Jahre alt, unser Sohn kam in der Folge als extremes Frühchen zur Welt und ist seit der Entbindung schwer behindert.

Sie können sich lebhaft vorstellen, wie ich auf Kritik meines Sohnes an seiner Genese reagieren werde. Ich gehe davon aus, dass Sie selbst bislang keine Energie, Geld und Liebe in eigenen Nachwuchs investiert haben – nur so kann ich mir Ihr Verständnis für das bemerkenswerte Verhalten der Protagonistin erklären :-) Bringen Sie mich aber bitte bitte weiterhin auf die Palme. – Hannes Raßbach


Leserbrief zu „Bienensterben, Bauernsterben“ von Andreas Sentker

Die Bienen sind, auch nach dem Volksbegehren, weiterhin auf Gedeih und Verderb, vom Menschen abhängig; die Bauern sind und bleiben Menschen! – Riggi Schwarz


Leserbrief zu „Egal, was die Welt denkt“ von Felix Lill et al.

Ganz egal, was die Welt über uns denken mag, in Punkto unsere Welt zu Grunde richten, da sind wir groß, da machen wir ganz schnell, und keine halben Sachen; es muss nur äußerst schmerzvoll vonstattengehen! – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Bienensterben, Bauernsterben“ von Andreas Sentker

Dr. Markus Söder kann dem Bauern zwar „Honig ums Maul“ schmieren; wie will er bloß die Bienen einseifen? – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Für immer jung“ von GRN

Da sage noch einer, dass Alter (nicht) vor Torheit schütze. Ein komisches Eigentor, und schon ist der Führerschein weg, pardon, Prinz Philip hat seinen „Lappen“ wahrscheinlich auf Erlaß der Queen, ganz (un)freiwillig abgeben müssen. Auch im sehr hohen Alter, kann das „Dazulernen“, ein Mittel zum Zweck sein! – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Die Fallen der Fürsorge“ von Kolja Rudzio

Sie haben sich in ihrem Artikel ja recht ordentlich Gedanken über die Entwicklung des Sozialstaates unter der Führung der Sozialdemokraten gemacht. Auch ich bin der Meinung das die Sozialdemokraten mit der Finanzierung der Aufstockung von Niedriglohnrenten, die durch Niedrigstlöhne entstehen, den falschen Weg einschlagen und wieder letztlich den Steuerzahler mit der Übernahme der Aufstockung belasten. Ich bin aber so gar nicht mit dem Resümee ihrer Kurzanalyse einverstanden. Sie singen leider das altbekannte Arbeitgeberlied „Wer soll das bezahlen, wer hat soviel Geld“

Ich sehe mehrere finanzierbare Wege aus diesem Dilemma. Für Arbeit sollten in Deutschland nur noch Löhne gezahlt werden dürfen, die am Ende eines Arbeitslebens auch eine Rente gewährleisten, die ordentlich über der Grundsicherung liegt. Das sollte die vorrangige Forderung der sPD sein und übrigens auch der Gewerkschaften. Die Finanzierung des Sozialstaates sollte auch die Gewinner unseres Wirtschaftssystems einbeziehen – da finde ich den sPD-Plan richtig, „alle angemessen an einer Finanzierung zu beteiligen“. Dazu gehört auch eine höhere Beteiligung der Firmen an der Rente (da ist von der Politik eine Besteuerung von Industrierobotern und Automaten noch nicht einmal angedacht, geschweige denn eingeplant), eine höhere Vermögenssteuer die zur Rentenfinanzierung herangezogen wird, sowie eine nicht zu versteuernde Rente. Spekulationsgewinne sollten versteuert werden, Cum-Ex, der größte Steuerraub der Geschichte sollte mit all seinen Konsequenzen aufgearbeitet und steuerrechtlich verfolgt werden.

Wenn der Staat auf der einen Seite immer höhere Steuereinnahmen zu verzeichnen hat, so liegt das leider nicht an den zu hohen Löhnen in unserem Billiglohnland, sondern an den höheren einnahmen der Wirtschaft. Auch hier sind die Arbeitnehmer, die mit zu diesem Steuereinnahmenaufschwung beigetragen haben zu beteiligen. Das sind Wege aus den Fallen der Fürsorge. Ein Staat, der es nicht schafft seine Bürger im Alter ausreichend zu versorgen hat versagt. Es wird immer notwendiger das vorhandene Geld gerechter zu verteilen – das sollte uns möglichst schnell gelingen, denn sonst könnte die soziale Schieflage zu weit größeren Problemen führen. – Eckhard Adler


Leserbrief zu „Die Fallen der Fürsorge“ von Kolja Rudzio

Zu Ihrem Artikel muß ich erwidern,daß dieser Beitrag eine Unverschämtheit darstellt und in mir die Überlegung reift,mein Abonnement baldigst aufzukündigen.Eine Behauptung,die SPD ermuntere mit ihren Vorschlägen zum Nichtstun,ist völlig daneben,ignorant und arrogant zugleich.Wie alt ist dieser Autor,ein Schlaumeier mit 200 Berufsjahren !? Ich bin 67 Jahre und arbeite noch täglich meine 8-10 Stunden,als einer der immer noch gepriesenen Landärzte mit 43 Berufsjahren.Viele meiner treuen Patienten,die ich über Jahrzehnte betreue,sind am Ende ihrer Kräfte und oft trotz Krankheit gezwungen,weiter zu arbeiten (über die erlaubte Teilzeit hinaus),um ihre recht karge Rente aufzubessern.Diese Menschen zu Almosenjägern und -empfängern herabzustilisieren,finde ich einfach schäbig und unwürdig.Es gibt Ideen,wie man Geld verteilen,auch umverteilen kann und die Wirtschaft und den Sozialstaat in Einklang halten kann.Wir alle steigern das Bruttosozialprodukt,aber nicht koste,was es wolle,eher solle,sondern auch sozial-und umweltverträglich.Der Erhalt vieler Arbeitskräfte hat sicherlich Priorität und füllt unsere Sozialkassen,aber nicht um jeden Preis.Arbeitslosigkeit ist kein selbstgewähltes Schicksal und macht krank ! (so die medizinsoziolog. Forschung und auch meine Erfahrung).Häme hat niemand verdient,und die Arbeitnehmer,die mit Ende 50 angeblich vom Ruhestand träumen,sind eher ängstlich und besorgt und fürchten oft berechtigt Altersarmut. Ich empfehle dem Autor ein Berufspraktikum in einem Pflegeheim oder anderen Institution unseres Sozialstaates. Die SPD will und wird die Nichtstunütze nicht belohnen,ihr Artikel war leider unnütz-oder vielleicht doch nicht-zumindest meinen Zorn hat er erregt. – Lothar Wildmoser


Leserbrief zu „Freude aus der Konsole“ von Jörg Kramer

Anzahl, Ausmaß und Art der Inszenierungen von Sportlern im Rahmen oder am Rande ihrer Wettkämpfe sind nur durch die willfährige Mitwirkung von Fotografen, Kameraleuten, Bildredakteuren und -regisseuren zu erklären. Der Diskuswerfer Robert Harting, der sein Trikot zerfetzt, der Sprinter Usain Bolt, der einen Bogenschützen imitiert, der Trainer Jürgen Klopp, der am Spielfeldrand Veitstänze aufführt – sie und viele andere wissen, dass sie durch ihre Schauspielerei ihre Popularität und damit ihren Werbewert erhöhen. Viele Sportler erzielen mehr Aufmerksamkeit durch ihre Posen und deren Verbreitung in den Medien als durch ihre sportlichen Leistungen. Beim Anblick solcher – immer weiter ausgedehnten – Showeinlagen sehnt sich der Sportinteressierte unwillkürlich in die Zeit der Ernst-Huberty-Sportschau zurück. – Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann


Leserbrief zu „Wofür tragen wir Verantwortung“ von Bernhard Schlink und zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Inhaltlich kann ich jedem Punkt von Bernhard Schlinks Essay über Verantwortung zustimmen. Formal führt er mich allerdings zur Frage, ob es nicht auch zur primären Verantwortung jedes Intellektuellen gehört, seine Gedanken so gut verständlich wie möglich dazulegen – und das nicht nur für andere Intellektuelle, sondern auch für Durchschnittsmenschen. Diesbezüglich vorbildlich finde ich den Text über „Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein, der in wünschenswerter Kürze klar macht, dass sinnstiftende Verantwortung immer eine Voraussetzung hat: Genügend Vernunft, um unter Zeitdruck und im Zweifel so treffend über die Frage entscheiden zu können, wem man wieviel Verantwortung schuldet, dass das humanistische Gebot „des größten Glücks der größten Zahl“ bestmöglich gewahrt bleibt. Dieses Maß an Vernunft scheint unserer Gesellschaft derzeit zu fehlen, zumindest partiell, anders kann man sich nicht erklären, dass in der Frage der Abschiebung von kriminell bereits auffällig gewordenen Asylanten im Moment de facto die Sicherheit der möglichen Täter höher gewichtet wird, als die der hiesigen möglichen Opfer.nHarald Martenstein gebührt doppelter Dank: Karl Kraus hätte dieses Problem wahrscheinlich nicht pointierter porträtieren können. Und Paul Watzlawick nicht besser analysieren.  – Peter Jungwirth


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Bei allen Fortschritten der Wissenschaft  – wenn es um Blut und Gene geht, kommt schnell etwas Mystisches ins Spiel. Der Artikel endet mit einer raunenden Beschwörung charakterlicher Übereinstimmung der beiden Personen, die nur biologisch Vater und Tochter sind: „Auch Christina Motejl ist wieder in ihrer alten Rolle, kämpft. Genau wie er.“ Dazu passt, dass ein paar Zeilen vorher ein Verhaltensgenetiker zitiert wird mit der Behauptung: „Unsere genetische Ausstattung bestimmt mindestens zur Hälfte, wie wir uns in unseren wichtigsten Charaktermerkmalen von anderen unterscheiden.“

Der das gesagt hat, Robert Plomin, vertritt Theorien einer bestimmten, tendenziösen Richtung. Er trat schon früh dafür ein, die „Rassenkunde“ wiederzubeleben. In einem 1990 eingereichten Förderantrag an den wegen seiner rassenideologischen Orientierung berüchtigten „Pioneer Fund“ erschien Plomin als einer der Beteiligten. Es ging um das Thema: „Racial Politics and the Suppression of the Study of Race”, also „Rassenpolitik und die Unterdrückung der Rassenkunde“ (www1.udel.edu/educ/gottfredson/academicfreedom/Exhibits8-10-JOINT_Gottfredson-UD_arbitration-briefs(6-20-91).pdf ). Plomin und seine damaligen Mitstreiter – Godfredson, Jensen, Eysenck, Lynn – stehen für eine bestimmte Schule ideologisch beeinflusster Forschung in der Tradition des Eugenik-Begründers Francis Galton. Die Studien dieser Tradition stehen wegen veralteter, für selektive Datenverwertung und Verzerrungseffekte sehr anfälliger Forschungsdesigns und wegen Unvereinbarkeit mit anderen Forschungsergebnissen stark in der Kritik (siehe z.B. „Genetic determinism rides again“ in Nature vom 25.09.2018; https://www.nature.com/articles/d41586-018-06784-5 ). Plomin hat jetzt neue Projekte und hofft, durch Genanalysen die alten Studien stützen zu können, ist davon jedoch weit entfernt. Man geht heute bei Eigenschaften wie Intelligenz und Beharrlichkeit zunehmend von einer Wechselwirkung genetischer und umweltbedingter Faktoren aus, die sich nicht trennscharf voneinander abgrenzen und quantifizieren lassen. Natürlich hat jeder Mensch das Recht, zu wissen, wer seine/ ihre Eltern sind, und es muss das Mögliche getan werden, damit sie es erfahren können. Um zu dem Schluss zu kommen, braucht man aber weder das fragwürdige Plomin-Zitat noch mystische Andeutungen. – Dr. Heide Richter-Airijoki


Leserbrief zu „Neunzig Meter Schrott“ von Georg Etscheit

Den Bericht habe ich mit großem Interesse gelesen! Danke für die gründliche Recherche. Seit Jahren fehlt ja leider auch bei den GRÜNEN der kritische Blick auf alternative Energie Technologien. Der ursprüngliche Grundsatz “Negawatt vor Megawatt” hat längst ausgedient. Übersetzung für die jüngeren Leser: Energiesparen hat Vorrang vor alternativ Energie. Bei den GRÜNEN wird längst alles unreflektiert beklatscht, was “Green Jobs” verspricht. Eine fachliche Frage hätte ich: warum machen die Carbonfasern bei der Zementherstellung Probleme? Sind das nicht spezielle Kohlenstoffmolekühle, welche bei entsprechender Temperatur, wie Holz zu CO2 verbrennen? Dann hätte ich noch eine sprachliche Anmerkung: “Klimapolitisch am interessantesten … “ erinnert mich an die 30 Jahre alte politische Sprachblähung “demokratipolitisch bedenklich” können die angehörigen dieser Spezies nicht einfach sagen: “undemokratisch”, oder “illegal”, oder “unfair” ??? – DI Manfred Uttenthaler


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Selten habe ich eine solch großartige packende Reportage gelesen! An diesem Einzelschicksal lernen wir etwas über den tragischen epochalen Irrtum unserer Generation. Sie zitieren Robert Plomin, der kürzlich seine 30jährige Arbeit als Verhaltensgenetiker in einer populärwissenschaftlichen Monographie zusammengefasst hat („Blueprint: How DNA makes us who we are“, 2018). Dem Buch ist eine große Verbreitung gerade auch unter den Meinungsmachern zu wünschen, denn nur so könnte langsam wieder ein Verständnis für die biologisch gesetzten Grenzen der menschlichen Existenz geweckt werden und das von dogmatischen Behavioristen täglich angerichtete massenhafte individuelle Unglück gemindert werden. – Hubert Paluch


Leserbrief zu „Zwei rechts, zwei links“ von Peter Dausend und Tina Hildebrandt

Die Deutschen gelten in der Welt als die besten Vergangenheitsbewältiger: So etwas Inhumanes wie die Nazizeit darf sich niemals wiederholen. Darin ist man sich einig. Nun versuchen die Sozial- und Christdemokraten, Abstand von sich selbst zu schaffen, letztere unter Bezugnahme auf Merkels Flüchtlingspolitik sogar mit dem Slogan, „das darf sich nie wiederholen“. Am vorletzten Wochenende hat die CDU unter Leitung der neuen Vorsitzenden gezeigt, wie man die Vergangenheit bewältigt, wenn man selbst verantwortlich und betroffen ist.

Der Gerichtssaal war notdürftig zur Werkstatt umgebaut worden. Auf der erhöhten Bühne in der Mitte stand der stark beschädigte und dreckige Krankenwagen so, wie er vom Abschleppdienst aus dem Graben gezogen worden war. Mit überhöhter Geschwindigkeit war das Fahrzeug in einer gefährlichen Linkskurve von der Straße ab und in einen tiefen Graben geraten. Die drei Patienten hatten wie durch ein Wunder das Fahrzeug ohne größere Blessuren verlassen und waren von einem anderen Wagen ins Krankenhaus transportiert worden. Von dem Fahrer des Unfallwagens und der Rettungsärztin hieß es, sie seien übermüdet gewesen und hätten nach ersten Erkenntnissen unter dem Einfluss von Antidepressiva gestanden. Um die Bühne herum saßen die von der Vorsitzenden des Rettungsdienstes, Frau Brücken-Wagenbauer, geladenen Sachverständigen: Professoren, Planungsingenieure, Behördenvertreter, Megatroniker, Verkehrsjuristen, Lokalpolitiker, Polizisten, Seelsorger u.a.m. Da unstrittig war, dass das Unfallfahrzeug reparabel sei, ging es vornehmlich um die Frage, wie in Zukunft ein solcher Unfall vermieden werden könne.

Zwei Professoren vertraten unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Frage, ob ein Rettungswagen in einer Notsituation überhaupt zu schnell unterwegs sein könne. Der Vertreter des Straßenverkehrsamtes bestand darauf, dass die Unfallkurve endlich vernünftig ausgebaut werden müsse; ein anderer, die Gräben längs der Straße seien zu verfüllen. Ein Ingenieur schlug vor, die Motoren aller Ambulanzfahrzeuge zu drosseln. Der Strafrichter bestand darauf, dass nie mehr als ein Patient transportiert werden dürfe, und dies erst nach gründlicher ärztlicher Untersuchung. Mehrere Sachverständige hielten es für einen Skandal, dass von den drei „Kranken“ einer ein Simulant gewesen sei und ein anderer das Fahrzeug als Taxi benutzt habe. Ein Lokalpolitiker forderte: „Solche Betrüger sollte man zu Fuß nach Hause schicken.“ Der Seelsorger verwahrte sich gegen den Begriff „Betrüger“; es handele sich schließlich um die Würde des Menschen. Er schlug vor, sich endlich um die Frage zu kümmern, wie der vor ihnen stehende Rettungswagen repariert werden solle. Ein Psychologe regte an, das Rettungsfahrzeug in Signalfarben völlig neu zu lackieren und das Logo des Rettungsdienstes sichtbarer zu gestalten. Nur so könne sichergestellt werden, dass andere Verkehrsteilnehmer die notwendige Rücksicht auf Ambulanzen nähmen.

Am Ende der Werkstatttage fasste die Vorsitzende die „zahlreichen guten Vorschläge“ zusammen und bedankte sich bei allen mit dem Hinweis, dass auch Kontroversen mit Anstand behandelt werden könnten. Schließlich habe man einander den Pelz gewaschen, ohne dass jemand nass geworden sei. Auf die über-mutige Frage eines Journalisten, warum die Notärztin und ihr Fahrer nicht geladen worden seien, antwortete Frau Brücken-Wagenbauer nicht ohne Stolz, sie seien zur Stunde beide im Dienst und leisteten wie gewohnt ganze Arbeit. – Johannes Kettlack


Leserbrief zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Geniale Kolumne
„Täter haben eine Wahl, anders als das Opfer“
Danke. – Max Steinacher


Leserbrief zu „Wacht auf, verdammt!“ von Matthias Geis und Bernd Ulrich

In der aktuellen Ausgabe der Zeit steht in dem Artikel auf Seite 3 gleich im ersten Satz das Gebilde “ausagiert“. Mögen Sie mir bitte erklären, was genau das heißen soll? An hochloaden, downladen, zwangsliken oder durchzappen mußte ich mich ja schon gewöhnen, aber ausagieren? – Ines Hubold


Leserbrief zu „»Das ist immer das Ziel: Nicht mehr nachzudenken« Hemmungslos, merkwürdig, genial: Der Schauspieler Alexander Scheer“ von Claire Beermann im ZEIT Magazin

In Ihrem Artikel über Alexander Scheer schreiben Sie, dass David Bowie in der Uraufführung seines Musicals „Lazarus“ noch selbst die Hauptrolle gespielt hätte. Hab ich da was verpasst? Meines Wissens nach tat er das nicht, und es war auch nie so geplant. Es ist kein lebenbedrohender Fauxpas, aber einer Journalistin, die obendrein in Bowies letztem Wohn- (und Sterbeort) New York City studiert hat, sollte der nicht unterlaufen. Zumal es sich um keinen aufwändig zu recherchierenden Fakt handelt! Ich unterstelle hier keine Absicht, aber – nicht nur – in Zeiten von Fake News, UniPlag und Claas Relotius sollte journalistische Sorgfalt an oberster Stelle stehen… – Stefan Pickardt


Leserbrief zu „Die Fallen der Fürsorge“ von Kolja Rudzio

Ich weiß nicht, welcher Generation Ihr Autor angehört; der Artikel liest sich so, als sei hier ein 25jähriger am Werk, der bei geringem Gehalt befürchtet, die nächsten Jahrzehnte Alte, Schwache und Arbeitsunwillige alimentieren zu müssen. Herr Rudzio hat Zukunftsangst – zumindest finanzielle. Das wir in Deutschland (und anderswo) in einem demografischen Wandel befinden, habe ich allerdings schon vor 35 Jahren in wirtschaftswissenschaftlichen Vorlesungen gehört. Nix Neues also. Als nun 63jähriger fühle ich mich durchaus in dem Artikel direkt angesprochen: Ich darf Ihnen aber versichern, dass ich nicht mit Sekt anstoße, weil ich theoretisch meine beruflich genutzte Computertastatur heute ausstöpseln könnte, um süffisant lächelnd in die ersehnte Rente abgleiten zu können. Der Blick in meine letzte Rentenauskunftsprognose der deutschen Rentenversicherung verbietet mir das. Bei meiner Frau sieht das übrigens noch übler aus – obwohl sie seit dem siebzehnten Lebensjahr arbeitet und unsere Kinder zu produktiven Gesellschaftsmitgliedern herangezogen hat. Im Alter des Herrn Rudzio nun bald.

