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7. November 2019 – Ausgabe 46

 

Leserbriefe zu „Himmelsgeschenk“ von Giovanni di Lorenzo

 

Giovanni Di Lorenzo beklagt auf Seite 1 das mangelnde Charisma heutiger Spitzenpolitiker. Meine Idee ist, dass das nicht so sehr an den Charakteren liegt, die momentan in die Spitzenämter drängen, sondern viel mehr an der neueren Struktur der Medien und dem Stil der Darstellung, den diese Medien befördern. Ich habe schon vor einiger Zeit die Klage vernommen, Hollywood bringe keine wirklichen Diven wie Liz Taylor mehr hervor. Auch da glaube ich, das Problem liegt eher bei dem Stil, in dem heute über Stars berichtet wird als an den Schauspielerinnen selber. Ein wenig ist es wie mit Fotografien: Eine körnige schwarz-weiß Aufnahme hebt den Charakter der abgebildeten Person auch besser hervor, als ein stark belichtetes High-Key Foto. Je seltener so eine Aufnahme einer Person ist, desto besonderer erscheint die abgebildete Person einem. In der heutigen Zeit werden Personen einfach anders und vor allen Dingen häufiger dargestellt. Es ist eine Mischung aus den fast rein ästhetischen Auswirkungen der Technik und der Dauerbestrahlung mit Bildern und Tönen aus dem Bereich der Prominenten und Politikern. Es ist einfach schwer hier noch den Eindruck etwas Speziellem, Großen, Charismatischem zu erwecken. Ich denke unsere Politiker und Politikerinnen sind nicht so wahnsinnig anders, als noch vor 40 Jahren, aber die Berichterstattung in ihrer Ästhetik und in ihrer Penetranz hat sich stark verändert.

Vielleicht hat sich die Auswahl von Fotografien, Filmsequenzen und auch Zitaten der Redaktionen im Laufe der Zeit auch geändert. Ich sehe heutzutage viele Fotografien von Politikerinnen und Politikern mit seltsam verzogenen Gesichtszügen, oder eben einfach völlig ausdruckslos, so wie zufällig im vorbeigehen fotografiert. Da spielt die Auswahl die Bildredakteure eine große Rolle, ob einem die abgebildeten Personen eindrucksvoll vorkommen oder nicht. Zuletzt ist da noch die Frage ob wir wirklich immer noch die großen, mysteriösen, starken Führernaturen wollen. Sowohl viele Bürger, als auch viele Journalisten, glaube ich, wollen diesen Führungstypus eigentlich gar nicht mehr, bzw. würde so etwas überhaupt nicht mehr akzeptiert werden. Sicher gibt es bei einigen noch eine Art nostalgische Sehnsucht nach echten Typen. Aber ich glaube, wenn man Ihnen so Jemanden heute real präsentieren würde, würden sie selber schnell dafür sorgen, jeden kleinsten aufkeimenden Mythos sofort zu klein zu reden, zu zerstören. Kurz: Ich glaube, auch Herr Di Lorenzo will eigentlich gar nicht das, was er vorgibt zu vermissen und wäre der erste, der ein Aufkommen so eines Charaktermenschen verhindern würde. – Matthias Naß

 

Mir ist es völlig egal, wer die Nachfolge von Frau Merkel antritt. Schlimmer kann es nicht werden. Aber, wer es verdient hätte, wäre Herr Seehofer, der steht leider nicht zur Wahl. Darüber gilt es nachzudenken. – Gunter Knauer

 

Giovanni di Lorenzo spricht mir aus dem Herzen: es fehlt in der deutschen Politik an Menschen mit Ausstrahlung. Wo sind heute Politiker wie Schmidt, Brandt, Strauss oder Genscher geblieben? Denen brauchte man nicht zustimmen, was ihre politische Ausrichtung angeht, aber sie hatten Charisma, konnten Menschen begeistern. Heute sehe ich leider meistens farblose, austauschbare Politiker, ohne Ecken und Kanten, von denen der Funke zum Volk einfach nicht überspringt, die aber höchste Ämter in diesem Land bekleiden. Armes Deutschland! – Hans-Peter Dropschewski

 

Gesucht: charismatische Persönlichkeit. Ei sowas! Das kommt ja völlig überraschend! Wo doch unser gesamtes gesellschaftliches System sich seit gut 30 Jahren in allen Bereichen, sogar bis in die feinsten Verästelungen des Ehrenamts hinein durchökonomisiert im unbedingten Glauben an Wachstum, Effizienz und Mehr! Da wird gnadenlos evaluiert, (vorzugsweise weg..) rationalisiert , gerankt, mit immer undurchschaubareren algorithmischen Werkzeugen digitalisiert, kategorisiert und katalogisiert. Du bist nichts, dein Netzwerk alles. So lange dein Ein- und Auskommen noch nicht von IT und KI marginalisiert sind. Deine „Persönlichkeit“ wird am consumer-index gemessen und deine Würde hat mehr mit Kreditwürdigkeit zu tun als mit irgendetwas sonst. Von der Krippe bis zum Krematorium Erziehung zu „Teamtauglichkeit“. Am teamtauglichsten ist die Person, die es am besten schafft jegliche persönliche Verantwortung von sich fern zu halten und an sich abperlen zu lassen.

Wo -zum Henker- soll sie da denn wachsen, die „charismatische Persönlichkeit“? Was wir genug haben: Dampfplauderer und psst, nicht weitersagen: Geld ersetzt schon lange ziemlich alles, von Charisma bis Heiligenschein. Ihr Artikel auf Seite 1 hat mich recht schnell die Wand hochgehen lassen. Gerade jetzt brauchen wir weder Führertypen mit Hang zum Autoritarismus noch mit allen propagandistischen Wassern gewaschene professionelle Redenschwinger und Politikdarsteller. Was wir brauchen ist ein anderes Geld- und Gesellschaftssystem, sowohl Kapitalismus als auch Kommunismus „haben fertig“. Das neue System muss sich am Allgemeinwohl orientieren und kooperativ ausgerichtet sein, nicht an den finanziellen Interessen Weniger. Leider beteiligt sich aber auch die ZEIT an den Manipulationen des „Weiter so“ anstatt alternative Wege ernsthaft vorzustellen und zu diskutieren. – Monika Fath-Kelling

 

Ein Neuanfang ist zwingend. Unser unzufriedenes und zerrissenes Land braucht endlich charismatische Persönlichkeiten, die uns mit einem neuen Narrativ begeistern; einem Narrativ, das den Bürgern wieder Stolz, Zuversicht und Mut vermittelt. Um nur zwei von vielen Beispielen zu nennen: für mich sind unsere Drückebergerei vor den der Nato zugesagten Verteidigungsauslagen und unsere diplomatisch schiere Bedeutungslosigkeit in einer Welt voller ungelöster Fragen nur schwer zu ertragen. – Josef Vogt

 

Die Frage nach der fehlenden Ausstrahlung, dem Nicht-mehr-miteinander-reden-können“, der fehlenden Richtungsvorgabe (Konzeption), der bleiernen Schwere über dem Bundestag stellen sich viele Bürger. Die Anzahl der Mitglieder des Bundestages ist ständig gestiegen. Trotzdem sind im Plenum nur wenige (i. D. etwa 10%) zu sehen. Sie kommen aus den verschiedensten Interessengrruppen unserer Gesellschaft. Könnte es sein, dass ihnen oft die Sachkenntnis über Probleme außerhalb ihrer Gruppe und damit der Blick für die Komplexität anstehender Probleme fehlt. Könnte es sein, dass die Abgeordneten zu sehr mit sich selbst und mit ihrer Profilierung und ihrer Karriere im Bundestag und danach beschäftigt sind? Offensichtlich besteht eine handfeste Gegnerschaft unter den Abgeordneten, wenn es um Posten mit zusätzlichen Vergütungen und Profilierungsmöglichkeiten, um einen guten Listenplatz für die nächste Legislaturperiode geht. Immerhin ist auch der finanzielle Anreiz und der Anspruch auf eine bessere Altersnsversorgung dazu vorhanden. Eine weitere Ursache, warum Politiker nicht mehr bei der breiten Wählerschaft ankommen sehe ich in Aussagen wie:

– „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen. ich wusste mit Deutschland noch nie etwas anzufangen und weiß es bis heute nicht. (R. Habeck), – „Es geht nicht um Recht oder Unrecht in der Einwanderungsdebatte. Uns gehr es zuerst um das Zurückdrängen des deutschen Bevölkerungsanteils.“ (J. Trettin), – „Dass Asylbewerber kriminell werden, unter Umständen auch Raub begehen, das ist einzig und allein die Schuld der Deutschen, weil deren Spendenbereitschaft sehr zu wünschen übrig lässt.“ (Özoguz), – Claudia Roth 1989: Sie fordert Begrenzung der Anzahl von DDR-Übersiedlern, Claudia Roth 2016: Sie fordert unbegrenzte Aufnahme von Migranten, – „Integration fängt damit an, dass man als Deutscher den Namen merken kann.“ (R. Künast), „ Vorfälle am Kölner Bahnhof kann man als Hilferuf aller Flüchtlinge werten, weil sie sich von deutschen Frauen sexuell ausgegrenzt fühlen.“ (C. Roth), – „Die Milliarden für die Integration wurden in diesem Land erwirtschaftet und wurden niemanden weggenommen.“ (Heiko Maaß), – „Religion macht nicht Straftäter.“ (A. Baerbock), – „Natürlich gehört der Islam zu Deutschland und natürlich gehören die Muslime zu Deutschland und ich finden darüber können wir schon froh sein. – Es wäre sehr langweilig, wenn wir nur mit uns zu tun hätten“ (K. Döhring-Eckhardt). Unabhängig davon, in welchem Zusammenhang diese Aussagen getroffen wurden. Sie werden von einer Vielzahl der Wähler abgelehnt. – R. Schmolling

 

Schade , dass es bei uns keine Parteihochschulen gibt. Sie w.ren sicher ein guter Dozent geworden, um unseren gewählten Führungskräften ein Spur von Charisma einzuhauchen. Allerdingsver ute ich dass diese nicht einmal die Aufnahmeprüfung bestanden hätten. Schade,dass Sie ausgerechnet die Namen von Rechtspopolisten nennen. Sie geben diesen Personen damit noch eine Plattform. Damit haben wir in unserer Geschichte schlechte Erfahrungen gemacht. Angemessen wäre es gewesen, die Namen von demokratischen Politikern der Vergangenheit, wie Fritz Erler, Willi Brandt und Helmut Schmidt, die für mich dieses von Ihnen beschworene Charismahatten. Es wirkt bis in die Gegenwart. Hoffentlich auch noch in die Zukunft .Als leuchtende Vorbilder einerdemokratischen Geselschaftsordnung. – Hansgeorg aus dem Westerwald

 

Vielen Dank an Herrn di Lorenzo für diesen prägnanten Artikel, dem gänzlich zuzustimmen ist. Zu ergänzen ist, dass bei unserem heutigen politischen Führungspersonal nicht nur Charisma (=gewinnende Ausstrahlung) fehlt, sondern vielfach auch die nötige überdurchschnittliche intellektuelle Substanz. Erst in dieser Kombination entsteht die nötige Glaubwürdigkeit, richtungsweisende Impulse für die Zukunft unserer 82 Mio-Gesellschaft und High-Tech-Volkswirtschaft im internationalen Wettbewerb zu geben und ablesbare demographische Herausforderungen abzufedern. Aufstieg und Fall von z. B. Andrea Nahles und Martin Schulz haben eindrucksvoll bewiesen, dass Phrasen, die primär der Partei-Ökonomie (= heute Wählerstimmen gewinnen) dienen, von mündigen Bürgern durchschaut werden. PS Ich bin 74 Jahre alt und seit März 1968 regelmäßiger ZEIT-Leser – Günter Rossmann

 

Die Feststellung, dass es an charismatischen Politikern fehlt, ist zutreffend, aber scheinheilig, weil auch die Medien daran einen großen Anteil haben. Bereits in seiner Einleitung kritisiert der Autor das fehlende Machtwort der Kanzlerin. Warum soll sich also jemand aus der Deckung wagen, wenn selbst hohe Repräsentanten täglich angegriffen werden? Aber es kann auch noch schlimmer kommen. Zur Erinnerung: Der hochangesehene ehemalige BundespräsidentKöhler war von der Bundespressekonferenz eingeladen worden, anlässlich ihres 60. Geburtstages eine Rede zu halten. Dabei monierte er, dass fast täglich etwas über die Dienstwagenaffäre von Frau Schmidt berichtet werden würde, dagegen kaum etwas über die von ihr angeschobene Gesundheitsreform. Wegen dieses zutreffenden Sachverhaltes rastete die Gesellschaft aus, denn man ist zwar groß im Austeilen; eigenes Fehlverhalten ist da nicht vorgesehen. Es setzte eine Hetzjagd ein, in deren Folge Herr Köhler zurücktrat. Er war ein Visionär. Anlässlich einer ZEIT-Matinée im Hamburger Thalia-Theater entwickelte er seine Gedanken über Afrika zu einer Zeit, als dieser Kontinent in der Großen Politik noch nicht angekommen war.Kein Wunder, dass sich ein Vertreter Ihrer Zunft für die Politik nicht zur Verfügung stellt. – Oskar Meyer

 

Der Charismatische Mensch zeichnet sich m. E. dadurch aus, dass vier Aspekte, die Di Lorenzo zusammenkommen. Er hat eine Botschaft, die ihm wegen mir vom Himmel oder der Welt zuwächst, hat die individuelle Disposition, an sich selbst zu glauben, gewinnt daraus eine Strahlkraft, die zum Tragen kommt, wenn er auf Menschen trifft, die an ihn glauben können, wenn er an sich selbst glaubt. In einer Zeit, die bedrohlich erscheint, unübersichtliche Kräfte wirken wie Globalisierung, Wirtschaftskrise, Klimaveränderung etc., wollen Menschen jemanden vor sich haben, dessen Charisma verspricht, Licht in den Tunnel der Verwirrungen zu bringen.

Diesen Wirkungszusammenhang voll zu entfalten, gelingt aber im Feld der Politik offenbar immer seltener, außer eben bei den sogenannten Populisten. Diese können sich auf eine Botschaft reduzieren, selbst an diese glauben oder zumindest glauben machen, sie würden daran glauben, das überzeugend rüberbringen und die Menschen in eine übersichtliche Welt führen. Dieses Charisma funktioniert und hilft bei der Lösung der Probleme aber kein Stück. An die Rückkehr der Charismatiker im Feld der ernsthaft um Lösungen bemühten Politik zu hoffen ist aber vielleicht auch eine nostalgische Hoffnung, weil wir andere kollektivere Politikformen brauchen auf dem Weg, der vor uns liegt, um eine gerechtere, überlebensfähige Form des Lebens und Wirtschaftens zu erfinden. Dafür brauchen wir aber nicht Einzelne, die an sich glauben, sondern das ist eine Aufgabe Aller. – Dieter Schöneborn

 

Der werte Giovanni di Lorenzo dürfte bei weitem nicht der Einzige sein, der, vermutlich auch schon seit geraumer Zeit, nach Politikern mit einem „positiven“ Charisma sucht. In der Tat hat nicht zuletzt das SPD-Casting um die zukünftig doppelt zu besetzende Führungsspitze der Partei (dafür braucht es also neben dem begehrten Charisma nun noch die stimmige Chemie) und ihren Mitgliedern schmerzlich aufgezeigt, dass es an einem neuen Schröder oder Gabriel um Längen fehlt. Von einstigen Überpolitikern wie Willi Brand oder Helmut Schmidt freilich ganz zu schweigen. Es stimmt, das waren alles (Alpha-)Männer. Derzeit indes fällt mir ausschließlich eine Frau ein, die mit ihrem Talent und Habitus die notwendige menschliche und politische Ausdrucksstärke vermittelt: Franziska Giffey. Sie verfügt offensichtlich über die Aura, die die Funken- und Einfallslosigkeit des biederen Mittelprächtigen durchaus überwinden könnte; übrigens mit und ohne Doktortitel. – Ira Bartsch

 

Die (rechten) Populisten hauen gerne auf den „rechten Putz“; die gemäßigte „Resterampe“ im Lande, die verhält sich dazu leider ziemlich still. Die Populisten eilen von Sieg zu Sieg, diese Sprücheklopfer ecken an im Land, na und! Der Wähler wählt den rechten Mob, nicht nur hier bei uns in Deutschland, im „(ge)rechten“ Rechtsstaat! – Riggi Schwarz

 

Volltreffer! Das nennt man wohl „den Finger in die Wunde legen“! Es ist wahr, in unseren Regierungsparteien gibt es kaum noch Politiker, die aufgrund ihrer Ausstrahlung und kommunikativen Fähigkeiten ihre Wähler überzeugen können. Charismatische Charakterköpfe? Fehlanzeige! Die blutarme Worthülsen- Rhetorik und das lustlose Ablesen einer Rede, egal ob durch die Noch- Kanzlerin oder ihre Minister, sind Beispiele zur Förderung der Politikverdrossenheit. Was sind die Ursachen für das Artensterben von Politikern mit gewinnender Ausstrahlung und mitreißender, gern auch mit Humor gewürzter Rhetorik?

Da ist zum einen das Prinzip der Parteien, dass nur verdiente Parteisoldaten für höhere Weihen zugelassen werden. Diese Parteimitglieder sind jedoch vielfach im Pulverdampf parteiinterner Gemetzel ergraut und nicht selten verschlissen. Veteranen sind kein überzeugender Ansatz für einen Neustart. Zum anderen fördert die heutige mediale Transparenz die Angst der Politiker vor dem Scheitern. Noch vor dem Ende der Rede setzt das politische Textkorrekturprogramm (Shitstorm) ein: Da bleibt man doch lieber etwas flexibler in seinen Aussagen. Schließlich wurden in den vergangenen Jahren einige charismatische Hoffnungsträger (vereinzelt gibt es sie noch!) als potenzielle Gefährder von der Kanzlerin entweder weggebissen oder wegbefördert.

Abhilfe? Die Rekrutierung von politischem Führungspersonal muss sich prinzipiell ändern. Nicht das Parteibuch, sondern die persönliche Qualifikation ist entscheidend. Hier hilft nur eine Frischzellenkur von außen. Als eine der erfolgreichsten Wirtschaftsnationen der Welt bieten Industrie, Forschung und Lehre ein sicher ausreichendes Potenzial an gestandenen Persönlichkeiten, sogar mit Charisma, die unserer Politik an der richtigen Position wieder neuen Schwung verleihen könnten. – Michael Deil

 


 

 

Leserbriefe zu „Bevor da was verdirbt“ von Bernd Ulrich

 

Danke für diesen starken, hellsichtigen Beitrag! Im Nachgang und zur Ergänzung wünsche ich mir die Ausdehnung Ihrer Analyse unter drei Aspekten: 1) Sie betrachten nur die Merkel-Erscheinung im Inland. Das hat natürlich seine Berechtigung. Man hört aber zugleich, sie sei im Ausland angesehener denn je. Daher sollte eine Bilanz und Analyse der Wahrnehmung Merkels in der Fremde recht bald neben Ihre inländischen Erkenntnisse gestellt werden. 2) Schon als bekannt wurde, dass Frau Merkel 2017 noch einmal als Kanzlerkandidatin antreten werde, schlug ich die Hände über dem Kopf zusammen und dachte: „Hat sie aus dem unwürdigen Abgang Helmut Kohls, an dem sie selbst mindestens als Katalysator mitgewirkt hat, so wenig gelernt?“. Kurz, es wäre sicher fruchtbar, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen der aktuellen Lage und der Lähmung oder Kanzlerdämmerung, die das Land 1994 bis 1998 befallen hat, zu beleuchten. (im Übrigen gab es 1998, genau wie jetzt, auch einen Bundestrainer im Fußball, der sich trotz frustrierenden Scheiterns an seinen Stuhl klammerte, anstatt rechtzeitig abzutreten – damals Berti Vogts). 3) Ihre intensiven, bis ins Mark reichenden Fragen, die in der Print-Ausgabe in der vierten von fünf Spalten abgedruckt sind, sollte ein mutiger Interviewer einmal höflich, aber ohne jeden Weichspüler und ohne Nachgiebigkeit, der Kanzlerin stellen. Bekommen Sie einen Termin dafür? Auf das Ergebnis würde ich mich freuen. – Hanno Herzler

 

Herzlichen Dank für Ihren neuen Artikel – „Bevor da was verdirbt“ -, Ihre Stimme fehlt mir doch des öfteren. Heute möchte ich Ihre Begründung für den Verbleib von Frau Merkel im Amt um einen weiteren Punkt ergänzen. Seit der Amtsübernahme von Herrn Kohl war – meiner unmaßgeblichen Meinung nach – das Ziel von Frau Merkel, länger im Amt zu verbleiben als Herr Kohl. Ich habe es seinerzeit ihren Augen schon bei der Amtsübergaabe entnommen. Es gibt da ein besonderes Foto. Also noch 2 Jahre und ein paar Tage, dann ist das Ziel erreicht. Nur durchhalten bis die Wahlen ein anderes Ergebnis gezeigt haben. – Hans-Dieter Kees

 

Danke für diesen einfühlsamen und intelligenten Artikel über Frau Merkel. Das Foto ist auch sehr gut ausgewählt. Am besten hat mir gefallen, dass Sie in Zeiten der Shitstorms verständnisvolle, konstruktive, nicht verletzende, die Person würdigende Kritik üben können, die doch die realen Probleme so genau benennt. Vielen Dank dafür! Ich hoffe, sie liest Ihren Artikel und denkt sich was – das Richtige – dabei. – Dr. Sabrina Hausdörfer

 

Alles (Vieles?) wird Anders Bevor da was verdirbt. Systemfrage: “Fu ̈r diese Regierung ist die Welt immer genau so groß, wie die eigene Kraft noch reicht.” Ihre Feststellung impliziert die Systemfrage. Wie sieht ein Politisches System aus, das angesichts der großen Herausforderungen handlungsf ̈ahig bleibt? Vermutlich beschr ̈ankt sich politisches Handeln mittelfristig auf Maßnah- men zur Milderung allt ̈aglicher Grenzerfahrungen (Staul ̈ange, Parkraum, Emissionen, Belastete Grundw ̈asser …). Polemik: Sie bedienen sich des Gewu ̈rzes der Polemik freizu ̈gig, wie ich meine. Gru ̈nde dafu ̈r, dass Menschen u ̈berdimensionierte Automobile besitzen wollen, liegen tief. Niemand wird gezwungen, Billigfleisch oder ein stark motorisiertes Auto zu kaufen. Relativierung: Neben der Globalen Herausforderung des Klimawandels gibt es auch die Globale Bedrohung eines umfassenden Thermonuklearen Krieges.

