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19. Januar 2023 – Ausgabe 4

 

Leserbriefe zu „Grün getarnt“ von Tin Fischer und Hannah Knuth

 

Danke den entlarvenden Blick auf den CO2-Zertifikatshandel. Anscheinend lösen CO2-Zertifikate das Problem der Klimakatastrophe auch nicht- wundert das jemanden? Um den Planeten zu retten, müsste sich der CO2-Ausstoß pro Person auf eine Tonne pro Person beschränken. In Hamburg stößt jede Person 8t CO2 pro Jahr aus, Tendenz steigend. Kaum jemand ist bereit, seinen Lebensstil zu verändern, zu verzichten. Und die Regierung traut sich auch nicht, Wähler*innen das zu zumuten. Dazu nur zwei Beispiele: Immer noch werden von der Gastronomie Heizpilze betrieben, damit es für die Gäste auch im Winter draußen schön warm ist. Stündlich werden Millionen Einwegbecher verkauft- Antwort der Regierung: zukünftig darf man auch Mehrweg wählen. – Birte Abel-Danlowski

 

Dieser Zertifikate-Handel ist schon vom Prinzip her Betrug. Selbst wenn man davon ausgeht, dass durch den Zertifikatekauf tatsächlich so viel CO2 vermieden wird wie vor Ort emittiert wird, dürfte man sich nicht klimaneutral nennen. Denn die CO2 Emissionen vor Ort bleiben unverändert. Das Klima interessiert nur die tatsächlichen CO2 Emissionen und nicht irgendwelche Handelsgeschäfte mit Zertifikaten. Die CO2 Emissionen müssen weltweit auf null heruntergefahren werden. Das kann wohl kaum funktionieren, wenn nur verhindert wird, dass irgendwo auf der Welt noch zusätzliche Emissionen entstehen und diese fiktiven „Einsparungen“ dem tatsächlichen CO2-Emittenten gutgeschrieben werden.

Jeder Handel mit CO2-Zertifikaten außerhalb des „offiziellen“ Europäischen Emissionshandels oder vergleichbarer Systeme außerhalb Europas sollte verboten werden. Das ist alles „Greenwashing“ und Geldmacherei. Man kann ja trotzdem sinnvolle Klimaschutzprojekte unterstützen, aber das nicht den eigenen Emissionen gegenrechnen, zumal es unmöglich ist, die vermiedenen Emissionen korrekt zu quantifizieren. – Dr. Norbert Krzikalla

 

Ein großer Dank an Tin Fischer und Hannah Knuth für diese aufschlussreiche Recherche. Ich war naiv genug zu glauben, dass CO 2- Zertifikate ganz überwiegend für sinnvolle Aufforstungsprojekte vergeben werden, habe mich aber immer schon gewundert, wie schnell sich manche Unternehmen die Klimaneutralität erkaufen konnten. Wenn beispielsweise schon die Androhung, einen Wald abzuholzen, als zertifizierungswürdiges Projekt durchgehen kann, ist das Ramsch, besser gesagt, reine Geschäftemacherei.

Werden die CO 2 – Zertifikate zu modernen Ablassbriefen, kann man sich das Ganze fast sparen. Das ist Betrug an der Käufern dieser Zertifikate, Betrug an den Verbrauchern, die glauben durch ihre Kaufentscheidung den Klimaschutz voranzubringen, schlimmer noch: Betrug an Mensch und Umwelt. Falls noch etwas zu retten ist, muss das System der Zertifizierung neu überdacht und anders überprüft werden, von wirklich unabhängigen Stellen. Wie verlockend muss es für solche NGOs wie Verra sein, wenn sie irgendwann ganze Staaten mit ihren Zertifikate bedienen könnten. Da ist der Weg zum großen Geld sehr kurz und der Weg zur Korrumpierung ebenfalls. – Regina Stock

 

Nach der Lektüre Ihres o. g. Artikels stellt man sich leider wieder einmal die Frage: Sitzen in den Chefetagen unserer Industieunternehmen wieder einmal nur Gauner oder sogar Schlimmeres? Und steht wieder nur der Profit im Vordergrund jedweder unternehmensbezogener Entscheidung? Und, wie immer ist auch wieder die Deutsche Bank dabei – wen überrascht’s? Doch schlimmer ist das Verhalten, das Vorgehen als solches!

Leider, und ich wiederhole, leider decken Sie dankenswerterweise diese Missstände auf – doch dann, was geschieht dann? Wer bleibt am Ball, wer verfolgt es weiter, ob sich etwas ändert? Dann waren auch die Ausgaben für die Recherche vergebens! Von Woche zu Woche sollte auf diese Misswirtschaft und Augenwischerei hingewiesen werden! Damit endlich etwas geschieht! – Dr. Wolf Günther

 

Wundert dieses Verhalten wirklich irgendjemanden? Wir leben in einer Gesellschaft, in der im Wesentlichen Geld und Egoismus zählen und es üblich ist, Geschäfte und Gewinne zulasten anderer Menschen, des Staates oder eben auch künftiger Generationen zu machen. Solange die Kernwerte dieser Gesellschaft Geld und Egoismus sind, kann man nur durch strenge Gesetze und sehr engmaschige Kontrollen verhindern, dass der Profit auch auf krummen Wegen gesucht – und gefunden – wird. Nur ein genereller Wertewandel hin zu einem Verantwortungsgefühl und -bewusstsein letztlich für die gesamte Menschheit und künftige Generationen würde solche Kontrollen vielleicht überflüssig machen.

Davon ist aber gerade im Unternehmensbereich bislang nahezu nichts zu entdecken – stattdessen jede Menge Greenwashing, Heuchelei oder eben schlicht Lügen und Betrug, wie in dem Artikel beschrieben. Im Moment sieht es ziemlich danach aus, dass die Menschheit oder zumindest ein Großteil derselben infolge des Egoismus der derzeit lebenden und der in den letzten Jahrzehnten verstorbenen Menschen, nicht zuletzt auch der Deutschen, untergehen wird. – Dr. Ulrich Willmes

 

Wenn man bei Google „21 Wege wie Kohlenstoffprojekte betrügen“ eingibt kommt das im Artikel genannte Video nicht als Suchtreffer. Ein Schelm der Böses denkt. – Erik Fiedler

 

Es gäbe noch eine interessante Möglichkeit, mit der wir an Projektbetreiber herantreten könnten und ein Zertifikat anbieten über die Interessengemeinschaft „Flatulenzmindernde Ernährung“. Da würde u.a. auch die Erkenntnis von Pythagoras „Meidet die Ackerbohne“ eine neue geopolitische Dimension erhalten. Die Premiumversion würde erreicht, wenn die Hälfte der Teilnehmer sich sogar verpflichtet, eine Aktivkohle-Einlage in der Unterhose zu tragen. – Prof. Helmut Blome

 

CO2 Zertifikate , der Ablasshandel unserer Zeit.- Helmut Strohmayer

 

Wenn private Geldgier und fast kriminelle Kostenvermeidung auf staatliche Verantwortungslosigkeit trifft, entsteht kein Klimaschutz sondern Klimabetrug. Der Ehrliche kann in derartigen Branchen nicht reich werden. – H. Giller

 

Du liebe ZEIT, wie naiv sind wir doch. Haben wir das nicht schon oft erlebt, dass Unternehmen mit dem Outsourcing von Wertschöpfungskomponenten auch die Verantwortung outsourcen. Kinderarbeit? Wir haben Verträge, die unsere Partner verpflichten, ohne Kinderarbeit auszukommen. Arbeitsschutz? Wir haben Verträge, die unsere Partner verpflichten, die Regeln einzuhalten. Klimaschutz? Sie ahnen, was ich schreiben will. Konzernunternehmen übernehmen nur Verantwortung, wenn sie regulatorisch gezwungen werden, wenn der Verstoß gegen die Regeln mit existentiell bedrohlichen Sanktionen versehen sind, nicht nur gegen die Konzerne, sondern auch deren Führungspersonal, und die dann auch exemplarisch durchgesetzt werden.

Die Umwelt-Ablassbriefe namens Zertifikate bewirken nur, dass es unter dem Label „Umweltschutz“ eine weitere Branche gibt, die von amoralisch agierende Unternehmen und Organisation durchsetzt ist und sich die Konzerne der Verantwortung entziehen können. In diesem Lichte muss auch der staatlichen Zertifikatehandel kritisch beurteilt und geprüft werden. Herzlichen Dank an die Autoren Tin Fischer und Hannah Knuth. – Klaus Peter Frohmüller

 

Vielen Dank für den ausführlichen und gut recherchierten Artikel. Es war fällig, daß jemand mal Licht in die ausufernde Zertifikatebranche bringt. Leider hatte ich mit diesem Ergebnis gerechnet. Nicht nur, weil ich als Vertragsjurist vor über 20 Jahren am Rande an der Einführung eines anderen Umwelt-Siegels beteiligt war und die dortigen Erfahrungen meine Naivität bereits zerstört hatten, sondern auch aufgrund der Erfahrungen, die ich aktuell bei der Suche nach einer zuverlässigen und ordnungsgemäßen Kompensation von Flügen gemacht habe. Zwar kann man als Fluggast am Ende der Buchung heute bei jeder Fluglinie die Kompensation direkt mitbuchen, dann entstehen für einen Flug nach Rom z.B. Kosten von € 9,20 bei einer europäischen Fluglinie.

Daß dies aber keine ordnungsgemäße Kompensation der ca. 500 kg CO2 bedeutet, die der Fluggast produziert, kann man sich eigentlich selber denken. Bei Anbietern außerhalb von Fluglinien stößt mann dann schnell auf einfach handzuhabende CO2-Rechner und entsprechend höhere Preise, die zumindest den Anschein einer seriösen Kompensation erwecken, aber im Kern kommt es natürlich auf die dahinter stehenden Projekte an. Die kann man sich bei den meisten Anbietern in einer langen Liste, mit einem schönen Bildchen und einer Kurzbeschreibung versehen, dann alle gebündelt anschauen. Klickt man eines der Projekte an, führt der Link dann entweder ins Leere (unseriös?) oder zu einer Langbeschreibung des Projektes und wieder vielen schönen Bildern oder weniger schönen Bildern von armen Menschen in akfrikanisch anmutender Umgebung.

Wer die Langbeschreibung bis zum Ende liest, macht heutzutage wohl kaum noch jemand, liest dann allzuoft, daß das Projekt gerade nicht validiert ist bzw. nicht ausgeführt wird. Darunter übrigens auch einige der von Ihnen angeführten Ofenprojekte, was nicht bedeuten soll, daß Ihre Ofenprojekte von dem Anbieter Ihrer Zertifikate gerade auch nicht validiert sind oder ausgeführt werden. Es lohnt sich aber mal, das zu kontrollieren. Für den ehrlich bemühten Konsumenten ist es anhand der Vielzahl der aufgeführten Projekte auf der Internetseite der Anbieter aber schon nicht mehr überschaubar, welche werden denn nun ernsthaft betrieben und wielange benutzt eine indische oder afrikanische Familie wirklich den neuen sparsamen Ofen zum Kochen.

Ehrlich gesagt, sehen die Teile recht fragil aus und vor Ort ist mutmaßlich kein Reparaturservice greifbar. Hier gibt es also durchaus auch im Kleinen noch viel zu tun für kritischen Journalisten. Ich selber habe mich für die Förderung des Kaufes von CO2-neutral hergestelltem Kerosin als Kompensation für meine wenigen Flüge entschieden. Die Produktionsanlage und die Herstellung scheint es wirklich zu geben. – Volker v. Moers

 

Die Autoren zeigen, dass CO2-Zertifikate zwar etwas kosten, dass sie real auch Emissionen erlauben, allerdings die versprochene CO2-Einsparung als eigentlichen Gegenwert nicht sicherstellen. Die Unternehmen haben einen doppelten Vorteil (nämlich grünes Image und Verschmutzungsrechte), ohne dass die weltweite CO2-Reduktion vorankommt. Zugespitzt sind solche Zertifikate dann Lizenzen zum Töten. Unsere Erde als Gläubigerin gewährt Kredite, die nur mit Illusionen zurückgezahlt werden.

Wenn die Illusionsblase eines Tages platzen wird, haben die Unternehmen noch ein paar Jahre Gewinne gemacht, wir alle sind aber dem Abgrund ein Stück näher, wenn alle Verschmutzungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Die Erde ist dann pleite. Die überschuldeten Unternehmen sind wertlos. Ein Schuldenerlass ist sinnlos. Wenn die Zeit noch reicht, sollten Standards und Strukturen geschaffen werden, mit denen der Zertifikate-Markt wirksam beaufsichtigt werden kann, z.B. wie bei der Bankenaufsicht. – Reinhard Koine

 

Ihr Beitrag „Grün getarnt“ gießt weiteres Öl in das Feuer einer hitzigen Diskussion über den Klimaschutz: Während vom einfachen Bürger jede Menge Selbstkasteiung verlangt wird, tut sich auf höchster Ebene eben nichts. Die Umweltschere im Kopf des Klimabewussten vergiftet immer größer werdende Bereiche unseres Lebens: War es bis vor ein paar Jahren noch Privatsache, ob man auf Fleisch verzichtet, etwa aus Tierliebe oder weil man den Verzehr für sich selbst als gesundheitsschädlich erkannt hat, so ist er heute geächtet, weil er eine Umweltsünde ist, die alle betrifft.

Obst und Gemüse werden akribisch daraufhin untersucht, wie viel Wasser sie verbrauchen, Flug- und Seereisen sind ein absolutes No-Go geworden und auch kurze Wellnessreisen mit dem Auto sind problematisch: Selbst wenn man mit dem E-Auto anreisen würde – die Gummireifen erzeugen so viel Abrieb, dass die Staubpartikel angeblich in der Arktis das Eis schneller zum Schmelzen bringen. Ein gemütliches Kaminfeuer zünden wir erst gar nicht mehr an – viel zuviel CO2-Ausstoß, und bei dem dazugehörigen Gläschen Wein aus Frankreich oder Italien sollten wir erst einmal eine Expertise anfordern, ob die Transportkosten noch zu verantworten sind.

Gleiches gilt für Kerzenlicht: Candle-light-Diner gestrichen. Romantik wird eh überschätzt. Ein neues Jahr mit Feuerwerk zu begrüßen könnte uns dem Verdacht aussetzen, wir könnten fröhlich, gar ausgelassen sein. Weg damit. Die meisten Freuden unseres Lebens sind zwischenzeitlich mit jeder Menge schlechten Gewissens behaftet. Uns ist die Leichtigkeit abhanden gekommen. Das ist der Preis, den wir für unser Umweltbewusstsein zahlen müssen, der aber unerträglich hoch wird, wenn man erkennt, dass er umsonst gezahlt wird. – Hannelore Schreiner

 

Vielen Dank für Ihren wichtigen Artikel zu CO2-Zertificate: Grün getarnt in der Zeit vom 18.1.2023. Er zeigt, wie wichtig Kostenbewusstes Verhalten für das Vermeiden von CO2-Emissionen ist. So wie Milliarden Menschen noch heute, wuchsen unsere Großeltern ohne Heizung und Badezimmer auf. Reisen waren beinahe unmöglich. Seitdem sind unsere Ansprüche ins Absurde gestiegen und wir verlangen von der Politik, dass es immer noch mehr, unser Konsum immer grenzenloser wird.

Dabei fordern auch bei uns die Klimakatastrophen immer mehr Opfer. Vor allem wir industrialisierte Länder, unsere Großeltern, Eltern und wir selbst verursachen diese, töten mit unserem kurzsichtigen egoistischen Verhalten. Tödliche Hitze, Dürren und Fluten nehmen zu. Wir können den Tsunami an Klimakatastrophen, den die Wissenschaft vorhersagt, nur noch mit drastischsten Maßnahmen aufhalten.

Jetzt haben wir die Wahl: Entweder reagieren wir nach jeder Katastrophe mit immer härteren Notmaßnahmen oder wir geben uns schon jetzt freiwillig die größte Mühe zu sparen, zu verzichten, schlauer, besser und gesünder für uns selbst, die Erde und unsere Kinder zu Leben. Über deren Dank und Anerkennung dürfen wir uns schon jetzt freuen. Denn ihnen blühen andernfalls noch viel drastischere Freiheitseinschränkungen. An Energie, Fleisch, Reisen und Luxus zu sparen ist jetzt wichtig. Für die Menschen der Zukunft möglichst viel motivierendes Mitleid zu empfinden und dementsprechend verantwortungsvoll zu handeln, noch viel mehr!

Ich wäre sofort dabei! Aber sehen Sie bitte, wie die Zeit auf die Klimakatastrophen reagiert: Sie spult einerseits routiniert ihr Pflichtprogramm an Berichterstattung ab, versucht aber andererseits so viele Zeitleser mit Werbung und entsprechenden Artikeln das Reisen mit Flugzeug und Kreuzfahrtschiff schmackhaft zu machen. Siehe Zeit Leserreise mit Queen Mary 2! Dabei stand Die Zeit früher immer für das Gute, Richtige, die Gesellschaft in eine humane Richtung Weisende. Jetzt steht sie im hinteren Drittel und bremst eher, als dass sie hilft, die Zukunft unserer Kinder zu verbessern. Der Kern der Marke „Die Zeit“ geht verloren und damit geht auch (für mich) ihr Wert verloren.

Wenn das Einordnen, Versachlichen und Lösungswege diskutieren unpassend lange und unnötig kontrovers passiert obwohl die Wissenschaft schon längst viel weiter ist und das auch noch mit die Klimakatastrophe anheizende Artikeln, Werbung und Aktionen des Verlages garniert wird, führt die Zeit sich selbst und unsere Kinder an der Nase herum. Sie macht dann Journalisten zu bloßen Dienern eines unzeitgemäßen, rückständigen, die Zukunft unserer Kinder verratenden Kommerz. Die Zeit gräbt sich damit selbst zu Grabe, bzw. buchstäblich unter die Fluten des steigenden Meeresspiegels. Ich erwarte da mehr vom Verlag! Wir und unsere Kinder haben eine, in diesem Punkt bessere, Zeit verdient.

Das CO2 ist schon in der Luft, der Rest ist Physik, die wir immer noch zu schlecht verstehen. Aber die Klimawissenschaftler wissen, dass wir selbst 2 Grad nicht schaffen. Vor allem weil unsere Regierung fossilen Strukturen massiv ausbaut, Deutschen Autobauer, ähnlich wie beim Diesel, auf die technologische Sackgasse immer größerer SUV ́s setzt und weil wir immer mehr Natur zerstören damit 0,5 MIlliarde reiche Menschen immer schneller, immer weiter und immer luxuriöser mit Auto, Zug, Schiff oder Flugzeug Reisen können. Sie fliehen vor der Infrastruktureinöde zu Hause und schaffen somit den Bedarf für noch mehr Infrastruktur.

Warum lobt die Zeit dennoch in Reklamen und Artikel, bzw. bieten Sie genau die Produkte und Reisen an (Zeit- Geschenke und Leserreise), die am schlimmsten für unsere Zukunft sind? Warum setzen Sie sich als Verlag und Medienschaffende nicht konsequenter für eine gute Zukunft unserer Kinder ein? Warum drucken Sie nicht mit Ökostrom auf Umweltschutzpapier? Warum fordern Sie Ihre Konkurrenten und Leser nicht zu einem „Sustainability Challenge“ heraus, wie ihn die Luftfahrt bereits tut?https://www.youtube.com/watch?v=_tAyLoJBp_o

Es wäre eine Reklame für Sie und ein starkes gesellschaftliches Signal, dass Sie die Mahnungen der Wissenschaftler nicht nur abdrucken, sondern auch verstehen und ernst nehmen. Die Menschen warten auf eine solche durch Ihre Autorität bekräftigte Bestätigung des unheimlichen Gefühls, dass eine*n jede*n von uns angesichts dieses milden Winters beschleicht! Ich bin selbst Flugkapitän und profitiere massiv von der Steuerfreiheit des Fliegens, aber ich finde diese mehr als unzeitgemäß. – Klaus Siersch

 

Es ist eigentlich keine Überraschung, dass eine NGO mit derart großen Umsätzen eine Menge „Hütchenspieler“ anlockt, für die es ein Leichtes ist, die schwammigen Voraussetzungen für eine Zertifizierung zu deren eigenem Vorteil auszunutzen. Das Prinzip ist seit der großen Finanzkrise 2008 bekannt: Es werden Produkte verkauft, die kein Mensch versteht. Unglücklicherweise bringt man den NGOs aufgrund ihrer (vermeintlich) besseren Position in der nach oben offenen Heuchelei-Skala mehr Vertrauen entgegen als den Banken. Das ist nicht angebracht. Die Hütchenspieler von damals und heute sind die selben! – Rainer Kalz

 

Schön dass endlich mehr drauf kommen, dass die CO2-Kompensation mit Walderhaltungsprojekten oder Baumpflanzprojekten derzeit übermäßig viele CO2-Zertifikate produziert und v. a. langfristig (Bäume müssen nicht nur gepflanzt werden, sondern anschließend über mindestens. 10 Jahre (oder länger, je nach Region, Baumart usw.) gepflegt werden, bevor sie einen stabilen Wald ergeben) nicht das hält was versprochen wird.

Dazu folgende Punkte: 1. Man kann mit relativ einfachen Mitteln messen, wie viel Zuwachs ein Wald hat (dazu wurde von einem Förster des bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, den Namen und Kontaktdaten kann ich Ihnen raussuchen, mithilfe eines Laserscanners ein Modell entwickelt, dass relativ genau den Zuwachs der Bäume in der Realität ermitteln kann. Somit braucht man kein Modell (die leider sehr selten gut oder gar sehr gut sind), sondern kann reale Daten generieren/verwenden.

2. Betreiben wir in Europa (zumindest in den deutschsprachigen Ländern) eine nachhaltige Forstwirtschaft. Da bekommen wir bloß komischerweise keine Zertifikate – im Gegenteil, unsere wirtschaftsweise wird u. a. von den meisten Medien und vielen Politikern (insbesondere zweier Parteien) gerade madig gemacht und soll staatlich reguliert werden (an vorderster Stelle ist hier leider auch die EU zu nennen). Wir könnten sogar nachweisen, wie viel Holz in längerfristig genutzt Produkte geht und somit CO2 längerfristig speichert und auch wie viel Zuwachs wir auf der Fläche haben.

3. Wissenschaftliche Studien zeigen eindeutig, dass man in einem bewirtschafteten Wald (wie bei uns in Europa) mehr CO2 Speicherung (durch den schnelleren Zuwachs bei den Bäumen durch die gezielte Entnahme von Bäumen bei der Durchforstung) erzielen kann, als in einem unbewirtschafteten (gilt nur stark eingeschränkt für Urwälder in den Tropen). 4. Darum verstehe ich die derzeitigen Pläne der Bundesregierung und EU nicht, die die Nutzung von Holz-Biomasse einschränken wollen, das ist wissenschaftlich belegt Kontraproduktiv.

5. Gäbe es Möglichkeiten (Biokohle) Kohlenstoff in größerem Maß in der Land- und Forstwirtschaft sehr langfristig (>1000 Jahre) festzulegen, da fehlen uns (wie vergangene Woche gelernt) in Europa aber bislang vernünftige gesetzlichen Grundlagen, bzw. die Gesetzeslage in D ist mal wieder so kompliziert, daß bisher nur eine regelkonforme, zertifizierte Biokohle (aus Kakaobohnenschalen) verfügbar ist und es für sinnvolle Ausgangsmaterialien einer Sysiphos Arbeit entspräche, diese zu zertifizieren (insbesondere wenn dies dezentral (=entspricht der Verfügbarkeit geeigneter Biomasse) erfolgen soll). Hier sollte die Politik ansetzen, Bürokratiejungle lichten, saubere Zertifikate ermöglichen, dann machen es die Landwirte von allein!

Daher bin ich immer wieder erstaunt, wie es findigen Geschäftemachern so leicht gelingt, Millionen von €/$ zu machen mit Luftnummern. Es wäre gut, wenn Sie bei der Zeit mehr Leute mit entsprechender Expertise (für diesen Fall im Bereich der Forstwirtschaft –> haben Sie einen Förster/Forstwissenschaftler in Ihren Reihen?) beschäftigen würden. Damit könnten Sie leichter solche Phänomene begreifen und durchschauen. – Stefan Thurner

 

Werte Redaktion ….die für den Etikettenschwindel mit den Zertifikaten verantwortlich zeichnet: „Chapeau“ gut recherchiert und gut geschrieben auch wenn in der Quintessenz ein weitere Impuls für geistige Übersäuerung, dass selbst vorsätzliche Gutmenschlichkeit im Urwald der Interessenskonflikte immer wieder den negativen Verlockungen unterliegt. Aber so war und ist das immer, wenn mittels Ablasshandel die Fluchtwege implementiert sind. Und wenn es dann auch keine investigativen Denker mehr gäbe … ja dann gute Nacht. Die Hoffnung bleibt, dass selbst die genannten Zertifikat-Käufer diese Veröffentlichung nicht nur lesen sondern ihre Handeln auch hinterfragen – als Verbraucher hätte man ja die Chance, zumindest das eigene Konsumverhalten zu reflektieren. – peter schrader

 

Bei der Vergabe von Klima-Zertifikaten wird vergessen, dass alle Wälder, Wiesen und Ozeane, die mit ihren Pflanzen CO2 aus der Atmosphäre entnehmen, benötigt werden, damit alle heterotrophen Lebensformen – von den Bakterien über die Regenwürmer, Eisbären bis zum Menschen, existieren können. Somit dürften nur für solche Projekte Klima-Zertifikate ausgestellt werden, die zusätzlich CO2 der Atmosphäre entziehen. Nur diese dürften Aktivitäten entlasten, die zusätzlich CO2 freisetzen. – Thomas Brunner

 

Danke für den – im Ergebnis nicht ganz überraschenden, aber inhaltlich sehr interessanten – Bericht über den Betrug mit CO2 Zertifikaten Ich wünsche mir eine kleine Weiterführung dieses Themas: Stellungnahmen von Unternehmen, Alternativen – auch für Endverbraucher:innen usw. – Stephanie König

 

Zugegeben, es war nicht so einfach sich durch den Artikel zu lesen, aber es hat sich gelohnt. Es kam eine fundierte und belegbare Aussage herauskam. Eine grüne CO² Mogelpackung wurde ausgepackt und enttarnt. Gute Arbeit. Es wäre schön, wenn sie sich mit der gleichen Akrebie und Hingabe dem Thema Elektroauto widmen würden. Ich vermute ein ähnliches CO² -Desaster. – Reinhard Schmitz

 

Zuerst vielen Dank für Ihren ausführlichen Artikel „Grün getarnt“. Dass „sich ökologisch wohlfühlen“ und „ökologisch handeln“ weit auseinander liegen, finde ich sehr gut beschrieben. Mit der CO2-Kompensation wird viel Schmu betrieben. Viele fühlen sich gut dabei, tun aber tatsächlich nichts für die Umwelt. Ich vermisse in dem Artikel den Hinweis auf das Europäische Emissionshandelssystem (ETS). Es gibt EUA (European Allowances) für die Industrie. Es gibt EUAa (a=aviation) für die europäische Luftfahrt. Das ETS ist ein streng geregelter und kontrollierter Bereich. Es ist ein wirksames und effizientes System zu Begrenzung der Treibhausgasemissionen. Hier wird effizient und ökologisch gehandelt. – Gerhard Artinger

 

Sind Politiker aller Länder wirklich so blöd, machen die Böcke zu Gärtnern und glauben ihr Garten wird nicht abgefressen? – Sven Herfurth

 

Vielen Dank für diesen erschütternden Bericht: Die Staatengemeinschaft vergibt – anscheinend ohne jede Kontrolle – einen Auftrag an private Firmen, die offensichtlich keinerlei Interesse am eigentlichen Sinn des Auftrags haben. Für weitere Informationen dieser Art wäre ich dankbar. – Horst Brunotte

 

In letzter Zeit fällt mir auf, dass manche Artikel für meinen Geachmack zu sehr durch „Storytelling“ in die Länge gezogen werden. Schönes Beispiel anbei, aus dem Artikel „Grün getarnt“ auf S. 19 der Zeit No 4. Was tut das Wetter während des Ausflugs oder was der Lotse funkt zur Sache? Die ersten 2-3 Abschnitte eines Artikels überspringe ich eh meistens, dort findet sich oft auch nur Einstimmingsgeplänkel wie was jemand trägt oder wie das Gebäude aussieht in dem die Geschichte spielt.