Aus eigener leidvoller Erfahrung darf ich Herrn Rudzio versichern, dass Arbeitslosigkeit mit 58 absolut kein Zuckerschlecken ist. Angesichts der unabwendbaren Tatsache, dass ihr beruflicher Sex Appeal altersbedingt futsch ist, durchlaufen sie ziemlich viele desillusionierende Bewerbungsgespräche. Wenn sie dann innerhalb von ein bis eineinhalb Jahren Arbeitssuche Erfolg haben, können sie sich tatsächlich beglückwünschen. Die bislang geltende zweijährige ALG II Zahlung wird übrigens nur nach langjähriger vorheriger Berufstätigkeit bezahlt. Durch die äußerst restriktive berufliche Fortbildungsförderung durch die Agentur für Arbeit von über 50jährigen reduziert sich zudem erheblich die Vermittelbarkeit in einer technologisch schnell wandelnden Berufswelt. Der Staat sind wir alle. Die Zeche zahlen wir alle. Das war immer so. Das wird auch in Zukunft so sein. Wer sollte das sonst für uns tun. Die Lösung der Ausgangsproblematik eine sinkenden Beschäftigtenbevölkerung löst sich doch auch wie immer: Durch steigende Produktivität in der Wirtschaft. Hatte man nicht schon bei der zunehmenden Verbreitung der Dampfmaschine düstere Prognosen über Massenarbeitslosigkeit an die Wand gemalt? Eingetreten ist das Gegenteil. Wer wirtschaftspolitische Aufsätze schreiben möchte, wie Herr Rudzio dies hier versucht, sollte den Unterschied von Fürsorge und Sozialstaat kennen. Sozialstaat und Sozialpolitik versucht ausgeglichene Lebensverhältnisse in einer Staatsgemeinschaft herbeizuführen. Um das zu tun müssen sie immer (Um-)Verteilungspolitik betreiben.

Naiv ist Herr Rudzio. Wenn verantwortliche Politik es nicht schafft Verteilungspolitik im Gesellschaftskonsenz herbeizuführen, hat sie versagt. Der größte Fehler ist es, der Argumentation der Lobby des immensen Kapitalvermögens in unsere Lande zu folgen und Verständnis dafür zu zeigen, das Kapitalvermögen nicht zum Staat gehört. – Jupp Reineke


Leserbrief zu „Die Fallen der Fürsorge“ von Kolja Rudzio

Da ist sie wieder, die Stimme des kleinen Mannes, die uns zur Vorsicht vor den Nichtstuern und Leistungsverweigerern dieses Landes und ihren Helfern in der Politik mahnt. Nur, dass es dieses Mal nicht der kleine Mann ist, der da spricht, sondern immerhin ein ZEIT-Wirtschaftsredakteur, ein Meinungsmacher also. Nun sei konstatiert, dass die deutsche Betriebswirtschaftslehre den Menschen ja nur als Homo Oeconomicus kennt. Aber auch hier kündigt sich z.B. mit Dennis Snower, dem ehemaligen Chef des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (siehe DIE ZEIT vom 31.01.2019), ein langsames Einsickern sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse an, von denen ein Redakteur dieser Zeitung Kenntnis nehmen sollte. Behördliche Sanktionen und Gängeleien führen eben nicht dazu, dass Menschen zur Arbeit gehen und gute Arbeit machen. Das ist schon seit vielen Jahrzehnten in den Sozialwissenschaften bekannt und mit unzähligen Studien zur Genüge belegt. Gut, dass nun auch die SPD langsam von der unwürdigen Hartz-IV-Praxis ablassen will. Fragen wir doch mal die ZEIT-Redakteure selbst: Machen Sie Ihre Arbeit nur, weil sie Angst davor haben, dass Ihnen ein Teil Ihres Gehalts gestrichten werden könnte, oder brauchen Sie Anreize, wie Boni oder Prämien, um gute Leistungen zu erbringen? Dann wären Sie in einer Zeitung, die ich gern lese, völlig falsch. – Prof. Dr. Peter Berger


Leserbrief zu „Wir alle sind vergiftet!“ von von Hanno Rauterberg

Ein wunderbarer Artikel von Hanno Rautenberg zur Metapher „toxisch“. Weil die Atmosphäre im allgemeinen so vergiftet erscheint, wollen viele in ihrer Erregung heute selbst „Flagge zeigen“ und ziehen dabei gleich die Totenkopf-Fahne hoch. Eine Nutzen-Schaden-Abwägung (die Dosis macht das Gift) ist manchem zu kompliziert. Wenn ich als Lebensmittelchemiker bei populärwissenschaftlichen Vorträgen erläuterte, dass zum Beispiel Spurenelemente Stoffe sind, die vom Organismus für Stoffwechselfunktionen in geringen Mengen benötigt werden, bei überhöhter Zufuhr aber auch toxische Wirkung entfalten können, wurde es lauter im Saal und ein Teilnehmer meldete sich: „Eiern Sie nicht so herum, sagen Sie klar, ist Kupfer giftig oder nicht!“ „Was ist heute noch natürlich?“ wäre auch mal ein interessantes Thema. – Dr. rer.nat. Dietmar Kasprick


Leserbrief zu „Diese Rolle wird er nicht mehr los“ von Peter Kümmel

Was mich an der ganzen Diskussion um den Goldenen Handschuh, im übrigen auch am Buch, stört ist: niemand nimmt hier ansatzweise Rücksicht auf die Persönlichkeitsrechte von Menschen, die sich weder gehen die Veröffentlichung intimster Details wehren können, noch Angehörige oder Anwälte haben, die diese Rechte verteidigen könnten. Letztlich werden die Opfer (ihre Namen sind übrigens Gertraud Bräuer, Anna Beuschel, Rita Roblick und Ruth Schult) und vielleicht auch der Schwerstalkoholiker Fritz Honka, dessen Leben ziemlich klassisch in einer Katastrophe mündete, nach ihrem trostlosen, zu großen Stücken nicht unbedingt selbstverschuldeten Dasein, auch noch in aller Detailverliebtheit zur Schau gestellt. Schön gruselig und eklig. Horror mit Knackwurst eben.

Ich finde den Umgang mit einer solchen Geschichte würdelos und mich deprimiert diese Sensationsheischerei. Auch wenn man jetzt so tut als sei das einfach ein Stück abgründiger Hamburger Folklore. Letztlich ist ziemlich klar, daß Buch und Film auch nur auf diese Art und Weise stattfinden können, weil man keine Klage von Angehörigen zu erwarten hat. Und das ist mindestens genauso schäbig wie die Geschichte selbst. – Tanja Bischof


Leserbrief zu „Die Fallen der Fürsorge“ von Kolja Rudzio

Den Artikel erlebe ich: man nehme in beliebiger Zusammenstellung Fakten der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, würze sie mit einer gehörigen Portion Sozialneid und Zukunftsangst, rühre kräftig um und koche sich nach eigenem Geschmack ein deftiges SPD-Bashing daraus. Ich bin kein Fachmann für Wirtschaftsfragen, aber dass hier die Widersprüche mit Händen zu greifen sind, merke sogar ich. Auf der einen Seite hört man vom eklatanten Fachkräftemangel, der ja beim beschriebenen Rückgang der Arbeitnehmerzahlen noch größer werden wird und auf der andren Seite wird ein Szenario von Entlassungen beschrieben. Der Artikel ist für mich wirr, unsachgemäß und somit verantwortungslos. – Reinhard Wick


Leserbrief zu „»Durch ein Fahrverbot können sich die Gesundheitsrisiken sogar erhöhen«“ von Jan Schweitzer

So sehr ich den mir persönlich bekannten Herrn Wichmann schätze liegt er leider falsch: Soweit eine mit einem Fahrverbot verbundene weitere Verteilung des Verkehrs in der Fläche nicht mit einem höheren Verkehrsaufkommen verbunden ist, bleibt das Gesamt- oder Bevölkerungsrisiko gleich, es wird nur (ebenfalls) weiter oder breiter verteilt. Und das zu recht, sollen doch gesellschaftlich akzeptierte Risiken (z. B. unterhalb eines Grenzwertes) von möglichst allen getragen werden; und nicht nur von den sozial Schwächeren, die sich nur die Wohnung an den viel befahrenen Straßen leisten können. Zumal die so Betroffenen das Risiko selbst möglicherweise gar nicht verursacht haben. Richtig ist wiederum, dass in der hier geschilderten Situation eines Fahrverbots eine Risikoreduzierung an der einen Stelle mit einer Risikoerhöhung an einer anderen Stelle „eingekauft“ wird. Es muss also zwischen allgemeinem und individuellem Risiko unterschieden werden, bei Grenzwerten steht i.d.R. aber das allgemeine Risiko im Fokus. – Rainer Konietzka


Leserbrief zu „Jetzt hören Sie mal zu!“ von Marcel Laskus

Drei Fragen, die der Klärung bedürfen: 1. Lässt sich die abenteuerliche Pauschalthese, dass Menschen jenseits der 30 keine Lieblingsmusik mehr entdecken ernsthaft halten? Dass Deezer aus den Nutzerdaten ein verlässliches Durchschnittsprofil herauszulesen imstande zu sein glaubt, scheint als Fundament eher dünn zu sein. 2. Dies vor dem Hintergrund, dass der neuerdings ermöglichte Zugang zur globalen Musikbibliothek durch die Streaming-Dienste einfacher denn je ist. Sind die strukturellen Hindernisse somit nicht eher aus dem Weg geräumt? 3. Kürzlich die 50er Marke überschritten, ist es bei mir gerade umgekehrt, das bewusste Musikhören begleitet mich in bisher ungekannter Intensität und Dauer im Arbeitsalltag. Dabei befinde ich mich auf einer unendlichen stimulierenden Entdeckungsreise, konzeptuell taugt Lieblingsmusik höchstens als Provisorium, das im Wochentakt wechselt. Logisch gefolgert müsste das heissen, ich wäre abnormal, was zwar durchaus im Bereich des Denkbaren liegt. Aber waren wir Freaks, für welche die Existenz von Musik eine zweite Haut, das Dasein ohne Musik dagegen kaum vorstellbar ist, nicht von jeher eine Minderheit, gleich ob alt oder jung? Roger Willemsen adelte den Facettenreichtum der Musik durch seine Wehrlosigkeit, ein grösseres Kompliment lässt sich kaum aussprechen. Bei Willemsen war alles Musik, selbst seine Worte wurden zu Musik. Zu schade, dass wir nicht mehr erfahren werden, mit welcher Melodie er dem Leitgedanken dieses Artikels begegnet wäre. – Alexander Mueller


Leserbrief zu „Wacht auf, verdammt!“ von Matthias Geis und Bernd Ulrich

Was wollen Sie uns mit diesem Text sagen? Es ist richtig wenn zuerst die Partei kommt und dann das Land? Wenn die SPD so bei den Wählern wieder zukunftsfähig wird, dann Gute Nacht. – Thomas Oesterle


Leserbrief zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Bitte leiten Sie diesen lebensklugen Beitrag an die „Grünen“ weiter, damit diese hoffentlich in der Rückführungsdebatte auf den Boden der Vernunft zurückkehren und im Bundesrat nicht weiter unsinnige, lebensfeindliche Blockaden zelebrieren. – Aurel Goergen


Leserbrief zu „Wacht auf, verdammt!“ von Matthias Geis und Bernd Ulrich

Zunächst bin ich entsetzt, was die beiden Autoren über die Geschichte der SPD schreiben. Ich empfehle dringend die Lektüre von ZeitGeschichte 6/2018 Die deutsche Revolution. Es ist anmaßend und geschichtsfälschend, Herrn Ebert für irgendwas der heutigen SPD verantwortlich zu machen. Selbst der Bundespräsident hat gesagt, wir dürfen die Weimarer Republik nicht vom Ende her betrachten. bedeutet: Herr Ebert hat gegen die Widerstände einer Mehrheit antidemokratischer Parteien und Wähler (!) die erste Demokratie in Deutschland inkl. Frauenwahlrecht auf den Weg gebracht. Gescheitert ist sie an der Dummheit der NSDAP-Wähler und nicht an Herrn Ebert.

Warum aber ist die sog. SPD heute so schwach? Das Bundesumweltzerstörungsministerium (SPD) treibt mit Kniefall vor Autoindustrie, Enrgiewirtschaft, Landwirtschaft und sogar Einzelhandel Massen von Wählern zu den Grünen. Nicht etwa mit dem SGB II („Hartz IV“) werden die Linken gestärkt, sondern mit der Verbrüderung mit Gegner der sozialen Marktwirtschaft (prekäre Beschäftigung, Minijobs, schlechtbezahlte Arbeit, Leiharbeit). Die falsche Integrations- und Migrationspolitik treibt Wähler in die Arme der AfD (Beispiel: Herr Reil aus Essen ist – mit seinen Wählern – dorthin gewechselt/ selbst die CDU distanziert sich mittlerweile von den Gecshehnissen2015, nur die SPD nicht). Und nun will die SPD auch noch die Lindner-Partei stärken, die behauptet, die SPD könne nicht wirtschaften: es wird Geld verteilt, dass noch gar nicht in den Kassen ist. Umgekehrt wäre richtig: neue Steuer-, dann erst neue Sozialpolitik. Und man hat über Jahre zugelassen, dass sich die CDU als die bessere sozialdemokratische Partei der Mitte und für den Mittelstand präsentiert (der „Versprecher“ von AKK ist gar keiner!)

Fazit: die Sozialdemokratie ist fest verwurzelt in Deutschland und die staatstragende politische Richtung. Die SPD ist jedoch nicht (mehr) sozialdemokratisch. Deshalb wird sie weiter pulverisiert! – Peter Helbig


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Wäre das Leben von Christina und ihrem genetischen Vater nicht von der Moral des Schweigens und den Ängsten vor Schuldzuweisungen bestimmt, so könnte die wundersame Geschichte mit einem Happyend ausgehen: zwei intelligente und beharrliche Dickköpfe, die sich als Vater und Tochter in den Armen liegen, weil sie sich nach langen Irrfahrten doch gefunden haben. – Walter Moritz


Leserbrief zu „Zwei rechts, zwei links“ von Peter Dausend und Tina Hildebrandt

Die GroKo tut sich nicht leicht, mit sich selbst. Was CDU/CSU wollen, das will die SPD nicht, und was die SPD will, das wollen CDU/CSU nicht. Eben beste Voraussetzungen für die GroKo. Hinzu kommt, dass Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU-Chefin) und Andrea Nahles (SPD-Chefin) keine Ministerinnenämter, innerhalb der GroKo, innehaben. Was kann da, eigentlich noch schiefgehen? – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Wacht auf, verdammt!“ von Matthias Geis und Bernd Ulrich

Die SPD: „so radikal“, „so frei, wie die Kräfte, die alles durcheinanderwirbeln“? So frei und durcheinander wie der Beitrag „Wacht auf! Verdammt!“ von M. Geis und B. Ulrich? Lieber nicht! Erkenntniswert gleich Null! Man ist doch ganz froh, dass Politiker Politik machen und nicht Journalisten dieses Schlages, die munter drauflos schwadronieren und sich dabei von geschichtlichen Fakten der letzten über 100 Jahre nicht beirren lassen. Außerdem machen die jüngsten Beschlüsse der SPD zur Modernisierung des Sozialstaats den Beitrag zu Makulatur. Es ist aber doch zu empfehlen, nicht alle Legenden der DDR-Geschichtsschreibung kritiklos nachzuplappern: Historische Schuld der SPD für den Ersten Weltkrieg? Die liegt beim Kaiser, seinen Generälen und anderen rechtskonservativen Handlangern, die den Krieg anzettelten! Mit dem sicheren Abstand von über 100 Jahren lässt sich natürlich leicht über die falsche Zustimmung zu den Kriegskrediten urteilen. Damals haben es innerhalb und außerhalb der SPD nur wenige erkannt oder erkennen können – übrigens auch auf Seiten der anderen beteiligten Nationen.

Ausgerechnet Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg als leuchtende Vorbilder? Ja, sie sind schändlich ermordet worden. Aber das Ziel der KPD war die Diktatur des Proletariats nach dem Vorbild der Sowjetunion. Dort forderte der sich anschließende jahrelange Bürgerkrieg Millionen an Opfern. Danach folgte eine jahrzehntelange Diktatur. Ein Vorbild für die deutsche Novemberrevolution? Man fasst es nicht!