Fazit: Der Stand unserer Technologie zeigt Zu ̈ge von Entfesselung, Entgrenzung. Wird politisch moderiertes Gegensteuern u ̈berhaupt noch gelingen? Ein Smartphone ben ̈otigt selbst kaum Energie, das System dahinter ben ̈otigt unglaublich viel mehr Energie. Die unendliche Summe 1 + 1 + 1 + 1 + 1 + · · · u ̈berschreitet jeden endlichen 2345 Grenzwert, obwohl ihre Summanden kleiner werden. Man wird sehen, bei welcher realen Grenze es ku ̈nftig ernst wird. Bei DLF-Radio vernahm ich (Entgrenzung):- zur n ̈achsten UN-Klimakonferenz in Madrid werden 25000 Besucher erwartet. – Beh ̈orden versicherten auf Nachfrage, es stu ̈nden 15000 Taxis zur Verfu ̈gung. – Wird es dem Weltklima vor der Konferenz oder erst danach besser gehen? Aus einem beru ̈hmten ZEN-Dialog: Der Kaiser frug den großen Meister: Was ist der H ̈ochste Sinn der Heiligen Wahrheit? Der Meister antwortete: Weit aufger ̈aumt, Nichts Heiliges. – Dr. Klaus Miltenberger

 

Die psychologisierenden Betrachtungen eines Bernd Ulrich sind mittlerweile genauso unerträglich wie die Politik Merkels und der Groko selbst. Versagt hat wieder einmal die Methode einer ansonsten „klugen, anständigen und …unermüdlichen“ Angela Merkel. Nein, es sind die Themen, die von der Kanzlerin und ihrer Partei seit nunmehr 14 Jahren nie länger als bis zum Ende der jeweiligen Legislaturperiode gedacht worden sind. Zukunftsprojektionen hatten da keinen Platz. So konnten zu keiner Zeit langfristige Perspektiven entwickelt werden, wenige weit vorausschauende Ansätze politischen Denkens wurden durch kurzsichtiges politisches Handeln konterkariert. Wo sind die zukunftsfesten und richtungsweisenden Ideen in der Energie- und Verkehrspolitik? Wie sehen eine nachhaltige Agrar- und Rentenpolitik aus? Wohin steuern Außen- und Europapolitik? Kurzum, wie sollen unser Land und unsere Gesellschaft in einigen Jahrzehnten aussehen? Stattdessen eine durch Wohlstand und Konsum eingelullte Öffentlichkeit und eine durch Inhaltsleere entpolitisierte CDU in einem Land mit einer völlig maroden Infrastruktur, in der sich die Bürger noch nicht einmal mehr auf eine fahrplanmäßige Zugverbindung verlassen können. So ist die Kanzlerin seit je her Opfer ihrer eigenen Alternativlosigkeit, wo sich die Menschen doch schon eine gefühlte Ewigkeit nach tragfähigen Zukunftskonzepten sehnen. – Willi Goldstein

 

Frau Merkel soll umgehend zurücktreten und Neuwahlen ausschreiben? Warum ? Wozu? Weil Sie, Stellvertretender Chefredakteur der „Zeit“, alles schlecht finden. Wer soll es dann machen? Hätten Sie diese Frage gestellt und eine Antwort angedeutet, wäre uns vielleicht weitergeholfen. Doch nichts davon, von vorn bis hinten nur Miesmache. Das vielleicht meisterlich, aber es bringt uns nicht voran. Was sollen Neuwahlen jetzt bringen außer 20 Prozent AFD auch im Bundestag schon jetzt. Die Miesmache ist nämlich das Haupterfolgsrezept der AFD. Insofern haben Sie ihr, ohne es zu wollen, sehr geholfen. Merz und Co. sind zwar scharfe Gegner von Frau Merkel, aber der Hauptgegner sind die AFD-Leute, das höre ich täglich am Mittagstisch in einer Kantine selbst im braven Aachen, wo die AFD bei 2 Prozent dümpelt. Ich finde Ihren Beitrag total unproduktiv. Warum schreiben Sie, Deutschland sei keine Monarchie und sprechen gleich zweimal unmittelbar danach von der Regentschaft der Frau Merkel? Ist das der Anspruch der „Zeit“?. – Dietrich Lohrmann

 

Hatte ich mir schon abgewöhnt, reißerische Hetzartikel von Marcel Prost nicht mehr zu lesen, so war ich am 7.11.19 drauf und dran, DIE ZEIT, die ich eigentlich nicht entbehren wollte, zu kündigen. Ihr Chefredakteur sollte Herrn Bernd Ulrich mal an andere Ressorts setzen. Schreibtischtäter mit überkommener Medienstrategie aus einer nörgeligen Obsession heraus gegen die Kanzlerin finden bei mir kein Leseinteresse. Die verkrampften Einlässe dieser Art in öffentlichen Gesprächsrunden waren schon Ärgernis bei mir genug. Versöhnt mit der ZEIT hat mich dann doch der Artikel von Lisa Nienhaus über Christine Lagarde, sachlich und tief analytisch in der Prognose erarbeitet. Ihre politischen Beiträge zu Themen sind meist beispielhaft, wann immer sie sich äußert, um beim Hörer/Leser eigene kritische Fragezeichen bei sich selbst auszumachen. Das ist für mich der Sinn einer abonnierten Zeitung. – Renate Schwengers

 

Die Endzeitstimmung, die Bernd Ulrich in seiner Analyse der Regierung Merkel verbreitet, kann ich nicht nachvollziehen. Der Autor, den ich bisher für seine klare Argumentation immer geschätzt habe, erweckt hier den Eindruck, als habe die Große Koalition unter Angela Merkel nichts, aber auch gar nichts Vernünftiges zustande gebracht habe, nur „Pillepalle“ und schwächliches „Weiter So“. Macht man sich dagegen einmal die Mühe, die Liste der Kabinettsbeschlüsse und Gesetzesinitiativen zu Gesundheit, Pflege, Rente, Kinderbetreuung, Klima etc. genauer anzuschauen, fällt die Halbzeitbilanz dieser Regierung keineswegs so negativ aus, wie der Autor sie uns schildert. Natürlich hätte eine Regierungspartei mit starker Mehrheit größere Sprünge machen können, als eine aus der Not geborene Große Koalition. Dennoch ist nicht von der Hand zu weisen, dass zahlreiche wesentliche Verbesserungen erreicht worden sind – für Patienten, Pflegerinnen und Pfleger, Rentnerinnen und Rentner, junge Familien usw…

„Politik ist die Kunst des Möglichen“, zumal in einer Großen Koalition. Da ist der Kanzlerin völlig Recht zu geben. Auch gehören der Streit um die richtigen Lösungen und die Suche nach Kompromissen zum Wesen der Demokratie. Warum wird das neuerdings immer so negativ gesehen und nach starker Führerschaft gerufen? Nur weil diese Regierung ihre Koalitionsvereinbarung weiter abarbeitet, was ihre Pflicht ist, und trotz ihrer Kontroversen im Amt bleibt, wird unser Land nicht „instabiler“, wie Herr Ulrich prophezeit. Es ist jetzt auch nicht „höchste Zeit, das Ende zu denken“, sondern die Augen aufzumachen und wahrzunehmen, in welch wunderbarem Land wir leben dürfen: Ein Land, in dem seit 74 Jahren Frieden herrscht, das seit 30 Jahren wiedervereint ist, in dem der Wohlstand so groß ist wie nie zuvor, es genug Arbeit gibt, soziale Sicherheit, jede/r selbstbestimmt und frei leben darf – und in dem es eine stabile Regierung gibt. Wie viele Menschen haben dies alles nicht! Warum streben so viele von ihnen in unser Land? Vielleicht werden sich manche von uns in nicht allzu ferner Zeit nach dem „Merkel-Biedermeier“, wie der Autor die jetzige Ära abschätzig nennt, noch zurücksehnen. – Wolfgang Riewe

 

Merkels Politik der relativen Bedachtsamkeitstheorie und -Praxis war (allzu) lange Zeit in Deutschland beliebt, begehrt und ausgehalten. Nach der Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer zur CDU-Bundesvorsitzenden und dem damit offensichtlich in Zusammenhang stehenden – erweiterten – Rückzug der Kanzlerin in Richtung politisches Nirwana und der zunehmend grassierenden GroKo-Dämmerung fehlt es merklich an Richtlinienkompetenz und Überzeugungskraft. Die gefühlt kleinste GroKo aller Zeiten wirkt inzwischen, offenbar nur noch getrieben von tauber Macht- und Profilierungsgier, unbeseelt und ohnmächtig. Sie hat fernerhin keine Zukunft, weil ihr eine klar umrissene politische Zukunftsstrategie schlechterdings fehlt. Verantwortung zu übernehmen hieße deshalb nunmehr, Verantwortung abzugeben und Neuwahlen oder zumindest eine („andersfarbige“) Minderheitsregierung anzustreben. Dafür könnte Angela Merkel doch (noch) einmal beherzt das Heft des Handelns in die Hand nehmen und über ihren derweil mitnichten kürzer werdenden Schatten springen. Es wäre durchaus ein Säegen. – Ira Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „I don’t want to die“ von Amrai Coen

 

Als langjähriger Zeitleser wundere ich mich in leitzer Zeit immer öfter über die Themen des Dossiers. In der jetzigen ZEIT ( Nr 46 ) schreiben sie seitenweise über einen religösen Eiferer, der nicht verstehen kann, dass nicht alle Menschen scharf auf seine Lebensweisheiten sind. Wenn sie in Zukunft über jeden Menschen mit begrenzten kognitiven Ressourcen ein Dossier verfassen gehen ihnen die Themen sicher nicht aus. Vielleicht gibt es aber auch noch relevantere Themen? – Wolfram Leonhardt

 

Danke für das Dossier in der heutigen ZEIT. Mit Aufwand und Geduld recherchiert, bei aller erkennbaren Skepsis dem missionarischen Anliegen John Chaus gegenüber doch fair und respektvoll, energische Kritiker wie Befürworter und kritische Begleiter kommen zu Wort. Für diese Art von gutem Journalismus schätze ich die ZEIT. (Ganz anders übrigens liest sich das Dossier als die Kolumne von A. v. Kittlitz kurz nach dem Tod von Chau, in der v. Kittlitz ja zu dem Schluss kam, um diesen Tod sei es letztlich nicht schade… Ich weiß noch, wie es mir beim Lesen kalt den Rücken runter lief; ich empfand diesen Text als zynisch und selbstgefällig.) Ich selbst jedenfalls hatte mich kurz nach Chaus Tod dazu entschlossen, seinen Entschluss zur Kontaktaufnahme mit den Sentinelesen als mutig zu achten; ich selbst hätte solchen Mut nicht aufgebracht. Das kann man mit guten Gründen anders beurteilen, zumal wenn man Chaus Glauben nicht teilt. Aber wenn man die Beweggründe eines Menschen nicht versteht, sollte man genau dies vor sich selbst offenlegen und den anderen dennoch mit grundlegender Achtung beschreiben. Das ist dem Artikel von Amrai Coen gelungen – nochmals danke also. – Prof. Dr. Matthias Clausen

 

Danke für dieses Portrait, das sich positiv abhebt von vielen hämischen Berichten und John Chaus Motivation zumindest versucht nachzuvollziehen.Ich mache Herrn Coen keinen Vorwurf aus seinem Unverständnis für John Chaus Versuch, den unerreichten Inselbewohnern von North Sentinel das Evangelium zu bringen. „Gerettetsein schafft Rettersinn“ ist ein geflügeltes Wort unter Christen. Das heißt, nur wer selbst die befreiende und glücklich machende Kraft des Evangeliums erfahren hat, kann verstehen, dass Menschen gedrängt sind, diese Botschaft weiterzusagen – an die Neuheiden im eigenen Land oder die Unerreichten im Indischen Ozean. Was, wenn sich Paulus von Coens Bedenken hätte abhalten lassen, mit dem Evangelium im Gepäck den Hellespont zu überqueren, um die umwerfende Freudenbotschaft vom Orient in den Okzident zu überbringen (vgl. Apg 16)? Gott sei Dank, dass er gegen alle inneren und äußeren Widerstände dem Ruf „Komm herüber … und hilf uns“ gefolgt ist! Nur so konnte auch ich 2000 Jahre später die rettende Botschaft vernehmen und Heil für Zeit und Ewigkeit finden!

Rein innerweltlich lässt sich die Tollkühnheit John Chaus ebensowenig wie die Widerständigkeit einer Marie Durand erklären. Marion von Klot sang noch am Tag vor ihrer Hinrichtung im Alter von nur 22 Jahren (!) getrost das Lied „Weiß ich den Weg auch nicht, du weißt ihn wohl!“ Die ägyptischen Kopten blieben ebenfalls standhaft und ließen sich im Februar 2015 lieber enthaupten als ihren Heiland zu verleugnen. Sie alle wussten, wem Sie geglaubt hatten (vgl. 2. Tim 1,12) und wer ihr einziger Trost im Leben wie im Sterben ist. Mit Paulus können sie sagen: „… wir sind der Welt ein Schauspiel geworden“ (1. Kor 4,9); sie wurden „durch Schmähungen als auch Drangsale zur Schau gestellt“ (Hebr 10,33).Coen sitzt noch gefahrlos auf den bequemen Rängen der Arena. Ich bete, dass die rettende Botschaft auch zu ihm durchdringt und er dann zu uns Christen in die Arena herabsteigt, um – auf die eine oder andere Weise – mitzukämpfen am Evangelium! – Marcel Haldenwang

 

Es ist beschämend! Meine evangelikalen Glaubensschwestern und -brüder missionieren nicht mit Feuer und Schwert, aber sie riskieren trotzdem, dass die Sentinelesen an ihren Krankheitskeimen sterben. Welche Arroganz, zu glauben, sie hätten allein das seligmachende Konzept für das Leben eines jeden Menschen gefunden. Die Sentinelesen leben seit mehr als 50000 Jahren auf ihrer Insel, also scheinen sie Möglichkeiten zu haben, mit Leben und Tod, mit Freude und Leid umzugehen, und sicherlich haben sie einen Glauben, der ihnen hilft. Schade, dass sie so abgeschottet leben müssen, vielleicht könnten wir noch etwas von ihnen lernen. Als Pastorin, die historisch – kritisch mit der Bibel umgeht und dabei immer mehr über ihren Zauber und ihre Tiefe staunt, möchte ich auch nicht evangelikal missioniert werden. – Susanne Wöhler

 

so dumm der mensch: da will’s ihm doch nicht reichen,/möcht eines rätsels lösung er allein erkennen -/was ihn erleuchtet, soll den lichtlein gleichen,/die allgemein in allen leuten brennen;//wie soll ein weg, den einer sich entdeckte, taugen,/und darum macht mit macht er andre kirre,/säh ihn kein andrer mit den andern eignen augen./der mensch geht im verein bloß gerne in die irre. – Ulrich Sack-Bernstiel

 

Es ist immer wieder erstaunlich, wie verblendet religiöse Eiferer sein können. Es wird sich zusammenhanglos ein Abschnitt der jeweiligen Heiligen Schrift herausgesucht, der dann auf Teufel komm raus umgesetzt werden muss. Neben der Aufforderung zur Mission im letzten Kapitel bei Matthäus steht im 10. Kapitel, dass die Missionare weggehen sollen, wenn man ihre Worte nicht hören will. Die Bewohner von North Sentinel wollen offensichtlich keinen Kontakt. Das sollte man respektieren. Chau tritt auf wie ein Pharisäer (Lukas 18. 9-14), der von seiner eigenen Gerechtigkeit überzeugt ist und andere verachtet. Seine mentalen Defizite will er kaschieren, indem er sich als auserwählter Überbringer der frohen Botschaft bezeichnet. Natürlich sieht er sich in seinen Plänen und Ausführungen vom Heiligen Geist geleitet und geschützt. Diesen Hochmut der Pharisäer kritisiert Jesus scharf. Chau ist sich selbstverständlich sicher ins Paradies zu kommen. Auf dem Weg dorthin liefert er sich sogar ein bizarres Wettrennen mit seinem Freund Alex, das er seiner Meinung nach gewinnt. Ähnliche Vorstellungen werden wohl auch islamistische Selbstmordattentäter haben. Aber auf diese Leute, die in ihrer Verbohrtheit so viel Unglück über andere Menschen bringen, passt wohl eher eine andere Bibelstelle: Die Ersten werden die Letzten sein. – Dirk Schranz

 

Ihre Recherche zu John Chau lässt mich entsetzt zurück. Ich finde sie dennoch sehr beeindruckend. Aber: Wie können Menschen nur so versessen sein zu glauben, dass sie anderen helfen, indem Sie ihnen die Botschaft Gottes bringen. Wozu das führt, hat man doch über die Jahrhunderte hinweg erfahren. Und offenbar doch immer noch nichts dabei gelernt. Es kann nichts gutes dabei herauskommen, wenn man Menschen die sogenannte Zivilisation überstülpen will. Der Vater bringt es auf den Punkt: es ist eine Form des Dschihadismus. Und die Sentilesen sind offenbar ganz zufrieden mit ihrem Leben. Nicht umsonst hat die indische Regierung das Betreten der Insel untersagt. Wie heißt es doch: wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um“. Deshalb empfinde ich auch kein Mitleid mit diesem selbsternannten Missionar. – Ursula Jäger

 

Dieses Dossier sollte – zusammen mit Shūsaku Endōs Roman „Schweigen“ – Pflichtlektüre im Theologiestudium sein. – Peter Häußermann

 

Seit einiger Zeit korrespondiere ich mit einem Bekannten, welcher seit vielen Jahren regelmässig nach Brasilien reist und dort versucht, den Surui Indios (im Grenzland zwischen Mato Grosso und Rondonia ansässig) mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Da lese ich in dem im Betreff genannten Artikel in Ihrer Zeitung über diesen fanatischen und meines Erachtens von den nordamerikanischen, klerikalen Sekten fehlgeleiteten jungen Mann. Anbei unsere Korrespondenz, welche für sich selbst spricht.

Lieber Claus, Danke für Deinen Bericht über die Surui im brasilianischen Regenwald, der ein wenig Hoffnung macht. Treiben denn die evangelikalen Sekten aus den USA immer noch ihr Unwesen in den südamerikanischen Staaten? Das wurde doch vor vielen Jahren schon verboten. Ich habe gerade einen Artikel in der letzten „Zeit“ (7.11.2019) (3 Seiten) gelesen. Er handelt von einem jungen Evangelikalen aus den USA, welcher im letzten Jahr versucht hat, ein Naturvolk auf den Andamanen zum Christentum zu bekehren. Bevor er die Inselküste mit seinem Faltboot erreichte, wurde er durch Pfeilschüsse getötet. Er hätte, wenn er Kontakt mit den dortigen Bewohnern bekommen hätte, die Menschen doppelt infiziert: Mit der Bibel, die die Menschen dort nicht brauchen, und mit ansteckenden Krankheiten, gegen welche keine Immunität besteht. Amrai Cohen, die Autorin des Artikels sprach zum Schluss von Missionaren, Wissenschaftlern und Organisatoren, welche sich für bedrohte Völker einsetzen . Von genau diesen Missionaren und auch manchen Wissenschaftlern und Organisationen werden doch diese Völker bedroht.

Lieber Helmut, die nordamerikanischen Missionare (“Pionier Mission”) hatten sich nie an Verbote der Funai gehalten; wenn die Funai beispielsweise die illegal besetzten indianischen Territorien von Siedlern räumten, blieben die “Missionare” einfach drinnen. So auch eine lange Geschichte bei den Suruí. Immer wieder kamen Amerikaner- auch als einzelne (diese Heldenrollen spielen sie ja auch sehr gerne, wie das Beispiel beweist, das Du nennst; der ist mir übrigens bekannt gewesen. Ein Pfeil hatte genügt für ihn). Vor wenigen Wochen schnappte die Funai wieder einen einzelnen von ihnen, der in den terras proíbida nach noch versteckten Völkern oder Gruppen suchte (also Isolados). Der wollte den “armen Nichtzivilisierten” auch den Umgang mit GPS lehren –neben der Bibel. Haben ihn ins Gefängnis gesteckt. Bei den Suruí haben sich schon länger die Baptisten niedergelassen, die man im Amazonas auch zu den fanatischeren Sekten rechnen muss, die es auf “Bekehrung und Bildung” abgesehen haben indem sie die Indios gründlich von den Stammes- und Kulturwurzeln abschneiden (das heißt, gar nicht wissen, WEN sie ansprechen; Hauptsache Bekehrungs-Gegenstände, die ihrem eigenen Erfolg in der Mission zugute kommen). – Helmut Baumeister

 


 

 

Leserbriefe zu „Unter Bremsern“ von Martin Machowecz

 

Leider war ich nicht prominent genug, um in Ihren Beitrag ueber Westdeutsche, die gegen die Wiedervereinigung (oder den Anschluss) waren, zu kommen. Also bekommen Sie nun mal wieder einen laengeren Brief von mir. Ich war damals aus verschiedenen Gruenden gegen die Wiedervereinigung, ich hilet sie nicht nur fuer unrealistisch sondern auch nicht fuer erstrebenswert. Die DDR war fuer mich Ausland, genauso wie z.B. Polen, wo ich in den 80er Jahren zu Besuch war (wenn auch meine Deutschkenntnisse sicher um Welten besser sind als meine paar Brocken Polnisch). Ich fand es gut und beeindruckend, dass die Bevoelkerung der DDR sich aud den Weg zur Demokratie gemacht hatte und ich wuenschte ihnen alles Gute dazu, gerne auch wirtschaftliche Hilfe aus der alten BRD. Mein Traum war, dass sich die DDR eine neue demokratische Verfassung geben wuerde, inkl. Meinungs- und Reisefreiheit und das Land sich mit Hilfe der BRD wirtschaftlich erholen konnte, so dass sich nach einiger Zeit zwei deutsche Staaten mit unterschiedlichen Schwerpunkten auf Augenhoehe begegnen konnten. Ich fand es beschaemend, dass die umfangreiche Kinderbetreuung mit dem Argument abgeschafft wurde, das koenne sich die BRD nicht leisten, ebenso, dass nur die wissenschaftlichen Institute der DDR evaluiert wurden und nicht die der BRD (als sei dort alles perfekt). Eine Wiedervereinigung aber machte mich nervoes, auch weil ich teilweise den Eindruck einer Stimmung „Wir sind wieder wer“ hatte. Ich war auch gegen die Verlegung der Hauptstadt nach Berlin. Zugegeben, Bonn liegt sehr weit im Westen, aber Berlin liegt nun auch nicht gerade in der Mitte. Und die deutschen Traditionen, fuer die Berlin steht, sind aus meiner Sicht Kaiserreich, Drittes Reich und DDR – an keine dieser Traditionen moechte ich ankuepfen. Eine ganz neue Hauptstadt waere mir lieber gewesen, gerne auch in den neuen Bundeslaendern.

Dazu kommt, dass ich immer wieder fragte und frage, ob das Interesse der DDR Bevoelkerung an einer Wiedervereinigung genauso gross gewesen waere, wenn die wirtschaftliche Situation der BRD und ihr Warenangebot dem der DDR aehnlich gewesen waeren. Eine Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Lage zu wollen ist voellig legitim, aber man sollte nicht andere, scheinbar noblere Gruende vorschieben. Und wenn schon Wiedervereinigung, dann waere mir eine Vereinigung inkl. neuen Grundgesetzes lieber gewesen. Aber dafuer war anscheinend keine Zeit. Auch mir tut nicht leid was ich damals dachte und ich sehe es auch heute nicht als falsch an. Das heisst mitnichten, dass ich nicht grossen Respekt vor dem Mut der Menschen habe, die damals die friedliche Revolution angestossen haben. Aber genauso wenig wie die meisten Deutschen im Dritten Reich im Widerstand waren, waren (m.W.) die meisten DDR BuergerInnen 1989 bei den Demonstrationen, sondern viele haben einfach vor sich hin gelebt (genauso wie Westdeutschen) und versucht das Beste aus ihrer Situation zu machen. Ich weiss nicht, ob ich den Mut gehabt haette zu demonstrieren – aber der Mut Einzelner kann m.E. nicht einfach fuer „die Ostdeutschen“ in voller Allgemeinheit reklamiert werden. In der Medienberichterstattung (auch der ZEIT, siehe z.B. einen Titel wie „Ein Land im Wahnsinn“) entsteht fuer mich immer wieder der Eindruck, dass die Mehrheit der Ostdeutschen mittlerweile rechtslastige „WutbuergerInnen“ sind – ich muss mir dann immer wieder in Erinnerung rufen, dass z.B. auch in Thueringen die grosse Mehrheit nicht die AfD gewaehlt hat. Aber wo soll bei solchen Berichten bei mir die Idee aufkommen, meine Abneigung gegen die Wiedervereinigung sei falsch gewesen? – Sabine Moehler

 

Lafontaine hatte Recht.Vorab: Ich bin in Westdeutschland aufgewachsen und hatte das „Glück“, dass wir keine Verwandtschaft – wie es in meiner Kindheit hieß – in der „Zone“ hatten. Das ersparte uns, glaube ich, einiges. Und ja, ich konnte mir die Einheit nicht vorstellen. Für mich war sie zu einem Konstrukt im (west)deutschen Parteienstreit geronnen – mehr nicht. Als ich Anfang der 1980er nach dem Studium berufsbedingt für einige Jahre nach Westberlin ging, war es von Beginn an klar, dass dies für eine begrenzte Zeit sein sollte. Auch wenn ich die Mauer nur bei den Fahrten nach Westdeutschland sah oder dann, wenn wir sie unseren Gästen vorführen mussten, fühlte ich mich in Westberlin(!) nicht wirklich frei, obwohl ich diese Stadt und die Berliner Mentalität schnell schätzen lernte. Als ich die Worte Schabowskis hörte und die Bilder von den geöffneten Übergängen sah, freute ich mich und bedauerte, dass ich wenige Monate zuvor Berlin verlassen hatte.Aber als ich kurze Zeit später die Parole „Kommt die D-Mark, bleiben wir, kommt sie nicht, geh‘n wir zu ihr!“ hörte, fragte ich mich, ob die schnelle Einheit die richtige Lösung für die Menschen wäre. Den volkswirtschaftlichen Gesetzen kann man sich eben schlecht entziehen. Lafontaine deklinierte die zu erwartenden Konsequenzen durch. Den Eliten „hüben wie drüben“ mussten diese Zusammenhänge bewusst sein. Ich selbst erlebte, wie die unternehmerischen Chancen (West) in vielen Meetings kühl ausgelotet wurden.

Wie man sich jede Ostkonkurrenz von Anfang an vom Halse schaffen wollte und wie mühelos es fallen würde, die ostdeutsche Nachfrage durch eigene Kapazitäten zu befriedigen, wie Glücksritter sich aufmachten, zynisch rücksichtslos ihre Chancen zu ergreifen, wie Lohnerhöhungen im Beitrittsgebiet von den westlich dominierten Tarifpartnern verhandelt wurden, die jede Wettbewerbsfähigkeit endgültig ausschlossen. Es wäre schäbig, die Lebensleistungen der Ostdeutschen nicht anzuerkennen. Es zeugt von bösartiger Ignoranz, die grundstürzenden Anpassungsleistungen dieser Menschen nicht respektvoll zu würdigen. Aber es wäre ebenso falsch, nicht auszusprechen was ist: Der ostdeutschen Bevölkerung ging es mehrheitlich am Ende darum, möglichst schnell die vermeintlichen Segnungen des Westens zu genießen, egal was es kostet. Mahner hatten keine Konjunktur. In freien Wahlen entschieden sie sich für diesen Weg. Heute muss der Osten mit den Folgen der Deindustrialisierung, mit einer deutlich geringeren Vermögensposition und hier und da mit dem Gefühl der Deklassierung leben. Es wird noch lange dauern, bis die Verwerfungen kaum mehr zu erkennen sein werden, die, bei allen Erfolgen, eben auch Teil der Einheit sind, so traurig es sein mag. Es gab Alternativen, natürlich ebenfalls nicht ohne Schmerzen. – Rainer Friedrich Schütz

 

Warum sind wir Ostdeutschen kritischer, weniger obrigkeitshoerig? Wir Deutschen hatten alle die gleichen Faschismus-und Nachkriegserfahrungen – bis zudenRepublikgruendungen. Ab diesem Zeitpunkt herrschte in der BRD Zuversicht, aus der ein Individueller Gestaltungswille erwuchs, der sich heute jedoch mehr oder weniger im Wohlstand sonnt und fuer Spasshaben weichen musste. Anders in der DDR. Ungewohnte Regeln und russische Verhaltensweisen waren gefordert, Gemeinschaft anstelle des Individuums: Fuege Dich ein in das ideologisch geforderte, gewöhne Dich an Unzulänglichkeiten und Mangel, denn Du bist auf der Seite des Fortschritts und des Friedens. Das waren Zumutungen, die auf Widerstand stießen. Der war nicht offen, aber um so nachhaltiger. 40 Jahre innere Abkehr foerdert nicht Zuversicht, sondern eher Unmut und eine kritische Grundhaltung.