Es gibt bestimmt Gründe für diese inhaltsarmen Passagen, und im Dossier mögen sie ja zum Stil gehören (dort les ich aber auch immer drüber). Nun finden sie sich aber auch schon im Wirtschaftsteil. Da ich meist sowieso nicht alle Artikel schaffe bevor die nächste Zeit erscheint, stören mich diese Abschnitte besonders. Nur mal als Feedback :-) – Helene Ahme

 

Vor mir liegt ihr großes Dossier zu Waldzertifikaten vom 19.01.2023. Vielen Dank für diese hervorragende Recherche und die perfekten Informationen. Beigefügt finden Sie einen Aufsatz von mir zu CO2-Wertrechten, der ein Konzept andeutet, wie ich es mir für Deutschland und Europa vorstellen könnte. Bei diesem Konzept könnte es Betrügereien, so wie Sie sie darstellen, nicht mehr geben. Meine Überlegungen werden in Kürze in der Zeitschrift EWeRK (Nomos-Verlag) veröffentlicht. 1.) Sie haben völlig recht: Das Hauptproblem besteht darin, dass es international keine einheitliche Messmethodik für die Vermeidung von CO2 gibt. Haben Sie bei Ihrer Recherche eine internationale Organisation finden können, die über eine solche Messmethodik verfügt? Gibt es so etwas möglicherweise im Potsdam Institut für Klimafolgenforschung?

2.) Meine zweite Frage betrifft die Statistik: Ich suche noch immer eine belastbare Statistik, aus der sich ergibt, welche CO2-Emissionen pro Jahr (von welchen Ländern und Regionen) verursacht werden und auf der anderen Seite, welche Senken entgegengerichtet wirken. Nach meiner Meinung haben wir nicht allzu viele Senken, die wir gegenrechnen können. Ich bin der Meinung, es sind folgende: Wald-, Forst- und Grünflächen, Meeressänger, wie Walfische, Wasserflächen insgesamt, Bewässerte Moore.

Wenn ich mich nicht ganz täusche, sind das die Senken, die CO2 verbrauchen oder sehen Sie noch andere? Darüber hinaus können wir CO2 in vielfältigen chemischen Schritten mit anderen Produkten binden – das ist eine Form der CO2-Vermeidung, die der Europäische Gerichtshof im Urteil Schäfer-Kalk akzeptiert hat. Das halte ich auch für richtig, da das CO2 nicht in die Atmosphäre entweicht. Daneben steht die CCS-Technik, mit deren Hilfe man CO2 etwa in norwegischen Tavernen storen und langfristig aufbewahren kann. Gibt es nach Ihrer Kenntnis noch andere Möglichkeiten, mit deren Hilfe man CO2 entweder verbrauchen oder binden kann?

3.) Die Betrügereien, die Sie aufgedeckt haben – nochmals großen Dank dafür – dürfen natürlich nicht vorkommen, und zwar nicht nur, weil sich einige Akteure damit bereichern, sondern vor allem weil das Vertrauen in CO2-Wertrechte untergraben wird und weil damit das System des internationalen Handels mit diesen Wertrechten wahrscheinlich zum Erliegen kommen wird. Das allerdings wird der Transformation hin zu einer CO2-armen Wirtschaft schaden. Wir sollten umgekehrt alles dafür tun, um so schnell wie möglich Standards zu schaffen, mit deren Hilfe wir den CO2-Zertifikatehandel international verlässlich machen können, weil auf diese Weise die Kräfte des Kapitalmarkts mithelfen können, die Herausforderungen des Kli- mawandels zu bewältigen.

Ist Ihnen bei Ihren Recherchen ein Mechanismus aufgefallen, mit dessen Hilfe man verlässlich CO2-Senken, das heißt ihre jährliche Vermeidungsleistung, ausmessen kann? Für jeden Hinweis wäre ich Ihnen außerordentlich dankbar. 4.) Schließlich würde ich gern mit Ihnen eine Grundfrage diskutieren, nämlich die folgende: Wir sind uns alle der Tatsache bewusst, dass die großen Waldflächen, in den unterschiedlichsten Regionen dieser Welt, etwa in Russland, Kanada, Brasilien, Indonesien oder Peru für die Aufnahme von CO2 existentiell wichtig sind.

Das gilt auch für die Wasserflächen der Meere, die allerdings als Folge der Erwärmung weniger CO2 aufnehmen können, als zuvor. Anders formuliert: Die Waldflächen spielen für die CO2-Absorbition eine große Rolle. Nach den Untersuchungen, die ich kenne, sind jüngere Wälder sehr viel aufnahmefähiger als ältere. Die Aufnahmefähigkeit wird zudem verbessert, wenn Schad- und Totholz aus den Wäldern entfernt wird, weil diese Hölzer vermodern und zerfallen und dabei hochgiftiges Methan freisetzen. So gesehen ist eine Waldpflege in einem gewissen Maße aus der Sicht der CO2-Reduktion sinnvoll.

Deshalb würde es mir einleuchten, wenn wir über zwei Fragen nachdenken würden: Müssten nicht alle Eigentümer*innen von Wäldern in der Welt letztlich über CO2-Zertifikate verfügen, weil sie ja alle zur CO2-Reduktion beitragen. Müsste denjenigen, die die Aufnahmefähigkeit ihres Waldes mit Blick auf die CO2- Absorbtion verbessern, eine höhere Anzahl von Zertifikaten zugeteilt werden? Die erste Frage ist wirklich schwierig, aber grundlegend. Welchen Grund haben wir denjenigen gegenüber, die über Waldflächen aus der Vergangenheit verfügen, keine CO2-Zertifikate zuzuweisen? Man kann natürlich sagen, dass die Wälder schon immer und oft jahrhunde telang bestehen. Das ist richtig.

Wir haben den Waldbestand genauso wie den Sauerstoffanteil, aber auch die CO2-Emissionen, ökonomisch gesprochen, als öffentliche Güter eingeordnet und sind zur Tagesordnung übergegangen. Das hat sich inzwischen als Fehler erwiesen – wir hätten sehr viel früher anfangen müssen, CO2 zu bepreisen. Wenn man beginnt, CO2 zu bepreisen, muss man umgekehrt diejenigen belohnen, die CO2 verbrauchen. Dazu zählen vor allem die großen Waldflächen, teilweise aber auch Acker- und andere landwirtschaftliche Flächen.

5.) Anders formuliert: Die Betrügereien, von denen Sie berichtet haben, konnten nur deshalb entstehen, weil wir den Eigentümer*innen von Waldflächen nicht automatisch CO2-Zertifikate zuweisen. Sie pflegen zwar die Wälder, sie sorgen auch dafür, dass diese nicht abgeholzt wer- den, aber: Eine Belohnung dafür, dass sie diese Wälder der Gesellschaft zur Verfügung stellen und damit CO2-Reduktion betreiben, bekommen sie nicht. Das finde ich merkwürdig und widersprüchlich. 6.) Außerdem schaden wir uns durch dieses Konzept selbst, denn als Folge davon entsteht ein Anreiz, Betrügereien, so wie Sie sie berichtet haben, zu entwickeln. Man drängt die Waldeigentümer*innen geradezu darüber nachzudenken, ob nicht Waldflächen gerodet werden sollten, um im nächsten Schritt zu sagen: Wer auf das Roden verzichtet und stattdessen CO2 einspart, wird mit einem CO2-Zertifikat belohnt.

Das ist der zweite Schritt vor dem ersten: Eigentlich müssten wir denjenigen, die Waldflächen vorhalten, wegen ihrer CO2-Vermeidungsleistung ganz generell CO2-Zertifikate zuweisen, mit der Folge, dass sie einen großen Anreiz haben, diese Flächen zu erhalten und zu pflegen, denn wenn sie das nicht tun, verlieren sie ihre CO2-Wertrechte und werden somit ärmer. Außerdem würde es dann Betrügereien, so wie Sie sie dargestellt haben nicht mehr geben. Man könnte lediglich über die Frage nachdenken, ob man die CO2-Einsparwirkung einer bestimmten Waldfläche möglicherweise schöner rechnet. Das ist eine wichtige Frage, die aber mit den meisten Betrügereien, von denen sie gesprochen haben, gar nichts zu tun hat.

7.) Bei der zweiten Frage geht es darum, ob man denjenigen, die ihre Waldflächen besonders gut pflegen und damit den CO2-Aufnahmegrad erhöhen, belohnen sollte. Im Ergebnis glaube ich, dass wir uns alle einige sind, dass es eine gute Idee ist, dafür eine Belohnung zu geben. Wichtig wäre nur, klarzustellen, welche Schritte letztlich die CO2-Aufnahmefähigkeit eines Waldes mit welcher Qualität und welcher Quantität verbessert. Das alles muss stimmen. 8.) Damit möchte ich zurückkehren zu der Frage, die Sie im Kern stellen: Mit welcher Methodik, mit welchem Mechanismus, sollten wir die Einsparung von CO2 messen? Und wer sollte das Recht haben, das Ergebnis zu zertifizieren.

Meine Antwort auf diese Frage ist relativ schlicht: Die Messmethodik muss valide und verlässlich sein. Die CO2-Einsparung muss mit anderen Worten tatsächlich innerhalb der gegebenen Zeit – sinnvollerweise innerhalb eines Jahres, stattfinden. Jeder, der ein CO2-Zertifikat erwirbt, muss sich darauf verlassen können, dass durch dieses Zertifikat eine ganz bestimmte Menge an CO2 eingespart wird. Die Methodiken im Einzelnen können nur durch wissenschaftliche Institutionen, die völlig unabhängig und ohne jedes eigene wirtschaftliche Interesse sind, entwickelt werden. Ich weiß vom Potsdam Institut und, dass Waldflächen in unterschiedlichen Regionen unterschiedlich viel CO2 aufnehmen und verarbeiten können.

Man muss also sehr präzise die Fläche erfassen, klären, welche Art von Pflanzen auf der Fläche leben und wie hoch ihre Absorptionsleistung pro Jahr ist. Da wird es große Unterschiede zwischen Wäldern in den nördlichen Gebieten dieser Erde, in der Mitte oder im Süden geben. Auf der Grundlage solcher wissenschaftlichen Grundlagen wird man sagen können, dass ein Hektar Wald etwa in Brandenburg (Fichte) eine andere CO2-Vermeidungsleistung haben wird, als ein Hektar Mischwald in der Mitte Frankreichs oder ein Hektar Regenwald in der Mitte Brasiliens.

Die Messungen müssten – jeweils stichprobenweise und zufällig – Jahr für Jahr wiederholt wer- den. Das heißt, die Zertifikate müssten erneuert und bestätigt werden. Auch die Frage, welche Abstände dabei sinnvoll sind, sollte wissenschaftlich fundiert sein. Auf der Grundlage einer solchen wissenschaftlichen Methodik, deren Vorgehensweise absolut transparent und für jeden einsehbar gemacht werden müsste, könnte es dann Zertifizierer geben, die auf der Grundlage der Methodik Zertifikate ausstellen. Solche Zertifizierer können am Markt entstehen. In Deutschland wären es etwa TÜV, DEKRA oder RAL, um nur einige we- nige zu nennen. Sie alle sind staatlich mit der Aufgabe des Zertfizierens beliehen.

Sollten sie sich bestechen lassen, so würden sie damit ihre eigene Existenzgrundlage zerstören. Trotzdem sind gelegentliche Überprüfungen sicher sinnvoll – das hat es auch beim TÜV bereits in dem ein oder anderen Fall gegeben. 9.) Meine Frage: Sehen Sie das alles auch so? Habe ich nach Ihrer Meinung irgendwo einen Denkfehler? Gibt es aus Ihrer Sicht Ansätze, die bereits in diese Richtung gehen? Ich möchte Sie herzlich um eine Antwort bitten, weil es um die Frage geht, wie es uns gelingen könnte, den Transformationsprozess hin zum 1,5 Grad-Ziel zu beschleunigen und zu effektuieren.

Wenn wir den CO2-Handel durch Betrügereien, die Sie aufgedeckt haben, zum Erliegen bringen, dann ist der Menschheit damit leider nicht gedient. Wir müssen im Gegenteil dafür sorgen, klarzu- stellen, dass der CO2-Zertifikatehandel, insbesondere weltweit von größter Bedeutung ist. Wir sollten ihn unbedingt stärken, aber wir müssen ihn so aufstellen, dass er Betrügereien gar nicht erst ermöglicht. Das ist machbar, wenn wir für eine präzise, wissenschaftliche Messmethodik und für ein Zertifizierungssystem sorgen, bei dem schwarze Schafe praktisch von vornherein nicht vorkommen.

10.) Auf der Grundlage eines solchen Systems könnten wir durch den Kapitalmarkt und die Unternehmen, die auch jetzt schon bereit waren, CO2-Zertifikate zu kaufen, den Umbau in Richtung einer CO2-ärmeren Wirtschaft beschleunigen – das müsste in unserer aller Interesse sein, da jede Tonne CO2, die in die Atmosphäre gelangt, dort die nächsten Hunderte von Jahren verbleiben und zur Klimaerwärmung beitragen wird. 11.) Eines ist mir bei Ihrem Beitrag aufgefallen: die Unternehmen, die Sie erwähnen und die bereits CO2-Zertifikate freiwillig erworben haben, haben dies getan, obwohl sie diese Zertifi- kate in ihrer CO2-Bilanz steuerrechtlich nicht benennen konnten. Wissen Sie, warum die Un- ternehmen dies getan haben?

Wissen Sie darüber hinaus, ob diese Einsparungen – die, wie Sie schreiben, zu einem Viertel nicht stattgefunden haben – als CO2-Minderungen an das Büro des Pariser Abkommens gemeldet wurden, oder fielen diese CO2-Rechte gar nicht in die offizielle Statistik? Ich frage das auch deshalb, weil ich nicht genau weiß, wer die Statistik führt und, ob die Statistik richtig geführt wird. Nochmals möchte ich mich bei Ihnen für Ihren großartigen Beitrag sehr herzlich bedanken und würde mich sehr freuen, wenn Sie meine Fragen, soweit es möglich ist, beantworten könnten. – Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski

 

Vielen herzlichen Dank für diesen ebenso erhellenden wie ausführlichen Beitrag. Nur: Glaubt denn wirklich jemand, dass große Unternehmen nachhaltige Initiativen unterstützen? Soweit ich das sehe, arbeiten namhafte Konzerne ausschließlich profitorientiert – und mit der Erhaltung unserer Umwelt lässt sich in den seltensten Fällen Geld verdienen. Das Einzige, das solche Anstrengungen einbringen: eine Imagepolitur, mit der die Menschen davon überzeugt werden sollen, dass einem Nachhaltigkeit nicht total egal ist – während gleichzeitig die Einnahmen weiter maximiert werden. Sorry, aber ich persönlich kann diesen ganzen Öko-Quatsch nicht mehr hören. Was mich daran am meistern ärgert: Wie wenig Intelligenz Disney, Nestlé oder Unilever mir zutrauen. – Peter Zimmer

 

Muss man sich über diesen Klima-Betrug wundern? Nein. Denn wenn die Profiteure ihre Regeln selbst bestimmen können, dann liegt Betrug nahe. Das lehrt die Erfahrung. Leider. Emissionsreduktionszertifikate, also CO2-Einsparungen, sind ganz besondere Produkte. Man kann sie nicht sehen, nicht hören, nicht anfassen. Sie basieren auf dem Vertrauen, dass alle Annahmen und Vorgaben realistisch sind.

Die aufgestellten Regeln müssen daher unbedingt durch eine unabhängige wissenschaftliche Institution geprüft und freigegeben werden. Sonst wird das nichts! Und außerdem: Einen wesentlichen Nutznießer haben Sie vergessen: Neben dem Klima sollten vor allem die Menschen vor Ort in den Ländern des globalen Südens von Klimaschutzprojekten profitieren. Als substanzielle Beiträge für ihre gesellschaftliche Entwicklung. Denn diese Menschen werden am meisten unter dem Klimawandel leiden.

Es wäre nun schön, wenn Sie in einem weiteren Artikel positive Beispiele von Klimaschutzprojekten vorstellen würden, die nach dem Gold Standard zertifiziert sind. Ich selbst leite ehrenamtlich ein Klimaschutzprojekt in Nepal. Unser kleiner gemeinnütziger Verein verteilt diese Öfen zur Gesundheitsvorsorge, um Familien vor den schädlichen Rauchgasen in ihren Häusern zu schützen. Die CO2-Einsparung ist dabei ein willkommener Nebeneffekt. Hier werden einfache effiziente Küchenöfen an die Landbevölkerung verteilt, die nachweislich die Hälfte des Brennholzbedarfs einsparen.

Aus Studien der Gold Standard Stiftung geht hervor, dass bei Ofenprojekten jede eingesparte Tonne CO2 einen monetären Wertbeitrag von 151 US-Dollar leistet (Quelle: http://www.goldstandard.org/articles/gold-standard-global-goals und siehe auch die Präsentation im Anhang). Das ist doch eine ganz andere und gute Nachricht! Siehe auch die Beschreibung unseres Gold Standard Projekts im Anhang. Und speziell für DIE ZEIT: Gerne würde ich Ihrem Verlagshause VER-Zertifikate aus unserem Gold Standard Projekt zur CO2-Kompensation anbieten! – Dr. Reinhard Hallermayer

 

Die Kompensation des CO2-Ausstoßes über die Verhinderung der Vernichtung weiterer klimarelevanter Biomasse mag zwar ehrenwert sein, ist aber schon im Ansatz verfehlt! Es ist wie beim Sparen: wer in Zukunft weniger Schulden macht, hat damit noch keinen Cent der alten Schulden getilgt. Und wenn dann wie berichtet noch nicht einmal neue Klimaschulden reduziert werden, verkommt das Prinzip zum neuen Ablasshandel – mit dem Unterschied, dass der Erlös nicht in einen Petersdom fließt, sondern in dubiose Unternehmen wie den im Bericht vorgestellten. Eine echte CO2-Kompensation muss deshalb das erzeugte CO2 durch zusätzliche Biodiversität oder technische Maßnahmen der Atmosphäre wieder dauerhaft entnehmen. Das ist schwierig, aber nur so gelingt die Klimawende! – Martin Schindelin

 

Ich habe mit riesigem Interesse Ihren Bericht, „Grün getarnt“, mehrfach gelesen, um das ganze Ausmaß des Betrügens mit CO2-Wald-Zertifikaten wirklich zu glauben, bzw., zu verstehen. Warum, so meine Frage, greifen weder Umweltministerium, noch Staatsanwaltschaft ein, um dem offensichtlichen Missbrauch mit gefälschten Wertpapieren hier ein Ende zu setzen. Werden wir betrogen, weil wir auf diesem Gebiet betrogen werden wollen? Danke für die umfangreiche Recherche und den sehr komplexen, informativen und ernüchternden Bericht. – Dirk Hartwich

 

Der Schutz von Wäldern ist eine Conditio sind qua non zur Erreichung der Klimaziele und damit für den Klimaschutz. Aktuell nimmt die Anreicherung der Athmosphäre mit Kohlenstoffdioxid immer noch stetig zu, die vorhandenen „Kohlenstoffsenken“ (Gewässer, Grünpflanzen und Wälder) reichen nicht aus, das vorhandene Kohlendioxid in der Atmosphäre zu abzubauen. Deshalb verstehe ich es einfach nicht – obwohl ich es wieder und wieder lese: Wie kann mit dem Schutz von Wäldern Klimaneutralität von (zusätzlichen) CO2-Emissionen begründet werden, wenn die vorhandenen Wälder (gemeinsam mit den übrigen „Kohlenstoffsenken“) schon nicht ausreichen, das in der Atmosphäre bereits enthaltene Kohlendioxid abzubauen?

CO2-Kompensation im Sinne der Umwelterhaltung kann doch logisch nur dessen Abbau bedeuten. Für jedes Gramm CO2 in der Atmosphäre benötigt man einen äquivalenten Kohlenstoffspeicher, der ausreicht, genau diese Menge CO2 aus der Atmosphäre aufzunehmen. Der Vorteil von Pflanzen und Wälder als Speicher ist dabei ihre quasi unendliche „Wiederverwertbarkeit“: Der Prozess der Photosynthese ist ein kontinuierliche ablaufender Prozess der CO2-Speicherung. Das ändert jedoch nichts an der Kompensationswirkung an sich sondern lediglich an dem erforderlichen Verhältnis zwischen (zusätzlichen) Emissionen und für deren Kompensation erforderlicher Waldfläche.

Ein einfaches Gedankenexperiment: Nehmen wir eine einfache Balkenwaage. Auf jeder Seite der Waage liegt eine gleiche Anzahl gleich schwerer Kugeln. Die Waage befindet sich im Gleichgewicht. Wenn ich auf die rechte Seite eine zusätzliche Kugel lege, senkt sich die Waage entsprechend rechts. Wenn ich dann auf der linken Seite eine Kugel wegnehme, senkt sich die Waage rechts noch weiter. Lege ich die Kugel links wieder drauf, steigt die rechte Seite wieder an – aber das ursprüngliche Gleichgewicht wird dadurch nicht wieder erreicht.

Sie erraten es: Die Balkenwaage stellt den (Idealen) Zustand des C02-Gleichgewichts dar, bei dem die existierenden CO2-Emissionen (Kugeln rechts) exakt durch die „Kohlenstoffsenken“ (Kugeln links) neutralisiert (kompensiert) werden. Die zusätzlich Kugel (rechts) stellt die zusätzlichen Emissionen dar, die weggenommene Kugel links den Wald (der Einfachheit halber stellvertretend für alle Kohlenstoffsenken) der abgeholzt werden soll.

Selbst wenn der Wald nicht abholzt wird (Kugel links wird wieder zurück auf die linke Seite der Waage gelegt), lässt sich das CO2-Gleichgewicht nicht wieder herstellen (die Waage hängt immer noch rechts). Warum das so ist? Ich habe zusätzliche Emissionen, aber das Gesamtkompensationspotenzial durch die Kohlenstoffsenken ändert sich nicht. Für eine vollständige Kompensationswirkung müsste die Waage bereits links hängen, bevor ich die zusätzliche Kugel rechts drauf lege – und danach immer noch links hängen, mindestens aber im Gleichgewicht sein.

Und hier liegt der eigentliche Skandal des Handels von auf den Schutz der Wälder gestützten Zertifikaten: Die damit behauptete Kompensationswirkung (eigentlich: Abbauwirkung) existiert faktisch nicht. Weil die vorhandenen Kohlenstoffsenken schon jetzt nicht ausreichen, lässt sich die angestrebte Wirkung nur durch zusätzliche Kohlenstoffsenken (hier in Form von (Wieder-)Aufforstungen, Neuanpflanzungen, etc.) erreichen. Die vielfach behauptete und beworbene Klimaneutralität von Produktion, Leistungserbringung und Produkten auf Basis dieser Zertifikate ist deshalb m.E. Betrug.

Um nicht falsch verstanden zu werden: Der Schutz der Wälder ist ebenfalls eine Conditio sind qua non für die Erreichung der Klimaziele – aber eben in der aktuellen Situation als zusätzliche Maßnahme und nicht als Kompensation für neue Emissionen. Die Diskussion über die mangelnde Werthaltigkeit der Zertifikate lenkt deshalb von dem eigentlichen Problem nur ab. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. – Hans-Hermann Gröger

 

Die Gemeinsamkeiten zwischen mittelalterlichem Ablass – und heutigem Zertifikatehandel schreien zum Himmel. – Kornelia Gorisch und Hildegard Schuster

 


 

 

Leserbriefe zu „Bitte nicht noch mal“ von Tina Hildebrandt

 

Der Kommentar enthält einen zentralen Vorwurf: Scholz´ Personalentscheidungen seien vor allem der Binnenlogik der SPD geschuldet. Das parteiinterne „Dogma“ der Geschlechter-Parität habe dazu geführt, eine absehbar ungeeignete und unmotivierte Frau an die Spitze des Verteidigungsministeriums zu hieven. Mit der Berufung von Boris Pistorius wiederhole Scholz denselben Fehler, demzufolge nicht Kompetenz ausschlaggebend sei, sondern vor allem das „Seelenwohl“ der eigenen Partei zähle.

Dabei unterstellt ihm die Autorin, er habe die von ihm proklamierte „Zeitenwende“ gedanklich nicht vollzogen – Sicherheitspolitik sei eben keine innenpolitische Angegelegenheit wie vor dem russischen Angriffskrieg, sondern werde auf der internationalen Bühne verhandelt – Glatteis für einen designierten Politiker aus der Provinz. Neben „Stilfragen“ wurde Christine Lambrechts Eignung für das Wehrressort in den Leitmedien vor allem deshalb angezweifelt, weil ihr ein „Herz für die Truppe“ fehle. Dass ihrem Nachfolger genau das nicht nachgesagt werden kann, ist – den Kommentaren der letzten Zeit folgend – doch wohl ein entscheidendes Plus, das fehlende internationale Erfahrung durchaus aufwiegen dürfte.

Immerhin räumt Tina Hildebrandt ein, dass das von vielen Presseorganen verbreitete Bild von Olaf Scholz gelegentlich überzeichnet war, ebenso wie die Darstellung der zurückgetretenen Verteidigungsministerin. Sein eigenes Festhalten an Lambrecht mit eigenen Kränkungen im Umgang mit Medien zu erklären, ist simple Küchen- psychologie, neben der wie die in diesem Zusammenhang wieder einmal geäußerten Unterstellung, Scholz – der notorische Besserwisser – könne Fehlentscheidungen partout nicht zugeben. Ich möchte noch einige grundsätzliche Bemerkungen hinzfügen: Als Leser macht man sich natürlich auch so seine Gedanken darüber, warum Scholz´ Wirken in der Presse überwiegend negative Reflexe hervorruft.

In der Vergangenheit unterlief er die an ihn gerichteten Erwartungen konsequent, das hat zu Enttäuschungen bei den Hauptstadtjournalisten geführt und ihm den Vorwurf der Zögerlichkeit eingebracht. Seine Bedächtigkeit wird als Phlegma interpretiert. Nun kann er machen, was er will, das Etikett bleibt an ihm haften. Scholz trifft Entscheidungen als Ergebnis kühler Abwägungen und lässt sich von der veröffentlichten Meinung nicht beirren – das kann man positiv als Souveränität deuten oder aber – wie meist geschehen – als Beweis für vermeintliche Arroganz und Besserwisserei. Dass Scholz reumütig auf die Presse zugeht und Kommunikationsdefizite einräumt, wird man wohl kaum erwarten dürfen, wohl aber, dass die Kommentatoren ihm gegenüber verbal abrüsten. Das hat ein hart arbeitender, um den richtigen Weg ringender Kanzler in einer komplexen Welt der multiplen Krisen sehr wohl verdient. Anderenfalls verstärkt sich mein Eindruck, dass auf die Medien genau das zutrifft, was diese Olaf Scholz gebetsmühlenhaft vorwerfen: Besserwisserei. – Rüdiger Paul

 

Für Ihren Artikel möchte ich mich bedanken. Er spricht mir aus der Seele. Noch nie war ich mit einem Kanzler so unzufrieden wie mit Kanzler Scholz. Leider kann ich nichts ändern, so gerne ich es würde. Die Nachrichten, die ich lese und sehe, lassen mich verzweifeln. Deutschland versagt, das ist mein Eindruck. – Barbara Endres

 

Die Analyse von Tina Hildebrandt führt noch nicht weit genug. Schließlich bleibt es bei der Personalie von Boris Pistorius in jedem Fall ein Quantensprung, der den Soldaten ebenfalls wieder mehr Respekt entgegenbringt, seit einer gefühlen Ewigkeit das Verteidigungsministerium an der Spitze nicht mehr mit einer ganz fachfremden Person zu besetzen. Deshalb verdient der Neue hier doch deutlich mehr Vorschusslorbeeren, auch wenn man nicht zwingend gleich „Mega“ rufen muss, zumal es neben der Ukraine-Frage auch bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr wie etwa im Kosovo einen erheblichen Handlungsbedarf gibt, wo das Peacebuilding nur im Schneckentempo verläuft und man dringend über bessere politische Konzepte und Strategien wie insbesondere unter einer stärkeren Einbeziehung von kulturhistorischen Aspekten nachdenken sollte! – Rasmus Ph. Helt

 

Frau Lambrecht ist zurückgetreten. Wenn Außenstehende richtig informiert sind, wurde Frau Lambrecht nicht wegen ihrer verteidigungspolitischen Kompetenz in ihr Amt berufen. Sie wurde Verteidigungsministerin, weil im arithmetischen Spiel der Kabinettsbildung noch eine Frau gebraucht wurde. – Dieses Verfahren hat exemplarischen Charakter: In vielen Gremien, die Personalentscheidungen treffen, gilt der Grundsatz: Wenn sich im Bewerberkreis für eine Leitungsfunktion eine oder mehrere Frauen befinden, dann soll eine dieser Frauen den Zuschlag erhalten. Damit gewinnt man Lob und Anerkennung; man sorgt ja dafür, dass die Frauenquote in Führungspositionen steigt. Das ist politisch erwünscht, und naturgemäß ist dieses Verfahren besonders ausgeprägt im öffentlichen Dienst und seinen Verzweigungen.

Die Schäden aber sind beträchtlich, und zwar auf mehreren Ebenen: Erstens: Jede Einrichtung, deren Führungspersonal ungeeignet ist, nimmt Schaden. – Zweitens: Das notwendige und gute Postulat der Chancengleichheit für Frauen verliert an gesellschaftlicher Zustimmung, wenn sich häufig herausstellt, dass Frauen, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind, Führungspositionen einnehmen. – Drittens: Wenn tüchtige Männer mehrfach erleben müssen, dass Frauen, die weniger qualifiziert sind als sie, ihnen vorgezogen werden, sind sie nicht mehr bereit, sich auf Beförderungsstellen zu bewerben.

