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1. September 2022 – Ausgabe 36

 

Leserbriefe zu „Friedensfürst und Sündenbock“ von Michael Thumann

 

Hoffentlich wird jetzt endlich eine repräsentative Allee oder Straße in Berlin nach ihm benannt. Auch andere Städte in Deutschland, besonders im durch ihn befreiten Osten, würde es gut anstehen , ihn mit einer Straßenbenennung zu würdigen. – Hartmut Wagener

 

Michail Gorbatschow hat die Welt nachhaltig verändert. Er hat das verkrustete kommunistische System aufgebrochen und den Kalten Krieg beendet. Gorbatschow gilt als der größte Reformer des 20. Jahrhunderts. Kaum jemand hat auf der politischen Bühne so schnell so viel bewegt. Er öffnete den verkrusteten Vielvölkerstaat UdSSR in Richtung Westen und schob im Inneren Veränderungen an, wie es sie es in den kommunistischen Ostblockstaaten vorher nicht gegeben hatte. Mit Glasnost und Perestroika brachte er die Modernisierung der Sowjetgesellschaft in Gang und in Abrüstungsverhandlungen mit den USA leitete er das Ende des Kalten Krieges ein.

Im Jahr 1990 erhielt Gorbatschow verdientermaßen den Friedensnobelpreis. Eine Auszeichnung, die anderen Spitzenpolitikern, die öffentlich regelmäßig auf ein „Friedensschild“ gehoben werden, stets verwehrt geblieben ist. In Putin-Russland (und seinen „Satelliten“) wird Gorbatschow heute als „Kapitulant“ oder „Verräter“ abgestempelt. Gorbatschow wurde als Bauernsohn in einem Dorf im Nordkaukasus geboren. Nach dem Studium stieg er bald im Apparat der Kommunistischen Partei (KPdSU) auf. Er verstand es geschickt, politische Netzwerke zu knüpfen.

Noch in der Breschnew-Ära stieß in den obersten Führungszirkel vor, das Politbüro. Hier lernte er den Chef des Spionagedienstes KGB, Juri Andropow, kennen, der aus dem selben Dorf stammte und ihn fortan förderte. Wahrscheinlich nicht ahnend, wohin sich sein Schützling entwickelt. Gorbatschow wurde im März 1985 mit 54 Jahren der bis dahin zweitjüngste Chef der Parteigeschichte. Sofort legte er los und entzündete ein Reformfeuerwerk. Die Presse konnte frei berichten, die unmenschlichen Verbrechen der Stalinzeit kamen endlich ans Licht.

Er stellte Korruption und Vetternwirtschaft an den Pranger und rief zur Umgestaltung der Wirtschaft auf. Die Notwendigkeit zu politischen und vor allem wirtschaftlichen Reformen galt nach der Stagnation der Breschnew-Ära als unvermeidlich. In der westlichen Welt wurde er als intelligenter und weltoffener Gesprächspartner sehr geschätzt. Zu seinem Renommee im Ausland trug maßgeblich seine Frau Raissa bei, die ihn bei Reisen begleitete und gewandt in die Rolle der „First Lady der UdSSR“ schlüpfte. Als sie im Jahr 1999 an Leukämie starb, trifft ihn das viel schwerer als alle politischen Rückschläge.

In seinen Memoiren „Alles zu seiner Zeit“ nennt er sie „das Wertvollste, was ich im Leben habe“ und resümiert voller Trauer: „Mein Leben hatte seinen eigentlichen Sinn verloren.“ Während die Westmedien Ende der 1980er Jahre den Sowjetführer neuen Typs wie einen Star feiern, macht sich im Landesinneren Unmut breit. Die Linken in Ost und West hingen noch immer der Illusion nach, dass ein „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ möglich sei. Der Hoffnungsträger geriet im eigenen Land gewaltig unter Druck. Die wirtschaftliche Umgestaltung ging viel zu langsam voran, als dass die Menschen an der Basis Erfolge verspürt hätten.

Im Gegenteil: Es kommt zur Verknappung von Lebensmitteln und Konsumgütern, eine riesige Schattenwirtschaft breitete sich aus. Die Diskrepanz zwischen der Wertschätzung im westlichen Ausland als Hoffnungsträger und der unverhohlenen Kritik im eigenen Land („Totengräber“), den Hardlinern gingen die Schritte zu weit, den Reformern nicht weit genug , nahm während der Amtszeit Gorbatschows immer mehr zu. Dieser unterschätzte massiv die Nationalitätenkonflikte im eigenen Land und bekam die ökonomischen Engpässe nicht in den Griff.

Die Kader in den gigantischen Staatsbetrieben, im Militär- und Geheimdienstapparat verfuhren nach dem Motto „Rette sich, wer kann!“. Es gelang Gorbatschow nicht, eine klare Perspektive aufzuzeigen, wann das Land wo ankommen würde. Dieses Unvermögen ist auch heute leider bezeichnend für viele Regierungschefs. Michail Gorbatschow ist ein tragischer Held der Geschichte. Was er gewollt hat, den Kommunismus zu reformieren, hat er nicht erreicht. Und was er erreicht hat, den Kommunismus zu beseitigen, hat er so nicht gewollt.

Michail Gorbatschow übernahm ein Riesenreich, das im Grunde pleite war. Er ermöglichte die deutsche Wiedervereinigung , ohne dass es zu einem Krieg kam. Im Westen und vor allem in den “alten“ Bundesländern ist er ein Held. In Russland wird im bis heute vorgeworfen, er sei schuld, dass die Sowjetunion als Weltmacht nicht mehr existiert. Die Ewiggestrigen trauern den „guten alten Ostblockzeiten“ nach und fühlen sich vom Westen diskriminiert. Wladimir Putin versucht nun, die Uhren um Jahrzehnte zurückzudrehen. – Alfred Kastner

 

Der die Welt veränderte lebt nicht mehr. Viele Jahre hat sich niemand mehr seiner erinnert. Er hat seine Schuldigkeit getan. In wessen Interesse und wofür? Friedensnobelpreis für mehr Krieg und Kriege seit 1990? Oder ist die Welt friedlicher geworden auch ohne Putin? „Zertrümmerte sein eignes Imperium“ titelt Online- Nachrichten. Hohn und Spott bleibt von dem gefeiertem Mann. Masken fallen wie so oft. Lobeshymnen waren reine Heuchelei. Was hat er hinterlassen? Ein Blick in die Welt mit offenen Augen spricht Bände des Grauens, Elends, Armut,Hass, Krieg, mörderischen „Befreiungen“ und Krieges gegen den Terror.

Davon wollen Medien beim Gedenken an Gorbi natürlich nichts wissen. Einheit, Freiheit, Demokratie, abstrakte Begriffe werden gefeiert. Wo BürgerInnen im Gedenken an Gorbi konkret gefragt werden sind die abstrakten Phrasen zu vernehmen und zugleich deren Inhalte, die sich erinnernd erschöpfen in Reisen, Konsum, D-Mark, Auto bis Banane. Große Phrasen und dahinter was schon immer jeder wissen konnte, banalste Dinge der Konsumfreiheit, die alle sozialen Freiheiten des Sozialismus nur begrenzt geboten haben.

An den Wertvorstellungen hat sich schon viel geändert, die bline Dummheit herrscht weiter und Krieg ist ja noch scheinbar weit von den Einheitsdeutschen weg. Kapital, Krise, Inflation, frieren für den Frieden .-wir sind solidarisch und gedenken unserem Gorbi. Sein Friedensgedanke und – wille hat Jahrzehnte niemandem mehr interessiert. – Roland Winkler

 

„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Warum? Warum nur ist alles so schief gegangen? Es war doch so vielversprechend. Präsident Gorbatschow hat schlicht die Realität anerkannt und entsprechend gehandelt, in bester Absicht für sein Land. Die Realität, die andere so hartnäckig leugnen. Nein, er war nicht der Totengräber der Sowjetunion. Die Sowjetunion war am Ende, hatte einen Rüstungswettlauf verloren; war wirtschaftlich und technologisch ins Hintertreffen geraten. Hatte den gesellschaftlichen Konsens verloren, denn das Positive am Kommunismus, das Denken mit Gemeinsinn (vgl. Epikur) war längst erloschen.

Ja, sein Reformoptimismus war zu optimistisch, ist gescheitert am ewigen Egoismus. Nationalismus ist nichts anderes als verbrämter Egoismus und plattes Eigennutzdenken. Die Sowjetunion war nur noch ein Saustall. Ja, einen Saustall kann man nur mit starker Hand regieren, man muss dies sogar tun, Herr Präsident Putin. Aber die Gefahr von nationalistischen Tendenzen ist die, dass es überschwappt und dann Neo-Kolonialismus (respektive Post-Kolonialismus) entsteht. „Free Riding on other Peoples Efforts“ (vgl. Ernst Fehr). Ein Sendungsbewusstsein einer nationalen (respektive nationalistischen) Kirche ist obendrein eine ausschließlich irdische Logik.

Ja, der Westen war sehr, sehr, sehr überheblich. Die USA haben leider etwas zu wenig Einfühlungsvermögen bewiesen. Aber auch wir Deutsche habe uns aufs Rosinenpicken verlegt und kein Einfühlungsvermögen gezeigt. Wir habe sogar das hässliche Wort vom „Russlandversteher“ geformt, wie dumm.

Liebe Frau Baerbock, lieber Bundeskanzler Herr Scholz, lieber Monsieur le President Macron: drängen Sie, drängen Sie nach Moskau, treten sie gemeinsam mit Präsident Putin an das Grab des verblichenen großen Politikers. Reichen sie Präsident Putin in aufrichtiger Anteilnahme die Hand zum Beileid ausdrücklich für das russische Volk und für die russische Nation. Und trinken Sie danach höflich gemeinsam eine Tasse Kaffee mit russischem Kuchen und fliegen wieder heim. Ich bin sicher, dass aus dem Grab ein tiefes Aufseufzen zu hören sein wird.

Präsident Selenskyj wird zu diesem Vorgang klug schweigen. Denn es ist auch in seinem Interesse, im Interesse seines Volkes, seiner Vielvölker. Ja, es wäre klug, wenn Russland die Ukraine vollständig verlassen würde und im Gegenzug russisches Gas (zu marktbestimmten Preisen) in Europa wieder fließen würde. Wenn eine Friedensordnung errichtet würde, die territoriale Grenzen respektiert, Vielvölkergemische respektiert und freien Handel ohne imperiale Absichten im Verborgenen ermöglicht.

Dies ist ein Wink des Schicksals. Es geht um eine Geste des Anstandes, die über Allem steht („Über allen Gipfeln“), und es ist dies der letzte Wunsch eines wirklich großen Politikers. „Man muss manchmal auch vergessen können.“ Angela Merkel. Über allen Gipfeln/Ist Ruh‘,/In allen Wipfeln/Spürest Du/Kaum einen Hauch;/Die Vögelein schweigen im Walde./Warte nur! Balde/Ruhest du auch. Johann Wolfgang von Goethe. – Michael Scheppler

 

Sie schreiben in dem aktuellen Nachruf auf Gorbatschow über den Friedensnobelpreis etc. In Kyiv sitzend kommt dies, vorsichtig ausgedrückt, etwas einseitig rüber. Diese Art Kurzsichtigkeit hätte ich eher von einer regional-Redaktion erwartet Die Parade mit 1000en Kindern unter Aufsicht des KGB am 1.Mai während der Chernobyl Strahlenkatastrophe in Kyiv haben sie vergessen? Die typischen Unterdrückungamechanismen der Sowjetzeit auch? Vilnius, Tbilisi, das Baku Massaker, Ermordung vieler Künstler wie Stus und einiges mehr?

Wäre man Arzt, könnte man versucht sein ihnen einseitige Blindheit auf dem romantisch-kommunistischen Auge zu diagnostizieren ;) Vielleicht leiten sie ihre Kollegen mal an die Literatur aus Sicht der ex-Sovjet Staaten besser zu studieren. Jeder Durchschnittsmensch dort kann ihnen dies mit persönlichen Geschichten unterstreichen. Von Polen bis Kazachstan und weiter. – Marius Schwager

 

„Er hat mehr als jeder andere dazu beigetragen, den Kalten Krieg friedlich zu beenden“ Antonio Guterres Un-Generalsekretär Auf Seite 3 ein ganzseitiges Interview mit Franca Lehfeldt, „nicht die Frau von Lindner“ Erst auf Seite 6 der Nachruf auf den Tod von Michael Gorbatschow. Ich fasse es nicht, was ist für Sie, die Wochenzeitung für Politik….. wichtig? Ich ahne Ihre Stellungnahme, Gorbatschow ist einfach ein paar Stunden zu spät gestorben, Der Druck war schon vorbereitet….. – Brigitte Kowalski

 

Diese Betrachtung wird der Persönlichkeit Michail Gorbatschows m. E. nicht gerecht. Das politische Wirken Gorbatschows kann nur im Zusammenhang mit allen Tatsachen dieser Zeit betrachtet und bewertet werden. Seine Wahl zum General Sekretär der KPdSU erfolgte in der aussichtslosen Situation der Sowjetunion, die durch die Parteidiktatur entstanden war.

Die wirtschaftliche Lage war bereits 1985 selbst in Moskau äußerst schlecht. Die kontinuierliche Belieferung des Einzelhandels konnte nicht mehr gesichert werden. In einer Woche gab es Molkereiproodukte. In der folgenden Woche wurden nur Fleischprodukte geliefert. Das berichteten Deutsche, die von 1985 bis 1990 in Moskau studierten.

Die „beste aller Kulturen“ in dem Vielvölkerstaat UdSSR, die russische schränkte die Kulturen und die Sprache der nichtrussischen Völker ein. Georgier und andere Nationalitäte wurden geringschätzig als „Sojusniki“ bezeichnet. Das berichteten Mitarbeiter des polnischen Außenhandels, die dienstlich in Georgien unterwegs waren. Sie wunderten sich auf dem Bahnhof in Tiblissi, als die Einfahrt „eines Zuges aus der Sowjetunion“ angekündigt wurde. In der russischen Kultur gab es nur schwarz/weiß, Freund/Feind. Bereits bei den Kindern den Kindern waren die Feinde stets „Faschisten“, Agenten, Diversanten, Saboteure. Die Sowjetunion wurde von Russland, von Jelzin zerschlagen. Gorbatschow wollte sie erhalten. Wer steckte hinter dem versuchten Staatsstreich? Wer ordnete den Hausarrest für Gorbatschow an?

Hier frage ich mich, – warum kommen nicht alle Tatsachen auf den Tisch, die diese Zeit geprägt haben, – warum findet über die Vorstellung vom Haus Europa bis heute keine demokratische Debatte statt? Das ist kein Zeugnis einer aufgeklärten, freien Gesellschaft, sondern der Ausdruck der Beherrschung der Gesellschaft durch mächtige Interessengruppen. – R. Renaux

 

Die Bedeutsamkeit und Gewichtung bei der Platzierung der Artikel erstaunen mich sehr und entsprechen nicht dem journalistischen Niveau der ZEIT. Der geschichtlichen Bedeutung von Michail Gorbatschow hätte die Platzierung mindestens auf Seite 2 oder 3 zugestanden, das Interview mit Franca Lehfeldt finde ich im Feuilleton besser aufgehoben. Außerdem empfand ich das Interview von Martin Machowecz als Zumutung. In welchem Jahrhundert leben wir, wenn sich Frau Lehfeldt bei jeder Frage rechtfertigen muss, dass sie ihrem erlernten Beruf nachgeht? Der Weg zur Gleichberechtigung ist noch weit ……. – Hanna Offenberger

 

Nun ist auch Michail Gorbatschow verstorben, ein Mann, der in der westlichen Welt hoch geachtet, in Russland aber eher hoch verachtet wurde und wird! Unter seiner Regentschaft wurde die Sowjetunion (1922-1991) zu Grabe getragen; Putin hat dann am 7. Mai 2000 übernommen und jetzt haben wir alle den Salat! Dieser Putin mag sein „klitzekleines“ Russland nicht so gerne, er will einfach seine große Sowjetunion wieder zurück haben! Von einem „Wind of change“ sang damals im September 1989 der Klaus Meine von den Scorpions, heutzutage bläst uns ein ganz anderer und sehr rauer Ostorkan voll ins Gesicht! – Klaus P. Jaworek

 

Abschied von Michail/ Wir atmen nicht. Wir schlucken zähe Brocken. Das letzte Korn der Ära ist zersiebt./Kein Klang entfährt den rostgeplagten Glocken. Was bleibt, wenn man nur Illusionen liebt?//Wir taumeln nachts durch nackte Nekropolen. Die Welt verstieß ihr einzig weißes Lamm. Noch gestern küsste Frost die stolzen Sohlen, jetzt modert aus den Opern schwarzer Schlamm.//Die Laiche unsrer Lachse bergen Wunden, sie sprühen bloß Verwesung in den Golf. Aus all den ganzen herrenlosen Hunden formt nun die Straße einen neuen Wolf.//Mein Kiefer klafft. Ein Sturm sitzt mir im Kragen. Wir sind enthauptet: Fußvolk ohne Fuß./Mit Sägemehl im Blick und Sarkophagen verstummen wir vor dem finalen Gruß.//Die Saiten meiner Balalaika reißen./Wer heute weint, weint längst nicht mehr allein. Wohin soll man jetzt ohne Gras noch beißen? Mein Zar ist tot. Warum kann ich’s nicht sein? – Dr. phil. Simon Hertel

 

Gorbatschows vergessenes Erbe. Michail Gorbatschow ist tot. Sein wichtigstes Erbe, über den Beitrag zur deutschen Einheit hinaus, ist aus dem kollektiven Gedächtnis getilgt. Darin hat er einen prominenten Leidensgenossen: Sowohl Jimmy Carter (US-Präsident 1977 – 1981) als auch Gorbatschow (SU-Präsident 1985 – 1991) sind an dem gescheitert, was sie richtig gemacht haben. Sie schauten über den ökonomischen Schüsselrand hinaus. Das war gefährlich für die Maschinerie einer stets wachsenden Wirtschaft.

Carter wollte 1977 mit „Global 2000“ (scheinbar) nichts weiter als eine Diagnose zum Zustand des Planeten, das genügte schon, um ihn abzuwählen. Gorbatschow öffnete seit 1985 mit Glasnost und Perestroika dem Westen die wichtigsten Türen in die Zukunft, zum einen: die Rüstung auf Null fahren, zum anderen: ökologisch wirtschaften. Seine Botschaft: „Noch nie erlegte der Mensch der Natur einen so hohen Tribut auf und sah sich dermaßen verwundbar angesichts der Gewalt, die er selbst heraufbeschworen hat…Ob man es will oder nicht, das Leben erzwingt den Umbau jeder nationalen Wirtschaft, und der Weltwirtschaft im Ganzen.“

Das passte vor 30 Jahren nicht in die Welt. Es wurde von den führenden Industrienationen nicht als lebens-not-wendig angesehen. Dass diese Wirtschaft tötet (Papst Franziskus) wird weiterhin verleugnet. Aber mittlerweile beträgt die Masse menschlicher Produktionen ebensoviel wie die Biomasse. Um 1900 waren es nur 3% davon. Dennoch wird unablässig auf wachsende Wirtschaft geschworen, denn womit sonst könne man die Rettung des Planeten finanzieren?

Doch auch mit Millionen von Elektromobilen findet kein rettender Umbau statt, kein Einhegen menschlichen Wirkens in die Grenzen des Planeten. Einzige Alternative ist ein Lebensstil mit einem solchen Naturverbrauch, den die Erde verträgt. Denn – siehe Gorbatschow und Papst Franziskus – die Erde ächzt unter dem ökologischen Fußabdruck des menschlichen Produzierens, egal ob in Demokratien oder Diktaturen. Die Natur wehrt sich, indem sie stirbt. – Dr. phil. Rainer Gunkel

 

Als junger Mensch kenne ich Gorbatschow eigentlich nur aus gelungenen Dokus wie „Lebt wohl, Genossen!“ oder vom Büchertisch. Dabei reicht meine Beurteilung seiner Person von großer Bewunderung bis hin zu Skepsis. Charismatisch und gesellig schien er, in der Doku sing ein Sänger einen Song über ihn („Michail! Michail!“). Für viele mag er ein Sündenbock, ein Unheilsbringer, gewesen sein, doch hat er nur das getan, was wohl logische Konsequenz der Zeit war: Er hat die Sowjetunion aus ihrer harten Versteinerung befreit, damit sogleich den Kalten Krieg beendet und somit Frieden verbreitet, als auch das gesamte kommunistische System im Ostblock zu Fall gebracht.

Und gleich noch Wiedervereinigung oben drauf („Gorbi! Gorbi!“). Das musste passieren. Vielleicht war die Union schon mit Lenin zum Scheitern verurteilt, spätestens aber mit Stalin, der enteignet, gesäubert und unterdrückt hat. Seinen Nachfolger Chruschtschow sägte man einfach ab, der müde lächelnde Breschnew war auch nur eine Lösung für den fruchtlosen Schein. Gorbatschow musste kommen. Sein Erbe sollte mit ebenso viel Würde wie auch Skepsis durchleuchtet werden, aber vor allem mit Frieden gesehen werden. Den wir ganz dringend wieder brauchen. – Luis Pintak

 

Für mich, zumal als Deutschem, war Michail Gorbatschow der herausragendste Politiker nach dem Ende des 2. Weltkrieges. Neben einem weit überdurchschnittlichen Verstand und Verständnis war es besonders seine ausgeprägte Humanität, sein Umgang mit Mitmenschen gleich welcher Couleur, der leider nicht zuletzt politisch als Schwäche ausgelegt worden ist. Meines Erachtens jedoch war Gorbatschow seiner Zeit und vielen seiner Zeitgenossen weit voraus. Sein außerordentliches Vermächtnis, die Demokratisierung und wirtschaftliche Kräftigung der Sowjetunion, eingehegt in ein friedliches, geeintes Europa zu implizieren, ist in Ost und in West bis heute nicht verstanden worden. Nicht zuletzt fehlt(e) freilich mitunter der Wille, ebendiese Vorstellung einer neuen Weltordnung zu unterstützen und weiterzuverfolgen. Schlimmer noch, inzwischen wird Michail Gorbatschow indirekt für Putins Agressionskrieg in der Ukraine verantwortlich gemacht.

Glaubt man indes an die von Philosophen und Humanwissenschaftlern wiederholt formulierten Erkenntnisse, braucht es Menschen wie Michail Gorbatschow, die es „wagen“, mit der ihnen verliehenen Macht über eigene Belange hinaus Gewaltlosigkeit und Frieden erreichbar zu machen. Tragisch ist, dass mit dieser unerhörten Integrität und Weitsicht, mithin dem Ringen um Wahrheit und Gerechtigkeit, zumeist ein einsamer Kampf ausgefochten werden muss. – Matthias Bartsch

 

Nach Hans- Dietrich Genscher, Helmut Kohl verließ uns nun auch die dritte Persönlichkeit aus diesem politischen Dreigestirn, das besonders für unser Land Geschichte schrieb. Dabei fällt in die Würdigungen, so auch im Nachruf der ZEIT, der Hinweis, dass Gorbotschows Lebenswerk teilweise auch sehr kritisch betrachtet wird . Er wäre mit den Reformen in seinem Land gescheitert und bei der russischen Bevölkerung mehrheitlich unbeliebt, sogar gehaßt. Nur sollte man bedenken, dass Gorbatschow vor einer Sisyphos Aufgabe stand.

Bei allem Wohlwollen bezüglich der Beseitigung des Eisernen Vorhangs zur Sowjetunion, gab es schon vor 30 Jahren Analysen, dass Russland 200 Jahre politisch und wirtschaftlich rückständig war . Auch weil es keinen Mittelstand gab. Der Versuch des Zaren Alexander II, die armen Kleinbauern zu stärken, scheiterte u.a. auch weil der ebenfalls verarmte Landadel sich dagegen wehrte. Am Ende wurde der Zar ermordet. Kreml-Chef Gorbatschow stand im Politbüro völlig isoliert da und wagte aufgrund seiner mit dem Amt verbundenen Machtfülle mit Glasnost und Perestroika einen Alleingang, der ihn am Ende stürzte.

Die Aufgabe im eigenen Land mit dessen Vorgeschichte war für ein Politikerleben einfach zu groß. Gorbatschws Verdienst war der Augenblick, die Nutzung eines kurzen Zeitfensters.. Für die westliche Welt, Europa und vor allem für uns Deutsche, war sein Zugang auf die einstigen Gegner und die Hinnahme einer neuen Weltordnung von großer Bedeutung. Für Deutschland der Abzug der sowjetischen Besatzungstruppen aus dem Osten und die Wiedervereinigung. Das überstrahlt auch Gorbatschows Scheiterns als Präsident und als letzter Generalsekretär der KPdSU.

Fünf Jahre humanitäre Hilfe und politische Beratung nach dem Putsch gegen Gorbatschow in Hamburgs Partnerstadt St. Petersburg mit Unterstützung des Bonner Außenministeriums boten mir ein zwiespältiges Bild. In St. Petersburg bat man uns, auf die obligatorische Kranzniederlegung auf dem Piskarjowskoje-Gedenkfriedhof für die Opfer der Leningrad-Blockade zu verzichten. Man wolle fortan gemeinsam in eine freundschaftliche Zukunft schauen. Bei Gesprächen mit Menschen auf der Straße erfuhr man, dass die Kommunisten Fehler gemacht haben, aber im Vergleich zu den aufkommenden Reichen doch noch ziemlich bodenständig waren.

Stets ein wütender Fingerzeig auf die Mercedes-Fahrer auf dem Newski Prospekt. Und bald ein Kontakt zum Bürgermeister für Wirtschaft und auswärtige Beziehung, den in Deutschland noch niemand kannte. Eine Einbestellung ins Petersburger Rathaus mit der Bitte, dem Hamburger Senat folgende Botschaft zu überbringen:

Wenn Hamburg nicht bald Waldimir Putin einlade, könne die Parnerschaft zwischen beiden Städten in Gefahr geraten und am Ende sogar beendet sein. 1994 wurde Putin daraufhin von Bürgermeister Henning Voscherau zum traditionellen Matthiae-Mahl geladen. Sein legendärer Auftritt dort bis heute in Erinnerung. Putin verließ lautstark per Stechschritt den Festsaal der Rathauses als der Ehrengast, der Ministerpräsident von Estland, vor dem Wiedererstarken Russlands warnte, Im Rückblick schon ein Vorgeschmack für Putins späteres Gebahren als russischer Präsident.. – Peter D. Schmidt

 

Thumanns Nachruf würdigt Gorbatschow im wesentlichen aus westlicher Perspektive, und aus westlicher Sicht ist Gorbatschows Wirken mit dem Ende des Kalten Krieges, der Zustimmung der Sowjetunion zur Wiedervereinigung Deutschlands und mit dem gewaltlosen Abtreten einer Supermacht verbunden, und daher in der Tat überwiegend positiv zu bewerten. Doch gilt dies auch aus der Sicht seines Landes und gar aus seiner eigenen Perspektive? Bereits vor seinem Amtsantritt hatte Gorbatschow die schwierige ökonomische Lage der Sowjetunion erkannt.

Durch (1) Beendi- gung des Rüstungswettlaufs zwischen Ost und West und (2) innere Reformen wollte er die Sowjetunion umgestalten, um sie zu erhalten. Mit dem ersten Teil seiner politischen Wende hatte er Erfolg: Sowohl durch die Beendigung des Afghanistan-Krieges als auch durch die Abrüstungsvereinbarungen mit den USA reduzierte er die ökonomische Überlastung der Sowjetunion.

Der zweite Teil seines Reformprogramms scheiterte hingegen. Der Vergleich mit dem auch von Thumann angesprochenen Reformprozeß in der VRChina zeigt die Fehler der Perestroika auf: In China wurden nach 1979 (1) jenseits einer festen Produktionsquote die Preise für die Landwirtschaft freigegeben und (2) die Voraussetzungen für Joint Ventures von chinesischen mit ausländischen Unternehmen geschaffen, wobei der Schwerpunkt bei der arbeitsintensiven Konsumgüterindustrie lag. Auf diese Weise wurde die Lage eines Großteils der Bevölkerung verbessert.