Ich denke, diese Erfahrung machte aus den Ostdeutschen die eher kritischen Demokraten. Auch ist unser Vertrauen in Fernsehen und Presse ein eher widerspenstiges, da diese Einrichtungen vielfach oberflächlich und effekthaschend daherkommen und keineswegs Nachhaltigkeit versprühen. Ein Weiteres: Da fremdbeherrscht, galt uns die Nation als wichtiger Halt. Die AfD vertritt diese Haltung und kommt an. Die allgemeine Interpretation des AfD – Wahlerfolges ist grundfalsch. Es sind nur marginal soziale Beschwerden – es sind die Abkehr vom Nationalstaat, die Verwaesserung der Rechtsauslegung und die Klimahysterie mit der unsäglichen „Energiewende“, die zum Widerstand herausfordern. Die westdeutschen Eliten werden das umgehend zur Kenntnis nehmen muessen, wollen sie nicht erst am Tag nach der Bundestagswahl 2021 zur Ernüchterung kommen. Weiblich-gruenes Wischiwaschi geht wohl dem Ende entgegen. – W. Eckardt

 

Stimmt! Das zu einem Riss immer zwei gehören.Wir sind KEIN ein Volk.Wir sind West- und Ostdeutsche.Den, 40-jahre DDR-Sozialismus, hat die Ostdeutscher mehr geprägt, als man geglabt hat.Und das meine ich nicht abwehrtend. – Tomek Walter

 

Interessant, Ihr Artikel. Ich hätte nur gern auch erfahren, ob Herr Lafontaine einen Schal anhatte. Oder vielleicht ein Haarband? Und auch, welche Frisur Herr Theo Sommer hat? Hat er langes wallendes Haar? Einen militärischen Kurzhaarschnitt? Eine Glatze? – Astrid Raimann

 

Vielen Dank für das Schreiben Ihrer Gespräche mit den 3 Personen. Ihre Beiträge lese ich stets mit Genuss. Da haben Sie sich die die Rechthaber par excellence ausgesucht. Zu Lafontaine fällt mir der Spruch von Bruno Kreisky zu Vranitzky ein: Den ignoriere ich nicht einmal. Bei Herrn Sommer denke ich an das peinliche Gespräch mit Ihrer Kollegin der Hamburger Ausgabe in der Jubiläumsausgabe der ZEIT von Februar 2016. Bei Frau Ditfurth ist es die übliche Mischung aller Fanatiker. Bei ihrem Vater hätte sie sich mit Logik beschäftigen können. Ich habe versucht, mich in die Mitte der 80. zurück zu versetzen. Mit AKK und Sandro Viroli (der vom MDR) habe ich in Saarbrücken für die CDU Wahlkampf gemacht. Gegen Lafontaine. Sandro war oft mit der JU in Berlin. Kannte sich auch in der DDR aus. Unsere Einstellung war damals, wie ich erinnere: Gegen das System in der DDR können wir nichts ausrichten. Deutschland war nicht frei in seinen Entscheidungen. Besetzt von den Russen, den Amerikaner, Franzosen und Engländern. Wir wollten nur in die DDR fahren wie nach Frankreich oder Holland. Und die Menschen in der DDR sollten das gleiche können. Es gab zu der Zeit ein geflügeltes Wort für eine aussichtslose Sache: Das ist wie die Wiedervereinigung. Immer daran denken, nichts dafür tun.

Keiner, den ich kannte, war gegen eine Wiedervereinigung. Jeder, der die Mauer in Berlin gesehen hat, wusste: das bleibt nicht. Und jetzt ist sie seit 30 Jahren weg. Wunderbar. Und das mit dem Riss, zu dem immer 2 gehören. Stimmt. Das ist wie bei den Böcken. Ein kleiner Trost bleibt aber: die alten Rechthaber sterben bald. Neue Rechthaber kommen nach. Sie als junger Mann werden sich noch viel mit dem Unterschied von Ost- und Westdeutschland beschäftigen können. Es wird aber langsam. Schauen Sie sich mal die Führungsriege beim MDR an. Nur noch 2 Wessis. Geht doch. Eine kleine Klugscheißerei noch: Nicht die ZEIT zahlt Ihre Miete in Leipzig. Das sind die Leser Ihrer Zeitung. Keine Leser, keine Zeitung, kein Geld. Sollten Sie mal Kontakt mit Sandro Viroli haben, grüßen Sie ihn von mir und lassen sich erzählen, wie er das als italienischer Migrant Mitte der 80. Jahre in Deutschland erlebt hat. – Hartmut van Meegen

 

Beim Lesen ihres Artikels, hatte ich sofort das Gefühl, ihnen schreiben zu müssen. Der zweite Gedanke war, wie fange ich das jetzt an? Bei einer so großen Leserschaft, kann unmöglich jede Reaktion Beachtung finden. Ich sage Ihnen mal was, genau so, wie Oskar Lafontaine Ihnen seine Haltung zur Deutschen Einheit geschildert hat, war es. Ich erinnere mich deshalb so genau daran, weil ich bei der Einführung der D-Mark die Überzeugung von Lafontaine teilte. Ich dachte damals ganz verzweifelt, sind die denn alle bekloppt? Das sieht doch ein Blinder mit Krückstock, dass mit der Einführung der D-Mark das gesamte mit den RGW-Staaten verbundene Wirtschaftssystem der DDR zusammenbrechen würde. Die Abnehmer unserer Produkte (insbesondere aus dem Maschinenbau) in den Ostblockstaaten konnten mit einem Schlag die in der DDR hergestellten Waren nicht mehr bezahlen. Und ich schämte mich für meine DDR-Landsleute. Es war die reine Gier nach der Westwährung, die alle blind gemacht hat für die berechtigten Warnungen von Oskar Lafontaine. Genauso, wie Lafontaine es befürchtet hat, ist es gekommen. Viel zu viele wurden nach Einführung der D-Mark arbeitslos, es waren Massen! Und jetzt ist das Gejammer groß. Wir, die gier getriebenen Ostdeutschen sind selbst schuld, sind auf populistisch agierende Politiker hereingefallen und der bei der Wahrheit bleibende Lafontaine wurde nicht gehört.

Wenn wir auf ihn gehört und die DDR wohlüberlegt mit wirtschaftlichem Sachverstand und binnenwährungsbasiert umgebaut hätten, wären längst nicht so viele Transferleistungen in den Osten notwendig gewesen. Wir hatten hervorragende Fachleute auf allen Gebieten und alle geistigen Voraussetzungen zu konkurrieren. Der Verlust des an die Erwerbsarbeit gekoppelten Selbstwertgefühles vieler wäre vermeidbar gewesen. Jetzt hamwer den Salat, selbstgemachtes Leid! Ich habe ganz bewusst sehr umgangssprachlich geschrieben, aber so ein Aufschrei ist vielleicht hörbarer, als wohlüberlegt gewählte Worte. Ich habe bei den Deutschen Damenmeisterschaften im GO-Spiel auf dem Schloss Hundisburg (2. und 3. November 2019) eine junge ostdeutsche Professorin (Uni Jena, Siegerin der Meisterschaft) kennengelernt, über die es lohnen würde zu schreiben. – Renate Schmidt

 

Zur Bilanz der Entwicklungen nach 89 ist dies ein hervorragender Beitrag. Er macht schlaglichtartig ein Grundproblem deutlich. Die drei ausgewählten Wessi-Interviewpartner – Oskar Lafontaine, Theo Sommer, Jutta Ditfurth – zeichnen sich dadurch aus, dass ihnen ihre „Welttheorien“ schon lange bedeutsamer erschienen als die Bedürfnisse der „Normalmenschen“. Kommunikation mit anderen Menschen beginnt deshalb bei ihnen nicht mit dem Zuhören, sondern mit einem Vortrag über ihre Weltsicht. Es ist klar, dass solche Menschen mit einem von ihnen unvorhergesehenen Ereignis wie der Wiedervereinigung ein Problem haben und dass die Wiedervereinigung mit solchen Menschen ein Problem hat, die sich mit dem – selbstkritischen – Zuhören schwer tun. – Ulrich Waas

 


 

 

Leserbriefe zu „Um Klassen smarter“ von Martin Spiewak

 

Nicht einmal Mittelmaß betiteln Sie die Diagramme zum Artikel. Ich lese aber heraus, dass in Deutschland die Digitalkompetenz besser als der international Durchschnitt ist und nach Ihrer Fußnote “nicht bedeutsam” hinter Dänemark zurückbleibt. Die “Probleme”, die in den Diagrammen aufgezeigt werden, lassen sich recht einfach durch Bereitstellung finanzieller Mittel und bessere Ausstattung beheben – aber – lohnt das denn wirklich? Versteckt deuten Sie ja im Artikel große Schwierigkeiten beim digitalisierten Unterricht an, beispielsweise die leichte Ablenkbarkeit. Ob die Schüler nun wirklich besser und mehr lernen wird aus der Lektüre des Artikels leider nicht wirklich klar – und das muss ja das oberste Ziel sein. Leider wird eine Digitalisierung ja auch in den meisten Fällen nicht konsequent und ausschließlich umgesetzt, sondern verschiedene Einrichtungen wie Laptop, Dokumentenkamera, Beamer, Kreidetafel und digitales Whiteboard werden parallel benutzt.

Wenn man nun noch die CO2-Bilanz dieser technischen Geräte mit einer herkömmlichen Kreidetafel vergleicht, muss es einem geradezu schlecht werden. Die vollständige Digitalisierung der Klassenzimmer bedeutet vor diesem Hintergrund, aber auch vor dem Hintergrund der dramatischen Kurzlebigkeit der technischen Geräte vor allem eines: ein ökologisches und klimatechnisches Desaster, das einmal ernsthaft angesprochen und diskutiert werden müsste. PS: Ich bin Ingenieur und Lehrer an einer Fachschule für Maschinenbautechnik und arbeite natürlich in vielen Fällen sehr digital! – Benedikt Flurl

 

Unser Sohn ist seit August 2019 Schüler des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig (des Gymnasiums, das im Artikel beschrieben wird). Er ist deutscher Staatsbürger und wir wohnen in Flensburg. Mit der Schule und ihren (digitalen) Möglichkeiten sind wir sehr zufrieden. Aber der Versuch, eine Schülermonatskarte in Dänemark zu kaufen, geriet zur digitalen Odyssee – das ist in der beigefügten Chronologie beschrieben. (Der Text ist eine Zusammenstellung der Beiträge, die ich unter dem jeweiligen Datum auf meiner facebook-Seite veröffentlicht hatte).

Lost in digitality: 3. Oktober 2019.Wir wohnen in Flensburg und unser Sohn geht seit August auf eine Schule in Apenrade, also Dänemark. Um dorthin zu kommen pendelt er täglich mit dem Bus von Krusau aus. Am 1. Schultag (14. August 2019) habe ich versucht, am Busbahnhof in Apenrade eine Schülermonatskarte (ungdomskort) für ihn zu kaufen. Digitales Hindernis 1: Das geht nicht. Eine ungdomskort kann nur über das Internet gekauft werden. Dafür braucht man allerdings eine nemID (eine Art digitale Unterschriftsnummer). Und für die nemID braucht man eine dänische Personnummer. Beides hatte unser Sohn nicht. Also wurde noch am gleichen Tag (14.8.) über die Schule beim borgerservice (Bürgerservice) eine dänische Personennummer beantragt. Damit unser Sohn in der Zwischenzeit trotzdem zur Schule kommt, mussten wir eine reguläre pendlerkort kaufen, Kostenpunkt: über 800 Kronen (also über 100 €). Gültig: einen Monat. Die Schule sagte uns, dass die Personennummer in der Regel innerhalb von ein paar Tagen per Mail mitgeteilt wird. Nachdem wir am 12. September immer noch keine Mail erhalten hatten, habe ich an diesem Tag bei der Schule nachgehakt, die wiederum beim borgerservice in Apenrade nachfragte. Daraufhin erhielt unser Sohn am 16. September eine Mail vom Uddannelses- og Forskningsministeriet (Bildungs- und Forschungsministerium) mit der gewünschten Personnummer. Die erste pendlerkort war allerdings mittlerweile abgelaufen, so dass wir abermals die teure pendlerkort kaufe mussten.

In dem Schreiben des Ministeriums mit der Perssonnummer hieß es weiter: „Du kan få udstedt nemID ved personlig henvendelse hos den kommunale borgerservice i Danmark. Du skal medbringe gyldig legitimation.“ („Du kannst eine nemID bekommen, wenn du dich an das kommunale Bürgerbüro in Dänemark wendest. Du musst einen gültigen Ausweis mitbringen.“). Von weiteren Bedingungen stand da nichts. Die Öffnungszeiten des borgerservice liegen so, dass unser Sohn es zu Fuß nach der Schule nicht rechtzeitig schafft. Und wir konnten ihn nicht fahren, da wir zu den Zeiten arbeiten mussten. Also haben wir uns den 3. Oktober ausgesucht, der in Deutschland als Tag der Deutschen Einheit Feiertag, in Dänemark aber natürlich ein ganz normaler Werktag ist. Um Wartezeiten zu vermeiden, kann man im Vorwege beim borgerservice eine Zeit bestellen – über das Internet. Digitales Hindernis 2: Für die Zeitbestellung im Netz muss man seine Handynummer eingeben. Nach acht Ziffern war aber Schluss. Dänische Handynummern haben nur acht Ziffern. Deutsche Handynummern sind in der Regel allerdings länger und außerdem muss man ja auch noch den Ländercode (+49) eingeben. Allerdings war es dann auch möglich, eine Zeit per Telefon zu reservieren. Also ging es heute (3. Oktober) zur vorbestellten Zeit (15.52 Uhr) zum borgerservice in Apenrade. Da uns zu Ohren gekommen war, dass man für die nemID-Bestellung einen Zeugen braucht, der wiederum selbst bereits eine nemID hat, kam ein (dänischer) Klassenkamerad unseres Sohnes mit. Und siehe da: nachdem unser Sohn seine Personnummer und seinen Ausweis vorgelegt hatte, wurde nach einem Zeugen gefragt (davon stand aber wie geschrieben nichts in dem Schreiben des 1 Ministeriums). Den Zeugen hatten wir zwar mit, allerdings ist dieser 17 Jahre alt und als Zeuge muss man mindestens 18 Jahre alt sein.

Digitales Hindernis 3: wir als Eltern durften nicht bezeugen, dass unser Sohn unser Sohn ist, weil wir als deutsche Staatsbürger nur einen analogen Ausweis und keine digitale nemID besitzen. Also gingen wir unverrichteter Dinge ins Foyer des borgerservice zurück. Dann fiel mir ein, dass in der Kommunalverwaltung eine dänische Kollegin arbeitet, die ich beruflich kenne und die alle Kriterien erfüllt (älter als 18, dänische Staatsbürgerin, im Besitz einer nemID). Und glücklicherweise war sie im Haus und bereit, sich als Zeugin zur Verfügung zu stellen. Allerdings waren wir ja vom Schalter im borgerservice weggegangen und damit war unsere vorbestellte Zeit abgelaufen. Also mussten wir zum Bildschirm im Empfangsbereich und auf den Knopf „Ich habe keine Zeit reserviert“ drücken. Der Bildschirm antwortete „Es sind heute keine freien Zeiten mehr verfügbar.“ Mittlerweile war es kurz nach 16 Uhr und die Öffnungszeit des borgerservice ging noch bis 17 Uhr. Uns blieb nichts anderes übrig, als uns bei der dänischen Kollegin für ihre Hilfsbereitschaft zu bedanken und für morgen (4. Oktober) über das Internet eine neue Zeit zu bestellen. Dafür stellte der dänische Klassenkamerad unseres Sohnes netterweise seine (dänische) Handynummer zur Verfügung. Morgen um 13.46 Uhr versuchen wir also erneut unser Glück und bringen dann einen erwachsenen Zeugen mit nemID mit (entweder einen Lehrer oder aus dem Bekanntenkreis). Und: mit der nemID haben wir ja immer noch keine Busfahrkarte, sondern mit der nemID können wir dann über das Netz die ungdomskort bestellen, die dann nach ca. 2 Wochen fertig sein soll. Wenn das alles so klappt wie geplant, dann hätten wir immerhin nach den Herbstferien die Karte und müssten nicht zum dritten Mal die teure pendlerkort kaufen. Wie geschrieben: Ziel der ganzen Aktion ist lediglich der Kauf einer Schülermonatskarte für den Bus.

Um nicht falsch verstanden zu werden: ich will mit dieser Schilderung nicht grundsätzlich die Digitalisierung schlecht reden. Aber es zeigen sich eben auch die Schwierigkeiten, weil Digitalisierung zur Standardisierung führt (8stellige Handynummern, nemID als Voraussetzung für die Zeugenfunktion …). Für diejenigen innerhalb des Standards ist das prima, für diejenigen, die außerhalb stehen kann das schwierig werden, weil uns (noch) das digitale Pendant zum Improvisieren, „passt zwar nicht ganz, aber in der Sache stimmt‘s“ und „mit gesundem Menschenverstand kriegen wir das schon hin“ fehlt. 4. Oktober 2019, 14 Uhr: Unser Sohn ist stolzer Besitzer einer nemID. (Für diejenigen unter Euch, die kein Dänisch verstehen: „nem“ heißt „einfach“). Also haben wir uns bei der Rückkehr nach Flensburg gleich an den Computer gesetzt, um die Schülermonatskarte zu bestellen. 2 Digitales Hindernis 4: Unsere Adresse ist nicht richtig registriert, obwohl die Mitarbeiterin beim borgerservice in Apenrade extra gefragt hatte, ob die Adresse auf dem Personalausweises unseres Sohnes korrekt sei. Laut System wohnt unser Sohn jetzt aber im „Administrativ vej“ („Verwaltungsweg“) unter der Postleitzahl „9999“, ohne Angabe eines Ortsnamens. Also habe ich im System den Link zu „Umzug ins Ausland“ angeklickt. Es folgte: Digitales Hindernis 5: Ich musste angeben, ab wann unser Sohn in Flensburg wohnt (das tut er seit dem 1. Oktober 2005). Frühestmögliches Datum, das man eingeben konnte, war aber der 01.01.2018. Also meinetwegen. Fehlermeldung: das Datum darf maximal zwei Monate in der Vergangenheit liegen. Digital ist unser Sohn somit am 01.10.2019 nach Flensburg gezogen.

Daraufhin wurde mir angezeigt, dass unser Sohn berechtigt ist, die ungdomskort zwischen unserem Wohnort in Flensburg und dem Ort der Schule in Apenrade zu nutzen. Allerdings: Digitales Hindernis 6: Beim Versuch, den Bestellvorgang abzuschließen, wurde angezeigt, dass diese Route nicht automatisch bestätigt werden konnte. Es wird ein Administrator benachrichtigt, der uns per Mail verständigt, sobald die Route manuell bestätigt wurde. 7. Oktober 2019.Die Route ist vom Administrator geändert worden. Unser Sohn ist als berechtigt für die ungdomskort registriert. Also weiter zum Bestellvorgang, doch: Digitales Hindernis 7: „Der kan desværre ikke oprettes en Rejsekort-konto til en kunde som er bosiddende i udlandet. Du skal få kontoen oprettet via betjent salg eller en formular på rejsekort.dk. Derefter kan bestillingen i Mit Ungdomskort færdiggøres.“ (Es kann leider kein Rejsekort-Konto erstellt werden für einen Kunden, der im Ausland wohnt. Du musst das Konto über assistierten Verkauf oder aber über ein Formular auf rejsekort.dk eingerichtet bekommen. Danach kann die Bestellung auf „Mit Ungdomskort“ abgeschlossen werden.) Ach so.

8. Oktober.Heute habe ich bei Sydtrafik angerufen, der Verkehrsgesellschaft, die für die Busfahrkarten zuständig ist. Dort gibt es eine Hotline speziell für die Monatskarten. Die ersten zehn Minuten war ich in einer Warteschleife mit automatischer Ansage, die alle 30 Sekunden wiederholt wurde. So wurde ich 20mal gefragt, ob ich denn schon wisse, dass ich alle meine Anliegen auch im Internet erledigen könne … Nach zehn Minuten hatte einen wirklichen Menschen am Apparat. Die Mitarbeiterin von Sydtrafik fragte nach der Personnummer unseres Sohnes und konnte dann sofort auch seine Daten sehen. Sie sagte mir, dass die Bestellung jetzt eigentlich funktionieren müsse und bat mich, den Bestellvorgang online noch einmal auszuführen. Sie blieb in der Zeit in der Leitung. Daraufhin bekam ich die gleiche Fehlermeldung wie gestern („Es kann leider kein Rejsekort-Konto erstellt werden für eine Person, die ihren Wohnsitz im Ausland hat.“). Als ich ihr das sagte, bat sie mich um einen 3 Augenblick Geduld, zog eine Kollegin zu Rate und bat dann, mich einmal komplett aus- und dann wieder einzuloggen. Jetzt müsse eigentlich alles klappen. Und tatsächlich kam die alte Fehlermeldung nicht wieder, sondern bereits vorher tauchte ein anderer Fehler auf. Digitales Hindernis 8: „An error has occured. Status: 404. Not found“ wurde mir angezeigt.

Die Mitarbeiterin sagte mir, dass sie auf ihrer Seite diese Fehlermeldung nicht sehen könne und bat mich um einen Screenshot, den ich ihr auch schickte. Daraufhin zog sie wiederum eine Kollegin zu Rate und sagte mir dann, dass sie die Fehlermeldung auch nicht verstünden und die Meldung jetzt intern weitergeben würden. Sydtrafik werde mir eine Mail schicken, wenn der Fehler behoben sei. Auf meine Frage, ob ich nicht einfach beim Busbahnhof in Apenrade (offizielle Sydtrafik- Verkaufsstelle) vorbeikommen und alles Weitere dort klären könne, bekam ich ein klares „Nein“ zur Antwort. Das ginge nur über das Internet mit telefonischer Unterstützung. Noch habe ich keine Mail bekommen. Die Fehlermeldung 404 lässt sich derzeit bequem reproduzieren. Also rufe ich morgen noch einmal an (seit 15 Uhr ist die Hotline geschlossen). 9. Oktober.Heute immerhin nur 3 Minuten in der Warteschleife. Es ist allerdings auch alles unverändert. Gleiche Fehlermeldung und die Dame am Telefon sagt mir, dass sie die technische Abteilung verständigen … Zum Glück war ich schon immer ein sehr geduldiger Mensch … 10. Oktober.Heute mal nicht telefoniert, denn die Leute von der Hotline sind zur Fortbildung. Eine Mail habe ich noch nicht bekommen. Dafür kam aber ein richtiger Brief (auf Papier und mit der Post) des dänischen Bildungs- und Forschungsministerium an, in dem steht, dass unser Sohn seit dem 4. Oktober berechtigt ist, eine ungdomskort (Schülerbusfahrkarte) zu kaufen. Weiter steht da, dass wir den Kauf über die Homepage der Busgesellschaft abwickeln sollen (das versuche ich ja seit knapp einer Woche). Letztendlich nützt uns das Schreiben im Moment nicht so viel, da ich damit ja nicht zu einem Verkaufsschalter gehen kann. Aber es ist gut zu wissen, dass unser Anliegen, eine Busfahrkarte zu kaufen, nicht vermessen, sondern ganz Gegenteil sogar staatlich anerkannt ist. Ein analoges Hoffnungszeichen in einer digitalen Welt!

11. Oktober.Heute scheint ein guter Tag zu sein: ohne Warteschleife bin ich direkt zur Hotline vorgedrungen. Die Mitarbeiterin von Sydtrafik hat mich durch den gesamten Bestellvorgang begleitet, zwischendurch einmal die Hürde aus dem Weg geräumt, dass die Route (bei Wohnsitz im Ausland) 4 manuell über Sydtrafik freigegeben werden musste, und gewartet bis die Meldung kam: Die ungdomskort ist bezahlt und geht in die Produktion. Die Karte wird ab 23.10. gültig sein, so dass wir nach den Herbstferien nur noch zwei Einzelfahrten bezahlen müssen, bevor unser Sohn in Zukunft dann seine Schülerkarte nutzen kann. Und bis dahin ist die ungdomskort hoffentlich per Post bei uns eingetroffen. Und bevor ich gleich einmal aufliste, was bis zu diesem Status alles nötig war, möchte ich ausdrücklich betonen, dass alle Menschen, mit denen ich zu tun hatte, sehr freundlich und hilfsbereit waren. Das gilt sowohl für die Mitarbeiterin beim borgerservice in Apenrade, für die Damen an der Hotline von Sydtrafik, für die Sekretärin der Schule in Apenrade als auch für alle, die uns als Zeugen für die nemID helfen wollten. Probleme hat mir das digitale System gemacht, nicht die Menschen, die dieses System bedienen. So, und jetzt einmal meine persönliche Zutatenliste „Was ich gebraucht habe, um eine Schülermonatskarte zu bestellen“:

– 58 Tage vom ersten Schultag (Antrag auf Personennummer) bis heute, – Knapp 150 km Autofahrt, um beim borgerservice in Apenrade die nemID zu bekommen (2 Fahrten), – 3 Zeug*innen für die nemID (der erste war zu jung, für die zweite gab es an dem Tag keine freien Zeiten mehr und mit der dritten hat es dann geklappt), – 17 nemID-Schlüssel (für jedes Einloggen ins System muss man neben Nutzername und Passwort auch einen individuellen Schlüssel eingeben, der sich auf einer Schlüsselkarte befindet – so wie bei den TAN-Listen, die es bis vor kurzem ja noch gab), – Kauf zweier Monatskarten zum regulären Preis von über 800 Kronen (die ungdomskort kostet 375 Kronen) . Vielen Dank Euch allen, die Ihr diese Geschichte bis hierhin wohlwollend und unterstützend begleitet habt! Kurzer Nachtrag: Am 26. Oktober kam die Busfahrkarte dann auch tatsächlich mit der Post an. – Torge Korff

 

Man muss heute smart sein – und nicht einfach nur intelligent. Dänische Kinder sind „um Klassen smarter“ als deutsche, versucht uns der Bericht Wissen II einzureden, denn die Schulen in Deutschland sind kaum digital. Es wird die neueste Icils Studie zitieren, die testet, wie Schüler im Internet recherchieren, wie sie Informationen digital verarbeiten, beziehungsweise selbst erzeugen, und da schneiden dänische Schüler viel besser ab als deutsche. Als Beispiel, wie es geht, wird ein dänische Lehrer präsentiert, der als IT-Coach eine dritte Klasse leitet. „Immer wenn eigentlich Mathematik auf dem Stundenplan steht, heißt die Aufgabe seit ein paar Wochen: Wir basteln uns eine Computerkonsole.“ Die Digitaltechnik wird demnach als wichtiger erachtet, als Mathematik, obwohl der Nutzen der Digitaltechnik im Unterricht noch von keiner Studie belegt wurde. Im Gegenteil: Viele Studien, angefangen von der OECD- über die PISA-Studie 2015 bis zu John Hatties Meta-Studie „Visible Learning“, zeigen nur Nachteile auf. Oder nehmen wir das Gutachten „Bildung 2030“ des Aktionsrats Bildung der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Hier wird eine Studie zitiert, der zufolge hiesige Grundschulkinder, die mindestens einmal wöchentlich Computer im Unterricht nutzten, in den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften sogar statistisch signifikant niedrigere Kompetenzen aufwiesen als diejenigen, die seltener als einmal pro Woche mit dem Computer hantierten.