Und übrigens: Die Revolution wurde nicht abgewürgt, sie war weitestgehend erfolgreich. Sie bestand aus dem Sturz der Monarchie, der Einführung der parlamentarischen Demokratie und dem, was der Rat der Volksbeauftragten am 12. November 1918 zusätzlich dekretierte: Demokratisches Wahlrecht, auch für Frauen, Aufhebung der Zensur, Freiheit in Wort und Schrift, Achtstundentag usw. Zur Gegenwart: Vielleicht könnte man einfach mal einige Fakten sprechen lassen und z. B. einige sozialpolitische Beschlüsse der Großen Koalition auf Initiative der SPD aufzählen? Weniger Verträge mit sachgrundloser Befristung, Rentensicherung bis 2015, Beitragsgleichheit Krankenversicherung, gute Kita-Gesetz, kommende Grundrente usw. Aber das wäre ja kleinkariert und langweilig. – Hermann Deuter


Leserbrief zu „Das Prinzip Weimar“ von Ulrike Gastmann

„Wenn sich die Völker selbst befrein,
Da kann die Wohlfahrt nicht gedeihn.“
(Friedrich Schiller)

Ein unglaubliches Wort, selbst wenn man den Kontext berücksichtigt! – Dr. Wolfgang Breidert


Leserbrief zu „Wofür tragen wir Verantwortung?“ von Bernhard Schlink und zu „Verantwortlich sind wir auch für Folgen“ von Michael Pauen

Wenn wir als Philosophen wirklich Bretter bohren wollen, kann es in der heutigen Weltsituation nicht ausreichen, darzustellen, wofür wir Verantwortung tragen (müssten) und für welche Folgen wir auch verantwortlich zu sein hätten. Vielmehr waere die viel grundlegenderen Fragen zu stellen, wie Verantwortung zustande kommt und wie sie weltweit wachsen kann. Bei Sokrates sagt uns das DAIMONION (= GEWISSEN) schon, was wir n i c h t tun dürfen, jedoch nicht, was wir tun sollen. Ist die Gesinnung als Jemeinigkeit und Mehrheitsfähigkeit stärker, als das Sittengesetz, wird es zur Verantwortung gar nicht erst kommen. – Dr. Karg


Leserbrief zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Seit Jahren und mit wachsender Begeisterung lese ich die Beiträge von Harald Martenstein in der Zeit. Normalerweise denke ich, dass er nicht mehr alle Latten auf dem Zaun hat und damit auch noch Geld verdient. Und ich überlege mir Fragen, die ich ihm gerne stellen würde bei einem gemeinsamen Bier in einer verrauchten Kneipe. Nach dem Artikel über die Gefahreneinschätzung von (z.B. syrischen) Gefährdern muss ich meine Meinung ändern. Durch seinen Zivi-Dienst hat er offensichtlich ein großes Herz für Opfer, außerdem gesunden Menschenverstand und er konnte hier beweisen, dass er analytisch denkt und das Ergebnis auch so formuliert, dass man es lesen kann. Chapeau Monsieur! – Carolin Fiedler


Leserbrief zu „»Ich bin nicht der Anführer«“ von Silvia Stöber

Solche Worte wie der Präsident von Armenien in ihrem Interview gesagt hat, wünschte ich mir auch von unseren Politikern. Aus den Worten von Premierminister Paschinjan sprach viel Vernunft mit. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Gebär-Mütter“ von Mohamed Amjahid

Ich freue mich, das der Ministerpräsident Victor Orbàn diesen Weg geht. Eine Gesellschaft ohne Familie ist eine Gesellschaft ohne Zukunft. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Haben Sie vergessen, dass es so etwas wie Gefängnisse gibt? DIE sind der richtige Aufenthaltsort für Kriminelle – mit Verhaftung, Rechtsweg und Freiheitsstrafe wird unsere Gesellschaft geschützt, ohne Menschen der Folter oder Todesgefahr auszusetzen. Täter als Menschen zu sehen gehört zum Kern des Rechtsstaats und darf nicht von der Staatsbürgerschaft abhängig gemacht werden. – Dr. Katharina Iseler


Leserbrief zu „Ich zuerst!“ von Roman Pletter, Mark Schieritz und Xifan Yang

Die „Zeit“ hat wieder hochinteressante Beiträge zu bieten. Der Egoismus der Nationen hat seine Berechtigung. Ich stimme den Historiker Niall Ferguson zu, wenn er die internationale Solidarität als Märchen bezeichnet. Die Welt hat sich durch die Völkerwanderung in eine Richtung völlig verändert. Jeder Staat, jeder grenzt sich ab ohne Ausnahme, der eine mehr der andere weniger. Was für mich aber viel gravierender ist, sind die Bürger, die sich in Parteien versammelt haben. Da entdecke ich wenig Qualität. Der Marsch durch die Institutionen der linken Populisten wird unseren Staat noch weiter destabilisieren. Und unsere Gesellschaft hatte keine vernünftige, brauchbare Bildung mehr bekommen. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Wofür tragen wir Verantwortung“ von Bernhard Schlink

Ein wahrlich umfangreiches Stichwort – nicht allein aus der Sicht des gelernten Strafrechtlers und Rechts-Philosophen abzudecken. Mit keinem Wort geht Prof. Schlink darauf ein, wo man sich solches aneignet – Verantwortungs-Willigkeit, -Fähigkeit, -Eignung. In einer Gesellschaftsordnung der – einerseits – nur noch Selbst-Darstellung (vulgo: Selbst-Verwirklichung), und – andererseits – der zunehmenden Unwilligkeit junger Eltern, ihre Brut auch noch ein wenig anzuleiten, scheint mir der Sinn für Zuständigkeit für das eigene Umfeld vollends abhanden zu kommen. Folglich usurpieren allzu oft nur noch selbst-stilisierte, von mir jedenfalls nicht mandatierte Blowhearts diese Bereiche von Zuständigkeit, ohne je Verantwortungs-Bewusstsein zu entwickeln, noch auch leider je zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Man halte sich mit Kritik und Schelte gegenüber in der Tat grassierender, immer wieder so hilflos beschworenen Politik-Verdrossenheit so lange zurück, wie wir in einem vermeintlich demokratischen System nicht auch erhebliche Maßnahmen der Qualitäts-Sicherung zu implementieren bereit sind. – Demokratie – oder jedenfalls das für uns aktuelle Modell von Demokratie – vernichtet sich möglicherweise schneller als wir wahrhaben wollen von selbst, und zwangsläufig, wenn wir zu diesem in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzenden Komplex der Verantwortungen, der Zuständigkeiten, der Accountability, und schließlich der Folgen nicht alsbald etwas verantwortungs-voller zu handeln bereit sind. Hoffentlich halten Sie – Liebe ZEIT – dies Thema noch recht lang am Köcheln. – Hans von Schack


Leserbrief zu „Wacht auf, verdammt!“ von Matthias Geis und Bernd Ulrich

Ich bin nahezu 68 J. alt, 50 J. in der SPD und im 43 J. ärztlich tätig (niedergelassen als Allgemeinarzt 37 Jahre),3 Kinder (die älteste To hat die Arztpraxis übernommen),6 Enkel (4-9 J.) usw. Ca. 5-8% der Ärzte wählen SPD,einer davon ich.Warum?,weil nichts besseres auf dem Markt ist,warum also nicht,Ideale ? (hat nicht jede(r)); Sie schreiben:die SPD hat sich immer den Verhältnissen angepaßt,die CDU in ihrer kürzenen Geschichte ebenso,gut so! Es gibt keine marginalen Unterschiede zwischen diesen zwei Parteien,die Trennlinie Konfession schwindet,das Thema Umwelt,Klima treibt beide den Grünen hinterher.Ich hoffe auf die Schülerdemos!,die AfD beklagt den daraus resultierenden Unterrichtsausfall,irgendwie muß man sich profilieren wollen.Die neue Rechte,der Hüter von Ordnung,Recht und Demokratie,okkupiert das Hambacher Schloß,das treibt mich,Ehefrau und andere erstmals auf die Straße,ganz friedlich. Kann man dieser neuen Bewegung fair und gelassen begegnen ?,deren Parolen erregen inneren Groll und Ungemach in mir ! AKK befürwortet Grundrente etc.,über den verdienten Anspruch bzw. Gerechtigkeitsprüfung läßt sich (etwas ) streiten,aber bitte nicht lange.H. Söder aus dem Frei (-Denker) Staat ist wohl ein Machtpolitiker,besitzt aber auch (sozial-)politisches Gespür,lernfähig,-willig ?. Die Koalition kann ihre Arbeit fortsetzen,für den Wähler wirds schwer,früher oder später.Die zwei etablierten Volksparteien im Abwärtstrend funktionieren in gewohnter Kooperation und Profilierung auch auf unterer Ebene ganz gut.Die Freien besetzen die Großpolitikfreien Zonen und sympathisieren,paktieren auch mit Randwählern rechts der Mitte.Wo verläuft die Trennlinie ?,wo ist der Linksruck der SPD ??,warum stagnieren die „Sozis“ (wer das ist,lernt man wohl im Geschichtsunterricht) im Tief ?,Verlust traditioneller Wählerschichten,Hartz IV Trauma usw,versteht das irgendwer ? Wie erkläre ich den Schulz Hype ??,der SPD fehlen keine charismatischen Schwebeköpfe am Polithimmel,sondern Persönlichkeiten vor Ort.Wie heißt der Oberbürgermeister von Frankfurt,Saarbrücken,Essen etc.?,wie steht es mit neuen Mitgliedern in allen Parteien ?, was sagt der Politiktrend,der (zu) vieles steuert ?;Ich sage,unser Innenminister sollte zurücktreten!,vor dem 70. Geburtstag),seine Vorschläge in der „Flüchtlingspolitik“ kaum durchführbar, problematisch im deutschen Rechtsstaat,gibt es eine geeignete,länderübergreifende Beschäftigungs-, Arbeitsgruppe zur Reflexion (Vorsitz Herr T.) ?; Wie ist das Anforderungsprofil für einen Ministerpräsidenten ?,in Hessen wohl gering,Definition soziale Marktwirtschaft auf unter Erstkläßlerniveau ! Es reicht! mir und Ihnen wohl auch.Zum Schluß noch->es geht auch anders ! Präventivmedizin ! (ganz einfach mehr Sport und gesunde Ernährung) auf dem Sportlehrpfad in unserem Örtchen,auf meine Initiative hin,als kommunales Projekt nach einstimmigem Gemeinderatsbeschluß ,eingerichtet.Unser Bürgermeister von den Freien wird zur Eröffnung eingeladen.Mal schauen,ob er kommt! – Dr. Lothar Wildmoser


Leserbrief zu „Ich zuerst!“ von Roman Pletter, Mark Schieritz und Xifan Yang

Die Bildung in den Demokratien verschweigt, dass die Mehrheit hierarchisch determiniert ist. Daraus folgt, dass politisch interessierte Personen ihr Machtgelüste auf Kosten der Mehrheit ausleben- können.. Als Beispiel nenne ich Trump. Dem reichen Mann genügte es nicht reich zu bleiben. Mit utopischen Versprechen gewann er die Wahlen. Niemand prüft , ob die momentan herrschenden Autokraten die politischen Folgen für ihre egozentrische Politik bedenken. Wahrscheinlich ist es ihnen völlig egal, weil sie wissen, dass sie die Konsequenzen ihrer Macht kaum erleben werden. – Hubert Laufer


Leserbrief zu „#NunsToo: Wir glauben euch!“ von Sebastian Kempkens

Vor vielen Jahren besuchte ich in einer Volkshochschule eine Reihe von Kursen über deutsche Geschichte. Einmal hieß es, dass es vor den Mauern gewisser Nonnenklöstern viele Kinderskelette gäbe. Nun gab es in der letzten Naturwissenschaftlichen Rundschau 2019/1 S.39 einen ähnlichen Hinweis. Es ging um die Frage, ob die Erreger von Syphilis bzw. Frambösie (eng verwandte Gene) früh nachzuweisen sind. Dazu haben Wissenschaftler der Uni. Zürich, des MPIs für Menschheitsgeschichte sowie der Uni. Tübingen Knochen vom Friedhof eines Klosters des Franziskaner-Ordens in Mexiko-City untersucht: “ Das von Nonnen betreute Kloster hat einen Friedhof, auf dem im Zeitraum zwischen 1681 und 1861 überwiegend (ca. 90%) Kinder und Neugeborene, teils auch Föten und Frühgeburten, bestattet wurden“. Tatsächlich konnten Knochenveränderungen zeigen, dass jene Krankheiten die Plazenta-Schranke überwinden. – Erika Reiber


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

„Nimm dir doch ein Tässchen Tee, das beruhigt dich sicher.“ – wenn desillusionierte Kinder (Generation „Bunker“ plus) später mit Ärzteschaft und Pharmazie eine neue Generation „hochbringen“, muss dieser irgendwann einmal geistig der Sprit ausgehen, wenn denn dem Tee der „Zusatz“ fehlt. – Michael Reisner


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Hat der ehrgeizige Mediziner und Reproduktionspionier vielleicht genau die Tochter , die ihm ebenbürtig ist: Hartnäckig-zielstrebig? Ist er denn nicht neugierig auf seine Enkeln? Natürlich hat der angesehene Reproduktionsmediziner ärztliche Ethik mit Füßen getreten. Aber wird er von Schicksal nicht statt bestraft, belohnt? Was fehlt ist die Einsicht ins eigene Fehlverhalten und die Bitte um Verzeihung für das der Familie seiner Tochter angetane Unrecht. Reproduktionsmedizin war (ist?) ein ethisches Minenfeld. Die Einsicht, dass alle Kinder ein Recht haben, die Menschen, die an ihrem Zustandekommen mitgewirkt haben, zu kennen , ist gerade aus medizinischer Sicht unumgänglich- von der psychischen Dimension gar nicht zu reden. Vielleicht sollte Kollege Katzorke den Rat , den er seiner Tochter gegeben hat, beherzigen und psychologischen Rat suchen , um mit sich, seinem Beruf und last not least mit seiner Familie und der Familie seiner Tochter ins Reine zu kommen. Er kann auf seine Tochter, die ihr Leben einem Zufall ( nicht erschienener Spermienspender?)verdankt, stolz sein. Ich halte , weil ich sehr optimistisch denke, ein Happy End für möglich. Ganz privat-ohne Presse- nur für die beteiligten Menschen- wäre das wahrscheinlich das Beste! – Univ. Prof. Dr.Renate Heinz


Leserbrief zu „Wofür tragen wir Verantwortung“ von Bernhard Schlink

Wenn ich Bernhard Schlink und seine Beschreibung von Verantwortung in der ZEIT richtig verstehe, dann sagt er vier Dinge:

  1. Die Menschen haben Verantwortung für die Welt.
  2. Es gibt dabei eine primäre Verantwortung gemäß der Rolle, die ein Mensch hat als Arbeiterin, Unternehmer, Wissenschaftlerin, Politiker etc…
  3. Darüber hinaus gibt und braucht es die freiwillige Übernahme von Verantwortung in nahezu jedwedem Bereich.
  4. In unserer Zeit wird die primäre Verantwortung gering geachtet, die freiwillige dagegen hoch.

Ich nehme als Beispiel für die Richtigkeit der letzten These das ZEIT-Magazin vom 31. Januar 2019. In dem Artikel über die Schwedin Elin Ersson, die ein Flugzeug aufhielt, um einen Afghanen von der Abschiebung zu retten, findet sich eine perfekte Beschreibung dieses Denkens. Die Menschen, die gemäß ihrem Auftrag die Abschiebung angeordnet haben und durchführen, werden in ihrer Verantwortung gering geachtet. Dass sie überlegt und bedacht handeln könnten wird nicht in Betracht gezogen.

Die Person, die aufgrund selbsternannter Expertise, die Abschiebung nach Afghanistan mit der Todesstrafe gleichsetzt und sich über die Recht und Gesetz hinwegsetzt, wird dafür von Vielen bewundert und als Heldin angesehen – selbst wenn sie einen Straftäter befreit. Die primäre Verantwortung wird gering geachtet, das freiwillige Handeln hoch geschätzt…Vielleicht sollten wir den Pflichtbegriff Immanuel Kants oder die Berufsethik Martin Luthers doch wieder einmal nachlesen. – Wilfried Geyer


Leserbrief zu „Wacht auf, verdammt!“ von Matthias Geis und Bernd Ulrich

Der Artikel „Wacht auf, verdammt!“ hat mir sehr gut gefallen. Bravo, eine sehr gute Analyse, der sich historisch entwickelnden inneren Befindlichkeiten der sPD. In dem Artikel „Wacht auf, verdammt!“ heißt es, „Die sPD ist in der Krise, weil sich die klassischen Arbeitermilieus aufgelöst haben.“ Aber genau das ist ein Trugschluss, die klassischen Arbeitermilieus sind abgelöst von dem Heer der Niedriglohnknechte und den vielen unschuldigen arbeitslosen die mit Hartz IV stillgehalten werden. Die große, noch auf uns zurollende Digitalisierungs- und Automatisierungswelle mit ihren Folgen, wird in den nächsten Jahren zu einer weiteren, sich dramatisch entwickelnden Ungleichheit in der Gesellschaft führen. Da ist die Zukunftsperspektive, wie sie folgerichtig von der beiden Autoren für die sPD formuliert wurde („Die Zeit der Anpassung ist vorüber. Die SPD müsste so radikal sein wie die Herausforderungen und so frei wie die Kräfte, die alles durcheinanderwirbeln.“) vollkommen richtig. Dazu bedarf es mutiger fähiger Köpfe – ob damit die sPD dienen kann? – Eckhard Adler


Leserbrief zu „Aus eigener Kraft“ von Josef Joffe

Die Analyse von Josef Joffe führt noch nicht weit genug. Denn nicht nur in militärischer, sondern genereller Hinsicht müssen die Europäer bzw. deren Politiker endlich ihr eigenes Schicksal in die Hand nehmen. Schließlich gibt es eminent wichtige Zukunftsbereiche, wie zum Beispiel die E-Mobilität oder die Digitalisierung, wo gerade Deutschland im besonderen Maße durch fehlende Masterpläne hinterherhinkt. Deshalb benötigt insbesondere das politische Berlin endlich einen echten Innovationsgeist, bei dem man sich nicht mehr nur auf dem bisher erreichten Zustand ausruht, sondern mutige Visionen entwirft, die ebenfalls Donald Trump und Wladimir Putin beeindrucken! – Rasmus Ph. Helt


Leserbrief zu „Aus eigener Kraft“ von Josef Joffe

Meiner Meinung nach, ist ein „europäischer Beitrag, der sowohl Trump als auch Putin beeindruckt“ (Josef Joffe, ZEIT-Journalist), de facto europäische Aufrüstung, nicht besser als der Zusammenhalt der NATO. Ich musste diese Stelle zweimal lesen, weil ich nicht nachvollziehen kann, dass zerstörerische, tödliche Atombomben oder generell Raketen, die ein Wettrüsten provozieren könnten, besser sein sollen als eine diplomatische, friedliche Lösung. Ich möchte keineswegs naiv sein und glauben, dass Diplomatie so einfach wäre, aber es sollte doch immer der erste Weg sein! Ich will nicht zwischen Raketen vom Westen und Raketen vom Osten und neben Raketen im eigenen Land aufwachsen! Ich glaube keiner will das! Auch nicht wenn sie „nur“ zur „Abschreckung“ dienen sollen oder nur für den Fall der Fälle bereitstehen. Dadurch steigt die Sicherheit meiner Meinung nach eher nicht.

Man kann sich vermutlich gar nicht vorstellen, wie ein Krieg heute aussehen würde. Bei weitem Schlimmer noch als der 1. und 2. Weltkrieg. Gerade durch die digitale Abhängigkeit, ist man noch leichter angreifbar und die neuen Technologien sind noch perfider. Ich finde die Rüstungsindustrie einfach nur, ich kann es nicht anders sagen, widerlich! Techniken zu entwickeln, von denen man doch hofft, dass sie nicht gegen einen selber und seine Familie angewandt werden. In dem Artikel wurde geschrieben, dass nun „(…) konventionelle Mittelstrecken-Geschosse, die ihre geringere Sprengkraft durch Treffergenauigkeit ausgleichen“ Vorrang haben. Mit anderen Worten, das gezielte Töten von Menschen, also von Leuten, die für andere Söhne, Töchter, Freunde, Mütter oder Väter sind, ist noch effizienter geworden, weil diese, Menschen noch präziser in die Luft sprengen können. Herzlichen Glückwunsch dafür!