Die Perestroika leitete weder eine marktwirtschaftliche Reform der Landwirtschaft ein, die Anreize zur Produktionserhöhung und damit zur Verbesserung der Versorgung der Bevölkerung hätte bewirken können, noch gelang es ihr, ausländisches Kapital ins Land zu bringen, um den Umbau der veralteten Industrie zu finanzieren. Ökonomisch gesehen war die Gorbatschow-Ära die Fortsetzung der Stagnation der Breschnew-Ära. Die von Gorbatschow eingeführten Elemente von Offenheit und Pluralismus (Glasnost) führten dazu, daß die ökonomischen und sozialen Probleme erstmals offen angesprochen werden konnten mit der Folge der zunehmenden Delegitimierung der Partei.

Aufgrund der anhaltenden ökonomischen Schwäche und der jahrzehntelangen Unterdrückung nichtrussischer Nationen im Völkergefängnis der Sowjetunion strebten diese nach nationaler Unabhängigkeit und Loslösung von der Sowjetunion. Das Scheitern der ökonomischen Reform war eine der Ursachen, warum die nichtrussischen Republiken für sich im Rahmen der Sowjetunion keine positive Zukunft sahen und nach Sezession strebten. Somit war auch der Zerfall der Sowjetunion Ende 1991 Ergebnis der gescheiterten Perestroika.

Am Ende der Amtszeit Gorbatschows hatte die KPdSU ihre Macht eingebüßt, war die ökonomische Modernisierung der Sowjet- union gescheitert, der Kalte Krieg verloren und die einstige Supermacht Sowjetunion zerfallen. Gorbatschow hatte also nichts von dem erreicht, was er bei seinem Amtsantritt angestrebt hatte. Aus Sicht des Westens war Gorbatschows Wirken ein großen Friedenswerk, aus Sicht eines sowjetischen Patrioten eine Katastrophe. Vielleicht wäre eine angemessenere Überschrift über den Nachruf auf Michail S. Gorbatschow „Gescheiterter Reformer und tragische Figur“. P.S. Gorbatschows Amtsantritt war nicht am 11.März 1986, sondern am 11. März 1985. – Martin Kriechbaum

 

Gorbatschows vergessenes Erbe. Michail Gorbatschow ist tot. Sein wichtigstes Erbe aber ist aus dem kollektiven Gedächtnis getilgt. Darin hat er mit Jimmy Carter (US-Präsident 1977 – 1981) einen prominenten Leidensgenossen: Beide sind an dem gescheitert, was sie richtig gemacht haben. Sie schauten über den ökonomischen Schüsselrand hinaus. Das war gefährlich für die Maschinerie einer stets wachsenden Wirtschaft. Carter wollte 1977 mit „Global 2000“ (scheinbar) nichts weiter als eine Diagnose zum Zustand des Planeten, das genügte schon, um ihn abzuwählen. Gorbatschow öffnete seit 1985 mit Glasnost und Perestroika dem Westen die wichtigsten Türen in die Zukunft, zum einen: die Rüstung auf Null fahren, zum anderen: ökologisch wirtschaften.

Seine Botschaft: „Noch nie erlegte der Mensch der Natur einen so hohen Tribut auf und sah sich dermaßen verwundbar angesichts der Gewalt, die er selbst heraufbeschworen hat…Ob man es will oder nicht, das Leben erzwingt den Umbau jeder nationalen Wirtschaft, und der Weltwirtschaft im Ganzen.“ Das wurde nicht gehört, wurde von den führenden Industrienationen nicht als lebens-not-wendig angesehen. Dass diese Wirtschaft tötet (Papst Franziskus) wird weiterhin verleugnet. Aber mittlerweile beträgt die Masse menschlicher Produktionen ebensoviel wie die Biomasse. Um 1900 waren es nur 3% davon.

Dennoch wird unablässig auf wachsende Wirtschaft geschworen, denn womit sonst könne man die Rettung des Planeten finanzieren? Doch auch mit Millionen von Elektromobilen findet kein rettender Umbau statt, kein Einhegen menschlichen Wirkens in die Grenzen des Planeten. Einzige Alternative ist ein Lebensstil mit einem solchen Naturverbrauch, den die Erde verträgt. Denn – siehe Gorbatschow und Papst Franziskus – die Erde ächzt unter dem ökologischen Fußabdruck des menschlichen Produzierens, egal ob in Demokratien oder Diktaturen. Die Natur wehrt sich, indem sie stirbt. Quellen: Gorbatschow, M.: Zurück dürfen wir nicht. Bremen 1987, S. 223 und 237 – Dr. phil. Rainer Gunkel

 


 

 

Leserbriefe zu „Eine andere Epoche“ von Bernd Ulrich

 

Wie weltfremd muß man eigentlich sein, um in der derzeitigen Situation des Landes und der Welt zu fordern einen neuen Koalitionsvertrag zu entwerfen und abzuschließen. Wenn ich mich richtig erinnere, haben alle Mitglieder der derzeitigen Bundesregierung geschworen „…Schaden vom deutschen Volk abzuwenden..“.

Ginge das nur mit einem neuen Koalitionsvertrag, dann wäre diese Regierung fehl am Platze. In einer Zeit wo die Krisen uns und der Welt „bis zur Halskrause stehen“, hat eine gewählte Regierung die verdammte Pflicht sich zusammenzuraufen und Lösungen der Krisen anzugehen, auch wenn diese nicht im Koalitionsvertrag stehen. Wieder ein Journalist, der in einer anderen Welt lebt, oder traut er dieser Regierung nichts mehr zu? Dann sollte er das auch entsprechend ausdrücken, anstatt einen solchen Unfug vorzuschlagen.

Weltfremdheit klingt auch aus dem letzten Absatz des Artikels an („Jener Koalitionsvertrag signalisiert den Menschen noch: Alles muß sich ändern ausser ihr“). Glaubt Bernd Ulrich wirklich daß „diese Menschen“ den Koalitionsvertrag gelesen haben? Und glaubt er wirklich, daß die Menschen die er meint, in einer Blase leben und sich nicht ändern? Wenn ja, dann wäre das dieses typische „von oben herab“ Betrachten seiner Mitbürger. – Karl-Hans Kaul

 

„Deutschland ist ein reiches Land“, landauf, landab ist dieses Mantra zu hören und zu lesen. Jetzt behaupten sie sogar: „Deutschland ist ein sehr reiches Land“. Ich dagegen behaupte, dass es in Deutschland sehr viele Reiche gibt, die ungeachtet jeder Krise immer reicher werden. Was werden Sie nächste Jahr schreiben, wenn hier die ersten Wärmestuben eingerichtet worden sind und die reichsten Deutschen um erkleckliche Summen reicher geworden sind? Deutschland ist ein sehr, sehr reiches Land??? – Wiltrud Pietschmann

 

Die Ampel steht auf „Knallrot“. Zudem ist dem Koalitionsvertrag die Geschäftsgrundlage abhandengekommen. Der Vertrag war auf der Basis von kontinuierlichem Wachstum und mehr Fortschritt wagen aufgebaut. Es sollten unterschiedliche Traditionen und Perspektiven in gemeinsamer Verantwortung für die Zukunft Deutschlands mit dem Ziel notwendige Modernisierungen voranzutreiben gewährleistet werden:

Moderner Aufbruch durch Digitalisierung; Klimaschutz in einer sozial-ökologischer Marktwirtschaft; Respekt mit Chancen und sozialer Sicherheit in einer modernen Arbeitswelt; Chancen für Kinder, starke Familien und beste Bildung ein Leben lang; Freiheit und Sicherheit, Gleichstellung und Vielfalt in einer modernen Demokratie; Deutschland mit Verantwortung für Europa und die Welt; Zukunftsinvestitionen und nachhaltige Finanzen. Der ganze Koalitionsvertrag vom 07.12.2021 gipfelt in dem Versprechen: Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Das waren schon sehr ambitionierte Ziele.

Aber durch unvorhersehbare Entwicklungen in Europa und der Welt (Kriegerischer Überfall Russlands in der Ukraine, Wegfall von gesicherten Lieferketten durch China, Energieengpässe durch Sanktionen gegen Russland und so weiter und sofort) ist die gesamte Problemlage eine völlig andere. Es gilt nun die Ukraine angemessen zu unterstützen (Waffen -und Geldlieferung) in Absprache mit der EU und der Nato. Gleichzeitig ist für den sozialen Frieden im eigenen Land zu sorgen und die Ziele aus dem „Ampelvertrag“ sollten nicht aus dem Auge verloren werden.

Es muss nun wirklich denen geholfen werden die dieser Hilfe dringend bedürfen. Die haben müssen geben, die brauchen müssen bekommen. Entlastungspakete sollten zur Entlastung derjenigen dienen die wirklich und wahrhaftig entlastet werden müssen. Wieder wird, nach einer Tagung der Bundesregierung, einer Kabinettsklausur, auf Schloss Meseberg (Was soll das? Reicht das Bundeskanzleramt nicht um ergebnisorientiert zu arbeiten? Teurer „Betriebsausflug“?) an einem „wuchtigen“ Paket für die ganze Breite der Gesellschaft gearbeitet. Ziel sei ein maßgeschneidertes Entlastungspaket.

Olaf Scholz teilt mit, dass an einem großen Bauwerk gearbeitet wird und er stellt fest, dass die Architektur des Bauwerkes von Einzelteilen abhängt die nur zusammen eine gute Konstruktion ergeben. Das sind doch wieder erstmal nur hohle Phrasen die nicht erkennen lassen wie und auf welche Art und Weise zielgerichtet den am stärksten Betroffenen geholfen werden soll. Im Übrigen braucht es Handwerker und Fachleute um ein solides Bauwerk zu errichten. Was dabei alles schief gehen kann sieht man an der geplanten Gasumlage.

Bei dem neuen Entlastungspaket höre ich wohl die Worte allein mir fehlt der Glaube an dem angekündigten großen Wurf. Die Zauberworte sind: Umverteilung von oben nach unten, Starke geben für Schwache, Direktzahlungen an Betroffene, Deckelung der Energiepreise für Gas, Öl und Strom etc., etc. Der Glaube stirbt zuletzt. Warten wir ab was Konkretes angedacht wurde beim „Kaffeekränzchen“ auf dem Schloss Meseberg. An finanziellen Mitteln scheint es derzeit ja nicht zu Mangeln. – Felix Bicker

 

In unserer Demokratie wollen Politiker wiedergewählt werden. Im politischen Wettbewerb setzt sich daher meist nur das gerade Mögliche durch, selten das Notwendige. Dies gilt gerade auch für Olaf Scholz, der permanent sagt, diese Regierung würde das Notwendige tun. Die Ampel-Regierung, die Avantgarde sein wollte und von Zeitenwende spricht, hinkt der Wirklichkeit hinterher.

So ist es richtig, wenn Bernd Ulrich mit Blick auf die großen Herausforderungen nun konsequentes und mutiges Handeln und gar einen neuen Gesellschaftsvertrag fordert. Richtig ist aber auch, dass der Epochenwandel nur von den Bürgern ausgehen kann. Oder er findet einfach statt, ohne von uns gestaltet zu werden. – Reinhard Koine

 

Ich unterstreiche alles, was Sie in Ihrem Artikel geschrieben haben, nur das mit dem neuen Koalitionsvertrag führt in die falsche Richtung. Verträge sind dazu da gebrochen zu werden. Also: Zeit- und Energieverlust! Wir brauchen direkte und unkomplizierte Unterstützung der Menschen im Niedriglohnsektor und wirksame Instrumente gegen „Kriegsgewinnler“. Solange Herr Lindner das nicht kapiert, nützt auch ein neuer Vertrag nichts. Besser wäre es, ihn politisch zu isolieren und unter Druck zu setzen. Würde mich wundern, wenn er nicht lernfähig wäre! – Dr. med. Martin Krivacek

 

DANKE an den großartigen Autor Bernd Ulrich für diesen hochkarätigen Beitrag! Wie schon in vergangenen Artikeln („Der verletzte Mensch“ zusammen mit Sohn Fritz Engel in Nr. 26 sowie „Verschärfte Welt“ im ZEITmagazin vom 28.7.22) zeichnet sich seine journalistische Klasse aus durch präzise Analyse! Journalismus wie er not und gut tut: ohne Populismus, ohne Diffamierung, ohne Polemik, ohne Augenwischerei!

Dafür liefert er schonungslos ehrlich, sachlich-nüchtern eine präzise Diagnose und die passgenaue Therapie für den Patient Deutschland bzw. unseren Planet Erde. Das Zauberwort: UMVERTEILUNG! Es ist die einzige LOGISCHE Antwort zu unseren Problemen in Deutschland und global. Alles andere ist Zeitverschwendung und angesichts der fehlenden Zeit ( Klimanotstand ect.) verantwortungslos und dumm. – Berta Walter-Hamza

 

Die Tinte auf einem neuen Koalitionsvertrage wäre wohl noch nicht einmal getrocknet, und er wäre schon überholt. Die Ampelkoalition kann im Moment nur auf „Sicht“ fahren, denn seit Kriegsbeginn in der Ukraine ändern sich die Gegebenheiten so schnell wie nie. Entlastungspakete sind schön und gut, im Moment ringt die Koalition schon um das nächste, wie soll da noch ein neuer Koalitionsvertrag ausgearbeitet werden?

Die Inflation ist besorgniserregend und wie hoch am Ende die Energiekosten steigen werden, ist noch völlig unklar. Es geht ja nicht um Steigerungen von 20 oder 30 Prozent, sondern um Verdoppelungen oder sogar Verdreifachungen der jährlichen Kosten. Bernd Ulrich schreibt zu recht von einer anderen Epoche und ein Entlastungspaket nach dem anderen wird der Staatshaushalt auf Dauer ohnehin nicht durchhalten.

Die Ampelregierung muss jetzt dafür sorgen, dass diejenigen, die wohlhabend sind, einen deutlich größeren Beitrag zur Solidargemeinschaft erbringen, d.h. zumindest keine Entlastungen erhalten, damit die Bedürftigen mit geringen Einkommen und Renten sowie Leistungsempfänger entsprechend mehr entlastet werden können. Ansonsten wird die Schere zwischen arm und reich immer größer auseinanderklaffen und auch der sogenannten Mitte, die bekanntlich mit ihren Steuerzahlungen wesentlich zu den staatlichen Einnahmen beiträgt, geht dann irgendwann die Puste aus.

Einen neuer, zukunftsorientierter Gesellschaftsvertrag ist weitaus wichtiger als ein neuer Koalitionsvertrag. Der Sozialstaat ist kein abstraktes Wesen, er ist kein Selbstbedienungsladen und überhaupt keine Selbstverständlichkeit. Dieses Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen ist auch die Aufgabe einer Regierung, das gilt in so unsicheren Zeiten wie jetzt ganz besonders. – Regina Stock

 

Die erste Seite war genau richtig für Sichtweise von Herrn Ulrich zur „Lage der Nation“. Es hätte sogar noch einen Mehrwert, wenn die Erkenntnis der Epochenwende als Wurfsendung in alle Briefkästen, einschliesslich dem im Kanzleramt, gelangen würde, auch gleich in mehreren Sprachen, um alle zu erreichen.

Auch wenn mein Sohn zeitnah aus seiner ersten Wohnung aus den bekannten Gründen ausziehen wird, um von seinem Kinderzimmer aus die Ausbildung abzuschliessen, und seine Schwester den Wunsch auf Eigenständigkeit auf unbestimmte Zeit aufschieben muss, habe ich eine Aufbruchstimmung nach der Epochenrede, ich habe die Hoffnung, das wir alle irgendwann zurückblicken können, dass nach der Talfahrt der beschwerlichliche, aber lohnenswerte Aufstieg in die neue Epoche begann. – Thorsten Dörries

 

Dieser – wie immer – brillant formulierte, kluge Artikel ist mir mit jedem Satz aus dem Herzen gesprochen. Schluss mit der Flickschusterei, ein neuer Schuh muss her! Aber wie soll er aussehen? Ich befürchte, dass schon bei der Auswahl der Schnürsenkel das altdeutsche Sprichwort wahr wird : „Viele Schuster verderben den Schuh“. – Sven Herfurth

 

Ausgabe 1.9.22, S. 1 „eine andere Epoche“, S. 2 „Verrannt“, S. 11, „Es gibt keinen Weg zurück“: Zunächst besonders vielen Dank für den 1. Artikel Seite 1, an Herrn Ulrich wie auch an die Gesamtredaktion dafür, dass dieser Artikel eine so prominente Platzierung erhielt. Sie haben mit großer Berechtigung den Finger in mehrere Wunden der ganzen Entlastungs-forderungen und -bemühungen gelegt, insbesondere die immer noch weitgehend offene Frage, bei wem am Ende die Rechnung für alles landet:

Die eine Partei will keinem, selbst mittelmäßig verdienenden Bürger nennenswertes zumuten, die andere aber keinesfalls Steuererhöhungen, lieber sogar Senkungen und das ohnehin knappe Geld in die „Breite der Gesellschaft“ verteilen, andererseits auch keine — noch — höhere Schuldenaufnahmen, als wäre seit dem Koalitionsvertrag nichts passiert oder sogar als wäre seither viel mehr an gesamtgesellschaftlichem Wohlstand zu verteilen statt ‚zig Milliarden weniger, die nun jährlich ins Ausland gehen.

Das Märchen von den riesigen neuen Staatseinnahmen durch die Inflation unterschlägt ja auch die gleichzeitig wachsenden Mehrausgaben auch für den Staat, nicht zuletzt durch die Inflation, für die alle Staats-bediensteten und alle armen einen Ausgleich fordern werden, von den immer dringenderen Ausgaben für Energie und Klimaschutz und schon eingetretene Klimaschäden ganz abgesehen.

Hier überschlagen sich alle mit vermeintlichen bequemen „Patentlösungen“, von denen Sie einige ja genannt haben, die aber alle gewagte, unerfüllbare oder unverantwortbare Voraussetzungen oder Kehrseiten haben: So würde das „digitale Geld Erschaffen“ durch die EZB die Rechnung letztlich an alle auch armen Inflationsopfer abwälzen, noch mehr Staatsschulden würden, soweit nicht durch Inflation oder Wachstum erledigt, die Rechnung an die nächsten Generationen abwälzen, die zur Begleichung nicht gerade über mehr Ressourcen als wir heute verfügen werden angesichts all unserer Hinterlassenschaften. Und die häufig erhofften Mehreinnahmen durch weiteres massives Wachstum entbehren so wichtiger Grundlagen wie ausreichenden Mengen an Energie, Fachkräften, Lieferketten und klimapolitischer Verantwortbarkeit.

Sie haben hier den einzig fairen, verantwortbaren und gleichzeitig realistischen Weg der „neuen Logik“ beschrieben: „Wer kann, der muss, wer hat, dem wird nicht (noch) mehr gegeben“ (schon gar nicht wenn er das Mehr ohne Leistung beansprucht). Diese Umverteilung oder Lastenausgleich ist der einzige Weg aus dem illusionären „alle müssen immer mehr haben, sonst geht die Welt unter . . . „, was verdächtig nach dem Haben-Wollen eines Kleinkindes im Trotzalter klingt und das bei Durchsetzung gegen alle Verantwortung und Vernunft die Lasten weder dauerhaft vermeiden kann noch viel schlimmere Zustände für die weitere Zukunft abwenden würde.

Die – zusätzlichen — Rechte des/der einen gehen auf Dauer nicht ohne durch — zusätzliche — Pflichten von anderen erfüllt zu werden. Der Staat kann ja das meiste nicht machen ohne wenigstens Teile der Bürger dazu zu verpflichten oder zumindest die Zeche zu bezahlen. Deshalob tut er leider immer wieder so als ob, indem er diese Rechnung verschleiert oder auf die Zukunft verschiebt, deren Zahlmeister das noch nicht wahrnehmen oder sich als jetzige Kinder noch kaum wehren können. Die Ideal-Lösung ohne mehr Kosten, Risiken unangenehme Bedingungen und Nebenwirkungen für irgendjemand gibt es leider nur selten.

Gleichwohl gilt es eine nötige Zielgenauigkeit und Beschänkung auf die „wirklich bedürftigen“ einzuhalten, denn alle und alles zu entlasten, alles gerecht zu machen und daneben noch die überfälligen Zukunftsinvestitionen zu stemmen, könnte selbst die Summe aller besser verdienenden und vermögenden überfordern. Bekanntlich ist ja in den kommunistischen Staaten auch nach totalen Enteignungen nicht das Paradies ausgebrochen.

Der 2. o.g. Artikel über die Gasumlage macht auch einige Dinge klarer, die leider in vielen anderen Medien und von der Politik höchstens angedeutet und oft einseitig erklärt wurden. Es war offensichtlich einmal wieder ein Dilemma, z.B. der idealen Gerechtigkeit gegen Einfacheit und Schnelligkeit und Klage-Festigkeit der Maßnahme. Bekanntlich hat sich unsere Gesellschaft schon vor Jahrzehnten entschieden auf eine 100%ige Gerechtigkeit zu verzichten zugunsten von mehr Effizienz und damit mehr zu veteilendem Gesamtwohlstand.

Außerdem das bekannte Prinzip, dass hinterher alle immer schlauer sind. Und dass der Gegner im Zweifelsfall blöd ist, solange er nicht unfehlbar ist. Vielleicht war es ein Fehler mit den nicht vermiedenen Trittbrett-Fahrern, aber sicher kein so klarer und kein so gewaltiger, wie Konkurrenzparteien die Öffentlichkeit aus sehr durchsichtigen Motiven glauben machen wollen.

Der 3. o.g. Artikel unserer Außenministerin ist wohl notwendig um noch einmal auf etliche eigentlich lange bekannte Fakten hinzuweisen, die gleichwohl von vermeintlichen friedensbesorgten und insbesondere von der russischen Propaganda und Troll-Armeen gern unterschlagen werden. Wichtig hier sind wieder einmal die drohenden Folgen eines Friedens um jeden Preis, sogar den einer Kapitulation der Ukraine, und die verschiedenen Felder, auf denen Wehrhaftigkeit unserer Demokratie gefragt ist, bis hin zur schwierigen Gewinnung, aber auch viel größeren Unterstützung von Drittwelt-Ländern (bei Hunger und Armut wie beim Klimaschutz etc.), welche gleichwohl nicht bedingungslos in ein Fass ohne Boden gehen darf. Wichtig auch wieder einmal der Hinweis, dass wir uns mit dem — nicht ganz billigen — Schutz der Opfer der Aggression letztlich auch uns selbst schützen, was allerdings nicht das einzige Motiv sein sollte.

Hier gibt es auch einen Zusammenhang mit den danach bekanntgewordenen böswillig verkürzten und verdrehten Äußerungen zum „Liefern“ an die Ukraine ohne übertriebene Abhängigkeit von jeder Wunschäußerung ihrer Wähler. Vielleicht wäre da sogar etwas mehr „Goldwaasge“ bei der Auswahl der Worte wünschenswert gewesen. Aber die Wortverdreher der russischen Propaganda hätten irgendwann sowieso etwas gefunden und niemand kann bei der Wahl aller Worte immer unfehlbar sein.

Die Hetzer der Propaganda unterschlagen nicht nur die anderen auch gesagten Worte, sondern die Tatsache, dass gewählte Politiker bei uns nicht jeden oft launischen Mehrheits- oder Minderheits-wunsch sofort umsetzen müssen, sondern ihrem Gewissen und durch den Job oft umfangreicheren Einsichten folgen dürfen und sollen. Und vor allem unterschlagen sie, dass es bei den Ukrainern um viel existenzielleres geht als derzeit bei den durchschnittlichen Deutschen, trotz aller Sorgen und Probleme auch hier, um die, zumindest deren schlimmste, sich ja auch gekümmert wird.

Mit einem bildlichen Vergleich: Als Elternteil bin ich natürlich vor allem für das Wohl meiner eigenen Kinder zuständig statt für andere und darf meine Kinder auch mehr lieben als andere. Das heißt aber nicht, dass ich befreundete Kinder frustriert zuschauen lassen muss, wenn mein Geld momentan eine Riesen-Eisportion nur für meine ermöglicht. Und erst recht nicht, dass ich ein am Hozizont auf einem See uns Leben kämpfendes fremdes Kind ertrinken lassen muss, weil meine eigentlich wohlgenährten Kinder unbedingt jetzt etwas essen wollen statt eine Stunde später. – Dr. Peter Selmke

 

So sieht also das wuchtige Wuchtbrummenpaket aus, erst kassiert uns die Ampel großzügig ab, dann preisen sie uns ein paar winzige Brosämlein als großartiges Geschenk an. Ob und wann wir deutschen Bürger etwas zurückbekommen, das steht weit weg in ganz fernen Sternengalaxien.

Erstmals muss die ukrainische Bevölkerung so richtig befriedigt werden, dannach kommen wir, vielleicht mal dran, falls noch etwas ürbigbleiben sollte, so ganz im Sinne von Annalena Baerbock, unserer menschenfreundlichen Bundesministerin des Auswärtigen! – Riggi Schwarz

 

Das fehlt gerade noch: Dass die Berliner Politblase sich jetzt oder in naher Zukunft wie in einer Konklave zurück zieht und wir warten, bis weisser Rauch aufsteigt mit „Habemus Koalition, die Zweite“ ! Nein, Danke. Ja, es wird epochale Veränderung notwendig sein. Solch politisches Geschacher …“ Gib Du mir und dann geb ich Dir….“ und …“Meine Klientel, Deine Wähler, alle müssen sich wiederfinden… . Oder solche Staatsziele wie …“Weltklimarettung“…, …“Rettung des Friedens im Universum“…, …“Demokratieexport auf Deibel komm raus in alle Winkel des Globus“… Das sollte jetzt vorbei sein.

Denn: Was braucht’s für den Bürger in einem freien Rechtsstaat ? Bezahlbare Energien, günstige Nahrungsmittel und genügend Wohnraum. Ausreichend finanziertes Gesundheits-, Bildungs- und Rentenwesen. Dazu Sicherheit unach außen und innen sowie unabhängige Justiz. Schlussendlich souveräne Mobilität sowie gute Infrastruktur – und: Genug Geld für private, selbst verantwortete Ausgaben. Punkt. Dafür braucht’s keine langen Sitzungen oder jede Menge Papier. Nur klare Ansagen vom Cheff = Kanzler und fähige kenntnisreiche Abteilungsleiter (= Minister). Nun, da geht eben das Problem schon los ? Die, die jetzt dran sind, können’s überwiegend nicht. Und manche gar überhaupt nicht. – Günter H. Ruchti

 


 

 

Leserbriefe zu „»Denken Sie, ich sitze den ganzen Tag da und himmle ihn an?«“ Gespräch mit Franca Lehfeldt geführt von Martin Machowecz

 

Nomen est omen – Martin MACHOwecz macht seinem Namen alle Ehre. – Als ZEIT-Zeuge kann ich mich nicht entsinnen, dass in den letzten 50 Jahren solch ein Füllhorn an männlicher Voreingenommenheit über einer emanzipierten Frau ausgeschüttet worden ist. – Thomas Schmitt

 

Schon vor einiger Zeit war ich sehr verwundert, als DIE ZEIT, der Selbstdarstellungs- und Rechtfertigungsgeschichte von/über Anna Netrebko eine komplette Seite bereitgestellt hatte. Nun geht anscheinend diese „Serie“ mit Franca Lehfeldt weiter. Und wieder eine Seite….. Ich frage mich als langjähriger Abonnent, ob es jetzt nicht sehr viel wichtigere, und für viele Menschen/Bürger relevante Themen gibt? Hierfür wäre der Raum/die Seite bestens zu nutzen!

Dabei denke ich z. B. an eine kommunikative Initiative aller Qualitätsmedien, die intensiv und nachhaltig einfordern, dass nur den Bürgern finanziell geholfen wird, die in dieser kritischen Zeit wirklich oft nicht mehr wissen, wie sie das alles bewältigen sollen. Ansonsten sehe ich DIE ZEIT auf ein Niveau absinken, wie es z. B. in der Boulevardpresse und/oder in der „Yellow-Press“ üblich ist. Sollte sich dieses Niveau bei DER ZEIT einpendeln, werde ich nicht zögern, mein Abo zu kündigen. – Klaus Frankenberger

 

Ich wollte mich zum Interview mit Franca Lehfeldt äußern, geführt von Martin Machowecz, erschienen in Ausgabe 36. Ich finde es wurden die richtigen Fragen gestellt, auf die Frau Lehfeldt aber in keiner Weise eingegangen ist. Wirklich frustrierend, wie Frau Lehfeldt feministische Argumente instrumentalisiert, um nicht auf kritische Fragen eingehen zu müssen. Niemand verlangt von ihr, ihre Karriere aufzugeben, weil sie eine Frau ist.