Die Realität zeigt, dass Technologie in unseren Schulen mehr schadet als nützt. Vor diesem Hintergrund sind die immensen Anschaffungs- und Folgekosten für die Digitaltechnik, deren Produktion übrigens auch aus ökologischer Sicht mit Problemen verbunden ist, besonders kritisch zu sehen. In den USA und übrigens auch in Australien werden die Laptopklassen wieder aufgelöst, obwohl dafür Milliarden Dollar ausgegeben wurden. Bereits 2007 wurde darüber berichtet, dass US-Schulen die Laptops wieder abgeschafft haben, nachdem man feststellen musste, dass sie oft ablenkten und didaktisch keinen Nutzen hatten. Vor einigen Jahren sammelte John Vallance, Direktor einer der teuersten Privatschulen Australiens, die Laptops an seiner Einrichtung wieder ein. Seiner Auffassung nach seien die 2,4 Mrd. Dollar, die der Staat für die Bestückung von Schulen mit den digitalen Geräten ausgegeben hatte, eine „skandalöse Geldverschwendung“, nicht zuletzt weil die Schüler/innen alles Mögliche mit den Laptops gemacht hätten, nur nicht gelernt. Häufig wird auf Schulen in Finnland verwiesen, in denen es seit einigen Jahren „Tablet-Computer gibt, die sich quer durch alle Fächer ausgebreitet haben“. Es würden die tragbaren Geräte „den Schülern mehr Freude am Lernen“ bereiten. Auch würde „das Lernen kooperativer, und mit Tablets teilen die Schüler ihr Wissen besser miteinander“.

Nirgends wurden aber Kontrollklassen eingerichtet, in denen „rein analog“ unterrichtet wurde. Das wird einfach nicht gemacht. Und letztlich wird zwar immer das gleiche behauptet, nämlich dass Digitaltechnik mehr Spaß, mehr Kommunikation und bessere Lernerfolge bringt, doch belegt ist davon wissenschaftlich nichts. Im Übrigen erschöpft sich der „Spaß“ beim Umgang mit digitalen Geräten schnell, wenn die Schüler/innen in jeder Unterrichtsstunde am Display wischen und tippen. Auch merken Kinder schnell, dass sie im Unterricht zwar medial bespaßt, aber nicht wirklich unterrichtet werden.Unterricht an Schulen wird ja auch dadurch interessant, dass nicht alle Lehrerinnen und Lehrer den gleichen Unterricht machen und die gleiche (Medien-)Technik einsetzen. Nach den Forderungen der Kultusministerkonferenz zum Digitalpakt sollen aber alle Lehrkräfte für alle Schulen und alle Fächer Digitaltechnik einsetzen müssen. Dabei wird übersehen: Lehrer/innen müssen einfach unterrichten wollen und dafür brauchen sie Fachwissen und eine für die Lehrpersönlichkeit authentische Methodik, nicht Zwangsdigitalisierung und Zwangsstandardisierung über Fachinhalte hinweg. Unterricht wird fachlich, didaktisch und altersangemessen vorbereitet und gehalten. Medientechnik kommt ganz zum Schluss.

Auch muss in diesem Zusammenhang auf die neueste BLIKK-Medien-Studie 2017 verwiesen werden, die das Fazit zieht, dass die intensive Nutzung digitaler Medien bei Kindern etwa zu Sprachentwicklungs- und Konzentrationsstörungen führen kann. Wie die Studie weiter zeigt, ist die Digitaltechnik in Schulen didaktisch und lernpsychologisch unnütz bis kontraproduktiv und verschlingt dabei auch enorme Geldressourcen. Seit fast 30 Jahren wird von der Politik im Verbund mit der IT-Wirtschaft penetrant wiederholt, dass Schülerinnen und Schüler unbedingt an den jeweils aktuellen technischen Geräten arbeiten müssten, um Berufschancen zu haben. Das war schon so bei den ersten Computern im Jahr 1980 genau wie 1990 bei den Laptopklassen und auch im Jahr 2000 mit den Onlinerechnern und Web 2.0 und es ist auch heute so mit den Tablet- oder Smartboard-Klassen. Dabei geht es, da darf man sich nichts vormachen, letztlich um eines: Es soll Technik verkauft werden. – Dr. Bernhard Schuch

 

Die digitale Miesepetrigkeit im Schulwesen ist nichts anderes als Veränderungsaversion. Der Artikel von Martin Spiewak ist sehr treffend. Er beschreibt die Fakten aus neutraler Sicht, und doch wird die Problematik deutlich sichtbar. Es ist nämlich in der Tat so, dass Deutschlands Schulen in der Digitalisierung ganz gewaltig hinterherhängen, und das wird in allen Schichten des Schulsystems sichtbar. Als bayerischer Gymnasiast in der Oberstufe, kann ich den Inhalt des Artikels nur bestätigen. Jeder Mensch, der mit offenen Augen durchs Leben geht, weiß, dass Informationstechnologie der Baustein des 21. Jahrhunderts ist. Umso wichtiger ist es, jungen Menschen dementsprechendes Wissen auf den Weg zu geben. Damit wir mehr mit IT anfangen können, als bloß Buchstaben und Zahlen in Word und Excel einzutippen oder Kommentare und Bildchen auf sozialen Netzwerken zu posten. Das Programmieren muss zu einer Basisfertigkeit junger Menschen werden. Doch der Ruf der Informatik ist schlecht innerhalb der Schulen. Etwas zu programmieren, das schreckt viele Schüler zurück. Und das muss sich dringend ändern.

Wenn ich in meiner Funktion als Stufensprecher mich bei der Schulleitung nach dem aktuellen Stand der Digitalisierung kundig mache, bekomme ich einen heißen Brei vorgesetzt, der viel um das Thema herumredet und ich bekomme eine Vielzahl von Argumenten – natürlich gegen das Voranschreiten der Digitalisierung – vorgesetzt. Ich fühle mich, als würden mir quasi vorgefertigte Textbausteine – wie ich sie nur bisher nur aus Antworten auf Beschwerdemails kannte – vorgesetzt, wieso das mit der Digitalisierung doch keine so gute Idee ist. Doch für eine Schule mit über 1.000 Schülern sind zwei Computerräume einfach zu wenig, wo noch dazu sich zwei Schüler einen Computer teilen müssen. Die Programme sind veraltet und stürzen ab. Nach dem Hochfahren der Rechner werde ich mit Update-Pop-Ups bombardiert. Noch nicht einmal sind Browser wie Chrome oder Firefox installiert, für den Webbesuch wird der standardmäßige Windows-Explorer verwendet.

Die deutsche Miesepetrigkeit ist leider nichts anderes als die Veränderungsaversion: Statt Nutzen und Vorteile solcher Möglichkeiten zu erörtern, werden zuerst Punkte gesammelt, die gegen die Fortschreitung der Digitalisierung sprechen. Mir wird von Datenschutzproblemen und finanziellen Problemen erzählt. Doch einen unvoreingenommenen Blick auf das Thema gibt es nicht. Bei der momentanen Wiedereinführung des G9s wurde die Chance verpasst, das Potential der Informatik zu erkennen und diesem einem höheren Stellenwert als Schulfach zuzuschreiben. Unsere Kinder sind unsere Zukunft. Unsere Aufgabe als Gesellschaft ist es, unseren Kindern eine zeitgemäße Bildung mit auf den Lebensweg geben zu können. Deutschland verschläft hier seine Zukunft. Die Wettbewerbsfähigkeit im internationalen IT-Sektor wird in den kommenden Jahren deutlich abnehmen. Wir brauchen endlich kompetentere Informatiklehrer, die das Thema digitale Bildung unvoreingenommen betrachten und die Chancen und Vorteile der Digitalwelt nutzen. Denn die typisch deutsche „Miesepeter-Einstellung“ hilft heutzutage keinem weiter. – Alwin Wagner

 

Zu Ihrem Artikel „Um Klassen smarter“ in ZEIT Nr 46 S.45 fällt mir auf, dass ich folgendes vermisse: 1) „die Lehrer in Dänemark wurden schon 2001 in je 60 Pflichtstunden weitergebildet“ : a) während ihrer Unterrichtszeit? Fiel da nicht eine Menge aus? Wie wurde das mit den Teilzeitkräften geregelt, die ja Anspruch auf ihre freien Tage haben b) wie ist der Prozentsatz der Teildeputat-Unterrichtenden in Dänemark im Vergleich zu Deutschland? 2) Private Schülergeräte im Unterricht und Kommunikation mit Lehrern: Wie ist der Datenschutz in Dänemark geregelt im Vergleich zu Deutschland? 3) Digitale Übermittlung von Noten, Zeugnissen etc: Da gibt es durch den Datenschutz in Deutschland ja rigorose Einschränkungen. Ich entnehme Ihren Zeilen, dass Dänemark hier offener ist, vielleicht wie auch in Schweden, wo man das Einkommen des Nachbarn ja erfahren kann etc.

4) Sind die Patentanmeldungen in Dänemark pro Einwohner durch die bessere Digitalisierung des Unterrichts dann besser als in Deutschland ? 5) Wie sieht es schlussendlich mit der Lese- und Rechenkompetenz beim Eintritt in die Universität dort und hier aus, also „was kommt bei all dem hinten raus“ ? Nach dem Tenor Ihres Artikels müsste das doch sehr „smart“ sein. Geräte auf dem Tisch ist das eine, aber Denken und Lernen findet im Hirn statt, von dort wird Handeln der enzelnen gesteuert. Wie sieht das aus? Ihre Bemerkungen zur „Aufmerksamkeit“ im Unterricht , zum „Textverständnis“ lässt Dunkjles, aber Unausgesprochenes erahnen. Können Sie mich aufklären? – Alois Lienhard

 

Ihren Artikel „Um Klassen smarter“ in der ZEIT Nr. 46 habe ich mit großem Interesse aber auch mit der gebotenen Skepsis gelesen. Etwas zugespitzt ausgedrückt, gewinnt man den folgenden Eindruck: 1. In den Schulen Deutschland wird noch nach mittelalterlichen Methoden unterrichtet. 2. Rüstet man eine Schule digital aus, haben die Schüler keine Probleme mehr beim Erlernen des Stoffes. Da ich selbst 36 Jahre Mathematik, Physik und Astronomie an einem bayerischen Gymnasium unterrichtet habe und in den vergangenen Jahren auch immer wieder vertretungsweise an einem Gymnasium war, wage ich, Ihnen in Teilen zu widersprechen bzw. einige Dinge gerade zu rücken Zu 1.: Es stimmt, dass an deutschen Schulen nicht jeder Schüler in jeder Klasse einen Computer zur Verfügung hat, aber in der Regel ist in jedem Klasssenzimmer ein fest installierte Beamer und ein Computer vorhanden. Das bedeutet, dass man z.B. in den Fächern Mathematik oder Physik jederzeit den Unterricht mit Beiträgen aus dem Internet oder mit Video-Simulationen bereichern kann. Für Schülerrecherchen, die man ja nicht in jeder Stunde durchführt, stehen in der Regel zwei bis drei Computerräume zur Verfügung. Speziell im Physikunterricht können sich die Schüler mit ihren Smartphones in den zentralen Computer einloggen und selber durchgeführte Simulationen oder Versuche präsentieren. Viele Schulen, unter anderem ein Gymnasium im Landkreis Neu-Ulm, an dem ich vertretungsweise unterrichtet habe, haben sogar schon reine Laptop-Klassen, wo die Schüler auf ihrem Rechner Recherchen durchführen, Einträge festhalten oder jederzeit die Ergebnisse aus Partner- oder Gruppenarbeiten präsentieren können. Diese digitalen Medien sind natürlich, und da gebe ich Ihnen recht, motivationsfördernd und tragen, wenn man sie an der richtigen Stelle einsetzt, durchaus zum besseren Verständnis bei.

Auch bei den Lehrkräften hat übrigens die Digitalisierung Einzug gehalten: Alle Lehrer sind über ein Infoportal miteinander vernetzt und können sich miteinander austauschen. Lehrer des gleichen Faches können sich selbstverständlich in Fachgruppen digital unterhalten und sich gegenseitig Arbeitsmaterialien zuschicken. Noten werden nur noch in das Infoportal eingetragen, Zeugnisnoten werden digital berechnet, digital gefertigt und am Ende einer Leistungsepoche an die Schüler (in gedruckter Form) ausgegeben. Wie Sie unschwer erkennen, hat die Digitalisierung auch an bayerischen bzw. deutschen Schulen Einzug gehalten. Aber und damit komme ich zu 2.: Digitalisierung muss Grenzen haben, sonst stellt sich der gegenteilige Effekt ein: – Wenn Kinder wie z.B. in Finnland nur noch Druckschrift lernen und spätestens ab der dritten Klasse ihre Einträge in den Laptop eintippen, dann ist der Lerneffekt deutlich geringer, als wenn der Lernstoff handschriftlich eingetragen wurde. – Wenn Schüler in jeder Stunde im Internet Recherche betreiben, dann lässt die Begeisterung und die Motivation sehr schnell nach und es stellt sich ein Gewöhnungseffekt ein. Dies gilt bestimmt auch für dänische Schüler. – Sehr häufiger Gebrauch der digitalen Medien lenkt vom Sinn und Zweck einer Schule, dem eigentliche Lernen unter Anleitung eines guten Lehrers, ab.

Ganz allgemein hat ja die zunehmende Digitalisierung in unserer Gesellschaft doch die Folge, dass viele Schüler sich nicht mehr so gut konzentrieren können und damit nicht in der Lage sind, z.B. eine halbe Stunde am Tag Vokabeln zu pauken oder eine umfangreiche Flächenberechnung mit Hilfe eines Integrals durchzuführen oder sich in Goethes Faust zu vertiefen und die Charaktere der Hauptdarsteller harauszuarbeiten . Nachzulesen in Studien, die z.B. in den Büchern von Prof. Spitzer, der an der Universität Ulm lehrt, detalliert aufgeführt sind. Dazu sollten Sie die Klagen der Eltern hören, die berichten, dass ihre Kinder den ganzen Nachmittag am Smartphone „hängen“ und Hausaufgaben bzw. die Vorbeitung auf den nächsten Schultag nur noch Nebensache ist. Zusammenfassend möchte ich sagen: An der Digitalisierung kommen wir nicht vorbei, aber wir dürfen uns nicht, wie das meiner Meinung nach in Dänemark passiert, zum Sklaven dieser Medien machen, sondern wir Menschen müssen weiterhin festlegen, wohin die pädagogische Reise führt. – Joachim Keller

 

Der Kult um das Programmieren. Wieder werden achtjährige Schülerinnen gendergerecht mit Elektrokabeln beim Stecken und Löten gezeigt! Als ginge es bei der Digitalisierung der Schulen vorwiegend ums Programmieren und nicht ums Anwenden! Medienkompetenz und Informatik sind doch zweierlei. Warum werden sie immer in einem Atemzug behandelt, obwohl das Verhältnis doch in der Realität bei geschätzen 99,5% zu 0,5% . Ein dickes Lob auf jede Informatik-AG! Aber Online-Fähigkeiten gehören heute zum alltäglichen“survival“. Und die fehlen gerade! Die Hintergründe der Hexenküche sind zunächst nur Luxuswissen. Wenn Sie Führerscheinanwärter überwiegend nur in eine KFZ-Werkstatt schicken und die eigentliche Praxis vernachlässigen, herrscht auf den Straßen bald Anarchie. – Dr. Mara Nottelmann-Feil

 


 

 

Leserbriefe zu „Bahnfahrt mit Nebenkosten“ von Marcus Rohwetter und Jelka Lerche (Infografik)

 

Im Prinzip ist es sehr verdientsvoll, dass DIE ZEIT das Thema „Treibhausgas-Emissionen durch den Bau der Verkehrsinfrastruktur“ behandelt und dadurch die Klimaschutz-Diskussion bereichert. Denn bislang dreht sich alles nur um den Fahrzeug-Antrieb mit Treibstoffen aus fossilen Quellen und die dadurch freigesetzten Treibhausgase, aber nicht um die Klimakiller Beton und Bewehrungsstahl, die in den Straßen und Eisenbahnlinien und besonders in Tunnels und Brücken verbaut werden. Hierbei ist fast unbekannt, dass die Produktion von Zement und Stahl ungefähr denselben hohen Anteil am weltweiten Treibhausgas-Ausstoß hat wie die gesamte falsche Land- und Forstwirtschaft inkl. Waldrodung oder wie alle Kohle-, Öl- und Gas-Kraftwerke zusammen.

Deshalb bedeutet auch der kürzlich vom Umweltbundesamt gemachte Vorschlag, Kurzstreckenflüge durch den Ausbau der Bahnverbindungen zwischen Ballungsräumen überflüssig zu machen, dass man den Teufel mit Beelzebub austreibt. Denn neue Eisenbahn-Schnellstrecken und selbst zusätzliche Gleise entlang bestehender Trassen sind in unserem dicht besiedelten und von Straßen zerstückelten Land nur noch dann durchsetzbar, wenn sie weitgehend im Tunnel verlaufen. Doch durch die Herstellung des Betons und Bewehrungsstahls für diese Bauwerke fallen gigantische Treibhausgas-Mengen an. Dagegen benötigen Luftstraßen bekanntlich weder Tunnels noch Brücken, so dass große Mengen an Treibhausgas eingespart werden, die sonst in den Zement- und Stahlwerken freigesetzt würden, wenn man massiv in den Aus- und Neubau von Schienenstrecken investierte. P.S.: In den letzten Jahren habe ich mich intensiv mit dem Thema „Treibhausgas-Emissionen durch den Bau von Tunnels für Schiene und Straße“ beschäftigt. Hierzu habe ich u.a. die Studie „Quantifizierung der Treibhausgasemissionen des Projekts Stuttgart 21“ erarbeitet, deren Auftraggeber das „Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21“ war und die am 25.10.2017 abgeschlossen wurde. Außerdem habe ich schon mehrmals in Baden-Württemberg den Vortrag „Staatliche Förderung der Klimakatastrophe: Stuttgart 21 und andere Tunnelprojekte in Baden-Württemberg und in der Schweiz“ gehalten. Auf Wunsch sende ich Ihnen gerne den Abschlußbericht der genannten Studie sowie das Manuskript des Vortrags zu. – Karlheinz Rößler

 

Warum reden Sie in diesem Artikel die Bahn so schlecht. Auch das Auto benötigt Straßen, Tunnels und alles was drum herum alles gebaut werden muss und auch das kostet CO2.. – Sebastian Schmid

 

Das Thema Bahn muss jeden Tag auf die Tagesordnung. Ein Unternehmen d- hat die Bahn as wissentlich Steuergelder des Staates veruntreut und vor allem zweckentfremdet. Ein Unternehmen das juristisch belangt werden muss unter der Prämisse Hochverrat – Hochverrat am deutschen Volk in der Form des Betruges. Dieses Unternehmen handelt vorsätzlich kriminell. Kein Wunder, dass Fahrkartenkontrolleure angegangen werden weil sie gewalttägig werden und Fahrgäste unter Druck setzen. Es wird Zeit, dass der Bahnverkehr kostenlos werden muss. Die Gründe hierfür sollten bekannt sein. Seit Stuttgart21 handelt die Bahn im betrügerischen Sinne. Der Bahnhof ist nur ein Nebenprodukt – die Grundstücke im großen Areal des ehemaligen Güterbahnhofs sind wesentlich interessanter als der leidige Bahnhof. Hier sind mafiose Systeme und Strukturen an der Tagesordnung. Lösung – Privatbahn. Die sind einfach besser!!!!!!“ – Hans Emons

 

Alles „Für“ könnte so toll sein, gäbe es das „Wider“ nicht! Man/frau kann es drehen und wenden wie man/frau es will, immer „gasen“ diese blöden „CO2-Emissionen“ ganz krude dazwischen und aus, sie können es einfach nicht lassen. Die CO2-Gase sind eben flüchtig und immer auf der Flucht vor uns Menschen. „CO2 gehört in die Tonne“. – Klaus P. Jaworek

 

Welcher Lobbyist hat Ihnen denn diesen Artikel untergeschoben? Es ist ja unbestritten, dass die Infrastruktur der Verkehrsmittel und auch deren Produktion zu CO2-Emissionen führt und man kann auch darauf hinweisen. Ihr Artikel allerdings hinterlässt den Eindruck, dass man ja da noch viel mehr darüber nachdenken und erforschen müsste, bevor man dann wirklich „sinnvoll ökologisch“ handeln könnte. Also vielleicht dann in 2030 oder 2050. Es hätte ja schon etwas mehr Objektivität gebracht, wenn man anhand der Strecke Köln – Frankfurt die durchschnittlichen Passagierzahlen der Bahn nimmt und deren jährlichen CO2-Abdruck vergleicht mit der gleichen Anzahl von Passagieren im Auto- und Flugverkehr. Wäre die Recherche hierzu zu viel Arbeit gewesen? – Helmut Altenhofen

 

In einer aktuell von der Deutschen Bahn herausgegebenen Publikation steht geschrieben, daß die Bahn größtenteils ihren Eisenbahnfahrstrom selbst produziert. Und was heißt bei der Bahn die Umstellung auf regenerative Stromquellen? Ist dabei Windstrom gemeint, der auch für die übrigen deutschen Verbraucher als Stromquelle noch in den den Kinderschuhen steckt, obwohl schon im Jahr 2038 die konventionellen Kraftwerke (Atom, Kohle), die den Strom unter quasi idealen Bedingungen gleichmäßig erzeugen können, während die Windstrom-Menge vom Wetter abhängt, für immer abgeschaltet werden sollen. Ob mit Windstrom überhaupt 24 Stunden lang die elektrifizierte deutsche Wirtschaft aufrechterhalten werden kann, da an windschwachen Tagen sicherlich viel zu wenig Strom produziert werden kann als benötigt wird? Oder muß nicht viel eher der europäische Stromverbund uns in den großen Stromlücken mit ausreichend Energie (aus Atomkraft?) versorgen, da Windstrom eben nicht wetterunabhängig immer schön kontinuierlich auf einem bestimmten Level erzeugt werden kann? – Ein/e Leser/in

 


 

 

Leserbriefe zu „Jenseits des Glaubens“ von Michael Hampe

 

Dieter Henrich hat sich zu Habermas wie folgt eingelassen: „Habermas‘ Leistung verdient allgemeinen Respekt. … Das muss nicht daran hindern, ebenso deutlich zu sehen, dass er in philosophischen Grundfragen teils unselbstständig, teils zweideutig-ausweichend operiert. Das Philosophieren kann man also bei ihm nicht lernen.“ (Dt. Ztschrft. f. Philosophie, 1991). Michael Hampe zeigt, dass man auch Philosophiegeschichte bei ihm nicht lernen kann. Wenn man das auf höchstem argumentativen Niveau und doch für den allgemeinen Leser verständlich will, sollte man A.C. Grayling konsultieren (The History of Philosophy, Penguin Books 2019). Habermas hätte besser daran getan, auf Henrichs 12 Thesen gegen ihn (Merkur10/1985) endlich zu antworten. – Prof.Dr. E.M. Lange

 

Ich bin regelmäßiger ZEIT-Leser seit über 50 Jahren. Ihre Zeitung darf durchaus in Anspruch nehmen, einen Leserkreis mit sogenannter höherer Bildung besonders anzusprechen. Meine Bildung besteht aus Abitur und Universitätsstudium in BWL. Welche Leser sollen mit diesem Artikel angesprochen werden? Schreibt hier ein Philosoph für Philosophen? Wieviel % der ZEIT-Leser sind dies? Ist es nicht mehr das Ziel, das Werk eines besonderen Philosophen unserer Zeit so zu erklären, dass es auch von Nicht-Philosophen einigermaßen verstanden werden kann? Ich habe jedenfalls diesen Artikel resigniert zur Seite gelegt und mich in die Schar der Ungebildeten eingereiht (aber nur kurz!). Beste Grüße, verbunden mit der Hoffnung, dass in der ZEIT auch noch andere Erklärungsansätze für das Werk von Habermas erscheinen. – Hubert Klötzer

 

Wechseln Sie in Ihrem Aufsatz – insbesondere gegen Ende – nicht von der Perspektive des Philosophen zu der des Historikers? Kann denn die Gültigkeit (d.h. Plausibilität) einer Theorie des kommunikativen Handelns für einen Philosophen von deren möglicher Realisierung abhängig gemacht werden? – Dieter Wurm

 

Jürgen Habermas „beschreibt, wie Glaube und Wissen das menschliche Denken geprägt haben“. Es gibt eine Vorstellung, wir hätten das Christentum eine Zeit lang zu unserer Entwicklung benötigt, aber jetzt müssten wir uns alleine weiterentwickeln, zum Beispiel zu einem herrschaftsfreien Diskurs. Wenn der christliche Gott und seine Mitteilung nur Mittel zum Zweck waren, dann war er also gar nicht real. Die Überlieferung ist also erfunden, Einbildung oder Selbstbetrug. Wir hätten uns etwas vorgemacht. Dann wären diejenigen, die die Bibel verfasst hätten, aber schlechte Vorbilder, weil sie uns doch die Liebe zur Wahrheit nahebringen wollten. Das hätten sie dann mit Hilfe von Vortäuschungen und Lügen gemacht.

Bei objektiver Prüfung der Bibel nach heutigem Wissensstand stellt sich diese Voraussetzung jedoch als unhaltbar heraus. Der Namensvetter des Philosophen Jürgen Habermas, Professor Gary Habermas, z.B. hat in seinem Lebenswerk und in seinem Buch „Did the Resurrection Happen? (Hat die Auferstehung stattgefunden?)“ im Gespräch mit dem berühmten, die meiste Zeit seines Lebens atheistischen Philosophen Antony Flew die Historizität der Auferstehung nachgewiesen. Manche flüchten sich trotzdem in den Materialismus oder Naturalismus. Aber der kann die wesentlichen Elemente unseres Lebens wie z.B. Geist, Bewusstsein und Gewissen, das Leben selbst, die Mathematik, die Logik und die Naturgesetze, die Übereinstimmung zwischen unserer Beobachtung, unserer Vernunft und dem gesamten Kosmos nicht ursächlich erklären. Die christliche Überzeugung bietet jedoch die Beschreibung eines Schöpfers, der diese Elemente schlüssig sein lässt. Sie schließt auch den Bruch, der die Welt durchzieht, das Gute und das Böse, mit ein.