Sie resignieren und gehen unserer Gesellschaft als Führungspersonal verloren. – Viertens: Faktisch wird die wichtige Aufgabe der Frauenförderung damit zu einer verfassungswidrigen Benachteiligung von Männern wegen ihres Geschlechts. – Und nicht zuletzt: Jeder – ob Frau oder Mann, der sein Amt aufgeben muss, weil er dafür ungeeignet ist, erleidet eine Niederlage, eine Kränkung vielleicht, die lange nachwirken kann.

Wahrscheinlich glauben diejenigen, die für die genannten Schäden verantwortlich sind, dass sie gut und richtig handeln. Deshalb müsste in öffentlichen Debatten geklärt werden, welche Formen der Frauenförderung angemessen und wirksam sind, und welche Formen kontraproduktiv sind. – Und auch, welche Formen sogar rechtswidrig sind. – Franz W. Niehl

 

Zunächst: Kritik halte ich für notwendig. Das Zeitgeschehen und Personen des Zeitgeschehens kritisch zu begleiten ist Aufgabe der Presse. Jedoch ist Frau Hildebrandts einstimmen in das allgemeine „Scholz bashing“ der Boulevardpresse in diesem Leitartikel dieser Wochenzeitung nicht würdig. Ich erwarte faktenbasierte Kommentare von der ZEIT.

Um dem Bundeskanzler etwa Entscheidungsschwäche und eine Verzögerungstaktik bei der Benennung der Nachfolge der Verteidigungsministerin zu attestieren macht sie nicht einmal vor faktisch falschen Unterstellungen Halt wenn sie schreibt „…Im Lauf eines einwöchigen Rätselratens ….Das ist um so ärgerlicher, als Scholz mit seinem langen Schweigen zur Neubesetzung…“ Nur zur Klarstellung: Am Montag tritt die Verteidigungsministerin zurück, am Dienstag der gleichen Woche benennt der Bundeskanzler ihren Nachfolger, am Donnerstag wird dieser vom Bundespräsidenten ernannt und leistet seinen Amtseid. Natürlich bedarf es bei einer solchen Neubesetzung Absprachen und auch die Zustimmung des Wunschkandidaten. Das kann nicht in der Öffentlichkeit geschehen und braucht naturgemäß etwas Zeit.

Jedoch: Schneller und klarer hätte diese Neubesetzung kaum vollzogen werden können. Man kann die Entscheidungsfindung des Bundeskanzlers bei der Neubesetzung dieses wichtigen Ministerpostens also auch ganz anders erzählten. Aber die Wahrheit und Wahrhaftigkeit passt dann offensichtlich nicht in das vorgefasste Bild Frau Hildebrandts von Bundeskanzler Scholz. Schade! Von der ZEIT erwarte ich mehr Unabhängigkeit. Deshalb bin ich übrigens seit 45 Jahren Abonnent dieser Wochenzeitung und würde das gerne auch noch etwas bleiben. – Helmut Bochow

 

Scholz hin Scholz her, es ist seine Aufgabe zu bestimmen wie wir in einen Krieg hineingezogen werden! Keiner der anderen drei Großen, Amerika, Frankreich und England will die ganz großen, schweren Panzer liefern. Sie sind sich der Gefahr der weiteren Eskalation bewusst. Aber sie und Andere versuchen Scholz vor sich her zu treiben um ihn dann, wenn es unbeherrschbar wird, zum Schuldigen zu machen.

Noch ein Wort zum Verteidigungsministerium. Das Ministerium ist dazu da, die Bundeswehr funktionsfähig nach Vorgaben der Politik zu machen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich kann nur hoffen, dass unser Bundeskanzler so bedacht wie bisher weiter macht, in Berücksichtigung aller nach dem 2. Weltkrieg geführten Kriege, am Hindukusch und wo auch immer. Im Irak hatten wir noch mal Glück gehabt! – Manfred Neuber

 

Tina Hildebrandt, für Ihren Artikel herzlichen Dank! Von Norbert Blühm stammt der Satz: “ Olaf Scholz ist ein infamer Lügner.“ Und er hatte Recht. Das zeigte sich in Hamburg in der Sache „Warburg“. Er konnte sich an Nichts erinnern. Das hat ihm in Hamburg keiner abgenommen. Scholz ist vor einem knappen Jahr bei Putin gewesen. was dort vereinbart wurde ist nichts an die Öffentlichkeit gedrungen. Sie haben das Verhalten von Scholz treffend beschrieben. Meine Frau und ich haben uns fast täglich gefragt, wie ist das möglich!!

In unserer Welt gbt es nichts umsonst. Jede Leistung erfordert eine Gegenleileistung. Die Leistung von Olaf Scholz ist offensichtlich die absolute Neutralität. Er ist bei Putin im Wort. Anders ist sein Verhalten nicht zu erklärren. Sonst würde er Rückgrat zeigen und sich nicht wie ein kleiner Junge mit Bauchschmerzen auftreten. Keine Leistung ohne Gegenleistung! Scholz hat geliefrt. Fau Lambrecht, hin reichend naiv, war eine willige Gehilfin. Jetzt wäre es an der Zeit, dass sich die zuständige Behörde darum kümmert, wo die Gegenleistung von Putin gelandet ist. Denbar wäre auch die Panzer- Industrie. – Immo Richter, Ursula Richter

 

„Das allein wird aber nicht reichen.“ Wie kommt die (ebenso wie 80 Millionen andere) ausgewiesene Militär-Expertin Tina Hildebrandt dazu, dem Kanzler „Rechtgehabthaberei“ vorzuwerfen, wenn auch sie nun in den ständigen Chor der Rechthaber einstimmt? Wo ist die (auch von der „Zeit“ einst gepflegte) Kultur des wertschätzenden Diskurses geblieben? Hat dieser nur noch ein Reservat im Ressort „Streit“ erhalten? Rechthaberei nervt auch in den Medien und bringt uns kein bisschen weiter! – Andrea Frings

 

Der Geburtsfehler des bundesdeutschen Verteidigunsgministeriums liegt in dem Verhalten der Reichswehr in der Weimarer Republik und in den beiden Anfangsjahren 1933 und 1934 des Hitler-Regimes. Damals begann die Nemesis der Macht. Angefangen hat es mit dem Chef der Reichswehr Hans von Seekt, der auf die Frage: „Wo steht die Reichswehr?“ antwortete: „Hinter mir“. Also nicht hinter dem Staat. Das setzte sich in der Blomberg-Fritsch Krise und dem Verhalten der Reichswehrgeneralität zu den Mordtaten des Regimes am 30. Juni 1934 und den Folgetaten gegenüber hunderten unschuldiger Opfer fort. Angefangen beim früheren Reichskanzler und General Kurt von Schleocher und dessen Ehefrau.

Stauffenbergs versuchte Rettungstat am 20. Juni 1944 konnte das nicht wett machen. Aus diesen Erfahrungen heraus schmiedeten die Mütter und Väter des Grundgesetz das heutige Konstrukt, das den Job des Verteidigungsministers zunehmend in der Geschichte der Bundesrepublik als einen „Schleudersitz“ erschienen ließ. Warum ist das so? Die Führung des Verteidigungsministeriums liegt in Friedenszeiten in den Händen des Ministers, oder im Fall seiner Verhinderung, in denen eines Staatssekretärs. Durch die Richtlinienkompetenz des Bundeskanzlers wird das aber, wenn es der Kanzler will, schon an dieser Stelle ausgehebelt.

Im Verteidigungsfall geht die Befehls- und kOmmandogewalt sofort an den Bundeskanzler über. In Friedenszeiten steht dem BUndeskanzlers der Vorsitz im Socherheitskabinett zu. Weitere Mitglieder in diesem informellen Gremium sind der Chef des Bundeskanzleramts und neben dem Verteidigunsgminister der Vizekanzler. Dieses Gremium wird übe r alle sicherhetstrelevanten Fragen informiert. Auch hier wird also der Ressortminister der Verteidigung eingegrenzt.Es wäre wünschenswert, dass der jetzige Minister Boris Pistorius sich keinen „Knebel“ und sonstige s Herumzerren an seinem „Soldatenrock“ gefallen lässt und kraft seiner Persönlichkeit und Expertise den anderen genannten Protagonisten, inclusive dem Budneskanzler, überhaupt keine Handhabung zu dem oben genannten Gezerre gibt.

Denn schließlich hat die Budneswehr einzig die Aufgabe die Landesveretidigung Deutschlands sicherzustellen. Sie ist nicht Befehlsempfänger anderer Natomitglieder und auch nicht der USA: Wenn der Bundeskanzler Scholz all dieses Fragen und Probleme durchdacht hat, dann brauchte er tatsächlich einige Zeit, u den geeigneten Kandidaten für diesea Anforderungs- profil zu finden. Auch ein Olaf Scholz muss bei und nach dieser Entscheidung in den Spiegel gucken. – Dr. Detlef Rilling

 

Wie erfrischend mit klaren Worten eine sehr gute Analyse zu lesen. Ermüdend zu wissen, dass sich wahrscheinlich wenig ändert! – Klaus Prinz

 

Mit der Verkündung des Verteidigungsfalles geht die Befehls- und Kommandogewalt über die Streitkräfte auf den Bundeskanzler über. Ist es dieser Artikel aus unserem Grundgesetz, der den Bundeskanzler dazu verleitet, proaktiv das Politikfeld der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik so umfassend an sich zu ziehen? Verlangt Olaf Scholz vom jeweils amtierenden Verteidigungsminister den vorauseilenden Gehorsam, die eigene Entmachtung schon in Friedenszeiten zu akzeptiert? Braucht er also in dieser Position nur einen braven Parteisoldaten, einen Erfüllungsgehilfen?

Hat er sich für Boris Pistorius entschieden, weil dieser mit schneidigem Auftreten selbstsicher seine verteidigungspolitischen Wendungen als beispielhafte Geradlinigkeit gut verkaufen können wird? Warum sagt Olaf Scholz verniedlichend und seltsam respektlos, dass die Soldatinnen und Soldaten den neuen Verteidigungsminister sehr mögen werden, warum spricht er hier nicht in angemessener Weise von Respekt? Sicherlich stellt sich Boris Pistorius diese Fragen auch. Bleibt zu wünschen, dass der Mann aus der Provinz zu einem sehr ernst zu nehmenden Sparringspartner für Olaf Scholz wird. Gerade weil die Soldatinnen und Soldaten ihn sehr respektieren werden. – Reinhard Koine

 

Olaf Scholz hat Führung versprochen: „Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch!“ Leider war und ist dies nicht der Fall. Der Bundeskanzler wirkt sehr dünnhäutig, unentschlossen und bei vielen Fragen vergesslich. Womit fremdelt der Bundeskanzler Olaf Scholz? Er ist weiter der „Scholzomat“, dass „Möbel“ und wirkt wie Merkel 2.0. Recht haben und Fehler erfolgreich verdrängen, also Entscheidungen aussitzen ist seine Kunst. Ein weiteres erkennbares Merkmal von Olaf Scholz ist die Meisterschaft Reden zu halten und wenig bis gar nichts zu drängenden Problemen zu sagen. Einzige Ausnahme sein „Zeitenwende-Rede“.

Besonnenes Verhalten und das Durchdenken komplexer Sachverhalte sind richtig und wichtig. Dies muss aber letztendlich zu vorzeigbaren und nachzuvollziehenden Ergebnissen führen. So gesehen war die Personalie Christine Lamprecht eine eher untypische Entscheidung, wie sich schnell gezeigt hat, mit der Weigerung des Kanzlers diesen Fehler einzugestehen. Nun leitet Oskar Pistorius (der Mann den keiner auf der Rechnung hatte) das Verteidigungsministerium. Eine hoffentlich bessere Wahl für die Bundeswehr, uns allen und vor allem auch Olaf Scholz. Diese zweite Entscheidung muss nunmehr ein Volltreffer in Zeiten des Krieges sein. Ansonsten wäre mit Oskar und dem „Leopard“ die letzte Patrone verschossen und das als ein klassischer „Rohrkrepierer“. „Ich finde Niemanden, der so häufig recht hätte, wie ich!“ (Arno Schmidt) – Felix Bicker

 

Es ist genug! Was will die ZEIT mit dem ständigen Mäkeln an Kanzler Scholz bewirken? Jetzt nicht nur in der Zeitung, sondern durch eine ZEIT-Redakteurin auch in Maybrit Illners Talkshow. Es wäre eine Mega-Idee, wenn uns die ZEIT nennen würde, wer denn der richtige Mega-Kanzler wäre. Sonst müssen sie wohl mit dem jetzigen leben. Der wird ohnehin die Attacken der ZEIT überleben. – Dietrich Briese

 

Den Artikel fand ich sehr ärgerlich: Prinzipiell ist ja gegen Kritik am Bundeskanzler nichts einzuwenden, aber hier wird eine Art Medienschelte betrieben, die fast überall gleich zu sein scheint und sattsam bekannt ist: „Scholz der Zauderer, Scholz der Uneinsichtige“ . Sachargumente und Gegenpositionen scheinen in dieser Debattenkultur kaum noch eine Rolle zu spielen, für mein Empfinden werden hier Personen regelrecht vor sich hergetrieben. Von der „Zeit“ hätte ich eine ausgewogenere und weniger polemische Berichterstattung erwartet! – Andreas Strübing

 

Erschrocken bin ich über das Niveau und den Werteverfall bei der ZEIT. Tina Hildebrandt maßt sich an, Olaf Scholz‘ Verhalten zu interpretieren ohne sich zu hinterfragen, ob ihre Einschätzung wahr ist. Eine Journalistin ohne Erfahrung im Regieren! Ich stelle fest: Einheitsbrei und Manipulation in fast allen Medien. Ungeheuerlich! Meine berechtigte Sorge: Die Medien tragen zur Eskalation ds Krieges bei. Das respektlose Schreiben über Politiker wird langfristig nicht ohne Folgen für unsere Demokratie sein. Bitte nicht noch einmal, Frau Hildebrandt. – Renate Schmitz

 

Zu Zeiten eines prinzipientreuen Sozialdemokraten und Verteidigungsministers Struck galt die zutreffende These, dass Deutschland auch am Hindukusch verteidigt wird. Diese These gilt heute für den Krieg in der Ukraine noch mehr. Scholz ist mit seinem Verständnis von Politik und deren Kommunikation weit entfernt von Prinzipien. Seine Politik gleicht der Naivität Chamberlains und wird, statt die Interessen Deutschlands zu verteidigen, zur Isolation Deutschlands mit verheerenden Wirkungen in allen internationalen Beziehungen führen. Seine Rolle im Abgang von Lambrecht ist ein fatales Beispiel dafür. – Jürgen Dressler

 

Ich finde es nicht okay, dass T.H. das politische verhalten von Olaf Scholz mit seinen charakterzügen gleichsetzt, denn bei kritik wird dann seine persönlichkeit in frage gestellt.selbst wenn es sich herausstellen sollte, dass besonnenheit, zögerlichhkeit, rechthabenwollen, das bemühen, mit den USA im einklang zu sein in bezug auf die leopard2 lieferungen, falsch sein sollten, sind das haltungen, die politisch motiviert sind. „bitte so nicht noch mal“. – carla türke

 

Nichts gegen meinungsstarke Leitartikel, welche einem Blatt Kontur und Linie verleihen. Aber die ZEIT nutzt ihre leitmediale Rolle seit geraumer Zeit in penetranter Weise, um dem Kanzler das Image des Zögerers anzudichten – oft im Zusammenhang mit denen, die ständig nach neuen Waffenlieferungen verlangen. Beispielhaft der oben genannte Leitartikel, der die causa Lamprecht in fragwürdiger Weise ausschlachtet. Dabei hätte die ZEIT doch für so etwas eine passende Rubrik gehabt. Was für eine bewundernswerte journalistische Größe hätte sich offenbart, wenn man das Video der Ex-Ministerin unter „Prominent ignoriert“ platziert hätte, um der ganzen medialen Schnappatmung mal etwas Gelassenheit entgegen zu setzen.

Man kann der Ministerin sicher vorwerfen medial holprig zu agieren, aber grobe handwerkliche Fehler haben das Ausmaß der Kritik nicht gerechtfertigt. Insofern ist es verständlich und lobenswert, dass der Kanzler nicht jedem „Druckpegel“ der veröffentlichten Meinung nachgibt. Anbei: Auch diese Phrase hat sich im Journalismus etabliert. „Der Druck auf die Regierung wächst“. Wer oder was übt da eigentlich wie Druck aus und warum muss man dem nachgeben? Die Opposition, die Medien, das Ausland? Die Regierung wird vom Volk gewählt. Dem ist sie verpflichtet. Auch in Bezug auf die Waffenlieferungen an die Ukraine inszenierten die Medien Scholz stets als Zögerer „unter Druck“.

Zumindest etwa die Hälfte des Volkes fühlte sich aber von dieser Politik ganz gut vertreten. Vermutlich braucht diese Hälfte auch heute keinen Bundesverteidigungsminister mit „Leidenschaft“ für das Amt, wie Herr Dausend kürzlich schrieb. Besser einen besonnenen und abwägenden, der nicht jedem herbeigeschriebenen „Druck“ nachgibt. Auch das wäre handeln – nicht zaudern. – Andreas Phieler

 

Der Artikel von Tina Hildebrandt ist m.E. hervorragend. Sie schrieb u.a. sinngemäß: Bundeskanzler Olaf Scholz wirkte immer wieder, als fiele er hinter seinen Zeitenwende-Anspruch zurück. Und er wirkte bei Waffenlieferungen wie einer, der widerwillig dem jeweiligen Druckpegel nachgibt. Ich unwichtiger Bürger glaube, dass Scholz weise ist und weise handelt. Was das kleine Deutschland sich seit 1914 weltweit geleistet hat (und jetzt sind die deutschen Soldaten wieder weltweit im Einsatz), das war und bleibt so unendlich furchtbar und ungeheuerlich, dass die Deutschen jetzt mit den endlosen Waffenlieferungen keinesfalls indirekt (!) in den Krieg gegen Russland einbezogen werden dürfen.

Dazu fällt mir noch ein : Alfred Hermann Fried, Friedensnobelpreis 1911 : „Die Presse und die Waffenfabrikanten sind der Bazillus der Kriegserregung.“ (Volker Freiesleben : Die Presse, das ist heute die Mehrheit der Massenmedien) CICERO (Geb. 106 v. Chr) : „Ich mahne unablässig zum Frieden; dieser, auch ein ungerechter, ist besser als der gerechteste Krieg.“ – Volker Freiesleben

 

Nun hat man sich landauf und landab von fast allen Medien genau das anhören bzw. lesen müssen, was auch Sie schreiben. Ich bin kein SPD-Wähler und auch keiner der anderen Koalitionsparteien. Aber hier möchte ich doch Herrn Scholz verteidigen: Er hat die Verantwortung für die Positionierung Deutschlands im Krieg Russlands gegen die Ukraine – und hoffentlich nicht darüber hinaus. Ich hätte mir sehr gewünscht, dass in der der ZEIT etwas fundierter berichtet und gewertet wird als in den – von uns zwangsweise bezahlten – Öffentlich rechtlichen Sendern. Zunächst gibt es militärische Geheimnisse, die nicht auf jedem Jahrmarkt verkündet werden sollten und dürfen. Ferner frage ich mich, was man unter erratisch zu verstehen hat?

Ich kann keinen Schlingerkurs erkennen, denn Herr Scholz sagt seit Monaten das Gleiche: Abstimmung mit den Verbündeten, nicht Kriegspartei werden, die Ukraine unterstützen. Dass das mit zahlreichen NATO-Partnern und innerhalb der EU abgestimmt sein muss, ist doch klar. Und das hat gar nicht so lange gedauert wie manche politische Petitesse z. B. zwischen Bund und Ländern. Wir sind in einer vergleichbaren Position wie seinerzeit Churchill, als er entscheiden musste: Verhandlungen mit Hitler oder Kampf und Verteidigung mit tausenden Toten. Er hat den schweren, aber richtigen Weg gewählt. Und das steht auch heute zur Debatte. Und noch ein Wort zu Frau Lambrecht: Ich würde sie nicht auf der Stelle heiraten wollen.

Aber diese Frau auf 5000 Helme, Stöckelschuhe und eine verpatzte Silvesteraufnahme zu reduzieren, ist einfach billig. Die ganze deutsche Journaille konnte ihren Triumpf feiern und schießt sich inzwischen auf Herrn Pistorius ein. Ich verstehe die Welt nicht mehr! Wollen wir hoffen, dass die Entscheidung der Alliierten gegen Russland zu Frieden und nicht zur Eskalation führt. PS: Noch einen Glückwunsch an Frau Finger! Ein gelungenes Interview mit Herrn Hans Zollner. Diesmal musste ich keine blutdrucksenkenden Medikamente einnehmen. – Arnold Grolmus

 


 

 

Leserbriefe zu „Geste weg!“ von Thea Dorn

 

Ich liebe Ihre meist punktgenauen Kommentare. Könnte mir vorstellen, dass ein Großteil der ZEIT-Redaktion diese aber gar nicht goutiert. – Gerhard Reinelt

 

Die reinste Symbolpolitik hat Greta betrieben, als sie vor dem schwedischen Reichstag saß. Als sie damit Erfolg hatte, musste sie dabei bleiben, wenn sie nicht von BILD und Shitstorms zerrissen werden wollte. Bewegungen ohne Organisationsmacht sind auf solche Symbolpolitik angewiesen. Symbolpolitik anderer Art ist das Greenwashing vieler Konzerne, bei dem Regierungen die Industrie mit kostenlosen Zertifikaten ausrüstete und über V.E.R.R.A (ZEIT 4/23, S.19) allerlei Betrug begünstigte. Symbolpolitik ist ein Mittel der Schwachen und oft ein Täuschungsmanöver der Mächtigen.

Willy Brandts Kniefall in Warschau war Symbolpolitik eines – relativ – Mächtigen. Ich warte auf Nachahmer. Gerade in Sachen Klimaschutz wäre es hilfreich, wenn Firmen, die wider besseres Wissen die Öffentlichkeit in die Irre geführt haben (wie ExxonMobil seit den 1970er Jahren), ihre Verantwortungslosigkeit öffentlich bekennen würden. – Walter Böhme

 

Bei allem Respekt für die Geste (neben der Weizsäcker-Rede vom 8. Mai 1985 der wichtigste und beste Moment der deutschen Nachkriegsgeschichte; das „Wunder von Bern“ und den Fall der Mauer lasse ich mal außen vor) glaube ich nicht, dass ein Widerstandskämpfer wie Willy Brandt die richtige Person für den Kniefall war. Wenn jemand Abbitte hätte leisten müssen, dann einer von den Altnazis. In diesem Sinne erwarte ich immer noch von Björn Höcke einen Kniefall vor dem Holocaust-Denkmal in Berlin. Aber ich glaube, da kann ich noch lange warten.

Wenn sich jemand schämen sollte (Thema im „Dossier“), dann er und seine Konsort*innen! Es schert mich einen feuchten Kehricht, wenn mir deswegen „Moralismus“ oder gar „Gutmenschentum“ vorgeworfen wird, weil ich ja weiß, welche moralisch verkommene Seite dahintersteckt.

Vielleicht hätte Höcke ein wenig DDR-Drill gut getan. Es hätte diesem westlich-verweichlichten Bettnässer und seinem nicht vorhandenen Schamgefühl bestimmt gut getan, wenn man bei ihm konsequentes „Töpfchen-Training“ („Stimmt’s?“, S. 30) angewandt hätte. Dann wäre uns eventuell auch seine hauptsächlich an seine schwulen Nazikumpanen (nicht das Schwulsein ist hier das Problem) adressierte effeminierte Heulsusen-Rede erspart geblieben, wo er eine Wiederentdeckung der Männlichkeit forderte.

Wenn er noch ein gewisses Maß an Empathie übrig hat, was ich bezweifle, dann würde ich ihm Camp Copes „The Face Of God“ empfehlen, wo Frontfrau Georgia Maq von ihrer eigenen Erfahrung mit einem „sexuellen Übergriff“ (Euphemismus: Vergewaltigungsversuch scheint mir der passendere Ausdruck zu sein) singt. Ich höre das Lied eher selten, weil es mich immer wieder traurig und wütend macht. Für meine toxischen Geschlechtsgenossen kann ich mich nur schämen. Diese Art von „Männlichkeit“ kann mir gestohlen bleiben.

Ich könnte auch noch eine Episode aus einer Druckerei erzählen, wo ich kurzfristig mal gearbeitet hatte, aber ich möchte den unflätigen Spruch, den der Chef für die Maschine zum Feierabend hin abließ, nicht wiederholen. Eigentlich kam ich mit ihm ganz gut aus, aber dafür hätte er in Grund und Boden versinken müssen. Und was passierte stattdessen? Derjenige, der sich das anhören musste, also ich, schämte sich dafür. Das kommt davon, wenn man katholisch erzogen wurde. (Einfluss der Kultur, wie im Dossier thematisiert; Angst vor den Blicken – Sartres „Regard des autres“! – der Nachbarn: was hätten die wohl gesagt, wenn meine Mutter an einem Sonn- oder Feiertag die Wäsche aufgehängt hätte? Vielleicht war das früher wirklich so, heute interessiert so etwas jedenfalls keine Sau mehr.

Außer in den USA. Dort schämt man sich angeblich, die Wäsche offen auf die Leine zu hängen, weil man damit seine Armut zur Schau stellen würde, was nicht zum calvinistischen Arbeits- und Geldethos passt. Fenster ohne Gardinen? Unmöglich in einem katholischen Haushalt! Auch wegen des bösen Blicks der Anderen. Dies ganze neurotische Zeug überträgt sich natürlich.) Vielleicht ist es doch besser, wenn man atheistisch (?, bestenfalls protestantisch) in Rostock aufgewachsen ist. Das Töpfchen-Training hat offenbar nicht überall geholfen.

Mich hätte mal interessiert, was seine damalige Freundin, auf die sich der Spruch bezog, dazu gesagt hätte, wenn sie in der Situation dabeigewesen wäre. Ich hätte sie auch direkt fragen können, denn ich habe das Paar später mal beim Einkaufen kurz getroffen. Dagegen hätte aber Ihr 11. Gebot im Dossier („Du sollst nicht beschämen.“) gestanden. Das gefällt mir ganz gut. Für unverschämte Nazis muss jedoch eine Ausnahme gemacht werden. Das gilt auch (und gerade!) in der eigenen (erweiterten) Familie, wenn da entsprechende (ausländer- bzw. schwulenfeindliche) Äußerungen fallen. Es reicht mir allmählich, dass ICH mich immer hinterher ärgere und schäme, weil ich nichts dagegen gesagt habe …

Manche Leute sind aber auch nur einfach zu blöde, gescriptete Reality-TV-Klischee-Schwule von echten Menschen zu unterscheiden. Ich muss das Kommerzfernsehen (ich meine, es war die Trödelauktionsshow bei RTL und irgendeine Kochshow bei Vox) allerdings auch loben: Kürzlich bin ich da ausnahmsweise mal hängengeblieben. Nachdem jahr(zehnt)elang immer nur die exaltiert-freakigen „Paradiesvögel“ gezeigt wurden, gab es aktuell endlich mal ganz „normale“ 0815-Schwule, die doch wohl die überwiegende Mehrheit darstellen, zu sehen. Es wurde nicht einmal viel Aufhebens darum gemacht.

Ich hoffe, dass das jetzt viel öfter der Fall ist. RTL hat sich ja inzwischen Diversität auf die Fahnen geschrieben, was mit den neuen Senderfarben symbolisiert werden soll. Gandhis „symbolischer“ Salzmarsch hat im Übrigen (nach ein wenig Vorarbeit durch die Iren) ein ganzes kolonialistisches Empire zum Einsturz gebracht. Könnten Sie ja mal in Ihrer „Sternstunden der Menschheit“-Serie behandeln. – Thomas Manthey

 

Eine Politik, die sich mit Geltungsansprüchen auf der Höhe unserer Zeit präsentiert, wird von konservativer und rechter Seite gerne als Symbolpolitik diskreditiert. Dieser Begriff hat sich im Kulturkampf als Waffe gegen alles etabliert, was von konservativen Wert- und Ordnungsvorstellung wegführt. So erscheint der Ansatz von Thea Dorn, diesen Begriff ideologiefrei und geweitet anzuschauen (z.B. bei den Frauen im Iran), zunächst als durchaus hilfreich im Sinne eines aufgeklärten Denkens. Umso kulturkämpferischer zeigt sich Thea Dorn zuletzt, wenn sie einseitig die politische Auseinandersetzung mit Corona, dem Klimawandel und mit unserer kolonialen Vergangenheit anführt, um dann mit der Mahnung zu enden, man sollte auf leere Symbolpolitik besser verzichten.