Aber für jeden Journalisten, egal welchen Geschlechts, sollten die gleichen Standards gelten – und man hat als Lebenspartner(in) des Finanzministers kein universelles Recht darauf, seiner Leidenschaft nachzugehen, wenn diese zufälligerweise dem Politikjournalismus gilt. Hier so zu tun, als kritisiere man dies aus frauenfeindlichen Gründen, finde ich unverschämt, und hilft in der Debatte um Gleichberichtung in keiner Weise weiter. Im Gegenteil, sie schaden der Diskussion. – Stefanie Riesenberg

 

Natürlich darf Frau Lehfeldt als politische Journalistin arbeiten. Und: Ihr Privatleben und das Ihres Mannes geht niemanden etwas an. Nun hat allerdings das Ehepaar Lindner/ Lehfeldt nicht allzuviel dagegen unternommen, ihre Hochzeit medial präsentieren zu lassen – auch vom Pressehaus Springer, bei dem sie nun tätig ist. Es gilt aber zu bedenken: zwischen der „Welt“ und der „Bild“ ist die Distanz, was die politische Ausrichtung betrifft, nicht unübersehbar.

Und daß die „Bild“ einen journalistischen Stil pflegt, der regelmäßig ins Kampagnenhafte, Missionarische hineindriftet, das macht die Konstellation doch etwas pikant. Ich musste verwirrt schmunzeln darüber, dass Frau Lehfeldt sich auf „female empowerment“ beruft – habe ich doch noch die Kampagne der „Bild“ gegen unsere Verteidigungsministerin, Frau Lamprecht, und ihre Stöckelschuhe vor Augen. – Lutz Keil

 

Warum soll es ein Problem sein, dass Franca Lehfeldt Journalistin und Ehefrau von Bundesfinanzminister Lindner ist, wenn es doch offensichtlich kein Problem darstellt, dass der ehemalige Büroleiter beim Fraktionsvorstand der GRÜNEN im Deutschen Bundestag Bernd Ulrich stellvertretender Chefredakteur der ZEIT ist? – markus KLEIN

 

Mit viel Interesse habe ich das Interview mit Franca Lehfeldt gelesen und wurde enttäuscht und designiert zurückgelassen. Frau Lehfeldt hätte in diesem Interview (selbst-)kritisch Stellung zu der Nähe von Journalismus und Politik beziehen können. Stattdessen präsentierte sie sich als feministisches Aushängeschild und den Springer Verlag als Vorzeigeexemmplar für die Unterstützung von weiblichem Journalismus.. Komisch nur, dass sie 2019 in einem Interview mit der Rheinischen Post sich deutlich davon distanzierte Feministin zu sein und Springer eher mit Belästigungsskandalen und einem sexistischen Frauenbild von sich Reden macht.

Auffällig auch, dass Lena Wurzenberger, die Freundin von Julian Nagelsmann ihren Posten räumen musste, Frau Lehfeldt jedoch zur Chefreporterin für Politik bei der WELT ernannt wurde, obwohl sie nun mittlerweile die Frau des Bundesfinanzministers ist. Was mich verärgerte, war ihre Darstellung, dass sie sich ihren Platz in der Medienbranche selbst erkämpft hätte und keineswegs privilegiert gewesen sei. Dies mutet seltsam an, gerade wenn im gleichen Interview stolz vom väterlichen Freund Augstein berichtet wird und man weiß, dass Frau Lehfeldt aus einem sehr privilegierten Umfeld kommt. Wenn das nicht privilegiert ist, was dann?

Viele Journalistinnen sind konstant Sexismus und anderen Widrigkeiten ausgesetzt, hatten keine Verbindungen in die Branche und mussten sich ihren Erfolg von selbst erarbeiten – das sind die Frauen, deren Texte und Arbeit ich gerne verfolge. Nicht die, von einer Journalistin, die den Springer Verlag als das Herzzentrum des deutschen Feminismus darstellt und ihre eigenen Privilegien nicht erkennt. – Antonia Sternberger

 

Nur als Frau von Bundesfinanzminister Christian Lindner hat Franca Lehfeld es in die ZEIT geschafft, nicht jedoch durch ihre eigene Leistung. Perfekt gestylt und mit zerrissenen Jeans erscheint sie zum Interview. Gleich auf der dritten Seite der ZEIT findet man ein überdimensioniertes Porträtfoto und den Begriff „anhimmeln“. Muß das sein? Hier begibt sich die ZEIT auf das niedrige Niveau des Boulevardjournalismus. Was würde wohl Theo Sommer dazu sagen? Der Interessenkonflikt zwischen dem Bundesfinanzminister und der Politikjournalistin Franca Lehfeld hat sich spätestens nach der nächsten Bundestagswahl erledigt. – Erika Wirtz

 

Dass Sie auch mit dieser Dame ein Interview führen können, ist geschenkt! Dass Sie es aber, erstens, überhaupt bringen – und, zweitens, dann noch auf S. 3 – mag man ignorierend übergehen!! Bestürzend aber ist die Vorstellung, dass Sie mit Sicherheit darüber kontrovers diskutiert haben – und sich dann dennoch zu dieser Platzierung entschieden haben! Wo liegt die Absicht? – Holger Wirkus

 

Kleine Denksportaufgabe: Was ergibt dieser Gesichtsausdruck plus der verbale „Ausdruck“ von Frau Lefeld? Ganz einfach Arroganz hoch 3. Übrigens bei solchen Intervies sollten Sie Interviewer mit stärkeren Kaliber einsetzen. – Manfred Mengewein

 

Frau Lehfeldt beschreibt, dass Gespräche mit ihrem Ehemann, Finanzminister Christian Lindner, der strengsten Geheimhaltungsstufe unterliegen. „Solche Gespräche hätten nie stattgefunden.“ Frau Lehfeldt unterschätzt damit den menschlichen Geist: – ihren eigenen, indem Sie behauptet, ihre journalistische Aktivität unabhängig machen zu können von Insider- Informationen. – den der Leserschaft, die einer solchen Behauptung glauben soll. – Maria Fürthaler

 

Was für ein unnötiges Interview. Frau Lehfeldt ist Journalistin – was qualifiziert sie für ein ganzseitiges Interview in der Zeit, ausser der Tatsache, dass sie Christian Lindners Ehefrau ist? Ich denke, da wären eine ganze Menge Journalisten vor ihr dran gewesen, wenn letzteres keine Rolle spielen würde. Da fängt es also schon an.

Noch schlimmer ist allerdings die Art der Befragung, die von Anfang bis Ende darauf abzielt ihre berufliche Leistung zu kompromittieren, bzw. ihr irgendeine Art der Befangenheit unterzujubeln. Hat der Autor wirklich gedacht, sie fällt darauf rein? Aber er bohrt unbesonnen weiter, bis es nur noch unangenehm wird. Das hatte inhaltlich nichts mehr mit gutem Journalismus zu tun, geschweige denn mit irgendeiner Relevanz für die Leser. – Moritz Thauer

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Fluch des Luxus“ von Marcus Rohwetter

 

Ihr Kommentar trifft (leider) klar und einfach auch das Problem unserer gesamten Wirtschaft und Gesellschaft: An ernsthafte Maßnahmen gegen den Klimawandel ist auf absehbare Zeit nicht zu denken, denn „dummerweise“ hängt am CO2-Ausstoß unser sogenannter Wohlstand. Schade, dass es auch einer Regierung ohne die Union nicht einmal ansatzweise gelingt, den tatsächlichen Ernst unserer Lage zum Maßstab zu nehmen. – Markus Lipfert

 

Ich habe zwei Kommentare zu dem Kommentar: – Es handelt sich bei der Konzentration auf Oberklassefahrzeuge nicht um einen „Fluch des Luxus“, was eine Art schicksalshafte Verstrickung gedeutet, sondern es handelt sich um eine unternehmerische Entscheidung, die Vorstand und Aufsichtsrat getroffen haben. Diese Entscheidung kann sowohl richtig als auch komplett falsch sein, was die Zukunft zeigen wird (unternehmerisches Risiko beinhaltet auch mal insolvent zu werden …).

– Ich glaube nicht, dass das Dienstwagenprivileg von Dauer sein wird, denn entweder setzt sich der Staat gegen die Interessen der Industrie mal durch und beseitigt „strukturelle Ungerechtigkeiten“ (ich brauche wohl nicht auszuführen, was ich damit meine) oder – er überzeugt die Wählerschaft, dass leider eine Industrie subventioniert werden muss und andere deshalb leider nicht unterstützt werden können , weil das Geld knapp ist..

Ich bin noch Utopist genug, daran zu glauben, dass man sich gegen die vermeintlich „Unangreifbaren“ noch durchsetzen kann. Ich nehme an, dass einfach „der Leidensdruck“ noch nicht hoch genug ist, so dass man noch vermeiden kann, dieses „heiße Eisen“ anzufassen. – E. Würth

 

Danke für diesen Kommentar. Die deutsche Automobilindustrie ist die heilige Kuh der Wirtschaft, die nicht unbeträchtlich zu unserem aller Wohlstand beisteuert. Trotzdem: in dieser Zeit des Umdenkens und der Umstellung auf Nachhaltigkeit brauchen wir diese Schmarotzkarossen nicht. Was für eine Vergeudung von Ressourcen: Aluminium, Eisen, Kupfer, Nickel, Kobalt, Lithium, Mangan, Graphit, Titanium, Stahl, Glas, Carbon, Keramik, Kunststoff, Leder, Öl und auch Gummi nicht zu vergessen. Und dass die Steuerzahler diesen Luxus subventionieren, ist ein absolutes Unding.

Die auf ihre Kreativität und ihren Erfindungsgeist so stolze Industrie sollte sich mal anstrengen, im Kleinwagensegment Top-Öko-Modelle zu entwickeln und weltweit zu vertreiben. Und die Männer — vermutlich sind es in der Mehrzahl Männer –, die diese Statussymbole nötig haben, um ihr schwach ausgebildetes Selbstbild aufzuputschen, sollten sich etwas Anderes einfallen lassen, z.B. einen Zwirbelbart oder eine trendige Irokesenfrisur. – John Stevens

 

Bitte konsultieren Sie, bevor Sie sich zu steuerlichen Sachverhalten äußern, demnächst einen Steuerberater Ihres Vertrauens. Beim Lesen des Artikels in der letzten ZEIT zum sog. Dienstwagenprivileg bin ich bereits in der ersten Spalte über folgendes gestolpert: Erstens unterliegt, anders als im Artikel behauptet, der geldwerte Vorteil auch der Sozialversicherung. Kann man in im Internet zugänglichen Handreichungen für die Personalabrechnung, z.B. aus dem Haufe-Verlag nachlesen.

Zweitens unterliegt der geldwerte Vorteil beim Arbeitgeber jedenfalls nach bisheriger Praxis der Finanzämter auch der Umsatzsteuer, sh. Abschn. 3a.5 (4) des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses. Zuzugeben ist Ihnen allerdings, dass dies kürzlich in einem EuGH-Urteil in Frage gestellt wurde, die Verwaltungspraxis ist hier, wie der Anwendungserlass zeigt, jedoch eine andere.

Drittens suggeriert der Artikel, dass bereits der Betriebsausgabenabzug beim Arbeitgeber bereits eine steuerliche Vergünstigung darstelle. Das ist nicht so: z.B. wird bei einem Schreinerbetrieb der Erwerb eines Fahrzeugs genauso behandelt wie der einer Kreissäge. Ich habe jedoch noch nie jemanden von einem Kreissägenprivileg reden hören. Den Rest des Artikels habe ich mir dann geschenkt. Wenn bereits die Voraussetzungen nicht stimmen, kann die Schlussfolgerung nicht richtig sein. – Holger Grünewald

 

Marcus Rohwetter kommentiert seine Sicht der Dinge zum „Dienstwagenprivileg“ leider ohne die Sachkenntnis, die ich im Wirtschaftsteil der Zeit erwarte: Die Besteuerung des geldwerten Vorteils beträgt nicht nur die genannten 1%, dazu kommen weitere 0,03% pro Entfernungskilometer zwischen Arbeit und Wohnsitz. Bei einer Entfernung von 33 km beträgt die Versteuerung also bereits knapp 2%. Die Berechnungsgrundlage ist dabei der Brutto-Listenpreis für das Fahrzeug, also inklusive Mehrwertsteuer und ohne Berücksichtigung von Einkaufsrabatten.

Von den „günstigen Einkaufs- und Dienstleistungsvereinbarungen des Arbeitgebers“, von denen Herr Rohwetter schreibt, hat der Arbeitnehmer jedenfalls nichts. Jeder Nutzer eines Firmenwagens kennt die Rechnung und auf dem ganz kurzen Dienstweg hätte sicherlich auch die Personalabteilung der Zeit Herrn Rohwetter den Sachverhalt erklärt, wenn er denn nachgefragt hätte.

Ferner beklagt Herrn Rohwetter den Vorsteuerabzug von Firmenwagen. Der ist in der Natur der Steuer begründet: Die Umsatz- oder Mehrwertsteuer ist per Definition eine reine Endverbrauchersteuer. Alle Firmen in der Produktionskette reichen immer nur den jeweiligen Mehrwert weiter, indem sie die selbst bezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer abziehen dürfen. In der Wirtschaftsredaktion sollte das eigentlich bekannt sein. – Frank Meierhoff

 

Der Autor hat vermutlich das Privileg, nicht jeden Tag für die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit in einem Pkw sitzen zu müssen. Ich unterstelle mal, dass dieser vermutlich zur Redaktion radeln kann oder in der Lage ist, die öffentlichen Verkehrsmittel einer Großstadt zu nutzen.

Denjenigen, die ein Großteil Ihres Berufslebens in einem Auto verbringen müssen (ich fahre keinen Dienstwagen) muss erlaubt sein, dieses nicht in einem Kleinwagen tun zu müssen. Werden viele tausend Km im Jahr beruflich zurückgelegt spielt natürlich ein Komfort- und Sicherheitsaspekt eine große Rolle. Übrigens waren schon in früheren Zeiten Reisekutschen besser ausgestattet als die für die täglichen Geschäfte.

Ob dem Staat und den Sozialkassen wirklich Milliarden -Einnahmen verloren gehen, ist doch sehr fraglich, da die Fahrzeuge wie erwähnt einen riesigen Wirtschaftsfaktor darstellen. Gibt es Steuereinnahmen, wenn diese nicht von deutschen Unternehmen hergestellt werden? Der Anteil der Arbeitnehmer, denen sogenannte Luxusfahrzeuge zur Verfügung gestellt werden und die gleichzeitig ein Gehalt unter der Beitragsbemessungsgrenze erhalten, dürfte äußerst gering sein. Zur Richtigstellung: Der Arbeitnehmer versteuert den Listenbruttopreis und profitiert nicht von Unternehmensrabatten.

Der Autor scheint Kritik daran zu üben, dass sich heutzutage kein normal arbeitender Mensch ein Fahrzeug der Oberklasse leisten kann. Dieses war auch früher nicht der Fall und hat mit der Dienstwagenregelung nichts zu tun. Einig sollte man sich natürlich darüber sein, dass der Umweltaspekt (und damit sicherlich auch Gewicht und Leistung eines Fahrzeuges) bei der steuerlichen Betrachtung eines Dienstwagens eine bestimmende Rolle spielen muss. Der Kommentar vermittelt dieses Ansinnen nicht, sondern ist in vielen Aussagen scheinbar von einem Neidgedanken geprägt. – Egbert Hermann

 

Das oft so verschwurbelt (nicht) diskutierte „Dienstwagenprivileg“ ist in diesem Artikel relativ umfänglich dargestellt worden. Ein paar Fakten wurden allerdings zu ungenau dargestellt. Zum einen ist die Gehaltsumwandlung (Zitat Audi) bei näherer Betrachtung vermutlich seltenst in den Fällen, in denen Oberklassefahrzeuge eine Rolle spielen, zur Senkung der Lohnnebenkosten relevant, weil diese Arbeitnehmer ohnehin schon über der Beitragsbemessungsgrenze verdienen (derzeit 84.600 € Jahresgehalt West/ 81.000 € Ost). Ich vermute, dass Dienstwägen deutlich häufiger als Ersatz für eine Gehaltserhöhung angeschafft werden und dass es sich hier vor allem um die Mittelklasse handelt.

Die Oberklasse bietet meiner Erfahrung nach den Statussymbol-Ersatz für die Vielverdiener, sozusagen das Sahnehäubchen für diese Kategorie an Jobs (Vorstände, Geschäftsführer). Ja und es ist ein staatlich (und durch alle Steuerzahler) subventionierter Absatzkanal für Neufahrzeuge. Und wiederum ja: das ist nett für den Arbeitnehmer, aber es ist kein Privileg, er verzichtet ja auf die Lohnerhöhung und versteuert den geldwerten Vorteil.

Das Privileg ist komplett aufseiten der Industrie und des Staates: er verdient nämlich mit, weil 1% des Bruttolistenpreises durch den Arbeitnehmer versteuert werden müssen und die erheblichen Rabatte, die den Käufern gewährt werden, hier keine Rolle spielen. Umgekehrt ist es völlig witzlos für den Arbeitnehmer, einen Gebrauchtwagen zu versteuern, was aber unter Nachhaltigkeitsaspekten in einem Unternehmen durchaus Sinn machen würde.

Was mir in dieser ganzen Debatte fehlt: 1. Ist die Regelung in hohem Maße klimaschädlich, weil hier ein Markt angeheizt wird, der nicht den normalen Nutzungszyklen entspricht, sondern eine Art Wegwerfmentalität fördert. Außerdem fordert die 1%-Regelung mit kompletter Spritkostenübernahme verschärft dazu auf, das Auto zu nutzen, und sei es für den allerkürzesten Weg. Mir sind aus eigener Erfahrung mit Kollegen zahlreiche derartige Nutzungsszenarios bekannt, wo Arbeitswege von rund 2 km einfach mit dem Auto zurückgelegt werden. Was das bedeutet, wenn man weiß, dass ein Motor dann nicht einmal warm wird, kann man sich ausmalen.

2. Anreize für eine neue, bescheidene Mobilität gäbe es, wenn man es machte wie in Österreich. Dort waren zumindest vor Jahren Fahrzeuge bestimmter Größen gar nicht vollständig als Betriebsausgaben absetzbar. Somit gab es dafür auch keine Mehrwertsteuerrückerstattungen. Preisfrage: wie interessant ist dann noch der Porsche Cayenne oder sonst ein Bolide für den Immobilienmakler oder den arrivierten Architekten bzw. jeglichen Einzelunternehmer? 3. Dass die Solidargemeinschaft der Steuerpflichtigen letztendlich die Eitelkeiten bestimmter Spezies finanziert und dabei der Klimaschutz völlig auf der Strecke bleibt, halte ich für den eigentlichen Skandal!

So gesehen muß man sehr genau definieren, worin das „Dienstwagenprivileg“ besteht, dem es an den Kragen müsse. Vielmehr muß man der althergebrachten Vorstellung von Mobilität und der Rolle von Autos als Statussymbol an den Kragen. Dazu gehört natürlich auch die Einführung eines generellen Tempolimits, damit wird es nämlich völlig Banane, ob mein Auto 100 oder 200 PS hat. Und die „weg da, jetzt komm ich“-Mentalität würde endlich mal Geschichte. Die Autobahnen finanzieren nämlich wir alle – auch die Nicht-Autofahrer. – Juliane Duvigneau

 

In Ihrem Kommentar in der Zeit Nr. 36 auf Seite 21 polemisieren Sie wie es gerade Mode ist gegen das „Dienstwagenprivileg“. In dasselbe Horn stieß auch Herr Heuer von der Wirtschaftswoche. Warum verbreiten Sie ihre Kommentare, ohne sich vorher zu informieren. Von der Zeit erwarte ich, dass ein Sachverhalt, bevor er kommentiert wird, so recherchiert wird, dass der Kommentator weiß, worüber er schreibt. Ihre Personalabteilung bei der Zeit hätte Ihnen mit Sicherheit weiterhelfen können.

Nun zum sogenannten Dienstwagenprivileg, berechnet anhand des von Herr Heuer in der Wirtschaftswoche genannten Beispiels, einem Audi A8 55, von dem Sie schreiben, dass ein Normalverdiener sich so ein Fahrzeug nicht leisten kann. Ich habe dieses Beispiel genommen und die Auswirkungen unterschiedlicher Gestaltungen auf die Gehaltsabrechnung berechnet (Berechnung auf nettolohn.de) und komme zu folgendem Ergebnis: Die laufenden Kosten eines Audi A8 55 betragen nach aktuellen Daten recherchiert auf leasingtime.de und autokostencheck.de monatlich etwa EUR 1.300,00.

Dies ist der wirtschaftliche Wert des Fahrzeugs, den der Arbeitnehmer monatlich als Sachbezug erhält. In der Lohnabrechnung wird der Sachbezug vor Steuern und Sozialabgaben nach der 1 % – Regel hinzugerechnet und nach Steuern und Sozialabgaben wieder abgezogen. Diese 1 % – Regel hat nichts mit den tatsächlichen laufenden Kosten zu tun, sondern orientiert sich ausschließlich am Bruttolistenpreis des Fahrzeugs. Soll ein Arbeitnehmer eine Gehaltserhöhung erhalten und er kann wählen, ob er ein Firmenfahrzeug will oder eine Barlohnerhöhung im gleichen Wert, wird er folgende Berechnung anstellen:

EUR / EUR / EUR /Audi A8 55 Neupreis/ 107.850,00 /geldwerter Vorteil monatlich/1%/ 1.078,00 /Fahrten Wohnung Arbeit/ 809,00 /geldwerter Vorteil steuerlich/ 1.887,00 /wirtschaftlicher Vorteil/Leasing aktuelles Angebot auf Leasingtime.de/ 898,45 /laufende Fahrzeugkosten nach Autokostencheck.de/Versicherung/ 149,00 /Steuer/ 20,00 /Benzin/ 180,00 /KD, Reparaturen/ 44,00 / 1.291,45 /aufgerundet/ 1.300,00 /

Berechnung des Nettogehaltes mit Steuerklasse 1/ /Variante 1: Gehalt ohne Gehaltsbestandteil Fahrzeug/Variante 2: Gehalt mit Barerhöhung im Wert des wirtschaftlichen Vorteils der Fahrzeugüberlassung/Variante 3: Gehalt mit Fahrzeugüberlassung/ / /Variante 1 / Variante 2 / Variante 3 /Bruttogehalt/ 10.000,00 / 11.300,00 / 11.887,00 /Steuern/ 3.104,68 / 3.680,71 / 3.940,77 /Sozialversicherung/ 1.215,53 / 1.215,53 / 1.215,53 /Netto/ 5.679,79 / 6.403,76 / 6.730,70 /abzüglich Fahrzeugkosten/ – /- 1.300,00 / – /abzüglich geldwerter Vorteil/ – / – /- 1.887,00 /frei verfügbare Mittel nach Fahrzeugkosten.

Hinweis: Diese Berechnung ist nur dann richtig, wenn der Arbeitnehmer ausschließlich privat mit dem Fahrzeug unterwegs ist. Falls der Arbeitnehmer auch betriebliche Fahrten mit dem Fahrzeug macht, stimmt diese Berechnung nicht mehr. Die Berechnung zeigt deutlich, dass die Barlohnerhöhung für den Arbeitnehmer finanziell günstiger ist. Solange der berechnete geldwerte Vorteil höher ist als der wirtschaftliche Vorteil, würde ich immer die Barlohnerhöhung wählen, weil ich dadurch im Beispielsfall EUR 260,00 Steuern spare.

Für den Arbeitgeber ist es egal, ob er das Fahrzeug bezahlt und dem Arbeitnehmer zur Verfügung stellt oder das Gehalt um den Betrag erhöht, der den laufenden Kosten des Fahrzeugs entspricht. Je geringer der Bruttolistenpreis eines Fahrzeugs ist, ums so günstiger wird die steuerliche Gestaltung mit der Fahrzeugüberlassung. Der Kipppunkt liegt geschätzt bei einem Fahrzeugpreis von EUR 35.0000,00. Das bedeutet: Die Überlassung eines VW Polo lohnt sich steuerlich immer, bei einem VW Golf ist es steuerlich egal, wie sie es machen und einen Audi A8 würde ich immer selber leasen und das höhere Gehalt wählen.

Falls man das bewerten will, kommt man zu dem Ergebnis, dass Arbeitnehmer, die von Ihrem Arbeitgeber einen günstigen Kleinwagen als Sachbezug erhalten, steuerlich gefördert werden. Nur diese Fallgestaltung führt zu einem Dienstwagenprivileg. Übrigens: Ihre Kollegen von der FAZ haben tatsächlich recherchiert: https://www.faz.net/aktuell/finanzen/dienstwagen-steuerlich-nicht-attraktiv-vor-allem-teure-limousinen-18271605.html Sie können gerne nächste Woche in der Zeit einen weiteren Kommentar drucken, der sich etwas differenzierter mit dem Sachverhalt beschäftigt. – Martin Mielke

 

In dem Kommentar „Der Fluch des Luxus“ bedient Herr Rohwetter alle klassischen Klischees, um Stimmung beim Dienstwagenprivileg zu erzeugen. Es hat mich sehr erstaunt, dass die Zeit – ein Kommentar in der Zeit – sich auf dieses Niveau begibt. Ich wehre mich seit einigen Tagen gegen diese Stimmungsmache in den Medien, die zum Teil auf unvollständige und unrichtige Informationen basiert. Info an Sie: Die ARD hat zwischenzeitlich selbst recherchiert und Herrn Nouripour im Sommerinterview damit konfrontiert, dass gerade mal 1,4 % der Dienstwagen in die Kategorie „Oberklasse“ fallen. Die Frage, ob wissentlich oder unwissentlich eine Falschinformation betrieben wird, hat er nicht beantwortet.

Ergänzende Info an Herrn Rohwetter : Neben der 1 % Versteuerung vom Bruttolistenpreis muss noch zusätzlich der Weg Wohnung / Arbeitsstätte versteuert werden -> pro Entfernungskilometer und Arbeitstag mit 0,03 % vom BLP. Diese zusätzliche und nicht unerhebliche Besteuerung hat auch Herr Rohwetter außer Acht gelassen!!! Wie kann es sein, dass flächig alle Medien dieses Detail unter den Tisch fallen lassen? Unwissenheit? Fehlende Recherche? Bewusste Falschinformation? Man kann gerne über eine andere Besteuerungsform von Dienstfahrzeugen nachdenken und sprechen – aber damit lässt sich leider wenig Stimmung erzeugen. – M. Thanner

 

Dank für Ihre Artikel. Ich muss aber meine Anmerkungen dazu loswerden und Ihnen beiden schicken. Schön, dass Sie Herr Rohwetter nochmal sehr deutlich beschreiben, was es mit dem „Dienstwagenprivileg“ so auf sich hat. Es ist eine Subvention der deutschen (Luxus-) Automobilindustrie, ein legalisierte Steuer- und Sozialabgabenvermeidung. Und es verursacht deutliche Umweltschäden. Sie bestätigen wieder meine Auffassung, dass die Automobilindustrie drei Aufgaben sieht, hier in absteigender Wichtigkeit dargestellt.

Als primäre Aufgabe sieht die Automobilindustrie, dass sie Gewinn zu erwirtschaften hat – möglichst viel. Das tun sie 2. mit dem Verkauf von Objekten, die dem Käufer Prestige versprechen, und an 3. und letzter Stelle bieten sie auch individuelle Mobilität an. Dass mit großen Autos am meisten Geld zu verdienen ist, ist schon tragisch, denn sie sind doch völlig aus der Zeit gefallen, wie Sie auch beschreiben. Und diese müssen jetzt weiter subventioniert werden!? Mercedes und Co scheinen keine kleinen Autos profitabel herstellen zu können. Dann wird es doch Zeit, dass sie es lernen, oder? Die Firmen müssen doch ihr Geschäftsmodell ändern, wenn, dass das, was sie für so profitabel halten, nur mit Subventionen zu erreichen ist.