Und nein, dieses Handeln ist auch nicht gerechtfertigt, wenn propagiert wird, dass diese Menschen es „verdienen“ würden. Die gesamte Bevölkerung leidet. Keiner hat das Recht, nichtmal die Politiker oder Eliten, zu entscheiden, ob Menschen in Angst und Schrecken leben und Unschuldige sterben. Und das nur, weil die vergleichsweise wenigen Vertreter der Nationen sich nicht einigen können, viel zu stolz und egoistisch sind und sich gegenseitig unter Druck stellen, etwas zu beweisen. Die Aufgabe der Regierung ist es nicht andere Großmächte mit ihren Tötungsmaschinen zu „beeindrucken“, sondern das Volk zu schützen und den Frieden ohne Gewalt und Angriffe auf andere Menschen zu sichern. Und die militärische Macht ist meiner Meinung nach, nichts worauf man stolz sein kann. In der USA ist das möglicherweise was anderes, dort ist das vielleicht „Kultur“. Aber in Europa wird Patriotismus zum Glück nicht auf die militärische Ebene gehoben und dadurch bewiesen. Vermutlich auch wegen der prägenden Erfahrungen in der Geschichte, aus denen wir gelernt haben. Das sollte auch so bleiben! Es ist kein „Kulturwandel“ angesagt, wie es in dem Artikel proklamiert wurde. Bitte nicht. Ich bin stolz auf die 25 Jahre Abrüstung. – Eva Speck


Leserbrief zu „Neunzig Meter Schrott“ von Georg Etscheit

Der Autor zieht eine Parallele zwischen der zweifellos wichtigen Entsorgung von Windrädern und … der Endlagerung von Atommüll. Allen Ernstes? Nun, Parallelen schneiden sich im Unendlichen. So wie die Zerfallskurve von Plutonium-239 mit der Null-Linie, Halbwertzeit 24 000 Jahre, Toxizität hoch, Strahlung unsichtbar. Der Gesetzgeber fordert eine sichere Lagerung über 1 Million Jahre. Alles sattsam bekannt? Anscheinend nicht. Stahlbetonfundamente werden hier atomarem Abfall entgegengestellt. Die Schiefe dieses Vergleichs ist so aberwitzig, dass ich mich an den intellektuellen Rückbaukosten dieses Artikels mit meinen bescheidenen Abonnementsgebühren fast nicht zu beteiligen wage. – Rafael Wiemker


Leserbrief zu „Aus eigener Kraft“ von Josef Joffe

Europa soll aus eigener Kraft Trump und Putin beeindrucken? Das wagt nicht einmal die Märchentante in der Kita vorzutragen.Selber mehr tun für die eigene Verteidigung?Das ist zwar richtig,Europa muss mehr tun; in vieler Hinsicht. Aber welches Europa meint der Autor? Um was zu tun ,muss man sich einig sein. Frage ,ist Europa sich einig? Darauf kann doch nur ein Nein kommen. England kneift, wie immer. Weil Zwist säen in Kontinentaleuropa Grundprinzip britischer Politik ist. Die skandinavischen Länder ? Eigenbrötler, mit denen nichts anzufangen ist.Und Osteuropa? Jeder gefesselt in seinem schon widerlichen Nationalismus.Und Westeuropa? Ein unausgesprochenes Mißtrauen gegen Deutschlan ,verständlich nach den letzten Feldzügen von deutschen Boden aus. Ein einiges Europa hat es nie gegeben. Also tun wir gar nichts .Und warten mit Gottvertrauen auf das was der grosse Bruder in Washington und der rote Zar im Kreml uns bescheren werden. – Hans-Emil Schuster


Leserbrief zu „Ich zuerst!“ von Roman Pletter, Mark Schieritz und Xifan Yang

Was soll die Aufregung? Auf diesem Planeten denk Jeder zuerst an sich. Jeder einzelne Bewohner und jedes Staatsgebilde.Universelle Einigkeit wird es nur geben, wenn vielleicht mal in ferner Zukunft eine Bedrohung unseres Planeten von aussen geschehen sollte. Technisch hochgradig überlegene Ausserirdische wollen die Erde als Versuchslabor mit uns als Affen oder Meerschweinchen.Dann werden wir zusammenstehen. Und vielleicht wird unsere späte Einigkeit dann belohnt. Von irgend woher wird ein Mr. Spock auftauchen und uns belehren,wie man mit unfreunlich gesinnten Ausserirdischen umgeht. – Hans-Emil Schuster


Leserbrief zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Danke, dieser gehört zu Ihren besten Politik Kommentaren: sachlich, nüchtern, klar, ohne Ironie, genau auf den Punkt einer aberwitzigen Diskussion. Bleibt zu hoffen, dass die Grünen Fraktionen dies wenigstens in ihren Pressespiegeln wiedergeben… – Wolfgang Bichmann


Leserbrief zu „Der gekränkte Mensch“ von Maria-Sibylla Lotter

Verlust von Identität und Würde gefährdet die Demokratie. Schaut man sich die Entstehungsgeschichte von Demokratien an, stellt man fest, dass in diesem Zusammenhang die Überzeugung von der Gottesebenbildlichkeit als Grundlage der Würde eines jeden einzelnen Menschen und der Menschenrechte grundsätzlich Einfluss und Tradition hatte. Die christliche Weltsicht gab Maßstäbe, um diktatorische Systeme beurteilen zu können. Der Glaube an einen Gott, der seinen Willen mitgeteilt hat und an persönlicher Beziehung interessiert ist, bietet Leitlinien über die Zwänge und Automatismen eines Systems hinaus. Ausrichtung an solchen absoluten Werten kann von der Willkür der Einflussreichen und Mächtigen unabhängiger machen. Das gilt auch im umgekehrten Sinn. Orientierungslosigkeit und Bindung an den Materialismus machen manipulierbar. Ohne das Vertrauen zu Gott beraubt sich eine Gesellschaft der Möglichkeit, Demokratie zu entwickeln und Freiheit ohne Chaos sowie Ordnung ohne Tyrannei auszuleben. – Gerhard Jahnke


Leserbrief zu „Die Geprüfte“ von Anna-Lena Scholz und Martin Spiewak

Akademische Arbeiten mussten und müssen gewissen grundlegenden wissenschaftlichen Ansprüchen genügen. Der-/diejenige, der/ die eine solche Ausarbeitung einreicht (sei es als Seminararbeit, als Diplomarbeit oder als Dissertation), weiß um deren notwendig zu füllenden Ansprüchen. Somit wird jede Verwendung von Sekundärliteratur dieser grundlegenden Anforderung gar nicht gerecht. Wenn dann noch Sekundärliteratur genutzt wird und Originalzitate dazu erwendet werden, verstößt dies gegen die mit einer solchen Arbeit verbundene persönlich unterschriebenen eidestattlichen Versicherung. Was sollte diese dann noch für einen Wert haben? Die Arbeit wurde damit zur Farce. Eine mögliche Aberkennung des akademischen Titels entspräche m.E. einer sachlich richtigen Vorgehensweise. Die Beschreibung von persönlichen und politischen Rahmenbedinungen sind keine zielführende Argumente sondern „sozial weichgespülte“ Hinweise. Ob man dann noch politisch weiterarbeiten kann, sei dahin gestellt. – Norbert Ratzlaff


Leserbrief zu „Kann man mit Krankenhäusern noch Geld verdienen, Herr Sturm?“ von Katharina Heckendorf

Schon die Fragestellung ist erschreckend. Wir sind ein Sozialstaat (oder nicht?), und Krankenhäuser sind für die Patienten da und nicht für Unternehmer, die mit Krankheit ein Geschäft machen und auf Gewinnmaximierung setzen. – Ute Joswig


Leserbrief zu „Einfach mal durch den Körper denken“ von Tobias Timm

Der „Bauhaus“-Verein wollte ursprünglich eine rein maskuline Künstlerclique bleiben, wären da nicht ein paar „lustige Weiber der schönen Künste“ gewesen, die den Männern, ganz ordentlich die Hölle unter deren Hintern, heißgemacht haben. Das endgültige Bauhaus-Aus kam dann doch schneller als erwartet, nämlich schon im Jahre 1933, durch einen österreichischen Schmierfinken aus Braunau, der u.a., dem Rassenwahn „total“ gnadenlos anheim verfallen war. – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Aus eigener Kraft“ von Josef Joffe

Josef Joffes Sicht der Dinge zeigt, wie es überhaupt zu einer so festgefahrenen Situation in Sachen Atomwaffen kommen konnte: eine sehr männliche Denkweise, die von dem Wunsch nach Dominanz und Macht getrieben ist. Warum ist die einzige Herangehensweise die (nukleare) Aufrüstung Europas, damit „Trump und Putin beeindruckt werden“? Ohne Zweifel stößt man mit einem Ansatz, der die Prinzipien einer feministischen Außenpolitik beinhaltet, bei Russland auf Unverständnis und vermutlich Hohn. Dennoch finde ich es höchst beunruhigend, dass auf der Titelseite der ZEIT der Standpunkt vertreten wird, es ginge nun gar nicht anders, als eine Strategie der Abschreckung zu verfolgen. – Milena Grünewald


Leserbrief zu „Neunzig Meter Schrott“ von Georg Etscheit

Der Autor erweckt den Anschein der Rückbau der Windräder sei ein Problem vergleichbar mit dem Rückbau der Atomkraft, wogegen der allergrößte Teil der verwendeten Materialen mit bekannten und beherrschbaren Verfahren recycelt werden kann und auch wird, für den verbauten Stahl bekommt man sogar noch den Schrottpreis. Strahlende Materialen werden meines Wissens in Windrädern nicht verbaut. Mit dem „munter drauflosbauen“ ist das auch so eine Sache, ich glaube nicht das man einer Person, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, den Genehmigungsaufwand für ein Windrad in Deutschland erklären kann. In letzter Zeit ist eine Bürgschaft von etwa 5% der Investitionssumme, für den Rückbau des Windrades, verpflichtender Teil der Baugenehmigung. – Albert Stockmann


Leserbrief zu „Ich zuerst!“ von Roman Pletter, Mark Schieritz und Xifan Yang

Natürlich gibt es Mittel gegen nationale und andere Egoismen. Ob die wirksam werden, hängt von der Bereitschaft aller Beteiligten zu Dialog, Kooperation, Kompromissen und Multilateralismus ab. Grundlage und gleichzeitig Motiv dafür ergibt sich aus unserem menschlichen Sosein als Einzelne, Gruppen, Gesellschaften und Gemeinschaften. Die entscheidende Frage ist: Wie nehmen wir Wirklichkeit wahr – unsere innere als auch die äußere. Wenn wir gründlich, frei von Vorurteilen und ideologischen Konditionierungen sind bzw. und darum bemühen, erleben wir Wirklichkeit immer als Zusammenspiel dessen, was wir einerseits begreifen, planen und worüber wir verfügen können und andererseits, was unbegreiflich, nicht planbar und nicht verfügbar ist.

Um unser Dasein erfolgreich gestalten zu können, müssen sich also unsere jeweiligen Kenntnisse und Talente ergänzen, wir müssen zusammenarbeiten, Informationen austauschen und über den Tellerrand exklusiv selbstbezüglicher Interessen und Befindlichkeiten gucken. Das schließt alle Formen prinzipiell separierender Egoismen aus. Und die Wirtschaft würde vor allem deshalb davon profitieren, weil durch Einsparungen für immer verrücktere militärische Geräte und Strategien viel Geld für sinnvollere Aufgaben verwendet werden könnte. – Christoph Müller-Luckwald


Leserbrief zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Ich schreibe Ihnen zu der kurzen (vielleicht auch einfach zu kurzen) Argumentation im Zeit Magazin. Ich denke ihr nettes Bild vom Sanitäter, der sie fast waren, zieht an der Stelle kein bisschen. Jemanden aktiv zu gefährden ist doch etwas ganz anderes, als nicht allen helfen zu können. Das aktive Ausspielen zweier Rechte gegeneinander ist meines Erachtens immer brandgefährlich. Die Alternativen können doch nicht „Abschiebung“ oder „Freilassen“ heißen. Begeht jemand ein Verbrechen oder steht kurz davor, dann gehört er ins Gefängnis. Und das aus gutem Grund. Es gibt keine Körperstrafen, weil man zwar für Verbrechen bestraft wird, aber die Strafe nicht gegen mehr Grundrechte verstoßen darf, als es nötig ist, um die Allgemeinheit (die potenziellen Opfer, zu schützen. Ich darf aus gutem Grund niemanden foltern, auch wenn Leben auf dem Spiel stehen. Ich kann das Wohl (das gefährdet sein könnte) vieler nicht ausspielen gegen die Grundrechte eines Einzelnen. Das bedeutet nicht, um an der Stelle klar zu sein, dass eine Abschiebung in ein sicheres Land in dieser Lage falsch ist. Aber das was Sie vorschlagen, ist Gefährder (also Menschen die vermutlich gefährlich sind) auch in Länder abzuschieben, in denen sie selbst gefährdet sind. Auch wenn ich sonst wenig von Dammbruch-argumenten halte, denke ich, dass wenn es um Menschenrechte geht, keiner den ersten Schritt tun sollte, um sie abzuschwächen. Und jemanden wissentlich in Gefahr zu bringen scheint genau das zu sein. Das geht mir einen entschiedenen Schritt zu weit. „Wir können nicht Weltpolizei spielen.“ (Das wäre auch nichts Gutes, wenn wir es könnten.) Aber lassen Sie uns doch wenigstens Polizei in unserem Land spielen. Mit klaren Regeln. Und zwar so, dass niemand härter bestraft wird, als es angemessen ist und niemand in Gefahr gebracht werden kann, nur weil wir nicht mehr sehen, was mit ihm passiert. Klare Regeln, starkes Handeln, aber niemals sollten wir die Grundrechte von Menschen verletzen! Egal woher sie kommen. – Philipp Räubig


Leserbrief zu „Wofür tragen wir Verantwortung“ von Bernhard Schlink

Durch ständige Wiederholung in einem überlangen Text verliert das Wort Verantwortung immer mehr von seiner moralischen Wucht! Der Willkommens- hätte unmittelbar eine „Verantwortungskultur“ folgen müssen – für das eigene Volk; für alle Fluchtländer unserer Erde muß sie gemeinsam von allen demokratischen Staaten gezeigt werden! Durch seine Unterschrift unter ein Rezept, durch einen Eingriff, mit dem er Heilung erhofft geht ein Arzt jedesmal das Risiko ein, seinem Patienten auch Schaden zufügen, schlimmstenfalls sogar seinen Tod (mit)verursachen zu können! Dieser Verantwortung kann er sich nicht entziehen, sie nicht an einen anderen delegieren! Allein zuständig zu sein, seinen Kopf für eine getroffene Entscheidung hinhalten: das wirkt geradezu anachronistisch in einer Zeit der Überdemokratisierung, die aber letztlich in Verantwortungslosigkeit endet! – Dr. med. Ulrich Pietsch


Leserbrief zu „Das Prinzip Weimar“ von Ulrike Gastmann

Langsam werde ich zum Fan von Ihnen: lassen Sie sich bestärken in Ihrem Kampf um Freiheit u. Demokratie, die Pflege dieser uralten Menschenwünsche muss bei der Jugend, den Schulen beginnen. Es ist sozusagen eine Erziehungsarbeit von uns Alten (ich Jg. 1938), ich merke ja bei manchen Besuchen in den Schulen, wie interessiert die jungen Menschen fragen – nicht dozieren, man sollte eher erzählen. Vielen Dank für Ihre sehr gelungenen Artikel. – Ein/e Leser/in


Leserbrief zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Dass ich jemals den Aufwand betreiben würde, mich an den Computer zu setzen und einen Leserbrief zu formulieren, soll schon etwas heißen. In diesem Fall kann ich den Artikel jedoch aus moralischen Gründen nicht unkommentiert lassen. Was macht Harald Martenstein? Der Autor vergleicht eine medizinische Triage mit der Abschiebung von Asylsuchenden. Eine Triage dient tatsächlich der Rettung möglichst vieler Leben; die Abschiebung von Asylsuchenden tut dies jedoch nicht. Menschen werden in ihre Herkunftsländer abgeschoben, weil Deutschland zwischen deutschem und nicht-deutschem Menschenleben unterscheidet und nicht zuletzt damit der vermeintlich eigens durch uns erarbeitete Wohlstand dieser Gesellschaft nur uns zu Gute kommt.

Martenstein vertritt außerdem die Meinung, dass als Gefährder betitelte Asylsuchende in unsichere Herkunftsländer zurück gebracht werden sollten und ihnen konsekutiv weniger Rechte zugestanden werden, als Nicht-Gefährdern; und das, obwohl beide Gruppen gleichsam bisher keinen Rechtsbruch begangen haben und von denen lediglich potentielle Gefahr ausgeht. Gar keine Erwähnung finden, wohl aus rhetorischen Gründen, diejenigen Gefährder, die nicht der Gruppe der Asylsuchenden entstammen. Um Martensteins moralisches Konstrukt konsequent zu Ende zu denken, könnte man auch diese Menschen in gefährliche Länder abschieben, damit sie dort gerechterweise – laut Martenstein – ähnlich großen Gefahren ausgesetzt werden, wie hier von ihnen ausgeht. Eine Art prospektive Bestrafung also.
Fazit: Der Text ist aus humanitärer Sicht peinlich schlecht ausgearbeitet. – R. Hartbrich


Leserbrief zu „Jetzt hören Sie mal zu!“ von Marcel Laskus

Wie sich der Anrede wohl entnehmen lässt, bin ich etwas älter als Sie. Vermutlich 40 Jahre. Und ich möchte Ihnen Mut machen. Denn zwar höre ich auch heute noch und sporadisch manchen Titel aus meiner Jugend, also den 1960er und folgenden Jahren, respektive Jahrzehnten. Aber bevorzugte Interpreten sind derzeit beispielsweise Cat Power, Faber, Christine and the Queens, Goat Girl oder auch SXTN oder Labrinth, gerne auch mit Sia und Diplo. Und ganz weit vorne und seit gut zwei Jahren der Franzose Damien Saez. Meine Musik war und ist immer auch mein Tagebuch. Spiegelt also Glücksmomente und dunkelste Nächte.