Mit erhobenem Zeigefinger unterstellt sie den Akteuren auf diesen Politikfeldern, eine moralische Perspektive einnehmen zu wollen und die pragmatische Handlungsebene zu verfehlen. Ihr allgemein gehaltenes Fazit erscheint so einzig diesen Reizthemen und den korrespondierenden Akteuren zugeordnet. Ist nicht eher die Schwelle zum magischen Denken bei jenen längst überschritten, die sich von unserer fortgeschrittenen Wirklichkeit absetzen und eine längst untergegangene Welt mit Symbolen und Ritualen aufrechterhalten wollen (z.B. bei rechten Aufmärschen oder demnächst wieder beim politischen Aschermittwoch in den Bierzelten)? – Reinhard Koine

 

Frau Dorn hat mit gesundem Menschenverstand wie immer eine treffliche Analyse abgeliefert. Schade ist nur, dass die Leute die gemeint sind, ihren Artikel nie lesen werden. In dem unsäglichen Milieu von Oberflächlichkeit, Ich-Aktivitäten und mangelndem Tiefgang beim Denken und Handeln wirkt ihr Zwischenruf sogar weniger als der bekannte Tropfen auf den heißen Stein. Trotzdem gilt: Wer nichts tut hat schon verloren. Äußern Sie sich bitte weiter Frau Dorn! Ich schätze ihre Meinungsäußerungen in den meisten Fällen voll und ganz. – Klaus Prinz

 

Thea Dorn irrt: ein Verbot von Inlandsfl ü gen ist keine symbolische Klimapolitik. In diesem Problembereich gibt es nicht den einen groß en Hebel, keinen Befreiungsschlag. Weniger ist weniger, da kann man nichts falsch machen. Dass es gro ße Hebel geben k ö nnte suggerieren nur die aggregierten Zahlen. Auf einzelne Maß nahmen, einzelne Lä nder, einzelne Personen heruntergebrochen wird immer erbä rmlich wenig aussehen, was eingespart werden kann.

Aber alle diese Einzelmaß nahmen sind nö tig. Dort mit dem Einsparen zu beginnen, wo lediglich Bequemlichkeit oder individuelle Prä ferenzen betroffen sind, aber keine Notwendigkeiten macht ebenfalls Sinn: auch ohne Flug kommt man in Frankreich mit dem Zug klimafreundlicher ans Ziel. – Dr. Gunda Matschonat

 

Dass die Politik einen „auratischen Raum“ für „starke Gefühle“ schafft, in dem dann u.a. Symbolpolitik betrieben wird, ist wohl der leidigen Tatsache geschuldet, dass wir immer noch in einer Vorform der Demokratie leben, in der Berufspolitiktreibende den Menschen das verkaufen müssen, was ihnen meist von Wirtschaftsverbänden als „alternativlos“ vorgegeben wird, anstatt dass alle wahlberechtigten die sie betreffenden Sachfragen gleichberechtigt diskutieren und mitentscheiden dürfen. – Thomas Movtchaniouk

 

Klimapolitik ist prädestiniert dazu, als Symbolpolitik abgetan zu werden und es ist ein Unding, dass sie auch in den Medien immer wieder so dargestellt wird. Was bringt es, kurze Inlandsflüge zu verbieten, wenn der Flugverkehr GERADE MAL 3% der weltweiten Emissionen erzeugt? Man muss begreifen, dass 3% extrem viel ist, angesichts hunderter, tausender wirtschaftlicher Bereiche, die alle irgendwie Emissionen erzeugen.

Es gibt nicht die eine Maßnahme mit der sich das Problem zu einem großen Teil lösen lässt, sondern wir müssen an allen kleinen Schrauben gleichzeitig drehen. Das ist keine Symbolpolitik, sondern der notwendige Versuch eine verheerende Krise abzuwenden. Auch die vermeintliche Tatsache, dass China jeden Tag zig neue Kohlekraftwerke und Flughäfen baut, können wir nicht als Ausrede für die eigene Untätigkeit gelten lassen. – Nils Medenbach

 

An politische Worthülsen sind wir wohl alle gewöhnt, das ist nichts Neues. Symbolpolitik spielt aber in einer anderen „Liga“. Thea Dorn warnt, dass es heikel wird, wenn symbolpolitisches Agieren das pragmatische politische Handeln zunehmend überlagert oder gar ersetzt. Ich finde, sie hat recht.

Symbolpolitik zielt auf die Gefühle der Menschen ab. Eine Politik ganz ohne Emotionen wäre unmenschlich, politische Entscheidungen müssen sich aber an Fakten orientieren und dann auch umgesetzt werden.

Setzen Politiker Symbole nur ein, um die Menschen zu manipulieren und von echten Problemen abzulenken, verkümmert die Politik zur PR-Aktion und kommt im schlimmsten Fall zum Stillstand. Das wäre so ziemlich das Letzte, was wir uns angesichts von Kriegen, Umweltzerstörung und Klimawandel leisten können, von dem Ansturm gegen die freiheitlichen Demokratien ganz zu schweigen. – Regina Stock

 

Vielen Dank für Ihren Aufruf „Geste weg!“, in der Sie gegen die wohlfeile Symbolpolitik Stellung beziehen, die dazu dient, sich „vermeintlich elegant, in Wahrheit billig aus der Affäre zu ziehen.“ Leider verheddern Sie sich in einem Konglomerat aus passsenden und unpassenden Beispielen, vor allem aus der Klimapolitik. Dabei gäbe es gerade hier viele Beispiele, bei denen Symbolpolitik nicht durch politisches Handeln beglaubigt wird: etwa wenn Kommunen beschließen, bis 2030 klimaneutral zu werden, ohne die dafür notwendigen Maßnahmen zu ergreifen (z.B. kommunale Wärmeplanung oder proaktive Flächenplanung für den Ausbau von Photovoltaik und Windkraft). Oder wenn die Bundesregierung einen Kohleausstieg bis 2038 beschließt, ohne zugleich den Einstieg in erneuerbare Energien wirksam zu beschleunigen.

Sie aber wählen mit dem Verbot von Inlandsflügen in Frankreich eine Maßnahme, die weder billig zu haben ist noch unwirksam. Problematisch ist, dass Sie die Maßnahme nur dann als wirksam gelten lassen würden, wenn sie China oder die USA motivieren würde, weniger zu emittieren. Das übersieht, dass die EU-Klimaziele nur Symbolpolitik bleiben würden, wenn innerhalb der EU als zusammengefasst drittgrößtem Emittent von Treibhausgasen keine wirksame Maßnahmen ergriffen würden.

Schade auch, dass Sie in diesem Zusammenhang Greta Thunberg nur Symbolkraft zusprechen, um im nächsten Satz Klimaaktivisten und im übernächsten Satz Greta Thunberg selbst gleich wieder zu entwerten. Auch hier verfehlen Sie letztlich Ihr eigenes Thema, weil Sie hier Gruppen kritisieren, die außer der symbolische Geste keine Macht haben. – Urban Weber

 

Nie hätte ich mir träumen lassen, dass ich einem Beitrag von Thea Dorn voll und ganz würde zustimmen können. Und was soll ich sagen: So ist es dann ja auch nicht gekommen. Spätestens als es um die Corona- Politik und „den demiologischen Nutzen dieses Stückchen Vlieses“ ging (gemeint sind die lebensrettenden Masken), dachte ich: „Nachtigall ick hör dir trapsen“. War es nicht Frau Dorn im Verbund mit Juli Zeh gewesen, die mit einem pervertierten Freiheitsbegriff eigenes egoistisches Handeln zu rechtfertigen versucht hatte?

Und beim letzten Absatz mit der „Schwelle zum magischen Denken“, die jemand überschritten hat, fiel mir die Anekdote von President Johnson ein, der zu seinem Chief Advisor sagte: „Being in politics is a lot like catching small fish.“ Chief Advisor: „What the hell is that supposed to mean?“ Johnson: „I have no f……idea, but it sounds good.“ – Sven Herfurth

 

Welch fundamentaler Unterschied: wenn mutige Bürger in China oder im Iran ein politisches Zeichen setzen gegen staatliche Willkür, für Freiheit und Demokratie, droht ihnen Gefängnis, Folter oder Tod; wenn auf der anderen Seite Bürger unseres Landes, sagen wir, ein Zeichen gegen Rechts setzen, was auch immer sie darunter verstehen, für Deutschland als Villa Kunterbunt, dann belästigt sie weder Polizei noch eine Gegendemonstration, und die Medien berichten wohlwollend über sie! Sollten allerdings einige Bürger versuchen, und das sollte doch eine Herzensangelegenheit konservativer Demokraten sein, ein Zeichen gegen fortdauernde Immigration, Islamisten oder Parallelgesellschaften zu setzen, dann rufen sie damit sofort die Moralwächter des Zeitgeists auf den Plan, die alle Teilnehmer ohne Ausnahme als Rassisten diffamieren und eine Gegendemonstration organisieren würden, die ihnen mal handgreiflich die Meinung sagt!

Grundsätzlich aber neigt der Deutsche dazu, seine Parolen lieber auf gesellschaftspolitischen Nebenkriegsschauplätzen hinauszuposaunen, wo‘ s nicht weh tut, wo man sich keine blutige Nase holt! Alle aber, denen Freiheit und Demokratie ein ernsthaftes Anliegen ist, sollten wenigstens Dauermahnwachen vor der chinesischen und iranischen Botschaft und vor dem Reichstag aufstellen, bis unsere Regierung ihre Scheinheiligkeit und Doppelzüngigkeit gegenüber totalitären Regimes erkannt hat, diese ächtet und stattdessen ihre Gefangenen und Mundtoten rückhaltlos unterstützt! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Schäm dich!“ von Matthias Kreienbrink

 

Ihren Artikel habe ich gelesen bis zu der Stelle, als Sie die Bibel erwähnten, Adam und Eva vom Baum der Erkenntnis assen und sich ihrer Nacktheit schämten. Wie können Sie solch einen abstrusen Blödsinn behaupten, woher wollen Sie wissen, wie Sohn Kain sich gefühlt hat, woher nehmen Sie die Behauptung, Gott hätte Abel bevorzugt und Kain hätte sich geschämt etc.

Solche Behauptungen, haltlos und unbeweisbar sind es nicht wert, aus der kirchlichen Mottenkiste hervorgeholt zu werden und sind eines ZEIT-Redakteurs nicht würdig! Die offensichtlich vorherrschende kirchliche Prägung setzt mich in Erstaunen. Es ist an Ihnen sich zu schämen. – Berthold Fritz

 

Als überzeugter Zeit-Leser macht man ab und an die Erfahrung, dass ein Artikel, ein Dossier nicht so ganz den (manchmal vielleicht zu hohen) Ansprüchen der Leserschaft genügt. Da diesem Dossier auf drei ganzen Seiten doch einiges an Betrachtungstiefe fehlt, möchte ich den interessierten Lesern, die etwas zur Genese und Struktur der Scham, zu deren Dynamiken und Konflikten, aber auch zu umfangreichen Analysen in den zeitlichen und kulturellen Dimensionen erfahren möchten, unbedingt Leon Wurmsers Werke empfehlen, insbesondere „Die Maske der Scham“. Zugegebenmaßen eine Gedankenwelt über dem Oberstufenniveau, schwere Kost, die um so köstlicher zu genießen ist. – Klaus Rybarczyk

 

Dies Dossier hätte gern schon diesmal Titelgeschichte der ZEIT werden können, zumal angesichts der vielfältigen Unsicherheiten bei diesem Thema. Während der „Klima-Betrug der Konzerne“ längst bekannt ist, nur das öffentliche Reden darüber von interessierter, auch politischer Seite möglichst vermieden wird. Insofern sicher auch Dank dafür, das wieder öffentlich zu machen! Ein solcher Dank gilt aber vielleicht noch mehr für das ZEIT-Interesse an „einem der mächtigsten Gefühle des Menschen“, wie es in der redaktionellen Eingangsnotiz zu dem obigen „Essay“ heißt. Von dem dessen Autor allerdings zum Schluss schreibt: „Die Scham wird uns wohl noch eine Weile erhalten bleiben.“ Nur „eine Weile“ und nur, weil sich die „Regelwerke“ der „neuen Gesellschaften“ verändert haben?

So, als ob wir bloß – klug wie wir sind – die sozialen Regeln ändern müssten, um das lästige Gefühl loszuwerden? Wer daran zweifelt, sollte der evolutionäre Begründung dieses Gefühls nachgehen, die der Artikel zwar selbst nennt, ohne ihr aber aus Sicht der Evolution auf den Grund zu gehen. Bei der Menschwerdung der heutigen, einzig überlebenden menschlichen Spezies (deshalb „universell“) lag der entscheidende Überlebensvorteil in einer hochkomplexen, äußerst zeit- und energiebedürftigen Entwicklung eines individuellen „Bewusstseins“ aus vielen tierischen Vorstufen.

Diese spezifisch menschliche Variante befähigte die neue Spezies zur Einflußnahme auf sonst genetisch festgelegte Verhaltensweisen, in der Regel individuelle Anpassungen an „Umwelt“-Bedingungen, um den Eigenerhalt zu gewährleisten. Das führte nicht allein zu unserer berühmten „Gedankenfreiheit“, sondern auch zu einer gewissen, aber klar begrenzten Handlungsfreiheit. Die war nämlich abhängig von einer Energieversorgung durch einen vielfach wechselsseitig sich bedingenden Stoffwechsel, der eine Fülle von basalen Überlebensbedürnissen mit sich brachte (von der Sauerstoffatmung über Durst und Hunger bis zur Fortpflanzung).

Und die machen sich unserem „Bewusstsein“, also unserer Mitsteuerungsfähigkeit, in Gestalt von Gefühlen bemerkbar. Eines dieser Gefühle war die Scham: Sie garantierte das Überleben eines hochbedürftigen Einzellebewesens in einer schützenden Gemeinschaft, die schon im Mutterleib beginnt, aber als Mitwirkungsfähigkeit ihm erst im Alter von etwa zwei bis drei Jahren bewusst zu werden anfängt. Um so mehr, je bewusster ihm zugleich seine physische und psychische Abhängigkeit bei der eigenen langen, erforderlich gewordenen Entwicklungszeit wird. Das führt zu einem Interessenkonflikt von zwei menschlichen Grundbedürfnissen:

Der Anpassung an bestehende (Schutz- und Macht-)Verhältnisse (bis hin zur Duldung sogar autoritäterer Systeme) und der Durchsetzung eigener Mitwirkungsinteressen zur Führung eines „menschlichen“ (im Sinn von „menschenwürdigen“) Lebens, unserem „Selbstbestimmungsbedürfnis“ für einen jeweils noch besser angepassten Eigenerhalt. Dieser Konflikt bleibt, egal wie sich unsere irdischen Gesellschaften verändern. Denn es bleibt die Begrenzung der materiellen irdischen Ressourcen, deren ungleiche Verteilung unsere rationale Mitsteuerungfähigkeit bislang jedenfalls überfordert hat.

Deshalb wird uns auch die eben nicht nur lästige Scham erhalten bleiben. Selbst dann, wenn wir uns zu einer „vernünftigen“ globalen Gesellschaft entwickeln würden, die bereit wäre, eigene Bedürfnisse, die – bewusst geworden – zielgerichtete Interessen werden, in einen gemeinsamen, rational gesteuerten Ausgleich zu bringen. – Eckhard Heumann

 

Die zahlreichen anschaulichen Beispiele von Scham, die der Autor so eindrücklich vorträgt, zeigen, dass menschliche Scham sich auf verschiedenste Anlässe zurückführen lässt und sich keinesfalls durch die geschickte Behandlung eines Psyhotherapeuten grundsätzlich wegzutherapieren ist. Die Scham ist uns eben, ähnlich wie das „schlechte Gewissen“, durch die Verfassung unseres menschlichen Bewusstseins mitgegeben. Vielleicht lassen sich auch bei Tieren ähnliche Phänomene beobachten, z.B. bei der Dressur von Hunden. Die Scham hat wohl zunächst den durchaus positiven Sinn, die jeweils geltende gesellschaftliche Norm durchzusetzen, und sie ist nicht, wie der Autor nahelegt, ein Phänomen des finsteren Mittelalters und der unbarmherzigen Kirche, die ihre Macht auf subtile Art behaupten wollte.

Die moderne Inquisition ist vielmehr „die Allgemeinheit“, heute am mächtigsten wirksam in den sozialen Medien. Ein Shitstorm ist etwas, was niemand so leicht abschütteln kann. Die ätiologische Sage von Adam und Eva hat da einen Nerv getroffen: Scham ist die Erkenntnis der Nacktheit nach einem Tabubruch, der zunächst einen Erkenntniszuwachs verspricht, aber dann nur die eigene Ohnmacht umso deutlicher spüren lässt. Auch wenn Gott für die meisten Menschen hierzulande keine Rolle mehr spielt, entkommen wir nur schwerlich unseren in die DNA eingeschriebenen Gesetzmäßigkeiten. Man sollte biblische Geschichten eben nicht leichtfertig beiseitewischen. – Gunter Steffen

 

Die Scham wird uns nicht nur eine Weile erhalten bleiben. Sie ist angeboren und soweit erforscht, ein Hauptmerkmal, das uns von anderen Lebewesen unterscheidet. Im Artikel gehen Sie hauptsächlich auf Menschen ein, die zu viel Schamgefühl haben und darunter leiden. Und es ist gut, wenn heutzutage Menschen, die viel Schamgefühl besitzen, sich immer mehr wagen, darüber sprechen. Diesen Menschen kann somit geholfen werden.

Im normalen Grenzen ist ein Schamgefühl, die Waage damit die Menschen sich zueinander, mit Vernunft und Gefühl annähern und kommunizieren. Schlimm wird es, wenn Menschen wenig oder fast gar kein Schamgefühl besitzen. Diese Menschen sind gefährlich, gefühllos respektlos und können großen Schaden anrichten. In ihrem Artikel habe ich vor allem diesen Punkt vermisst. – Kent Doğu

 

Dies Dossier hätte gern schon diesmal Titelgeschichte der ZEIT werden können, zumal angesichts der vielfältigen Unsicherheiten bei diesem Thema. Während der „Klima-Betrug der Konzerne“ längst bekannt ist, nur das öffentliche Reden darüber von interessierter, auch politischer Seite möglichst vermieden wird. Insofern sicher auch Dank dafür, dies mit einem beachtlichen Rechercheergebnis wieder öffentlich zu machen!

Ein solcher Dank gilt aber vielleicht noch mehr für das ZEIT-Interesse an „einem der mächtigsten Gefühle des Menschen“, wie es in der redaktionellen Eingangsnotiz zu dem obigen „Essay“ heißt. Von dem dessen Autor allerdings zum Schluss schreibt: „Die Scham wird uns wohl noch eine Weile erhalten bleiben.“ Nur „eine Weile“ und nur, weil sich die „Regelwerke“ der „neuen Gesellschaften“ verändert haben? So, als ob wir bloß – klug wie wir sind – die sozialen Regeln ändern müssten, um das lästige Gefühl loszuwerden? Wer daran zweifelt, sollte der evolutionäre Begründung dieses Gefühls nachgehen, die der Artikel zwar selbst nennt, ohne ihr aber aus Sicht der Evolution auf den Grund zu gehen.

Bei der Menschwerdung der heutigen menschlichen Spezies (der einzigen, die überlebt hat: deshalb „universell“) lag der entscheidende Überlebensvorteil in einer hochkomplexen, äußerst zeit- und energiebedürftigen Entwicklung eines individuellen „Bewusstseins“ aus vielen tierischen Vorstufen. Diese spezifisch „menschliche“ Variante befähigte die neue Spezies zur Einflußnahme auf sonst genetisch festgelegte Verhaltensweisen, in der Regel individuelle Anpassungen an „Umwelt“-Bedingungen, um den Eigenerhalt zu gewährleisten.

Das führte nicht allein zu unserer berühmten „Gedankenfreiheit“, sondern auch zu einer gewissen, aber klar begrenzten Handlungsfreiheit. Die war nämlich abhängig von einer Energieversorgung durch einen vielfach wechselsseitig sich bedingenden Stoffwechsel, der eine Fülle von basalen Überlebensbedürnissen mit sich brachte (von der Sauerstoffatmung über Durst und Hunger bis zur Fortpflanzung). Und die machen sich unserem „Bewusstsein“, also unserer Mitsteuerungsfähigkeit, in Gestalt von Gefühlen bemerkbar. Eines dieser Gefühle war die Scham: Sie garantierte das Überleben eines hochbedürftigen Einzellebewesens in einer schützenden Gemeinschaft, die schon im Mutterleib beginnt, aber als Mitwirkungsfähigkeit ihm erst im Alter von etwa zwei bis drei Jahren bewusst zu werden anfängt.

Um so mehr dann allerdings, je bewusster ihm zugleich seine physische und psychische Abhängigkeit bei der eigenen langen, erforderlich gewordenen Entwicklungszeit wird. Das führt zu einem Interessenkonflikt von zwei menschlichen Grundbedürfnissen: Der Anpassung an bestehende (Schutz- und Macht-)Verhältnisse (bis hin zur Duldung sogar autoritäterer Systeme) und der Durchsetzung eigener Mitwirkungsinteressen zur Führung eines „menschlichen“ (im Sinn von „menschenwürdigen“) Lebens, unserem „Selbstbestimmungsbedürfnis“ für einen jeweils noch besser angepassten Eigenerhalt.

Dieser Konflikt bleibt, egal wie sich unsere irdischen Gesellschaften verändern bzw. verändern lassen. Denn es bleibt die Begrenzung der materiellen irdischen Ressourcen, deren ungleiche Verteilung unsere rationale Mitsteuerungfähigkeit bislang jedenfalls überfordert hat. Vor allem weil diese – uns weitgehend unbewusst – unterstützt wird von einem hoch effektiven, evolutionär entwickelten, genetisch verankerten intrinsischen Belohnungssystem, das gerade in Kombination mit unserer bewussten Steuerungsfähigkeit ungeahnte, im wahrsten Sinne des Wortes „übermenschliche“ Suchtpotentiale entwickeln kann.

( Auf jedem Feld menschlicher „Leidenschaften“, wie eben Annie Ernaux in all ihren mehr oder weniger autobiografischen Büchern aufzeigt oder Amy Whitehouse genauso wie etwa Putin mit ihrem jeweiligen Verhalten, das nicht allein eigenes Leben zerstören und damit sogar dem „Urinterese“ der Evolution zuwiderlaufen kann.) Deshalb wird uns auch die eben nicht nur lästige Scham erhalten bleiben. Selbst dann, wenn wir uns zu einer „vernünftigen“ globalen Gesellschaft entwickeln würden, die bereit wäre, eigene Bedürfnisse, die – bewusst geworden – zielgerichtete Interessen werden, in einen gemeinsamen, rational und emotional befriedigenden Ausgleich zu bringen. – Eckhard Heumann

 

Danke für Ihren Essay, in dem Sie Historie und Zeitgeist sprechen lassen über das, was Leidvolles durch die Scham geschieht. Sie nennen Scham „eines der mächtigsten Gefühle des Menschen“. Ihre Beispiele beschreiben unterschiedliche Auslöser für Schamgefühl im Menschen, unterschiedliche, begleitende Gefühle, unterschiedliche Reaktionen auf die Scham. Sie ist zunächst unbewusst. In ihrem wiederholten Auftreten zwingt sich die Scham ins Bewusstsein, wird peinlich, peinigend. Das Gefühl und seine Folgen sind nicht einfach abstellbar oder berechenbar.

Die für die Gemeinschaft unerträglichen Folgen werden durch Regeln abgewendet oder eingedämmt. Für die Ziele von Wenigen oder von der gesamten Gemeinschaft kann das Schamempfinden der Einzelnen in der Gemeinschaft gezielt provoziert und ausgenutzt werden, um Ordnungen und Abhängigkeiten zu erzeugen und zu erhalten. Die Scham kann krank machen. Ihre Bewältigung ist anstrengend, und auch der Erfolg bei der Bewältigung ist nicht berechenbar. Man wäre sie gerne ganz los. Welches grundsätzliche Muster hat die Situation, durch die Scham entsteht?

Ihren Hinweis auf die in der Menschheitsgeschichte an den Anfang gelegte Erzählung von der Scham fand ich genial, weil hier die Scham als Gefühl Bedeutung bekommt in einer Übergangssituation, wo der Mensch nicht mehr paradiesischer Mensch ist, sondern irdischer Mensch wird. Hier wird eine andere Auseinandersetzung in den Blickpunkt gerückt als der Konflikt zwischen Individuum und Gemeinschaft oder zwischen Freiheit und Norm.

Leider zitieren Sie Ihre biblischen Beispiele ungenau und so werden sie von Ihnen nur in die Menge der anderen eingefügt und, wie ich meine, qualitativ nicht gewürdigt. In der Buber-Übersetzung finden Sie die Scham als Verneinung benannt bei Adam und Eva, bevor sie die Früchte vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten: „…, waren nackt, und sie schämten sich nicht.“ Es gibt die Scham nicht im paradiesischen Zustand. Die Verlockung zum Essen geschieht durch die Wolllust, die der Sinnenschein des Baumes im Menschen (Eva) erweckt, durch die dosierte Preisgabe von nicht allen Folgen des Essens (Schlange) und durch das Zufriedensein mit dieser Aussage (Menschenpaar). Nach dem Genuss der Früchte des Baumes der Erkenntnis ist es möglich, Gut und Böse zu erkennen, wie Gott es kann. Das verändert die Entwicklung des Menschen.

Er ist nicht mehr fähig, im Paradies zu leben. Die Vertreibung wird als göttliche Prophylaxe geschildert, damit die Menschen nicht auch noch vom Baum des Lebens essen. Anscheinend kann der Mensch auf die Erkenntnis von Gut und Böse nicht so reagieren, wie Gott es kann. Die Scham wird nicht erwähnt im Folgenden, auch nicht in der Geschichte von Kain und Abel. Kain erwartet aus seiner Sicht die gleiche Reaktion von Gott auf das jeweilige Opfer der Brüder ungeachtet des unterschiedlichen Motives, mit dem Abel und er opfern und das von Gott durchschaut wird. 1 „Die Schlange war listiger als alles Lebendige des Feldes, das ER, Gott, gemacht hat.“

Sie lähmt in ihrer List die Vorstellungen des Menschenpaares bezüglich der Folgen nach dem Essen und beruhigt mögliche Zweifel durch Weitergabe von ausgesuchtem Wissen (Teilwahrheiten). Die Verlockung vergrößert sich, die Täuschung ist eingeleitet und trifft auf den Boden der Zufriedenheit beim Menschenpaar, da alles angenehm bleibt und sogar noch Fähigkeiten gewonnen werden können ohne große Anstrengung. Es kommt erst zur Enttäuschung, wenn im Erlangen der Erkenntnis von Gut und Böse sich zeigt, dass Gut und Böse schon vorhanden sind. Und die Scham folgt auf dem Fuße, weil man es nicht gemerkt hat oder Täuschung darüber zugelassen hat und erst an den eintretenden Folgen seine eigene Verantwortung erkennt.

Täuschung, Enttäuschung – Ent-Täuschung spielen ein große Rolle in der Erfahrung von Scham. Wohl gemerkt, diese Situation, gerade in Bezug auf die Verantwortung, stellt sich für das Kind und für den Heranwachsenden anders dar als für den Erwachsenen. Das Kind bis zum dritten Lebensjahr, so schreiben auch Sie, kennt keine Scham. Sie kann erst danach in der Seele Fuß fassen. In diesem Entwicklungsprozess brauchen Kinder und Jugendliche eine Gesellschaft, in der sie vor der Überforderung beim Entstehen des Schamgefühls und vor der möglichen Beschämung durch andere geschützt sind und ihnen Unterstützung bei der Bewältigung des entstehenden Gefühls gewährt wird.

Das Er-Leben von Gut und Böse und nach dem 14. Lebensjahr die Einschätzung, Beurteilung von Beidem und die intellektuelle Begriffsbildung für eine gelebte Ethik sind hier von besonderer Bedeutung, um der Scham nicht ausgeliefert zu sein sondern sie zu erkennen als eine Warnung, dass etwas nicht stimmt in der Situation, in der sie empfunden wird. Hier bedarf es einer Klärung, um das Gefühl umzuwandeln in Haltungs- und Handlungsfähigkeit und um Selbstvertrauen auszubilden. Aus der Beobachtung der menschlichen Entwicklung könnte man sicher noch mehr Erkenntnisse in Bezug auf die Scham und ihr Wesenhaftes ziehen als aus den historisch unterschiedlich geprägten Inhalten des Schamerlebnisses.