Es wir doch kein Weg daran vorbei führen, dass Autos kleiner, weniger übermotorisiert, langsamer und leichter werden werden, wie Sie, Herr Tatje, Rebecca Harms zitieren. Wenn die Automobilindustrie so große Not leidet ist, dann könnten die Subventionen doch die Entwicklung und den Verkauf von leichten E-Autos fördern (eher Twike oder Twizzy als Tesla und deren Konkurrenzprodukte). Leider werden Sie recht haben, dass es das „Privileg“ weiter geben wird, aber es hat auch etwas von dem Herrn Lindner untergeschobenen Marie-Antoinette-Zitat : „Wenn der Bus nicht kommt, warum fahren sie denn nicht Porsche?“

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist doch der Plan der Grünen, den ersparten Verlust an Steuereinnahmen in ein Nachfolgeticket für das 9€ Ticket zu stecken. Weniger Brioche, mehr Brot fürs Volk. Natürlich arbeiten bei der Luxusautomobilindustrie auch Menschen. Die brauchen Arbeitsplätze, wenn sie keine Luxuskarossen mehr herstellen können. Einige von ihnen könnten auch kleine Autos konzipieren und bauen, weitere würden mehr Busse und Bahnen für den ÖPNV produzieren und die anderen könnten dann im ÖPNV Lohn und Brot finden.

Sie könnten die auch besser bezahlt werden, wenn die Steuergeschenke nicht mehr an die Automobilindustrie und die Luxuskarossen-Fahrer gehen? Also: Wenn schon Subvention für eine Not leidende Automobilindustrie dann doch bitte für kleine Autos, die ökologisch sinnvoller sind! – Christian Willnow

 


 

 

Leserbriefe zu „Wir sind besser, als wir glauben!“ von Uwe Jean Heuser

 

Um Goethe zu zitieren: „Die Botschaft hör ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“. Der Artikel spricht davon, dass man den Menschen viel mehr zumuten kann, sie dies sogar erwarten. Aber ich habe dazu mehrere Einwände: – Kann es nicht sein, dass bei einer Abfrage, wo klar ist, welches Ergebnis erwartet ist, viele ihre Zustimmung bekunden, aber im Wissen, dass dies nicht „erzwungen“ wird ganz entspannt sind, da die „Probe aufs Exempel“ nicht stattfinden wird ? – Was hindert die Einzelnen, aktiv voranzugehen und die Dinge, die sie „angeblich einge- sehen haben“ auch in die Praxis umzusetzen ?

Der für mich verräterische Satz lautet: „Ich finde, wir brauchen strenge Verbote, denn jeder kann fast alles machen, wenn die anderen es auch tun müssen“. Das heißt für mich im Klartext: Ich würde ja gerne etwas machen, aber da es die Anderen nicht tun müssen, lasse ich es – jeder wartet auf den Anderen und am Ende passiert nichts. – Es gibt für mich mindestens 2 verschiedene Stufen der Einschränkungen: einfache wie auf das Auto verzichten, nicht fliegen, im Winter die Heizung auf Minimum laufen lassen etc. und problematische, dass ich beispielsweise meinen Job kündige, weil ich die Aktivitäten meines Arbeitgebers nicht gutheißen kann.

In diesem Fall schade ich meiner Familie und mir ohne jegliche Aussicht, dass ich damit etwas bewirke. Wenn wir wirklich besser sind, als wir glauben, wieso fahren dann immer noch so viele mit dem Auto, gibt es Schlangen beim Check-in am Flughafen, wieso wird eine Partei mit drei Buchstaben gewählt, die offen die finanziell Starken unterstützt ? Ich persönlich lasse lieber die Finger von irgendwelchen Studien und setzte lieber das, was mir an Einschränkungen möglich ist, um, da es sich für mich um keinen wirklichen Verzicht handelt, sondern um ein verantwortungsvolles Verhalten, für mich und meine Kinder. – E. Würth

 

Vielen Dank für Ihren Artikel in der Zeit vom 01.09.2022, Wir sind besser, als wir glauben! Warum denken wir so schlecht über die Anderen? Warum traut sich die Politik nicht mehr für das Klima zu tun? Dass Cem Özdemir den Artenschutz hinten anstellt, um noch mehr Getreide für vorwiegend Tierfutter anzubauen, sagt alles. Kein Politiker traut sich, 10% weniger tierische Produkte auf unseren Tellern oder ein Tempolimit verbindlich vorzuschlagen. Aber warum vertrauen wir nicht darauf, dass wir uns Alle im selben Boot sitzend erfahren? Warum denken wir immer noch: „Die Anderen werden sich einen Teufel scheren ums Klima und leben in Saus und Braus, während ich mich hier abmühe!“

Sie, unsere Medien, geben uns das Gefühl. Sie haben den größten Anteil daran. Vor einem Monat habe ich den angehängten Leserbrief „Presseklima – verraten wir uns selbst?“ an Die Zeit geschrieben. Bis heute erhielt ich keine Reaktion. Jedes mal wenn ich die Zeit aufschlage finde ich neben den Artikeln über Klimawandelkatastrophen Artikel und Anzeigen, die mich zurück zum unbedachten Konsum führen: „Kauf dieses oder jenes Produkt, wir empfehlen diese oder jene Reise“ e.t.c. Jetzt appelliert ein Zeitmagazin voll mit Mode an uns: „Leute kauft Luxus!“

Dabei wissen VW, EON, Gucci, Wiesenhof & Co. ganz genau, dass es nicht mehr lange so geht. Hinter den Kulissen versuchen diese Betriebe sich schon so schnell wie möglich um zu stellen, bremsen aber in der Öffentlichkeit und mit aggressivem Lobbyismus jegliche klimaneutrale Gesetzgebung. Zum einen wollen sie das Heft des Handelns in eigenen Händen halten, andererseits wollen sie vor den Konsumenten nicht als Spaßbremse und Pessimisten dastehen. Die Politiker ebenso wenig.

Ich wette mit Ihnen um eine Fahrradtour zu Ihnen nach Hamburg oder Sie nach München und zurück, dass es noch 5, 10 oder sogar 20 Die Zeit Beilagen, Magazine oder Sonderhefte über Nebensächliches geben wird. Diese werden alle Leser mit Werbung für klimaschädlichsten Luxus und Konsum bombardieren. Sie werden nie eine nachhaltige Ausgabe der Zeit oder des Zeitmagazin produzieren, in dem Alles, aber auch wirklich Alles darauf ausgerichtet ist, Ihre Leser ehrlich über den Klimaeffekt der besprochenen bzw. beworbenen Produkte oder Reisen zu informieren.

Ich wette, dass sich leicht Werbepartner dafür finden lassen würden. VW würde für kleine E-Autos werben, Oatly für Hafermilch und Rügenwalder für seine veganen Produkte. Ich würde mich freuen, wenn Die Zeit ihrer Vorreiterrolle als Deutschlands wichtigste und angesehenste Wochenzeitung gerecht werden würde und hier eine (Welt-) Premiere hinlegt. Der Spiegel hat schon abgehakt. Den recht witzigen E-Mailverkehr kann ich Ihnen gerne zukommen lassen:) – Klaus Siersch

 

Schon erstaunlich, was mehr oder minder bildungsnahen Medienkonsument:innen an geistiger Beweglichkeit abverlangt wird. S. 25: Zum Preis von ca. 8’500 EURO wird man per Hybrid-Expeditionsschiff (toll) in die Antarktis spediert, um dort die auf S. 28 von viel Prominenz beklagten Auswirkungen des menschen- gemachten Klimawandels zu besichtigen und abends beim gemütlichen Zusammensein auf- zuarbeiten. Kann gut sein, dass ein sogenannter Klimaflüchtling oder „Wirtschaftsflüchtling“ etwa den gleichen Betrag aufbringen muss, um sich ergebnisoffen durch die Sahara schleusen und später per Schlauchboot übers Mittelmeer schippern zu lassen. Besten Dank jedenfalls, dass Sie mir das Erkennen solcher Zusammenhänge ermöglichen. – Heinz Abler

 

Die vier Seiten 27 – 30 zeigen eine fatale Mischung von guten Absichten und unbequemen Fakten : – Wenn es mit gemäß Seite 27 mit 22 €/t CO2 möglich wäre, die 11 t CO2-Äq/Kopf jedes Bewohners in Deutschland (d.h. insgesamt über 240 €/Kopf) „klimaneutral zu kompensieren“, dann könnte die Bundesregierung schlicht rund 20 Mrd. € jährlich in diesen „Klima-Topf“ einzahlen und hätte ihren Pflicht-Beitrag zur „Klimarettung“ geleistet? Greenwashing auf ewig – einfacher geht’s nicht!

– Auch wenn etwa Sven Plöger als seriösem Experten recht zu geben ist, dass es zukünftigen Generationen bei anhaltender Dürre schlechter gehen kann, so hat er kein Wort über weiter steigenden weltweiten Ausstoß der sieben Treibhausgase , (die weltweit das Klima verändern mit den Hautemittenten China, Indien, USA und anderen) und auch über das fortgesetzte „Umpflügen der Erdoberfläche“ (nach der CoP 7 im Jahr 2001 in Marrakesch: Massiv klimarelevant) verloren.

– Großflächige Waldrodungen und Übernutzung der Erde ist ein Problem der Richtung 10 Milliarden Menschen weiter anwachsenden Menschheit. An letzterem haben die „alten Industriestaaten“ seit 50 Jahren praktisch keinen nennenswerten Anteil. – Auf Seite 30 findet sich der Befund, dass die „Begrünung“ der Sahel-Zone mit einem Streifen von Büschen und Bäumen trotz massiver finanzieller Förderungen erst zu 4 % vorangekommen ist. Lapidare Begründung: Krisen, Kriege, Korruption. Da kann man ja wohl nichts machen!

– Da die (Netto-)Akkumulation der Treibhausgase nach Abzug der diversen bis 1920 noch leidlich funktionierenden „natürlichen Senken“ (für CO2 bspw. Wälder, Moore, bestimmte Algen, …) und auch „Changed land use“ je ein globales Problem beschreiben, kommt es nicht nur auf eine „positive Haltung von 1 % der Weltbevölkerung an, ob eine „globale Wende“ nicht nur bei Energie, sondern auch bei Boden- und Wasserzerstörung etc. gelingt. Usw. usw, Wie passt das alles zusammen?

– Die Interviews beschreiben zwar jeweils individuelle gute Absichten, jedoch keinerlei Vorstellung über die globale Größenordnung, um die es faktisch geht. Nicht einmal Fridays for future Deutschland will die nationalen Herausforderungen zur Kenntnis nehmen. Ein paar Zahlen dazu (etwa jährlicher Wasserstoff-Bedarf für die deutsche Energiewende) lassen sich im Wuppertal-Gutachten von Oktober 2020 (für „FFF“!) finden! Aber so etwas zu lesen, ist doch anstrengend! – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 

Kommt ein Unglück selten allein, bemühen wir gerne mit: „Der Mensch denkt, Gott lenkt“ unsere human-christliche Demut. Auch gefühlsgeladenes „Da muss man doch was tun!“ schielt in „sieben Schwaben“ -Manier auf andere. Biblische Aussagen wie: „Machet euch die Erde untertan“ sind gleichgewichts-ökologischem, also naturgesetzlichem Werden und Vergehen gewiss nicht dienlich. Wie wäre es, wenn wir der Freiheit Leben einhauchten?

Ist dieser Anspruch doch noch weitaus herausfordernder als Jesu Mahnung: „Liebet eure Feinde!“. Denn im übenden, mühevollen Praktizieren des: „Was Du nicht willst, dass man Dir tue, das füg` auch keinem anderen zu!“ liegt der Universalschlüssel zum wohlergehenden und somit sorgsamen, klimaneutralen Umgang des Miteinanders von allem, was dank der Elemente Stickstoff, Wasserstoff und Sauerstoff kreucht und fleucht. Dann, nur dann können wir zwischen Begehren und Verstand J. W. Goethes: „…doch der Größte aller Schrecken ist der Mensch in seinem Wahn!“ die lange Nase zeigen. – Andreas Weng

 

Zwei Fragen zum sehr guten Artikel: • Warum werden nicht alle Unternehmen, die mit krimineller, giergetriebener Energie MIssbrauch betreiben, nicht namentlich genannt? • Ist es nicht ungerecht, dass ein 2-Personen-Haushalt mit 2 Erwerbstätigen zweimal finanzielle Hilfe bekommt, während z.B. ein 5-Personen-Haushalt (Mutter, Vater, drei Kinder) mit nur einem Erwerbstätigen, die mind. doppelt so viel Gas verbrauchen wie der 2-Personen-Haushalt, nur einmal Hilfe erhalten? – Kurt Eimers

 

Alle Ihre Artikel in GREEN vom 01.09.2022 sind sehr interessant! Besonders auch wenn man im Mittelteil erfährt, wer sich alles für mehr Klimaschutz ausspricht. Wenn Herr Ali Mboudou im Tschad ohne jeden Lohn und gegen allen Gegenwind auch von menschlicher Seite weiter Bäume pflanzt und sich für die Begrünung der Wüste einsetzt, wenn die Natur und all Ihre Helfer, wie die Biber z.B. für das Leben und unser aller Überleben kämpfen mit gutem Erfolg, um wieviel leichter, würde es uns in Deutschland, wo es uns noch sehr gut geht, fallen, den Klima- und Artenschutz endlich voranzubringen, wenn sich nur alle Umweltschützer zusammentun und der Fokus der menschlichen Intelligenz endlich auf das Wesentliche gerichtet wird, nicht nur auf Profit, sondern auf Nachhaltigkeit und ressourcenschonendes Leben.

Damit die Politik jedoch etwas tun kann und zeitnah etwas erreicht werden kann, müssen Gesetze geschaffen werden, die auch den Druck erhöhen, etwas tun zu müssen, um mit Barbara Schönebergers Worten zu sprechen: „Denn jeder kann fast alles anders machen, wenn die anderen es auch tun müssen.“ Das gilt in den Familien, unter Geschwistern, im Kindergarten, in der Schule, in der Arbeitswelt, unter Nachbarn und auch in der großen Politik bis hin zu den Ländern. Jedoch muss einer einmal anfangen, wieso nicht wir in Deutschland, wo wir doch tagtäglich in den Nachrichten sehen, wie privilegiert wir sind. Anfang August habe ich eine Petition für den Klima- und Artenschutz gestartet.

Seitdem bin ich auf der Suche nach Gleichgesinnten und etwas ernüchtert, weil Umweltorganisationen z. B. entweder gar nicht antworten oder selbst zu viele Aktionen planen und Landunter haben oder keine Privatpersonen unterstützen können, auch wenn es nur um Unterschriften und nicht um Geld geht. Forschungsinstitute müssen unabhängig bleiben, dürfen auch bei Petitionen nicht unterschreiben (ich frage mich, von wem sie das Geld für Ihre Forschung bekommen). Für Fridays for Future habe ich wohl noch nicht den richtigen Ton getroffen oder mit Email den falschen Kanal erwischt.

Wenn 50 000 Unterschriften für eine Petition zusammenkommen, wird es im Bundestag eine verpflichtende Anhörung geben, zurzeit hat diese Petition erst 95 Unterschriften, aber es ist ein Anfang, und die Dringlichkeit ist auf jeden Fall gegeben. Aufgeben ist keine Option, immer mehr Rechtswissenschaftler kämpfen jetzt auch für den Klima-, Arten- und Umweltschutz. https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/natur-braucht-eigene-rechte-zum-freiheitsschutz-der-generationen-18245736.html

Wir müssten einander nur finden und uns zusammenschließen, damit unsere Stimmen gemeinsam Gewicht in unserer Demokratie bekommen. „Umweltschützer aller Länder vereinigt Euch!“ In diesem Sinne bitte ich Sie, diese Petition zu lesen und bei Interesse zu unterzeichnen und weiterzuleiten. https://eur06.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fchng.it%2FYjcqJNZk&data=05%7C01%7Cleserbriefe%40zeit.de%7C26765548ebbf4f7693fc08da8e749f19%7Cf6fef55b9aba48ae9c6d7ee8872bd9ed%7C1%7C0%7C637978928780148424%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C3000%7C%7C%7C&sdata=%2B96bn1TK3AtpFZIJCR%2B4rueYgImRvprnbKPbThdC%2B4w%3D&reserved=0

Ich bin davon überzeugt, wenn es uns gelänge, der Natur zu Ihrem Recht zu verhelfen, beginnend in Deutschland, dass es uns und den Umweltverbänden endlich bessere Chancen böte, unsere Natur vor Raubbau zu bewahren. – Silke Masuch

 

Würde ich die 198,- € behalten oder „für das Klima“ spenden? Das kommt drauf an, was mit dem Geld gemacht wird. Wenn es einfach in den Ablasshandel fließt, behalte ich es. Dient es aber dazu, dass das Windrad auf dem Berg vor meinem Fenster noch dieses Jahr gebaut wird, lege ich 2,- € aus eigner Tasche oben drauf. Und wenn eine Elektrolyseanlage daneben gestellt wird, gibt es noch mal 200,- € von mir. – Hans List

 

Die erste Aussage des Artikels von Uwe Jean Heuser ist folgerichtig: Wenn wir glauben wir (Wir Nr. 1) täten mehr fürs Klima als der Durchschnitt (Wir Nr. 2), dann ist das schlecht. Besser wäre, wir glaubten das Gegenteil, denn das würde uns veranlassen, unsere Anstrengungen zu erhöhen. Aber was ist der Massstab für die Bezeichnung „besser“. Das einzusetzende Geld kann es nicht sein. Nicht mal Sparen reicht. Der Massstab muss sich an der Frage orientieren:

Was ist notwendig und hinreichend, damit der Klimawandel ausreichend begrenzt werden kann? Oder sogar etwas allgemeiner, was ist notwendig und hinreichend, damit die Menschheit noch lange gut fortbestehen kann? Auch dabei geht es nicht um Geld, nicht einmal so sehr um Zahlen. Wenn ein Auto mit wachsender Geschwindigkeit gegen eine Wand fährt, dann interessiert vor allem die Frage, wo die Bremsen sind und wie sie ausreichend zu bedienen sind.

Zurück zum Klimawandel heisst das, man muss die Mechanismen untersuchen, die zum jetzigen Zustand geführt hat und sich fragen, wie man sie ausreichend beeinflussen kann. Im Artikel finden sich dazu zwei interessante Feststellungen: «Regelrecht „erschreckend“ erschienen dem Ökonomen der mangelnde Glaube an Forschung und Wissenschaft…» Der Satz bezieht sich zwar nicht direkt darauf, dass die genannten Mechanismen von Wissenschaft und Forschung zu wenig untersucht werden und daraus Schlussfolgerungen gezogen werden. Doch Mangel an Glauben ist wohl auch genau darauf zurückzuführen.

Eine andere interessante Feststellung ist: «Die Menschen sind zum grossen Teil bereit, auf so manches zu verzichten, vorausgesetzt, die anderen tun es auch…». Eine wichtige Voraussetzung wäre, dass die Bezeichnung «die anderen» die gesamte Menschheit mit ihren demographischen, ökonomischen und ökologischen Gräben einschliesst und dass das Verzichten sich in einen Rahmen einfügt, der ausreicht und notwendig ist, den Klimawandel zu stoppen, soweit das für ein gutes Fortbestehen der Menschheit nötig ist. Letzten Endes geht es darum, Perspektiven zu definieren und ihr Benutzen zu fördern und fordern, die mit der Überlebensfähigkeit der Menschheit vereinbar sind, als Ersatz für das Nutzen von Perspektiven, die zum aktuellen Schlamassel geführt haben.

Das Lösen des Klima-Problems ist eben nicht vergleichbar mit der Aufgabe einen ungeheuren Haufen Kies wegzuschaufeln, wo kleine und grosse Anstrengungen von möglichst Vielen zum Ziel führen. Es geht um eine komplexe Aufgabe mit vielen Aspekten, wobei viele unterschiedliche koordinierte Massnahmen nötig sind, was zunächst mal ein schlüssiges Gesamtbild erfordert. Etwas Ähnliches wie Schaufeln ist zwar nötig, aber nicht hinreichend. Da hilft allerdings der Vergleich: Gutes Werkzeug ist nötig, nicht nur Handarbeit. – Dr. Gernot Gwehenberger

 


 

 

Leserbriefe zu „Bye-bye, Winnetou?“ von Michael Allmaier

 

Bevor eine offene, unvoreingenommene Debatte geführt wird, wird hier erneut von wenigen „Experten“, die nicht einmal alle Karl May gelesen haben, eine Norm aufgestellt und der Mehrheitsgesellschaft aufgezwungen. Mit Demokratie hat das wenig oder Garnichts zu tun. Bedauerlich ist die Tatsache, das die Medien dieser Entwicklung nachlaufen. Ist das wirklich deren Aufgabe? – R. Renaux

 

Nun geht es also Winnetou an den Kragen – dem Helden meiner Kindheit. Ich – ein 10jähriges Mädchen vom Lande – war Winnetou. Mein dickbäuchiges Pony war Iltschi. Wir galoppierten über die steinige Prärie auf der Schwäbischen Alb. Was ist daran falsch? Bringt uns „cancel culture“ gesellschaftlich wirklich weiter?

Michael Allmaier resümiert wehmütig, es sei an der Zeit vom Indianer Abschied zu nehmen. Ich lasse lieber meinen Blick schweifen. Und was sehen meine Augen am Horizont? Das bevormundende, humorlose, zwänglerische „cancel culture“ – Konstrukt entschwindet in die Ewigen Jagdgründe. Wie tröstlich! – Anna Maier-Pfeiffer

 

Was ist eigentlich in die Mitarbeiter der ZEIT-Redaktion gefahren? Haben Sie keine wichtigeren Themen als Karl May und Winnetou? Nach Gendern und den überlebenswichtigen Vorschriften hierzu nun der längst überfällige Exkurs zu Indianern, Karl May-Festspielen, Büchern, Filmen….das alles ist Teufelszeug und muß weg! Mein Gott Leute! Hört endlich mit dem Mist auf, den Mitmenschen ihre harmlosen Freuden zu vergällen! Wir brauchen all diese superklugen Intellektuellen und Vordenker nicht, die uns – wenn nötig mit Verboten – beibringen wollen, was das niedrige Volk noch darf und was nicht! – H. Robert Gerlinger

 

Nein, nicht „bye-bye, Winnetou“! Nur weil sich jetzt eine Schar von Aktivisten über Karl May hermacht und für sich die Deutungshoheit darüber reklamiert, was rassistisch ist und damit verboten gehört? Die Bücher von Karl May haben mich nie begeistert, Winnetou und Co. aber schon. Man kann die Bücher von Karl May nicht mit heutigen Maßstäben messen, sie sind auch Dokumente ihrer Zeit. Natürlich stimmen sie in vielerlei Hinsicht nicht mit unseren Zeitgeist überein. Michael Allmeier zitiert Verse von Schiller und verdeutlich damit, dass Literatur auch immer im historischen Zusammenhang zu begreifen ist, klasse. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen. Viel Spaß beim Durchstöbern der Weltliteratur möchte ich da diesen Aktivisten zurufen, das kann dauern.

Geschichte kann man nicht löschen oder ändern, indem man ihre Dokumente verbietet. Sie muss aufgearbeitet werden. Bye-bye zu solchen Säuberungsaktionen von Aktivisten, die anderen diktieren möchten, was rassistisch oder kulturelle Aneignung ist, und sie damit entmündigen. „Unsere“ geliebte Kindheitsheldin Pippi Langstrumpf hat es ja auch schon getroffen, weil einige Passagen in den Büchern heutzutage durchaus als rassistisch eingeordnet werden können und die Bücher damit angeblich insgesamt untragbar sind. Der Rest, die Aussage dieser Kinderbücher ist fortschrittlich, aber das ist dann ja auch egal.

Ich wundere mich, warum es den Aktivisten gelingt, so widerstandslos damit durchzukommen und keine differenzierte Sichtweise oder ein offener Diskurs mehr möglich ist. Shitstorm sei Dank? Wir waren dieses Jahr auch wieder einmal bei den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg. Meine Kinder, jetzt erwachsen, lieben die Festspiele immer noch und „kennen“ Winnetou von klein auf. Sie sind nicht zu Rassisten herangewachsen, sondern zu reflektierten jungen Menschen, die Fiktion und Realität durchaus auseinander halten können.

Rassismus ist schändlich und muss in den Köpfen der Menschen und in ihren Taten bekämpft werden. Ein Verbot von Karl May Büchern, Festspielen oder Filmen wird da kaum etwas bewirken. Indianerspiele von Kindern sind sicher auch der Ausdruck von einem naiven Interesse an einer fremden Kultur. Eigenen sie sich damit aber diese Kultur an? Ich finde nicht. Mich stört es als Norddeutsche übrigens auch nicht, wenn ausländische Gäste zum Münchener Oktoberfest in Lederhose oder Dirndl anreisen und diese „Verkleidung“ für typisch deutsch halten. Ich freue mich darüber und sehe darin einen großen Spaß und sogar ein Stück Anerkennung . – Regina Stock

 

Ich nehme diesen Artikel zum Anlass, meinen Unmut zu äußern über eine so langlebige wie diskriminierende Haltung der ZEIT-Redaktion, die mir immer wieder aufstößt: Im allgemeinen Sprachgebrauch der ZEIT stehen „die Deutschen“ auch 32 Jahre nach der Wiedervereinigung oft immer noch unreflektiert für die Westdeutschen. Im Leitartikel der Rubrik Entdecken „Bye-bye Winnetou“ gleich im ersten Absatz im Bezug auf die Karl-May-Spiele in Bad Segeberg: „…Ich kann nicht beweisen, dass jeder Deutsche in jungen Jahren mal hier gesessen hat, aber bestimmt jeder zweite.“

Das mag für einen in der BRD aufgewachsenen Deutschen richtig klingen, für eine sächsische Leserin fühlen sich solche Sätze an wie eine zugeschlagene Tür: als deutsche Geschichte, deutsches Erleben wird auch in der ZEIT im Allgemeinen allein die BRD-Geschichte als ausschlaggebend und relevant dargestellt, außer man hebt betont die DDR-Geschichte hervor. Es mögen Kleinigkeiten sein, ein etwas nachlässiger und unsauberer Sprachgebrauch, nichts wirklich Relevantes. Aber sie bewirken, dass ostdeutsche Leser immer wieder das Gefühl haben, zwar mitlesen zu dürfen, aber nicht mit gemeint zu sein.

Für diese Gruppe gibt es ja schließlich die zwei Seiten „Zeit im Osten“. Aus meiner Sicht kann „Zeit im Osten“ gern entfallen: Ich hätte viel lieber eine Zeitung, die diesen Unterschied nicht mehr macht und ganz selbstverständlich in jedem Beitrag alle heute in Deutschland lebenden Menschen und ihre Geschichte mitdenkt und sie nicht in Randgruppen und Minderheiten aussondert. – Bettina Albert

 

Als ich 10 Jahre alt war schenkte mir mein Vater einen ersten Karl May Band. Im Alter von 20 fuhr ich zu den Plitvicer Seen, weil ich die Original-Drehorte sehen wollte – zum Rassisten bin ich nicht geworden. Werden die Wurzeln für Rassismus in der Kindheit gelegt, so muss schon einiges mehr passieren in der Sozialisation als Winnetou zu sehen oder zu lesen. Ich möchte mich bei Michael Allmaier für den gelungenen Artikel in der ZEIT Nr. 36 bedanken. – Marlies Ebertshäuser

 

Vor 90 Jahren hat eine menschenverachtende Diktatur festgelegt, was als Kunst zu gelten hat, und hat dies mit willfährigen Schergen gewaltsam durchgesetzt. Was den staatlichen Zensurvorgaben nicht entsprach, wurde als sog. „Entartete Kunst“ gebrandmarkt, vernichtet oder verschwand; missliebige Bücher wurden auf Scheiterhaufen verbrannt, Zeitungen verboten, Künstler erhielten Berufsverbot. In unserer Zeit wird eine Künstlerin noch vor ihrem Auftritt bei einer Veranstaltung der Organisation Fridays for Future allein aufgrund ihres Aussehens (Rasta-Frisur als verpönte kulturelle Aneignung!) von den Verantwortlichen wieder ausgeladen.