Weshalb ich mich dann auch im vergangenen Jahr dazu verstiegen haben, eine Cover-Version von Damien Saez Song „J’veu qu’on baise sur ma tombe“ mit zwei Musikerinnen zu erarbeiten und im Rahmen einer (öffentlichen) Lesung auch zu „performen“. Und für all das musste ich mir noch nicht einmal Mühe geben. Für mich reichte es immer, Musik zu hören, in der ich meine Gefühle wiederfand. Weshalb ich mit den Bee Gees schmachten konnte und kann. Um dann vielleicht mit Rammstein meine Wut zu zelebrieren, oder mit Hamilton Leithauser alle Ambivalenz der Gefühle zu verinnerlichen. Pop, Rock, Heavy Metal, Punk, Rap, Hip Hop, Dance – und manchmal sogar „was Klassisches“, sie alle haben mein Leben begleitet. Auf meiner Playlist laufen aber die Entdeckungen, die ich jetzt mache. Mein Tagebuch wird fortgeschrieben. Schließlich will man ja nicht nur die Gefühle von einst in Endlosschleife reproduzieren. Also einfach Ohren aufgesperrt. Das Leben hört mit 30 Jahren nicht auf. Und die Musik auch nicht. – Peter B. Heim


Leserbrief zu „Aus eigener Kraft“ von Josef Joffe

Friedensmacht? Was ist das denn? Ein Land ohne Atomwaffen ist keine Macht. – Ein/e Leser/in


Leserbrief zu „Bienensterben, Bauernsterben“ von Andreas Sentker

Ein lustloser Spaltenartikel Über das Volksbegehren zur Artenvielfalt in Bayern ist beschämend und einer ZEIT unwürdig. Zum Einem wird die Tragweite des Themas mit einem Verweis auf mangelnde Datenbasis und einem utopistischen „wichtiger wäre ein Aufbruch in Brüssel“ völlig missachtet. Zum Anderen wird das außergewöhnliche Ergebnis dieser Volksabstimmung und das positive Signal das für unser Land von ihr ausgeht in keinster Weise angesprochen. Welchen Sinn haben die medial beschworenen Begriffe wie „Demokratie“, „mündige Bürger“ und „politisches Interesse“ etc., wenn vorhandene Initiativen selbst bei Ihnen keinerlei Wertschätzung erhalten? JA, dies ist eine Aufforderung es in den Nächsten Ausgaben nachzuholen – Vielleicht haben auch Leserinnen und Leser der ZEIT vor einem Rathaus Schlange gestanden und sich Gedanken über unsere Zukunft gemacht. – Rainer Holst


Leserbrief zu „Tod einer Schülerin“ von Hannah Knuth und Jeannette Otto

Als Schulsozialarbeiterin an einer Grundschule in einem sozialen Brennpunkt in Spandau bin ich dankbar für diesen Artikel, da er sich um Objektivität bemüht und sich nicht dem Mainstream – Klischee, dass Schule an allem schuld sei, bedient. Der Artikel endet mit einem Zitat eines reflektierten Vaters, dass es nicht um Schuld ginge, sondern „um unsere Kinder“. Einige Schulexterne prominente Menschen nähren ihre Popularität und ihr Konto seit langer Zeit damit, zu wissen, was Schule alles falsch mache und wie es besser ginge. Von „Schul- Infarkt“, „Bulimielernen“ und „Trichterpädagogik“ wird gesprochen. Auch der im Artikel genannte Carsten Stahl, welcher sich ohne jegliche pädagogische oder psychologische Ausbildung / Studium ist und sich Anti – Mobbing- Trainer nennt,springt lautstark und sensationsträchtig auf den Zug der billigen Schulkritik. Tatsächliche Fachkompetenz bei einer so ernsthaften Thematik wie Mobbing fände ich weitaus angebrachter als das Ausleben von Narzissmus und Profilneurose, gepaart mit gefährlichem Halbwissen.

Die allgemeine Kritik an Schule/ dem Bildungssystem ist nicht komplett von der Hand zu weisen, nur: wer sollte die Adressatin / der Adressat der Kritik sein? Meines Erachtens nach handelt es sich im Bildungsbereich um ein komplexes politisches Versagen, denn: Alle sind sich einig darüber, dass eine gute Bildung Grundvoraussetzung einer gelingenden Bildungs- und Lebensbiographie ist. Nur: Schulen erhalten weder die benötigte (kompetente!) personelle, noch räumliche Ausstattung. Berlin verbeamtet LehrerInnen nicht, was dazu führt, dass sich viele von ihnen nach Brandenburg versetzen lassen. Ausserdem ist eine Tätigkeit in einem Randbezirk und zudem sozialen Brennpunkt per se schon nicht attraktiv. Die Folge der politischen Minderwertschätzung der LehrerInnen an Berliner Brennpunktschulen sind eine personelle Flickschusterei aus unausgebildeten Lehrkräften wie QuereinsteigerInnen, StudentInnen im Lehrverhältnis „Unterrichten statt Kellnern“, sogenannte „Lovls“: „Lehrkräfte ohne volle Lehrbefähigung“, Pädagischen Unterrichtshilfen, SchulhelferInnen, Honorarkräften usw. Die Anzahl ausgebildeter GrundschullehrerInnen an Grundschulen sinkt stetig. SchülerInnen werden eine Unzahl an Bezugspersonen zugemutet, lehrendem und pädagogischem Personal eine Unzahl an persönlichen und fachlichen Herausforderungen und Aufgaben.

Der Grundatz, dass Beziehung Lernen ermöglicht, welcher besonders für bildungsferne SchülerInnen von sehr hoher Bedeutung ist, wird gänzlich vernachlässigt. Schule wird eine Verantwortung aufgebürdet, welche per se nicht ihr Auftrag ist und die sie unter den genannten miserablen und perspektivarmen Bedingungen nicht erfüllen kann. Engagierte Lehrkräfte (ausgebildete und unausgebildete) stoßen an ihre Grenzen, zeigen massive Erschöpfungserscheinungen und werden krank. Das Schulsystem krankt (chronisch) – und dafür tragen nicht einzelne Schulen die Verantwortung, sondern eine versagende Bildungs- und Sozialpolitik. Schule als Kompensationsinstanz mit sanatorischem Auftrag für fehlende politische Verantwortung und als Kompensationsinstanz für viele politische und gesellschaftliche Fehlentscheidungen – das kann nicht gut gehen. Um das Ideal einer Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern der SchülerInnen zu verwirklichen, benötigt es eine Bildungs-und Sozialpolitik, die gemeinsam nachhaltige Konzepte für eine gelingende Bildungs- und Lebensbiographie entwickelt und dafür das benötigte Geld zur Verfügung stellt. Frühzeitige finanzielle Investitionen sind langfristig weitaus ökonomischer als spätere Schadensbehebung/ -begrenzung durch die Notwendigkeit von kostspieligen Jugendhilfemaßnahmen und finanziellen Transferleistungen. Bildung ist zur zentralen Chancenzuteilungsinstanz geworden, sie ebnet den Weg in eine erfolgreiche Zukunft oder versperrt ihn. Analog Humboldt ist und bleibt Bildung die wichtigste Ressource der Orientierung, um Gegenwart zu bewältigen und Zukunft zu gestalten. Nicht umsonst gibt es den Begriff des BildungsKAPITALS. – Vera Papadopoulos


Leserbrief zu „Wacht auf, verdammt!“ von Matthias Geis und Bernd Ulrich

Zitat:“ …besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will… „ Willy Brandt, Grußwort an die Sozialistische Internationale, 15.September 1992.
Ich selbst bin SPD-Mitglied seit 4o Jahren, beobachte die Parteipolitik aktiv seit etwa 1966, also zur Stunde der ersten Großen Koalition – etwa ein Drittel des Zeitraums, den die Autoren Geis und Ulrich in o.a. Artikel analysieren. Kurz gesagt, halte ich – mit gesundem Menschenverstand beurteilt ( ich bin Arzt und kein Historiker) – das Unterfangen, 150 Jahre Parteigeschichte während dreier Epochen auf einen Nenner bringen zu wollen : nämlich „Anpassung“, für mehr als fragwürdig. Erstens war die SPD schon sehr früh , d.h. vor der Wende zum 20. Jahrhundert erklärtermaßen eine „revisionistische“, also reformerische und keine revolutio- näre Partei. Später, in der Weimarer Republik und bis heute, auch bewusst staatstragend, „systemstabilisierend“ . D.h. es wurde eine Strategie betrieben, die man heute Realpolitik nennt und die z.B. international als Schlüssel zum Erfolg gilt. Wenn die Autoren von „historischer Schuld (1914) “ sprechen, erwecken sie den Anschein, als wenn parlamentarischer Widerstand der SPD den ersten Weltkrieg hätte verhindern können. Wohl kaum, angesichts der Machtverhältnisse.

Zweitens haben sich, der übergeordneten These „Anpassung“ geschuldet, Ungenauigkeiten und eine erstaunliche Auslassung eingeschlichen: Die demokratischen Mitbewerberparteien 1949 , „die sich durch Neugrün- dungen in der vermeintlichen „Stunde Null“ von dem historischen Ballast be- freiten….“ fingen nicht wirklich völlig neu an. Sie nahmen nicht nur Teile der programmatischen Inhalte ihrer Vorkriegs-Vorläufer mit, sondern auch eine ganze Reihe von Personen als Neumitglieder : die CDU/CSU von der alten Zentrumspartei und die FDP von der DVP. Prominentester Vertreter : Konrad Adenauer. In der weiteren Entwicklung während der Bonner Republik wird das Godes- berger Programm erstaunlicherweise nicht erwähnt, markiert es doch zumin- dest innerparteilich die Abkehr vom Marxismus und damit den Abschied vom historischen Determinismus; eine sozialdemokratische Zeitenwende . Zitat nach Geis und Ulrich :“ Ihr marxistischer inspirierter Geschichtsoptimismus…. war eine starke Quelle ihres Durchhaltewillens“, gemünzt auf die Zeit des Kaiser -reichs. War die Befreiung vom „historischen Ballast“ 1949 für CDU und FDP also richtig (s.o.), 10 Jahre später für die SPD aber falsch, weil „Anpassung?“.

Auch die für die SPD ideologisch schwierige Parallelexistenz der SED in der DDR von 1949 bis 89 wäre einer Erwähnung wert gewesen, schlug uns Sozialdemo- kraten doch seinerzeit aus der rechten Ecke das zynische Argument entgegen : “ dann geht doch nach drüben!“. Zum aktuellen Verlust der Wählerschaft. Hierzu hat m.E. Sigmar Gabriel im TV -Kamingepräch mit Phoenix am vorigen Sonntag, 10.02. eine treffende Analyse geliefert. Meine persönliche Meinung , darüberhinaus : Die (auch nur relative) Stabilität der CDU/CSU bei Wahlen bzw. Umfragen – z.Zt. gut 10 Prozent über der SPD – liegt nicht an der diskutierten traditionellen religiösen Bindung der Wähler, sondern am weltweiten Siegeszug des ökono -mischen Neoliberalismus , d.h. der Kommerzialisierung aller Lebensbereiche mit Fokus auf Konsum. Die Unionsparteien werden zurecht als wirtschafts- freundlich wahrgenommen, sodass der Wähler an der Urne aus gesundem Egoismus lieber dem politischen Unterstützer seines Arbeitgebers die Stimme geben wird als dem Gewerkschaftsfunktionär. „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.“ ( Michel Beheim, 15.Jhdt.).

Dagegen werden real existierende soziale Unterschiede bei der Mehrheit nicht als Problem wahrgenommen, sondern erhofften Einkommensvorteilen und Arbeitsplatzsicherheit nachgeordnet. Beispiele : die sich weiter öffnende Ein- kommensschere zwischen Reich und Arm , die Abhängigkeit von Bildungsab- schlüssen vom Sozialstatus der Eltern, die Zweiklassenmedizin. Beweis dafür ist der erfolglose vorige Bundestagswahlkampf der SPD unter dem General -thema: Soziale Gerechtigkeit. Die abschließende Aufforderung der Autoren:“ …aus der Box zu springen, die neuen in der Grammatik des vorigen Jahrhunderts nicht mehr beschreibbaren Umbrüche von Ökologie und Digitalisierung anzugehen …“ ist nach meinem Verständnis eine, wenn auch moderne Spielart der „Anpassung“ – also das, was im Untertitel des Artikels als „vorbei“ gescholten wird . Zitat W. Brandt „… dass jede Zeit andere Antworten will“ . – Prof.Dr.med.Ulrich Krause


Leserbrief zu „Die Fallen der Fürsorge“ von Kolja Rudzio

Ich lese die Zeit und auch den Spiegel seit langem sehr gerne und akzeptiere, dass die Zeit konservativ ist und gerne weichzeichnet. In Ihrem Artikel vermisse ich zumindest eine Anspielung darauf, dass die Sozialstaatskonzepte aus dem 19. Jahrhundert heute nicht mehr funktionieren und künftig schon gar nicht. So gesehen ist Ihr erstseitig herausragend platzierter Artikel eine Provokation, wenn nicht gar eine Zumutung für Leser, die zukunftsorientierte Information suchen. – Hans-J. Giller


Leserbrief zu „Ich zuerst!“ von Roman Pletter, Mark Schieritz und Xifan Yang

Pech für die Menschheit und viele andere Tiere: Wenn die USA unter Trump und Brasilien unter Bolsonaro aus Dummheit und um kurzfristiger wirtschaftlicher Vorteile willen aus dem Klima- und Umweltschutz aussteigen, werden möglicherweise auch weitere Staaten sich nicht an die Abmachungen halten, geschweige denn weitere Schritte Richtung Klima- und Umweltschutz gehen, so dass die schlimmsten Szenarien wahr werden dürften. Im rein wirtschaftlichen Bereich mag Nationalismus verkraftbar und für einzelne Beschäftigtengruppen sogar von Vorteil sein, aber beim Klima- und Umweltschutz ist Nationalismus auf längere Sicht tödlich. Aber Herr Trump, Herr Bolsonaro und auch meine Wenigkeit werden das altersbedingt wohl nicht mehr erleben. – Dr. Ulrich Willmes


Leserbrief zu „»Ich staune vor allem darüber, dass ich noch am Leben bin« – Der Autor Michael Scott Moore wurde in Somalia von Piraten entführt. Seine Mutter kämpfte ihn frei“ von Khuê Pham

…und ich staune über die Naivität der von mir so geschätzten ZEIT in Bezug auf diesen Artikel. Die Berichterstattung in der Presse über Lösegeldsummen hat die Piraterie am Horn von Afrika vor Jahren erst so richtig angefacht. Bringen Sie also am besten noch mehr Details und Hinweise was man genau für einen entführten Ausländer verlangen kann und welche Regierung was zahlt, vielleicht gleich mit einer Liste von Ansprechpartnern, damit auch der letzte Verbrecher dieses lukrative Geschäftsmodell übernehmen kann.

Den Informationswert einer Reportage kann man auch gewährleisten wenn man nicht alle Details offenlegt. Summen und Strategien sprechen sich leider sehr schnell rum und das gefährdet uns alle, die wir uns in gefährlichen Gebieten aufhalten (müssen) – Seeleute, Entwicklungshelfer, Geschäftsleute, Journalisten und nicht zuletzt auch die unerschütterlichen Touristen, die meinen, ihnen würde sowas ja nicht passieren… – Anja Peters


Leserbrief zu „»Bis hierhin wird das Wasser steigen«“ von Claus Leggewie

Das ist nett, dass Sie am Ende des Artikels dem Leser noch ein wenig Hoffnung machen, das Schlimmste könnte doch noch verhindert werden, aber bis sich die Erkenntnis durchgesetzt hat, „dass eine ökologische Wende auch ökonomisch gewinnbringend ist,“ könnte es für eine Begrenzung der Erderwärmung, ein Ende des Artensterbens etc. bereits zu spät und der Point of no Return überschritten sein. Hier und heute müssten wir über Verzicht sprechen – und über eine Bestrafung jener, die immer noch öffentliche Lügen in die Welt setzen und verbreiten. Wären z. B. in den letzten 40 Jahren den Klimawandel leugnende Pseudowissenschaftler in Unternehmensdiensten konsequent bestraft worden, hätte die Menschheit jetzt deutlich weniger Probleme. – Dr. Ulrich Willmes


Leserbrief zu „Warum … erschüttert ein Prozess Spanien?“ von Ulrich Ladurner

Mit großem Interesse verfolge ich Ihre Artikel zur Krise in Katalonien. Einer der regelmäßigen Autoren ist dabei Ulrich Ladurner. Immer wieder wird beim Lesen klar, dass er dabei klar auf Seiten der spanischen Unionisten steht. Dies hat er ja sogar in einem interessanten Artikel zu seinem Erleben der Unabhängigkeitsbewegung dereinst in Südtirol motiviert. Dass ein Journalist eine eigene Meinung hat ist unvermeidbar, dass diese den Grundtenor seiner Artikel färbt ist legitim. Bei seiner Argumentation muss er sich jedoch an die Fakten halten. Nun stellt Ladurner fest: „Die Separatisten.. Und das, obwohl sie – an den Wahlergebnissen gemessen – von nur maximal 40 Prozent der katalanischen Bevölkerung unterstützt werden“ Die tatsächlichen Ergebnisse der letzten beiden Wahlen sehen so aus:
Wahlen 2017: JxCat 21,7 % + ERC 21,4% + CUP 4,5% = 47,6%
Wahlen 2015: JxSí 39,6% + CUP 8,2% = 47,8%

Alle summierten Parteien sind ganz klar und ohne Zweifel für die Unabhängigkeit. Stabil über 47% sind sicher nicht „maximal 40 Prozent.“ Solche Falschinformationen bin ich von der ZEIT nicht gewöhnt. Sie passen aber leider zu den bisherigen Artikeln von Herrn Ladurner zum Thema, und sind daher wohl kein Versehen. Schon mehrmals habe ich Ihnen wegen solcher Falschinformationen geschrieben, stets zulasten der Unabhängigkeitsbewegung. – Peter Leupold


Leserbrief zu „Die Geprüfte“ von Anna-Lena Scholz und Martin Spiewak

In den deutschen Unis wurde eine radikal linke Politik installiert – sagt Jordan B. Peterson. Darauf bezeichnen die Linken ihn als Hassprediger. Für mich ein Zeichen von Schlamperei. Überall da wo die Linken regieren, sind die wirtschaftlichen, kulturellen, politischen Ergebnisse mangelhaft. Paradebeispiel Berlin. Das hat zur Folge, daß unser Staat immer weiter im Chaos versinkt Das hat schon Peter Sloterdijk, die Inkarnation aller Intellektuellen, ähnlich festgestellt. Dieser miefige Stall muß ausgemistet werden. Die Autoren werden dagegen aufbegehren….. – Gunter Knauer