Die Scham sollte nicht weggedacht oder weggewünscht sondern an ihren gemäßen Platz ins Menschwerden und zum Menschsein gesetzt werden. Danke für Ihre Zeit beim Lesen. Mir war es wichtig, meine Gedanken aus der Kritik heraus zu Ende zu denken und Ihren Gedanken an die Seite zu stellen. – Carla Vrecko

 

Vermutlich bin ich mit dieser Emailadresse falsch, aber als Gelegenheitsleser von DIE ZEIT habe ich keine bessere Adresse gefunden. Vielleicht kann man meine Email an die richtige interne Adresse weiterleiten. Hier mein Leserbrief: Ich finde den Artikel sehr informativ, gedankenreich und fachlich kompetent. Ich konnte daraus viel lernen und bedanke mich für die Arbeit des Verfassers M. Kreienbrink. Allerdings fehlt mir ein Aspekt, den ich für überragend wichtig halte: Was ist mit jenen Personen, die gar kein Schamgefühl haben, die nichts bedauern und für alles eine positiv erscheinende Erklärung haben? Ich denke an den Typus Eichmann oder Trump, an die Chefs in den Konzernzentralen und viele Politiker.

Ihnen fehlt die Verantwortung für das Gemeinwesen, soziale Bindungen sind ihnen fremd. Dadurch schädigen sie die Gesellschaften viel mehr als schambesetzt Menschen, sie zerstören statt aufzubauen. Wenn ich Personalchef wäre, dann würde ich jeden Bewerber fragen, wofür er sich mal geschämt hat, ist die Antwort „Eigentlich für gar nichts!“ (oder ähnlich), dann würde ich diese Person nicht einstellen. Ich will mich hier darüber nicht weiter auslassen, vielleicht schiebt M. K. ja mal einen Artikel mit diesem Thema nach. – Joachim Lodders

 

In Ihrem Dossier mit dem Titel Schäm dich! gehen Sie in aller Kürze auf die Psychologie der Scham ein. Scham ist in hier das Gefühl, gegen Normen und Ideale verstossen zu haben. Dieses Modell der Scham geht maßgeblich auf den Psychoanalytiker Leon Wurmser zurück. Scham ist in diesem Sinne ein Konflikt zwischen dem Über-Ich (Normen und Idealen) und dem Ich als Koordinator von Seelischem und Aussenwelt.

Das Ich ist mangelhaft in seiner Leistung. Das Handy klingelt während des Adagiettos der fünften Sinfonie von Mahler im Konzertsaal. Es ist nicht erlaubt, das Handy laut zu stellen. (Norm). Das Ich hat dem nicht vorgesorgt…. Wir schämen uns. Problematisch ist an dieser Bestimmung die Trennschärfe der Affekte Scham und Schuld. Letztere stellt auch, wie die Scham, eine Reaktion auf eine verfehlte Norm dar.

Die Philosophie Günther Anders stellt diesem Modell etwas entgegen, welches die Scham nicht als Mangel, sondern als Überschuss versteht. Wir schämen uns, weil wir als Kleinkind noch nicht Ich sind, d.h. noch nicht über dessen Kompetenzen verfügen. Das Kind erlebt sich noch gefangen in seiner, wie Anders sagt, ontischen Mitgift, die im Überschuss vorhanden ist. Diese ist das Vorindividuelle, das Leibliche, das Unkoordinierte; eben das, was uns mitgegeben wurde, die Mitgift. Scham ist dann das Gefühl des Noch-nicht-Ich-sein, als das Kontrollierte, Angepasste und Normale. Der Beschämte erlebt sich folglich in seiner Scham als ein Anderer, ein Unangepasster; letztlich als ein Widerspenstiger, der der gesellschaftlichen Zähmung im Augenblick der Scham entgeht. – dr. med. m.a. ralph weber

 

Der Mensch kann von all seinen Gefühlen die Scham am wenigsten kontrollieren. Da ist er wahrscheinlich am ehrlichsten. So scheint die Scham für ihn von großer und identitärer Bedeutung zu sein. Sein erster Zugang zu einer Vorstellung von sich selbst entwickelt sich über das Bild: Über das Gesichtsbild der Mutter und über das eigene Spiegelbild, und das in einer Entwicklungsstufe (zwischen dem 6. und 18. Lebensmonat, im Spiegelstadium nach Lacan), in der er noch nicht völlig über die Motorik und Sensibilität seines Körpers verfügt.

Diese „Entdeckung“ seines Bildes hinterlässt den Eindruck einer Vollständigkeit und Ganzheit, die ihn jubeln lässt. Erst später, wenn er den Geschlechtsunterschied der Menschen entdeckt, und vor allem wenn er mit dem Vater und dessen vorrangigen Anspruch auf die Mutter konfrontiert wird, erleidet die narzisstische Idealvorstellung seiner selbst eine basale Kränkung, die er nie wird überwinden können. Diese Erfahrung einer elementaren Insuffizienz, des Verlustes einer Vollkommenheit, die es real nie gab und die sich als Täuschung und Irrtum bewahrheitet, ruft die Scham, die Schamesröte bei ihm hervor, die seinen Mangel öffentlich sichtbar macht.

Ein Vorgang, der sich in dem Mythos des verbotenen paradiesischen Apfels ausdrückt, den die ersten Menschen vom „Baum der Erkenntnis“ aßen, um „wie Gott“ zu werden. Insofern ist die Scham ein unüberwindbarer Hinweis auf seine Insuffizienz und gleichzeitig auf seine unstillbare Sehnsucht nach Ganzheit und Erfüllung. – Gerd Schimöller

 

Großen Dank für die Wahl des Themas und die Ausführungen des Autors. Etwas beschämt bin ich in meiner Identität als Psychiater, Psychoanalytiker und Psychotherapeut, dass das Thema Scham und seine hervorragende Bedeutung in der Psychotherapie überhaupt erst seit einigen Jahren etwas mehr in der Ausbildung der Kollegen vorkommt. Scham wird zwar als Einbruch des Ich-Ideals gedeutet, aber die immense Bedeutung in der Psychogenese und Symptombildung wenig hervorgehoben. Scham als Reaktion der Verletzungsgefahr der Identität – und tiefen Intimitätsgefühle wird selten aktiv in den Psychotherapien gesehen, obwohl doch fast jeder Pat. sich erstmal schämt, wenn er zum Therapeuten „muss“.

Scham als Schutzgefühl vor einem drohenden Identitätszusammenbruch wird in diesem Artikel angesprochen; Scham als Grenzaffekt in der Begegnung zwischen ICH und DU. oft im Blick zueinander erlebt. Sartre beschreibt : „So ist die Scham eine vereinheitlichende Fassung dreier Dimensionen“ :ich schäme mich meiner vor anderen ( 1974,S.382 ) zitiert nach dem Buch von Günther H.Seidler : Der Blick des Anderen.

Sehr passend auch die Kain-Abel-Geschichte : Kain wird in seiner Liebe zu Gott ( sein Opfer) zutiefst beschämt…“sein Ansicht sank ein“ ( Übersetzung Riessler / Storr ). Siehe das Sprichwort : „Du darfst Dein Gesicht nicht verlieren“ oder der Begriff des „ Tabu-Todes“ in frühen Völkern. Kain wehrt die Scham ab, indem er schuldig wird und Abel erschlägt. Das Kainsmal schützt ihn, den Verstoßenen, aber vor der irdischer Verurteilung !!

Schön, daß der Titel ein ermunterndes Ausrufezeichen hat und nicht „du brauchst dich doch nicht zu schämen“, was in meiner Generation und vorher sicherlich auch oft eine elterliche Botschaft war und der Beschämung noch einen gutgemeinten Tadel, wieder nicht richtig gefühlt, dazugab. Diese Dossiers über Themen, die uns so bekannt sind, aber dennoch wenig hinterfragt werden, finde ich sehr gerne in der „ ZEIT „ Danke. – Dr. med. K. M. Wetzel

 


 

 

Leserbriefe zu „Und raus bist du“ von Mark Schieritz

 

Als Schüleraufsatz wäre der Beitrag von Herrn Schieritz nur als ungenügend einzustufen. Warum? Herr Schieritz kommt am Ende seines Artikels zum Ergebnis, dass wahrscheinlich das BVerfG entscheiden wird. Herr Schieritz, das hat es bereits: das geltende Wahlrecht ist verfassungswidrig und nur deswegen quält sich die Ampel mit dem Vorschlag für ein neues Wahlrecht. Die Große Koalition hatte hier nicht geliefert, die CSU wollte nicht. Also, setzen, Sechs! – Jürgen Sievert

 

Ein bisschen mehr Demokratie darf es schon sein. Zum Thema Wahlrechtsreform. Die Parteien sprechen sich oft für mehr Bürgerbeteiligung aus. Beim Thema Wahlrechtsreform könnten sie den Versprechungen Taten folgen lassen. Tun sie aber nicht. In Grundgesetz steht, dass die Parteien an der Meinungsbildung mitwirken. Es steht nicht im Grundgesetz, dass sich die Spitzenfunktionäre einer Partei über sichere Listenplätze dauerhaft ihren Abgeordnetenplatz sichern, sich also quasi dem Wählerwillen nicht stellen müssen. Das gehört geändert, ebenso wie die Verkleinerung des Parlaments auf die Grundgesetzvorgabe von 598 Plätzen erfolgen muss. Und so sieht die Lösung aus:

Es gibt 598 Wahlkreise (alle bisherigen werden einmal geteilt) Es wird weiterhin mit Erststimme (Kandidat*in) und Zweitstimme (Partei) abgestimmt. Das Zweitstimmenergebnis legt fest wieviel Parlamentssitze eine Partei prozentual erhält. Nach der Wahl werden Bundeslisten angelegt; für jede Partei eine. Auf Platz 1 steht, wer das prozentual beste Erststimmen-Ergebnis (auf 5 Stellen nach dem Komma) vorweisen kann usw. bis Platz 598, falls die Partei in allen Wahlkreisen Kandidat*innen aufgestellt hat.

Über die Bundeslisten kommen dann so viele Kandidat*innen in den Bundestag, bis die Anzahl erreicht ist, die der Partei durch die Zweitstimme an Parlamentssitzen zusteht. So bestimmt der Staatssouverän (die Bevölkerung) wer in den Bundestag kommt. Die Parteien bestimmen wem die Ehre zu teil wird, sich zur Wahl stellen zu dürfen. – Jürgen P.K. Grunau

 

Jens Teutrine? Noch nie gehört. Das soll Polit-„Prominenz“ sein? Ich dachte, die gesamte FDP bestünde aus fünf Personen: Die omnipräsente Rheinmetall-Lobbyistin Strack-Zimmermann und die Herren Lindner, Buschmann, Wissing, Kubicki. Mehr fallen mir auf Anhieb jedenfalls nicht ein. Gerhart Baum ist ja nur auf dem Papier FDP-Mitglied (er hat in einem Radio-Interview sogar zugegeben, dass er nicht immer seine eigene Partei gewählt hat) und tagespolitisch nicht mehr aktiv. – Thomas Manthey

 

Es ist sehr erfreulich, dass das Thema ‚politische Adipositas‘ und die damit verbundenen Risiken nun endlich auch dort angekommen ist, wo das Problem im wahrsten Sinne des Wortes am größten ist. Die Erste Kammer unseres Parlaments bringt in der Tat nicht nur einiges auf die Waage. Verglichen mit anderen ebenso föderal also bundesstaatlich strukturierten Demokratien hat der Deutsche Bundestag sogar maßlos übertrieben, dazu ein einfacher Vergleich: Indien mit gut einer Milliarde Menschen leistet sich auf Bundesebene in der dem Bundestag vergleichbaren Kammer gerade mal 545 Abgeordnete.

Die Verkleinerung des bundesdeutschen und – wenn wir schon dabei sind – anderer Parlamente auf Europa- und Landesebene böte gerade den Parteien, also der Politik schlechthin die einmalige Möglichkeit echte Bescheidenheit und wahres Augenmaß vorzuleben, was gerade in der heutigen Zeit eine wichtige Geste zur Förderung des Zusammenhalts in unserem Land wäre.

Wenn jetzt allerdings die angedachte Verkleinerung auf Kosten der Direktmandate geplant ist, dann läuft es in die falsche Richtung. Richard von Weizsäcker beklagte einmal sehr treffend, dass sich die politischen Parteien die Staatsorgane zur Beute gemacht hätten. Eine Betonung der Listen würde gerade den Parteienklüngel weiterschüren. Die Direktmandate sind als Brücke zwischen dem Wahlvolk und der Politik enorm wichtig, v.a. im Hinblick darauf den Menschen ein unverstelltes Mitspracherecht zu geben, den oder die Vertreterin ohne parteilichen Zwischenfilter in Form der Liste ‚frei und geheim‘ im Sinne des Grundgesetzes wählen zu dürfen. – Dr. Johannes Warbeck

 

Kurz nach der Französischen Revolution war es ein fortschrittliches Konzept, einen Abgeordneten aus der Region in die Hauptstadt zu entsenden, wo er für ein paar Jahre (hoffentlich) die Interessen seiner Klientel im Parlament vertreten konnte; heutzutage, wo wir alle hochgradig vernetzt sind, gilt seltsamerweise immer noch dieses Wahlsystem aus dem Zeitalter der Pferdekutschen.

Dabei hätten wir doch, anstatt alle Jubel- bzw. Wahljahre zwischen ein paar Parteien und Kandidaten das „kleinste Übel“ auszuwählen, inzwischen zumindest technisch die Möglichkeit, regelmäßig, ja täglich über uns betreffende Sachfragen mitdiskutieren und mitentscheiden – warum sollte die derzeitige Regierungskoalition nicht einmal eine Wahlrechtsreform in diese Richtung anstoßen und wenigstens als ersten Schritt die Möglichkeit bundesweiter Plebiszite („Volksentscheide“) auf den Weg bringen? Etwa, weil dann der Einfluss der Berufspolitiker und der sie umgarnenden Lobby-Gruppierungen schwinden würde…? – Thomas Movtchaniouk

 

Gibt es eine für Wähler und Steuerzahler einleuchtende Alternative zur Deckelung der Zahl der Abgeordneten im Bundestag, die wegen des bisherigen Wahlrechts die Funktionstüchtigkeit einschränkt und die Kosten in die schwindelnde Höhen treibt?

Wer hat in Zukunft Vorfahrt, wenn es darum geht die. Funktionsfähigkeit des Parlamentes zu gewährleisten und die Kosten dafür in Grenzen zu halten? Der von den Bürgern direkt gewählte Kandidat oder das was die Landesliste hergibt? Die Debatte darum zeigt, dass viele Entscheidungsträger ihre Haltung von ganz persönlichen Erfahrungen und Ängsten oder parteibezogener Strategie abhängig machen, manche treibt dabei die Sorge um, ihre Partei zu schwächen oder sich selbst abzuschaffen und blicken nicht auf das Große Ganze: das Landeswohl. Man hat den Eindruck, die Diskussion wird auch vom „cherry picking“ bestimmt.

Die Notwendigkeit der Reduzierung der Parlamentarier ist Konsens, jetzt darf es nur um die Antwort auf die Frage geben, ob das Verhältniswahlrechts oder das Mehrheitswahlrecht in unserem Mehrparteiensystem gestärkt werden soll. Vielleicht hilft dabei auch die geplante kosmetische Reparatur, die bisherige „Zweitstimme“ jetzt „Hauptstimme“ zu nennen und die „Erststimme“ „Wahlkreisstimme“, denn die Bedeutung der Zweitstimme war manchen Wählern nicht klar, die – auch durch Vernebelungsaktionen von Parteien im Wahlkampf – kontraproduktiv gesplittet haben. – Uwe-Carsten Edeler

 

Mark Schieritz beschreibt unser geltendes Bundestagswahlrecht so, als handele es sich um zwei miteinander konkurrierende Systeme: „Die Ampel würde mit ihren Plänen also das Verhältnisprinzip stärken, zulasten des Mehrheitsprinzips.“ In Wirklichkeit haben wir ein Verhältniswahlrecht: über die Zuteilung der 598 Parlamentssitze an die Parteien, die ihre Wahlvorschläge als Landeslisten einreichen, entscheidet einzig und allein ihr Anteil an den Zweitstimmen (in Zukunft „Hauptstimmen“ genannt). Die Landesverbände der Parteien bestimmen aber höchstens über die Hälfte der Bewerber, die für sie kandidieren.

Denn 299 Mandate gehen an Direktkandidierende, die in einem der Wahlkreise nominiert wurden und dort die meisten Stimmen erhalten haben. Diese Personenwahl ändert aber nichts an der proportionalen Zuteilung der Sitze, was man daran erkennen kann, dass Gewinne von Wahlkreisen, die nicht durch das Zweitstimmenergebnis gedeckt sind, sogenannte Überhangmandate, nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2012 so weit ausgeglichen werden müssen, bis das Sitzverhältnis nach dem Zweitstimmenergebnis wiederhergestellt ist.

Der Reformvorschlag der Ampelkoalition besagt: Direktmandate werden nicht zugeteilt, wenn ihnen die Legitimation durch die Verhältniswahl fehlt. Damit entfallen auch Ausgleichsmandate. Das ist nicht nur mit dem Grundgesetz vereinbar, sondern nur konsequent, weil es eine Verzerrung des Hauptstimmenproporzes ausschließt. Außerdem wird die Regelgröße von 598 Parlamentssitzen garantiert. Der Nebeneffekt, dass die Reform ohne Verringerung der 299 Wahlkreise auskommt, dürfte manche Unionsabgeordneten überzeugen, die bei der Rechtslage seit 2020 (nur noch 280 Wahlkreise) um ihren Sitz bangen müssten. – Jürgen Thiede

 

Neben dem offensichtlichen Umstand das ein Parlament in dieser Größe kaum funktionieren kann, könnte der Eindruck einstehen das es mancher Partei um Versorgungsposten und Altersansprüche geht. Eine vorsichtige Rechnung ergibt bei 138 Abgebordneten x 120.000 €/Jahr x 4 Jahre allein 66.240.000 €. Hinzu kommen 1 – 3 Mitarbeiter pro Abgeordneten sowie etwaige weitere Versorgungsansprüche. Das Abgeordnete wie Andreas Scheuer nicht mehr dem Bundestag angehören würden, sollte dem Wähler keine Sorgenfalten auf die Stirn treiben. – Michael Herling

 

Der derzeit übergroße Bundestag ist nicht dem vernünftigen Grundprinzip von Erst- und Zweitstimme anzulasten, sondern der Tatsache, dass für den Gewinn eines Wahlkreismandats eine einfache Mehrheit genügt. Eine zunehmend zersplitterte Parteienlandschaft führt dadurch zwangsläufig zu mehr Überhang- und Ausgleichsmandaten. Außerdem mangelt es bei Gewinnern eines Wahlkreises an Legitimität, wenn sich ihr Sieg auf vielleicht nur ein Viertel der abgegebenen Stimmen stützt.

Eine Stichwahl unter den beiden Höchstplatzierten würde die Zahl der Überhang- und Ausgleichsmandate sinken lassen. Das kann man aus den Erfahrungen mit nur 3 oder 4 Bundestagsfraktionen ableiten. Zudem würde sie die Legitimität des Siegers stärken, seinen Wahlkreis zu vertreten. Die Kostenersparnis für einen kleineren Bundestag dürfte die Mehrkosten für die Stichwahlen mehr als aufwiegen. – Dr.-Ing. Franz Ulrich Häusler

 

Von Autor Mark Schieritz wünsche ich mir einen Fortsetzungs-Artikel zur Frage Normgröße oder Ideal-Größe des Bundestags unter den Aspekten 1. Bezahlbarkeit 2.Arbeitsfähgigkeit 3. Umzug Bonn-Berlin 4.Anschluss DDR 5.Vergleich mit Europa-Parlament sowie den Parlamenten der USA/China und der Landtage in Deutschland. Als „Grüner“ habe ich den Bundestag in Bonn und Berlin auf Einladung von Dr.Antje Vollmer besucht und zitiere gern S.210 aus „Wahlrecht und Parteiensystem“(Dieter Nohlen)Überhangmandate zwischen 1949 und 1987 : maximal 5! – Dietrich Bauer

 


 

 

Leserbriefe zu „STAUB UND SEELE“ von Navid Kermani

 

Haben Sie vielen Dank für Ihren ausführlichen Artikel aus dem ehemaligen Deutsch Ost Afrika. Sehr verwundert bin ich über die riesige Zahl von Schädeln, die schließlich aus unterschiedlichen Gründen nach Germanien verschleppt und hier sogar gehütet werden, wenn sie nicht weiter gehndelt wurden. Aber der Staat Tansania hat derzeit wenig Interesse an dieser detaillierten Vergangenheitsbewältigung. Ich erlebte es bereits vor 50 Jahren, als ich eben dort einige Jahre im Dienste der Kirchen arbeitete.

Wann immer ich privat oder in Gruppen den Kolonialkrieg infolge des Maji-Maji-Aufstands ansprach, stieß ich auf wenig Interesse. Es war, als wenn sie sich dessen schämten. „Das ist lange vorbei“ entgegneten viele, nicht um mir als Deutschen zu gefallen, sondern wohl eher um die bösen Geister der Vergangenheit nicht zu wecken. Das dürfte sogar auf den Clan des Chiefs Lobulu des Meru Volkes zutreffen.

Ja ich wäre sehr dafür den Schädel in korrekter Form zurückzugeben, und andere mit dazu, damit wir diese Altlast loswerden und auch mit anderen Stämmen Frieden schließen. Aber die Denkmäler oder Museen dazu sollten die Tansanier selbst bauen. Und da spielen die Chiefs nach ihrer Entmachtung infolge der politischen Unabhängigkeit seit langem keine Rolle mehr. Denn nur zu gern nützen einzelne Personen oder Clans jene Verbrechen, um so das heutige Deutschland zu erpressen, ohne wahrzunehmen, was unser Staat, unsere Kirchen und NGOs jährlich dort investieren. Deshalb dürfte das Unternehmen auch kaum die Unterstützung der lokalen Verwaltung oder der Kirchen haben, denen allen die Belebung alter Rachegefühle wahrlich nicht am Herzen liegt. – Helmut Staudt

 

Ich finde es interessant, was Navid Kermani über die Beziehung der Chagga zu ihren ermordeten Vorfahren schreibt, und welches Unglück sie damit in Verbindung bringen, dass deren Schädel mittlerweile an verschiedenen Stellen auf der Welt aufbewahrt werden. Und gleichzeitig erschreckend, wie ihr Leid mit angeblich deutschen Werten verglichen wird. Angeblich wären für die Mitglieder in Ministerien und Mitarbeiter*innen in Museen das Geld und die Kunst in so einem Fall wichtiger, der Autor nimmt sich hierbei mit ein.

Ich frage mich, ob sich der Autor ernsthaft in die Lage der Nachfahren versetzt hat. Angenommen, sein Urgroßvater wäre in einer Kriegssituation ermordet und dessen Schädel in ein fernes Land exportiert worden, um nachzuweisen dass die Rasse des Autors einer anderen unterlegen sei. Viele Jahrzehnte später würde dieses ferne Land langsam erkennen, dass dem Autor und seiner Familie damit ein Unrecht angetan worden sei.

Und in diesem Fall wäre es ihm also nicht wichtig, die sterblichen Überreste seines Vorfahren zurück zu erhalten und ein normales, seiner Trauerkultur entsprechendes Begräbnis zu ermöglichen? Würde er es nicht wenigstens versuchen? Man muss nicht aus Ostafrika kommen oder die Trauerkultur der Chagga teilen, um Felix Sylvanus Kaayas Anliegen nachvollziehen zu können. Dafür reicht ein normales westliches Gerechtigkeitsempfinden.

Das Achselzucken in den Behörden, das der Autor beschreibt, die Belustigung und Unverständnis ob der Tatsache, dass jemand einen Schädel zurück haben möchte, lässt sich nicht durch westliche Werte rechtfertigen. Es zeugt vielmehr davon, dass das Überlegenheitsgefühl, das vor über hundert Jahren so aufwändig konstruiert werden musste, noch nicht aus vielen Köpfen verschwunden ist. Nur, dass es jetzt durch „eine andere Kultur“ gerechtfertigt wird anstatt durch Rasse.

Sonst wäre es keine Frage, dass die sterblichen Überreste gefunden und den Nachkommen übergeben werden müssen, wenn denen etwas daran liegt. Dass die Begräbniskosten übernommen werden, unabhängig davon, welche Getränke genau benötigt werden, müsste angesichts des geschehenen Unrechts möglich sein. Und warum nicht das Geld, das nach Empfinden des Autors zusätzlich aufgewendet werden sollte (da er erwartet, Kaaya würde eine größere Entschädigung fordern), dafür verwenden, um die „praktischen und bürokratischen Schwierigkeiten“, die mit der Rückführung des Schädels verbunden sind, zu überwinden?

Denn ja, ich gehe wie Kaaya davon aus, dass es damit vielen Deutschen besser gehen würde, wenn in Berlin wenigstens ein geraubter Schädel weniger aufbewahrt würde. Das sage ich als Atheistin – auch ich kann mit der Seele nicht viel anfangen. Aber in meinen Augen geht es hier um die Würde der Verstorbenen, die angegriffen wurde. Und es wäre richtig, den Nachkommen ein würdiges Begräbnis zu ermöglichen – und sei es erst Jahrzehnte, ja, mehr als ein Jahrhundert später. – Johanna Leitenberger

 

Ist es schon unfassbar, dass erst mehr als hundert Jahre nach dem Ende der deutschen Kolonialherrschaft mit dem Völkermord an den Herero und Nama die Kultusministerkonferenz sich im März 2018 zu einem Eckpunktepapier durchringen konnte, wonach bei der Aufarbeitung des Sammlungsgutes aus „kolonialen Kontexten“ den menschlichen Überresten Vorrang einzuräumen ist, so ist es ein Skandal, dass die betroffenen Einrichtungen es offenbar weitgehend am nötigen Engagement fehlen ließen.

In diesem Zusammenhang kann es ja – anders als bei der Restitution von Kulturgütern – nicht um die Frage gehen, ob die im Zusammenhang mit irgendwelchen dubiosen Rassetheorien verschleppten Köpfe und Gebeine „rechtmäßig“ nach Deutschland verbracht wurden. Welcher Grund sollte nach einem positiven DNA-Abgleich deren Verbleib rechtfertigen können? – Ludwig Engstler-Barocco

 

Es ist höchste Zeit, das der Forderung nach Rückgabe menschlicher Körperteile , sowie Kunstgegenstände aus den ehem. Kolonien , Folge geleistet wird. Wer Interesse an afrikanischer Kunst hat, kann sich an Nachbildungen erfreuen, zumal die Länder Wert auf die Zurückgabe legen und ihnen ihre Kultur genau so wertig ist , wie uns Bayern unsere Tracht mit Gamsbart ( ironisch betrachtet) Es bedarf überhaupt keiner Überlegung, wenn Menschen zum Mond fliegen, wird sich auch ein Weg finden die Gegenstände unbeschadet nach Afrika zu bringen . – Zwickenpflug Christiane

 

Wir hörten mal zufällig im Radio einen Bericht von Einem, der einen solchen Kopf in ei- nem Schrank auf dem Speicher wiederfand. Seine Rückgabebemühungen begannen beim namibischen Konsulat, dann ging er nach Berlin zur dortigen Botschaft, und, nachdem er den Schädel nicht loswurde, fuhr er gar nach Namibia, wo ihm der gleiche Misserfolg beschert wurde. Dann hatte er endlich begriffen, dass es nicht um das Ske- lett eines Ururopas, sondern – natürlich – um Geld ging.

Zu Genoziden braucht Afrika nicht den Kolonialismus; siehe z.B. Pierre Bertaux in Pro- pyläen Weltgeschichte: Afrika, der Kontinent der Bürgerkriege, des Rassenhasses und der Massenvernichtung; und man hat nicht den Eindruck, dass sich daran etwas ge- bessert hat. Werden da Skelette zurückgegeben? Der bewunderte Herr der Benin- Bronzen ließ als königlichen Initiationsritus aus überfallenen Nachbarstämmen Men- schenopfer darbringen, wo blieben die Skelette?

Virchow ist nun 120 Jahre her; wer bei uns will denn heute das Zeug überhaupt noch haben? Was machen denn die Afrikaner mit der Rückgabe? Es im Museum ausstellen? (Museen in Afrika gibt es erst durch kulturelle Aneignung von den Weißen.) Die Postmoderne lehrt uns die Gleichwertigkeit aller Gesellschaften; die des bösen weißen Mannes zeichnet sich allerdings aus durch das Leid, das er der Welt bereitet hat. Jetzt stehen die Schlangen vor seinen Toren (des Westens) und fordern Einlass. Schwer verständlich, aber sehr zeitgeistig. – Emer. Prof. Werner Koetz

 

Man mag es nach Lektüre des Reiseberichts aus Afrika nicht glauben: hat Navid Kermani ein Buch über das Christentum geschrieben? Lebt er wirklich in Köln? Warum hat er offenbar trotzdem keine Kenntnisse von christlicher Toten- und Heiligenverehrung und Begegnung mit „Toten“ bzw. Verehrung von toten „Knochen“ in ganz Europa? Was glaubt er, warum der Dom in Köln erbaut werden konnte (Stichwort „Heilige Drei Könige oder auch 11000 Jungfrauen)? Ich will es ihm nachsehen. Sein offensichtliches Befremden bzw. seine Belustigung über „Softdrinks?“ kann ich aber nicht „durchgehen“ lassen. Was will er oder DIE ZEIT den Lesern damit kundtun? Dass zum Begräbnis Alkohol getrunken werden muss? – Armin L. Fischer

 

Mit welcher Begründung wird eigentlich die Rückführung der geraubten Skelette aus den Kolonien nach Afrika verhindert? Viel Arbeit? Zu teuer? Nur Knochen? Jetzt im Januar berichtet der Volksbund Kriegsgräberfürsorge von der würdigen Umbettung von 370 Gefallenen in Transnistrien und bietet die Gräbersuche für die Gefallenen der Weltkriege an. Wie wichtig sind der Katholischen Kirche die Knochen nicht nur ihrer Heiligen? Kann man da nicht nachvollziehen, dass die Afrikaner die geraubten Schädel und Skelette für ihren Seelenfrieden zurückhaben wollen? – Helmut Rudolph

 


 

 

Leserbriefe zu „Heul doch“ von Martin Nejezchleba

 

Besserwisser sind unbeliebt. Aber warum geht der Artikel von Martin Nejezchleba mit keiner Silbe auf den Einsatz von Herdenschutzhunden ein? Abschuss diskutieren, ohne weitere Schutzmaßnahmen zu bewerten und zu kommentieren ist leider unzureichend. – Alfred R. Krappel

 

Der Wolf! Das Lamm! HURZ!!! Über hundert Jahre ist Deutschland und unsere Natur sehr gut ohne ihn ausgekommen. Umgekehrt werden die Medien wohl die nächsten hundert Jahre nicht mehr ohne den Isegrim auskommen.