Es müssen sich Autoren, Verlage, Uni-Dozenten vor einem laut schreienden, intoleranten Internet-Mob in den Staub werfen und widerrufen, wenn sie angeblich falsche Ansichten, Bücher, Meinungen veröffentlichen. Tun sie das nicht, droht ihnen ein virtueller Schlägertrupp mit skandallösen Shitstorms die Reputation und die finanzielle Existenz zu zerstören. Mich schaudert, dass aggressive selbsternannte Moralisten, dass wieder eine vermeintliche Elite – dieses Mal sogar aus der Mitte einer wohlgemerkt freien Gesellschaft – eine, noch dazu zivile, Zensur durchdrücken.

Sie wollen bestimmen, was künftig veröffentlicht wird, was ich lesen oder sehen kann, nehmen mir die Möglichkeit, ein eigenes Urteil zu bilden. Sie gefährden wieder die Kunstfreiheit, mit virtueller, jedoch durchaus real wirkender Gewalt. – Wolfgang Mantel

 

Herr Allmaier bemitleidet sich selbst und hat leider in seiner Selbstblindheit wenig begriffen. Er fragt sich, ob ihn als Kind der Konsum klischeehafter Geschichten wie im Film vom jungen Häuptling Winnetou zu falschen Vorstellungen verleitet hätten. Und verneint. Leider entlarvt sein durchgängiger Gebrauch der Worte „Indianer“ und „indianisches Leben“ ihn. Der Schaden ist angerichtet.

Es gibt kein indianisches Leben sondern viele sehr voneinander verschiedene indigene Kulturen auf dem amerikanischen Kontinent. Das ist eben was Klischees anrichten. Alle diese Unterschiede zu einem folkloristischen Brei mischen. Nach der Logik gäbe es Europäisches Leben, bei dem ein Mann im Buscherumpje ein Baguette verspeist, Sangria dazu trinkt und Sirtaki tanzt. Nur noch schlimmer. Winnetou ist Geschichte. – Franziska Becher

 


 

 

Leserbriefe zu „Anna Mayr entdeckt: Fortpflanzungsskepsis“ von Anna Mayr

 

Mit Vergnügen lese ich von Anfang an Ihre regelmäßigen Beiträge in der ZEIT und stelle immer wieder fest, mit welch feiner Ironie, gesunder Skepsis und zutreffender Analyse Sie schreiben. Dabei scheuen Sie sich nicht davor „heiße Themen“ anzupacken, die tief ins Herz der Gesellschaft gehen: Kritik am Sozialsystem, Menstruation und hormonelle Verhütung, Elternschaft und Mutter-sein…

Dabei erwartet Sie sicherlich jedes Mal kistenweise Post von „empörten Eltern/Müttern“, „besorgten Bürgern“ und „Leuten, die es zu was gebracht haben, wenn man(n) sich nur fest genug anstrengt!“. Ich dachte deshalb, ich schreib dazwischen auch mal was Nettes. Vielleicht bringt es Sie ja zum schmunzeln – so wie mich Ihre Beiträge, wenn Sie wieder einmal scharfsinnig ein kontroverses Thema angepackt haben und ich mir das Leser*innenecho vorstelle. Vielen Dank für Ihre Arbeit! Bleiben Sie mutig und kritisch und „unbequem“. – Jasmin Mannschatz

 

Ja, den Satz „Ich bekomme doch keine Kinder, um sie gleich in einer KiTa abzugeben“ kenne ich, und zwar aus meinem eigenen Mund. Allerdings weniger unter der generellen Fragestellung, warum ich Kinder bekommen hatte, sondern aus Notwehr gegenüber dem Jobcenter, dessen Sachbearbeitern eine Kinderbetreuung nur dann etwas wert erschien, wenn sie marktwirtschaftlich relevant war durch den Austausch von Zahlungsmitteln. Eine Betreuung durch die Mutter hielt diese davon ab, möglichst sozialversicherungspflichtig beschäftigt zu sein – ein Umstand, der so schnell wie möglich zu beenden war.

Ich hatte vier Kinder bekommen, war allein mit ihnen, und mir war es wichtig, sie selbst aufzuziehen, nicht unbedingt mit ihnen „rumzuhängen“, wie Frau Mayr schreibt. Das wäre mir konfliktfrei allerdings nur gestattet worden, wenn ich „versorgt“ gewesen wäre. Ich habe mich gegen eine Politik gewehrt, die mir vorschreiben wollte, wie meine Kinder aufzuwachsen haben und wie viel Zeit ich mit ihnen verbringen darf. Das war mein Grund. – Maren Moormann

 

In einer Gesellschaft, die sich vormacht, alles im Leben planen zu können, und die erwartet, mit der Ratio zu Entscheidungen zu kommen, ist Frau Mayrs Frage nachvollziehbar und einer Kolumne wert. Sie geht aber fast wörtlich am Leben vorbei. Die Kollegin, die auf die Frage, wofür man Kinder bekommt, mit „Weil man will“ antwortete, bringt es auf den Punkt. So kommt man zu Kindern. Es ist auch nichts, was man begründen muss oder auch kann. Es geschieht. Oder auch nicht — und dann bewusst so. Der Kollege, der meinte, Kinder seien eine Optout-Sache, hatte genauso Recht. – John Stevens

 

Aus meiner Sicht eine ziemlich „verkopfte“ Betrachtung. Einerseits ist die Fortpflanzung, das Kinderkriegen fundamentaler Bestandteil der Entwicklung des Lebens auf der Erde. Auf der anderen Seite ist die Eltern-Kind-Beziehung durch nichts zu ersetzen. Das muss man selbst erlebt haben, um es bewerten zu können. – R. Renaux

 

Ich bin immer wieder von Ihnen begeistert, wie Sie die Themen finden und wie Sie damit umgehen. Als Mann, besonders als alter Mann, ist dieses Thema ein no go. Was Frauen alles mit sich anstellen, um ein Kind zu bekommen, ist für mich unvorstellbar. Eine Freundin ist Gynäkologin mit Schwerpunkt Kinderwunsch. Wenn sie anfängt zu erzählen, gehe ich nach einiger Zeit mit dem Hund raus. Es ist nicht zum Aushalten. Zwei Frauen aus meinem Bekanntenkreis haben sich speziell einen Mann zum Schwängern ausgesucht.

Heiraten wollten sie ihn nicht. Unterhalt bezahlt er aber. Eine andere Freundin, Lehrerin, adoptierte einen Jungen, dessen Mutter drogensüchtig war und ist. Er kann kaum lesen und schreiben, weil er eine Augenkrankheit hat, die das Fokussieren verhindert. Es gibt keine Allergie, die er nicht hat. Hat jetzt die dritte Lehrstelle geschmissen. Sie werden ähnliche Erfahrungen haben. Wenn man sich vorstellt, dass es die Pille erst seit ca. 60 Jahren gibt. Für Milliarden Frauen waren und sind Kinder ein Grund für frühen Tod. Unsere Mütter und Großmütter zitterten jeden Monat, ob die Menstruation kommt oder nicht.

Kinder waren früher Eigentum der Eltern wie das Vieh oder der Leiterwagen. Und heute? Wenn ich aber lese und sehe, dass nur ca. 10% der Menschen in Deutschland unter 20 sind und in diesem Jahr der Einschulung im Saarland, das wird bei Ihnen nicht anders sein, nur 10 % der Bevölkerung eingeschult werden, keimt bei mir die Hoffnung, dass es immer weniger Kinder geben wird. Schauen Sie sich z.B. bei den Türken um. Die Ein-Kind-Ehe ist in der zweiten oder dritten Generation das normale.

Die Vasektomie ist bei Männern ab 35 eine Alternative, die genutzt wird. Und das gilt für alle Schichten. Ich habe nichts gegen Kinder. Habe einen Sohn von 45 und einen Enkel von 3. Mein Sohn macht mir kein Kopfzerbrechen. Sorgen mache ich mir um meinen Enkel. Spätestens ab 2050 wird es für ihn eng. Aber dann bin ich tot und er kann mir keine Vorwürfe machen. Aber seinem Vater. – Hartmut van Meegen

 

Eine Schwangerschaft ist das Natürlichste auf der Welt! Nur hat uns die moderne Pharmakologie die Möglichkeit gegeben, sie zu verhindern. So sollte eigentlich jedes dennoch geborene Kind ein Wunschkind sein! Und seine Entwicklung vorgeplant. Leider wird dieses Natürlichste immer mehr „pathologisiert“, mit abschreckender Wirkung auf die Frau, die sich ein Kind wünscht. Risiko ab 35, regelmäßige gynäkologische Kontrollen, kostenpflichtige empfohlene Zusatzuntersuchungen, um ja nichts zu übersehen und ev. Krankheiten oder genetische Abnormitäten auszuschließen.

Ob die Schwangere das wirklich wissen will und wie sie auf einen positiven Befund reagiert…? Bei Ihrer Befragung: „Wofür, zur Hölle, bekommt man denn nun Kinder?“ fehlt ein nichtegoistischer, solidarischer Grund: um die Gesellschaft am Leben zu erhalten, in der wir aufgewachsen sind und die uns beschützt hat! Das auszusprechen traut sich kein Politiker! Dafür dürfen es ruhig auch mal drei Kinder sein! Pro Familie! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Plötzlich offensiv“ von Anna Sauerbrey

 

Die in obigem Artikel geschilderte Schwäche von Russland wäre sicher tröstlich zu wissen, aber mich wundert, woher die Verfasserin so genau wissen will, dass „Russland eine optische Täuschung“ ist, und das ganze schöne Militärgerät nichts hilft. Schön wäre es, aber beruht diese Anname auf Fakten ? – Prof. Dr. Klaus Lang

 

Für mich ist immer wieder erschreckend, welch romantische Konzepte im europäischen Westen, hier vor allem in Deutschland, gepflegt werden, wie man eine Nuklearmacht zur Mäßigung oder zur Aufgabe bewegt. Die meisten dieser Vorstellungen scheinen direkt dem 19. Jahrhundert, dem Zeitalter der Befreiungs- und Revolutionskriege, entsprungen zu sein.

Man kann es nicht oft genug wiederholen: dieser Krieg, der ein verbrecherischer ist, ist eine Auseinandersetzung um geopolitische Großmachtpositionen, in denen man – gerade als Mittelmacht – sehr genau hinschauen sollte, woraus sich die von den einzelnen konkurrierenden Mächten in die Waagschale geworfenen Einsätze speisen.

So bitter meine These auch klingen mag: die Ukraine in all ihrer bewundernswerten Heldenhaftigkeit gehört in diesem Spiel zu den Fußsoldaten. In diesem Krieg wird die Ukraine, davon bin ich überzeugt, nicht als militärischer Sieger im Sinne einer definitiven Niederwerfung Russlands hervorgehen. Deutsche Panzerhaubitzen, amerikanische Himars und auch geschätzt 80000 russische Gefallene hin oder her. Ich warne dringend vor der Illusion, wir hätten eine realistische Vorstellung davon, welchen Umfang die von Russland mit langem Atem mobilisierbaren Ressourcen haben.

Und noch etwas: wir wissen ja nicht einmal mit Sicherheit, wo das tatsächliche machtpolitische Zentrum der Aggressivität Russlands liegt. Das muss gar nicht Putin als Person sein, es könnten ebenso gut mächtige revanchistische Kreise des Militärs sein, die uns bisher verborgen geblieben sind. Und selbst wenn die Ukraine die Beendigung der Kampfhandlungen erzwingen kann, sind im die dem Krieg zugrunde liegenden historisch-nationalistischen Hintergründe danach in keiner Weise entschärft oder gar ihre Protagonisten dauerhaft entmachtet.

Wenn man überhaupt zu einer realpolitischen, d.h. die Beweggründe der Parteien und ihre jeweils unabdingbaren Grundsätze berücksichtigende, Konzeption finden will, dann hat man von den vorstellbaren Endkonstellationen des Konfliktes, d.h. von den dann entstandenen Machtverteilungen auszugehen. Keine dieser Endkonstellationen wird beinhalten, dass Russland – ein Staat mit einsatzfähigen Nuklearstreitkräften – machtpolitisch in Fesseln gelegt sein wird wie Gulliver von den Zwergen. Nein, nüchtern zu analysieren wäre, welche geopolitischen Positionen die Großmächte, Russland definitiv eingeschlossen, einnehmen könnten bzw. im Interesse unseres eigenen Überlebens einnehmen sollten. Ein derartiges Herangehen sucht man in Deutschlands Medienöffentlichkeit leider immer noch vergebens.

Was wir brauchen, ist geopolitische und diplomatische Fantasie und höchstwahrscheinlich ein völlig neuer Denkansatz für die Herstellung machtpolitischer, friedlicher Gleichgewichte in Europa. Das wäre ein ähnlicher Ansatz wie weiland von Bismarck, später dann von Brandt und in der neueren Geschichte vom angeblich so einfach gestrickten Kohl praktiziert.

Zu glauben, wir könnten die Welt nach unseren Gerechtigkeitsvorstellungen ordnen, gehört ins Zeitalter der Romantik, aber nicht ins 21. Jahrhundert mit seinem halben Dutzend Groß- und fast zwei Dutzend Nuklearmächten. Unser Denken dieser Wahrheit anzupassen, das wäre für mich die allseits beschworene Zeitenwende. Es nicht zu tun, wird den Untergang der westlichen Demokratien einleiten. – Dr. Matthias Wagner

 

Glauben Sie wirklich, dass Putin klein beigeben wird, wenn ihm die Kosten des Krieges an Menschenleben zu hoch werden ? Ich fűrchte, wir täuschen uns da genauso, wie wir uns – trotz aller Warnungen – darin getäuscht haben, dass er einem Nato-Beitritt der Ukraine tatenlos zusehen wűrde. – Hermann Weigmann

 

Danke für diesen hoffnungsvoll stimmenden Artikel! Von Waffensystemen und Militärstrategie habe ich keine Ahnung, aber es scheint ja inzwischen, dass die Ukrainer*innen den ihnen von Herrn Putin aufgezwungenen Krieg gewinnen und die volle Souveränität auch hinsichtlich Krim und Donbass mit Hilfe der Unterstützerstaaten wiedererlangen können.

Das ist auch für die Bevölkerung Deutschlands ein Grund zu verhaltenem Aufatmen und zur weiteren Unterstützung der Ukrainer*innen, denn irgendein dauerhafter Geländegewinn in der Ukraine würde Herrn Putin nach den bisherigen Erfahrungen dazu motivieren, nach einer Wiederaufrüstungsphase den nächsten Nachbarstaat anzugreifen, eventuell einen NATO-Staat.

Dann befände sich auch Deutschland im Krieg. Ich hoffe, dass alle „Skeptiker*innen“, die den Ukrainer*innen empfohlen haben oder sogar immer noch empfehlen, sich widerstandslos versklaven und/oder vergewaltigen und/oder foltern und/oder ermorden zu lassen, nun endlich in sich gehen. – Dr. Ulrich Willmes

 

Plötzlich offensiv! Wieder optimistische Worte von einem sicheren Schreibtisch aus. Ich halte mal dagegen: in 6 Monaten wird die russische Armee die eroberten Gebiete halten und befehlen. Nicht, weil ich das wünsche, sondern weil auch der Ukraine die Realität dazwischen kommt. Wir haben vor nicht nicht allzu langer Zeit Russland überfallen und für Leid gesorgt. Darf das überhaupt noch erwähnt werden? Angesichts der vorhanden Kriegsbegeisterung über den „kreativen“ Krieg der Ukrainer? – Frank Tofern

 

Zwei Autorinnen der ZEIT unterläuft eine grobe Verwechselung von Wunsch und Wirklichkeit. Ein bestürzendes Wunschdenken verleitet Alice Bota und Anna Sauerbrey zu verhängnisvollen Fehlurteilen: Russland wird aufgrund partiellen militärischen Versagens in Richtung einer Niederlage in der Ukraine verzwergt; die Ukraine ist wegen relativer Erfolge tendenziell auf dem Weg eines Siegfriedens. Es liegt eine groteske Optimismusverzerrung vor, wenn die ukrainischen Kriegserfolge, die aus Eroberungen von Dörfern oder Landstrichen und Zerstörung von Brücken oder Waffendepots bestehen, die Atommacht Russland in die Knie zwingen sollen.

Das nüchterne Betrachten und Aushalten des furchtbaren Dilemmas dieses Krieges ist Voraussetzung, um Wege aus dem sinnlosen Morden und Zerstören in der Ukraine zu finden. Sicher ist dabei ein militärischer Sieg der Ukraine ausgeschlossen. Illusionen in diese Richtung helfen nicht weiter und erhöhen letztlich die Zahl zweckloser Opfer an Menschenleben, tausendfach. Nach Lage der – bitteren – Dinge gibt es zu Verhandlungen keine vernünftige Alternative. Sie müssen das grausame Blutvergießen alsbald beenden und – leider – auch der russischen Seite einen Vorteil bieten. So läuft Realpolitik. Oder es wird weiter gestorben, endlos. – Ludger Gaillard

 


 

 

Leserbriefe zu „Sonntags leider ungewaschen“ von Sebastian Kempkens und Charlotte Parnack

 

Die Pflegeversicherung war ein Einstieg zu Lösung eingeschätzten Folgen der demografischen Entwicklung. Erhoffter Effekt, dass die Leute in die Vorsorge einsteigen werden und die Entlastung der Kommunen (Sozialhilfe). Beides hat nicht funktioniert. Der Clou war, die Bürger mussten zahlen, bevor es Leistungen gab. Damit waren die Pflegekassen von Anfang an liquide und das Problem schien auf gutem Wege. Seitdem wurden die Entwicklungen fachlich, personell, strukturell und kostenmäßig/finanziell nicht mehr ernst genommen und ignoriert, hie und da etwas nachgebessert.

Eine klare Strategie, die auch die bestimmenden Parameter würdigt, gibt’s bis heute seitens der Politik nicht. Die Professionalisierung der Pflege und damit die Ansprüche an die Entlohnung der Pflegenden wurde unterschätzt, die Einrichtungen investiv nicht (mehr) unterstützt, der Druck auf das System nahm zu. MERKE: das Verhältnis ambulante – stationäre Pflege 70:30. Pflege ist Frauensache, auch in den Familien, damit ein Genderthema und allgemein ökonomisch relevant.

Nur an den Tariflöhnen und den Belastungen der Leistungsempfänger rumzubasteln reicht bei weitem nicht aus. Die Kritik von Rothgang (Hauptgutachter der Regierungen !) geht fehl in der Annahme der Sockel-Spitze-Tausch würde ausreichen. Das gesamte System muss ausfinanziert werden, sonst bleibt offen, wer für die Defizite aufkommt. Bei der KfZ-Versicherung kommt das ganze Geld aus den Beiträgen der Versicherten.

Was könnte die Lage verbessern? Einige Ideen: 1. Tatsächliche Kosten der Pflege erheben und die Beiträge daraufhin abstimmen und 2. Ein realistisches Kostenmodell einführen: reine Pflegekosten, Mietkosten und Raumpflege, Wäschebesorgung, Verpflegung/Essenservice, Instandhaltung der Immobilien, administrative Kosten. Dabei sind die reinen Pflegekosten der kleinere Anteil, Unterkunft und Verpflegung sind Privatsache bei jedem/r Bürger/in.

3. Trennung der Sektoren ambulant-stationär, Mischsysteme aufbauen, Angehörige und Ehrenamt – auch kostenrelevant – einbeziehen. 4. Das klassische Pflegeheim aufgeben, öffnen, mit dem Gemeinwesen verknüpfen, dazu gibt’s reichlich erfolgversprechende Modelle. 5. Steuerliche Anreize für Rente und Vorsorge umfassend verbessern. Die Pflege ist ein ähnlich vernachlässigtes Problem wie Mobilität, Klima, Verkehrsinfrastruktur, Gesundheitswesen. Die Angst der Politiker vor dem Volkswillen schafft immer neue, scheinbar unlösbare Probleme. – Jürgen Kunze

 

Leider wurde, wie fast immer, der größte Pflegedienst Deutschlands vergessen. Die pflegenden Angehörigen. Wir würden gerne überhaupt mal bezahlt werden für 24/7. – Susanne Schraud

 

Vielen Dank für den Artikel, der ein Problem aufgreift, das meinen Mann und mich schon lange umtreibt. Wir sind beide über 60 Jahre alt. Meine Mutter verbrachte ihre letzten drei Lebensjahre im Pflegeheim, seine Mutter lebt seit gut einem Jahr im Pflegeheim. Die Kosten lassen uns zittern. Von unseren Renten werden wir nicht einen Pflegeheimplatz und den bestehenden Haushalt finanzieren können.

Wir sehen derzeit – und wenn sich das Finanzierungsmodell nicht bald grundlegend ändert – nur die Möglichkeit, dass derjenige von uns, der ins Heim muss oder jedenfalls schwer pflegebedürftig wird, rechtzeitig Suizid begeht, damit wenigstens der andere in Würde weiterleben kann. Wollen jene Politiker*innen, die gegen einen Systemwechsel bei der Pflegeversicherung sind, das? Ihrer Auflistung nach – „die SPD, die Grünen, die Linkspartei und zuletzt sogar der Bundesgesundheitsminister der Vorgängerregierung, Jens Spahn, CDU“ – scheitert eine Systemkorrektur vor allem an der FDP. – Dr. Ulrich Willmes

 

Der Sockel-Spitze-Tausch ist unrealistische Träumerei. Die Vergleiche mit der Kfz- oder Krankenversicherung hinken, weil die Leistungen der Pflegeversicherung eine Dauer(geld)leistung auf hohem Niveau ist. Analog würde jede Kfz/Kranken-Versicherung in die Knie gehen, wenn ich dort jeden(!) Tag einen zahlungspflichtigen Schaden anmelden, oder mich jeden Tag einer Operation unterziehen würde. Das sprengt alle Ketten. Langlebigkeit erhöht die Pflegewahrscheinlichkeit. Vielleicht muß man „lernen“, daß Ersparnisse nicht zum vererben, sondern zum Kauf notwendiger persönlicher Dienstleistungen eingesetzt werden müssen. Und vor der Allgemeinheit sollten die Familienangehörigen im obligo stehen bleiben. – Dr. Frank Püllen

 

Ein pflegebedürftiger Partner stürzt den anderen mit in die Armut? Muss man sich rechtzeitig vor der Goldenen Hochzeit scheiden lassen, um das zu vermeiden? Dabei erinnere ich mich an eine ehemalige Mitbewohnerin, die nicht heiraten wollte, da sie als Alleinerziehende bessere Chancen hatte, einen Kindergartenpatz zu bekommen. – Dieter an Mey

 

Das dramatische neue Problem ist gar nicht so neu: Pflegebedürftigkeit ist ein sicherer Weg in die materielle, physische, psychische und spirituelle Verarmung. Der Pflegebedürftige wird seit der Einführung der Pflegeversicherung in sukzessiv steigendem Maße generell mit fachlich- und sozial inkompetenten, stets wechselnden Pflegekräften konfrontiert, die desinteressiert ihren Dienst nach Vorschrift abtun. Die Bewohnerin eines Heimes sagte mir, wenn sie ein Hund wäre, müsste man sich täglich mit ihr mehrere Stunden beschäftigen, leider sei das aber nicht der Fall.

Die Ausbeutung des Menschen am Lebensende durch die künstliche Verlängerung in das fast Unsterbliche, namentlich des Witschaftszweiges für Pflegehilfsmittel, wie Rollatoren und Pflegebetten und der Pharmaindustrie, die mutimorbiden Menschen bis zu zwanzig verschiedene Medikamente reindrückt ist total. Ist vielleicht ein Elefant im Raum?

Ich bin sehr sicher, dass viele alte Menschen, um ihrer Würde willen, eine elegante Abkürzung mithilfe von Natrium-Pentobarbital diesem Elend vorziehen würden. Vielleicht sollte der Focus der Aufmerksamkeit sich mehr auf diesen Elefanten richten. Es wäre für viele Beteiligte eine große Erleichterung. Der Diskussionsbedarf ist da. – Eva-Maria Fahl

 


 

 

Leserbriefe zu „Auf welche Schule komme ich?“ von Ines Schipperges

 

Wie es wirklich ist… …ein sonderpädagogisches Gutachten zu erstellen: Ganz anders als Ines Schipperges es in ihrem Artikel darstellt. Aus mehr als 20 Jahren eigener Erfahrung weiß ich, dass es weder den schnellen Blick auf das Kind gibt, noch die kurzen Worte mit den Eltern und auch keine IQ- Tests über mehrere Stunden mit einem 5 jährigen Kind, bei dem man sich die Untertests nach Belieben zusammenstellen kann, um den gewünschten IQ-Wert daraus zu konstruieren. Die Autorin schildert ihre Sichtweise als betroffene Mutter in einer emotional angespannten Situation. Die Sachlichkeit bleibt dabei verständlicherweise leicht auf der Strecke. Allerdings gehört ein solch subjektiver Text auch nicht unkommentiert in das Ressort „Wissen“ einer Qualitätszeitung wie der „Zeit“. – Anja Opelt

 

Leider hat die Autorin Recht – es gibt nur eine kleine Gruppe von Menschen, zum Glück nicht nur Eltern!, die sich mehr Inklusion wünschen und die Bereicherung für unsere Gesellschaft darin erkennen. Als Eltern eines Sohnes mit Down Syndrom haben wir jahrelang gekämpft, um eine Partnerklasse auf die Beine zu stellen. Die Pandemie hat das Projekt nach nur einem halben Jahr, das alle Kinder in guter Erinnerung haben, leider im Keimen erstickt. Ab Herbst wird unser Sohn nun eine Partnerklasse an einer Mittelschule besuchen. Wir sind gespannt, wieviel Inklusion dort tatsächlich umgesetzt wird. Spannend ist das, was unser Schulleiter bei der Lebenshilfe dazu sagt:

Die Schulämter und das Kultusministerium brüsten sich mit „Inklusionserfolgen“, wenn sie vereinzelt gut integrierbare Kinder mit Unterstützung von Therapeuten und Schulbegleitern an Regelschulen unterbringen. Völlig unter dem Radar läuft hingegen die „umgekehrte“ Inklusion: Kinder, die aufgrund schwieriger sozialer Verhältnisse und Systemversagen durch alle Raster fallen, landen in Scharen in den Förderzentren der Lebenshilfe und dort müssen die Pädagogen dann zusehen, wie sie mit den erheblichen Verwerfungen zurecht kommen.

Dafür interessiert sich allerdings erst recht niemand. Denn während der Sohn der ZEIT-Redakteurin und unser Kind in stabilen Familien aufwachsen, mit Eltern, die sich für ihre Kinder stark machen, haben Kinder, die durch ihre Lebensumstände behindert werden, kaum Fürsprecher. Wir sollten uns dringend mehr mit ihnen beschäftigen. Denn leider nimmt ihre Zahl stetig zu. – Violetta Paprotta

 

Soeben habe ich mit großem Interesse Ihren Artikel in der aktuellen Ausgabe gelesen und würde gerne ein paar Gedanken dazu äußern. Ich selbst bin Referendarin an einem Gymnasium, habe aber auch mal an einer Föderschule gearbeitet. Aus Elternperspektive kann ich Ihren Frust über die Bürokratie nachvollziehen. Gerade für Regelschulen und Lehrkräfte ist Inklusion aber deutlich komplizierter, als viele Eltern es vermutlich denken.

Wie soll ich bei 33 Kindern die Zeit finden, eines dieser Kinder mit einem eigenen Lehrplan zu unterrichten? Das ist leider nicht möglich. Um Inklusion sinnvoll umzusetzen, müssten die Klassen mindestens halbiert werden und multiprofessionelle Teams in den Klassen sein. Anderenfalls werden die Kinder, die besonders viel Unterstützung brauchen, kaum eine Chance haben, mitzukommen. Es gibt sicherlich Kinder mit Förderbedarf, die in Regelklassen unterrichtet werden können, das sind meiner Erfahrung nach aber nicht viele.

Aktuell ist das Schulsystem nicht für Inklusion geeignet und es muss sich immer die Frage gestellt werden, ob man den Kindern aus einer motivational-affektiven Perspektive auch einen Gefallen tut, wenn sie in Regelschulen unterrichtet werden. Alle lernen schon das 1×1 nur dieses eine Kind noch nicht… auch der individuelle Lehrplan ist eine Form der Exklusion. Studien haben gezeigt, dass die Schulleistungen inklusiv beschulter Kinder im Schnitt zwar besser sind, motivational-affektive Merkmale wie Zufriedenehit jedoch deutlich unter dem Durchschnitt liegen. Ich denke, das Thema ist weitaus komplexer als einfach auf die UN Behindertenrechtskonvention zu verweisen.