Leserbrief zu „Die Geprüfte“ von Anna-Lena Scholz und Martin Spiewak

Sagt der Fall Giffey wirklich etwas über „das deutsche Promotionswesen“ aus? Dass unredliches Arbeiten in der Wissenschaft aufgrund des technischen Fortschritts heute leichter auffliegt als früher, in sicher zu begrüßen. Auf Dauer wird dies hoffentlich dazu führen, dass keiner mehr satz- und seitenweise abkupfert. Was die Plagiatsdedektive da herausfinden, bezieht sich aber größtenteils auf das elementare Handwerkszeug wissenschaftlichen Arbeitens, was man früher in den Proseminaren lernte, als es sie noch gab. Bologna-sei-Dank sind die aber weitestgehend abgeschafft worden und damit auch das systematische Training sauberen Bibliographierens und Zitierens. Wenn mit der Dissertation „ein Fortschritt der wissenschaftlichen Erkenntnis anzustreben“ ist, so kann diese Forderung auch bei formalen Mängeln erfüllt sein, so verwerflich diese auch sein mögen. Hier werden Äpfel und Birnen miteinander verglichen. Anmaßend ist hingegen der Vergleich der Mama als Flötenlehrerin mit dem notengebenden Professorium. Folgerichtig müsste auch die Notengebung durch die Lehrenden in den Schulen abgeschafft werden. Tatsächlich ist es aber wohl nirgends so, dass eine Promotionsschrift nach dem Belieben des Doktorvaters oder der Doktormutter benotet wird. In über 30 Jahren Promotionserfahrung an verschiedenen Fakultäten habe ich das Ringen um die Benotung bei abweichenden Voten der zwei oder auch drei Gutachten bestens kennenglernt. Und auch nach Abschluss des Verfahrens ist die Prüfung keineswegs zu Ende, wenn nämlich nach der Publikation die Rezensenten den Beteiligten – Promovierten wie Betreuenden – den Spiegel vorhalten. Der Trend geht wohl in Richtung Verschulung und Reglementierung. Ist der „Goldstandard“ aber wirklich ein Fortschritt? Mit dem einst hoch gerühmten Humboldt’schen Bildungsideal oder gar der Freiheit der Wissenschaft hat das jedenfalls nicht mehr viel gemein. – Prof.em. Dr. Albert Gerhards


Leserbrief zu „Die Geprüfte“ von Anna-Lena Scholz und Martin Spiewak

Sie argumentieren mit Statistik. Dann beachten Sie bitte, dass der Satz „Auch der häufige Vorwurf, dass die Aktivisten es besonders auf Politiker abgesehen hätten, lässt sich nicht belegen“ nicht zutreffen kann, wenn es sich im nächsten Satz bei 16 von 204 veröffentlichten Fällen um Dissertationen von Politikern handelt, also rund 8%. Nur werden nicht 8% der Erwerbstätigen aus Politikern bestehen, schon gar nicht in Vollzeit. 8% sind dann überproportional. Über Absichten sagt das zwar nicht aus, aber es wäre schöner, würden die Autoren über solche Verhätnisse auch mal schreiben. – Steffen Kaufmann


Leserbrief zu „Der Prager Kotau“ von Erich Follath

Das Foto der beiden Partner erzählt die ganze Geschichte. Hr. Zemann schaut kumpelhaft unsicher, Hr. Xi ‚ s zufriedenes, hintersinniges feines Lächeln zeigt was er denkt: da habe ich ein eitles Dummchen in der EU gefunden. – Hans-J. Giller


Leserbrief zu „Neunzig Meter Schrott“ von Georg Etscheit

Sicherlich besteht bei der Entsorgung von Windenergieanlagen (WEA) noch Optimierungsbedarf. Das Thema ist ja auch noch relativ neu. Wenn der Autor aber die strahlende Hinterlassenschaft der Kernenergie mit dem Schrott alter WEA gleichsetzt, verwechselt er nicht nur Äpfel mit Birnen, sondern betreibt eine gefährliche Verharmlosung des Atommülls. Der Rückbau von WEA ist in allen Bundesländern gesetzlich geregelt. Die Genehmigungsbehörden legen eine Sicherheitsleistung fest, die der Betreiber zu hinterlegen hat und die auch bei einer Insolvenz den Rückbau ermöglicht. Der Anlagenschrott liefert weitere Einnahmen. Zum Umfang des Rückbaus gilt nach § 35 Absatz 5 Satz 2 und 3 BauGB bei der Genehmigung von Windenergieanlagen im Außenbereich:

„Rückbau ist die Beseitigung der Anlage, welche der bisherigen Nutzung diente und insoweit die Herstellung des davor bestehenden Zustandes. Zurückzubauen sind grundsätzlich alle ober- und unterirdischen Anlagen und Anlagenteile (einschließlich der vollständigen Fundamente) sowie die zugehörigen Nebenanlagen wie Leitungen, Wege und Plätze und sonstige versiegelte Flächen.“ Antwort des Hessischen Landtags (Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz) auf die Kleine Anfrage vom 28.10.2015 zum Rückbau der Fundamente von Windkraftanlagen:

„Nach dem sogenannten Rückbauerlass ist eine vollständige Beseitigung der Fundamente und anderer Bodenversiegelungen erforderlich. Eine allgemeine Beschränkung des Rückbaus der Bodenversiegelungen bis in eine Tiefe von 1,2 m wird den Anforderungen der Landesregierung an einen ordnungsgemäßen Rückbau nicht gerecht. Die vollständige Beseitigung der Bodenversiegelungen und des Fundaments sind Voraussetzung für eine möglichst weitgehende Wiederherstellung der Bodenfunktionen mit ihrer Bedeutung für den gesamten Naturhaushalt und ermöglichen damit nicht nur eine landwirtschaftliche Nutzung.“ Die Berechnung der Höhe der Sicherheitsleistung erfolgt in Hessen nach der Formel „Nabenhöhe der WEA (m) x 1000 = Betrag der Sicherheitsleistung (€)“. – Volkmar Heitmann


Leserbrief zu „Die Stille vor dem Showdown“ von Hans Zollner

Die katholische Kirche bezieht bis zum heutigen Tage unverändert den Großteil ihrer Macht aus einem (unzeitgemäßen) Sacrificium intellectus. Spätestens nach der Aufdeckung der Missbrauchsfälle und dem zum Teil absurden Umgang damit jedoch hat sich zunehmend der Unglaube Bahn gebrochen, dass der durch den Klerikalismus dargestellte Glaube wahrhaftig nach dem Wesen und der Mission Jesu Christi gelebt wird. Die zum Teil relativierenden und analogisierenden Aussagen von Kirchenoberen wie etwa dem deutschen Kardinal Brandmüller zu Gesellschaft und Sexualität, Missbrauch und Zölibat sind – insbesondere unter Betrachtung des heutigen Wissensstandes – nicht nur überaus irritierend und kontraindiziert, sondern in höchstem Maße ignorant. Es braucht darum in der Tat endlich eine weitgehende Kontemplation kirchlicher und mit der Kirche verbundener Kräfte; Jesus Christus hat indes die Wege – die ewig gültigen theologischen Tugenden – und das Ziel längst vorgegeben. – Matthias Bartsch


Leserbrief zu „Ich zuerst!“ von Roman Pletter, Mark Schieritz und Xifan Yang

Eine sehr interessante Betrachtung vieler Aspekte, besten Dank. Die Globalisierung mit der einhergegangenen «Fusion» der Staaten mit der Wirtschaft oder der neoliberalen Umgestaltung der Staaten, auf die Michel Foucault in seinen Betrachtungen unter den Titel «Gouvernementalität» bereits in den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts aufmerksam machte, schränkte die Souveränität von Staaten und ihren Bürgern zunehmend ein. Die kapitalistische Wirtschaft hat nicht zum Ziel, die Souveränität von Staaten und deren Bürger zu stützen oder gar zu fördern, im Gegenteil. Die Globalisierung ist kein demokratisches Projekt. Die Wirtschaft funktioniert von oben nach, bei der Demokratie müsste es umgekehrt sein. Aristoteles, der weise Grieche, stellte bereits vor knapp 2 ½ Jahrtausenden fest, die Bürgerschaft könne das Sagen nur behalten, wenn es ihr gelinge, den Vorrang der Politik vor andern Einflussfaktoren abzusichern. Das gelang in letzter Zeit immer weniger, was u.a. Wasser auf die Mühlen der Populisten ist.

China geht einen Weg, der in unseren «Lehrbüchern» nicht vorgesehen ist. Die Kritik am «andern» fällt uns bekanntlich immer leicht, eine kritische Selbstbetrachtung ist deutlich schwieriger. Die Gewinne der Globalisierung kannten nur wenige Adressaten. Eine zunehmende Ungleichheit ist die Folge, worauf auch Niall Ferguson verweist. Der herrschende Neoliberalismus wird diese Ungleichheit nicht lindern, im Gegenteil. Gleichzeitige Loyalität gegenüber Bürger und Markt ist nicht möglich. Das «Ich zuerst» verspricht, Bürgern und Nationalstaaten wieder vermehrte Souveränität, mithin das Handlungsprimat zurückzuholen. Ob dem indessen so sein kann oder wird, ist aber eine offene Frage. Die Nationalstaaten müssen den entfesselten Kapitalismus und die sich oft um nationalstaatliche Ordnungen futierenden globalen Weltmarktführer zum Wohle aller ihrer Bürger aber irgendwie wieder einfangen und einhegen, haben sie sich doch mehrheitlich bloss mit dabei anfallenden den «sozialen Kosten» zu befassen. – Oskar Gröflin


Leserbrief zu „Neunzig Meter Schrott“ von Georg Etscheit

Es ist gut, wenn hinterfragt wird, wie die Entsorgung technischer Anlagen aussieht. Erstaunlich ist aber, wie einseitig der Blick auf erneuerbare Energien oder Maßnahmen zur Energieeffizienz fällt. Ich jedenfalls habe noch nie davon gelesen, was mit den Millionen von GFK-Öltanks passiert, die in unseren Kellern stehen. Ist die Idee: Wenn der Brennstoff eh schon dreckig ist, dann kommt es auf den Müll am Ende auch nicht mehr an? Natürlich wäre es wünschenswert, wenn Glasfaserverstärter Kunststoff (GFK) stofflich wiederverwendet werden könnte. Doch in Anbetracht der ca. 10.000 Tonnen CO2, die die Windkraftanlage während ihres Betriebs vermeidet, ist auch die Verbrennung als Ersatzbrennstoff im Zementwerk tolerabel.

Stattdessen wird wieder einmal ein Spukgespenst heraufbeschworen, das vor den Gefahren der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz warnt, so wie vor wenigen Jahren, als Berge aus Millionen Tonnen von Styropor aus der Gebäudedämmung prognostiziert wurden, die angeblich nicht entsorgt werden können. Dabei warten die Recycling-Unternehmer nur darauf, bis es jemanden gibt, der das saubere und nur wenig teurere Recycling bezahlen will. Das wird aber wohl nicht passieren, solange die etwas billigere thermische Entsorgung im Rahmen der Gesetze zulässig ist. Also fehlt es nicht an der technischen Lösung, sondern an der Einsicht, dass vielleicht Wiederverwertung doch nachhaltiger wäre, als die Verbrennung. Sowohl beim GFK, als auch beim Styropor ist die technische Entsorgung klar und möglich. Diesen Sachverhalt mit der völlig ungelösten Entsorgung von hundertausenden von Jahren strahlendem radioaktivem Müll zu vergleichen, ist arglistig. Allein die Kernkraftwerksbetreiber und ihre politischen Wasserträger dürften sich über solche verbalen Nebelbomben freuen. – Udo Benz


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

„Die Internet-Nachricht „Mann erschießt Ex-Frau“ oder „der Sack Reis, der jeden Tag umfällt“ könn(t)en mich nicht betroffener machen: Christine Motejl schaffte es – dank freundlicher Unterstützung durch Henning Sussebach – ins ZEIT-Dossier! Für die Leser(innen), die diese „Story“ nicht kennen (können): Dass sie ihre Menschwerdung einer Insemination verdankt – der Mann ihrer Mutter war zeugungsunfähig – erfuhr Christine mit 26. Auf der Suche nach den Genen ihres Samen-Vaters kam sie einer „Ungeheuerlichkeit“ auf die Spur – dem „Einspringen“ des inseminierenden Arztes. „Betroffen“ machte mich aber Christines „Schicksal“: Wer weiß so wenig über die Gene vom Samen-Vater wie sie? Was verspricht sie sich denn von der Kenntnis seiner Gene? Kennt sie – wenigstens – die Gene ihrer Mutter? Weiß sie denn, wie viele „Kinder der Liebe“ von Kettenrauchern und/oder im Vollrausch gezeugt wurden? Bei wie vielen Ehepaaren haben verzweifelte Versuche, mittels Insemination ihren Kinderwunsch zu erfüllen, nicht geklappt? Wie viele haben Kinder in die Welt gesetzt, obwohl sie es besser nicht getan hätten? Alle, die zur Welt kommen, müssen mit den Genen ihrer Erzeuger zurecht kommen – egal, wie diese beschaffen sind. „Die Gene“ werden auch oft überbewertet – allemal können sie Aufschluss über Krankheitsrisiken geben. Wer kann denn garantieren, dass „normale“ Väter nicht mit Hepatitis, HIV oder Syphilis infiziert sind, auch kein Asthma, Rheuma und keine Epilepsie haben? Samen-Spender werden auf deren Ausschluss untersucht! Weiß Christine eigentlich, dass ihr Schicksal manche gern ertragen würden? (ohne darüber zu klagen!) Nicht umsonst spricht man vom genetischen Schicksal – (noch?) können wir wenig daran ändern! Aus dieser – mehr oder weniger alltäglichen – Geschichte einen Dossier-Beitrag zu basteln war überflüssiger als ein Kropf – dieser möge mir verzeihen! – Helmut Lenhart


Leserbrief zu „Wacht auf, verdammt!“ von Matthias Geis und Bernd Ulrich

Ja, so ist das und man fragt sich worauf die SPD Mitglieder immer so stolz sind? Ja die Gegnerschaft zu den Nazis, deren Herrschaft doch auch möglicherweise etwas mit dem Vorangegangenen Versagen der SPD zu tun hat. Trotzdem sind hier viele standhaft geblieben und davor kann man nur den Hut ziehen – aber alles andre? Was Sie als Anpassung beschreiben kann man durchaus auch als Wählerbetrug sehen und nichts schafft mehr Verdruß an der Demokratie als eben dieses. – Dieter Herrmann


Leserbrief zu „Die Stille vor dem Showdown“ von Hans Zollner

Die (katholischen) Christen glauben vielleicht gerade noch an die Auferstehung von den Toten, aber irgendwie glauben sie nicht mehr, dass zum Thema Missbrauch, je eine vollständige Aufarbeitung des Unrechts, und eine Wiedergutmachung für die Betroffenen, erfolgen wird. – Klaus P. Jaworek


Leserbrief zu „Über Trennungsbilder“ von Anna Kemper

Schön, dass es Instagram gibt; ohne Instagram läuft heutzutage, irgendwie nichts mehr so richtig „gerade“ schief! – Riggi Schwarz


Leserbrief zu „»Bis hierhin wird das Wasser steigen«“ von Claus Leggewie

Was für ein schönes Märchen: Weil wir die Umweltprobleme seit Jahrzehnten kennen, hätten wir sie lösen können. Die Wahrheit: Gegen die Wohlstandsinteressen fast aller Menschen dieser Welt und mit einer Menschenzahl von damals 6 und demnächst 10 Milliarden kann keine Politik den Planeten stabilisieren. Keine. Die Menschheit wird nicht untergehen, aber sie wird wohl mehrfach halbiert werden. Ich habe mich deshalb nach einem mehrjährigen Forschungsschwerpunkt schon Ostern 1993 mit meinem Buch Umweltpolitik. Bilanz, Probleme, Zukunft aus diesem Politikfeld zurückgezogen. Seitdem sehe ich immer wieder, dass der Klimawandel Fahrt aufnimmt. Ich hätte mich damals gern geirrt. – S. Wilhelm


Leserbrief zu „»Bis hierhin wird das Wasser steigen«“ von Claus Leggewie

Zum Artikel möchte sozusagen als Qwintisenz aus der Geschichte für die weitere 40 Jahre ein paar Gedanken äußern. 40 Jahre nach Genf, der ersten Weltklima Konferenz, wird die nachwachsende Generation sich nicht länger mit kurzsichtigen Argumenten abspeisen lassen. Das wird wohl so sein. Wie ist es aber mit den Mittelalten oder Alten, die schweigende Mehrheit? Ich glaube an einen verbreitet sensibel ausgeprägten politischen Instinkt, der aber oft diametral zur medialen herrschenden Meinung steht. Beim Klimawandel geht es zum Beispiel um die Frage, was bewirke ich als Einzelner oder was bewirkt die Bundesrepublik mit 2 % CO2 Emission global gesehen. Wird unsere Symbol Politik oder Vorreiterrolle in der Welt national nicht überbewertet? Unser Atomausstieg interessiert beispielsweise selbst die Japaner mit ihrem Fukoschima wenig. Es geht also hier gar nicht nur um eine anti Klima Propaganda sondern, ob das nun gefällt oder nicht, um ein Abwägen zwischen öffentlicher Wahrnehmung und individueller Erfahrung, meinetwegen auch Lebenserfahrung. Weil das so ist, natürlich verkürzt und vereinfacht geschildert, nehmen Menschen das Thema Klimawandel zur Kenntnis, wohl wissend, das zwischen gut gemeinten Umweltaktionen national und der globalen Realität zum Teil Welten liegen. Wenn das Thema Klimawandel wie im vorherigen Jahr mit dem „Jahrhundertsommer „geschehen, tagtäglich in allen Medien mit „Superlativen“ positiv wie negativ präsent ist, nervt das einfach. Das Thema wird überflutet. Die nächsten 40 Jahre in einer Untergangsstimmung leben wäre nicht „lebenswert“ und kontraproduktiv. Ich glaube, das eine bewußte Uberzeichnung, wie es heute Umweltverbände bewußt betreiben, aber nicht nur die, kein wirklicher Konsens in der Gesellschaft entsteht. – Walter Schroiff


Leserbrief zu „Wir alle sind vergiftet!“ von von Hanno Rauterberg

Im Bild zum genannten Artikel sieht der Leser oder die Leserin eine wahrscheinlich giftige Zitrone, denn sie zeigt überdeutlich Spuren von Schimmel und der ist sehr vermutlich toxisch. Der Untertitel lautet: Von der Fachvokabel zur Gesellschaftsmetapher: Über die erstaunliche Karriere des Wörtchen toxisch.“ Nachdem im Text an mehreren Stellen von den Wörtern „toxisch“ und Toxizität“ als – von Ihnen als Autor angenommen, behauptet, unterstellt – metaphorisch funktionierenden die Rede ist (Generalmetapher, Notarztmetapher, Toxizitätsmetapher), wird am Ende sogar von der neuen Lieblingsmetapher geschrieben. Dabei taugen die beiden genannten Wörter (t. und T.) grundsätzlich für den metaphorischen Gebrauch nicht, da sie das Behauptete gerade prinzipiell nicht liefern: ein Wortbild. Indem man ein Wortbild behauptet, wo es keins gibt und durch den übertragenen oder entgrenzten Gebrauch auch nicht entsteht, entwertet man die sprachliche Qualität, sein Anliegen und die inhaltliche Überzeugungskraft eines Textes erheblich. Nicht jedes Wort, das als Quidproquo funktioniert, ist auch automatisch eine Metapher. Da es sich bei dem Text um einen pragmatischen und keinen poetischen handelt, schließe ich auch aus, dass man hier die Schutzbehauptung aufstellen könnte, es handele sich um eine äußerst kühne, gewissermaßen auf die Spitze getriebene, bildlose Metapher. Bei manchen Printmedien wundert mich der modisch gewordene, geradezu inflationäre, sachlich falsche Gebrauch des Begriffs Metapher nicht, bei Ihnen schon (ich nenne das den Claas-Effekt des putzhauerischen, journalistischen Schreibens). – Jürgen Hahn-Schröder