Nicht, dass ich Sorge vor Wölfen hätte: Die Chance, einem zu begegnen ist doch wohl eher gering. Wesentlich geringer jedenfalls, als von einem Hund angegriffen zu werden. Als ehemaliger Postzusteller spreche ich aus Erfahrung. Ich weiß mich aber mittlerweile ganz gut zu wehren. Wer mir zu dicht kommt, muss mit einem Tritt gegen die Schnauze rechnen. Für den tödlich verletzten Volkan aus Bremen und das kleine Mädchen, das vor einiger Zeit in der hiesigen Feldmark von einem Hund attackiert wurde, trete ich dann gleich mit. Aber sehr lautes Schreien reicht meistens auch schon aus. Hunde sind nämlich ziemlich feige Viecher. Wölfe hingegen scheinen mir von Natur aus eher scheu zu sein. Ausnahmen wie GW1339m bestätigen die Regel nur.

Wenn hin und wieder mal ein paar Schafe gerissen werden, dann ist das äußerst bedauerlich, lässt sich aber wohl noch einigermaßen verschmerzen. Von irgendwas muss so ein Wolf ja auch leben. Wenn der Wolf aufgrund seiner Jagdinstinkte allerdings in eine Art Blutrausch verfällt, dann ist die Grenze erreicht, wo mit der Flinte eingegriffen werden sollte. Esel als eine Art „Leibwächter“ für die Schafe sollen ja angeblich ganz gut funktionieren. Mich wundert, dass das im konkreten Fall nicht ausprobiert wurde. Oder ist das vielleicht nur eine „Urban Legend“? Im Netz gibt es unterschiedliche Behauptungen, ob das etwas nützt oder nicht.

Ein bisschen erinnern mich die Überfälle an die letzte „Aktenzeichen XY“-Sendung. Genau wie die aus den Niederlanden (bzw. Marokko) stammenden Geldautomatensprenger scheinen der Problemwolf und seine Gefährtin die Aufmerksamkeit (Lightshow und Foto- statt Radarfallen) regelrecht zu genießen. Ziemlich gerissene (und reißende, aber nicht gerade reizende) Typen …

Der Wolf sollte aus den allgemeinen Kulturkämpfen, die offenbar ausgebrochen sind, herausgehalten werden. Ansonsten starte ich demnächst eine Volksinitiative, aber nicht gegen den Wolf (oder das Gendern), sondern gegen den Hund. Ich hoffe, dass Sie zukünftig etwas weniger vom Wolf (oder den Hai) und dafür mehr über echte Gefahren, wie den Hund (oder die vom Baum fallende Kokosnuss), berichten, wobei es mich natürlich freuen würde, wenn Sie dazu keinen Anlass hätten. (Katzenfreund:) – Thomas Manthey

 

Deutschland braucht Zuwanderung. Das hatte sich offenbar schon vor geraumer Zeit auch unter Wölfen herumgesprochen. Also kamen sie hoffnungsvoll über unsere Grenzen. Nun ergeht es ihnen nicht besser als anderen Migranten, die feststellen mussten, dass so eine Willkommenskultur nach einer Weile zu bröckeln beginnt. Wenn dann noch unerwünschte Ereignisse auftreten, wie das Fressen von Nutztieren und das Herumlungern in der Nähe von Wohngebieten, ist es schnell vorbei mit der Toleranz. Dabei wusste nun wirklich jeder, der nur das geringste von biologischen Wachstumskurven versteht, wie sich das mit der Zahl der Wölfe so entwickeln würde. Schließlich haben diese außer Autofahrern bei uns keine natürlichen Feinde.

Und je besser die Schäfer ihre Tiere schützen, desto mehr erhöhen sie den Selektionsdruck zu immer schlaueren Wölfen. Und diese werden auch ohne den Tipp von Reineke Fuchs herausfinden, dass es in der Nähe menschlicher Behausungen reichlich zu Fressen gibt, seien es Abfälle, Haustiere oder deren Bewohner selbst. Der Mensch gehöre nicht in das Beuteschema des Wolfs, so hört man. Das kann der Wolf ganz schnell ändern. Wir sollen bloß nicht weglaufen, sondern uns groß machen, wenn er auftaucht, das würde ihn erschrecken.

Nur braucht das mit dem Großwerden bei Kindern bekanntlich so seine Zeit. Und wie groß müssen wir uns vor einem ganzen Rudel machen? Aber müssen wir deshalb gleich zur Flinte greifen? Wir sollten vielmehr überlegen, wie wir straffällig gewordene Wölfe einfangen und sie abschieben können. Noch besser wäre es, sie zu Vegetariern umzuerziehen; dann könnten sie bleiben. – Dr. Rainer Götz

 

1. Ich schreibe nie Leserbriefe 2. dabei hätte ich manchmal Grund dazu als Mitschüler von Giovanni di Lorenzo 3. nun das Eigentliche : Wenn es der“Wolf“ in diesen Zeiten der größten Krise der Nachkriegszeit in Europa auf Seite drei geschafft hat, ist es höchste Zeit sich nach einer neuen Wochenzeitung umzusehen. Bisher habe ich in den letzen 20 Jahren jeden morgen meiner Frau gesagt: Schweinepreise fest behauptet, morgen Regen, der Wolf bedroht uns – dann ist nichts Wichtiges passiert – du kannst die Tageszeitung weglegen. Nun hat sich das Blatt vollkommen durch Enscheidungsschwäche gewandelt. Und was bringen Sie auf Seite drei ? Belanglosigkeiten aus der Provinz zur Unterhaltung linksliberaler Zauderer. Machen Sie es gut – ohne mich. – Dr. Andreas Müller-Rosenau

 

Als ich von „tierschutzgerechte Tötung eines Wolfes“ las, hatte ich auf mehr vom Thema Tierschutz gehofft – schade, dass davon nichts mehr kam. Wenn Sie an einem Beispiel eines nicht tierschutzkonformen Umgangs mehrerer Jäger mit einem Wolf interessiert sind, empfehle ich das Studium des Beschlusses 32 Ss 31/11 des OLG Celle, 2. Strafsenat vom 23.05.2011 (Vorinstanz: LG Lüneburg, Urteil 29 Ns / 3105 Js 32148/07 (16/10) vom 23.11.10).

Was mich grundsätzlich interessiert: Wie erkennen die auf den GW1339m ansitzenden Jäger, dass es sich um genau dieses Tier handelt? Wie vermeiden sie, ein anderes und damit ausnahmslos streng geschütztes Tier zu töten? Ich halte das für schlicht unmöglich. Insbesondere, wenn statt dieses Wolfs seine Gefährtin getötet würde und sie tatsächlich Welpen hätte, wäre das eine Katastrophe. Falls Sie Lust und Zeit haben, einen Krimi mit dem Thema Wolf zu lesen: „Der Schafe Tod“ von Gerecke, Jark und Kunst aus dem Verlag CW Niemeyer. – Dr. Peter Scheibl

 

Ausgabe Nr. 4 Seite 3 „Heul Doch“ in Verbindung mit Feuilleton Seite 45 „Gerechtigkeit für Tiere“: Wie dämlich, respektlos und kurzsichtig muß man eigentlich sein? Da gibt es einen Wolf, der offensichtlich „schlauer“ ist als die „Krone der Schöpfung“ bzw. die, die sich dafür halten. Und die haben n u r aus niederen Beweggründen nichts anderes als Töten im Sinn. Zu mehr reichts offensichtlich nicht. Es könnten einem die Worte fehlen, wenn davon wirklich noch überrascht wäre….

Vielleicht sollte man die Schreihälse und Überzeugungstäter, denen nichts anderes dazu einfällt, mal mit dem Buch von Autorin Martha Nussbaum über die „Gerechtigkeit für Tiere“ vertraut machen. Oder mit einem anderen Werk über zukunftsweisende Ethik, vom Respekt für Lebensräume und das Verhalten von Tieren bis hin zu unserem abgrundtief dummen Festhalten an Selbstzerstörungsursachen wie z.B. ungebremstes Wachstum, Profitmaximierung, Eigennutz, „Erbhofdenken“ und eitler Selbstbespiegelung. Auf einem Stuhl festgebunden über Kopfhörer, so mindestens 2 – 3 Stunden, einem entsprechenden Hörbuch lauschen zu müssen, könnte eine „reinigende“ Wirkung haben. – Frank Hiller

 


 

 

Leserbriefe zu „DER NEUE“ von Peter Dausend

 

Auch eine negative Episode kann eine nützliche Seite zeigen: als abschreckendes Beispiel. Oder anders gewendet: Der Nachfolger von Frau Lambrecht hat leichtes Spiel: Es kann nur besser werden. – Christoph Schönberger

 

Leider musste ich mal wieder lesen, dass meine Heimat als eher langweiliges, kleines Provinznest bezeichnet wird. Original: „… wenn man das Habitat Hannover sein Zuhause nennen muss.“ Abschätziger und ignoranter geht es kaum!!! Zu meinem Glück gibt es immer Menschen, die aus einer Weltstadt über kleinkarierte Provinzler schreiben, die leider in Ihrem beschränkten Lebensraum gefangen sind! Ich kenne Berlin ein wenig & besuche es immer wieder gerne, dieses Jahr zu dem „The Who“ Konzert!! Kennen Sie wahrscheinlich, als welterfahrener Bürger. Ich frage mich allerdings: kennen sie denn Hannover?

Oder mussten Sie hier mal leben? Auch die Aussage, dass Herr Pistorius kein Englisch kann erscheint mir schlecht recherchiert, da ich vor kurzen gelesen habe, dass er Englisch, Französisch & Russisch spricht. Zitat Rheinische Post „Was ihm möglicherweise zu Gute kommen wird, sind seine breiten Sprachkenntnisse: Pistorius lernte Englisch, Französisch und auch Russisch.“ Es scheint mir, dass Sie gegenüber Hannover recht viele Vorurteile haben und ich befürchte, dass Ihr Bericht zum Thema Sprachkenntnisse eher schlecht recherchiert ist.

Schade eigentlich, zu beidem. Hannover: Heimat von Leibniz, den Scorpions (die Rockband) den Herrenhäuser Gärten, der Familie Berliner, Kurt Schwitters, den Geschwistern Herschel, Georg I, Georg II, den Brüdern Iffland, Hanna Arendt, Rudolf Augstein, Benno Ohnesorg, Annalena Baerbock…… – Andreas Bartram

 

Der Autor schließt sich der vor allem in konservativen Kreisen verbreiteten Erzählung an, dass es keine geeignete Frau als Nachfolgerin gegeben hätte. Selbst wenn das in den Reihen der SPD so gewesen sein sollte – wie wäre es mit einer Weitung der Perspektive, um dann zu erkennen, dass es mit Frau Strack-Zimmermann in den Reihen der Koalitionäre eine zwar streitbare, aber hervorragende Expertin gegeben hätte? Warum keine Kabinettsumbildung, mit der man gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe hätte schlagen können: FDP-Frau ersetzt SPD-Frau im Verteidigungsministerium, verbunden mit Kompetenzgewinn, Reputationsgewinn im Ausland und Geschlechterparität sogar bei der FDP.

Dafür geht das Finanzministerium an jemanden aus der SPD, der (oder die) das Amt anders als Christian Lindner nicht missbraucht, um eine völlig aus der Zeit gefallene Ideologie durchzudrücken und dringend nötige Maßnahmen für den Klimaschutz und vieles mehr zu blockieren. Das wäre ein echter Befreiungsschlag für die Ampel geworden! Vielleicht hätte sich bei der Gelegenheit auch gleich ein Ersatz für den Verkehrsminister gefunden, dessen Rücktritt seltsamerweise niemand fordert. Aber das ist ein anderes Thema… – Wolfram Bieber

 

Peter Dausend fragt, warum Scholz es als Fehler bezeichnet „auf die Warnungen osteuropäischer Länder vor einem immer aggressiveren Russland nicht gehört zu haben“, wenn er nun „die Mahnungen dieser Länder zu größerer Militärhilfe für die angegriffene Ukraine nicht erhören will“. Die Antwort ist ganz einfach. Weil aus dem einen nicht zwingend das andere folgt. Dass Deutschland Putins Aggressivität unterschätzt hat ist nicht zu bestreiten. Und dass daraus eine blauäugige Politik resultiert hat ebensowenig. Klar ist aber auch, dass nicht nur die Ukraine, sondern auch Polen und Balten ein strategisches Interesse haben, die NATO in diesen Krieg hineinzuziehen.

Dis Diskussion über eine Flugverbotszone, die Sperrung des Kaliningrad-Transits und diverse Äußerungen hochrangiger Politiker aus diesen Ländern in den vergangenen 12 Monaten sprechen eine deutliche Sprache. Dass Scholz den Forderungen gerade aus diesen Ländern mit Misstrauen begegnen dürfte, ist unter diesen Umständen nur allzu verständlich. All das bleibt in diesem Artikel wie auch nahezu allen anderen Medienberichten in Sachen Kampfpanzer unerwähnt. Eine objektive Berichterstattung, die alle Aspekte des Themas berücksichtigt, sieht anders aus. – Dr. Mathias Siekmeier

 

Mit großem Bedauern sehe ich, dass meine „Zeit“ in der Qualität ihrer Beiträge kontinuierlich an Substanz verliert. So passte der auf der zweiten Seite platzierte Artikel von Herrn Dausend vortrefflich in ein Boulevardblatt. Ein unnötiger Hinweis auf das Privatleben von Pistorius, vermeintliches Wissen des Autors über das Denken Anderer (u.a. Scholz, Soldaten), bösartige und unangemessene Stilisierungen (Habitat Hannover als das Zuhause von Pistorius, Erfahrungen in der niedersächsischen Provinz) stehen für mich als Beispiele. Manche Formulierungen sind nachgerade Schmähungen über den neuen Minister. Dass ausgerechnet die Bildzeitung zur Begründung der Auffassung des Autors hinzugezogen wird, spricht für sich. Es ist bedauerlich, über den „Neuen“ wenig sachdienliche Informationen zu erfahren. In der Hoffnung, dass die „Zeit“ zukünftig ihren eigenen Ansprüchen wieder näher kommt: – Detlef Hacker

 

Ob die Entscheidung, Boris Pistorius zum neuen Verteidigungsminister zu berufen, eine gute Entscheidung war, bleibt, zumal bei der komplexen Gemengelage in diesem Bereich, in der Tat abzuwarten; eine schlechte ist es sicher nicht. Der Niedersachse dürfte insbesondere über das notwendige politische Standing und Durchsetzungsvermögen verfügen, um dem Verteidigungsressort wieder mehr Wertschätzung und Wehrhaftigkeit zu verleihen. Die von der Opposition umgehend artikulierten Einlassungen zur Persionale Pistorius sind zwar nicht unzutreffend; sie sind jedoch, nimmt man das Ministerium für Verteidigung während der unionsgeführte Regierungszeit nach Peter Struck in den Blick, zumindest ebenso wohlfeil.

Im Übrigen brauchen wir die Besten am Kabinettstisch für Deutschland; unabhängig von Herkunft, Alter oder Geschlecht. Denn wenn der grundsätzlich zu befürwortende Anspruch auf Parität objektiv dazu führt, Qualifikationen einzuschränken, wird eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz und Durchsetzung der Gleichstellung der Geschlechter – besser noch der aller Menschen – erheblich erschwert. Zudem gebe ich persönlich die Hoffnung auf eine bessere, weil gerechtere Welt, in der Diversität überhaupt kein Kriterium mehr ist, definitiv nicht auf! – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „»Leben und Freiheit sind wichtiger als das letzte Krümelchen Wohlstandsgewinn«“ Gespräch mit Moritz Schularick geführt von Thomas Fischermann und Uwe Jean Heuser

 

In seiner Antwort auf die zentrale Frage, ob Deutschland anderen Ländern ihre Misswirtschaft finanzieren soll, verfällt Moritz Schularick wie viele andere in den Südländern, in der EU-Kommission und in der EZB wieder auf die umstrittene Uraltidee der Eurobonds, wohlwissend, dass es bei uns keine Mehrheit für eine europäische Schuldenunion gibt. Er schlägt auf dem Weg zu einer „immer engeren Unison“ einen politischen Deal vor, in dem Frankreich einer engeren politischen und militärischen Integration zustimmt und Deutschland sich dafür in Richtung einer Fiskalunion bewegt.

Ich halte diese Idee angesichts der immer stärker werdenden rechtspopulistischen Tendenzen in Italien, Ungarn, Polen und demnächst mit Marine Le Pen auch in Frankreich für politisch äußerst abwegig, zumal Deutschland schon jetzt die finanziellen Hauptlasten in der EU trägt, auch wenn es vom gemeinsamen Markt als große Exportnation besonders profitiert. Wenn es eine Banken- und Kapitalmarktunion in der EU geben soll, müssen zunächst einmal die Defizitländer, wie es die Bundesregierung und weitere Nordländer fordern, ihre Wirtschafts- und Finanzpolitik in Ordnung bringen. Mit den in diesem Interview gemachten politischen Äußerungen hat Schularick seinen Chancen auf die Berufung zum Präsidenten des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel als Nachfolger von Gabriel Felbermayr keinen Gefallen getan. – Hans-Henning Koch

 

Bravo! Meines Erachtens durchweg vernünftige Ansichten, Argumente und Überlegungen. Bezüglich der letzten Frage, auf welche strategischen Industrien sich Europa stürzen sollte, rege ich an, sich insbesondere auch um Google, Facebook, Twitter, YouTube und sonstige Unternehmen zu kümmern, die die Informationsverbreitung steuern, vielfach Fehlinformationen verbreiten und Populisten an die Macht zu bringen helfen.

Die wahrheitsgemäße Information der Bevölkerung, wie sie in diesem Interview meiner Einschätzung nach vorbildlich geschieht, ist bei Google und in den sogenannten sozialen Medien eben nicht gewährleistet, eventuell sogar noch nicht einmal erwünscht. Hier müssen meiner Meinung nach entweder Gegengewichte geschaffen oder die entsprechenden Unternehmen viel strenger in die Pflicht genommen werden. – Dr. Ulrich Willmes

 

Zunächst einmal: Welche und wessen Freiheit ist gemeint? Sind nicht alle Menschen abhängig von selbstgewählten, aber mehr noch von den natürlichen Grenzen sowie von Gegenspielern? Und bei Letzteren gilt das Gesetz der Stärke. Wirklich frei im politischen Sinn ist jedoch nur der Hegemon. In Kriegen unterhalb dieser Größenordnung geht es m. E. eher um materielle Vorteile. Doch Kriege jedweder Art können wir uns nicht mehr leisten, da global zu viel auf dem Spiel steht.

Rein theoretisch: Könnten wir auf die angstgetriebene Großmachtssucht, die den Wachstumszwang im Gefolge hat, verzichten, wenn wir Konflikte (wie im Privatbereich) nur noch nichtmilitärisch lösen müssten? Das wäre wohl möglich, wenn wir endlich das Freund-Feind-Denken aufgeben würden, und selbst Systemgegner als gleichberechtigt betrachten würden, wie alle Andersdenkenden so sehr sie sich auch unterscheiden. Dann könnte auch die Idee der internationalen Kooperation, wie sie in den letzten Jahren angedacht war, wieder aufgenommen und ausgebaut werden.

Der vorgeschlagene Weg, Europa als dritten Machtblock auszubauen, führt hingegen in die Irre, weil er nur die Ausweitung der Kampfzone bedeutet. Im Übrigen steckt in der Überschrift ein Widerspruch, denn Freiheit und Wohlstand bedingen im gewissen Maße einander. Eine Frage zum Schluss: Warum wird das Motiv der Großmannssucht nicht wissenschaftlich geklärt? Warum also können Menschen im allgemeinen so schlecht von ihrem Eigensinn und der Gier nach immermehr von allem nicht lassen? – J. Kirchhof

 

„Wir globalisieren, bis alles auseinander fällt.“ (Kurt Haberstich, *1948, schweizer Buchautor) Da treffen sich wieder einmal die (Super)Reichen in Davos, um für ein paar Tage im abgeriegelten Luxus(res)ort ausgelassen zu relaxen und zu feiern. Dass diese „Quasseltüten der frommen Sprüche“ selbst über genügend Kohle verfügen, das dürfte wohl bekannt sein, aber das sie uns ständig daran erinnern müssen, das wir, eben der Rest der Welt im Grunde nur ein „Nichts“ sind und auch gefälligst dieses „Nichts“ für immer und (fast) ewig zu bleiben haben.

Im Westen nichts Neues, in Davos gibt´s ebenso wirklich auch nichts Neues! Oder doch? „Im Pessimismus liegt das Heil“, das meint und singt der deutsche Liedermacher Reinhard Mey in seinem Lied „Annabelle“, veröffentlicht 1972 auf der LP: „Mein achtel Lorbeerblatt“ „Unser Wissen vom Leben beschränkt sich auf den Tod“ (Erich Maria Remarque, eigentlich Erich Paul Remark, geboren1898 in Osnabrück, verstorben1970 in Locarno, Schweiz; deutscher Schriftsteller; Hauptwerk: Im Westen nichts Neues) – Klaus P. Jaworek

 

Bravo! Meines Erachtens durchweg vernünftige Ansichten, Argumente und Überlegungen. Bezüglich der letzten Frage, auf welche strategischen Industrien sich Europa stürzen sollte, rege ich an, sich insbesondere auch um Google, Facebook, Twitter, YouTube und sonstige Unternehmen zu kümmern, die die Informationsverbreitung steuern, vielfach Fehlinformationen verbreiten und Populisten an die Macht zu bringen helfen.

Die wahrheitsgemäße Information der Bevölkerung, wie sie in diesem Interview meiner Einschätzung nach vorbildlich geschieht, ist bei Google und in den sogenannten sozialen Medien eben nicht gewährleistet, eventuell sogar noch nicht einmal erwünscht. Hier müssen meiner Meinung nach entweder Gegengewichte geschaffen oder die entsprechenden Unternehmen viel strenger in die Pflicht genommen werden. – Dr. Ulrich Willmes

 

Ökonomie-Professor Moritz Schularick hat teilweise recht, wenn er Leben und Freiheit für wichtiger hält als Wirtschaftswachstum. Doch es geht weniger um den wachsenden Wohlstand der Wohlhabenden. Wirtschaftswachstum ist nötig, den sozialen Frieden zu gewährleisten. Denn es gibt zu wenig andere Mittel, um dies zu bewerkstelligen. Daran ist auch die Ökonomie schuld. Der Grund dafür ist weniger deren unzureichende finanzielle Dotierung, sondern dass ein Bogen um wichtige Fragen gemacht wird.

Eine der Fragen betrifft einen Zielkonflikt innerhalb der Menschenrechte. Bei diesem Konflikt stehen auf der einen Seite die Rechte auf Lebensunterhalt. Betrifft vor allem: Asyl, Nahrung und dem Recht die Familiengrösse zu bestimmen auch unabhängig von den Ressourcen. Auf der anderen Seite wäre da das Recht auf Eigentum. Das hohe Wachstum von Kopfzahl und Konsum in den letzten Jahrzehnten verschiebt den Punkt, an dem sich ein gutes Gleichgewicht zwischen den Rechten einstellt.

Darum geht es auch im Interview, wenn Schularick feststellt: «Wenn der Kuchen insgesamt wächst, können die Gewinner die Verlierer entschädigen.» Doch dabei «gibt es sehr schnell Streit. Die Gewinner verteidigen lautstark ihre Interessen, und die Gewinner haben ja den Erfolg, das Geld und den politischen Einfluss.» Also, sogar wenn der Kuchen wächst, gibt es Streit. Wie viel mehr Anlass zu Streit gibt’s, wenn der Kuchen schrumpft. Der Ökonomie kommt die Aufgabe zu, den Streit zu schlichten und die Zielkonflikte zu lösen im Interesse eines höheren gemeinsamen Ziels: einer guten Zukunft für alle.

Das geht aber nur, wen unvoreingenommen Wege und Holzwege untersucht werden, sowohl im Norden als auch im Süden. Das betrifft alle einschlägigen Bereiche: Ökonomie, Ökologie und Demographie. Es geht um die Frage, wie kann erreicht werden, dass bei Konsum und Kopfzahl die Tragfähigkeit der Erde nicht überbelastet wird? Ein Problem dabei sind die teilweise parallelen demographischen und ökonomischen Gräben. Diejenigen, die sich im Bereich Demographie richtig verhalten, werden wohlhabender. Ebenso gilt das Umgekehrte: Armut ist oft durch zu hohe Geburtenraten verursacht.

Dazu zwei Beispiele aus dem Süden und dem Norden. Im Magazin des Tamedia-Verlags erschien kürzlich (21.1.2023) ein Artikel mit dem Titel: «Ich bin, weil du bist». Er enthält die folgende Feststellend der zimbabwische Schriftstellerin Tsitsi Dangarembga: «Von Zeit zu Zeit wird die berechtigte Frage aufgeworfen, ob den Zimbabwern im Ausland eigentlich bewusst ist, dass sie mit ihrem Geld ein diktatorisches Regime aufrechterhalten. Doch was sollen die Leute anderes tun, die mit ihren Überweisungen ein halbes Dorf ernähren?» Aus dem letzteren Satz kann man eine Ursache für die dortige Armut herauslesen: Hilfe aus dem Norden verringert die Eigenverantwortung im Süden und behindert das Anpassen an die verfügbaren Ressourcen.

Ein Beispiel aus dem Norden: Mein Vater wurde in einem entlegenen Dorf m salzburgischen Lungau geboren. Als Magd musste seine Mutter (meine Grossmutter) ihre beiden ledigen Kinder abgeben. Später heiratete sie meinen damals 58 Jahre alten Grossvater, der erst in diesem Alter als nicht erbberechtigter Bauernsohn die Mittel für eine Heirat beisammen hatte. Üblich war: Wenn ein Kind den Hof erbte, blieb seinen Geschwistern oft nur der Beruf des Dienstboten, ohne Möglichkeit zu heiraten. So hatte zum Beispiel der reichste Bauer im Dorf 21 Dienstboten (14 Knechte, 7 Mägde). Der aus diesem Beispiel ersichtliche Zwang (und ähnliche Zwänge) waren vermutlich nötig, um die Kopfzahl den Ressourcen anzupassen. Dieses Anpassen ist ein Beispiel für die Ursachen des Wohlstands im Norden. Heute gibt’s fairere Methoden, doch sie müssen genutzt werden. – Dr. Gernot Gwehenberger

 


 

 

Leserbriefe zu „Sind Sie sich nicht mehr grün?“ Streit von Tarek Al-Wazir und Timon Dzienus

 

Einleitend hätten die beiden Moderatoren darauf hinweisen sollen, dass die Energiewirtschaft – mitunter also auch RWE – dem Europäischen Emissionshandel (EU ETS) unterliegt. Damit werden die EU-weiten CO2-Emissionen jahresbezogen gedeckelt und jährlich um bislang 2,2% reduziert. Aktuell wird darüber verhandelt, ob die jährliche Reduktion auf 4,2% erhöht wird.