Die Frage, die sich meiner Meinung nach Eltern stellen sollte ist „Was ist uns wichtiger, dass unser Kind Spaß am Lernen hat oder auf Biegen und Brechen den bestmöglichen Bildungsabschluss macht?“. Ich hoffe, ich trete Ihnen nicht zu nahe mit diesem Beitrag, jedoch wollte i h gerne meine Gedanken dazu teilen. Ich denke, es ist sehr individuell, was für welches Kind am besten ist, und darüber kann und möchte ich in Ihrem Fall nicht urteilen. Mein Beitrag ist eher allgemein an das Thema gerichtet. – Anna Frank

 

Die Umsetzung der von Deutschland 2009 ratifizierten UN-Behindertenkonvention von 2006 beinhaltet Hoffnung. Doch der Weg mit einem behinderten Kind in in unserer Gesellschaft ist (noch) sehr steinig, schmerzhaft und auch entwürdigend. Auch wir erleben gerade wieder Bitteres auf dem inklusiven schulischen Bildungsweg unserer Tochter.

Doch manchmal gibt es auch die engagierten, verständnisvollen, unterstützenden Menschen in den Ämtern und Schulen. Ihnen zu begegnen ist ein Glück und dabei sollte es doch selbstverständlich sein und werden. Erst wenn die Inklusion in den Herzen beginnt, wird sie gelingen. Ich wünsche Frau Schipperges weiterhin viel Kraft. Es wird sich lohnen für ihren Sohn, die Kinder und diese Gesellschaft. Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie meinen Leserbrief veröffentlichen. Es ist mein großer Wunsch mich äußern zu können und Gehör zu finden. – Vera Perkovac

 

Vielen vielen Dank für Ihren Artikel. Immer wieder ist es erscheckend zu lesen, welche Hürden Eltern von Kindern mit chronischen Krankheiten oder Behinderungen im Deutschland zu überwinden haben und wie wenig die viel im Mund geführten Rechte der Kinder in der Praxis geachtet werden. Meine drei Kinder (zwei davon werden auch nächste Woche eingeschult, eines geht in die dritte Klasse) haben keine Einschränkungen. Ich möchte aber nicht in einer Gesellschaft leben, in der ‚gesunde‘ und andere Kinder voneinander ferngehalten werden und im Parallelwelten aufwachsen und wünsche mir das auch nicht für meine Kinder.

Denn wie kann Respekt und Verständnis für Menschen, die auf irgend eine Weise anders sind als man selbst gelernt werden, wenn Kinder ohne Einschränkungen nur unter sich lernen und leben und keinen näheren Kontakt zu Kindern haben, die in irgendeiner Weise ‚anders‘ sind. Sei es wegen Krankheit, Behinderung oder aber auch Herkunft (sozial oder geographisch). Ich wünschte sehr, in der Schule meiner Kinder wären viel mehr verschiedene Kinder als es der Fall ist.

Dass das mehr Personal voraussetzt und die Bildungsetats entsprechend einen völlig anderen Stellenwert im Haushaltsplan der Länder haben müssten, ist selbstverständlich. Alles Gute Ihnen und ihrem Sohn weiterhin und hoffentlich setzen Sie sich auch in Ihrer Arbeit weiterhin für mehr gesellschaftliches Bewusstsein für die Probleme der Eltern von Kindern ein, die aus welchem Grund auch immer benachteiligt sind. – Johanna Steyrer-Meißner

 


 

 

Leserbriefe zu „Wald gegen Wüste“ von Issio Ehrich

 

i Tüpfenchen fehlt. Das Beispiel von Ali Mboudous macht Mut. Es gibt überall auf der Welt Menschen die auf der Basis von Wissen engagiert handeln. Der Artikel zeigt auch auf die Mächtige/Regierungen ist „kein Verlass“. Was fehlt ist der Hinweis auf gemeinnützige deutsche Entwicklungshilfeorganssationen für Spenden. Dies wäre das i- Tüpfelchen auf den Artikel. – Gerhard Leinz

 

Haben Sie Dank für Ihren interessanten Artikel “ Wald gegen Wüste“. Unsere jahrzehntelange Entwicklungshilfe zeigt selbst in Afrika Wirkung. Schon vor 4o Jahren hat der Forstmann Horst Weisgerberin China die dort auch fast vergeblich begonnenen Pflanzungen zur “ Großen Grünen Mauer“ als Entwicklungsprojekt in die Hand genommen und zu einem bisher unbeschreiblichem Erfolg geführt. Dort gilt er als „Vater der Großen Grünen Mauer“ und wurde u.a. als erster Deutscher mit dem Ehrenprofessor der Uni Peking gewürdigt.

In langjähriger Arbeit auf der weltweiten Suche nach geeigneten Baumarten für all die unterschiedlichen Wüstenstandorte hat Weisgerber und sein Team mit deutschem know-how unendliche Versuche im Norden Chinas gemacht und dort die Technik zur schnellen Vermehrung von Milliarden Jungpflanzen eingeführt. Sein Buch „Das tanzende Känguruh“ zeigt anschaulich die ungeheuren Probleme zur Schaffung solchen „Umweltwunders“ und die jüngst erschienene Schrift“ Die Grüne Mauer- Schutzwälder im Norden Chinas-“ schildert den großen Erfolg seiner Bemühungen:

Die Grüne Mauer wirkt auf 42 % der Fläche Chinas, stoppt die bisherige jährliche Zunahme von Verödung und Versteppung auf 2.1oo Quadratkilometer, hat in 13 Provinzen eine Ost-West-Ausdehnung von 7.ooo km mit einer Breite von 400 bis 1.7oo km , wurde bis 2016 schon mit über 18 Milliarden Bäumen bepflanzt und soll bis 2050 dort 61 Millionen Hektar Wald aufweisen, etwa 5 mal so viel wie in Deutschland. Dieses großartige Beispiel ist den Arabern und Afrikanern zu Ohren gekommen, ohne dass sie es bisher erfolgreich nachahmen konnten. Welcher Mensch wie unser deutscher Forstexperte kann schon solche bei uns kaum bekannte n Verdienste um die Umwelt nachweisen? – Bernhard v. Strenge

 

Ein wichtiger Artikel, der Hoffnung macht für diesen Kontinent. Mir fehlt jedoch der Hinweis auf Tony Rinaudo, Träger des alternativen Nobelpreises, der bereits seit 1981 in der Sahelzone aus verkümmerten Wurzeln Pflanzen wieder zum Leben erweckte. Beeindruckend zu sehen in Schlöndorffs Doku „Der Waldmacher“. – Brigitte Waßmer

 

Ich finde es ausgesprochen schade, daß Sie mit keinem Wort die Wiederaufforstungstechnik von Tony Rinaudo erwähnen, die ebenfalls in Mali, Niger, Tschad und benachbarten Regionen angewandt wird und wesentlich effektiver und kosten günstiger ist . Tony R. hat für seine Idee, noch in der Erde vorhandene vitale Baumstümpfe und Wurzeln für das Wachstum neuer Bäume zu nutzen , vor 4 Jahren den Alternativen Nobelpreis erhalten, Volker Schlöndorff hat darüber einen Film gemacht (Der Waldmacher, 2022) . Rinaudos Idee müsste viel bekannter gemacht werden, statt dessen werben Sie für das Milliardengrab der „Großen Grünen Mauer“ ,wo mit Neuanpflanzungen junger Bäume gearbeitet wird, die oft wieder verdorren. – Dr. Irmingard Weise

 


 

 

Leserbriefe zu „»Die Intendanten sind zu machtvoll«“. Gespräch mit Rainer Robra geführt von Götz Hamann und Stefan Schirmer

 

Frau Schlesinger ist nicht nur mit öffentlichen Geldern „verantwortungslos“ umgegangen, indem sie die Baukosten der geplanten Investitionen verschleierte. Sie hat sich persönlich als „Raffzahn“ erwiesen, der nie genug bekommen konnte. Als sie sich selbst eine Gehaltserhöhung in Höhe von 16 % genehmigte, wollten einige wenige nicht mehr wegschauen.

Gier frisst Hirn, diese Erfahrung vermittelt der Volksmund. Letzterer ist leider in der Blase, in der sich Frau Schlesinger bewegte, ebenso unbekannt wie jede menschliche Vernunft. IM Gegenteil, in dieser Blase versuchen viele , die anderen zu übertreffen. Vor diesem Hintergrund wurde jede Debatte über Gorbatschows Gedanke von der gesellschaftlichen Transparenz (Glasnost) bis heute als für den Westen nicht zutreffend verworfen. Die „gesteuerte“ Demokratie und die Debattenkultur haben darunter gelitten. – R. Renaux

 

Es gab eine Zeit, als deutsche Bürokratien ihren Entscheidungswillen und -prozess auf die eigene Bildung und Fähigkeit setzen konnten. Dieses parteipolitisch unbeeinflusste Handeln änderte sich Anfangs der Achtzigerjahren. Politisch erkannte man mit der Komplexität von Entscheidungen ein Unbehagen für die eigene Mitwirkung und sachlich/fachlich wurden durch neue, Politik nahe Berufe adäquate Betätigungsfelder bekannt.

Es begann das Zeitalter der institutionalisierten Politik. Das Beauftragtenwesen befreite die Politik von lästigen aktuellen Handlungspflichten: „dafür haben wir Kompetenz geschaffen.“ Berufsbilder wie Soziologie und Politologie – bis weit in die Achtzigerjahre Qualifikationsnachweise für den gewerblichen Taxischein – erlangten durch ihre insbesondere vom Fernsehen erhofften Expertisen eine bis dato unbekannte Relevanz. Wissenschaftlern im Fernsehen pflegen zur eigenen Vorteilsnahme einen unantastbaren Kultstatus.

Seitdem ist der Erfindungsreichtum neuer Wissenschaften und ihre staatlich gestützte Institutionalisierung ungebremst. Politische Unterstützung wird ja auch mit der Würde eines akademischen Vornamens gerne gedankt. Bilanziert man diese Einrichtungen und ihren Personalbedarf, erkennt man das Muster eines staatlichen Überflusses ohne eine gesamtgesellschaftliche Wertschöpfung: ein Eigenleben wie bei der ARD. Fatalerweise sind es sogar sich gegenseitig bedienende Brüder im Geiste. – Jürgen Dressler

 

Im o.a. Artikel von Götz Hamann und Stefan Schirmer taucht die Redewendung „Let´s intendance“ auf. Ich finde das Wort intendance weder im Google Übersetzer noch im Oxford dictionary. Handelt es sich um einen Schreibfehler? – Peter Broda

 

Es ist traurig, dass mal wieder erst ein Skandal dazu führt, den Umgang mit Macht innerhalb eines Systems, in dem Fall den Sendeanstalten der ARD, zu hinterfragen. Erschreckend musste ich im vergangenen Jahr feststellen, dass im Saarländischen Rundfunk bei Kritik an einseitiger Berichterstattung die entsprechende Redaktion diese trotz sachlicher Begründung vehement zurückwies und der Rekurs über den Intendanten ebenfalls ohne Einsicht in die Fehler des journalistischen Arbeitens führte.

Sodann erbrachte die Einsprache beim Rundfunkrat die Erkenntnis, dass der Rundfunkrat des SR nicht nur selten tagt und damit nur sehr begrenzt handlungsfähig ist, sondern dass die Beschwerde über den Intendanten dann beim Intendanten selbst landet! Auf Ihre Frage hin: Niemand kontrolliert die ARD Könige! Dieses System gehört verändert. Es braucht einen starken Rundfunkrat von nicht politisch besetzten Personen. Gerade im Saarland führt das Parteibuch zu solchen Posten, über Netzwerke und Wer kennt wen.

PS: Bei der Kritik ging es darum, dass für den geplanten Bau einer chines. Batteriefabrik in einem saarländischen Wasserschutzgebiet in der SR Berichterstattung permanent die Abbildung eines SVolt Gebäudes aus einer Hochglanzbroschüre verwendet wurde und sich für Natur- und Umweltschutz sorgende Bürgerinitiativen als Protestler abgetan wurden. Erst mit der Einsprache hat sich nach erheblichem Nachdruck zumindest die Tonalität der SR Berichterstattung neutraler gestaltet und es kamen nicht nur die starken SPD Befürworter des Projekts zu Wort, sondern es wurde auch sachlicher dargestellt, dass es berechtigte Wasserschutzbedenken gibt, die bis heute nicht ausgeräumt werden konnten. – Thomas Fries

 


 

 

Leserbriefe zu „Es gibt keinen Weg zurück“ von Annalena Baerbock

 

Der Bundeskanzler sollte seiner ungestümen, markigen neuen Aussenministerin schnellstens klar machen, dass sie nicht als Kriegsministerin, sondern als Chefdiplomatin, als Chefverhandlerin in seinem Kabinett sitzt. Ihr Job wäre es , mit diplomatischen Mitteln beizutragen , den bestialischen Krieg zu beenden und Lösungswege dafür zu suchen. Die Aussenministerin spricht demgegenüber vom „Zusammenprall zweier Weltbilder“. In bestem Schwarz-Weiß stellt sie die gute Seite, die für eine regelbasierte internationale Ordnung eintritt, gegen die böse,aggressiv-autoritäre Seite, die andere mit imperialen Mitteln unterwerfen will.

Da ist man doch sofort geneigt zu fragen, auf welcher Seite Frau Baerbock denn die USA verortet. Die USA haben nicht nur im Irak die „regelbasierte internationale Ordnung“ mit Füßen getreten und tragen die Verantwortung für einen Krieg mit über 1 Million Toter. Sie haben ihr kleines Nachbarland Grenada überfallen, weil ihnen die Regierung nicht gepasst hat, vom Vietnam-Krieg oder dem Putsch in Chile mal ganz abgesehen. Fast noch schlimmer finde ich, dass die USA ebenso wie Russland den Internationalen Strafgerichtshof nicht anerkennen, der eine regelbasierte internationale Ordnung gewährleisten soll.

Wenn also die USA auf der „guten Seite“ ausscheidet, mit wem will Frau Baerbock den „klaren Weg nach vorn ohne einen Weg zurück „gehen? Wem nützt diese Schwarz/Weiß-Malerei, die Kompromißlinien von vornherein ausschließt? Augen zu und durch? Was für eine grandiose Chefdiplomatin! – Hartmut Wegener

 

Annalena Größenwahn. Reiner Versprecher, Mißverständnis war es nicht,wie egal Baerbock die deutschen Wähler sind. Als Außenministerin hat sie deutsche Interessen, Interessen aller Deutschen in der Welt zu vertreten. Davon ist die gesamte Ampelei weit entfernt. Ihnen sind transatlantische Interes-sen des großen Bruders Onkel Sam in dessem Interesse das höchste und heiligste ihrer Politik. Bezeichnend für das wahre Demokratieverständnis der Barbock und Co. Hoffentlich registrieren es die Grün- Wähler u.a. mehr und verstandesbezogener als die modischen netten Erscheinungen der Politypen.

Eine Außenministerin die scheinbar größte aller Zeiten in ihrem Größenwahn spricht und versichert über alle Deutschen, über das gesamte Volk hinweg. Sie kommt sich vor als eine Außenministerin der EU und Welt. Wenn sie denn über Frieden reden würde, über alles das was de Frieden seit vielen Jahren gefährdet, was den Krieg erst hervorgebracht hat und wie er im Intersse aller zu beenden sei. Die Mehrheit der Wähler wäre voller Zustimmung.

Weiss sie das gar nicht? Weiss sie als Außenministerin von Ursachen, Hintergründen, Wirkungen überhaupt nichts? Ist es Dummheit, Ignoranz, Größenwahn, alles zusammen? „Bei Strafe des eignen Untergangs“, die Zeilen in Marxens Kapital kommen mir täglich immer bewußter in den Kopf. Es stimmt es ist wahr, absolut u d scheinbar unabwendbar. Die Werkzeuge dafür sind heute Baerbock und Co, die Volk und Völker den Weg auf den Galgen bahnen. – Roland Winkler

 

Es muss einen Weg zurück geben! Russland gehört zu Europa. Die europäische Geschichte und die deutsche Geschichte sind ohne die positiven und negativen Verflechtungen mit Russland nicht zu erzählen. Nach dem 2.Weltkrieg durften wir Deutsche Duldung, Nachsicht, Vergebungs- und Versöhnungsbereitschaft erleben, unabhängig von den politischen Gründen für unsere geförderte Weiterexistenz. Es ist für mich unfassbar, dass der oberste deutsche Außenpolitiker so absolut den Stab über ein Volk bzw. einen Staat brechen kann.

Nach der Wende 1989/90 hat der Westen ( USA, EU, das wiedervereinigte Deutschland) bald begonnen, die Vorschläge Russlands zu einer Neuordnung der Sicherheitsarchitektur in Europa in unverantwortlicher Weise als Luft zu behandeln. Dieses Verhalten hat Horst Teltschik in seinem Buch von 2019 als „russisches Roulette“ bezeichnet. Um in Bild zu bleiben: Nun hat uns die Kugel getroffen. Allein mit Waffen ist der angerichtete Scherbenhaufen nicht aufzuräumen. Wissenschaftlich bewiesen wissen wir, dass zivile Konfliktbearbeitung mehr leistet als Militäreinsatz. Es muss einen Weg zurück geben, sonst werden alle elementaren Krisen unserer Tage zu echten großen Katastrophen potenziert. – Dr. Maria Macht

 

Frau Baerbock wäre mit ihren Talenten besser bei einer Abteilung der Bundeswehr (Propaganda?) aufgehoben. Sie sucht in ihrer jetzigen Funktion nicht nach Lösungen, sondern sie verhindert selbige. Ihre Sichtweise ist simpel: die Nato hat immer Recht und die „verbrecherischen“ Russen immer Unrecht. Sie behauptet, Moskau wolle die Welt in Einflusssphären aufteilen (böse!). Sie übersieht dabei, dass dieser Wunsch auf unserer Welt weit verbreitet ist, nicht zuletzt bei USA und Nato.

Diplomatie die es versäumt die Interessen der Gegenseite zu berücksichtigen, führt in den Abgrund. Wer meint, die eigenen Einflusssphäen ausweiten zu müssen (Nato-Erweiterung), ohne auf die Befindlichkeiten des Gegners Rücksicht nehmen zu müssen, sieht sich im schlimmsten Falle einem Krieg gegenüber. Für das Amt der Außenministerin, welches Kenntnisse von Diplomatie voraussetzt, eignet sich Frau Baerbock leider nicht. – Klaus Wagner

 


 

 

Leserbriefe zu „Frisch erforscht. Was junge Deutsche über den Krieg in der Ukraine denken“ von Anant Agarwala

 

Interessant wäre es zu wissen, auf welcher Grundlage die Befragten ihre Meinung bildeten. Wer in Telegram-Gruppen unterwegs ist, die von russischen Propagandatrollen und ihren europäischen Verbündeten infiltriert worden sind, kommt leicht zu der Meinung, die Nato und die USA seien mitverantwortlich, Deutschland solle sich raushalten, Ukrainer seien Faschischten usw. Die Studie nennt de facto Meinungen, es wäre aber wichtig zu wissen, woher sie kommen. Wenn Herr Agarwala feststellt, die Ergebnisse der Studie seien in ihrer Aussagekraft begrenzt, wenn man die Einflüsse anderer Merkmale nicht überprüft, hat er völlig Recht. – John Stevens

 

Es ist schon erschreckend, wie sehr auch die jungen Menschen von „Putins Armee der Trolle“ beeinflusst sind. Der Informationskrieg (Cyberkrieg) des Kreml gegen die demokratische Welt im In- und Ausland zeigt sich deutlich und erfolgreich insbesondere bei den Jugendlichen durch Facebook, YouTube und Twitter.

Obwohl es offenbar nur eine Minderheit ist, so ist es dennoch bedenklich, wie leicht sie auf die Propaganda der Falschinformationen durch die russische Regierung hereinfallen. Wer kann es ihnen verdenken, haben sie doch weder Krieg noch die sowjetische Herrschaft kennengelernt. Nicht erst seit dem Überfall auf die Ukraine verbreiten die Internet Trolle Falschinformationen, um militärische Aggressionen zu rechtfertigen und westliche Demokratien zu destabilisieren. Es wäre wünschenswert, wenn es Politikern wie z. B. Annalena Baerbock (Außenministerin der GRÜNEN) gelingen würde, die Grundpfeiler der Demokratie jungen Menschen zu vermitteln. – H. Justin

 

Wurde auch untersucht, woher die Befragten ihre Falschinformationen beziehen? Da sie sich von den „westlichen Medien“ einseitig informiert fühlen, vermute ich, dass die prorussische Propaganda/Desinformation sie hauptsächlich über die sogenannten sozialen Medien wie Facebook, Twitter, YouTube, Telegram usw. erreicht. In diesem Falle ist es meines Erachtens höchste Zeit, dass Parlament und Regierung endlich dafür sorgen, dass die betreffenden Unternehmen für die Verbreitung von Propaganda und sonstigen Lügen zu Strafzahlungen mindestens in einer solchen Höhe verurteilt werden, dass sich die Verbreitung von Lügen für sie nicht mehr lohnt.

Wer mit der Verbreitung von politischen Lügen Gewinne generiert, sollte meiner Meinung nach bestraft werden, denn das ist ein Vergehen, das Freiheit und Demokratie gefährdet. Allein mit Gegendarstellungen o. Ä. wird man der Lügen in den sogenannten sozialen Medien nicht Herr werden und der „Mangel an Bildung und Orientierung“ lässt sich frühestens mittelfristig beheben. – Dr. Ulrich Willmes

 


 

 

Leserbriefe zu „Verrannt“ von Robert Pausch et al.

 

Dieser Artikel beschreibt trefflich das Versagen nicht nur Habecks. Wer eine evidenzbasierte Politik anstrebt und seine politischen Handlungsfelder aus einer wissenschaftlichen, journalistischen und gesellschaftlichen Meinungsvielfalt als ableitbar ansieht, kann bestenfalls als peinlicher Technokrat wie Scholz enden. – Jürgen Dressler

 

Vielen Dank für die interessanten Hintergründe. Meine Quintessenz: Da gibt eine Krise der anderen die Klinke in die Hand, aber Politik erschöpft sich in Kindergartenspielchen. Dringend benötigte Steuergelder werden aufgegeben, obwohl die Besserverdienenden die Entlastung nicht brauchen. Bei allen handwerklichen Fehlern: Gesunde Unternehmen bringen nicht den Abstand auf, auf Gelder aus der Gasumlage zu verzichten, mit der dann Boni bezahlt werden. Die Gier kennt keine Grenzen.

Der Klimawandel als schlimmste Krise, dessen schon jetzt deutlich spürbare Auswirkungen sich massiv verstärken werden, gerät wieder in den Hintergrund, obwohl die Eindämmung immer schwieriger wird. Aber kein Tempolimit für die Porschefahrer, kein bezahlbarer ÖPNV, kein Ende der direkten und indirekten Subventionierung fossiler Energien und ach ja, der böse Veggieday… Soll doch jeder selbst entscheiden, woran er zu Grunde gehen möchte. Die Freiheit der einen ist die Unfreiheit der anderen, insbesondere der kommenden Generationen! – Antje Koch

 

Nachdem ich den Politik- und den Wirtschaftsteil der neuesten ZEIT Ausgabe gelesen habe, beschleicht mich Unbehagen. Hier einige Beispiele dafür: Seite 2 “Verrannt”: Mich würde es nicht wundern, wenn Robert Habeck die Geduld verlöre. Meiner Meinung nach verdienen Politiker wie er – klug, kompetent, integer, offen – zunächst einmal Respekt dafür, dass sie gesamtgesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Journalisten können leicht kritisieren, sie müssen für die Konsequenzen nicht geradestehen. Politiker an ihren aktuellen Umfragewerten zu messen, ist sehr kurz gefasst.

Entscheidungen können nicht immer allen gefallen. Wir sollten froh sein, einen neuen Typ Politiker wie Robert Habeck als Wirtschafts- und Klimaschutzminister zu haben und ihn wertschätzen, anstatt mit Argusaugen auf Fehler zu warten. Zumal er meiner Wahrnehmung nach, wenig Unterstützung von Seiten des Kanzlers und des Finanzministers erhält. Angesichts von Klimawandel und Krieg kann es doch nicht unsere vordringliche Sorge sein, unseren Wohlstand zu retten. Wenn Robert Habeck aufgibt, überlassen wir das Feld selbstgefälligen Opportunisten.

Seite 3 “Denken Sie…” Wen interessiert, auf einer ganzen Seite zu lesen, was die Ehefrau des Finanzministers zu sagen hat? Solche Themen passen in “3 nach 9”, sind aber meiner Ansicht nach nicht geeignet für die ZEIT. Seite 7 “Moskau sieht mit”: Welchen Sinn hat dieser Artikel? Nichts Genaues weiß man nicht und alles ist Spekulation. Soll hier wieder jemand vorsorglich verunglimpft werden?

Seite 22 “Wer kontrolliert die ARD Könige?”. Der Beitrag beleuchtet die unzureichende Kontrolle der Sender durch Ehrenamtliche. Mich würde darüber hinaus interessieren, wer eigentlich für das Programm zuständig ist: Warum wird von morgens bis abends z. B. Mord, Kindesmisshandlung, Vergewaltigung, Fremdenhass, Gier und Hinterhalt in Serie in Szene gesetzt, als gäbe es davon in der Realität nicht genug?

Wer legitimiert unzählige angeblich lustige Alleinunterhalter dazu, über alles und jeden herzuziehen? Ich befürchte, sie sind die Vorbilder für ungehemmten Hass und Hetze im Netz. Warum nimmt die Berichterstattung über Sport – und besonders Fußball – einen so zentralen Raum ein? Wer bestimmt, was eine Nachricht wert ist, und wie sie aufgearbeitet wird? Von den besorgten Fragen ausnehmen möchte ich ARTE und 3 SAT, meines Wissens auch öffentlich rechtliche Sender. – Bärbel Kappe

 


 

 

Leserbriefe zu „Man starrt, in widerwilliger Neugier“ von Peter Kümmel

 

Schlägt man die Bibel ganz am Anfang auf, so stolpert man direkt auf den ersten Seiten über die Schöpfungsgeschichte, die hier in zwei direkt aufeinander folgenden und sich ergänzenden Versionen vorliegt, was als ein Indiz für Ihre hohe Relevanz innerhalb der christlichen Tradition gewertet werden kann – ein Indiz, welches besser nicht ignoriert werden sollte.

Als Religionslehrerin kann ich mit gewisser Bestimmtheit sagen: immerhin diesen Teil des Ersten Testaments sollte jede*r gelesen (und möglichst auch in seiner Bedeutung verstanden) haben. Meine Schüler*innen entdecken nach naturgemäßen ersten Widerständen oft Erstaunliches darin; es ist anregend und intellektuell herausfordernd der überzeitlichen Bedeutsamkeit dieser Zeugnisse auf die Spur zu kommen, die das gesellschaftliche Leben und unsere Kultur – die Darstellende und Bildende Kunst selbstverständlich eingeschlossen – so nachhaltig geprägt haben, wie kaum ein anderer Text überhaupt.

Ein Abend wie A&E – Picnic in the garden of eden, kann insofern auch nicht ohne diese fast überdeutliche Referenz diskutiert und in seiner Gänze erfasst werden. Geschieht dies doch, verflacht auch die Performance und erscheint auf Ekel- und Schockmomente reduziert, welche die Litanei der verbalen Brutalitäten mehr oder weniger effektvoll unterbrechen. Auch wenn McCarthy selbst die Bedeutung seiner Werke nicht bis ins Letzte festschreiben will, so erscheint seine Auseinandersetzung mit der biblischen Quelle evident und intelligent in die Performance eingeschrieben zu sein.

Das Motiv von Adam, dem aus der Erde geschaffenen ersten Menschen, und seiner Gefährtin Eva, der Mutter allen Lebens, ist dabei im zweiten Schöpfungsbericht angelegt, der sich unmittelbar in der darauffolgenden Sündenfallerzählung fortsetzt. Das erste Menschenpaar zu sein bedeutet dabei, unbedingt und exklusiv auf sich selbst und einander zurückgeworfen zu werden. Die ersten Menschen sind eingesperrt innerhalb der Grenzen des biblischen Garten Eden und – das sei hier ebenfalls angemerkt – zunächst nicht in der Lage sich fortzupflanzen, womit auch die Bemühungen des „Horrorpaares“ auf der Bühne folgerichtig und zwangsläufig ins Leere laufen müssen.