Leserbrief zu „Die Geprüfte“ von Anna-Lena Scholz und Martin Spiewak

Vielen Dank für diesen beunruhigenden Bericht. Was mich daran ärgert, ist folgendes: Der Text einer Dissertatiosschrift muß vor dem Abschluss des Verfahrens begutachtet werden, notfalls mit Überarbeitungs-Empfehlungen – und zwar von daran beteiligten Professoren, insbesondere auch den `Doktor“Vätern“´: die also wären es, die eigentlich zur Rechenschaft gezogen werden müßten! – Klaus Brake


Leserbrief zu „Entscheidung an der Kasse“ von Marcus Rohwetter

Sie haben ja so recht! Man wird als Verbraucher ständig überfordert und übervorteilt und soll/muss seine Zeit für Tätigkeiten wie Produktvergleiche, Recherchen etc. opfern, obwohl man sich viel lieber anderweitig beschäftigen würde. Ich plädiere deshalb dafür, dass der Staat zumindest in allen wichtigen Bereichen (PC, Herd, Kühlschrank, Tiefkühlschrank, Waschmaschine, Trockner, Kleinwagen, Wärme, Strom etc., aber auch Haftpflichtversicherung, Hausratversicherung, Riester-Rente etc.) für Standardprodukte sorgt, die gut sind und die man ohne langes Überlegen und ohne schlechtes Gewissen kaufen kann. Wem das nicht genügt, der kann dann immer noch unter den diversen anderen Angeboten auswählen. Tierquälerei aus Profitinteresse sollte meiner Meinung nach generell verboten sein: Dazu sollte es keines besonderen Siegels oder gleich dreier Siegel bedürfen. Facebook, Google und andere (faktische) Monopolisten sollten streng reguliert werden: Dass Google völlig unkontrolliert nach eigenem Gutdünken Trefferlisten aufstellt und dabei große und kommerzielle Websites eindeutig bevorzugt, auch wenn sie zum jeweiligen Thema weniger zu bieten haben als manche kleine und private Website, muss meines Erachtens geändert werden. Und dass Facebook ständig Verbraucherrechte missachtet, Lügen und Hass verbreitet und damit letztlich Gewalt sowie die Demontage der Demokratie und einer zivilisierten Gesellschaft fördert, ist meines Erachtens ebenfalls nicht hinnehmbar und sollte bestraft werden. Ich habe übrigens diese Gedanken auch auf meiner Website schon in diversen Texten dargelegt, aber auf einen einfachen Mann hört ja niemand. Vielleicht können Sie als Journalist diesbezüglich mehr ausrichten. – Dr. Ulrich Willmes


Leserbrief zu „Entscheidung an der Kasse“ von Marcus Rohwetter

Den Schlussabsatz hätte ich schärfer formuliert. Die Politik hat die Verantwortung und auch die Fähigkeit, elementare Frage des Miteinanders beantworten und gestalten zu können, aber sie drückt sich,sie hat nicht den Willen dazu. – Holger Gundlach


Leserbrief zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Dies ist nach vielen Jahren mein zweiter Leserbrief an Sie; mit der gleichen Intention: Angesichts eines zu erwartenden Shitstorms seitens deutscher – also fanatischer – Gutmenschen Ihnen den Rücken zu stärken. Als jemand, der ein paar Jährchen älter ist als Sie, blicke ich von Jahr zu Jahr mit größerer Dankbarkeit auf die Jahre 68ff zurück, als nach meiner gelebten Erfahrung die Meinungsfreiheit in Deutschland ihren (oberen) Wendepunkt hatte. Gewiss glorifiziere ich in der wehmütigen Erinnerung an unsere lebhaften politischen Diskussionen und Aktionen etwas (war damals Student in Westberlin). Ich erinnere, dass ich weder eine lebensbedrohende Aussage gegenüber Debattengegnern getätigt habe, noch dass mir selbst etwas Schlimmeres an den Kopf geworfen wurde als: „Geh doch rüber“.

Bezüglich der Triage bin ich ganz Ihrer Meinung: eine Hilfe ist umso besser, je mehr Menschen am Ende gerettet werden können. Als ich irgendwann mal las, dass Deutschland für unbegleitete Migrantenkinder 60 000 € pro Person & Jahr ausgibt, hat’s mir die Sprache verschlagen – das ist das Stipendium für ein Studium an der besten Universität der Welt (Harvard). Keine Frage, dass der deutsche Staat selbst dem begabtesten (deutschen) Studenten dies nicht finanzieren würde; beim Stipendium für Migrantenkinder ist ihm jedoch egal, wenn dabei selbst ein Hauptschulabschluss nicht zustande kommt. Ich glaube auch nicht, dass pro Waisenkind dieses Landes so viel Geld aufgewandt wird. Die Triage, die bei diesem Beispiel aufscheint, besteht in der Alternative, in den Herkunftsländern der Kinder das gleiche Geld einzusetzen, um damit gar hunderten(!) Kindern einen Schulbesuch zu ermöglichen. Mit dem hochpolitischen Nebeneffekt, mit der gut ausgebildeten Bevölkerung um ausländische Investitionen werben zu können: der Beginn eines Wirtschaftswunders. Was das erwartbare Gegenargument der Gefährlichkeit der Herkunftsländer angeht: In Afghanistan kommen pro Jahr so viele Menschen durch Gewalt zu Tode, wie im „sicheren“ Deutschland auf der Straße sterben. Dialektisch könnte man allerdings sagen, dass im Autoland Deutschland der Verkehrstod quasi ein natürlicher Tod ist. – Ernst Kaffanke


Leserbrief zu „Aus eigener Kraft“ von Josef Joffe

Schon lange einmal wollte ich Ihnen sagen, wie sehr ich Ihre wöchentlichen Beiträge zumeist schätze, und ganz besonders wieder in der aktuellen Ausgabe mit dem Leitartikel „Aus eigener Kraft“. Sie sind für mich – nicht nur bei der ZEIT – eine Stimme der Vernunft, die hoffentlich auch an höherer Stelle gehört bzw. gelesen wird. – Anuschka Eberhardt


Leserbrief zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Man darf sie ja auch mal loben (Kritik fließt leichter), für den Austausch von Argumenten und Diskussionsbeiträge auf hohem Niveau. Beispielhaft nenne ich die aktuelle Kolumne von Harald Martenstein; wie schnell und falsch könnte man sie loben (igitt, Applaus von der falschen Seite) wie schnell und falsch könnte man sie verteufeln (oje, welch Menschenbild). Aber, nehmen wir sie doch einfach als das was sie ist, einer von vielen Gedanken zu dem Thema das es wirklich wert ist sich deren viele darüber zu machen. Als einen Gedanken über den man reden, ja streiten muss um zu einer differenzierten Meinung zu gelangen. Einer zunächst Einzelmeinung, welche dann in Bündelung mit oder Abgrenzung zu anderen zur demokratisch gefundenen Richtschnur der Gesamtgesellschaft werden kann. Ich freue mich immer wieder, dass Herr Martenstein dem Wind der Empörungsmaschine standhält und uns zu manchmal interessante Blickwinkel zu relevanten Themen eröffnet. – Thomas Steibach


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Nach Lektüre der drei Seiten ist die Frage stärker als vorher: Warum das Ganze? Das sieht doch sehr nach einem Ego-Trip aus, der auf Psyche und Interessen von Mutter, Samenspender und vor allem rechtlichem Vater keine Rücksicht nimmt. So wird die Erbbbiologie erheblich überschätzt: Die „blauen Augen“ können, müssen aber nicht vom genetischen Vater kommen und es gibt „Doppelgänger“ die überhaupt nicht verwandt sind. Das angebliche Recht auf Kenntnis der genetischen Herkunft steht nicht im Grundgesetz, sondern wurde künstlich „hineingelegt“. Demgegenüber stehen die Probleme, die das Eindringen eines „zweiten Vaters“ macht: Die Familie wird zur Patch-Work-Familie, das Kind zum „Kuckuckskind“ und der „edle Spender“ zum egoistischen Spender, der sich irgendwie einen Teil des Kindes wieder holt, was alles gerade nicht Sinn der Samenspende ist. – Dr. Joachim Welz


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Da wird eine Ärztin, die über Schwangerschaftsabbrüche informiert, rechtskräftig verurteilt und das Handeln eines Arztes, das sich jenseits unserer gängigen Moralvorstellungen (damals und heute) bewegt, erscheint als Kavaliersdelikt. Da bleibt die Frage ob nicht doch standesrechtliche Konsequenzen, z.B. Entzug der Approbation, eine notwendige Antwort sein könnten. Auch mögliche erbrechtliche Konsequenzen sollten nach dieser so erfolgreichen Recherche nicht ohne Weiteres in den Wind geschlagen werden, denn um einen schützenswerten „anonymen Spender“ handelt es sich bei diesem Arzt nicht, dieser Arzt ist vielfacher Vater. – Dr. Birgit Leibbrand


Leserbrief zu „Über Gefahreneinschätzungen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Vermutlich werden sie empört aufschreien, unsere moralischen Erbsenzähler! Doch auch in Martensteins Kolumne geht es vorrangig um Verantwortung: ein Sanitäter übernimmt sie für rettbares Leben, unser Staat für den Schutz seiner Bürger („…Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden…“). Erst wenn er dieser seiner vornehmsten Pflicht nachgekommen ist, kann er sich auch dem Wohle der Welt widmen! Einen Gefährder – dazu sollte auch jeder Salafist und Islamist zählen – oder einen Asylbewerber, der schon übergriffig geworden ist, muß der Staat ausweisen! Er hat sein Gastrecht verwirkt, das ihm sogar dann gewährt wurde, wenn er nicht einmal einen triftigen Asylgrund vorbringen konnte! Der Staat darf sich nicht durch das Aufbauen einer (vermeintlichen) Folterkulisse von bestimmten (Schurken)Staaten erpressen lassen! Sonst verliert er das Vertrauen seiner Bürger, deren Schutz er Scheibchen für Scheibchen aufs Spiel setzt! Zugleich gibt er Stückchen um Stückchen (Handlungs)Freiheit preis! – Dr. med. Ulrich Pietsch


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Immer wieder Henning Sussebach! Einfach nur toll, wie der Autor dieses Thema dargestellt hat. Wenn ein Journalistenpreis zu vergeben ist, geben Sie Bescheid, ich werde ihn vorschlagen. – Berthold Felkl


Leserbrief zu „Aus eigener Kraft“ von Josef Joffe

Mit eigener Kraft beeindrucken! Klingt gut, entschlossen, männlich. Im ersten Moment. Fragt sich nur, durch was lassen sich autoritäre Führer beeindrucken? Männer wie Trump und Putin, die ihre „Kraft“ dem Weltbild von der Macht des Stärkeren entnehmen. Durch mehr Macht? Mehr Waffen? Durch eine treffgenauerer Atomabschreckung? Sind Männer wie Trump überhaupt von etwas beeindruckbar, außer von ihrer eigenen Herrlichkeit? Der Machtmensch sucht, braucht und will das Machtwort sprechen, ähnlich wie der Mörder das „letzte Wort haben will“, wie der Forensiker Kröber (ebd. Seite 12) das Dilemma der gewalttätigen Männer zusammenfasst. Mit Zerstörungskraft Eindruck zu schinden scheint ein urmännliches Prinzip und sorgt bis heute dafür, dass keine stabile Friedensordnung existieren kann. Beeindruckend wäre es in der Tat, andere Wege als die des ewigen Wettrüstens zu beschreiten. – Jürgen Pilz


Leserbrief zu „Neunzig Meter Schrott“ von Georg Etscheit

Ein verwegenes kleines Gedankenspiel:
Im Märchen Dornröschen wurde ein königliches Schloss – bedingt durch einen Fluch – mit Rosen überwuchert, mit herrlich duftenden Rosen. Diese Rosenhecke bot vielen verschiedenen Vogelarten, Bienen, Insekten und sonstigen Kleintieren ein wunderbares Zuhause. Ein mit Rosen überwuchertes Schloss voll paradiesischem Leben. Warum sollte dieses Märchen nicht auch bei untauglich gewordenen Windkraftanlagen wahr werden? Ein Fluch allein reicht hierfür allerdings nicht aus. Hier bedarf es innovativer und professionaler Kraft und Visionen. Eine mit Rosen überwucherte alte Windkraftanlage voller paradiesischem Leben. Und die Rotoren könnten als Zäune oder Wegbegrenzungen auch noch eine sinnvolle Weiterverwendung finden. – Christel Manzke


Leserbrief zu „Egal, was die Welt denkt – Russland: Fremde Lebensmittel unerwünscht“ von Michael Thumann

Die EU verhängt Wirtschaftssanktionen gegen Russland – benutzt also die wirtschaftlichen Verbindungen als Druckmittel für politische Ziele, etwas was die Sowjetunion noch nicht einmal im Kalten Krieg gemacht hat – und Russland beschließt daraufhin, sich bzgl. der Nahrungsmittelversorgung von der EU unabhängig zu machen. Sie ordnen das unter „Der Egoismus der Nationen“ abwertend ein. Ist das noch ernst zu nehmen? Ich meine, nein. Jeder verantwortliche Politiker, der seine Verantwortung wahrnimmt, wird die Ernährung seinere Bevölkerung von unzuverlässigen Partnern unabhängig machen. – Reiner Felkel


Leserbrief zu „»Bis hierhin wird das Wasser steigen«“ von Claus Leggewie

Claus Leggewie fehlen offenbar selbst die geringsten Voraussetzungen, um Ursachen einer Klimaveränderung bzw. um die Relevanz von Arbeiten zu diesem Thema fachlich beurteilen oder auch nur einordnen zu können. Als ein Beispiel sein nur „die Sättigung der Erdatmosphäre mit Kohlendioxyd“ angeführt, eine wahrlich neue Erkenntnis, eine ähnlich brillante Bemerkung wie die von Annalena Baerbock über die Speicherung des Stroms im Netz. Um so fester ist er im Glauben und Urteilen: „Die große Mehrheit der aus 53 Ländern angereisten Delegierten war überzeugt davon, dass …“ – ja, wenn das kein wissenschaftlicher Beweis ist! „Spätestens Ende der Siebzigerjahre konnte also alle Welt Bescheid wissen.“ Welche Forschungsgelder man sich da hätte sparen können!

Ein Forum in der ZEIT, wo die unterschiedlichen Einschätzungen der Klimaveränderung und ihrer Ursachen – mehr ist es nicht, mehr kann es nicht sein, denn die Klimafrage entzieht sich der naturwissenschaftlich-technischen Rationalität im Sinne des Dreischritts Theorie, Prognose der Ergebnisse eines Experiments und tatsächliche Ergebnisse des durchgeführten Experiments – von Fachleuten in Rede und Gegenrede aufeinander treffen, das wäre eine Tat, anstatt mit dem Mainstream zu heulen und einen zum Thema unqualifizierten Sozialwissenschaftler auf einer ganzen Seite zu Wort kommen zu lassen. – Reiner Felkel


Leserbrief zu „Wofür tragen wir Verantwortung“ von Bernhard Schlink

Der Autor schreibt unter 3.:“Als Verantwortung für die Migranten, die hereingelassen und aufgenommen wurden, kann die Verantwortung sinnvoll nicht mehr bestritten werden. Abgesehen von den wenigen, die ausgewiesen und abgeschoben werden, bleiben sie hier. Damit sind sie unser Problem, unsere Chance, unsere Verantwortung.“ Was heißt „hereingelassen“? Nicht mit Gewalt am Zutritt auf deutsches Staatsgebiet gehindert? Was heißt „aufgenommen“? Ihnen Unterkunft gewährt und ihr Verhungern verhindert?

Damit sind sie unser Problem“ und „unsere Verantwortung“? Was hätten wir also tun müssen, damit wir nicht plötzlich ein Problem und eine Verantwortung am Hals haben? Oder will uns der Autor sagen, dass haben wir gar nicht die Freiheit haben, Problem und Verantwortung auszuweichen? Dass er uns also zwangsverpflichten will. Wo ein Philosoph eigentlich mit dem Fragen anfangen würde, kommt der Autor lässig-locker mit einem Dogma daher: jetzt sind sie nun mal da, jetzt kümmert euch um sie, denn jetzt sind sie euer Problem. Oder spricht der Philosoph Schlink hier gar nicht als Philosoph, sonder als politischer Aktivist? . – Reiner Felkel


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Diesen Bericht empfinde ich als ausgesprochen ärgerlich, denn die verbissene (und für mich ans Krankhafte grenzende) Suche der Juristin Chrisina Motejl nach dem genetischen Vater ist nichts anderes als eine Egotrip, der aber genau in unsere Zeit passt, in der jede/r sich selbst der nächste ist. Es ist zugleich ein großer Vertrauensbruch an dem Arzt, der in diesem Falle ‚helfen‘ wollte, damit die Eltern sich ihren Kinderwunsch trotz Zeugungsunfähigkeit des Ehemanns erfüllen konnten. Ich weiss nicht, wie die Suche nach einem Samenspender konkret abläuft, ob es da einen Katalog mit genetischen Merkmalen gibt, in dem man sich wie bei einem Warenhaus die Haar- und Augenfarbe, die Körper-und Schuhgröße, den IQ, Beruf usw. aussuchen kann. Das allein fände ich schon skandalös. Dass dann noch nicht einmal die zugesicherte Anonymität des Spenders gewahrt bleibt, ist eigentlich Grund genug, diese Form der „Reproduktionsindustrie“ gesetzlich zu verbieten. Es gibt so viele Kinder auf der Welt, die keine Chance auf ein gesundes Leben haben und nicht wissen, wozu sie geboren wurden. Muss man da wirklich mit allen medizinischen Tricks künstlich Kinder zeugen?
Unverständlich ist für mich aber auch die Tatsache, dass die Eltern der Juristin C.M. nicht die Kraft und den Anstand besaßen, ihr Geheimnis der Tochter gegenüber zu wahren. Damit steht der soziologische Vater plötzlich wie der letzte Versager da, obwohl er, schenkt man dem Artikel Glauben, seine Vaterrolle richtig und liebevoll gespielt hat. Wem war und ist damit gedient? Bitte verschonen Sie mich in Zukunft mit Artikeln zu dieser Art von egoistischer Sinnsuche. – Margret Schmitz