Einen sehr tiefgehenden und umfassenden Ansatz für unsere heutige Gesellschaft bieten in diesem Zusammenhang auch die Gedanken der äußerst vielseitigen und persönlich engagierten Philosophin Simone Weil, die ursprünglich Agnostikerin war. Als Zeitzeugin hatte sie sich mit dem Zweiten Weltkrieg auseinandergesetzt, einem Konflikt, der die Wurzeln menschlicher Werte erschütterte. Sie beschäftigte sich mit den Ursprüngen dieser Zivilisationskatastrophe und dachte über mögliche Auswege nach. Im abendländischen Machtbegriff Roms und Athens sah sie Ursachen und erkannte Lösungsansätze in einem Christentum, das hingegen frei wäre von machtpolitischem Streben. Die Sünden, die den Menschen von Gott trennen, seien Versuche, Löcher zu stopfen. Weil wir die Leere in uns nicht aushalten könnten, versuchten wir, sie mit allem Möglichen zu füllen, aber nur Gott selber könne die Leere ausfüllen. Wir hätten nur die Wahl zwischen Gott und dem Götzendienst. Wer Gott leugne, der bete irgendwelche Dinge dieser Welt an. Sündenerkenntnis sah sie als durchaus befreiende Botschaft und als eine realistische Erkenntnis: Es läuft nicht gut, es kann besser werden. Die – richtig verstandene – christliche Lehre von der Sünde könne eine große Quelle menschlicher Hoffnung sein. Sünde sei das verzweifelte Sich-Weigern, seine tiefste Identität in seiner Beziehung zu und im Dienst für Gott zu finden. Sünde heiße: ich versuche, ohne Gott mein Ich, meine Identität zu finden. Nach eindrucksvollen übernatürlichen Erfahrungen schrieb sie, sie hätte zuvorin allen ihren Überlegungen über die Unlösbarkeit des Gottesproblems nie mit dieser Möglichkeit gerechnet – dem realen Kontakt, von Person zu Person, hier unten auf der Erde, zwischen einem Menschen und Gott.

Es macht sicher Sinn, sich Gott zuzuwenden, der in der Geschichte durch den historischen Gott-Menschen Jesus und durch die Bibel zu uns gesprochen hat. Wir könnten vernünftige Freiheit finden. „Werden ,wir alle‘“, wie Professor Michael Hampe treffend fragt, „die Habermassche Erfolgsgeschichte der diskursiven vernünftigen Freiheit in uns aufnehmen? Oder werden die wie Pilze aus den politischen Böden schießenden Autokraten in einem globalen Faschismus die diskursive Vernunft zusammen mit der Gewaltenteilung als Intermezzo der Geschichte in der Versenkung verschwinden lassen?“ Der naturwissenschaftliche Reduktionismus scheint uns jedenfalls recht unvorbereitet gegenüber realen gesellschaftspolitischen Entwicklungen zurückzulassen. Manche Weltanschauungen beschreiben Gegebenheiten, die eben doch nicht so gegeben sind. Bei einer materialistischen Zufallsentwicklung gibt es keine zielführenden Prozesse. Die Entwicklung zum herrschaftsfreien Diskurs braucht aber eine Zielorientierung. Das Christentum bietet einen Rahmen für einen unterdrückungsfreien Diskurs mit konträren Positionen, weil es alle Menschen auf dieselbe Stufe vor Gott stellt, als Sünder, die Seine Gnade annehmen können und von Ihm zu Kindern Gottes gemacht werden. Damit wird dem Bruch in der Menschheitsgeschichte Genüge getan, aber auch Gerechtigkeit und Barmherzigkeit werden möglich, wenn man eine Umänderung des Denkens und Handelns im Geist der Bergpredigt als Prinzip anstrebt, um dem politischen und egoistischen Machtmissbrauch etwas entgegenzusetzen. Auf welcher Grundlage wir unsere Weltanschauung auch aufbauen mögen, immer wird sie ohne die Selbst-Vorstellung des realen Gottes nicht die ganze Wirklichkeit erfassen können. Ronald Knox beschrieb das kurz und knapp in einem Limerick:

“There was a young man who said ,God/Must find it exceedingly odd/To think that the tree/Should continue to be/When there’s no one about in the quad.’Und so stellt sich der Dichter die Antwort vor: „Dear Sir: Your astonishment’s odd;/I am always about in the quad./And that’s why the tree/Will continue to be/Since observed by, Yours faithfully, God.”Ich denke, größere Bescheidenheit könnte uns bei unserem Streben, demokratische Freiheit und Gerechtigkeit zu erhalten, sehr behilflich sein. – Gerhard Jahnke

 

Ein Genuss! Vielen Dank! – Volker Homann

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Hafermilchmänner“ von Nina Pauer

 

Zu Ihrem, hoffentlich ironisch gemeinten Beitrag unter dem Titel „Die Hafermänner“, möchte ich folgendes anmerken: Also nun mal ehrlich: Mann möchte man heute auch nicht mehr unbedingt sein.Nach dem allgemeinen Bashing gegen alte weiße Männer werden nun die leicht ins Pubertäre kippenden Hafermilchmänner lächerlich gemacht. Die Autorin fragt, was für eine Männlichkeit uns mit ihnen gegenübertritt. Ja doch wohl die, die Frau sich die letzten Jahre zurecht erzogen hat : bewusst mit ihrem Körper und ihrer Männlichkeit umgehend, achtsam mit sich selbst und ihrer Umwelt, um LIfe -Work-Balance bemüht und gar leicht feministisch angehaucht. Und schon passt es wieder nicht! Denn nun sitzt Frau „gereizt daneben“, weil ihr jetzt der Mann als “ Negativfolie, an der sie sich abarbeiten“ kann, verloren geht. Arme Kerle! Wie sie´s auch machen, sie machen´s verkehrt! – Mia Herber

 

Vielen Dank für wichtigen Artikel, den die InTouch nicht besser hätte recherchieren und schreiben können. Es ist ein Tabu-Thema mitten in unserer Gesellschaft und bestes Beispiel für passives Metoo, wenn Männer anstelle abends zu fressen und zu saufen, morgens lieber laufen gehen und so junge Praktikantinnen dazu bringen, ihnen auf den Arsch zu starren. –Andreas Henke

 

Die „neuen Männer um die vierzig“ sind mir bislang noch nicht aufgefallen, trotzdem haben mich Ihre „Hafermilchmänner“ bei meinem Morgenkaffee (Kuhmilch, laktosefrei) verwundert: In der extrem rechten Alt-Right-Bewegung gibt es den Kampfbegriff des „Soy Boy“, also Soja-Junge. Dieser wird herablassend für vermeintlich unmännliche Männer verwendet. Feminine Liberale, die verwirrt wie sie sind, zu Sojamilch und Tofu greifen statt wie es sich gehört zu Steaks und angeborener Dominanz. In ihrem Artikel greifen Sie das Denkmuster der Ultrarechten in Teilen auf, mit einer ganzen Seite im Feuilleton machen sie deren Spott salonfähig. Ganz ehrlich: Warum? –Florian Brendel

 

Es wird immer schwieriger und auch noch langschwieriger, das alles aus- und durchzuprobieren, was der „Markt“ gerade so im Angebot zu bieten hat. Der Trend-Mensch muss im Trend bleiben, sonst steht er irgendwie da, wie der tropfnasse „begossene Pudel“, als ein jammender „Jammerlappen“, der leider wieder einmal zu spät dran war, und der den Trend nicht nur versäumt, nein, der Trend wollte von ihm gar nichts wissen. – Riggi Schwarz

 


 

 

Leserbriefe zu „Wer einmal flog“ von Christoph Dieckmann

 

Ihren Beitrag habe ich aufmerksam gelesen. Zur Erklärung meiner nachfolgenden Meinungsäußerung zu diesem Thema: ich habe die DDR von Anfang an, als Schüler, Student und Ingenieur erlebt und von dieser Warte viele Einblicke in den Alltag der Wirtschaft gehabt. Vor diesem Hintergrund erlaube ich mir, Ihnen meine Meinung zu Ihren Befindlichkeiten darzulegen. Ich halte es für unabdingbar, bei der Betrachtung von Problemen zuerst diedazugehörenden Fakten zu benennen, alle, vorurteilsfrei und ungefiltert. Danach kommen die Bewertung, die Moral und die Gesinnung. Leider wird dieser Grundsatz oft missachtet und durch allgemeine Polemik und Meinungsdiktat ersetzt. Die von Ihnen im Zusammenhang mit dem Mauerfall-Gedenken angeführten Fakten (Brocken versperrt, Mauer ein Verbrechen, ineffektiver Sozialismus, bedauernder Blick vom Westen auf die Bernauer Straße) passen m. E. nicht zu Ihrer verallgemeinernden Bewertung. Die Geschichte der DDR auf allgemeine Schlagworte wie „ineffektiver Sozialismus“, „Mauerbau war ein Verbrechen“ und „ Mauerfall“ (gleichsam als Naturereignis) zu reduzieren, ist in meinen Augen eine Verharmlosung. Wo bleibt Ihre Menschlichkeit, wenn Sie bei der Erwähnung der Mauer nicht die Menschen erwähnen, die dort erschossen wurden, wenn Sie sich nicht an die politischen Gefangenen erinnern.

Zu den Fakten des Lebens in der DDR gehört z. B. im Oktober 1989 die Weigerung des Stabes der Seestreitkräfte in Rostock, Soldaten nach Berlin zu verlegen. Er beantwortete diese Mobilmachung sinngemäß damit, dass die Partei mit dem Volk reden müsse, wenn sie mit diesem Probleme habe. Das sei keine Aufgabe für die Volksmarine. „Leitende Genossen des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) hatten die Zustände in der DDR längst erkannt, vielleicht noch ein wenig bedauert, dann jedoch nach dem 07.101989 im krassen Widerspruch zur Aufgabenstellung ihres Ministeriums sehr schnell und entschlossen gehandelt. . So wurde bereits am 26.01.1990eine Vereinbarung über die Privatisierung des Technikparks einer 1985 erbauten Kaserne dieses Ministeriums unterzeichnet und ein General des MfS zum Geschäftsführer des neuen Unternehmens bestimmt. Angesichts des zu diesem Zeitpunkt einmaligen Aktes war das keine spontane Vereinbarung. Die Beteiligten von „Horch u. Guck“ kannten die Fakten, die Verfassung der DDR und ihre dienstlichen Aufgaben. Am 07.10.1989 wurde noch auf Demonstranten eingeprügelt und drei Monate später wurde das vom MfS zu schützende Volkseigentum bereits ohne einen Pfennig zu Privateigentum.

Sie standen offensichtlich im Dienste der Kirche und konnten sich dort in einer Nische einrichten. Sie wurden sogar in den kleinen Kreis der privilegierten potentiellen Reisekader für das „kapitalistische Ausland“ aufgenommen. Nicht nur dadurch blieb Ihnen ein wesentlicher Teil der Realität des Lebens in der DDR verborgen. Der Mantel des Schweigens über alle Fakten, die nicht in die politische Linie der SED passten, verhinderte das Bekanntwerden der ganzen faktenbasierten Wahrheit. Der gedankenlose Umgang mit Andersdenkenden zeugt von einer sehr einseitigen, parteilichen Wahrnehmung der Wirklichkeit. Begriffe wie „rituelle Freiheitsjauchzen“, „Sekt- und Trabi-Ekstasen“ verhöhnen die Gefühle von Menschen, die einen anderen Alltag, andere Fakten erlebt haben als Sie. Es verletzt mich tief, wie Sie mit diesen Menschen umgehen. Sie können sich offenbar nicht vorstellen, dass die Erfahrungen vieler Menschen außerhalb Ihrer Wahrnehmung völlig anders waren als Ihre eigenen und diese ihren Gefühlen freien Lauf ließen? Mit allgemeinen Schlagworten lässt sich die Tatsache des als Mauerfall bezeichneten friedlichen Zusammenbruchs der hoch gerüsteten DDR nicht erklären. Hatte doch dieser Staat eine halbe Million Menschen unter Waffen. Sie wurden verharmlosend als „bewaffnete Organe“ bezeichnet. Dazu gehörten die NVA, die Volksmarine, die Grenztruppen, die kasernierte Bereitschaftspolizei, die Transportpolizei und die Kampfgruppen der Parte. Selbst diesen Menschen waren mehrheitlich die alltäglichen wirtschaftlichen Probleme bewusst. Ihre Sprache erinnert mich ein wenig an Polemik, Agitation und Propaganda vergangener Zeiten.

Was heisst „ineffektiver Sozialismus“? Der real existierende Sozialismus war den vielseitigen Aufgaben der gesellschaftlichen Entwicklung in ihrer Komplexität nicht gewachsen. Einerseits sehr umfangreicher Wohnungsneubau, „Leuchttürme“ der Industrie, andererseits Verfall der vorhandenen Bausubstanz, der Industrieanlagen (z. B. Bitterfeld, Zwickau), der Straßen, Autobahnen und der Bahn. Dieser Widerspruch war vielen Bürgern bekannt und erklärt den Mauerfall. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich mich mit Ihrer Feststellung, Sie wurden Europäer , auseinandersetze. Europäer zu sein, ist eine sehr kühne Behauptung. Es wird wohl eher ein Anspruch im Denken als ein realer Tatbestand sein. Selbst der in Frankreich und Deutschland lebende Daniel Cohen-Bendit lebt nur „binanional“, nicht europäisch. Ihn als Europäer zu bezeichnen, wäre eine Anmaßung, weil dadurch Europa und die Europäer auf Frankreich und Deutschland beschränkt wird. Wer in europäischen oder globalen Dimensionen denkt, ist als Person noch lange kein Europäer oder Weltbürger. Für mich ist das ein Zeichen dafür, sich über die Vielfalt des Kontinents bzw. der Welt zu erheben und die Vormundschaft für Europa und die Welt zu beanspruchen. Diese Selbstzuschreibungen sehe ich als Selbsterhöhung, persönliche Abgrenzung von der Allgemeinheit und Herabsetzung derjenigen, die die eigenen Meinung nicht teilen.

„Endlich“, endlich haben Sie Ihr Selbstbewusstsein als Ostdeutscher wiedergefunden. Dazu beglückwünsche ich Sie. Ich denke, wer sich seiner Identität nicht bewusst ist, schwankt haltlos an der Oberfläche der Beliebigkeit. Seit meiner Geburt war und bin ich natürlich Ostdeutscher und kein Nord-, Süd- oder Westdeutscher. In Gesprächen mit Menschen in Westfalen, Hessen, Niedersachsen, im Schwarzwald, an der Nordsee, in Polen, Frankreich, Belgien oder den Niederlanden, ging es immer um Fakten und nicht um Polemik, um Agitation oder Propaganda. Das erfordert natürlich Faktenwissen. Dann ist immer eine Verständigung möglich. Die aristokratische Herrschaft des jeweiligen Generalsekretärs der SED und deren Konsequenzen waren zu keiner Zeit gerechtfertigt und gehörte bis heute .nie zu meiner Identität. Das drastische Bedauern des Berlinbesuchers aus Bayern konnten Sie offensichtlich nicht wirklich einordnen. Diesem Bedauern lagen aus seiner und auch aus meiner Sicht Fakten zugrunde, die Ihnen unbekannt waren und möglicherweise noch sind. Viele Bürger in der DDR bedauerten ihre Situation und flüchteten, Andere wurden ausgewiesen. Nur Honnecker bedauerte das nicht.

Der allgegenwärtige, mehr oder minder starke psychische Druck der SED in allen Bereichen der Gesellschaft betraf Sie sicherlich nicht direkt und unmittelbar. Als Student des theologischen Sprachenkonvikts hatten Sie möglicherweise einen relativ unbehelligten Freiraum in der DDR. Das Verhältnis Staat / Kirche war klar geregelt. Es hieß „ stillhalten“. Sie genossen einen gewissen Schutz der Kirche und wurden daher offensichtlich nie vor die Alternative gestellt, nach 35 Berufsjahren entweder in die SED einzutreten oder den Arbeitzplatz zu verlieren. Wahrscheinlich hat Ihnen diese Partei nie die berufliche Entwicklung in einem anderen Betrieb verwehrt, indem sie dem Betriebsdirektor dieses Betriebes hohe Strafen androhte, für den Fall, dass er Sie einstellen würde. Was wollten Sie eigentlich verteidigen, damals auf der Westseite der Mauer und des Todesstreifens. Es war nicht der Staat DDR, sondern „die Heimat – das Land“. Das Bedauern des Bayern galt nicht dem Land, sondern den Menschen. Obwohl Sie deren Befindlichkeiten nicht kannten, fühlten Sie sich als deren Repräsentant. Das rituelle Freiheitsjauchzen, der reproduzierte »Wahnsinn!«, die Sekt- und Trabi-Ekstasen sind totgesendet. Die Leugnung der Probleme in der Breite der Wirtschaft der „größten DDR der Welt“ beherrschte nicht nur die Partei und den Staat. Sie war ebenso in jedem Betrieb, in jeder Familie spürbar. Das prägte das Dasein der Mehrheit der Ostdeutschen. Angesichts der Komplexität des Themas war ich nicht in der Lage, meine Meinung in kürzerer Form zu fassen. Das bitte ich, mir nachzusehen. – R. Schmolling

 

Hervorragend ist der Artikel „Wer einmal flog“ von Christoph Dieckmann. Dazu ein Versuch meines Nicht-Wessi- und Nicht-Ossi-Blickwinkels. Nur Michail Gorbatschow („Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“) machte den Mauerfall möglich. Kein Deutscher. Alles in diesem Zusammenhang wurde von Gorbi verursacht. Jedoch : In Russland war er anfangs als „Totengräber“ der Sowjetunion verhasst. Beim Zusammenführen der beiden Staaten blieb die Frage offen, ob die Würde (!) der 71 Prozent DDR-Bürger gewahrt wurde, die meinten, dass die DDR „ein souveräner Staat bleiben“ solle. (DER SPIEGEL 51 / 1989. SPIEGEL/ZDF-Umfrage in der DDR) Der Westen hätte m.E. diesen 71 Prozent der DDR-Bürger bei deren Zielen helfen müssen. Es wäre doch normal gewesen, dass der große Bruder dem kleinen Bruder bei Bedarf hilft. – Volker Freiesleben

 

Revolutionen 1989: Deutschland schuldet seinen Nachbarn Dankbarkeit. Viele Menschen Osteuropas haben entscheidend dazu beigetragen, die Teilung des Kontinents zu beenden. Die Deutschen sollten daher Brückenbauer zwischen Ost und West sein.Es waren auch viele Länder gegen die Freiheit der Deutschen fast alle.Wochenlang wurde über den Mauerfall berichtet.Aber Michail Sergejewitsch Gorbatschow wurde nicht eingeladen das haben Medien und Politiker in Deutschland peinlichst vermieden schämt euch. – Ein Wessi

 

30 Jahre danach, da dürfte wohl das „Begrüßungsgeld“ komplett ausgegen worden sein. Der „Mauerbau“, der geht nach dem deutsch-deutschen „Mauerfall“, ungebremst und irgendwie (nicht nur in den Köpfen) weiter, trotzdem haben die (deutsch-deutschen) Sektkorken laut geknallt. Die „Einheits-Party“ hat vorerst ausgefeiert, die Lichter bleiben an oder gehen (teilweise) wieder aus! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Weniger Härte gegen Schwache“ von Mark Schieritz

 

Ich bin Rentnerin, 81, selbständig und abhängig tätig gewesen und in fast allen „Schichten“ in D zu Hause. Was mich beklemmt ist die Tatsache, daß sowohl „Gar-Nicht-Bedürftige“ als auch „Gut-Versorgte-Mittelständler“ als auch und vor allem „Beamte“ selbst in gehobenen Positionen m e i n e n, daß Sozialleistungen wie Kitagebühren, Kuren und Rehabilitationen und Leistungen über unsere in D vorbildlichen ärztlichen Versorgungen hinaus (es waren einmal auf Rezept 2 Brillengestelle pro Jahr möglich und mußten dann selbstverständlich in Anspruch genommen werden wie z.B. auch verschriebene Physiotherapien, die allwöchentlich zur Massage umfunktioniert werden konnte und sehr viele andere Dinge mehr) auch dringend in Anspruch genommen werden müssen, wenn das nach den §§ erlaubt ist. Freiwillig einmal auf etwas zu verzichten oder selbst zu bezahlen, was ja m.E. vom Gesetz her für die wirklich Bedürftigen gedacht war, kommt wohl in der heutigen turbokapitalistischen Zeit gar keinem mehr in den Sinn.

Aus diesem Grund kann ich nicht anders als sowohl auf der Bedürftigkeitsprüfung bei der Grundrente als auch bei gewissen Sanktionen bei Hartz IV auf Gesetze zu hoffen, die Auswüchse zu verhindern versucht. Für die keineswegs uninformierten Dummköpfe in unserer zu bewahrenden Demokratie wünsche ich mir einmal einen ausführlichen Artikel, der nicht alleine die auch zu thematisierende Ausnutzung unserer Sozialsysteme durch Ausländer aufzeigt. – Ingrid Schröter

 

Die Menschenwürde ist eine verdienstlose Anerkennung und sie ist ausnahmslos richtig. Sie ist unbezahlbar – und eben deshalb müssen wir sie (uns) leisten können. Daher weist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Hartz-IV-Sanktionen zwar in die richtige Richtung, es bleibt dennoch sozial unvollendet. Denn der Terminus Existenzminimum darf kein zynischer Euphemismus sein, der per mannigfacher Kürzung nicht nur in vita reali, sondern eben de jure unterlaufen wird. Der Gesetzgeber sollte zudem gänzlich von der Negativierung des Forderns durch Sanktionierung Abstand nehmen. Zumal die Auswirkungen der bisherigen Forderungsregelungen nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnissen weder für den Einzelnen noch gesamtgesellschaftlich als zielführend beschrieben werden können.

Es braucht vielmehr eine Positivierung des Forderns; durch die Gewährung eines „echten“, garantierten Existenzminimums und der Möglichkeit, Motivationen durch Leistungsprämien zu fördern. Darüber hinaus braucht es für nachhaltigen sozialen Frieden, Kernelement jeder funktionierenden Gesellschaft, freilich eine Human-Politik mit konstruktiv aufeinander abgestimmten Komponenten, die bei Bedarf für alle gleichermaßen verständlich wie unbürokratisch sind und sinnvoll Wirkung entfalten. Zwar können wir diesem überaus komplexen Anspruch mitunter unterliegen, nichtsdestotrotz müssen wir uns dieser Aufgabe höchst begründet und unentwegt stellen. – Ira Bartsch

 

Wo bleibt in dieser Diskussion eigentlich, wenigstens als Randnotiz, der Appell an Eigenverantwortung? Jeder kann dich eine zu erwartende Rente jederzeit ausrechnen lassen und jeder weiß, dass Altersvorsorge langfristig angelegt sein muss. Ist es nicht auch do, dass viele blind darauf vertraut haben, dass ihm die arbeitende Bevölkerung dann auf den Steueraufkommen unter die Arme greifen? Fatalismus auf Kosten anderer sollte nicht durch Geld und nicht durch sozialromantische Narrative belohnt werden! – Uwe-Carsten Edeler

 

Ein gutes Foto, aber mir erschließt sich der Zusammenhang zum Inhalt des Artikels nicht. Und – vor allem – ich bin ein Freund der regelhaften Benutzung: Der gezeigte Weg ist nicht der vorgesehene. In Hamburg gibt es viele Brücken. Und auch viele Verrückte. Wollen Sie die auf Ideen bringen? In dieser unser grenzüberschreitenden Zeit, wo sich keiner mehr an Regeln hält?!? Ich konnte es selbst schon einmal beobachten, wie jemand – für ein Foto – so einen Brückenbogen erklomm. Wie immer werden Unfallkosten dann auf die Allgemeinheit umgelegt. Und das nervt mich erst recht. – H. Krausz

 


 

 

Leserbriefe zu „»Was ist eigentlich Widerstand, HerrBischof?« »Eine innere Haltung! Für die ich öffentlich eintrete und Risiken in Kauf nehme«“. Gespräch mit Wolfgang Huber geführt von Evelyn Finger

 

Die Frage von Evelin Finger, was Widerstand heute bedeuten kann, bleibt in dem Gespräch mit Wolfgang Huber eigentümlich offen. Trotz Wolfgang Hubers kategorischer Forderung: „Wir haben unbedingt Widerstand nötig“. Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat und haben eine Fülle von geschützten Freiheitsrechten. Ja, wir sollten als Staatsbürger ausgiebiger von diesen Rechten Gebrauch machen. Deren Ausübung ist dann aber nicht Widerstand. Oder man banalisiert Widerstand als Überwindung des inneren Schweinehunds oder der Trägheitsgesetze. Auch nicht alles, was Mut erfordert – z.B. eigene Denkmuster zu überwinden oder eine Position – ggf. gegen den „Mainstream“ klar und offen zu beziehen – ist Widerstand. Widerstand war und ist in Diktaturen eine ganz besondere Kraft: Unter den Umständen einer allmächtig auftretenden Staatsgewalt nicht anders zu können, als – vielleicht sogar unter Gefahr des Verlustes von Freiheit oder gar Leben – im Kontrast zu einem alles durchdringenden Anpassungsdruck den Geboten des eigenen Gewissens zu folgen.