Vor diesem Hintergrund sollte zum einen jedem klar sein, dass der Protest in Lützerath reiner „Symbolaktivismus“ ist. Zum zweiten könnten sich die „jungen“ und „alten“ GRÜNEN doch gemeinsam hinter der Forderung versammeln, den Druck auf die EU zu verstärken, die Zahl der Emissionszertifikate schneller zu senken als bisher vereinbart. Das würde dem Klima wirklich helfen. Nicht wahr, Herr Al-Wazir und Herr Dzienus? – Jochen Gintzel

 

Gott bewahre uns vor zürnenden Jungprotestlern vom Schlage eines Herrn Dzienus. Da setze ich mein Vertrauen doch lieber weiter in unsere zwar mitunter zaghafte, aber dafür umso besonnenere Bundespolitik. – Michael Ayten

 

Die Frage, ob und wie sich das Verhältnis der Grünen zur Klimaschutzbewegung durch Lützerath verändert, ist gesamtgesellschaftlich unbedeutend gegenüber der Frage, wie es die Klimabewegung grundsätzlich mit den staatsrechtlichen und demokratischen Gepflogenheiten hält. Fühlt sich die Klimabewegung bei der Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen an gerichtliche und parlamentarisch-demokatisch zustande gekommene Entscheidungen gebunden, auch wenn sie ihnen inhaltlich nicht gefallen, oder sind die Notwendigkeiten des Klimaschutzes nicht an Mehrheitsentscheidungen gebunden und wer entscheidet dann?

Man kann und darf selbstverständlich der Meinung sein, dass der Klimaschutz den Zeitaufwand von demokratischen Prozessen nicht verträgt, man muss es dann aber deutlich auch so benennen, damit die demokratisch gesinnten Vertreter unserer Gesellschaft wissen, von welcher Seite noch Gefahr für unser Gesellschaftssystem droht. Tarek Al-Wazir fand hierzu für einen Grünen, wie ich finde, überraschend klare und eindeutige Worte, der Bundessprecher der Grünen Jugend Timon Dzienus jedoch mogelte sich an einer klaren Haltung zu oben genannter Frage vorbei.

Hier wären Sie als Gesprächsführer gefragt gewesen! Schade, denn diese Grundsatzfrage, ob politische Entscheidungen zukünftig auch auf nicht demokratisch zustande gekommenen Entscheidungsprozessen fußen könnten, wurde nur gestreift, gehört aber dringend in die gesamtgesellschaftliche Diskussion. – Johannes Kruse

 

Es ist wirklich erschreckend, mit welcher Selbstgerechtigkeit Timon Dzienus in diesem Interview wie auch in den sozialen Medien aktuell auftritt. Seiner Position als Bundessprecher der Grünen Jugend nach zu urteilen, vertritt er dabei die ganze Organisation und damit auch die überwiegende Meinung innerhalb dieser.

Vertritt also tatsächlich die Mehrheit der Grünen Jugend die Ansicht, dass man die Rechte von Konzernen wie RWE weniger zu achten hat, weil sie nicht Hand in Hand mit grünen Ideologien gehen? Ist die Grüne Jugend tatsächlich der Meinung, dass eine Radikalisierung der Klimabewegung nur durch eine bessere Klimapolitik zu verhindern ist und nicht etwa dadurch, dass sich die Organisation schnellstmöglich von radikalisierten Teilbewegungen und Gewaltbereiten distanziert?

Ist man innerhalb der Grünen Jugend tatsächlich der Auffassung, dass man von Polizeigewalt sprechen kann, wenn Polizisten geltendes Recht durchsetzen und sich mit erlaubten Mitteln dagegen wehren, wenn sie daran gehindert werden ihrer Arbeit nachzugehen? Entweder ist dies alles wirklich die Meinung der Grünen Jugend, was bedenklich wäre, oder die Organisation sollte sich nach einem weniger radikalen Bundessprecher umschauen, um nicht den Anschluss zur Partei, und damit zur Realität, zu verlieren. – Anne Pfeiffer

 

Wenn Herr Al-Wazir sagt, das sich niemand über das Gesetz stellen darf, muß das für alle Seiten gelten. Leider stellt sich die aktuelle Bundesregierung aber über das Gesetz. Das Pariser Klimaabkommen ist geltendes Recht und wurde von der Bundesregierung im 4.11.2016 unterzeichnet – es handelt sich um einen völkerrechtlichen Vertrag im Rahmen der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen und ist rechtlich bindend. Das bereits die vorherige Bundesregierung hier gesetzesbrüchig war, hat das Bundesverfassungsgericht ihr mit Urteil vom 29. April 2021 bestätigt.

Das die – auch von der aktuellen Regierung mitgetragenen – Nachbesserungen bei weitem nicht ausreichen (und somit nach wie vor ein Gesetzesbruch vorliegt), bestätigt der überwiegende Teil der Expertinnen und Experten auf dem Gebiet incl. des von der Bundesregierung selbst berufenen Expertenrats! Ein abbaggern der Braunkohle ist zudem auch gar nicht notwendig (siehe u.A. offener Brief der Scientists for Future vom 11.01.2023). Und wenn eine Polizei die damit illegalen Beschlüsse (hier zum Abbaggern der Braunkohle) der Regierung mit körperlicher Gewalt durchsetzt, hat das – auch historisch – schon mehr, als nur einen leichten Beigeschmack. – Kai Krebber

 

Ich bin inzwischen über 35 Jahre lang Mitglied der Grünen und teile schon aufgrund meines Alters die Sorgen von Herrn Al-Wazir vor einer Radikalisierung der Klimabewegung. Wie er bin ich der Meinung, dass eine nachhaltige Klimapolitik nur mit den Institutionen des Rechtsstaats möglich ist und nicht gegen sie.

Was ich allerdings nicht mit ihm teile, ist die Fantasielosigkeit, mit der er es für unmöglich erklärt, Vereinbarungen zu revidieren, nur weil Gerichte sie bestätigt haben. Schließlich ist er als Teil der gesetzgebenden und exekutiven Gewalt dafür zuständig, Gesetze zu machen. Auch, um frühere Gesetze und Gerichtseintscheidungen außer Kraft zu setzen. Es ist ja richtig, dass aufgrund des aktuellen Kräfteverhältnisses in der Ampelkoalition mit der FDP als Bremsklotz wohl nicht mehr drin ist bei der Klimapolitik. Das bedeutet aber nicht, dass man einen Kompromiss wie den zum Kohleausstieg, bei dem Lützerath geopfert wurde, noch verteidigt. Ein guter Kompromiss wäre gewesen, die Braunkohleverstromung komplett zu stoppen und dafür RWE bei der Umstellung auf erneuerbare Energien zu unterstützen. Aber das ist den Ampelparteien – und sicher nicht nur der FDP – vermutlich zu teuer. So scheitert echte Klimapolitik daran, dass auch die Grünen zunehmend Rost ansetzen, vor allem, wenn sie Regierungsverantwortung haben. – Dr. Dirk Kerber

 


 

 

Leserbriefe zu „Das versteht kein Schwein“ von Marcus Rohwetter

 

Ihre richtigen Bemerkungen würde ich in einem Punkt noch deutlicher darstellen: Der Strukturwandel in der Landwirtschaft, hier die Aufgabe eines Tierhaltungszweiges, verläuft vielfach mit dem Generationenwechsel. Also: wieviele Landwirte gaben in etwa 30Jahren die Schweinehaltung auf – und dies in Relation gesetzt zu der Abnahme der landwirtschaftlichen Betriebe insgesamt (Tendenz: die Zahl der Tierhalter nahm stärker ab als die Zahl der Betriebe). Noch deutlicher wird dies, wenn man die Entwicklung seit etwa 1950 verfolgt.

Zusätzlich konzentrierte sich insbesondere die Schweine- (und Geflügel-) Haltung in bestimmten Regionen, insbesondere in Südwest-Niedersachsen und Nordwest- Nordrhein-Westfalen. Hier wirken gewisse Agglomerationsvorteile: Je mehr Tiere in einer Region, umso mehr siedeln sich dort vor- und nachgelagerte Betriebe an (Futtermittelwerke, Zuchtbetriebe, Stallhersteller, Schlachtbetriebe…). Aber es gibt auch starke“ Verlierer“ in diesem Wettbewerb der Regionen: Das Alte Land zum Beispiel war um 1900 die viehreichste Region in der Provinz Hannver, heute fast viehlos. – Adolf Ronnenberg

 

Angesichts des Leids der Tiere finde ich den Kommentar zu flapsig, aber in der Sache haben Sie meines Erachtens recht. Deutschland und die EU sollten sich endlich von dem Glauben verabschieden, dass viele Verbraucher*innen bereit sind, für eine artgerechte und Krankheiten vermeidende Tierhaltung freiwillig viel Geld zu zahlen. Das ist nicht so und wird wohl auch in Zukunft nicht so werden. In entsprechenden Verbraucher*innenumfragen wird offensichtlich kräftig gelogen. Jene relativ wenigen Verbraucher*innen wiederum, die tatsächlich bereit sind, für das Tierwohl hohe Preise in Kauf zu nehmen, und Biofleisch in der Hoffnung gekauft haben, damit auch den Tieren etwas Gutes zu tun, mussten gerade erfahren, dass die Tiere auf Biohöfen nicht weniger krank sind als jene in konventionellen Betrieben.

Wenn der Tierschutz in Bezug auf Nutztiere nicht weiterhin nur eine leere Floskel im Grundgesetz bleiben soll, müssen die Haltungsbedingungen und der erlaubte Krankenstand EU-weit exakt vorgeschrieben und vor allem sehr engmaschig kontrolliert werden. Anders geht es leider nicht. Mit Freiwilligkeit seitens der Produzent*innen oder der Verbraucher*innen sind Tierschutz und artgerechte Tierhaltung im Bereich der Nutztiere offenbar nicht vereinbar. – Dr. Ulrich Willmes

 

Vielen Dank für Ihren Kommentar zur Tierhaltung: Das versteht kein Schwein vom 19.1.2023. Die Tierindustrie will immer größer, immer mehr, immer schneller und billiger produzieren. Die Verantwortung und der Schaden für das, woher das Futter kommt und wohin die Gülle geht, lagert sie auf die Gesellschaft aus.

Tierwohl und eine nachhaltige Landwirtschaft funktionieren nur dann, wenn beides entsprechend vorgeschrieben wird und Anbieter, die den Standard unterlaufen, der Zugang zum Markt verwehrt wird. Der Bauernverband verteidigt als Vertretung der industriellen Tierhaltung sein auf Subventionen basiertes Geschäftsmodell. Die Gesellschaft muss schnell die richtigen Lösungen finden, um bleibenden Schäden für Mensch und Tier abzuwenden.

Ein jeder weis, dass Soja für das Schweinefutter aus Übersee kommt und wahrscheinlich indigene Völker dafür ihre Heimat, ihren Lebensraum und oft auch ihr Leben verloren haben. Somit liegt auf unseren Tellern immer auch ein Stück Fleisch und Blut der indigenen Kinder, Frauen und Männer, wenn wir Fleisch essen. – Klaus Siersch

 

Wenn jemand sehr unleserlich schreibt, dann hörte man in urgrauer Vorzeit oft den Spruch „Das kann doch kein Schwein lesen!“ Warum können eigentlich die armen Schweine wohl nicht lesen? Vielleicht deshalb, weil die Schweine auch nicht schreiben können! Jetzt versucht der Schweineflüsterer Cem Özdemir durch sein Schweinsgeflüster, dass ihn die Schweine besser verstehen sollen. Ob diese ihn wirklich so richtig verstehen und was er ihnen überhaupt so zu flüstern hat, das dürfte die ewig „grunzsätzliche“ Frage bleiben!

Vielleicht will er den Schweinen nur zuflüstern, dass sie im Vergleich zu den noch armen Schweinen, die in China in Hochhäusern leben müssen, geradezu hier bei uns geradezu optimale Lebensbedingungen haben. Aber die Schweine dürften den Cem weiterhin zwar hören, mehr aber auch nicht; das versteht eben doch kein Schwein! – Klaus P. Jaworek

 

Das Problem mit zu hohem Fleischkonsum und zu wenig Tierwohl lässt sich relativ leicht zumindest entschärfen – und zwar durch Eingriffe an der Wurzel. EU-weit sollten Vorgaben erlassen werden für eine Mindeststallgröße für sämtlich Masttiere, wie z.B. 1qm pro Huhn, 2qm pro Pute, 4qm pro Schwein, 6qm pro Rind, etc. Nach einer angemessenen Übergangsfrist sollte solche Vorgaben dann EU-weit für alle Mastbetriebe verbindlich werden. Diesen Vorschlag machte ich bereits zweimal auch dem Büro von Cem Özdemir, leider ohne jegliche Antwort oder Reaktion. – Hans-Hendrik Ewert

 

in seinem Kommentar zur neuen Kennzeichnungspflicht für Fleisch verweist Herr Röhwetter auf die Tatsache, das „ in den vergangenen zehn Jahren… fast die Hälfte aller Schweine haltenden Betriebe in Deutschland aufgegeben hat“. Auf die Tatsache, das sich die Anzahl der Tiere pro Betrieb im gleichen Zeitraum von 460 auf 824 Tiere fast verdoppelt hat, verweist er nicht. ( bmel-statistik.de ) Der Schluss „ Die Branche stirbt – man muss es so sagen.“ erscheint deshalb wenig nachvollziehbar. Ebenso erscheint es unwahrscheinlich, dass die verbleibenden Betriebe mit höheren Standards arbeiten.

Ich will mich nicht inhaltlich mit dem Kommentar auseinandersetzen, dazu fehlt mir das Wissen. Mir kam beim Lesen jedoch gleich die Frage nach der Entwicklung der Betriebsgröße bei sinkender Anzahl der Betriebe.Was ich nach kurzer Suche im Internet fand, läßt die Argumentation jedenfalls in einem anderen Licht erscheinen. – J. Dormann

 


 

 

Leserbriefe zu „Am Kipp-Punkt“ von Robert Pausch

 

Zu letztem Absatz: „In Lützerath ist es den Aktivisten gelungen (…), aber sich ernsthaft von der Gewalt zu distanzieren leider nicht.“ Wem, welchem Verein, welcher gesellschaftlicher Bewegung ist es überhaupt schon einmal gelungen, sich von Gewalt zu distanzieren, wenn unsere gesamte (gesellschaftliche) Kommunikation auf „Gewaltausübung“ basiert? Wer sich einmal mit „Gewaltfreier Kommunikation“ auseinandergesetzt hat und das heroisch Ziel verfolgt, das Gelernte in der Erziehung beispielsweise umzusetzen, wird schnell an einen Punkt kommen, an dem die Gesellschaft die eigene Erkenntnisblase attackiert und einem deutlich bewusst wird, wie durchdrungen und durchsetzt unser Denken von uns allen von Gewalt ist. Im Denken beginnt das Handeln.

Dieser tiefste Knotenpunkt muss erstmals grundsätzlich gesellschaftlich durchdacht werden, bevor Herr Pausch einer gesamten Bewegung mangelnde Distanzierung vorwerfen kann. Eine Problematik, die viel tiefgründiger verwurzelt ist und die die Legitimität einer existenziellen Bewegung nicht in Frage stellen kann. Das Pausch‘se Argument durchdringt vielmehr alle Menschen unserer Gesellschaft, aus welcher die Klimabewegung entspringt. – Mona Henschel

 

Das Nichts als Motor der Schöpfung kann in der Vergangenheit als Ursprung für den Gütermarkt oder in der Zukunft als erfüllbare Zukunftserwartung verortet werden. Beide Nichts können mit Axiome in Sprache gefasst werden. Die Axiome spannen eine „Echokammer“ auf, wo wissenschaftliche Methodiken, wie Statistik zu evididenzbasierten Einsichten führt. Zahlentheoretisch stehen sich zwei unterschiedliche Wirklichkeiten immer unversöhnlicher Gegenüber: Finanzmarkt mit monetären Transfers in offener Unendlichkeit; historisch gewachsene monetäre Bewertung vom Handel. Gütermarkt mit Energie als Transfers in begrenzter Unendlichkeit nach physikalischen Einsichten.

Im Zeitablauf war 2 vor 1: De facto hat das monetäre Wachstumsverständnis einen „Mut zur Lücke“ von knapp 14 Milliarden Jahre Evolution ohne Mensch und Kapital. Ebenso abwegig erscheint Volkswirten; dass in 2 die Summe aller Kohlenstoffemissionen eine kollektive Wirkung unabhängig vom monetären Weltbild geschehen kann. Der bekanntes Unterschied von kollektiver Wirkung geschieht bei der Einschätzung vom Kriegsrisiko: Volkswirte schätzen mit steigender monetären Verflechtungen den Krieg für unwahrscheinlicher ein. Naturwissenschaftler können aufgrund zunehmender Verflechtungen in der Natur kein Kriegsrisiko ausschließen. Kurz – Knapper werdende Lebensräume machen Krieg wahrscheinlicher.

Soziologisch differenziert der Mensch bei Dichtestress zwischen individuellen Selbsterhalt und erweiterten Selbsterhalt. Unter Druck kann der erweiterte Selbsterhalt sinken; was für das „Überleben“ durchaus sinnvoll sein kann. … Die Anzahl der Menschen, die ihren erweiterten Selbsterhalt bis zum Arterhalt ausdehnen können, wären wohl am fähigsten für Frieden; sofern Sie das gesellschaftliche Risiko eines Kipp-Punktes zwischen „geistigen Ringen und physischer Gewalt“ frühzeitig erfassen; Lösungen suchen und anbieten.

Es wäre kein gewalttätiger Prozess geworden, wenn Wirtschaftsaxiome einer wissenschaftsübergreifende Plausibiltitäsprüfung stattfänden um einen Ausweg aus der rein ökonomischen Echokammer zu finden. … Letztendlich sind wir auch pfadabhängig von vergangenen Entwicklungen, wie die Summe der Kohlenstoffemissionen. Noch Allgemeiner gewendet; wir sind abhängig von naturwissenschaftlichen Einsichten im Gütermarkt, wo eine unsichtbare Hand der Evolution wirkt. Der eigentliche Konflikt dreht sich um eine Priorisierung von Finanz- und Gütermarkt, was mit einer neuen Währungsdefinition möglich wäre um beide Interessen auszubilancieren. … Da noch immer kein basisorientierte politisches Ringen stattfindet, steigt die Wahrscheinlichkeit von sukzessiv zunehmender physicher Gewalt. …

Der Ausbruch physischer Gewalt ist immer ein Versagen geistiger Möglichkeiten. … Die einfachte friedliche Möglichkeit wäre eine geopolitische Einigung auf eine neue Echokammer, die beide Wirklichkeiten vom Nichts als Quelle repräsentiert. … Das wurde auch der EU in der EU-Zukunftskonferenz als neue Weltwirtschaftsordnung angeboten, um das Wohlstandsrisiko durch inhärente natürliche Kipp-Punkte zu senken. – Matthias Losert

 

Bezahlt die Klimabewegung „den Zugewinn an Aufmerksamkeit (…) bald schon mit einem Verlust an Glaubwürdigkeit“? Wenn die Politik zu lange verdrängt und mit Hinhalte-Strategieren dringend notwendige Entscheidungen vernachlässigt, wird sie möglicherweise schon früher ihre Glaubwürdigkeit verlieren. Ein gesellschaft- licher Zersetzungsprozess, der all denjenigen in die Hände spielt, die ein „Weiter-so-wie-bisher“ auf Kosten der Umwelt und des menschlichen Gemeinwohls durchsetzen wollen! – Walter Moritz

 

Verkehrte Welt! Die diversen Beiträge zu den Grüner und Protestbewegungen im Politikteil in einem Zuge gelesen kann ich mich über den Leitartikel nur wundern: mag ja sein, dass die Grünen hier gern eine normale „Rollenpluralität“ erkennen möchten. Auch f ür Herr Pausch folgt offenbar, dass es die natürliche Aufgabe der Protestbewegungen sei, Druck aufzubauen, Aufmerksamkeit und Mehrheiten zu beschaffen, im Sinne einer Arbeitsteilung. Dabei aber bitte gewaltfrei zu bleiben und nicht unkontrolliert eskalieren.

Er kritisiert ihr strategisches Herangehen und verteilt Haltungsnoten. Aber wer kreist hier tatsächlich um sich selbst statt sich an der Sache zu orientieren? Die Klimaaktivisten können sich auf wissenschaftliche Evidenz und ein Verfassungsgerichtsurteil berufen . Ihre Aktionen sind im Interesse des Gemeinwohls; auch derer, die nicht über genügend Vorstellungskraft verfügen, um sich eine 2,5-Grad-Zukunft vorzustellen – trotz des Anschauungsmaterials, das Klimawandel-beeinflusste Katastrophen in den letzten Jahren boten. Sie mobilisieren Tausende Demonstranten, Kinder gingen freitags nicht zur Schule.

Große Teile von Politik und Gesellschaft sind dagegen festgefahren in Gewohnheitsdenken und behandeln die Klimakrise weiter, als sei sie nur ein Problem unter vielen. Aus Mediensicht mag sich, ebenfalls gewohnheitsmäßig, die Frage stellen. was sich die Bewegung jetzt wohl (medienwirksames) einfallen lassen wird. Die eigentliche Frage ist aber, warum die Politik so festgefahren und die Sicht vieler Politiker weiterhin so verengt ist. Wenn die Politik zu notwenigen Schritten jeweils zusätzlich noch gedrängt und gezwungen werden müsste, ist das eine Krise der Politik und nicht der Aktivisten. – Dr. Gunda Matschonat

 

Der Artikel beschreibt sehr schön das Dilemma, in dem sowohl die Klimaaktivisten als auch die Grünen stecken. Leider geht dabei ein wenig unter, dass man die Klimakatastrophe nicht durch einen Big-Bang aufhalten kann, sondern nur durch viele kleine Aktionen, die „Mühen der Ebene“ liegen noch vor uns. – Peter Pielmeier

 


 

 

Leserbriefe zu „Muss man künstliche Intelligenz in der Schule verbieten? »Das ist definitiv der falsche Weg«“ Gespräch mit Doris Weßels geführt von Martin Spiewak

 

„Schüler wie studierende müssen in Zukunft dasselbe wie Lehrkräfte und Professoren können“.. sagt doch schon viel aus über die neuen Paradigmen/gesellschaftlichen Gräben ,welche sich hier möglicherweise auftun. Ganz zu schweigen -sehr amüsant ..dass bei all dem „Wissen“ nicht wirklich klar ist ,an welchen Unis CHATGPT verbreitet ist. – J. Konstas

 

Antony Aumann, ein Religionswissenschafts- und Philosophieprofessor, stellte fest, dass zwei Studenten mit ChatGPT betrogen hatten, und als sie gefragt wurden, gaben sie ihre Schuld zu. Dies scheint ein ungewöhnlicher Fall zu sein, da sie doppelt betrogen haben. Der erste Fall war die Verwendung der Software zur Erledigung ihrer Aufgaben, aber der zweite war, dass sie sich offensichtlich keinen der Inhalte angehört hatten, die ihnen beigebracht wurden, da Katholiken das neunte Gebot haben – du sollst nicht lügen, und ich bin sicher, alle anderen Glaubensrichtungen und Philosophien haben einen ähnlichen Respekt vor Ehrlichkeit. Sie hatten die Kursinhalte eindeutig nicht gelernt oder beobachtet. Es scheint, dass sie die wichtigsten Botschaften verpasst haben, die ihnen beigebracht wurden, und ich frage mich, wie viele andere der zehn Gebote oder ihre Äquivalente sie gebrochen haben. – Dennis Fitzgerald

 

Muss man künstliche Intelligenz in der Schule verbieten? Die Schule muss Schüler für die Zukunft rüsten. Mit Sicherheit darf man die KI und ihre Tools in der Schule nicht verbieten. Wer erinnert sich noch an die Debatten, als der Taschenrechner das analoge Rechnen mit Kopf oder mit dem Rechenschieber ablöste? Und daran, als Schüler damit begannen, ihre Referate aus dem Internet abzukupfern?

Die Schule hat erheblichen Einfluss auf den Lebensweg und auf das Lebensglück. Sie ordnet mit ihren Abschlüssen und Zensuren Laubahnen zu. Trägt Verantwortung, der sie nicht immer gerecht wird , weil sie zu oft der Zeit hinterherhinkt. Im vielen Branchen sieht man das und guckt nicht in die Zeugnisse, sondern wählt eigene Auswahlprozesse – über das Studium aber wacht immer noch der Numerus Clausus, der der Schule voll vertraut.

Wenn die Schule ihre Lehr-, Lern- und Bewertungsinhalte und ihre Methoden nicht der vor allem durch die Digitalisierung angestoßenen Zeitenwende anpasst, verliert sie vollends Vertrauen. Die Kernfrage lautet heute doch: Wie können Menschen lernen, die KI -Werkzeuge mit ihren Möglichkeiten und all dem was da noch rasend schnell kommt, integrativ und so einzusetzen, dass wir die damit die großen Probleme unserer Zeit lösen und unsere Wirtschaft, Kunst, Kultur und unsere Werte weiter entwickeln können. Dafür braucht es nicht mehr in erster Linie Faktenwissen, das man bequem abfragen und mit Punkten oder Zahlen mathematisch und scheinbar korrekt bewerten kann. Gefragt sind Charakterbildung, Handlungsstrategien und kritische und zugleich kreative Verbindung der analogen mit der digitalen Welt. Privat gelingt das schon einigen, bei den Verantwortlichen der Schulen ist das aber noch so gar nicht angekommen. – Uwe-Carsten Edeler

 

„Die KI wird wahrscheinlich zum Ende der Welt führen, aber in der Zwischenzeit wird es große Unternehmer geben.“ (Sam Altman, *1985, US-amerikanischer Unternehmer, Investor und Programmierer) Daraus kann man schon ablesen, wohin uns diese „totale KI“ führen wird, nämlich in eine totale KI-Abhängigkeit, und das sagt einer, der im Augenblick damit noch sehr viel Geld verdient. „Erst gestalten wir unsere Werkzeuge, dann gestalten sie uns.“ (John Culkin, 1928-1993, amerikanischer Akademiker, ehemaliger Priester, Schriftsteller, Berater & Medienwissenschaftler) – Klaus P. Jaworek

 

Grundsätzlich muss die Frage gestellt und beantwortet werden: was ist, wenn ChatGPT vom menschlichen Intellekt nicht mehr kontrollierbar ist? Oder gar mit menschlichen Gehirnfähigkeiten verbunden zu nachhaltigen Entscheidungen befähigt wird oder sich selbst befähigen kann?! Wer setzt da die Grenzen und wer kann das dann noch stoppen?! – Udo Bauer

 


 

 

Leserbriefe zu „PLAPPERN ÜBER DEN UNTERGANG“ von Thomas E. Schmidt

 

Schön, dass Sie noch einmal Slavoj Žižeks Beitrag von letzter Woche aufgreifen. Die Einführung „rückwirkend kontrafaktischer Möglichkeiten in die Vergangenheit“ heißt doch nichts Anderes als Steampunk (bzw. „Zurück in die Zukunft“) und der wird uns auch nicht mehr retten. Ich bin da mit der NASA einer Meinung: Leben bedeutet sich auszubreiten, weil Leben aufgrund der Thermodynamik nach Energie verlangt; sich ausbreiten heißt, (kolonial) die Welt per Krieg zu erobern und auszuplündern und das Ganze als „Zivilisationsprozess“ zu verklären.

„Intelligenz“ und Technik müssen irgendwann unvermeidlich zur Selbstauslöschung führen. Wege dazu gibt es mehr als genug. Bleibt nur noch der Mars oder der gesamte Weltraum als (hoffnungsloser) Ausweg. Hoffnungslos deshalb, weil / solange sich an der Conditio humana nichts ändert … Und im Zweifel löschen wir lieber noch außerirdisches Leben aus. – Thomas Manthey

 

Ist mir mittlerweile ganz recht, wenn der Weltuntergang kurz bevorsteht. Der Mensch ist doch nur mühsam auszuhalten und lästig dazu. Was den Text von Herrn Zizek anbelangt, der hier letzte Woche abgedruckt wurde. Der war schwer, schwer verständlich. Gut daher, dass diesmal in bekömmlicher Prosa formuliert wird. Von den ägyptischen Zigaretten bekomme ich noch Kehlkopfkrebs. Ich hoffe aber nicht! Wünschen Sie mir gute Gesundheit! – Michael Ayten

 

Herzlichen Dank für Ihren Artikel und das Teilen Ihrer Gedanken zum Thema. Es tut immer gut, wenn man die eigenen, nach Jahren des Nachdenkens artikulierten Gedanken in der ZEITung nachlesen kann :) und sich damit nicht mehr so alleine fühlt. Denn mit wem bitteschön, kann man über solche Themen reden, ohne als Irgendwas zu gelten, das man sicher nicht sein möchte. Ein kleiner Hinweis bzw. eine Anregung sei mir gestattet: Vielleicht ist es einfach (evolutionär betrachtet) völlig okay, dass die Menschheit als Massenzivilisation in absehbarer Zeit wieder von der Erde verschwindet?

Jeder anderen Spezies, die solch ein Chaos an- richten würde und zu solcher Grausamkeit wie unsereins fähig ist, würden wir ihr Verschwinden kaum übel nehmen. Wenn ich mich also in erster Linie als Lebewesen unter Milliarden anderen fühle und erst in zweiter Linie als Angehöriger der Spezies Mensch – dann macht auch das Ende derselben bzw. ihre Zurück- stufung durchaus Sinn. – Werner Winkler

 

Dass alle biologischen Arten nur eine begrenzte Nische in der Ökologie haben, baut Schmidt auf zu einem metaphysischen Schrecknis. Dass vor dem physischen Ende der Art ein Ende der Zivilisation kommt, ist naheliegend, wenn auch nicht belegbar. Weshalb muss Schmidt die Ethik von Naturwissenschaftlern als irrational bezeichnen, wenn sie das Überleben der Menschheit für wichtig halten. Das heißt doch nicht, dass das Aussterben der Menschen für sie, wie Schmidt es behauptet, „im Kopf […] längst eingetreten“ wäre.