Leserbrief zu „Tief in den Genen“ von Henning Sussebach

Es erfordert sehr viel Mut, mit der eigenen Geschichte – in diesem Fall mit Hintergrundinformationen über die eigene Familie, samt voller Identität, dem eigenen Namen und Foto, zudem mit einem äußerst persönlichen Bericht über die Suche nach dem Samenspender, durch den man im Rahmen einer ärztlichen Behandlung gezeugt worden ist, und mit dem (erschütternden) Ergebnis der eigenen Recherche – an die Öffentlichkeit zu treten. Ich bin von diesem Schritt Christina Motejls zutiefst beeindruckt. Es ist dann umso irritierender, wenn sich, wie Sussebach schreibt, herausstellt, dass die Wortführerin des „Spenderkinder“-Vereins ausgerechnet durch eine Samenspende des Wortführers der Samenbankbetreiber gezeugt worden sein soll. In den letzten Jahrzehnten hat Professor Katzorke als Sprecher des Arbeitskreises Donogene Insemination das Reglement der Spendersamenbehandlung in Deutschland maßgeblich mitbestimmt. Sein Einsatz an vorderster Front der politischen Debatte, insbesondere seine kritischen Äußerungen zum Auskunftsbegehren der Kinder, dürften fortan in einem neuen Licht stehen. Ich selbst bin Vorsitzende der Deutschen Vereinigung von Familie nach Samenspende DI-Netz e.V. und empfinde diese Angelegenheit als skandalös. Denn es soll ja nicht irgendein Samenspender gewesen sein, sondern ausgerechnet der Arzt der Mutter, die die eigenmächtige Entscheidung getroffen hat, seinen eigenen Samen für die Befruchtung einer Patientin zu verwenden. Noch dazu ein Arzt, der heute als bedeutende Koryphäe im Feld gilt und eine besondere Position innehatte. Allgemeine und gewohnte Debatten von Außenstehenden um das Für und Wider der Samenspende und um den Stellenwert der Gene treffen hier jetzt nicht den Punkt. Wenn die berichteten Fakten zutreffen, dann geht es hier vor allem um eine massive und folgenschwere Übergriffigkeit eines Arztes gegenüber einer Patientin. Es geht um die Umsetzung eigener Fortpflanzungsideen auf Kosten der Patientin und auf Kosten der Person, die auf diesem Wege entstanden ist. Man stelle sich nur die damaligen Abläufe vor! – Dipl.- Psych. Claudia Brügge


Leserbrief zu „Jetzt hören Sie mal zu!“ von Marcel Laskus

Dem Satz „Mit 30 entdecken die Menschen keine Lieblingsmusik mehr“, muss ich aus meiner Erfahrung widersprechen. Nach meiner Erinnerung war bereits meine Generation (ich bin Jahrgang 1955) ab einem Alter von ca. 20 Jahren nicht mehr – vorsichtig formuliert – sehr experimentierfreudig bezüglich ihrer musikalischen Ausrichtung. Und ich habe diese Haltung auch bei einem Großteil meiner Elterngeneration vorgefunden. Angesichts der Probleme, die jeder neue Musikstil beim etablierten Publikum (also den Älteren) in der Musikgeschichte hatte, vermute ich, dass diese festgefahrene Hörgewohnheit bei einem Großteil jeder Generation zu finden ist. Dieses Beharren am Altbekannten ist somit nicht den neuen Techniken YouTube und Spotifiy anzulasten. Im Gegenteil, möchte ich aus eigener Erfahrung feststellen. Gerade die Möglichkeit, beliebige Kompositionen und Interpreten jederzeit ohne großen Aufwand abzurufen und anzuhören, beschert mir immer wieder neue Musik-Erfahrungen, welche die Liste mwiner Lieblingsmusik erweitern und bereichern. So hat zum Beispiel das zufällige Hören eines Musiktitels in meinem bevorzugten Sender DeutschlandradioKultur, einem der wenigen, die nicht auf eine einzige Musiksparte und nicht auf Tophits festgelegt sind, mich des öfteren dazu gebracht, mittels der Playlist des Sender Titel und Interpret herauszufinden, und anschließend auf Youtube dieses Musikstück sowie weitere Stücke der Interpreten anzuhören. Auf diese Weise habe ich in den letzten Jahren mehrere Lieblings-Interpreten hinzugewonnen, teilweise aus Musikrichtungen, die vorher nicht in meinem Fokus standen. Zuletzt übrigens die Flamenco-Sängerin Rosalía, deren Musik in der selben Ausgabe der ZEIT wie ihr Artikel rezensiert wurde (und Flamenco-Musik war vorher wirklich nicht in meiner Musikliste enthalten). – Manfred Geyer


Leserbrief zu „Wacht auf, verdammt!“ von Matthias Geis und Bernd Ulrich

Wo soll man anfangen? Bei der Liebknecht-Luxemburg-Lafontaine-Nostalgie? Beim Mangel an Differenzierungsfähigkeit? Bei der Revolutionsromantik? Oder bei der „Wer hat uns verraten…“-Rhetorik? Die These von Matthias Geis und Bernd Ulrich lautet: Die SPD leide unter dem „Trauma der Anpassung“. Seit 1890 sei sie immer vorsichtiger geworden. Einzig Willy Brandt sei anders gewesen. Nur er habe etwas gewagt. Haben sich die Autoren klar gemacht, welchen nicht angepassten Politikern und Bewegungen sie da nachtrauern? „50 Jahre lang hat sich die Partei jeglichen Aufruhrs gegen die Herrschenden enthalten.“ 1863 – 1913 sind die fünfzig Jahre gewesen. Wo war damals die revolutionäre Situation, welche die Partei verstreichen ließ (und an die sich kein Historiker heute erinnert)? Selbst der alte Friedrich Engels empfahl den parlamentarischen Weg. Auch er ein Angepasster?

Die SPD habe 1918/19 die Revolution niederschlagen lassen. „Die Revolution“ – Besaß der Spartakus etwa das Monopol auf sie? Hätte die KPD siegen sollen? Wohl gemerkt: Geis und Ulrich kritisieren nicht, dass die Revolution einen anderen Weg ging als den, den Liebknecht und Luxemburg einschlagen wollten, ohne Rückhalt im Proletariat. Nein, ihnen zufolge habe es nach einem ersten Aufbäumen gar keine Revolution gegeben. Was waren dann das Frauenwahlrecht, die Parlamentsherrschaft, der Achtstundentag – alles nicht der Rede und des Kampfes wert? Revolution, so scheint im Artikel durch, heißt für die Autoren Barrikadenkampf, heißt Sieg der radikalsten Linie. Ob die deutsche Arbeiterschaft damit besser gefahren wäre? Große Zweifel bleiben.

1932/33 blieb der Widerstand der SPD „passiv“. Meinen Geis und Ulrich den fehlenden Aufruf zum Generalstreik gegen die Nazis? Ja, auch ein Willy Brandt ließ noch Jahrzehnte später erkennen, dass ein vergebliches Anrennen doch geeignet gewesen wäre, wenigstens die Ehre zu retten. Aber auch er vergaß nicht zu ergänzen, dass angesichts eines Millionenheeres von Arbeitslosen die Drohung mit dem Generalstreik eine stumpfe Waffe geworden war. Sollte man das nicht ernsthaft bedenken? 1998/99 gab es die vorläufig letzte Chance für die SPD, sich der Anpassung als „Leitmotiv ihrer Entwicklung“ zu entziehen, so meinen die Verfasser. Oskar Lafontaine hätte es richten können. Lafontaine – der linke Radikale von der Saar? Am Kabinettstisch jedenfalls hat er alles abgenickt. Sein größtes Problem war, dass es für ihn nicht zur Nummer 1 gereicht hatte. Keine Frage: Die SPD-Führung hat mit ihrer Einschätzung der Lage mehrfach daneben gelegen, 1914, 1918/19, auch 1932/33. Aber geschah dies aus Anpassung oder war es praktizierte Verantwortungsethik? Diese und andere Reflektionen fehlen. Alles wird über einen Leisten geschlagen, der steilen These wird das Differenzierungsvermögen geopfert.

Die SPD solle sich von ihrer Geschichte freimachen, raten Geis und Ulrich. Andrea Nahles hat diesen Rat schon vorausgeahnt und ist im letzten Sommer zur Tat geschritten. Warum, wenn die Geschichte doch ein Klotz am Bein der Partei ist, warum gab es so viel Protest? Warum wird gerade jetzt ein Geschichtsforum etabliert, in Nachfolge der Historischen Kommission? „Ein junger Sozialdemokrat hat neulich gefragt, ob es denn viel Sinn ergebe, immer wieder zurückzublättern; ob wir uns nicht voll auf das konzentrieren sollten, was vor denen liegt, die jetzt jung sind. Ich antwortete darauf: Ihr Jüngeren habt recht, wenn Ihr Euch nicht zu Gefangenen der Vergangenheit machen laßt; aber Ihr tut gut daran, Lehren aus der Vergangenheit ernsthaft zu bedenken – jedenfalls zu prüfen, wo es sich um Lehren handelt und wo um leeres Zeug.“ Diese Antwort gab Willy Brandt, der angeblich einzige Unangepasste, 1986. – Dr. Bernd Rother


Leserbrief zu „Die Fallen der Fürsorge“ von Kolja Rudzio

Sie gehen davon aus, dass eine Verlängerung der Zahlung des Arbeitslosengeldes die Arbeitslosen dazu verleiten werde, die Suche nach eiem Arbeitsplatz hinauszuzögern und die dreijährige Zahlung des Arbeitslosengeldes auszukosten. Zudem würden Arbeitnehmer kurz vor dem Rentenalter das für zwei Jahre geplante Bürgergeld als Brücke in den Ruhestand nutzen. Dieses Konzept der SPD bedeute, dass das Nichtstun belohnt werde. Ihrer Verhaltenseinschätzung der Arbeitnehmer liegt allerdings erstens ein merkwürdiges, ein wiriklichkeitsfremdes Menschenbild zugrunde. Sie unterstellen, dass die Menschen arbeitsscheu seien und sich gern vor der Arbeit drücken. Wenngleich es solche Ausnahmefälle auch gibt, ist das ganz sicher nicht der Normalfall. Menschen sind normalerweise leistungsorientiert. Sie möchten etwas schaffen. Sie erfahren durch ihre Arbeit Anerkennung, die für ein gelingendes Leben notwendig ist. Ihre Beurteilung der Reformvorstellungen der SPD kann wegen des ihr zugrunde liegenden wirklichkeitsfremden Menschenbildes schon nicht richtig sein.

Das Ergebnis Ihrer Einschätzung ist aber zweitens auch deshalb nicht haltbar, weil Sie die Wirkungen der Einkommenskürzung übersehen, die mit der Zahlung des Arbeitslosengeldes verbunden sind. Das Nettoeinkommen wird um 30 bis 40 Prozentpunite gekürzt und bedeutet eine dramatische Veränderung der finanziellen Situation. Der normale Arbeitslose wird zu einer drastischen Einschränkung seiner Lebenshaltungsaufwendungen gezwungen. Sofern Kinder unterhalten werden müssen, wirkt sich die Einkommensnürzung besonders nachteilig aus. Wenn langfristige Zahlungsverpflichtungen bestehen, gerät die Familie gar in eine auswegslose Situation. Auch deshalb werden Arbeitslose normalerweise versuchen, der Arbeitslosigkeit möglichst schnell zu entkommen. Wenn das nicht schnell gelingt, liegt die Ursache dafür in einer Fehlfunktion des Wirtschaftssysstems. Ihre Befürchtung, dass die „Belohnung des Nichtstuns“ zu einem Missbrauch öffentlicher Gelder führe, ist grundsätzlich unangebracht. Die geplanten Reformmaßnahmen machen in Teilen den Abbau des Sozialstaates rückgängig, der mit der Agenda- Politik und der Absenkung der gesetzlichen Rente eingeschlagen wurde.

Eine ergänzende Bemerkung ist zur Zahlung öffentlicher Gelder für die Fälle von Langzeitarbeitslosigkeit, prekärer Beschäftiung und erziehungsbedingter Teilzeit notwendig. Adam Smith hat im „Wohlstand der Nationen“ bereits darauf hingewiesen, dass der Mensch darauf angewiesen sei, von seiner Arbeit zu leben, und dass sein Lohn mindestens so hoch sein müsse, dass er davon existieren könne. Da die Existenzsicherung und damit zugleich ein Aufbau einer auskömmlichen Rente in den genannten Fällen nicht möglich ist; da dieser Mangel normalerweise nicht individuell begründet ist, sondern eine Fehlentwicklung des Wirtschaftssystems und die Unzulänglichkeit der Politik anzeigt, liegt ein gesellschaftliches Versagen vor. Deshalb muss die Gesellschaft die Verantwortung für die Folgen dieser Entwicklung übernehmen und den Betroffenen eine auskömmliche Alterssicherung aus Steuermitteln finanzieren. Die gesellschaftliche Verantwortung für den Ausgleich der Fehlentwicklung schließt eine Bedürftigkeitsprüfung aus.

Ihre Dramatisierung der Finanzierungsfrage ist darüber hinaus ebenfalls völlig unangebracht. Mit Ihrem Hinweis auf das ungünstiger werdende Verhältnis der Rennter zu den Erwerbstätigen vernachlässigen Sie erstens die entlastende Wirkung, die parlallel dazu durch die Verminderung des Kinder- und Jugendlichenanteils eintritt, die von den Erwerbstätigen ebenfalls unterhalten werden müssen. Zweitens vernachlässigen Sie merkwürdigerweise die zentrale wirtschaftliche Entwicklung der Produktivitätssteigerung, die zu steigenden Realeinkommen führt und den Belastungsanstieg durch höhere Beiträge überkompensieren kann und überkompensieren wird.. Das Kieler Institut für Weltwirtchaft hat nach einer Untersuchung der Produktivitäsentwicklung das Fazit gezogen, dass zu einem säkularen Produktivitäspessimis kein Anlass bestehe. Und auch die Steuereinnahmen steigen mit steigenden Realeinkommen, so dass auch die Finanzierung der Altersabsicherung prekärer Beschäftigungsgruppen möglich wird. – Dr. Ernst Niemeier


Leserbrief zu „»Bis hierhin wird das Wasser steigen«“ von Claus Leggewie

Nach dem Lesen der hervorragenden Chronik von Claus Leggewie stelle ich mir – ratloser als zuvor – die Frage nach den Ursachen des Nicht-Handelns der Politik. Hier der Versuch einer Erklärung: Die Nutzung von Erdöl, Erdgas und Kohle bis spätestens 2050 gänzlich einzustellen, ist ein unvorstellbares Ziel für einen der global größten Wirtschaftszweige, der Energiewirtschaft. Die hierzu notwendige „Energiewende“ ist zwar technisch durchaus möglich, würde aber die Energiekosten der privaten, öffentlichen und industriellen Energiekonsumenten drastisch erhöhen. Ein Markt-bestimmter Umstieg ist daher nicht zu erwarten, zumal im Bewusstsein der Konsumenten die Notwendigkeit der Energiewende nicht erkennbar ist („Wir haben doch kein Energie- oder Klimaproblem“). Die logische Option der Politik, den Umstieg durch fiskalische Maßnahmen zu erzwingen (z.B. durch eine CO2-Steuer“, die zu einer Verdoppelung bis Verdreifachung der Treibstoffpreise führen würde), ist angesichts der Vernetzung der globalen Wirtschaft und der demokratiepolitischen Implikationen kaum vorstellbar. Ein Weg aus diesem Dilemma wird häufig in einer Vision (Leggewie) gesehen , dass „… eine ökologische Wende auch ökonomisch gewinnbringend (sei) … und Chancen für nachhaltige Beschäftigung (bringe) …“, was zumindest als optimistisch bezeichnet werden muss. Somit bleibt die Hoffnung, dass „… die nachwachsende Generation … sich nicht länger mit kurzsichtigen Argumenten abspeisen lässt“.Josef Spitzer


Leserbrief zu „Erobern mit deutscher Wertarbeit“ von Michael Thumann

Falls es stimmt, dass eine Deutsche Bundesregierung 298 hochmoderne Kampfpanzer vom Typ Leopard 2A4 für einen „symbolischen“ Gesamtpreis von nur 74 Millionen Euro an die Türkei nahezu verschenkte, dann nimmt mir das die Luft zum Atmen! Wie kann es sein, dass Superkampfpanzer, die von unseren Steuergeldern und zu unserem Schutz entwickelt und gebaut wurden, nun eingesetzt werden, um das Volk der Kurden zu quälen? Alte Frauen und Männer, Kinder und Jugendliche werden klein gehalten, verstümmelt und getötet, nur weil sie Kurden sind! Finanziert und ermöglicht durch die Bundesrepublik Deutschland. Das selbstherrliche Tun unserer politischen Klasse bereitet mir großen Kummer. – Ottfried Wallau


Leserbrief zu „Wofür tragen wir Verantwortung“ von Bernhard Schlink

Der als Gegenrede zum Artikel von Bernhard Schlink benannte Beitrag von Michael Pauen ist keine Gegenrede sondern eine Ergänzung. Es gilt, das eine tun ohne das andere zu lassen. Allerdings wird das eine – Verantwortung übernehmen – durch das andere – die Folgen unseres Handelns bedenken – leider nicht einfacher. Was aber nicht heißen darf, dass wir uns nicht immer wieder bemühen müssen. Bernhard Schlink hat alle relevanten Bereiche aufgezählt. – Norbert Schwenk


Leserbrief zu „Diese Rolle wird er nicht mehr los“ von Peter Kümmel

Lese gerade den Artikel und bin etwas schockiert über die Verwendung des Begriffs “Bodensatz” (“… und Honka wälzt sich im Bodensatz der Zivilisation.”) Obwohl seit der Schulzeit nie wieder gehört, kam sofort die Assoziation mit Nationalsozialistischer Ideologie, bzw. Rassen-/ Völkerlehre. Wurde das bedacht? Oder bewusst verwendet? Beunruhigend! – Nina


Leserbrief zu „Zahme SPD“ von Josef Joffe

Josef Joffes erste These lautet, dass sich die amerikanischen Demokraten radikalisieren und somit unattraktiv für ihre Wähler machen. Dagegen lässt sich sagen, dass beide amerikanische Parteien die politische Mitte bevölkern und sich inhaltlich vergleichsweise wenig unterscheiden. Da kann etwas Profilschärfung an den Rändern nicht schaden – gerade gegen einen Präsidenten wie Trump. Zudem kommen diese Einwürfe z.T. von Personen, die sich als Präsidentschaftskandidaten ins Gespräch bringen wollen. Allerdings erscheinen mir etwas Klimapolitik und Forderungen nach einer öffentlichen Gesundheitsversicherung für alle nicht sehr radikal. Und selbst wenn es einen „radikal linken“ Kandidaten gäbe, der gegen Trump kandidierte, hieße dass nicht, dass Trump automatisch gewänne. Vielleicht hätte Bernie Sanders bei der letzten Wahl sogar bessere Chancen gehabt als Hillary Clinton. Die zweite These lautet, dass die deutsche Politik (demonstriert am Beispiel SPD) vergleichsweise dröge sei. Hier wird außer Acht gelassen, dass politische Interessen in Deutschland im Gegensatz zu den USA auch durch andere Parteien als die Volkparteien artikuliert werden können (und dass die Strategie der SPD nicht sonderlich erfolgreich ist). Schlimm finde ich das Wort, das Joffe als Begründung für diese „Langeweile“ der deutschen Politik nutzt: Sie sei eine Reaktion auf „zu viel ‚Unterhaltung'“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Kann ein renommierter Journalist nicht einen angemesseneren Begriff für eine Periode finden, die zwei Weltkriege, den Holocaust und das Naziregime umfasst? – Jörn Bullwinkel