Gerade eine historische Sicht erlaubt die Einordnung des Widerstands in unsere Demokratietradition und verankert diese in ein starkes Fundament menschlicher Größe. Ohne diese Einbindung besteht das Risiko von zynischen Vereinnahmungen – z.B. im Sinne eines „Widerstands“ gegen das „linksgrün versiffte Gutmenschentum“, wie wir das auch mit der Inanspruchnahme der Friedlichen Revolution im Sinne der „Vollendung der Wende“ erleben. Freilich, auf einer anderen Ebene: Wenn wir den totalen Verblendungszusammenhang sehen, in dem wir leben, dann wäre Widerstand gefragt. Von wem aber sollte der kommen? Vielleicht können wir hier von Dietrich Bonhoeffer lernen. – Reinhard Koine

 

Von Dietrich Bonhoeffer hätte die protestantische Kirche lernen müssen, in der DDR gegen die fortgesetzte Verfolgung der Zeugen Jehovas laut (ohne Gefahr für Leib und Leben) zu protestieren. Ein halbes Hundert Zeugen, die bereits im 3. Reich inhaftiert waren, sind in den Haftanstalten der DDR „gestorben“. Sowohl diese Kontinuität als auch das beredte Schweigen der Katholischen Kirche und der Protestantischen Kirche (die ja beide schon mit der Gestapo zum Zwecke der „Verfolgung“ der Zeugen Jehovas zusammengearbeitet hatten) kann man sich, wie die Zeugen Jehovas, nur mit dem Wirken Satans in dieser Welt erklären. Dass die Kumpanei mit der Gestapo und das anschließende Schweigen zur Verfolgung der Zeugen in der DDR auch heute noch nicht der Rede wert ist, ist einfach niveaulos. – Klaus E. Margraf

 

Wolfgang Huber als ehemaligen “Chef der deutschen Protestanten” zu bezeichnen, mag ZEIT-geist-typisch erscheinen. Dennoch wählen Protestanten aus ihrer Mitte einen Repräsentanten! Diesen als “Chef” zu titulieren, verkennt das demokratisch-protestantische Weltbild und die vielfältigen Herausforderungen zu individueller Verantwortungsübernahme, die diesem Interview zu entnehmen sind. – Prof. Dr. Udo Wilken

 

Herr Huber macht sich Sorgen um die 20 Prozent der Antisemiten in der Bevölkerung. Bürger, die sich den Rechtspopulisten zuwenden. Das ist eine Aussage, die wenig mit der Lebenswirklichkeit zu tun hat. Das Schimpfwort „Jude“ sagen die Schüler mit Migrationshintergrund. Und es sind weit mehr als 20 Prozent. Aber auch wenn es dort zum guten Ton gehört, den Juden den Tod zu wünschen, die AFD würden sie nicht wählen. Eher die Grünen. Ist Ihnen das nicht bekannt? Das Herr Huber diese Dinge nicht wissen kann ist klar, ein Mensch in seiner Position verkehrt nicht in Neukölln. Aber Sie, die Medienschaffenden, kennen sie nicht unsere Bürger mit muslimischem Glauben/Hintergrund? Warum wird der zunehmende Antisemetismus durch die Ausländer/ Menschen mit Migrationshintergrund uns deutschen Bürgern angelastet? Das macht wütend. – C. Hofmann

 


 

 

Leserbriefe zu „Ist die historische Verantwortung für alle Deutschen gleich hoch?“ Streit von Asal Dardan et al.

 

Rätselhaft, wieso der gestandene Journalist Fabian Wolff unwidersprochen behaupten kann, die Alliierten „haben nicht gegen Hitler gekämpft, weil Juden ermordet wurden“ – was stimmt – , „sondern weil Deutschland ihnen den Krieg erklärt hatte und sie sich selbst verteidigen mussten“ – was nicht stimmt: England samt Empire (und damit Weltkrieg) und Frankreich haben am 3. September 1939 Deutschland den Krieg erklärt, unter dem Vorwand des Beistands für Polen, der nie geleistet, Polen stattdessen nach dem Sieg (dazu die Hälfte Deutschlands) der UdSSR geschenkt wurde. Sogar Polen hatte bereits im März 1939 Deutschland für den Fall des Griffs nach Danzig – das nicht zu Polen gehörte, gemäß nationalem Selbstbestimmungsrecht aber zu Deutschland – den Krieg erklärt und teilmobilgemacht, am 23. August, dem Tag der Abreise Ribbentrops nach Moskau, heimlich den Rest seiner Truppen mobilisiert (und mit der Deportation der deutschen Minderheit begonnen). Yehuda Bauer (Jews for Sale, S. 32) konstatierte: „Der Krieg, den Hitler wollte, war nicht der, den er im September 1939 bekam… Mit Sicherheit wollte er nicht gegen die Briten kämpfen.“

Fabian Wolff provoziert einen unkonventionellen Gedankengang: Der Krieg, den der kriegssüchtige Hitler wollte und der den Gefreiten zum Oberbefehlshaber machte, war der Griff nach „Lebensraum“ (aus Mangel an Agrarfläche, Lebensmitteln), der aber für keine seiner Angriffs-Operationen der Auslöser war. Die erfolgten präventiv, was den hochkriminellen Gewaltherrscher nicht entschuldigt, aber seine Schuld halbiert: Gegen Belgien, die Niederlande, Norwegen, Jugoslawien, Griechenland – keine gewünschten Lebensräume – kam er eingeleiteten feindlichen Offensiven zuvor, wahrscheinlich auch gegen die UdSSR. Und die USA hatten 1941 sogar mit den Kampfhandlungen angefangen. Die Schlußfolgerung lautet: Es war Deutschland, das sich selbst verteidigte, womit das deutsche Volk. das sich in der letzten freien Wahl 1932 mit zwei Dritteln der Stimmberechtigten den Nazis verweigert hatte, erst zur Hinnahme seiner diktatorischen Regierung motiviert wurde. – Fritjof Meyer

 

Das Streitgespräch zwischen Frau Dardan, Herrn Hermsmeier und Herrn Wolff erregte mich sehr. Ich möchte betonen, dass es mir angesichts der an den Juden begangenen Verbrechen den Atem verschlägt. In einigen Punkten weiche ich jedoch von der gängigen Meinung ab. Jede Nachfolgegeneration trägt die Verantwortung dafür, dass das Erinnern nicht aufhört und dass sich die Geschichte niemals mehr wiederholt. Schuldig fühlen kann und will ich mich nicht, denn ich habe diese Taten nicht begangen. Die Schuld muss dort belassen werden, wohin sie tatsächlich gehört. Die Deutschen sind nicht ein Tätervolk, sie sind zu Gutem UND zu Bösem fähig. Ich gebe zu bedenken, dass sich ein ähnliches System jederzeit wieder etablieren könnte, und zwar überall auf der Welt. Diese Verbrechen wurden von Menschen begangen, nicht von den Deutschen.

In diesem Zusammenhang möchte ich exemplarisch an das Massaker von Srebrenica erinnern. Bezüglich des Umgangs mit eigener Vergangenheit und Verantwortung verweise ich auf die Reaktionen der Türkei im Hinblick auf die Armenien-Resolution. Nun muss ich einen Bogen schlagen, hin zu weiteren Opfern der NS-Zeit: Kranke und Behinderte, in deren Sprachgebrauch „leere Hüllen“. Als davon betroffene Person – auch ich hätte unwertes Leben in den Augen der Nationalsozialisten dargestellt – wäre ich sehr wahrscheinlich ebenfalls in einem Todeslager gelandet. Heutzutage darf ich leben, dennoch steht es um die Inklusion nicht sonderlich gut. Die Menschen feiern sich für ihr Gutsein, wenn sie jedoch mit Krank- oder Schwachsein konfrontiert werden, dann zeigt sich, besonders in der Arbeitswelt, die Fratze der Zivilisation. Man wird oftmals ausgegrenzt, es werden ungerechtfertigte Unterstellungen und Vorhalte gemacht, man bekommt mitunter nur minderwertige Jobs und es wird einem, immer wieder, das Menschsein sowie das Recht auf Unversehrtheit – manchmal sogar auf das Leben – abgesprochen.

Auch wenn es Verordnungen über den Umgang mit Menschen mit Behinderung gibt, oft werden diese ignoriert oder nur unvollständig angewendet. Im Laufe meines Erwerbslebens – ich wurde zwischenzeitlich in den vorzeitigen Ruhestand versetzt, was Segen und Fluch zugleich ist – musste ich vieles ertragen. Am nachhaltigsten haben mich aber die alltägliche Ausgrenzung sowie die Beleidigungen der Kollegen („scheiß Behinderter“, „hätte dein Vater dich nur erschlagen“, „hätte dein Vater besser mal gegen den Baum gewichst“ usw.) beeindruckt. Anwesende Zeugen erklärten, sie hätten davon nichts mitbekommen. Man unternimmt daher nichts, versucht zu kompensieren. Als „bemakelte“ Person steht man vor einer übermächtigen Wand, ist aus vielerlei Gründen unfähig zur Gegenwehr. Eine weitere Geschichte begleitet mich: Ich habe, als ich ca. 15 Jahre alt war, verhindert, dass eine johlende Meute einem offensichtlich behinderten Jungen Urin zu trinken gegeben hat. Mir ist, nun zum Streitgespräch wieder zurückkehrend, unklar, warum auch hier, in diesem Interview, immer in Kategorien und nie in Variablen gedacht wird. Die Einteilung in Juden, Araber, Deutsche, Behinderte, Gesunde, … hilft uns doch nicht weiter.

Ist es nicht vielleicht gerade dieses Einteilen, und das Festhalten an diesen Kategorien, was die bestehenden Konflikte am Laufen hält? Eint uns nicht das Menschsein, wobei es im einen diese Gestalt und im andern eine andere annimmt? Dürfen wir uns eine einzelne Gruppe, aufgrund der Zahl der Getöteten, herauspicken und diese exponieren? Ein derartiges Unterscheiden und Aufsplittern von Opfergruppen kann und darf sich eine Gesellschaft nicht leisten. Wir sollten uns daran erinnern, dass Verbrechen an der Menschheit – am Menschsein! – begangen wurden. Abschließend möchte ich sagen, dass die Vergangenheit sich nicht ändern lässt. Sie kann uns „nur“ Mahnung sein – wenn wir die Dinge im Hier und Jetzt anpacken. –Volker Kaufmann

 

Keiner der heutigen Deutschen, weder die hier geborenen noch die eingewanderten, tragen Verantwortung für die Untaten während der Hitlerdiktatur! Keiner von ihnen vermag zweifelsfrei zu behaupten, daß er in diesem totalitären System Widerstand geleistet hätte oder doch Mitläufer geworden wäre! Jeder von ihnen aber muß sich der deutschen Geschichte stellen, ihren hellen und dunklen Zeiten, und Verantwortung dafür übernehmen, daß die dunklen Zeiten jetzt und künftig Geschichte bleiben! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Was träumte Descartes?“ Rede von Dieter Thomä, Gegenrede von Sigmund Freud

 

Die Ausführungen beider Autoren übergehen bei dem Stichwort „Traum“ bei Descartes einen für die damalige (und nicht nur diese) Zeit einen wesentlichen Aspekt:Traumdarstellungen alsliterarische Tradition. Man braucht nur die ersten Kapitel des „Simplicissimus“ von Grimmelshausen (einem Zeitgenossen Descartes‘) zu lesen, um die „Machart“ eines damaligen „Traums“ zu begreifen: Über vier (!) Kapitel hinweg „träumt“ der tumbe Tor einen geradezu durchkonstruierten Traum, der unter anderem in dem „Ständegleichnis“ (der Junge hat in der Wildnis nur Bruchstücke von der Welt da draußen erlebt) mündet, welches die Ungerechtigkeit der Welt „erklärt“. Das alles geschieht in einer zusammenhängenden Form (auch Verse werden eingeflochten) von ungewöhnlicher Dauer, ohne die in „richtigen“ Träumen erlebbaren Brüche und Ungereimtheiten – psychologisch absolut nicht nachvollziehbar. Der Traum ist hier (und wohl auch wenige Jahre zuvor bei Descartes) ein Stilmittel des Autors, welches ihm wie bestellt im erzählenden Rückblick seine eigene Weltdeutung aufwertet und auf tiefere Erkenntnis verweist, wie es in der biblischen Tradition üblich ist. Da braucht man nicht die Psychoanalyse und auch nicht den Begriff „Traum von oben“ zu bemühen, welcher, grob gesagt, den Einfluss starker Gedanken auf die Traumwelt suggeriert. – Das alles sagt jetzt nichts über die philosophischen Grundgedanken Descartes‘ , außer dass (wie sehr oft) revolutionäre Gedanken in einem recht traditionellen Gewand daherkommen… – Dr. Norbert Thinnes

 

In Dieter Thomäs Aufsatz über Descartes fehlt mir eine Einzelheit des cartesianischen Denkens, die „in der Philosophie Furore gemacht“ hat und „im Alltag millionenfach Nachahmer gefunden hat“: Thomä zitiert zwar den Discours de la Méthode,verrät aber dem Leser nichts über die Methode selbst. Diese Methode besteht darin, ein Problem in Teile zu zerlegen, und zwar in so viele, von denen er glaubt, jedes gerade noch verstehen zu können. Zweitens denkt er der Reihe nach über jedes Teil einzeln so lange nach, bis er keinen Zweifel mehr findet. Drittenssetzt er die Teile danach zu einem Gesamtbild und einem Urteil zusammen, und so erlangt der Philosoph Sicherheit- Für das Urteil der Nachwelt über Descartes zieht Dieter Thomä Hegel, Heidegger, Searle, Grünbein und auch den klugen Traumdeuter Siegmund Freud heran. Was die erstgenannten Philosophen und der Dichter beitragen, erscheint mir als kleinem ZEIT-Leser nicht so wesentlich wie die Tatsache, daß diese Methode wirklich in vielfältiger Weise auch heute noch dem Nicht-Philosophen bei der Ordnung seiner Welt nutzen kann. – Alwin Meynecke

 

Ich wende mich an Sie, weil ich viele Jahre mit Ihrem Vater zusammen im Vorstand der DPV war und mit ihm eine zwar kritische, aber immer auch anerkennende und wertschätzende Beziehung hatte. Von ihm wusste ich, dass Sie sich der Philosophie zugewandt hatten, die ihn ja immer beschäftigte. Weil er von mir wusste, dass ich über den Umweg der Psychologie, von der Philosophie ausgehend zur Psychoanalyse gekommen war, unterstützte er mich im Bestreben zu unterstützen, die quasi natürliche Abneigung unserer psychoanalytischen KollegInnen gegen die Philosophie, unter Berufung auf Freuds eigene Selbststilisierung und Verleugnung seines Herkommens, zu kurieren.

Der Anlass meines Schreibens an Sie ist ein ganz aktueller, ihr Artikel über die Träume des Descartes. Das ist ein Thema, das mich lange beschäftigt hat. Zuerst stieß ich darauf, als ich Freuds Schreiben an Leroy in den GW entdeckte und verwundert war, warum sich Freud einer Deutung, die ihm ansonsten mit viel weniger zusätzlichem Material leicht durch die Feder floss, enthielt. Zuerst brachte ich das mit seiner öffentlichen Missachtung philosophischen Spekulierens zusammen, die für den Kundigen seine tiefe Verwurzelung im philosophischen Denken wie bei einer Verleugnung überdeckte: die Einflüsse von Franz Brentano und besonders die Übersetzung von Mills Würdigung von Grothe´s Plato, eine Übersetzung, die Freud nur mit guten Kenntnisse zustande bringen konnte, zeigen das überdeutlich. Dann kam die Vermutung auf, dass Freud das zu seiner Zeit gefährdete Projekt der Moderne nicht durch eine Deutung der irrationalen Dynamik des cartesischen Rationalismus, wie sie an den Träumen erkennbar ist, labilisieren wollte? Eine kühne These, die ich später nicht weiter verfolgte, die aber in der detailreichen Arbeit von John Cole über die olympischen Träume angelegt ist.

Diese Arbeit sollte ein Baustein zu einer Psychographie werden, als Ergänzung zu S. Gaukroger´s großer Biographie. Im Zusammenhang mit dem chronischen Problem der Psychosomatik schrieb ich wenig später über die Erfindungen des M. Descartes und das Problem der modernen Psychosomatik. Weil andere Verpflichtungen und Themen zu bewältigen waren, legte ich den Plan einer Psychographie zur Seite, kam aber im Zusammenhang mit anderen Themen immer wieder auf Descartes zurück: zuerst der Ferntherapie, die ich in den historischen Kontext mit dem therapeutischen Briefwechsel zwischen D. und E. von der Pfalz stellte. Zuletzt kam ich wieder auf die jugendlichen Träume in meiner zeitkritischen Glosse über Psychoanalyse im Widerstreit mit der digitalen Welt zurück. – Jürgen Hardt

 


 

 

Leserbriefe zu „Was bewegt Christine Lagarde?“ von Lisa Nienhaus

 

– Ring the bell that still can ring………- Im Angesicht der Tätigkeit Mario Draghis und der kommenden Tätigkeit von Christine Lagarde und der Euroentwicklung wäre wohl besser angebracht: ‚For whom the bell tolls‘. – Heinz Schroeder

 

Bei allem vorhandenen Verständnis für die wohlwollende Berichterstattung zu Christine Lagarde und die offensichtliche Begeisterung diverser Autoren bei der ZEIT für selbige, finde ich eine Sache doch sehr befremdlich. In keinem der Artikel der letzten Wochen, las ich auch nur eine Anmerkung zu Lagardes 400 Millionen Fiasko in der Affäre um den Geschäftsmann Tapie, während Ihrer Zeit als französische Finanzministerin. Ich denke das können Sie besser! –Marc Hindel

 


 

 

Leserbriefe zu „Grau, was sonst!“ von Anja Rützel

 

Auf mich wirkt es etwas übertrieben, wieviel an Trara Sie einer ‚unschuldigen‘ Farbe anheften wollen, welch sinnmotivierten Hintergrund zum Beispiel Leuten, die ihre Wohnung pfauenblau streichen. Usw. Wem oder was muss ich außerdem“bekennen“, wenn ich eine Farbe vorziehe? Ich ‚bekenne‘ mich dazu, eine Farbe zu wählen, die ich mag, und nicht, um versteckte Botschaften zu verbreiten. Sie dürfen gern grau bevorzugen, das bedarf aber doch keiner Ausführung von irgendwelchen politischen, sozialen, medial erinnerten Sequenzen, die nur durch Ihre Meinung mit Farbe versehen werden. Für mich ist grau die Farbe der Langeweile. Punkt. Eine individuelle Empfindung, die nicht auf Thesen ausgeweitet werden muss. Objektiv – habe ich nachgelesen in einem Buch über Farbdiagnose, im Sinne von alternativem Heilen- drückt Grau mangelnde Energie aus. Das kann ich noch am ehesten nachvollziehen. Vielleicht sollten Sie wieder etwas ‚runterkommen‘? Dazu würden sich die Farben grün und auch blau gut eignen. – M. Gröll

 

Nein, nicht der strahlend blaue Herbsthimmel leuchtet mir an diesem Novembersonntagmorgen so herrlich belebend ins Herz, sondern die Lektüre des fulminanten „Grau“-Artikels von Anja Rützel. Als Bleistiftzeichner habe ich gelernt, dass Grau kein „Kompromiss“ zwischen Schwarz und Weiß ist, sondern diese seine äußersten „Schattierungen“ darstellen. Grey is great:in keiner anderen Farbe ist so viel Kontrast möglich. Also, liebe Frau Rützel: willkommen im Club der Corot-Liebhaber! Aber: müssen wir gleich alle ins Boot holen? – Ludwig Engstler-Barocco

 


 

 

Leserbriefe zu „Jeden Tag ist Führungskrise“ von Cathrin Gilbert et al.

 

Nach der Lektüre Ihrer so objektiven Analyse bleibt mir aber schleierhaft, wie eine so zerstrittene, planlose, „den Verein als Wirtschaftsunternehmen nicht ernst nehmende“ Führungsmannschaft den seit vielen Jahren sportlich und wirtschaftlich mit riesigem Abstand erfolgreichsten Fußballverein in Deutschland leiten kann. Aber schließlich ist es ja verständlich, dass man in Hamburg – bei den prickelnden Herausforderungen in Sandhausen und Aue – auf möglichst viel Krise in München hofft. (das mit dem Opfer der Strukturen war unter der Gürtellinie – einfach mies.) – Dieter Wurm

 

Der FC Bayern München kritisiert sogar noch jeden seiner Siege, und „Dauernörgelt“ ganz freud- und lustlos ewig daran herum. Der (meist sieglose) „Glubb“ hingegen, der feiert sogar ein Unentschieden als Punktgewinn. So sehen wahre und lustvolle „Siegertypen“ des „Eff Ze Enn“ *), aus Nürnberg aus. *) FCN = 1. Fußballclub Nürnberg. – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Ein geistiger Vorhang senkt sich über Europa“ von Ivan Krastev

 

Herr Krastev beschreibt in seinem Essay recht treffend, dass sich ein geistiger Vorhang über Europa senke. Dem würde ich weitesgehend zustimmen. Dreißig Jahre nach der Öffnung der Mauer und einem historisch einmaligen Systemwechsel muss man feststellen, dass nicht alle Länder gleichermaßen von dem europäischen Einigungsprozess und dem damit meist einhergehenden Wirtschaftswachstum und der Demokratisierung profitieren. Die wichtgste Errungenschaft, der europäische Binnenmarkt mit seinem freien Personen-, Dienstleistungs-, Waren-, und Kapitalverkehr bot auch den in 2004 hinzugestoßenenen osteuropäischen Ländern eine noch nie dagwesene Chance. Es ist gut und richtig gewesen, die euopäische Union nach Osten zu erweitern und dieser Vorgang hat auch unserer Gesellschaft im westlichen Teil Europas mit der einzigartigen Kultur-, und Sprachenvielfalt bereichert. Ich selber konnte dies während meiner Zeit im ERASMUS-Programm erfahren. Deutschland im gleichen Zug aber den Vorwurf zu machen am wachsenden Populismus in den angesprochenen Ländern Ungarn, Polen, Bulgarien u.a. verantwortlich zu sein halte ich für äußerst problematisch und im Kern auch nicht richtig.

Die Ursache für den steigenden „Brain-Drain“ und den Ruck nach rechts in den Osteuropäische Ländern liegt nicht (nur) an der Attraktivität Deutschlands, sondern insbesondere am Versagen der Regierungen in den osteuropäischen Ländern nach 2004, die es nicht geschafft haben, die Attraktivität ihres eigenen Landes so zu steigern, dass eine Auswanderung von Fachkräften nicht nötig wäre und darüber hinaus eine nationale bzw. europäische Identität zu entwickeln, die umgekehrt, ausländische Fachkräfte in ihr Land bringt. Man erhoffte sich durch Subventionen und anderen Zuschüssen, dass Land schnell auf Vordermann zu bringen, ohne Eigeninitiative von Regierungsseite zu erbringen. Das Geld für Infrastruktur alleine nicht reicht, um das marode System aufrecht zu erhalten musste man nun, 13 Jahre nach Öffnung hin zu Europa und 30 Jahre nach dem Systemwechsel feststellen. Die baltischen Länder haben es durch kluge Investitionen in zukunftsträchtige Bereiche und Technologien vorgemacht. Das war nicht immer einfach. Die auswanderungswilligen jungen Leute blieben und haben ihre Länder zu Vorbildern beim Beitrittsprozess gemacht. Ich gebe dem Autor recht, dass die Bundesregierung hier noch weitere Unterstützung leisten kann. Ihre Attraktivität für osteuropäische Fachkräfte zu minimieren halte ich aber für den falschen Ansatz, der auch die Kernidee Europas untergraben würde. –Johannes Schweizer

 

Als Ursache der Abwanderung osteuropäischer Jugendlicher nach Deutschland und der daraus resultierenden antideutschen Stimmung in Osteuropa sieht Ivan Krastev die Attraktivität Deutschlands. Das ist sicher richtig, doch ist Attraktivität relativ; ihre Bedeutung entsteht aus dem Vergleich mit etwas weniger Attraktivem. Erst gegen Ende seines Aufsatzes führt Krastev als Beispiel für Letzteres die Korruption in den Heimatländern der Migranten an Krastev vergisst aber gänzlich, dass, in entgegengesetzter Richtung, viele Arbeitsplätze aus Deutschland nach Osteuropa verlagert wurden. Vergleicht man die von ihm geschilderten Symptome der Abwanderung aus Osteuropa mit den Symptomen des Wegfalls von Arbeitsplätzen in Deutschland, kommt man schnell zum Schluss: es sind dieselben, und sie nähren hüben wie drüben dieselben Ängste. Eine Lösung, die sich nur auf die Eindämmung des Populismus in Osteuropa konzentriert, greift deshalb zu kurz; sie muss für beide Seiten gedacht werden. – Gerald Lumpp

 


 

 

Leserbriefe zu „Wenn die KI daneben liegt“ von Tin Fischer

 

Beide Veröffentlichungen waren völlig unnötig, da unwissenschaftlich. Es ist nicht die KI fehlerhaft, sondern der unkritische Abstand der Forscher zu ihrem fehlerhaften Korrekturalgorithmus und die fehlende Kausalität zu den beobachtbaren Messwerten. Eine klimapolitische Motivation mag hier nicht unterstellt werden. – Martin Heykants

 

Endlich zeigt sich, was KI ist: Ein überdimensionierter Taschenrechner. Ein Rechenknecht, dessen Ergebnisse von den Eingaben seines Herrn/seiner Herrin abhängen. – Volker Homann

 


 

 

Leserbriefe zu „Sie nennt sich Klempnerin“. Gespräch mit Esther Duflo geführt von Georg Blume und Uwe Jean Heuser

 

Frau Duflo vergleicht ihre Hilfsaktionen und die ihrer Forschungsfreunde in Entwicklungsländern mit den Reparaturen eines Klempners. Was aber, wenn der Wassermangel nicht an einer Verstopfung im Haus, sondern an einer gebrochenen Wasserleitung in der Straße oder einem Strommangel im Wasserwerk liegt? In diese Bereiche führte das Ansinnen der Interviewer zum wirtschaftlichen Fortschritt Chinas Stellung zu nehmen. Frau Duflo lehnte ab: „Wer andere Länder mit China vergleicht, weiß oft selbst nicht genau, welche Methoden dort funktioniert haben“. Das forschende Helfen vor Ort hat sie von Prof. Michael Kremer gelernt. Der ist der Öffentlichkeit aber mehr durch seine Weltformel von 1993 bekannt, die sich auch in ihrem Buch von 2011 wiederfindet: „Indeed, for most of human history (starting in 1 million BC), regions or countries that had more people were growing fasterthan the rest.“ (Seite107) Diese Behauptung war (und ist) vielen Ökonomen und Journalisten auf der Welt lieb und teuer. Als 2014 die Schweizer NGO „Ecopop“ dafür warb, dass „mindestens 10 Prozent“ der schweizer Entwicklungshilfe für Familienplanung eingesetzt werden sollten, da wurde der Kremersche Glaubenssatz hervorgeholt und der Vorwurf des „Rassismus“ durch schweizer Gegner in deutschen Zeitungen fleißig wiedergegeben. Woher aber kann man wissen, dass die Kremersche Weltformel falsch ist? Vor einigen Jahren hat die Weltbank die Länder der Welt in die vier Gruppen der Länder mit hohem, mittleren (oberem bzw. unterem) und niedrigem Einkommen eingeteilt. Irgendwann hat es die Bruttoinlandsprodukte pro Kopf auch in US-Dollar von 2010 umgerechnet und die Patentanmeldungen durch Einheimische und Nichtbürger seit 1985 eingeführt. Das Gewicht der letztgenannten Informationen kann aber nur ermessen, wer sich die Mühe macht, die Angaben auf 100000 oder Millionen von Einwohnern herunterzubrechen.