Alles in allem eine aus heutiger Sicht fürchterlich beklemmende Vorstellung, welche zunächst dem gesellschaftlich etablierten und forcierten Modell der monogamen Zweierbeziehung den Zerrspiegel vorhält. Doch das klaustrophobische Setting der auf der Bühne installierten Wohnung entspricht darüber hinaus natürlich auch dem beängstigenden Bild eines in den letzten Kriegstagen im Führerbunker eingeschlossenen und von sich selbst als exklusiv gedachten Menschenzirkels, welcher nicht nur jeglichen Kontakt zu einem sozialen Korrektiv abgebrochen, sondern auch die Möglichkeit dessen selbst zerstört und sich darüber hinaus von dem Begriff einer Zukunft verabschiedet hat.

Doch letztlich vermitteln sich die spannungsvollsten Aspekte des Abends erst über das gesprochene Wort selbst: „Adam/Adolf“ wird von „Eve/Eva“ nicht nur in plakativer Blasphemie als „Godfucker“ bezeichnet, sondern auch mehrfach als „Son of God“ von ihr angesprochen. Und Letzteres ist dann tatsächlich herausfordernd: Schließlich werden die Schöpfungsberichte traditionell als zentrale Quelle der Vorstellung einer Gotteskindschaft und daraus begründenden Würde gelesen, die uneingeschränkt allen Menschen zukommt.

Auch diesen beiden Menschen, in all ihrer Brutalität und Abgründigkeit? Auch einem Menschen wie Adolf Hitler? Ein Unwohlsein macht sich bei diesen Gedanken breit, das schwerer auszuhalten ist als das Spiel mit Exkrementen und verbaler Erniedrigung. Letztlich korrespondiert die Radikalität dieser Zusage hier in sehr gelungener Weise mit der Drastik der Bilder und Beschimpfungen.

Das sich wiederholende Mantra von „Eve/Eva“, nach der tatkräftigen Verwüstung ihres Abendkleides ist somit auch mehr als die kindlich und zunehmend etwas maulig vorgetragene Bitte einer naiven, stark alkoholisierten – und auch in diesem Zustand noch an Konsum interessierten – jungen Frau. Wenn Stangenberg nackt, völlig verschmiert und – trotz ihrer eigenen immer wieder aufblitzenden Grausamkeit – erschreckend verletzlich dasteht, scheint das Drängen nach einem neuen Kleidungsstück wohl kaum zufällig inszeniert:

Der Akt der Bekleidung der Menschen, die nach dem Sündenfall nicht nur die Erkenntnis von Gut und Böse erlangen, sondern eben auch ihre Nacktheit und damit verbundene Scham erkennen und so vor allem in Bezug auf die eigenen Sexualität sehend werden, ist eine ganz zentrale Szene im Zusammenhang mit der Vertreibung aus dem Paradies, die letztlich von der Fürsorge, Güte und Liebe Gottes – auch angesichts des gefallenen Menschen – zeugt.

„Eve/Eva“ bekommt in dem Narrativ McCarthys selbstverständlich kein neues Kleid, sie bleibt außer schmerzhaft abgeknickter High Heels, mit denen sie sich stolpernd fortbewegt, den Abend über nackt und jede Form der Erleichterung und liebevollen Zuwendung bleibt ihr verwehrt. Das verwundert auf Grund ihrer eigenen Bösartigkeit kaum. Nach rein menschlichen Maßstäben erscheint der Teufelskreis der Grausamkeiten in seiner Logik erschreckend nachvollziehbar.

„I live in hell!“, konstatiert „Eve/Eva“ so auch mehrmals – und man möchte ihr leider Recht geben. Das, was wir gezeigt bekommen, ist die Hölle selbst. Eine Hölle, die sich als einen Zustand der absoluten Entfremdung und Entfernung von sich selbst, vom Gegenüber, von allen Werten und Wünschen, von jeglicher Idee der Erhabenheit, ob sie nun in der Religion oder in der Kunst gesucht wird, begreift.

Was bedeutet es also, wenn dem Menschen nichts mehr heilig ist? Statt der „Albtraumbilder“ bleiben nach dem Abend letztlich vielmehr nagende Fragen zurück; auch Wagner kann dabei nicht helfen, er macht es eigentlich nur noch schlimmer. Hilfreich ist es hingegen mit Sicherheit, einen Blick in die Bibel und auf diese ersten Erzählungen vom Menschen zu werfen, um ein Stück weit mehr von der Arbeit zu verstehen und vielleicht – ganz vielleicht – auch Antworten finden zu können. – Antonia Flachsenberg

 

Ja, auch ich habe „in widerwilliger Neugier“ Ihren Text zu Ende gelesen. Weil ich auf den Verriss wartete. Er kam aber nicht. Stattdessen eine Analyse nationaler Kack-Betrachtungen, die damit endeten, dass „die Deutschen“ hitlergemäß (mal wieder) ihre Hinterlassenschaften besonders gründlich betrachten… ich persönlich (Deutsche!) halte es da eher mit den Franzosen und „mache radikal Schluss mit dem Vergangenen“. Warum? Warum nur muss eine solche Kack-Veranstaltung (ich bleibe in der Terminologie) überhaupt und zudem so ausführlich besprochen werden?

Warum übertreiben Sie mit Hilfe von Superlativen (Theaterheilige, größte deutsche Bühnenschauspielerin) die unappetitliche Arbeit von Lilith Stangenberg und diesem „kalifornischen Superstar“ derart unangemessen? Ich verstehe es nicht. Habe aber für alle zuschauenden Menschen, die im Theater die Flucht ergriffen, Verständnis. Nix für ungut, wie man im Ruhrgebiet sagt. – Barbara Höpping

 


 

 

Leserbriefe zu „»Es ist zu lange gezögert worden«“. Gespräch mit Veronika Grimm geführt von Roman Pletter

 

Hier werden die steigenden Strompreise beklagt.Und als Lösung die Atomkraft empfohlen.Das ist ja eine Tollheit.Die AKW waren doch so igitt.Und Deutschland prahlte damit bei uns abgeschafft. Na denn mal los mit Atomkraft unter die warme Dusche.Oder doch wieder Gas bestellen beim Gasmann im Kreml? – Hans-Emil Schuster

 

Die vorgelegte Analyse des Strommarkt ist sehr aufschlussreich und hilft den Lesern der Zeit, zu verstehen wie die wirtschaftlichen Zusammenhänge hier zusammenwirken. Selbst unser Wirtschaftsminister, Herr Habeck, hat anfänglich die die flapsige Bemerkung abgegeben, die Zusammenhänge am Energiemarkt, die ökonomischen Verflechtungen der handelnden Unternehmen mit ihren Tochterfirmen und die Einflussfaktoren, die staatlichen Lenkungshebel im Dschungel von Abgaben Umlagen und Steuer sowie seine physischen Übergänge zwischen Gas- und Strommärkten nicht vollends durchdrungen zu haben. Aber er lernt schnell dazu und wächst mit seinen Aufgaben – Chapeau!

Was mir im Artikel vollständig fehlt, sind notwendige plausible organisatorischen technische Konzepte, Maßnahmen und Visionen, ein Plan zur Entwicklung von methodisch wirksamen Gegenmitteln, die konkret an den Ursachen ansetzten, sofort, nachhaltig und höchst wirksame (mit möglichst wenig Nebenwirkung, um im Bild eines Mediziners zu bleichen). Es reicht meiner Ansicht nach nicht aus, ausschließlich auf staatlich gesteuerte wirtschaftliche Anreize zu setzen. Diese sind sicher notwendig und im ersten Schritt sinnvoll aber nicht hinreichend, um schnell und wirksam konkrete Verbesserungen zu erreichen und die begonnene Energiewende, ohne weitere üble Überraschungen eher ziellos zu verfehlen, weiter hinauszuzögern oder fehlzuleiten.

Kurzfristig brauchen wir konkrete Handlungsanweisungen für alle Beteiligten, ähnlich wie bereits auf der Verbraucherseite begonnenen Einsparempfehlungen. Auf der Verbraucherseite sind kurzfristig bezogen auf die anstehenden harten Winter der nächsten vielleicht drei bis sieben Jahre deutlich weitere vor allem wirksamere, verschärftere Einsparempfehlungen und -Verordnungen weiterhin auf allen Ebenen verpflichtend auszubauen:

Der Aufruf zum vorübergehenden Verzicht auf energie- oder materialintensiven Luxusprodukten, dessen Benutzung man sich in Kriegs- und Mangelzeiten vorübergehend abgewöhnen musss bzw. ein Aufruf schleunigst entsprechende kreative Alternativen entwickeln. Die Verordnung zur Reduzierung von verminderten Raumtemperaturen oder die Abschaltung von Poolheizungen ist ein erster Anfang. Das Herunterregeln der Raumtemperatur führt vermehrt zur Nutzung von Pullovern (Schulkinder kennen das bereits aus dem letzten pandemischen Wintern mit periodisch gelüfteten Klassenzimmern).

Side-Kick: Eine Abschaltung der netzbasierten elektrischen Poolheizung ist jedoch nicht unbedingt gedanklich mit einem Schwimmverbot in Pools gleichzusetzen: Entweder nutzt man tiefere Wassertemperaturen oder stellt sich ein paar solare Absorber dazu. Ich habe ebenso meinen kleineren Pool vom Netz pflichtgemäß entkoppelt und betreibe ihn mit einer solchen selbst aufgestellten Absorber-System, dass automatisch geregelt sich immer dazuschaltet, sobald die Sonne ausreichend scheint. Die Umwälzpumpe wird selbstverständlich mit einem kleinen Off-Grid-PV-Panel betrieben. Ein wenig gewohnter Luxus kann allemal weitgehen von der fossilen Abhängigkeit entkoppelt werden! Am heutigen sonnenreichen Tag erhalte ich bereits ab 11 Uhr drei Grad Erwärmung pro Wasserumlauf, gratis und frei Haus.

Mit den gestiegenen Energiekosten berechnet erwarte ich eine finanzielle Amortisation von innerhalb drei Jahren. Ich frage mich, warum dürfen immer noch Pools mit simplem elektrischem netzbasiertem Durchlauferhitzer verkauft werden, was potentielle Kunden in die Irre leiten kann, wo es doch mehrere technisch ausgereifte Lösungen zu kleinem Preis seit Jahren existieren? Warum lassen sich derartige sonnenenergiebasierte lokale Energiegewinnungsanlagen nicht regulär auf jedes Schwimmbad, Sporthalle oder Schule bzw. jedes öffentliche Gebäude übertragen? Zumindest müsste man Badegäste oder Sporttreibende im Jahr 2022 mit seine technischen Möglichkeiten trotz Krise(n) dauerhaft keine kalten Duschen anbieten…

Ich erwarte ähnliche vorübergehende Einschnitte z. B. zum Produktionsstopp von übergewichtigen SUVs, übermotorisierten Sportwagen oder luxuriös aus gestatteten teureren Fahrzeugen, Verlegung von Langstreckengütertransporten vollständig auf die Schiene (müssen wir überhaupt in Ostdeutschland produzierte Milch in Westdeutschland oder Schweizer Käse in Norddeutschland konsumieren?) oder eine Umstellung von Wegwerfgetränkeflaschen oder Aluminiumdosen zu recycelten Getränkeflaschen.

Langfristig erwarte ich ein in sich schlüssiges Energiekonzept, sowohl auf dem Erzeuger wie auch auf der Verbraucherseite: Eine verbindende Idee des Smart Grid zu erzeugerbasierten Verbrauchssteuerung oder Schlagworte wie Wasserstoff, E-Fuels oder E-Ladestationen reichen bei weitem nicht aus! Ich erwarte eindeutige zuführende Signale und Initiativen über nationales Denken hinaus, ideal ein europäisch-afrikanischen Verbund gedacht: Ein Grundproblem, wie in dem Artikel in den Zwischenzeilen bereits zu entnehmen ist, liegt momentan in gegenläufigen Energiemengen im Tagesverlauf: Auf der eine Seite stark schwankendes Angebot mit regulären Spitzen am sonnenreichen Mittag bis Nachmittag, auf der anderen Seite eine hohe Nachfrage auf der Verbraucherseite zeitversetzt zum Abend bis zum frühen Morgen.

Die vorherige Regierung hatte sich auf Not-Gasaggregate als Übergangslösungen verlassen (Was Frau v. d. Leyen noch zum letzten Sylvester zum Anlass nahm, Gas und Atomstrom als „grün“ markiertes Label in der EU-weiten Finanzierungsbewertung mit aufnehmen zu lassen – welch eine Fehlentscheidung angesichts der politischen und wirtschaftlichen Ereignisse in Europa wenige Monate später), die diese Divergenz ausgleichen sollten, was nun zum sehr, sehr teuren technischen wie wirtschaftlichen Problem führt, beide im Verlauf des harten Winters einschneidende gesellschaftlichen Umbrüche zu befürchten sind.

Lösungen stehen im Raum: Batteriespeicher neben jeder Solaranlage, an jeder Mittelstromverteilung, was in der Vergangenheit versäumt wurde, aber sinnvoll ist damit verstärkt über eine Netzstabilisierung nachzudenken. Günstiger könnte man im europäischen Verbund auf das Konzept massenhaft teurer und im Grunde umweltschädlicher Batterien z. T. verzichten, hätte man vermehrt thermische Solarkraftwerke mit Salzspeicher im sonnenreicheren Süden bereits in größerer Zahl aufgebaut, wie es in Referenzwerken z. B. in Spanien erfolgreich demonstriert wird. Diese Kraftwerkskombi speichert solar eingefangene Energie bis zu 8 Stunden thermisch und kann diese zeitversetzt abgeben, ähnlich wie das ein Atomkraftwerk über den Tag eine Grundlast abgegeben kann.

Ein viel größeres Problem sind die gegenläufigen Schwankungen der EE im Jahresverlauf, insbesondere wenn man sich gekoppelte Energiemärkte von Gas, Kohle und Strom anschaut, die zukünftig alle mit Strom aus EE abgedeckt werden sollen: Auf der Erzeugerseite produzieren wir einen Großteil aus Windenergie, der mehrere Wochen schwach ausfallen kann. Hier helfen ausgleichende Stromtrassen quer durch Europa in verschieden Klima- und Zeitzonen, konkret die Vernetzung in ausreichender Quantität in alle Himmelsrichtungen, West-Ost sowie Nord-Süd. Oder abrufbar Wasserstoff aus regionalen, saisonalen Speichern, ähnlich unserer heutigen Nationalreserve für fossilem Gas.

Architektonisch ideal wäre eine Erweiterung der Nord-Süd-Stromtrassen bis nach Afrika: Solarkraftfelder am Äquator platziert, ideal zwischen den beiden Wendekreisen liefern etwa doppelt so viel Energie und viermal günstiger pro Fläche als heimische PV-Anlagen auf verwinkelten Dächern. Zudem wird Energie auf die Monate bezogen halbwegs konstant produziert, womit wir im nordischen Winter immerhin einen Großteil solar erzeugter Sonnenenergie günstig über Stromtrassen nach Norden geleiten, direkt nutzen können – ohne nennenswert zu installierende saisonale Speicherantasten zu müssen. Wo bleiben europäisch getriebene Großprojekte in der Größenordnung der Raumfahrtprogramme der 1960er Jahre, die Neuauflage eines behördlich geführten Desertec II mit länderübergreifenden Handelsverträgen und untergeordneten industriellen Teilprojekten zur Lösung unsere Jahrhunderttransformation Energie? – Dierk Tiedemann

 


 

 

Leserbriefe zu „Schmutziger Prozess“ von Claas Tatje

 

Claas Tatje schreibt in seinem Artikel: Die Frage ist nur, wer den Kampf gegen den Klimaschutz effektiver vorantreiben kann: Gerichtsurteile oder von Parlamenten beschlossene Gesetze? Sind Sie sicher, daß Sie meinen, was Sie da veröffentlicht haben? – Thomas Weiße

 

Es klingt falsch und verlogen, zu behaupten, ein Unternehmen hätte alles getan zum Umweltschutz und man könne sich auf einen wie auch immer gerechneten geringen Prozentsatz ausruhen. Unabhängig von der wahren Höhe von schädlichen Umwelteinträge und der Einflussmöglichkeiten der Firmengruppen von VW, jedes Unternehmen, jede Arbeitsgruppe, ja jeder Mitarbeiter kann einen individuellen Beitrag zur Vermeidung oder zumindest zu einer weiteren Reduktion von klimaschädlichen fossilen Einträgen wie C02, Methan und anderen umweltschädlichen Stoffen, Flusswassererwärmung infolge von hohem Energiebedarf oder vergifteten Liegenschaften, infolge des Abbaus von Braunkohle oder seltenen Erden beitragen oder die Einträge kontinuierlich reduzieren helfen.

Mit jedem produzierten Auto werden Unmengen an neuen Materialien, Wasser und Energie benötigt, auch dann noch, wenn einige Stoffe und Einheiten wie Metall und Batterie in hohem Rücklaufquoten recycelt werden, unabhängig ob das bei VW am eigenen Produktionsstandort verbucht wird oder einem der unzähligen ausgelagerten Vorproduktionen, den Zulieferfirmen angerechnet werden muss. Allein der Bedarf an Rinderleder für Autositz treibt den Bedarf an Tierfutterflächen in Zeiten von Getreidemangel in die Höhe, verursacht letztendlich auch einen kleinen Anteil an weiter abgeholztem Regenwald weltweit.

Zudem wird mit jedem Fahrzeug, dass das Produktionsband verlässt, Unmengen weiterer Energie gebunden und durch die Konstruktionsart die Lebensdauer bestimmt, was die nächste Neuproduktion quasi determiniert und Autokonzernen kontinuierlich Umsatz und Gewinne einfahren lässst – Dienstwagenprivileg, Pendlerpauschale und früher üppige „Verschrottungsprämien“ und sonstige staatliche Querfinanzierungen fördern diesen an sich selbsterhaltenden Prozess zusätzlich.

In Zeiten von massiv sichtbar voranschreitendem Klimawandel, insbesondere mit der besonderen Situation des Ukrainekrieges und damit verbundene Energieengpässe sowie gesellschaftlich heikle drastische Kostensteigerungen in fast allen Lebensbereichen der Bürger Mitteleuropas, finde ich eine derartige Haltung VW unverantwortlich! Immerhin sitzen auch staatliche Vertreter im Aufsichtsrat, die eine hohe Verantwortung für Bürger und deren Enkel haben – Umweltschutz, Material und seit diesem Jahr insbesondere Energieeinsparung sollte eine oberste Priorität auf allen Entscheidungsebenen, sei es in Unternehmen, in der Politik oder im Privaten haben.

Konkrete Ansätze sehe ich z. B. in der kurzfristigen Drosselung der Produktion Material und energieintensiver Luxusprodukte, wie übergewichtige SUVs und übermotorisierte Sportwagen, eine mittelfristige Fokussierung auf kleinere material- und energieeffizientere Fahrzeuge mit einer deutlich längeren Lebensdauer, ja vielleicht sogar einer Entkopplung bei E-Autos von Fahrzeug und Akku.

Ein Akku hat bekanntlich eine begrenzte Zykluszahl und damit üblicherweise kurze Lebensdauer, während eine Fahrzeugkarosse, ehrgeizig designt eigentlich locker die doppelte Laufzeit heute üblich vom Band rollender Karossen haben könnte. Wo bleibt die Antwort VWs auf die aktuellen Probleme der Zeit, perspektivisch hohen Energiekosten, steigender Inflation, drohenden Steuererhöhungen? Ein kompakter der Zeit angepasster „Volkswagen“ ohne viel Schnickschnack könnte eine sehr deutliche und nachhaltige Antwort sein, bevor es Konkurrenten, allem voran aus dem asiatischen Raum früher treffend und gewinnbringend eher beantworten.

Ich fordere keine utopischen Ziele, etwa dass ein Verkehrsunternehmen sich eher vollumfänglich auf die komplette Verkehrswende hin zu mehr öffentlicher Verkehrsmittelnutzung fokussiert, Schienenfahrzeuge und Busse baut, oder sich der Energiewende konkreter aufschließt, Windräder baut oder solare Primärenergiegewinnung am massenhaft aufbaut. Das und die Stromtrassen dorthin können andere gern übernehmen. Bezogen auf E-Autos reicht es nicht aus, sich ausschließlich auf E-Ladesäulen zu konzentrieren. Ein bi-direktionales Ladesystem serienmäßig für jedes E-Auto, wie es Japan mit seinem Nissan Leaf vormacht, dass im möglichen drohenden kurzzeitigen Blackout in einem der nächsten Winter als rollendes mobiles wäre Notstromaggregat funktionieren könnte, wäre schon ein konkreter und richtiger Schritt auch hierzulande, umsetzbar eigentlich innerhalb weniger Monate…. – Dierk Tiedemann

 


 

 

Leserbriefe zu „Teures Gut“ von Carolin Rückl

 

im Jahrhundertsommer 1976 war ich 14 Jahre alt. Dieser Sommer ist mir bis heute unvergessen geblieben. Ich kann mich erinnern, dass ich an einem wunderschönen Junitag beim Heuwenden für ein paar Minuten den Traktor abstellte, mich zurücklehnte und mir wünschte: „so soll es bleiben“. Die anhaltende Trockenheit machte der Natur noch nicht dermaßen zu schaffen wie heute, da sich die Grundwasserspiegel aufgrund der vorhergehenden relativ nassen Jahre noch auf einem hohen Niveau befanden. Der Borkenkäfer war ebenfalls noch kein Thema. Der Hitze-Sommer 1976 blieb eine Ausnahme.

In den darauffolgenden Sommern wäre ein „Bett im Kornfeld“ eher ungemütlich nass gewesen. Der Grundstein für den Klimawandel wurde jedoch bereits damals gelegt. Dieser Jahrhundertsommer 2022 bereitet mir zugegebenermaßen Angst. Über die ewig schönen Tage konnte ich mich in den zurückliegenden Monaten nicht wirklich freuen. Viele Jahre hat die Politik den Klimawandel vertröstet, er solle sich mit seinem „Besuch“ noch etwas gedulden. Es sei ja schließlich erst „fünf vor zwölf“. Nun ist er einfach gekommen um zu bleiben. Und er geht nicht mehr weg.

Ob Ukraine-Krieg, Energie- und Rohstoffknappheit, Inflation, Corona, Bevölkerungsexplosion in den Drittländern oder Flüchtlingswellen: der Klimawandel stellt alle anderen Krisen in den Schatten. Die Grundwasserspiegel sinken aufgrund der anhaltenden Dürrejahre mittlerweile auf ein äußerst bedenkliches Niveau. Wenn diese Entwicklung anhält ist es lediglich eine Frage der Zeit, bis Städte und Gemeinden sich gezwungen sehen, den Wasserverbrauch in den Privathaushalten einschränken zu müssen. Von den Auswirkungen einer derartigen Maßnahme besitzt derzeit kaum jemand eine Vorstellungskraft.

Zudem droht Deutschland aufgrund der Dürre eine dramatische Lebensmittelknappheit. Vor diesem Hintergrund gesetzlich Flächenstilllegungen festzusetzen, erachte ich als geradezu absurd. Hinsichtlich der Gängelung der Landwirte dürfte der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt, gefallen sein. Fundamentalistische Ideologen und „Gesellschaftserzieher“ aus der Stadt, die in ihrem Leben noch nie einen Kuhstall von innen gesehen haben, maßen sich an, den Bauern, häufig studierten Agraringenieuren, erklären zu müssen, wie Landwirtschaft „geht“.

Mehr Insolenz ist kaum möglich. Die Landwirte sind alles andere als die schlimmen Umweltzerstörer, als die sie in der Öffentlichkeit häufig dargestellt werden. Sie sind im Einklang mit Tier und Natur aufgewachsen und ihr Hauptinteresse besteht darin, diese nachhaltig zu schützen. Sie sind schließlich ihre Existenzgrundlage. Den Schlüssel für eine auch künftig gesicherte Lebensmittelversorgung tragen die Landwirte in ihren Händen.

Bereits jetzt experimentieren sie erfolgreich mit Kulturpflanzen, die weniger Wasser benötigen. Die Bevölkerung sollte endlich wieder mehr Vertrauen in die Kompetenz und das Verantwortungsbewusstsein der Landwirte setzen. Es ist höchste Zeit, dass die Politik die Zeichen der Zeit erkennt. Nicht nur in der Agrarpolitik. Ideologie macht in Notzeiten nicht satt. – Alfred Kastner

 

Nur ein Cent teurer. Durch die kriegerischen Auseinandersetzungen in Ukraine ist der Preis für Getreide deutlich angestiegen. Wie wirkt sich das z.B. auf Brötchen aus. Ein Weizenbrötchen, welches aus dem Mehltyp 550 (Ausmahlungsgrad 69%) gebacken wird, hat einen Anteil von ungefähr 50g Weizen. Bei einem Preis von 180,-€ je Tonne Backweizen in der Ernte 2021 lag der Geldwert des Weizens an einem Brötchen bei lediglich 0,9 Cent.

Mit der Preiserhöhung von fast 100 % (360,-€ je Tonne) in der diesjährigen Ernte ist nun der in Geld bewertete Weizenanteil des Brötchens auf 1,8 Cent angestiegen. Die Preierhöhung beim Rohstoff Brotgetreide wirkt sich daher nur in sehr geringem Umfang auf das fertige Produkt an der Ladentheke aus. Ein Weizenbrötchen dürfte demnach um 1 Cent teurer werden. – Wolfgang Behrendt

 


 

 

Leserbriefe zu „Der Leerstellenmarkt“. Gespräch mit Duncan Roth geführt von Arnfrid Schenk

 

Dieser Beitrag klammert leider aus, was die Vorbereitung auf die Ausbildung anbetrifft. Das Erwachsenwerden der Jugendlichen ist nicht immer altersgemäß entwickelt. Jugendliche nehmen die Schule nicht ernst. Der Spaß ist wichtiger. Ausreichendes Basiswissen in Mathematik und Naturwissenschaften ist Voraussetzung in handwerklichen Berufen. Wenn jede Woche Spaß haben wichtiger ist als auch mal außerhalb der Schule zu lernen, bleiben die Vorstellungen vom „Vielgeldverdienen“ Träume und Lehrstellen unbesetzt. Die Perspektive des Handwerksbetriebes gehört m. E. dazu, wenn Betrachtungen zum Stellenmarkt publiziert werden. – R. Renaux

 

Es ist schon erstaunlich, dass das Lehrstellendilemma erst jetzt in der Presse hochschwappt. Als ehemaliger Schulleiter einer Haupt- und Realschule in Hamburg ist dieses Phänomen schon lange zu erwarten gewesen. Seit dem PISA – Schock zur Jahrtausendwende hat sich die Schullandschaft grundlegend geändert. Es ging nur noch darum, die Abiturientenzahlen zu erhöhen. Dabei wurden strukturelle Maßnahmen ergriffen, die die Durchlässigkeit im Schulwesen erhöhen sollten, denken wir nur an die Einrichtung der Stadtteil- oder Gemeinschaftsschulen, die neben den Gymnasien nach 13 Jahren zum Abitur führen können.

Parallel dazu wurde das Abitur als alleiniges Ziel für die eigenen Kinder angesehen. Einfachere Schulabschlüsse werden bis heute oftmals als Makel empfunden. Daneben fielen alle Lerninhalte, die das Arbeiten mit den Händen fördern, weitestgehend gestrichen. In den Lehrplänen fanden in der Folge die Fächer wie Werken, Nähen und Hauswirtschaft nicht mehr statt. Anstelle des Werkens trat die Arbeitslehre, die in der Theorie wirtschaftliche Prozesse klären soll und mit ganzen Klassen stattfinden kann. Wo bleiben aber die vielen SchülerInnen, die eher über die Hände als über abstrakte Themenstellungen lernen?

Daneben konnten JunglehrerInnen diese hier erwähnten Fächer an den Universitäten seit vielen Jahren nicht mehr studieren bzw. im Referendariat erlernen. Das heißt, dass in den Schulen die Lehrkräfte fehlen, die das Handwerk den SchülerInnen näher bringen können. Wenn man dann ferner bedenkt, dass die meisten LehrerInnen in ihren Biografien keinen Bezug mehr zu praktischen Berufen haben, dann wird einem klar, dass viele SchülerInnen wegen Fehlen des adressatengerechten Unterrichts durchs Raster fallen und den Ersten Allgemeinen Schulabschluss nicht mehr schaffen bzw. nicht für das Handwerk gewonnen werden können.

So kann man verstehen, dass sich Themenstellungen nur noch am gehobenen Bildungsbürgertum orientieren. Da wird im modernen IT-Unterricht programmiert oder mit Textverarbeitungen gearbeitet, wo wird aber beispielsweise grundlegender Unterricht im Konstruieren und Herstellen mit Computern (CAD/ CAM) unterrichtet?

Es wird allerhöchste Zeit, dass die Lehrpläne und in der Folge die Stundentafeln wieder den tatsächlichen Anforderungen angepasst werden. Das jedoch ist mit erheblichen Kosten verbunden, denn Fachräume müssen wieder eingerichtet werden und der Bedarf an LehrerInnen wird sich abermals erhöhen, denn diese Fächer lassen sich nicht mit ungeteilten Klassen unterrichten. Lehrerbildungseinrichtungen müssen diese Fächer verstärkt in den Fokus nehmen. Eine kurzfristige Besserung der Situation ist daher nicht zu erwarten. Es wird also auch im nächsten Jahr wieder dieses Dilemma in der Presse ausgebreitet werden.

Daneben muss sich allerdings auch das Handwerk an die eigene Nase fassen. Ich bin seit 2015 ehrenamtlich als Lehrkraft für Migranten tätig und merke, wie die migrantischen Auszubildenden in den kleinen Handwerksbetrieben gern aufgenommen werden, dann aber in der Folge oftmals nur unzureichend betreut werden. Wo bleibt der Meister, der heute noch seinen Schützling beiseite nehmen kann, um ihm ‚nebenbei‘ Inhalte durch zusätzliche Übungsangebote näher zu bringen. – Wolfgang Deppe-Schwittay

 


 

 

Leserbriefe zu „Arme Sau“ von Merlind Theile

 

„Rangel dich nie mit einem Schwein. Ihr werdet beide schmutzig, aber das Schwein mag das!“ (Willy Meurer, 1934-2018, deutsch-kanadischer Kaufmann & Publizist) Das mag der Idealzustand für unsere „arme Sau“ sein, aber wie sieht die Wirklichkeit in den „Zusammenpferch-Schweineställen“ aus? Jemand hat „Schwein gehabt“, sagt der Volksmund, und dieser Volksmund meint damit, dass man Glück gehabt hat, ohne dass man selbst etwas dafür etwas getan hat.

Zurück zur „armen Sau“, die im „Zusammenpferch-Scheinestall“ steht und sich kaum rühren kann, geschweige denn sich dort aufführen kann, das es sprichwörtlich einer „alten Sau grausen“ kann. Es muss dreckig, gar saudreckig zugehen, suhlen im Dreck, für den Menschen ein furchtbarer und geschmackloser Zustand, aber für unsere „arme Sau“ der ideale Idealzustand, um eines glücklichen Schweineleben führen zu können.

Nach dem „Scheineleben“ dürfte auch das „Glücksschwein“ irgenwann einmal als Schweinebraten, Schweinshaxe, Scheineschnitzel & Co auf irgendeinem Teller landen, aber eben etwas glücklicher als die obige „arme Sau“ aus dem „Zusammenpferch-Schweinestall“! – Klaus P. Jaworek

 

Nennen wir’s beim Namen. Dass wir Deutschen unsere Mitgeschöpfe millionenfach & systematisch in den Tod führen, nur damit viele am Wochenende ihr Steak genießen können, erscheint mir schon zu lange als eine höchst bedenkliche Praxis. Von der moralischen Verwerflichkeit dieser Untaten mal ganz zu schweigen.

Ich würde mir wünschen, dass endlich auch einmal dieses Thema mehr in den öffentlichen Diskurs gelangt. Wenn es um den Fleischkonsum geht, legen wir noch viel zu oft eine Mentalität des Wegschauens an den Tag. Mir ist dieses Verdrängen, das ja gar keine kritische Auseinandersetzung zulässt, zuwider. Ob die Forderungen des Herrn Greve Gehör finden werden, bleibt abzuwarten. Solange -und so makaber es auch klingen mag- möchte ich Herrn Greve an dieser Stelle den Vorschlag unterbreiten, diesen Sachverhalt erst einmal in Ruhe auszusitzen, bis sich seitens der Politik neue Antworten auftun. Vielleicht ja auf 0,75 Quadratmetern. – Michael Ayten

 


 

 

Leserbrief zu „Muss der Sozialstaat großzügiger werden?“ Streit von Ulrich Lilie und Johannes Vogel

 

Nach Lektüre des Artikels scheint es sich bei der Begründung für die Forderung von Herrn Lilie offenbar um Jammern auf ganz hohem Niveau zu handeln. Bestätigt er doch selbst, dass „die ärmsten 20% aller Haushalte…nahezu zwei Drittel ihres Einkommens für Nahrungsmittel, Wohnen und Energie ausgeben“. Ich frage mich, welches Land der Welt es wohl noch von sich behaupten kann, dass dort selbst den Ärmsten nach Befriedigung der existenziellen Grundbedürfnisse noch ein Drittel des Einkommens verbleibt. Tu felix Germania. – Jörg Schimmel

 


 

 

Leserbrief zu „Verbohrt“ von Anna Sauerbrey und Bernd Ulrich

 

Sorgenvoll behaupte ich, dass der nächste Artikel zum Thema wesentlich mehr Platz in Ihrer Zeitung einnehmen wird. – Markus Mannheim

 


 

 

Leserbrief zu „Hat er jetzt den Durchblick?“ von Rieke Havertz

 

Schwäbisches Stoßgebet: „Herr schmeiß Hirn raa!!“ Diesmal auf die USA. Hochdeutsche Übersetzung: „Herr(gott) wirf Hirn herunter!“ (Verfasser unbekannt) – Arne Mayer-Eming

 


 

 

Leserbrief zu „Der letzte Konservative“ von Mariam Lau

 

In Ihrem Artikel nennen Sie Hans Christian Ströbele einen notorischen Neinsager. Solche sind mir wesentlich lieber als notorische Jasager zur Regierungs Politik wie Sie und die meisten Ihrer Kollegen was die Waffenlieferungen an die Ukraine betrifft. Sie waren auch 16 Jahre notorische Jasager zur Russland Politik in der Ära Merkel. Ich befürchte Sie begehen denselben Fehler wieder, weil Sie das immer größere Leid in der Ukraine, die immer größer werdende Ruinierung unserer Wirtschaft und unserer Gesellschaft viel zu wenig problematisieren. Immer mehr Waffenlieferungen sind der falsche Weg. Hans Christian Ströbele war da sehr viel ehrlicher. – Siegfried Pulvermüller

 


 

 

Leserbrief zu „Die Position: Lasst Mädchen in die Knabenchöre!“ von Stefan Lindl

 

Rudolf Ducke, Chor – Direktor am Kasseler Staatstheater und ausgestattet mit dem“ absolutesten der absoluten Gehöre“ äußerte mir gegenüber nach einer Probe: Frauenstimmen sind schon mit 17 Jahren auf dem Höhepunkt ihrer stimmlichen Entwicklung, Männerstrimmen erst mit 23. Im „Rupenhorner Singkreis“ unter Willi Träder hatten wir eine 15-jährige Sopranistin neben Kindergärtnerinnen und Schulmusikstudenten beiderlei Geschlechts und einen 33-jährigen Finanzbeamten, als wir im Jahre 1958 als erster europäischer Chor in Cork/Ireland den mit 200 Pounds dotierten ersten Preis gewannen mit Sonderlob für die „very light tenors of Berlin“(wir waren auf Kopf-Register trainiert).

Ein Dortmunder Chor mit den Altersgrenzen 13 und 26 hat bei ähnlichen Voraussetzungen anlässlich eines Kasseler Auftritts im Jahre 2021 ebenfalls Maßstäbe gesetzt. Der englische Musikschriftsteller Burney fand nach Bachs Tod in Norditalien Mädchenchöre, die ihm leistungsstärker erschienen als die Thomaner in Leipzig, aber sollte man deswegen den Thomaner-Chor abschaffen oder mit Frauenstimmen mischen, weil mal ein Konzil den Satz geprägt hat „mulier taceat in ecclesia“(die Frau schweige in der Kirche) ? Lasst besser die Traditions-Chöre bestehen und gründet Frauen-Chöre wie die „puellae pragensis“(Mädchen aus Prag) die in Bad Godesberg einen bleibenden Eindruck hinterließen,als sie im Halbkreis saßen, die zweite Reihe im Halbkreis stand und die dritte Reihe im Halbkreis auf Stühlen positioniert war. – Dietrich Bauer

 


 

 

Leserbrief zu „Geist der Natur“ von Navid Kermani

 

Dass Navid Kermani gerne andere Kontinente besucht (gelegentlich auch mit seinem Sohn) und seine Reiseeindrücke schildert, ist bekannt. Die Eindrücke aus seinem afrikanischen Tagebuch (Teil 3) – den ersten und zweiten habe ich leider übersehen – fallen literarisch gesehen recht dürftig aus. So ist er natürlich mit einem Führer unter unterwegs: „Früher war das dort alles noch Wald“, sagt der Führer. „Haben Sie den noch gesehen?“, fragt Kermani. „Nein, aber meine Eltern“. Das ist doch mehr das Niveau eines touristischen Reiseführers.

Nach einer Bergbesteigung (wo und welcher Berg ist hier gemeint?) schreibt Kermani: „Ich kann mir vorstellen wie Noah hier stand, als er aus der Arche ausstieg“. Merkwürdig, nach meinem Kenntnisstand vermutet man die Arche Noah doch mehr in Richtung Armenien oder Berg Arafat in der Türkei. Aber in Afrika? Eine Reise nach Madagaskar mit diesem literarischen Ergebnis? – da möchte ich nicht in der Kostenkontrolle beschäftigt sein. – Hagen Treutmann

 


 

 

Leserbrief zu „»Ich habe ihn angeschrien und beschimpft, damit er weggeht«“ von Luisa Hommerich et al.

 

Wer ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein. Natürlich ist es verwerflich, sich an Frauen ranzudrücken und ihnen anzügliche Angebote zu machen. Aber wir erinnern uns alle an Situationen, in denen wir alkoholbedingt dumme, unverzeihliche Sachen gemacht haben, die uns am nächsten Tag unermesslich peinlich waren. Die Frauen sollen sich unerschrocken wehren und ene Entschuldigung des Übeltäters fordern. Diese Dinge sollten aber auf der persönlichen Ebene bleiben Jetzt aber macht die ZEIT einen grossen Artikel daraus, was ich übertrieben finde. – Martin Sautter

 


 

 

Leserbrief zu „Sie haben viel zu lernen“ von Laura Cwiertnia

 

Mit etwas erstaunen habe ich das Ende Ihres Kommentars gelesen. Dort steht: „weiß der Oberbürgermeister nicht, dass vor allem die deutsche Migration in Südamerika auch eine dunkle Seite hat?“ Meine Gegenfrage: wissen Sie nicht, dass schätzungsweise > 80 % der deutschstämmigen Auswanderer in Südamerika vor dem 2. Weltkrieg dort eingewandert sind? Und dass z.B. von den 250.000 Deutschstämmigen in Chile allenfalls ein paar dutzend von schlimmen Nazis abstammen? Das sind Bruchteile von Promille. Meine Vorfahren sind z. B. alle zwischen 1852 und 1905 ausgewandert, u.a. aufgrund der gescheiterten 1848-Revolution.

Sie haben als Ingenieure Eisenbahntrassen geplant und gebaut, die Architektenkammer als erster Vorsitzender mitgegründet, als Konsul gedient, als Ärzte und Archeologen gedient (einem ist heute ein Museum gewidmet mit all seinem Material), eine Zuckerindustrie aufgebaut, dem DAV gedient, in der deutschen Schule gratis als Lehrer gedient, etc. etc. Ganz, ganz dunkle Vergangenheit. Diese hier vorgetragene Vorurteile finde ich persönlich einfach nur platt.

Wegen ein paar dutzend oder meinetwegen einige wenige Hundert geflüchteten Nazis werden Millionen Deutsche und Deutschstämmige in Südamerika verunglimpft. Und das absurdeste: an diesen wenigen Nazis stören sich v.a. Bundesdeutsche, den Menschen in Südamerika, auch den nicht-Deutschen, ist das in aller Regel reichlich egal! Wie wär es mit mehr Information und Feingefühl auch von Ihrer Seite? Wenn hier jemand was zu lernen hat, dann ist es die Autorin! – Dr. Kurt Möller

 


 

 

Leserbrief zu „Ein nasser Held“ von Sophie Neukam

 

Dieser Artikel macht einfach glücklich, es ist ein Vergnügen den Beitrag über den Biber zu lesen. Ich wäre gern dabei, wenn er Wartungsarbeiten bei einem Leck an seiner „Badewanne“ durchführt, spitze. – K. Fröhlich

 


 

 

Leserbrief zu „ELTERNPARADIES“ von Judith Liere

 

In diesen mehr als schwierigen Zeiten. ( Krieg,Inflation, steigende Energiekosten…) muss man so einen luxusdurchtränkten Artikel erst mal bringen ( 500€/Tag)! Auch das Stöhnen,welches durchscheint: ich müsste mich mal mit meinem Kind beschäftigen,erscheint unverständlich. Es gibt tolle JH,kleine Familienhotels,in welche man fahren könnte- die Idee,dass sehr viele Familien dies nicht könnten,kommt gar nicht vor. Das ist ein ziemlicher “ Reichenstandpunkt“,den ich unmöglich finde,da er sich als allgemeingültig präsentiert. – Cornelia Ober

 


 

 

Leserbrief zu „Dausend Prozent“ von Peter Dausend

 

Wenn man kein Abonent ist kann man auch mal ein paar Ausgaben auslassen. Herr Dausend behauptet, 60% der Deutschinnen u. Deutschen sind dagegen, dass eine Frauenquote bei der CDU eingeführt wird. (Wer nicht weiß was CDU ist: mehr auf Wikipedia.) Das hat eine Civey- Umfrage ermittelt. Civey ??? . Möchte Herr Dausend die Firma bekannt machen? Und was soll die Frage? Über 60 % der Deutschen äußern sich zu Genderfragen bei der CDU ?

Über 60 % der Wählerinnen wählen gar nicht mehr und die CDU und die Frage, welche Pfosten da wie besetzt werden, geht ihnen am Arsch vorbei. Insofern hab ich da schon Fragen warum Die Zeit Geld ihrer Leserinnen für so eine blöde Umfrage verschwendet. Also meine Antwort: Zwei Monate keine Zeit macht 12 , 40 € – Oswald Baumeister

 


 

 

Leserbriefe zu „GROSSE FREIHEIT“ von Claire Beermann im ZEIT Magazin

 

Als langjährige Abonnentin schätze auch das Magazin. Bei der Modeausgabe September 2022 wird mir jedoch übel. Gepriesen wird das Domina/Drogen/Mode It-Girl Julia Fox, als wäre der voyeuristisch männliche Blick auf den weiblichen Körper im Moment besonders dringend. Fox sei ja ach so authentisch (sie hat ein Kind,sie stopft Essen in sich hinein, Wahnsinn!).

Danach posieren Kinder (das jüngste Mädchen 11) und erklären, warum bauchfrei so toll ist und wie sehr der Look die Persönlichkeit ausdrückt, denn frau wird ja immer sofort abgecheckt! Beim surrealistischen Ansatz hängt leider keinem männlichen Model mal kurz der Penis raus. Und wenn Demna Gvasalia, der die Models im Ganzkörperlatex über die New Yorker Börse als Laufsteg schickt, dann finde ich es auch egal, dass seine Eltern aus Georgien flüchteten und er homosexuell sei. Sexismus sells und die Zeit ist vorn mit dabei. – Dr. Susanna Bunge

 

Das ZEITMAGZIN entwickelt sich langsam aber sicher zu einem Modejournal. Die letzte Ausgabe ist eine Zumutung! Ich habe das Magazin früher gern gelesen. Vielleicht habt Ihr die Möglichkeit zum früheren Niveau zurückzufinden. – Immo Richter

 

„In einer Zeit, in der man schon halb gecancelt wird, wenn man seinen Eiskaffee aus einem Plastikbecher trinkt, verkörpert Julia Fox eine extrem gut gelaunte …..Unangepasstheit“. Ihnen, und natürlich Julia Fox, empfehle ich dringend einen Besuch auf der „documenta 15“ in Kassel. In der Karlsaue finden sie gut sichtbar Hinweise dazu, was mit unseren Klamotten geschieht. So viel „Leichtigkeit“ kann einem da schon mal vergehen. Die Hoffnung auf Veränderung durch Ihr Magazin auch. – Barbara Lehmann

 

Sagen Sie, ist Ihnen (oder wenigstens einem Teil von Ihnen)? nicht manchmal selbst peinlich, was Sie da für „Broschüren“ herausgeben? Für welchen Leserkreis soll diese Mode gedacht sein? Sicher für einen genauso kleinen wie Ihre unsäglichen Uhrenreklamen! Na klar, es ist das Geld! Aber denken Sie doch mal an die (noch!!!) vielen Leserinnen und Leser, die wöchentlich viel Geld für Ihre Zeitung ausgeben! Interessiert Sie deren Geschmack gar nicht? – Editha Rochow

 

Ich sitze gerade bei der Lektüre des aktuellen Zeitmagazins – und ein Ärger stellt sich ein! So viele Fotos von Frauen! Wo sind die Männer? Dann der Artikel von Julia Fox: eine interessante und Mut machende Geschichte einer starken Frau. Aber die Fotos! Künstlerisch wertvoll. Allerdings frage ich mich: Warum finde ich gerade solche „Frauenbilder“ so häufig im Zeitmagazin? Finde ich ausgewogen oft solche „Männerbilder“?

Mein Eindruck ist: Nein! Sexismus beim Zeitmagazin? Ich lese das Magazin eigentlich gerne, aber dieser Gedanke kommt mir inzwischen zu oft. Muss sich das Zeitmagazin nicht auch fragen, ob es dem endlich bewusst gewordenen „neuen“ Frauenbild gerecht wird? Der Journalismus trägt eine Verantwortung, er informiert und prägt. Ich wünsche mir, dass dies in der Auswahl von Texten und Bildern verantwortlich bedacht wird. – Andrea Baumhove

 

Dieses Heft vom 1.9.2022 zeigt, dass die Porno – Generation die Redaktion erreicht hat. Warum muss ich als Leserin dem Umschulungsversuch einer Sexarbeiterin zuschauen? Was als Modeheft angekündigt ist, erweist sich Reklame für Sexunterwäsche. Wen wollen Sie ansprechen und als neuen Abonnenten gewinnen?

Ich sehe seit über 50 Jahren alle möglichen Versuche und Irrtümer, eine gute Wochenzeitschrift auf die Beine zu stellen. Bleiben Sie bitte solide und informativ. Mich würde z.B. interessieren, was aus all den Corona Hilfen geworden ist. Wer ist dem Ruin entgangen, wer hat profitiert, wer hat sich unrechtmäßig bereichert? Außerdem: Warum kriegen wir vom britischen Geheimdienst die Nachrichten zur Lage an der Front? Handelt es sich um Arbeitsteilung mit anderen Geheimdiensten oder arbeiten alle anderen den Briten zu? Wieso haben ausgerechnet die Briten ihre Leute in der Ukraine? – Sigrid Giersberg

 

Sie hätten dem Gros Ihrer Leser sicher einen großen Gefallen getan, wenn Sie die genannte Ausgabe des ZM auf die Seiten 5, 14,18, 20, 82-88 und 91-98 beschränkt hätten, statt eine Unzahl sinnfreier (Farb)fotos zu drucken und dazu passende tumbe Texte. Ich schätze das Magazin sehr, doch solche Beiträge sind einfach überflüssig. – Bernd Schampel

 


 

 

Leserbriefe zum Wochenmarkt „WILD NACH BROMBEEREN“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

 

Also, ich weiß jetzt wirklich nicht, wie gerne sie kochen und warum Sie diese Kolumne schreiben. Aber es fällt schon auf, dass Bild und Text nicht zusammenpassen. Heute: Rehragout mit Brombeeren, ich habe lange überlegt, was im Ragout so weißlich schimmert, Steine, wahrscheinlich nicht, nein es könnten Schalotten sein. Im Rezept nachgelesen, sind es Zwiebeln, in Streifen geschnitten und angedünstet. Anstatt des falschen Fotos, wäre es diesmal lustiger gewesen, Sie beim Kochen abzubilden, im Bikini. ;) – Brigitte Wöss

 

An Ihren Rezepten stört mich immer wieder Mal der hohe Energieverbrauch bei Rezepten mit langer Backdauer. Warum probieren Sie es nicht Mal mit einem Drucktopf? Ich mache zum Beispiel ab und zu im Drucktopf ein Rindfleisch-Rezept (Boeuf a la niçoise) mit einer Kochzeit von 2 Stunden, bei dem zweimal „nachgelegt“ wird.

Dabei muss ich zwar zweimal die Temperatur zum Öffnen des Topfes absenken, aber trotzdem dauert es mit Drucktopf insgesamt nur etwa 45 Minuten, und der Energieverbrauch ist deutlich geringer. Vielleicht können Sie in Ihren Rezepten darauf hinweisen, dass es auch mit Drucktopf gehen müsste. Dann allerdings mit weniger Flüssigkeit. Das Rehragout mit Brombeeren werde ich demnächst mal im Drucktopf probieren, wenn ich wieder mit Kochen dran bin. – Hinrich Ruprecht

 

Wir kochen regelmäßig Wildgerichte und ebenso gerne lesen wir die Zeit. Daher haben wir uns sehr über das Rehragout-Rezept im aktuellen Magazin Nr. 36 gefreut. Allerdings können wir die „weißen Kugeln“ (vgl. beigefügtes Bild) nicht zuordnen. Diese werden im Text und in den Zutaten nicht aufgeführt. – Fabian Trapp

 

Ich bin entsetzt: Was sind da für Sachen auf dem Teller, die nicht im Rezept stehen – das ist ja ganz im Stiel ganz schlechter Superhochglanzpseudokochrezeptfotoverarsche. Zu Ihrer Entlastung vermute ich aber, dass die Sommerhitze und die nicht ganz so gute Idee, den Backofen auch noch anzuwerfen, einen kleinen Blackout bei Ihnen hervorgerufen hat. Meine Empfehlung: draußen den Grill benutzen und / oder nur ganz kurz die Pfanne auf dem Kochfeld! – Dr. Dorothea Jacobi

 


 

 

Leserbriefe zu „Über Kinder, die Maske tragen müssen, und das neue Oben und Unten“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Wäre fast ein Kalauer: der Beitrag ist demaskierend. Corona bringt irgend wie an die Oberfläche, was sich sonst verdeckt tut. Wer wo was gilt und wer nicht. Und Martenstein bringt es auf den Punkt. Es geht um die Knete und um die Frage, wer was zu sagen hat. Chapeau! – Reinhard Wick

 

Manchmal stinkt der Fisch vom Kopf her. Zu Beginn der Pandemie, als die Profis Geisterspiele absolvierten, während Jugendliche und Kinder, denen Verfetten nachgesagt wird, nicht kicken durften, kontaktierte ich einen Profi aus der Bundesliga. (Aufgrund eines Interviews habe ich seine Handynummer und kann ihm WhatsApp senden). Ich schlug ihm, Vater von zwei Kindern, vor, allen Profis den Vorschlag zu unterbreiten, aus Solidarität zu den Jugendlichen und Kindern auch nicht mehr zu kicken.

Mit einer Antwort rechnete ich nicht, es kam auch keine, gekickt haben sie alle, schließlich regiert Geld den Fußball. Nun bin ich versucht, ihm vorzuschlagen, seine Kollegen zu bitten, nicht in Katar aufzulaufen. Wenn kein Profi auf dem Rasen erscheint, gibt es keine WM in Katar. Ich denke gerne so einfach, ich finde, es wäre einfach. Manche sagen mir, ich sei kindisch, dann freue ich mich, Grönemeyer sang aus gutem Grund „Kinder an die Macht!“ Diese berechnen in der Tat nicht, was sie tun. Neulich lobte ich den aktuellen Fußballtrainer meines Sohnes, der Trainer fragte postwendend, ob ich ihn erpressen wolle. Es liegt auf der Hand, warum er das fragt – diese Praxis ist gang und gäbe. Mein Sohn kickt seit 11 Jahren, relativ hoch wie man so schön sagt. Fairness im Fußball? It‘s the economy, stupid, auch hier, auch schon bei den “Kleinen“.

Als die Pandemie auf ihrem Hoch (wenn nicht ein neues kommt) war, sagte ich – ehemalige Intensivschwester für Pädiatrie – zu meinem Mann, ich wolle zwar nicht, aber ich könne nicht zuschauen, ich würde mich jetzt in der Kinderklinik melden. Ich wusste von 10 offenen Stellen auf der Kinderintensiv. Da ich 15 Jahre raus bin aus dem Job, bot ich mich als Mädchen für alles an, erstmal. Und für die Erwachsenenintensiv.

Lagern helfen von ECMO-Patienten etc., da würden sicher Leute gebraucht, stand ja täglich in der hiesigen Tageszeitung. Nach zwei Wochen bekam ich Antwort der Stationsleitung der Kinderintensiv. Danke fürs Angebot, aber man wisse nicht, wie man mich einsetzen solle, ob man meine E-Mail-Adresse an die Erwachsenenabteilung weitergeben könne. Ich gab zwei Telefonnummern an mit dem Hinweis, das ginge ja schneller. Bis heute hat keiner angerufen. So what.

Also stehe ich nicht am Krankenbett im kaputten Krankenhauswesen, sondern am Spielfeldrand und schaue meinem Sohn beim Kicken zu, lobe den Trainer lieber nicht (Loben ist verdächtig, Jammern und Meckern geht in Deutschland verdachtslos immer). Nachdenklich. Und das nicht erst, seit ich das Buch „Alles geben“ von „Neven Subotic“ gelesen habe. Einzig Herr Martenstein muntert mich auf, ich fühle mich verstanden, Dankesehr! – Birgit Jennerjahn-Hakenes

 


 

 

Leserbrief zu „»Ich kann alle«“ von Jana Hensel im ZEIT Magazin

 

Mit großem Interesse habe ich den Artikel „Ich kann alle“ im Zeit Magazin Nr. 36 über Reiner Zieger gelesen (https://eur06.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fzeit-magazin%2F2022%2F36%2Freiner-zieger-illustrator-tiere-ddr&data=05%7C01%7Cleserbriefe%40zeit.de%7C87b286ba65bb4a9995e808da8d8798bb%7Cf6fef55b9aba48ae9c6d7ee8872bd9ed%7C1%7C0%7C637977910761437622%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C2000%7C%7C%7C&sdata=uwXNRSuVlHfMTaSjS6KkcQE0KFonCca0%2B3kDftfHpm4%3D&reserved=0).

Vor allem die Einwürfe in denen auf seine Bewegungen eingegangen wird, haben mir sehr imponiert. Als ich dann lass, dass er seinen Beruf weniger als Kunst, mehr als Handwerkskunst, betrachtet, dachte ich an die gleichnamige Sendung beim SWR (https://eur06.safelinks.protection.outlook.com/?url=https%3A%2F%2Fwww.ardmediathek.de%2Fsuche%2FHandwerkskunst&data=05%7C01%7Cleserbriefe%40zeit.de%7C87b286ba65bb4a9995e808da8d8798bb%7Cf6fef55b9aba48ae9c6d7ee8872bd9ed%7C1%7C0%7C637977910761437622%7CUnknown%7CTWFpbGZsb3d8eyJWIjoiMC4wLjAwMDAiLCJQIjoiV2luMzIiLCJBTiI6Ik1haWwiLCJXVCI6Mn0%3D%7C2000%7C%7C%7C&sdata=ScismsLb4H12%2F0bpZpYBfAfuDyAy1YE4iikB1eS9gxE%3D&reserved=0!). Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass man eine derart aussterbende Gilde wie den Tiermaler hier auf jeden Fall noch einmal porträtieren sollte. – Michael Döring