Dann zeigt sich an der steigenden Lebenserwartung, an dem fallenden Bruchteil von Toten vor Erreichen des 5. Geburtstages, an der Zahl der Patentanmeldungen pro Mio. Einwohner und am BIP/Kopf, dass für Staaten seit 1960 prinzipiell das Gegenteil des Kremerschen Glaubenssatzes gilt, was heißt: Je geringer die Kinderzahl pro Frau und das Bevölkerungswachstum sind, desto schneller wachsen Gesundheit und Wohlstand der Einwohner. China hatte beim „Großen Sprungs nach vorn“ (1957-1961) noch auf den Einfallsreichtum und die Kraft der Massen gesetzt; die Wissenschaftler streiten darüber, ob bei der folgenden Wirtschaftskatastrophe 20 oder eher 50 Millionen Chinesen ihr Leben verloren. Der spätere Aufschwung basierte auf der gewalttätigen Beschränkung der Kinderzahl der Frauen zwischen 1980 und 2015 unddem Ausbau des Bildungswesens, von dem die hohen Zahlen der Patentanmeldungen von 706/Mio. Einwohner in 2017 Zeugnis ablegen. Für Menschen ohne Taschenrechner hat China dem Mond eine Satelliten geschenkt und mit dessen Hilfe am Jahresanfang erstmalig ein Landegerät auf dessen Rückseite gesteuert.

Aber Frau Duflo hat Recht: Die Wirtschaftslenkung und die Zwangsabtreibungen in China sind kein gutes Beispiel für die Entwicklungsländer. Anders verhält es sich bei den sogenannten Asiatischen Tigern: Südkorea, Taiwan, Hongkong, Singapur. Denen gelang – soweit die Außenwelt Einblick hat – zwischen 1960 und 2000 ohne Gewalt ein ebenso beeindruckender Abbau der Kinderzahlen und Aufbau des naturwissenschaftlichen und technischen Wissens bei jungen Leuten. Neue Einsichten:Am 12.11. soll vom Ehepaar Banerjee/Duflo ein neues Buch erscheinen: „Good Economics for Hard Times“. Wir werden dann sehen, ob sie vom Kremerschen Irrglauben leise Abschied genommen haben. Eine erklärte Widerlegung jedoch würde nach meiner Einschätzung vielen Entwicklungsländern den Weg in die Zukunft entscheidend erleichtern. Apropos Zukunft: Jeffrey D. Sachs drückt mit seinem Titel „The Age of Sustainable Development“ von 2015 eine Hoffnung aus und stellt im Buch Probleme wie den Klimawandel, den Rückgang der Wälder und der Biodiversität ausführlich dar. Ich meine, uns Lesern ist am meisten geholfen, wenn wir uns beide Bücher zu Gemüte führen. – Armin Amrhein

 

Großes Kompliment für den gehaltvollen und aufschlussreichen Beitrag! Und ein extra Kompliment für die Qualität des Deutschen: Man merkt Ihrem Text nicht an, in welcher Sprache das Interview geführt wurde. Das ist inzwischen selten geworden, da gern in jedem zweiten Satz das – meist englische – Original durchscheint oder gar laut mitspricht, weil nur notdürftig eingedeutscht. Dieser Text hebt sich wohltuend von Derartigem ab. Vielen Dank den Herren Blume und Heuser! – Gesina Pansch

 


 

 

Leserbrief zu „Udo, der Frühaufsteher“ von Urs Willmann

 

So stolz wir natürlich auf Udo und die Tatsache sind, dass die wahre Wiege der Menschheit nicht irgendwo im fernen Afrika, sondern bei uns im schönen Allgäu stand – der guggenmosische Danuvius und der Märchenkönig Ludwig von Neuschwanstein: zusammen sind sie unschlagbar! –, so drängt sich doch im nächsten Moment gleich die schlimme Befürchtung auf, dass rassenfanatische Dumpfbacken auf dieser Flamme der neuen Erkenntnis ihr abgestandenes Süppchen aufkochen werden. – Ludwig Engstler-Barocco

 


 

 

Leserbrief zu „»Hauen Sie ab!«“ von Christian Fuchs

 

Ihr Autor zeigt, wie schon hundertmal erlebt, wie gegen die AfD Front gemacht wird. Was ist das denn für eine Demokratie, die eine Partei so zur Sau machen kann. Wer ständig um sein Leben kämpfen muß, zeigt, den verheerenden politischen Zustand unseres Landes. Ihr Autor sollte das Buch „Warum schweigen die Lämmer“? von dem Soziologen und Historiker Rainer Mausfeld, der in Kiel, Frankfurt/M. und Zürich lehrt. Der klagt die Demokratie in Deutschland an und stellt fest: Demokratie ist auf den Hund gekommen. „Wahlen spielen mittlerweile für grundlegende politische Fragen praktisch keine Rolle mehr“. Das sagt über unser desolates Land alles aus. Frau Merkel ist die Anführerin und verantwortlich für den Misstand. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbrief zu „Bon voyage mit Bach und Berry“ von Stefan Schmitt

 

Mitnichten ist es alleine die gewaltige Anziehungskraft von Jupiter, Saturn, Uranus, etc, die die Sonden weiter geschleudert hat, es ist primär die Geschwindigkeit der Eigenbewegung dieser Planeten um die Sonne (viele Kilometer/Sekunde), die den Sonden jedes Mal mitgegeben wurde. Die Gravitation alleine würde die Sonden zwar zunächst beschleu- nigen, diesen Zuwachs aber letztlich vollständig einfordern, sobald sie sich entfernen. Schlussendlich wäre deshalb ohne die Eigenbewegung der Planeten die Änderung der Geschwindigkeit Null. Im übr. war die Erd-Entfernung von Voyager 1 im Jahre 1990 nicht sechs Millionen, sond. 6 Milliarden Kilo- meter, also 1000x soviel. – Bauer Siegfried

 


 

 

Leserbrief zu „Ich liefere“ von Jonas Seufert

 

In Ihrem Artikel über Amazon muss Ihnen ein Rechenfehler unterlaufen sein. S. 77: „Jeff Bezos, der CEO von Amazon, verdient pro Stunde fast 8 Millionen Euro…“ Diese wären 70 Milliarden im Jahr, bei einem Umsatz von 200 Milliarden. – Rolf Schikorr

 


 

 

Leserbrief zu „Kunst für alle? Ja, aber nicht so!“ von Christian Kaspar Schwarm

 

Die Erwiderung von C.K. Schwarm auf die Forderung nach Demokratisierung der Kunst auf nahezu allen Feldern der Vermittlung scheint mir sehr einleuchtend zu sein. Allerdings bin ich der Meinung, dass man noch einen kleinen, wenngleich sehr entscheidenden, Schritt weitergehen müsste. Denn dass Kunst für alle da zu sein habe, ist zwar selbstverständlich, gleichzeitig gilt jedoch die Umkehr nicht. Man muss gar nicht von Exklusivität und Arroganz, von Überheblichkeit und auch nicht vom Elfenbeinturm reden, um zu konstatieren, dass die übergroße Mehrheit der Menschen aller Herkünfte, Schichten und Klassen gar nicht das benötigt (und auch nicht benötigen will), was wir mit Kunst bezeichnen. Es ist zwar lobenswert, dass der Autor fordert, „mehr und mehr Menschen für die lohnende Herausforderung zu begeistern, sich mit anspruchsvolleren Inhalten auseinanderzusetzen.“ Dass diese Überzeugungsanstrengung jedoch regelmäßig an ihre Grenzen gerät, dessen bin ich mir ganz sicher. Ob es die ‚Duineser Elegien‘ von Rilke, die Streichquartette von Shostakovich oder Bilder von Cy Twombly sind, sehr viele Menschen können damit einfach nichts anfangen. Und ich finde das auch nicht weiter beklagenswert, egal, wie man es betrachtet. Eigentlich fangen die Fragen und Probleme erst an, sobald die Gesellschaft sich der Kunst bemächtigt, sei es in Museen, Galerien, Auktionen und in der Kulturpolitik – aber das ist ein ganz anderes Thema, eines, wo es meist um sehr viel Geld geht… – Dieter Rogge

 


 

 

Leserbrief zu „Unfrei frei“ von Hanno Rauterberg

 

Warum fühlen sich viele Bürger ihrer Stimme beraubt? Zum Erklärungsversuch von Hanno Rauterberg hier der Versuch einer Ergänzung: Nachdem im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit Kunstwerke ihre Unnahbarkeit, Echtheit und Einmaligkeit verloren haben, verlieren nun im digitalen Zeitalter die Menschen ihre Identität, ihr Selbst, ihre Souveränität, ihr Eigenes. Das Leben des medialen Menschen wird zu einem gestalteten Lebensentwurf, der Identität nur noch als Illusion enthält, als Geschichte mit unhaltbaren Pointen. Mit Freiheit hat das herzlich wenig zu tun: Geworfensein ins Netz, ökonomisch verfügbar als Datensatz, freiwillige Enteignung. Das verschwindende Subjekt lebt in der Gefangenschaft im Netz nur noch in den Spuren blinder, irritierender und paradoxer Reflexe verkrüppelt weiter. Gerade in aggressiven Abwehrinstinkten gegen das Fremde – also gegen alles, z.B. die Meinungen anderer und auch die Zumutung der Meinungsfreiheit als solcher – scheint das Eigene sich noch einmal spüren zu können: Der affektiv erzeugte Effekt ein Aufbäumen der verschwindenden Identität. Wo soll das enden? Bleibt zu hoffen, dass die hier gedachte Zwangsläufigkeit nur Ausdruck von Fantasielosigkeit ist. – Reinhard Koine

 


 

 

Leserbrief zu „Gespaltener Kontinent“ von Thomas Fischermann

 

Es ist doch hinreichend bekannt, daß die progressiven Kräfte überall versagt haben. In der ganzen Welt ist das so. Und trotzdem wird immer wieder Links gewählt. Deutschland ist ein Paradebeispiel. In den Medien ist Brandt immer noch eine Ikone, dessen Lebenswerk war der Kniefall in Polen. Und sonst war da nicht viel. Unter ihm stieg die Arbeitslosenquote enorm. Was sagt uns das: Viele Bürger sind zu blöd das zu verstehen. Überall da wo eine bestimmte Ideologie ein Rolle spielt, ist die Arbeitslosigkeit nicht mehr weit entfernt. Besonders dann, wenn man mit Geld nicht umgehen kann. Und die Bürger sind nur für das Sparbuch erzogen worden. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbrief zu „Mein Land? Dein Land? Unser Land!“ in ZEIT leo, die Seite für Kinder

 

Warum nennen Sie `Die Seite für Kinder´ in der männlichen Form “Zeit-leo” (und dann noch mit Schwanz-`Puschel´) und nicht in der männlich/weiblichen Form: “Zeit-leo*nie”? (alternativ ohne “e”) ? Oder verstehe ich den Sinn `leo´ nicht? Spielen Mädchen für Sie keine Rolle – oder wollen Sie diese gar vom Lesen oder `Mitmachen´an Ihrer Aktion ausgeschlossen lassen oder gar von vorne herein ausschließen, wie sich aus Ihrer Adressatenbezeichnung schließen lässt? Ich vermag es nicht zu glauben ! Ihre Zeitung durchzieht eine klare Linie zur Frage der “Geschlechter-Gerechtigkeit” (Entlohnung pp. bis hin zu `Prozentanteilen´ von Frauen in Vorstandpositionen von Dax-Unternehmen). Und sie verabsäumten es auch nicht, über die `Erstbesetzung einer Frau als Vorstands-vorsitzende´ (bei SAP) zu berichten und sie zu interviven, wie jetzt auch die neue EZB-Chefin – Frau Lagarde – wiederholt zu präsentieren und nun entsprechend zu würdigen.

Herbert Grönemeier sang: “Kinder an die Macht”. Greta Thunberg (ein Mädchen !) hat dies vorgemacht ! Und Sie ? Hecheln emsig nur dem “Main-Stream” – in Begünstigung der “oberen Klassen” – folgend, hinterher. Und: `Trödeln´ auf Ihrer “Kinderseite” – entgegen Ihrer liberalen Haus-Philosophie – nur so rum. Dass eine “Grundsteinlegung” bei Kindern eine “nachhaltigere” Investition bedeutet, (wie es heute `zum modernen Sprachgebrauch´ geworden ist), scheint bei Ihnen offenbar noch nicht angekommen bzw. verstanden worden zu sein – wenn Sie verstehen (wollen), was ich meine ! Und noch was: Wenn Sie Kinder zu einer Aktion aufrufen/animieren – und ihnen damit “eine ernsthafte” Wissens-Willens- und Entscheidungskompetenz zugestehen, warum – glauben Sie – ist es angebracht, ihnen `Vorschläge` (für Wünsche, Hoffnungen und Vorschläge) zu unterbreiten und damit die Kinder – womöglich – in eine bestimmte Richtung zu lenken – und damit vor zu bestimmen und von vorneherein ein `unvoreingenommenes´ Ergebnis erst gar nicht zu ermöglichen. Das sind überwiegend suggestiv-Fragen ! Sie manipulieren die Kids !!!!Klar: Das ist eine “Kinderseite” – eine “Trainingsseite” – etc. Aber taucht das Ergebnis nicht irgendwann doch irgendwo auf, dass “eine Kinderbefragung” dieses oder jenes Ergebnis erbracht habe?

Wissen Sie, ich hatte seit 1962, mehr als 30 Jahre lang, die Zeit – auf Empfehlung eines Deutschlehrers – abonniert, um meine desaströse Allgemeinbildung (wie er meinte), auf- bzw. nachbessern zu können. Das war der beste Rat, der mir jemals zuteil wurde. Ich trauere der früheren `Zeit´ nach. Sie sind heute nicht mehr das “Print-Leitmedium”früherer Zeit, nicht einmal mehr eine Zeitung, die ich in die Kategorie “Wertmedien” auch nur einreihen würde, weil Sie mir viel zu “snobistisch” und – seit Schmidt – als zu selbstgefällig, arrogant und über- heblich darstellen und im Prinzip nur eine – sich “elitär” vorkommendes Print- wie Digitalmedium zu empfinden scheinen. Und deswegen habe ich kein Abo mehr …. und “schmarotze”. – Nikolaus Krost

 


 

 

Leserbrief zu „Die Lebensweitspringerin“ von Christine Lemke-Matwey

 

Was schreibt da ihre Autorin. Ich bin dafür zu blöd. Was heißt hier „Lebensweitspringerin“? Und zum Text und beschriebenen Person nur so viel: Bei dieser Person, wie Anna Lucia Richter eine ist, würde ich unabhängig von der Inszenierung, jede Vorstellung anhören und besonders ansehen. Übrigens, die Bühneneingänge, die ich gesehen habe, hatten alle nur Hafenhallencharakter. – Gunter Knauer

 


 

 

Leserbrief zu „Vier Töchter, vier Pferde und ich“ von Tillmann Prüfer

 

Eigentlich lese ich die „Reise“-Berichte Ihrer Reporter ganz gerne, aber die Geschichte von den Familienferien auf dem Pferdehof – abgesehen davon, dass der Artikel ziemlich langweilig war – wirft die Frage nach dem „Deal“ auf. Journalisten mit vier Kindern schwimmen wahrscheinlich nicht im Geld, manche Pferdehöfe auch nicht und ich gönne Nana Degenhardt die Werbung durchaus, aber wenn die journalistische Neutralität fehlt, wünsche ich mir Transparenz. Wenn die Journalistenfamilie für einen (netten) Artikel umsonst Urlaub gemacht hat, sei es ihnen gegönnt, sollte aber benannt werden. Außerdem: wie kam die Auswahl zu Stande? In Norddeutschland gibt es massenhaft Höfe, die Reiterferien anbieten und sich auch über Werbung freuen würden. – Ilona Lojewski

 


 

 

Leserbrief zu „»Praktisch nicht zu schützen« “. Gespräch mit Christopher Ashley Ford geführt von Matthias Naß

 

Vielen Dank für das Interview, in welchem u.a. auch die Frage des Vertrauens angesprochen wird und selbstverständlich die Tatsache, dass sich China nicht an das „Ideologie-Monopol“ westlicher Prägung hält. Soweit ich mich erinnere, wurde doch mal das Handy der Kanzlerin abgehört und sofern ich mich recht erinnere durch eine Institution aus dem Lande des US-Diplomaten Christopher Ford. Ja, die Naivität…. – O. Gröflin

 


 

 

Leserbrief zu „Eine ganz gewöhnliche Firma“ von Ann-Kathrin Nezik

 

Das größte Problem bezüglich Googles ist meines Erachtens nicht, dass das Unternehmen eine ausschließlich gewinnorientierte Aktiengesellschaft ist, sondern dass ein Privatunternehmen nach undurchsichtigen Regeln mittels der Platzierung auf der Trefferliste bestimmt, was man zu einem bestimmten Thema an Informationen zu sehen bekommt. Ein Beispiel: Meine Webseiten mit hobbymäßig realisierten Spielen wie Memory – immerhin über 300 und meines Erachtens nicht schlecht – rangieren auf der Trefferliste sowohl bei der Suchanfrage „Memory Spiel“ als auch bei der Suchanfrage „Memory Spiel online“ weit hinter größeren und kommerziellen Websites, die nur relativ wenige Memory-Spiele als kleinen Bestandteil ihrer Website enthalten, und werden deshalb kaum gefunden. Offenbar bevorzugt Google große und kommerzielle Websites gegenüber kleinen und nichtkommerziellen, und zwar ungeachtet der Qualität. Manche Webseiten werden auch ganz bewusst nicht von Google erfasst, ohne dass das Vorgehen hinterfragbar und korrigierbar wäre. Meines Erachtens ist deshalb eine Regulierung Googles unbedingt notwendig. Das Beispiel ist harmlos, aber schließlich könnte Google derzeit z. B. auch rechtsradikale und generell menschenfeindliche Inhalte gegenüber demokratie- und menschenrechtsfreundlichen Inhalten bevorzugen. – Ulrich Willmes

 


 

 

Leserbrief zu „Baseballschlägerjahre“ von Christian Bangel

 

Danke für den aufschlussreichen Artikel. Auch ich bin erschüttert, dass „meine“ CDU in Thüringen Die Linke mit Bodo Ramelow – einem Menschen der überzeugend die christlichen Werte lebt – an der Spitze in einen gemeinsamen „Extremisten-Topf“ mit der AfD mit Björn Höcke an der Spitze wirft, der Ausgrenzung, Lüge, Verachtung, gewaltfördernde Gedanken verbreitet und damit auf dem Kern der christlichen Werte herumtrampelt. Auch die Twittermeldung aus dem Büro von Friedrich Merz erzeugt Kopfschütteln: Natürlich waren die RAF-Morde und –Anschläge höchst kriminell. Trotzdem ist es sehr fahrlässig, mit dem Hinweis darauf die Rechte Szene von heute klein zu reden. – Tilmann Wolf

 


 

 

Leserbrief zu „Furcht vor der Wurst“ von Jan Schweitzer

 

Die Beruhigung, um die Sie in Ihrem Artikel so bemüht sind, ist bei mir etwas schräg angekommen. In diesem Jahr, so zählen Sie akribisch auf, sind bislang nur 33 Menschen an Listeriose gestorben; im letzten Jahr waren es 32, 2016: 48, 2015: 46. Nun, das macht immerhin fast einen Toten pro Woche, genau etwa 0,8. Es sind jedoch nur die Alten, die Krebs- und Aids-Kranken, die das besonders betrifft. Ich selbst bin 77, na ja, da kann man schon mal sterben – warum nicht an verseuchter Wurst? Danke für Ihre trostreiche Berechnung. – Hermann Engster

 


 

 

Leserbrief zu „Charlottenburg am Schwarzen Meer“ von Maxim Biller

 

Biller hält sich offensichtlich für so wichtig, dass er keinen Zweifel an der Notwendigkeit der weitestmöglichen Verbreitung seiner uninteressanten Ergüsse hat. Der ZEIT wäre ich sehr dankbar, wenn sie die Leser endlich nicht mehr mit den Belanglosigkeiten dieses Schwätzers traktieren, sondern den Platz für Bedeutsameres nutzen würde. – Arnold Zech-Gudra

 


 

 

Leserbrief zu „Ausgepowert“ von Claas Tatje

 

Jetzt verschlägt es mir aber die Sprache! Jahrelang habe ich gern Ihre Kommentare und Artikel zur Autoindustrie gelesen, weil sie nach meiner Empfindung für Recht und Gerechtigkeit eingetreten sind. Das ist diesmal anders. Es kann doch nicht sein, dass die Politik immer dann für einen Konzern oder Wirtschaftszweig einspringt, wenn dieser Verluste macht! Das muss die Wirtschaft schon selbst regeln. Die Politik muss mit Investitionen und richtigen Anreizen die richtigen Weichen stellen – und zwar vorher! Sie können auch nicht Äpfel (Kohle-Industrie) mit Birnen (Autoindustrie) vergleichen, wenn das Problem hausgemacht ist. Darüber hinaus sollen Ausgleichszahlungen für Kurzarbeit o. ä. gefälligst von den Top-Manager-Gehältern beglichen werden! Haben Sie jetzt die Seite gewechselt, Herr Tatje? – Dr. Martin Grau

 


 

 

Leserbrief zu „Stoppt das Museum der Moderne!“ von Hanno Rauterberg

 

Da ich selbst Künstler bin, interessiert mich mehr die Kunst eines Joseph Beuys, als die Kunst der sogenannten alten Meister (wie: El Greco, Bartolomeo Veneto, Jan Vermeer, Rembrandt van Rijn, Tizian oder auch Jean-Etienne Liotard). Joseph Beuys wurde 1921 geboren, mein Vater war Jahrgang 1926, meine Mutter ist Jahrgang 1928. Der Bezug zu diesem Jahrzehnt, der liegt für mich einfach viel näher, und ist daher irgendwie gegenwärtiger, weil „familiär“ bedingt. Falls ich eine Kunst-Ausstellung im „Kunst- oder Musen-Tempel“ besuchen sollte, dann nur eine mit Künstlern, vom Schlage eines Joseph Beuys, Andy Warhol, Hans Platschek, Nam June Paik, Wolf Vostell, John Milton Cage jr., George Maciunas, Charlotte Moorman, Yves Klein, Klaus Staek & Co.; nur diese wären, im Augenblick, die „allererste Kunst-Sahne“ für mich. – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbrief zu „»Alles kann jeden Moment zusammenbrechen«“. Gespräch mit Norbert Bisky und Jens Bisky geführt von Adam Soboczynski und Tobias Timm

 

Der Mensch, der baut sein eigenes Pulverfass, und setzt sich drauf, die ganze Zeit. Der Mensch, der spielt ständig und mit Höllenmacht, und er freut sich sehr darüber, wenn es rumpelt, scheppert und stark kracht, gar irgendwo und überall, gar immerzu, weltweit. – Riggi Schwarz

 


 

 

Leserbrief zu „Zeckenmücken“ von Britta Stuff

 

Sagen Sie Ihrer Freundin mit schönem Gruß, dass ’sicher eben nicht sicher ist‘, da es eine/n jederzeit erwischen kann – aber nicht muss. Sicherer als hier und jetzt wird sie es nirgendwo und nie haben. – Ingo Klamann

 


 

 

Leserbrief zum Politischen Fragebogen „»Ich glaubte immer an die größtmögliche Freiheit«“. Gespräch mit Sibylle Berg geführt von Anna Mayr

 

Ich bin mir durchaus bewusst, meine nachfolgenden Zeilen muß man nicht verstehen. Dennoch will ich Ihnen meine peinlichen Fauxpas nicht vorenthalten. Weniger die grosse Skizze von Frau Berg, sondern die Unterschrift: „Ich glaubte immer er an die größtmögliche Freiheit“ u n d noch mehr das kleine Bild von Hans-Georg Maaßen fiel mir bei der ZEIT-Lektüre spät abends – in´s Auge. ich laß Ihre spannenden Fragen und die völlig überraschenden Antwortenvon „Herrn Hans-Georg Maaßen (!)“….. und e r wurde mir von Frage zu Fragesympatischer.Ich war geblättet von den völlig unerwarteten, klugen, von grosser Toleranz und Weitsicht usw usw geprägten Antworten des „Ex-Verfassungsschutzchefs“. Mein, massgeblich von den Medien – der „Lügenpresse“ – geprägtes „Feindbild“ begann widerwillig schon zu wanken. Erst am nächsten Morgen – bei nochmaliger Lektüre in ausgeschlafenem Zustand – erkannte ich meinen Irrtum…nicht schon bei der Überschrift, aber bereits bei Ihrer 2. Frage an/Antwort von Frau Berg. Nichts für ungut, Frau Mayr und Frau Berg… es wäre so schön gewesen. – Hubert Seiter

 


 

 

Leserbriefe zu „Darf ich kurz stören?“ von Moritz Müller-Wirth im ZEIT Magazin

 

Einer DER BESTEN Artikel, die ich im Zeit-Magazin vom 7.11.2019 je gelesen habe. Hochachtung. Und Herr Müller-Wirth: Sie sind nicht alleine. Ich fühle mich total verstanden. Grandios. Mein Tag ist gerettet. – Dagmar Werner

 

vielen dank für den artikel – ich bin ganz bei ihnen. zähle mich selber zu den kommunikativen menschen, aber was und wer da manchmal auf mich zukommt, ist oft eine herausforderung!schwer wird es, wenn ich nicht mehr die möglichkeit der wahl habe. ich wünsche ihnen entspannte zugfahrten und erwarte keine antwort von ihnen. – rüdiger magowsky

 

Mit dem Zug gereist bin ich in den letzten 40 Jahren nur einmal. Von Passau nach Wolfsburg! Aber: Ich habe seit ca. drei Jahren Gelegenheit alle zwei Wochen mich einen ganzen Tag lang in einem kleinen Zimmer einer großen Klinik aufzuhalten, wegen einer Immuntherapie! In diesem Zimmer, genannt Tagesraum, befinden sich maximal 8 Personen! 2-3 Personen die auch auf die Infusion warten und 4-5 Personen, die auf die Zuweisung eines Zimmers; bzw. eines Bettes warten (müssen). Mein Paravent ist jeweils ein Buch, mit dessen Hilfe ich mich, im Laufe des Tages, als „taubstumm“ erweise! Ein einziges Mal habe ich erlebt, dass wir zu fünft (davon noch 2 Infusionsempfänger, die nicht so gesprächig sind) und zwei Zimmeranwärter, einen Tag ohne Unterhaltung durchgestanden haben! Ich habe mich beim Verabschieden dezidiert dafür bedankt, was Applaus bei den anderen auslöste! Sonst aber kann ich bereits beim Eintreten eines neuen Gastes sofort erkennen, ob er ein „Quatscher“ ist oder nicht! Wenn außer: „Guten Morgen“ oder „Grüß Gott“ noch ein kleiner Seufzer: „Heut‘ ist’s aber wieder heiß / kalt / schwül ect.“, kommt, dann ist er ein Quatscher! Irgendjemand antwortet dann und der Tag hat seine „Unschuld“ verloren!

Startfragen sind:

  • Warten Sie auch auf ein Zimmer?
  • Was fehlt Ihnen denn?
  • Sind Sie zum ersten Mal hier?
  • Ist denn der Fernseher kaputt?
  • Wie lange dauert das denn noch?

Nur einmal brannte meine Sicherung durch! Als nämlich ein „Zimmeranwärter“ gegen 11:oo Uhr anfing zu meckern, dass er seit 8:oo Uhr hier sei und immer noch kein Zimmer habe! Wie unverschämt das Personal sei! Was die sich wohl einbilden ect. ect. Und das drei Stunden lang! Dann fing ich (als Taubstummer) an zu reden und erklärte ihm, dass er nicht warten müsse, er könne jederzeit wieder heim gehen. Er sei ja wohl freiwillig da. Es stünde kein Polizist vor der Tür, der ihn am Heimgang hindern würde! Von da an war absolute Stille! Soweit meine Erlebnisse zu Ihrem Thema! Mit stillen oder schweigenden Grüßen. – G. Koeppl

 

Mit oben genanntem Artikel sprechen Sie mir aus der Seele!!! Besser hätte ich es nicht formulieren können. In Vielem habe ich mich wiedergefunden. Auch ich meide des öfteren/oft ein Zusammentreffen mit Bekannten, Nachbarn, etc., um nicht reden zu müssen. Ich habe nichts gegen diese Menschen, aber ich verspüre einfach keine Lust auf Kommunikation. Das ist doch legitim, würde ich meinen! Man muß nicht ständig ansprechbar, nett und aufgeschlossen sein. Man darf auch einfach mal für sich sein, seinen Gedanken nachhängen, ohne Aufmerksamkeit für die Umwelt. Lassen Sie sich nicht aus der Ruhe und von Ihrem Bedürfnis nach In-Ruhe-Gelassen-Werden abbringen!!- Barbara Schön

 

Kenne ich alles, was Sie schildern. Dieses angesprochen Werden in Bus oder Öffentlichkeit – auch für mich ein Grund zu Fluchttendenzen. Schlimm finde ich auch Erzählungen von Wildfremden über ihre eigenen oder anderer Leute Krankheiten, die einem ganz nebenbei aufgedrückt werden. Ich gehe gern abends oder dann in den Keller, wenn noch alle schlafen. Denn manchmal ist mir allein das Grüßen und gegrüßt Werden schon unangenehm. Mein Verhalten führte ich darauf zurück, dass ich vom Land aus einem sehr kleinen Dorf komme, wo jeder jeden seit jeher kennt, so dass es keiner Verstellung und Anstrengung bedarf, mit jemand ins Gespräch zu kommen. Ich lebe schon lang in der Stadt, doch empfinde ich es noch immer als gewisse Anspannung, mit Fremden in einer Weise zu kommunizieren, als würde man sie schon lang kennen. Durch diese kommunikative Willkürlichkeit, die keine Grenze zum andern respektiert – geschweige denn kennt – fühle ich mich oft regelrecht belastet und belästigt. – Soviel wollte ich gar nicht schreiben, sondern nur sagen, dass ich mich weder schäme noch ein schlechtes Gefühl habe, dieser unentwegten Kommunikation auszuweichen. – Auch wenn ich vermute, dass Sie das nicht interessiert. (Jetzt überlege ich gerade, ob ich mich dadurch ebenso verhalte wie die kommunikativen Aufdrängler…aber nein…Sie hatten doch gebeten, bei ähnlichem Empfinden zu schreiben…) – M Gröll

 

Niemals käme ich auf die Idee, Sie im Zug oder auf dem Bahnsteig anzusprechen. Ich würde merken, dass Sie sich abgewendet haben, von Ihrer Umgebung nichts wissen wollen. Vielleicht würde ich denken: der ist traurig oder wütend, hat vielleicht Ärger oder denkt über was Wichtiges nach. Sollte ich Feindseligkeit wahrnehmen, dann würde ich den Platz wechseln, was ärgerlich genug wäre. Aus diesem Grund glaube ich Ihnen kein Wort. Hier gibt es kein Problem. Ihre Mitmenschen sind in der Regel fühlende und denkende Wesen, merken also, wenn sie abgelehnt werden. „Angequatscht“ wird man eigentlich nur von Bettlern. Wenn Sie die wenigen derart auf die Palme bringen, die es aus Distanzlosigkeit, Langeweile, Not oder anderen Gründen dennoch tun, dann sollten Sie zum Arzt gehen. Auch ich habe nicht immer Lust auf ein Schwätzchen mit der Nachbarin, aber ich käme kaum auf die Idee, deshalb zwei Seiten im ZEIT MAGAZIN zu füllen. Schlimm genug, dass die Redaktion da mitgemacht hat. Nehmen Sie sich nicht so wichtig, Menschenskind, und hören Sie auf mit dem Unfug. –Lucia Groß

 

Auch ich mag nicht reden. Besonders unangenehm sind mir Telefongespäche. Ich schiebe sie vor mir her und habe meist nur vormittags genug Mut dazu. ES ist allerdings nicht so schlimm, wenn ich angerufen werde. – Hanna Unkelbach

 


 

 

Leserbriefe zu „Über die lebenslangen Kämpfe mit der eigenen Mutter und andere Gedanken beim Ausräumen ihrer Wohnung“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Ich verstehe seit längerem nicht, dass “die Zeit” Ihnen eine Plattform für Ihre mir z.T irrsinnig erscheinenden Artikel bietet und Sie mit dem jetzigen wohl den Höhepunkt Ihrer Schöpfung erreicht haben. Um es im “primitivsten und beleidigensten”Wortsinne zu sagen: “Sie erscheinen mir als das größte Arschloch, das ich je gelesen habe”; nicht nur mit diesem Artikel. Sie beseelt wohl nur Ihre Selbstgefälligkeit und Ihre Einfältigkeit in der Themenauswahl; stets nur “Ich-bezogen”- Ihren beschränkten Horizont. Dass die Leser ein gewisses Anspruchsdenken an journalistische, literarische, kulturelle Standards, geschweige denn an hervorgehobene Bedürfnisse des realen wie `kultivierten´ Lebens haben, erscheint weder Sie noch die `Zeit´ zu berühren. Sie “rotzen” einfach Ihre Kolumnen in das `Zeit-Magazin´ und der `Zeit´ genügt es, dass ihre Seite gefüllt ist.

Was wollen Sie uns damit sagen, dass Sie ihren `Vater geliebt´ und vor Ihrer `Mutter Angst´ hatten und sie sogar `gehasst´haben – und `Dinge ihr nicht verzeihen´ konnten. Nein, sie haben nicht “aufgeräumt” – Sie palavern nur, füllen leere Seiten mit Schwachsinn und diskriminieren Ihre Mutter ! Mit höchster Verachtung, nicht nur wegen Ihrer Äußerungen, sondern offenbar Ihrer Grundeinstellung ! Und kommen Sie mir bloß nicht mit “journalistischer – literarischer – Freizügigkeit! – Nikolaus Krost

 

Gut, dass Sie die Kolumne diese Woche nicht abgesagt haben! Der ergreifende Text ist direkt in den Best-of-Ordner gewandert und nicht auf den Altpapierstapel, denn er bestätigt einmal wieder, dass starke seelische Erschütterungen das literarische Genie ungemein befeuern. Vielen Dank für die gekonnte Weitergabe der Wucht Ihrer Gefühle an die Leserschaft! – Korinna Trautmann

 

Großen Dank möchte ich aussprechen für Ihre überaus mutige Kolumne über das Räumen der Wohnung Ihrer Mutter! Ihre offenen Worte über Vergangenheit und Gefühle haben mich tief getroffen und ich wünsche Ihnen, dass die nächste, sicher schwierige Zeit, trotz allem die Gelegenheit zu einem versöhnlichen Abschluss ermöglicht. –Jasmin Wild

 


 

 

Leserbriefe zur Fotokolumne „Wer bist du?“ von Florian Jaenicke im ZEIT Magazin

 

Seit das erste Foto von Friedrich erschienen ist, schaue ich mir jede Woche die Bilder an, denn sie bewegen mich sehr und ich finde, dass ich die tiefe Liebe zu Friedrich aus ihnen lesen kann. –Constanze Jehmlich

 

Vielen Dank für Ihre Fotoserie im Zeit-Magazin. Ich bin selber Mutter eines schwerbehinderten Sohnes und die Fotos Ihres Sohnes berühren mich sehr. Es gefällt mir, dass Sie nichts beschönigen und das Leben so darstellen wie es ist, mit all seinen Facetten. Danke sehr. P.S. Mein Sohn liebt ebenfalls die Beatles… – Stephanie Brunschede

 

Mein Sohn Noah lebt unter den Bedingungen einer Trisomie 21. Er liebt St. Martin. Ich liebe ihn. Wir lieben das Leben. Und ich die ZEIT :-) Ihre Bilder sind fantastisch. Es ist schön, dass es Friedrich gibt! – Silke Schnee

 


 

 

Leserbriefe zum Wochenmarkt „Erlösung in Kokosmilch“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

 

ich bin entsetzt. Muscheln sind lebende Tiere, und auch diese Tiere müssen schnell getötet werden, um sie zu verzehren. Was Sie jedoch beschreiben, ist kein „Baden in Kokosmilch“, denn dazu reicht die Menge von bestenfalls einem Drittel der Muschelmenge bei weitem nicht aus. Die Tiere werden auf die beschriebene Weise vielmehr quälend langsam zu Tode gedämpft, und genau das ist es dann auch: Tierquälerei. Dass vergleichbare „Rezepte“ auf vielen Muschelpackungen des Einzelhandels zu finden sind und Sie sich daher in guter Gesellschaft befinden, macht die Sache keineswegs besser. Die Muscheln müssen in einen großen Topf mit so viel sprudelnd kochendem Wasser gegeben werden, dass es auch nach Zugabe der Muscheln noch sprudelnd weiterkocht. Wer einen solch großen Topf nicht besitzt, soll deshalb nicht zum Tierquäler werden, sondern auf die Zubereitung von Muscheln verzichten. Die Muscheln können anschließend unter die Sauce gerührt werden. Wenn die in viel Wasser gekochten Muscheln dem Koch oder Genießer nicht so gut schmecken wie bei der langsamen Dämpfung, muss man wohl aus moralischen Gründen Prioritäten setzen und den Geschmack hintenanstellen. Damit nun nicht etliche Leser Ihre Art der Zubereitung nachmachen, rege ich dringend an, in der nächsten Ausgabe einen entsprechenden Hinweis zu veröffentlichen. – Dr. Peter Scheibl

 

Es ist nun an der Zeit mich bei Ihnen zu bedanken. Ihre Rezepte lesen ich mit besondere Freude, zum einem sind Ihre Formulierungen meistens super gelungen, zum anderem sind die Rezepte einfach prima und haben in unserem Haushalt Einzug gehalten. Das Rezept Muscheln mit Orange und Kokos war (oder ist) ein echter Kracher. Auch wenn ich es leicht abgewandelt habe (Dose Kokosmilch mit einer Dose Wasser verdünnt und viertel Liter Orangen Saft, anstelle Koriander Thai Basilikum) ist die Idee Kokosmilch, Orange, Ingwer, Muschel ein geschmackliches Erlebnis. Ich möchte noch erwähnen, das Ihre Rezepten einfach klasse sind, weil man es selbst kochen kann, die Zutaten auch findet und es super lecker ist. Also die Rezepte, die ich nach koche, die anderen kann ich nicht beurteilen ……. Siebeck?, wer ist eigentlich Siebeck . –Volker Salzinger

 


 

 

Leserbrief zu „Frag doch den Therapeuten: Muss sie ihm zuliebe kirchlich heiraten?“ von Wolfgang Schmidbauer im ZEIT Magazin

 

Ich schätze ihre weisen, professionellen Kommentare seid gefühlten 100 Jahren. Ihr heutiger Rat zur Frage der kirchlichen Heirat hat mich berührt. Leider bin ich ein sehr rationaler ungläubiger Mensch und liebe meine tief gläubige katholische togoische Frau. Als wir vor 10 Jahren heirateten in einer Kirche in Atakpame, Togo, fanden wir einen Pfarrer, der uns mit den Worten verheiratete: ich verbinde heute ein Paar unterschiedlichen Glaubens. Das Ganze in einer afrikanischen Kirche in sehr harmonischer familiärer Atmosphäre. Die Lösung des Problems waren respektvolle Menschen mit einem ausreichend großen Herzen. – Dr. Jürgen Onken

 


 

 

Leserbrief zu „»Je mehr ich poste, desto schlechter fühle ich mich«“. Gespräch mit Olivia Sudjic geführt von llka Piepgras im ZEIT Magazin

 

Ich bin erschüttert, wieviel heiße Luft und Nichtssagendes in diesem Interview von S.36 bis S.45 von der jungen Londonerin Sudjic verbreitet wird. Man merkt ihr an, dass Sie noch zu wenig über das nachgedacht hat , was sie von sich gibt . Ich wette zB 1000 € gegen die Aussage auf S. 40 , dass „jemand in Kalifornien mit liest“ , was in meinem Leben passiert . Dort interessiert sich kein Schwein, wie ich lebe, wer ich bin, was ich tue. Und niemand dort kennt mich. Was soll diese Panikmache , dass ich duchschaut wäre von jemand? Zeigen Sie mir den, der mich kennt, der um meine Gewohnheiten weiß, der außer marginalen Dingen etwas über mich notiert haben soll. Hier wird von Journualisten (denn Sie widersprechen diesen „Behauptungen“ nicht) eine Angst erzeugt, als würde jeder von „Mächten“ (welchen?) beäugt, ausgespäht, manipuliert. Ja , wo ist denn der gesunde Menschenverstand, die Vernunft der so angeblich Beobachteten geblieben? Das sind echte fake-news. Also bitte: Zeigen Sie mir den Menschen (oder die Maschine) , der mich kennt, der mich ausgespäht hat, ich halte die 1000 € bereit! Ich hoffe, Sie haben für die 10 Seiten fake-news wenigstens reales geld bekommen (zum Teil mein Abogeld, was mich reut!). – Alois Lienhard

 


 

 

Leserbrief zu „Im Uhrwald“ von Anne-Catherine Piétriga und Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Dieser Bericht (s.o.) ist ja ein interessantes Produkt: eine neue Variante von Schleichwerbung ? – Klaus Brake

 


 

 

Leserbrief zu „Gesellschaftskritik. Über Geständnisse“ von Heike Faller im ZEIT Magazin

 

Sie „landen“ seltener an der „großen Glocke“, meist eher an der „kleinen Bimbam“, aber wirklich wissen, will diese „Post“-Geheimnisse eigentlich niemand. Jeder postet, auch nur, weil eben jeder postet; und dieses Endlos-Geposte, das ist mehr als fraglich oder besser „gepostet“, einfach nur strunzdumm und ganz langweilig öde. – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „Schütze deine Seele!“ von Ute Ebelerle et al. in der Beilage ZEIT Doctor

 

Ein Spitzentitelbild!!! – Michaela Hergersberg

 

Danke für dieses sensible Thema. Als ich vor 43 Jahren am Kopf operiert wurde (es gab noch keine Schlüsselloch-OP), und meine blonde Walle-Mähne der Schere zum Opfer fiel, fällt man als Frau schon einmal in ein tiefes Loch. Nach der OP kam dann noch eine übergroße Narbe dazu. Ich hätte gerne Gespräche gehabt, aber worüber? So etwas hatte noch keiner erlebt, und ich war keine Krebspatientin. Meine Seele und Psyche waren total im Keller. Panik-Atacken bestimmten mein Leben. U-Bahn-fahren war faßt gar nicht möglich, große Geschäfte besuchen der Horror. Ich brauchte knapp 7 Jahre, um wieder „normal“ reagieren zu können. – Trotz allem, lebe ich sehr gerne, und genieße jedes Jahr als großes Geschenk. – Ute Koch

 

Herzlichen Dank für das schönste Titelbild aller ZEITen! Ihre wundersame Montage erinnert mich an ein Buch, das ich sehr empfehlen möchte: “Eine Handvoll Glück” von Antonella Tomaselli und Massimo Vacchetta. Der süßliche Titel bedient die Gesetze des Markts. Die Geschichte aber ist unbedingt lesenswert: Der Arzt für Nutztiere Massimo Vacchetta ist nicht glücklich mit seiner Lebensplanung. Eines Tags bekommt er eine winzige Fundigelin zur Pflege aufgehalst. Fasziniert von Ninna, deren Untergewicht und schlechter Zustand ihn vor extreme Herausforderungen stellen, entdeckt er die große Not der Igel – und den Reichtum ihrer Persönlichkeiten. Vacchetta gründet schließlich eine Schutzstation und widmet sein Leben der Rettung und Auswilderung dieser Tiere. Die dauerhaft Versehrten dürfen im Frieden des Zentrums La Ninna (bei Novello, Piemont) behaglich wohnen bleiben. Wer wie dieser Arzt für wehrlose Kreaturen zappelt, will kein destruktiv konsumierender Verbraucher mehr sein. Vacchettas Geschichte atmet Respekt vor den Unscheinbarsten, Furchtsamen und Liebe zur Natur. In Konsequenz appelliert er, sehr dezent, für veganen Lebensstil. Ja, auch so kann man die eigene Seele schützen und Sinnhaftigkeit gestalten: indem man Formen von Obhut in die Welt zu bringen sucht, die man selbst vorzufinden hofft. Einen packenden Reisebericht über Vacchetta und seine Station La Ninna hat Claudia Flisi verfasst: “A Hedgehog Hospital in Italian Wine Country” (https://www.perceptivetravel.com/issues/0418/italy.html). PS: Vielleicht stellen Sie den Mann und seine Schützlinge einmal vor? Passt doch bestens zu: anders reisen, achtsam leben, Artensterben, Klimawandel! – Ute Esselmann

 

Danke an die Zeit für den sehr aufschlussreichen Artikel ! Wir alle als Bürger eines hochmodernen und ach so aufgeklärten Landes sind gefordert , Verantwortung für unser Leben zu übernehmen. Und wenn dann doch mal Krisen oder auch “ dunkle Depressionen “ unsere Seele übermannen , dann sollten wir uns nicht scheuen , “ professionelle “ Hilfe in Anspruch zu nehmen. In vielen Ländern gibt es solch eine Hilfe nicht. Und nicht vergessen : Auch der Glaube an die gewaltige biblische Botschaft des Evangeliums kann manchmal Wunder wirken ! – Erwin Chudaska Dipl.Ing.

 

Wir kaufen ab und an die Zeit und haben schon des Öfteren über ein Abo nachgedacht. Dieses Mal kaufte ich sie aufgrund der Titelgeschichte „Schütze deine Seele!“. Ich muss leider sagen, dass ich nach dem Kauf über den Umfang etwas enttäuscht bin. Es waren nur ein paar Seiten in dem Doctor Magazin. Diese hätten meines Erachtens nicht einer Titelstory bedurft. Ich hatte etwas mehr Umfang und Sichtweisen erwartet. – Hilmar Bunjes

 


 

 

Leserbrief zu „Malen unter Neo“ von Carolin Würfel in der Regionalausgabe ZEIT IM OSTEN

Ich danke Ihnen für den längst überfälligen Blick an Neo Rauch vorbei, der zeigt, dass es noch mehr malende Personen im Osten gibt. Allerdings hat mich die Frage „Wer wird er, der nächste ostdeutsche Malerfürst?“ irritiert. Wenn Sie sich darauf festlegen, dass in die deutsche Kunstaristokratie nur Männer gehören, dann wundert es mich nicht, dass Sie in Ihrem Artikel ausschließlich Männer porträtieren. Als ob nur sie überhaupt in Frage kommen, Rauchs Zepter zu übernehmen. Sehr würde ich mich freuen, wenn in derartigen Artikeln Künstlerinnen selbstverständlich mit auftauchen würden. – Juliane Eckstein

 


 

 

Leserbrief zu „Zitrone gegen Deutschlandflagge“ von Valerie Schönian in der Regionalausgabe ZEIT IM OSTEN

 

Ich bin 72 Jahre alt und habe mein ganzes Leben in Frankfurt am Main verbracht und bin 2012 nach Stralsund gezogen. Was hier politisch abgeht ist unbeschreiblich. Die Blockflöten sind hier noch voll intakt. Die ganze Alte Politikergarde ist hier noch voll im Dienst. LINKE mit der CDU und FDP wie zu DDR-Zeiten und das nach 30 Jahren Wiedervereinigung. Das heißt hier Zwangsvereinigung. Dies ist nur ein kleiner Auszug von den Zuständen hier. Zitrone gegen Deutschlandflagge: Sophie Koch (SPD) und Philipp Amthor (CDU) sind zwei junge Politiker aus weit voneinander entfernten Galaxien. Für welche Sorte Zukunft stehen sie?

Zu Phillip Amthor: Ich kann nicht nachvollziehen warum sie Amthor als Kult bezeichnen können. Ein junger Mann der noch nichtweis wie das Leben läuft. Er hat den Wahlkreis auf eine schnöde Art und Weise gewonnen. Er hat das Vertrauen seines Vorgängers missbraucht. Sein Auftreten lässt sehr zu wünschen übrig. Er Spielt sich in den Vordergrund. Sein Wahlkreis ist mit Vorsicht zu genießen. Wenn dem die Zukunft gehören sollte wie sie schreiben dann kann einem nur angst und bange werden. Allein seine Äußerung zu den Frydays for Future lassen einem an seinem Verstand zweifeln was man hier in der Presse lesen kann. Auf diesen Gernegroß kann man gerne verzichten. Jede Zeile ist eine verlorene Liebesmüh. Das schlimme ist auch noch das er ein Ziehkind von Merkel ist. – Gerhard Kampschulte

 


 

 

Leserbrief zu „Die weißen Trampel im Regenwald“ von Olivier Joliat in der Regionalausgabe ZEIT Schweiz

 

Der Artikel greift zurecht die Problematik der unbedeckten Brüste der Penandarstellerinen auf. Diese kreative Entscheidung der Regie war auch in der Filmcrew sehr umstritten. Hier hat sich Regie gegen alle durchgesetzt. Eine Entscheidung, die ich persönlich nicht teilen muss. Die im Artikel genannten Fakten und Darstellungen des Autors sind leider alle falsch. Dadurch entsteht der Eindruck, wir hätten unprofessionell und allen örtlichen Gegebenheiten ignorierend unseren Film über Bruno Manser gedreht. Der zitierte Setulanbewohner Kayang ist anders als erwähnt nicht der Ortsvorsteher. Ich habe in den 4 Monaten meines Aufenthaltes auf Borneo ihn nie gesehen oder mit ihm gesprochen. Der gewählte Vertreter des Ortes Setulan heisst Hanzikov. Er hat selbstverständlich die Interessen des Dorfes uns gegenüber vertreten. Unsere im Artikel erwähnte Kleindarstellerin Kaslit hat nie einen Vertrag unterschrieben, in dem sie sich verpflichtet hat, NACKT zu sein.

Und 35€ sind das zweifache des normalen indonesischen Durchschnitttagelohnes. Ja, ein leitendes Crewmitglied hat Sex gehabt mit einer Darstellerin aus Jakarta. Und? Setulang ist ein Dorf, das wir uns speziell ausgesucht haben. Seine Bewohner haben sehr eng mit uns zusammengearbeitet. Sie leben ausschließlich vom Tourismus. Das Dorf liegt nah an der Bezirkshauptstadt Malinau, also nicht mitten im Urlaub. Den beschriebenen Alkohol haben wir vom Dorf bezogen und auch mit den Dorfbewohnern zusammen getrunken. Und das natürlich in einem üblichen Rahmen. Die Zusammenarbeit wurde für uns täglich leider immer teurer, da wir von der Hilfe der Bewohner, ihren Booten und Fahrzeugen abhängig waren. Mit Setulan gab es einen sehr detaillierten Vertrag. Es wurde vorab geklärt, wer als Kleindarsteller mitspielt, wo wir wohnen, was wir leisten und was das Dorf leistet. Und der Preis wurde fixiert. Daran hat sich das Dorf leider nicht immer gehalten, war aber von uns als Möglichkeit einkalkuliert. Dann wurde nachverhandelt bis sich beide Seiten einig waren. Diese Zusammenarbeit hat bis zum Schluss gehalten.

Das unser Mitarbeiter und Verantwortliche für alle eingesetzten Filmfahrzeuge eine Pistole eingesetzt hat, um Forderungen einzutreiben, ist mir nicht bekannt. Der Redakteur hat von der ausführenden Produktionsfirma eine Stellungnahme erhalten, dem er alle o.g. Fakten entnehmen konnte. Leider muss ich annehmen, dass er diese mit voller Absicht unterschlagen hat. Klar sind wir als Filmproduktion keine gemeinnützige NGO und auch keine karitative Einrichtung. Aber wir haben uns erfolgreich bemüht nachhaltig zu arbeiten und keine verbrannte Erde zu hinterlassen. Ihr Artikel ist schlecht recherchiert und einfach falsch. Einen solchen Artikel in einer der angesehensten deutsch/schweizerischen Zeitung zu lesen, ist für mich verstörend und ärgerlich. Ich war gerne in Setulang und auch ein wenig Stolz bei den Dreharbeiten dort dabei sein zu können. Die Zusammenarbeit mit den Bewohnern des Dorfes war intensiv, interessant und einmalig. Gerne hätte ich den Autor während der Dreharbeiten dort begrüsst. Eine Einladung bestand. – Stephan Barth