Wieso glaubt er den Klimaaktivisten apokalyptische Vorstellungen nachsagen zu müssen, wenn sie dazu aufrufen, alles Mögliche für ein weitere Dauer der menschlichen Zivilisation zu tun, nur weil sie in ein paar Millionen Jahren nach menschlichem Ermessen sowieso nicht mehr bestehen wird. Ist es irrational, Menschenleben retten zu wollen, nur weil alle Menschen sterblich sind? – Walter Böhme

 

«Krieg, Klima, künstliche Intelligenz – Das Gefühl in einer Endzeit zu leben, hat sich festgesetzt. Schlimmer als die Angst ist nur das Reden darüber». Naja, so ganz kann man dem letzteren Satz nicht zustimmen. Es geht ja trotzdem auch um die Frage, was zu tun wäre, um «den Untergang» abzuwenden. Aber was tun? Es gibt 8 Milliarden Menschen und keiner kann sich mit einem wirksamen Vorschlag durchsetzten.

Bei jeder anderen dringend benötigten wissenschaftlichen Erkenntnis wäre das vermutlich anders. Es reicht jedoch nicht, vorzuschlagen, das Wachstum von Konsum und Kopfzahl runterzufahren oder darum, weniger Co2 zu produzieren, etc. Nötig sind Vorschläge, die die tieferen Ursachen anpeilen. Warum können sich solche Vorschläge nicht durchsetzen? Vermutlich auch weil es da Tabus gibt. Aber warum können diese nicht wirksam angegriffen werden?

Ich habe zweimal entsprechende Versuche unternommen. Im Jahre 1991 feierte die Schweiz ein 700 Jahre Jubiläum und eine grosse Firma schrieb (in fünf Zeitungen) einen Wettbewerb aus: «Vision einer permanenzfähigen Weltgesellschaft» Die Einsender waren für das hochkarätig besetzte Preisgericht (u.a. 2 Professoren) anonym. Aus gutem Grund? Ist der Verdacht berechtigt, dass gute Vorschläge keine Chance haben, weil die letztlich entscheidenden Koryphäen einen zu einseitigen sozialen Hintergrund haben? Mit der Folge, dass sie auf Grund ihrer Privilegien die Schuld in zu sehr in ihrer eigenen Gesellschaft suchen?

Ich gewann damals einen der 4 mit je 8000 Sfr dotierten Preise. Vorher hatte ich das Buch «das alte Ladakh» gelesen. Darin wird beschrieben, wie in den Flussoasen des Himalaja nur der älteste Sohn Kinder haben durfte und die anderen Geschwister ein Klosterleben führten oder dem Bruder zur Seite standen. Daher war der Titel meines Beitrags «Ladakh». Der Untertitel war «der Aspekt des Werkzeugs» Als Informatiker hatte ich die Erfahrung gemacht, dass man ohne geeignetes Werkzeug aufgeschmissen ist. So hatte ich zum Beispiel einen Artikel veröffentlicht «Anwendung von binären Verweisketten zum Aufbau und Verwalten von Listen» da ging’s um die optimale Ausnutzung von Speicherraum.

Ein anderer Artikel «Data Management by Exception» beschäftigte sich mit dem Optimieren der Zusammenarbeit von Mensch und Computer. Auf Grund meiner Erfahrungen meine ich, dass man sich auch beim aktuellen Problem um die Werkzeuge kümmern muss. Auch die Menschenrechte wären ein geeignetes Werkzeug. Nur gibt’s da einen ungelösten Zielkonflikt. Bei diesem Konflikt stehen auf der einen Seite die Rechte auf Lebensunterhalt. Betrifft vor allem: Asyl, Nahrung und das Recht die Familiengrösse zu bestimmen auch unabhängig von den Ressourcen. Auf der anderen Seite wäre da das Recht auf Eigentum. Das hohe Wachstum von Kopfzahl und Konsum in den letzten Jahrzehnten verschiebt den Punkt, an dem sich ein gutes Gleichgewicht zwischen den Rechten einstellt.

Ein wichtiges Thema sind dabei die Unterschiede in den Perspektiven, die von den Menschen im Norden und Süden genutzt werden, was zu den demographischen und ökonomischen Gräben führt. «Das alte Ladakh» ist da nur insofern ein Vorbild, als es zeigt, dass die nötigen Einschränkungen zumutbar sind, zumal es heute besser Lösungen gibt. Ein weiteres Thema ist die Frage, was uns im reichen Norden das Recht und die Pflicht gibt, die nötigen Einschränkungen zu fordern. Es sind dies gesellschaftliche Zwänge, die im Norden das Bevölkerungswachstum begrenzen, angesichts begrenzter Ressourcen. Mein «Buch die Technik reicht nicht» (BoD 2016) enthält mehre Beispiele für die Wirksamkeit der genannten Zwänge. Das Buch beruht z.T. auf dem genannten Wettbewerbsbeitrag.

Leider beschied mir eine bekannte wissenschaftliche Zeitschrift, sie würden BoD-Bücher nicht rezensieren. Muss man akzeptieren: Als Nicht-Profi Vorschläge zum Thema zu machen ist halt eher nur ein Hobby. Was aber wäre, wenn ausreichend viele Menschen sich diesem Hobby widmen würden? Käme dabei mehr raus als «Plappern»? Oder fehlen doch die „Werkzeuge“? PS: vgl. eventuell auch meinen Leserbrief zum Artikel «Leben und Freiheit sind wichtiger als das letzte Krümelchen Wohlstandsgewinn» (ebenfalls in der Zeit Nr. 4). – Dr. Gernot Gwehenberger

 


 

 

Leserbriefe zu „Auf, auf, in den Kulturkampf!“ von Mariam Lau

 

Friedrich Merz war einst angetreten mit dem Anspruch, die AfD zu marginalisieren. Von dieser Vision ist wenig geblieben, weil wohl im harten Kern dieser Formation inzwischen wenig zu holen ist. Also muss man an anderer Stelle schürfen zB. im Lager der Nichtwähler. Da kommt Röder ins Spiel mit seinem bürgerlich konservativem Leitbild. Einen soft-grünen Kurs a la Merkel braucht niemand, da ist das Original allemal besser.

So die Marschrichtung des Duos Merz/Röder. Obendrein in Europa der vorherrschende Trend. Deshalb sollte sich Merz auch nicht beim Migrationsthema ( “ Pascha“-Parole) beirren lassen. Sonst kann die Partei sich gleich programmatische Lockerungsübungen sparen. Auch die Wahl in NRW mit Wüst an der Spitze war in Wirklichkeit ein Pyrrhussieg, weil er die Nichtwähler ( 45 % ), darunter sicher viele versprengte CDU Sympathisanten, zurückgelassen hat. Das ignorieren noch immer manche CDU Granden und Merkelversteher . Ein Neuanfang sieht anders aus. – Christoph Schönberger

 

In Ihrem Artikel nennen Sie Herrn Rödder, dem von Herrn Merz der „Vorsitz der CDU-Grundwertekommission anvertraut“ wurde. Bisher hatte ich den Medien entnommen, dass Dr. Carsten Linnemann mit dieser Aufgabe betraut wurde. Habe ich da etwas missverstanden? – Reinhard Kniepkamp

 

Leider lassen sich „liberale Falken“ viel zu oft auf die neurechte Kulturkampfrhetorik ein und sehen in der woken „Ideologie“ die eigentliche Gefahr für Demokratie und Meinungsfreiheit. Glücklicherweise erliegt Mariam Lau dieser in den Feuilletons populären Versuchung nicht. Was immer wieder unterschlagen wird: Linke Identitätspolitik ist eine – zugegebenermaßen überzogene – Antwort auf gesellschaftliche Diskriminierung und fehlende Chancengleichheit; sie will überkommene Privilegien bestimmter Individuen und Gruppen deutlich benennen. Das Ziel ist keineswegs eine weitere Fragmentierung und Polarisierung der Gesellschaft, wie ihr in der aktuellen Debatte unterstellt wird, sondern das krasse Gegenteil davon: eine Gesellschaft der Gleichen unter Gleichen, eigentlich DIE Horrorvorstellung der eifrigen Kritiker.

Was Andreas Rödder anstrebt, ist nicht konservativ, schon gar nicht „bürgerlich“, sondern schlichtweg reaktionär – und die im Artikel angedeutete geistige Nähe zu Alexander Gauland kommt sicher nicht von ungefähr, auch wenn er diese Analogie empört zurückweisen wird. Heizt die CDU den „Kulturkampf“ weiter an, wie Rödder dies empfiehlt, wird sie genau das ernten, was sie linken Identitätspolitikern vorwirft: eine weitere Aufspaltung der Gesellschaft in hermetisch abgeschlossene unterschiedliche Milieus, die einander nicht verstehen und für gemeinsame Lösungen der dringend anstehenden Zukunftsaufgaben nicht zu haben sind. – Rüdiger Paul

 

Bourgeois oder Citoyen: Das Thema der Bürgerlichkeit ist weniger parteipolitisch (S.4) als gesamtgesellschaftlich interessant, auch im Blick auf Ostdeutschland, falls Ihnen ostdeutsche Alibithemen wie das vom schlauen Wolf (Seiten 3 und 18) einmal ausgehen sollten. Das Thema gehört eigentlich in ein Feuilleton, das vor der Kinderseite rangiert. – Martin Ahrends

 

Zunächst habe ich mich darüber gefreut, dass Sie Andreas Rödder porträtieren wollten. Aber spätestens beim Schluss des Beitrags ging es nicht ums Porträtieren, sondern ums Diffamieren. Der Vergleich mit Alexander Gauland mit ausdrücklichem Hinweis auf die AfD und nicht etwa zu seiner liberal-konservativen Rolle in der CDU zur Wallmann-Zeit enthebt zukünftig jeden politischen Plattkopf innerhalb und außerhalb der CDU davon, sich mit den Thesen von Andreas Rödder inhaltlich und damit ernsthaft zu beschäftigen.

Demnächst wird die Behauptung kursieren, Rödder sei AfD nah und sein Ziehvater sei Gauland. Dabei ist es doch so: Der Dekonstrukivismus führt, wenn er konsequent politisch umgesetzt wird, in gefährliches antidemokratisches Fahrwasser, wie Rödder in den USA hautnah beobachten kann. Und dies soll man nicht mehr kritisch in die Diskussion bringen dürfen? War es wirklich die Absicht der Schreiberin, diese Debatte faktisch unter Kritikverbot zu stellen, oder hat sie sich schlicht vergaloppiert? – Dr. Henning von Vieregge

 


 

 

Leserbriefe zu „Ampelschmelze“ von Petra Pinzler

 

Die Energiewende ist eine Veranstaltung aus dem Elfenbeinturm. Exemplarisch der Verkehrssektor. Bis 2030 sollen 15 Mio EMobile auf die Straßen. Dafür wird lt. Agora Energiewende das Energieäquivalent von 6 modernen Kohlekraftwerken benötigt ( ca. 45 Mrd. Kwh). Selbst wenn die Ladeinfrastruktur bis dahin vorhanden wäre, das mit Ökostrom zu bewerkstelligen, ist völlig illusorisch, zumal die Industrie sehr viel weitergehenden Bedarf hat. Und Wasserstoff als Zukunftstechnologie verfehlt um Lichtjahre die Kosten/Nutzen Balance. Im Rückblick war der Kardinalfehler die überstürzte, ideologiebehaftete Abschaltung der CO² freien AKWs. Die Wohlstandsverluste machen sich bereits jetzt bemerkbar. – Christoph Schönberger

 

Ja, woran liegt das eigentlich, das die Bundesregierung ihre eigenen Klimaziele verfehlt ? Wie immer in unserer komplexen und interdependenten Gegenwart, könnte man dafür eine Vielzahl von einzelnen inhaltlichen Gründen, besser Verfehlungen, anführen, die alle in die gleiche und falsche Richtung wirken, nämlich zu steigenden, anstatt zu sinkenden Emissionen. Versucht man bei der Analyse der Einzelursachen einen gemeinsamen Nenner, einen roten Faden, zu finden, dann doch diesen: Es fehlt für die Durchsetzung eines nachhaltig-wirksamen Klimaschutzes bereits seit Jahrzehnten am notwendigen politischem Willen, vielleicht auch immer noch an der fehlenden Einsicht in die unbedingte Notwendigkeit, ja, Alternativlosigkeit von raschem Handeln.

Womit wir bei der Bundeskanzlerin a.D. wären. Erst kürzlich macht sie in einem ZEIT-Interview eine fehlende Einsicht sehr deutlich, als sie auf die Frage nach Fehlern in ihrer 16-jährigen Amtszeit, nicht einmal erwogen hat, das langjährige Versagen ihrer Regierung in der Implementierung eines wirksamen Klimaschutzes in Betracht zu ziehen. Und das von einer promovierten und überzeugten Naturwissenschaftlerin, die Ursachen und Folgewirkungen der jährlich zunehmenden Klimazerstörung zweifelsfrei verstanden hat.

Viele werden sich noch erinnern, daß es die Bundeskanzlerin a.D. war, die während ihrer gesamten Amtszeit, bei notwendigen Klimaschutzpaketen und entsprechenden Regulierungen zugunsten von mehr Klimaschutz zuvörderst als Deutschlands oberste Automobil-Lobbbyistin in Brüssel agiert hat, und die Interessen der deutschen Automobilindustrie zulasten des Klimaschutzes durchgesetzt hat. Ein klarer Beleg, daß die Notwendigkeit zur eindeutigen Priorisierung von Klimaschutzmaßnahmen von der Bundeskanzlerin a.D. nicht so gesehen wurde und deswegen vernachlässigt wurde. Was wiederum zum heutigen Klimanotstand beiträgt, der sich nun Jahr für Jahr verschärfen wird. Wer hat schon Lust auf diesen Sommer ?

Die politischen Gewohnheiten der letzten Jahrzehnte in Deutschland zur Depriorisierung eines nachhaltig-wirksamen Klimaschutzes setzen sich, nicht überraschend, auch in der Ampelkoalition fort. Hier ist es im Wesentlichen die 7%-FDP, mit der ein nachhaltig-wirksamer Klimaschutz de facto unmöglich ist. Im Unterschied zur Bundekanzlerin a.D. interessieren sich viele FDP-ler aber auch nicht wirklich für den Klimaschutz, sondern sehen darin eher eine von der Gesellschaft aufgezwungene Notwendigkeit, für die es in der gesamten FPD nicht die geringste spürbare innere Überzeugung gibt, auch keine Historie und auch keine Tradition.

Klimaschutz ist fremd für die FDP, Klimaschutz liegt außerhalb der DNA von FDP Politikern. Stattdessen ist die politische Priorisierung in der FDP seit Jahrzehnten nahezu unverändert: 1.) so viel individuelle Freiheit wie möglich, Klimaschutz 2nd, 2.) so viel Markt wie möglich, Klimaschutz 2nd, , 3.) auch prinzipielles Marktversagen wird unterstützt, solange damit Einzelne noch Profite erzielen können.

Das diese Profite zulasten der Allgemeinheit gehen, wird als Kollateralschaden akzeptiert, auch hier gilt erneut: Klimaschutz 2nd, 4.) Absoluter Schutz der Superreichen gegen einmalige, temporäre oder dauerhafte Solidarbeiträge, z.B. für notwendige gesellschaftliche Transformationen, Klimaschutz 2nd, 5.) Absoluter Schutz derjenigen, die den größten ökologischen Schaden/ Fußabdruck verursachen, dabei gleichzeitig den größten individuellen Nutzen ziehen, Schäden aus diesem Verhalten werden über die Mehrheit der Gesellschaft sozialisiert, Klimaschutz 2nd.

Diese Beispiele für eine grundsätzliche libertäre Ideologie der FDP ließen sich mühelos ergänzen. Der Pateivorsitzende der FDP ist dafür primär verantwortlich, Klimaschutz 2nd. Der gemeinsame Nenner der FDP bzw. das natürliche Selbstverständnis der FDP ist das der Interessenvertretung für die Bourgeoisie, für die Besserverdienenden, der sog. Leistungseliten, der Oberschicht der Gesellschaft. Da kann es auch schon mal vorkommen, daß einzelne Vertreter aus diesem Milieu, in einem anderen Kontext, Nicht-Milieu-Angehörige, also Mitglieder der 90%-Mehrheitsgesellschaft, zugegeben, als „jakobinisches Mittelmaß“ (twitter, Dr. Ulf Poschardt) ansehen.

Dieses jakobinische Mittelmaß ist dann aber immerhin noch dafür zu gebrauchen, die planetarischen Schäden und materiellen Verluste aus dem individuell-überproportionalen Umweltdreck des FDP-Klientels zu tragen. In diesem Sinne schützt die FDP nicht das Klima gegen weitere Emissionen, sondern die FDP schützt die „feudalen Verschmutzungsprivillegien“ (Bernd Ulrich) der Oberschicht gegen wirksame Klimamaßnahmen. Die FDP, als selbsternannte Partei der Freiheit, schränkt damit die zukünftige Freiheit der Individuen und der Gesellschaft systematisch ein – damit Ihr Klientel sich heute ausgiebig austoben kann. Die heutige FDP könnte man auch als „Feudale Demokratische Partei“ ansehen.

Dafür spricht auch der eigentliche Skandal, daß die Feudale Demokratische Partei, trotz Klimaschutz-Lippenbekenntnissen, weiterhin knallharter Verfechter von jährlichen Steuersubventionen in Millardenhöhe für klimaschädliche fossile Projekte sind. Diese in der Feudalen Demokratischen Partei fest verwurzelte Ideologie der Fortführung der klimaschädlichen Subventionen ist der offensichtlichste Beleg für eine aktive Klimaschutzblockadehaltung als Regierungsbeitrag zur Ampelschmelze.

Vorbei die Zeit als die FDP noch für einen anständigen, zukunftsorientierten und gemeinwohlorientiert-gesellschaftlichen Liberalismus stand. Glaubwürdige und nicht einem libertären Denken verhaftete FDP Persönlichkeiten, wie z.B. Theodor Heuss, Hildegard Hamm-Brücher, Gerhard Baum, sind in der heutigen Feudalen Demokratischen Partei Einzelgänger, bestenfalls in der Minderheit. In der FDP von heute gibt es keinen politischer Willen für einen ernsthaften, nachhaltigen Klimaschutz von der FDP, da unkomfortabel und Luxus-einschränkend für die Kern-Klientel der Partei.

Die von Petra Pinzler beschriebene Ampelschmelze kann daher gar nicht vermieden werden, solange Klimaschutz-2nd-Lobbyisten wie die FDP Teil der Regierung sind. Angesichts des FDP-induzierten Klimaschutz-Versagens der Regierung könnte man sich in der bundesrepublikanischen Demokratie Klimaschutz-Schützenhilfe aus der Opposition erhoffen. Tja, leider vergebens. Mit dem Oppositionsführer, Friedrich Merz, CDU, sitzt da jemand, dessen oberste Priorität nicht Klimaschutz ist, sondern seine oberste Priorität ist: wie wird Friedrich Merz Bundeskanzler – auch hier Klimaschutz 2nd. Merz´ klimapolitische Historie, Tradition und heutige Überzeugungen sind im Übrigen nahezu 1:1 identisch mit den Klimaschutz-Blockaden der Feudalen Demokratischen Partei.

Dazu gehört auch, daß von Merz, ebenfalls bekennender und regelmäßig laut vernehmbarer Kapitalismusfreund, Marktwirtschaftler und Wirtschaftslobbyist, bisher kein Einwand zu den von der FDP durchgesetzten klimaschädlichen Subventionen an die Wirtschaft zu vernehmen war. Kein politischer Wille für einen ernsthaften, nachhaltigen Klimaschutz aus der CDU

Und der andere, kleinere Teil der Unionsopposition, was ist von der CSU in Sachen Klimaschutz zu erwarten ? Eher problemverschärfend als problemlösungsorientiert. Da haben wir Alexander Dobrindt, Ex-Maut-Chefideologe und, glücklicherweise, Mautversager in einer Rolle, derzeit amtierender Chef-Links-Grünen-Hetzer, amtierender Anti-Klimaschutz-Söder-Einflüsterer. Keine Unterstützung von ihm zu erwarten, eher die Fortsetzung von Blockaden gegen wirksame Klimaschutzmaßnahmen bei gleichzeitiger Hetze, Diffamierung und Verachtung von Bürgern, Parteien und Politikern, die sich dem Klimaschutz verschrieben haben. Bleibt noch Markus Söder.

Natürlich ist das nicht Ernst gemeint. Von jemandem, der den eigenen Unions-Kanzlerkandidaten wochenlang vorsätzlich und öffentlich bekämpft und beschädigt hat, seines eigenen Ego willens, kann man gar nicht erst erwarten, daß er an Problemlösungen mitarbeitet, die nicht seinen eigenen politischen Nutzen mehren. Inzwischen degeneriert Söder weiter in Richtung politisches Leichtgewicht, von dem ohnehin niemand sagen kann, ob morgen noch gilt, was er gestern verkündet hat. Auf so eine Unverläßlichkeit-in-Person möchte sich beim Klimaschutz niemand verlassen wollen. Kein politischer Wille für einen ernsthaften, nachhaltigen Klimaschutz aus der CSU.

So bitter das ist: Regierung und Opposition fallen realistischerweise gleichermaßen für einen nachhaltig wirksamen Klimaschutz aus. Die einen wegen der Ideologie der Feudalen Demokratischen Partei, die anderen, weil der Oppositionsführer das feudale Gedankengut teilt bzw. Söder für die ernsthafte Beschäftigung mit nachhaltigen Zukunftslösungen ausfällt.

Bei aller Deprimiertheit über diesen Befund von Regierung und Opposition, soll abschließend jedoch auch daran erinnert werden, daß die Politik alleine es ohnehin nicht richten kann. Bürger und Wirtschaft müssen ihren Teil ebenso leisten, aus meiner Sicht wären deren Beiträge vergleichbar essentiell wie die potentiellen Beiträge der Politik. Leider ist der Befund bezogen auf diese beiden Milieus ebenso deprimierend. Die Wirtschaft hat ohne entsprechende Regulierung noch niemals eigenständig Maßnahmen ergriffen, die in der kurzfristigen Preiskalkulation zu Kostenerhöhungen und damit Profitreduzierungen führen. Daher ist auch beim Klimaschutz nicht zu erwarten, daß sich das bisherige Verhalten ändern wird. Ohne entsprechende klare politische Regulierung fällt die Wirtschaft als „Beitragszahler“ für den Klimaschutz komplett aus.

Damit leider auch als Innovationsmotor für Technologien im Bereich erneuerbare Energien, was ein schwerwiegender, strategischer Standortnachteil für Deutschland ist. Ferner ist da noch die globale Ölindustrie, also die eigentlichen dauerhaften Hardcore-Klimaschutz-Feinde und gleichzeitig die Empfänger der klimaschädlichen Steuersubventionen. Mit ihren jährlichen oligopolistischen Millardengewinnen bekämpfen die globalen Multis weiterhin mit allen Mitteln, auf allen Kanälen, hyperaktiv die wirklich sinnvollen Maßnahmen für den Klimaschutz.

Bleiben noch die Bürger: die letzten 30 Jahre geben jedenfalls keinen Anlaß für Optimismus. Einziges positives Beispiel sind hier die heute viel zu oft viel gescholtenen Klimaschutzbewegungen und Klimaaktivisten sowie überzeugte Veganer. Das sind Menschen, die tatsächlich Verantwortung übernehmen, Eigennutz hinten anstellen und dafür belächelt, gescholten, bespöttelt und kritisiert werden. Aber es sind die Vorbilder und Hoffnungsträger, umgeben von einer Mehrheit, die sich selber den Ast absägt, auf dem sie sitzt. Jeden Tag ein Stückchen mehr. Fazit: wir brauchen mehr Ordnung und mehr Staat, mehr Anreize für die Entwicklung und den Einsatz von Erneuerbaren Energien, mehr unternehmerische Innovationen, sofortigen Stopp von klimaschädlichen Subventionen, weniger Feudale Demokratische Partei, mehr Klimaschutz von den Bürgern. – Hans-Jörg Glaß

 

1) Deutsche Medien, „FFF“ und Klimaaktivist*innen könnten seit Oktober 2020 einige Größenordnungen zur „Energiewende“ kennen: Das damals veröffentlichte Gutachten des „grünen“ Wuppertal-Instituts für „FFF“ enthielt (für Nicht-Fachleute erstaunliche) Größenordnungen des künftigen Wasserstoff-Bedarfs von Deutschland, nämlich ca. 667 Mrd. ± 35 % kWh H2, d.h. im Mittel rund 20 Millionen Tonnen H2 jährlich, die etwa 1.150 Mrd. kWh zusätzliche grüne Stromerzeugung erforderten.

2) Dass der Kernenergieausstieg zu einer Delle nach oben bei den CO2-Emissionen führen muss, ist je-dem Energie-Sachkundigen klar: Wenn 30 Mrd. kWh kurzfristig zu ersetzen sind, werden unvermeidlich auch Kohle- und Erdgaskraftwerke als „Notnagel“ für einige Jahre benötigt. Warum verschweigt man (in fast allen Medien, Diskussionen, …) derartige Fakten? – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 

Dass der Ukraine-Krieg die Klima-Pläne der Ampelregierung über den Haufen geworfen hat, ist eindeutig – statt zu agieren und eine ambitionierte Klimapolitik voranzutreiben musste und muss immer wieder neu reagiert werden und eben leider auch oft nicht unbedingt im Sinne des Klimaschutzes. Ich frage mich, ob man nicht in Zeiten in denen immer wieder deutlich wird, wie alles mit allem vernetzt ist, auch die Auswirkungen anderer Politikbereiche auf das Klima mehr berücksichtigen müsste. Sprich, ob man nicht zusätzlich zu den von Ihnen angefügten „mildernden Umständen“ sich auch einmal fragen sollte, wie hoch die CO2-Bilanz dieses/ eines Krieges ist und ob wir uns das als Weltgemeinschaft heutzutage noch leisten können?

Ich denke an die Produktion und den Transport von Waffen, die Truppenbewegungen, den Verbrauch an Benzin und Diesel, Brände und Zerstörungen von Gebäuden, Industrieanlagen und Natur. Die ausgestossenen Schadstoffe, die Wiederaufbaumassnahmen, usw… Könnte und sollte nicht auch mehr Druck hin zu einer Verhandlungslösung Teil einer aktiven Klimapolitik sein? Vielleicht lässt sich Putin durch die Waffen besänftigen – aber unsere Erde??? – Stefanie Braasch

 


 

 

Leserbriefe zu „Krönen und köpfen“ von Matthias Krupa

 

Die fanzösiche Präsidenten erinnern mich an Schrödingers Katze. – Matthias Losert

 

Bei all der Kritik rund um den prunkvollen Palast und seinem Scheinmonarchen Macron halte ich es durchaus für ebenso angebracht, dem französischen Präsidenten an dieser Stelle mal ein Lob dafür auszusprechen, mit welch inniger Herzensfreude und treuer Verbundenheit er die französische Kultur und Geschichte hochhält. Und dazu zählt nun auch einmal das Gold und der Stuck.

Oder der Tisch, auf dem Bonaparte seine eigene Abdankung unterzeichnete. Was kann er dafür, wenn seinen grölenden und geifernden Untertanen dazu ganz offenbar das Bewusstsein fehlt. Nur schrecklich und schade darum, wenn diese vor Dauererregung schon ganz blind so an ihrer eigenen Kultur vorbei leben. Dass im französischen Palast, dem Élysée Bäcker*innen ein und ausgehen, um die eigens angefertigten Köstlichkeiten aufzutafeln, schmeichelt nur meiner reizenden Liebe, welche ich gegenüber diesem großartigen Land verspüre.

Wie gerne wäre ich doch jetzt in Paris, wo ich buttrig duftende Croissants frühstücken würde. Ganz warm würden sie mir vom weißumschürzten Kellner dargereicht werden. So fluffy and buttery hieße da das kleine Statement von Mademoiselle Mara Lafontan, die da vor Entzückung die Augen nach hinten schlagen würde. Die Klänge eines Akkordeon aus einem angrenzenden Park, während ich mit dem Löffel im Kaffee rühre. – Michael Ayten

 

Ich habe eine kleine Frage zu ihrem sehr informativen Artikel über den Elysée Palast und den Präsidenten: Im ersten Abschnitt schreiben Sie am Schluss, … eines der wenigen zurückgenommenen Zeichen im Elysée. Was meinen Sie genau mit dieser Anmerkung. Mir erschliesst sich Sinn nicht. – W. Scheer

 

Krönen und Köpfen. Warum hat Emmanuel Macron nicht die Nähe zu seinen Franzosen gesucht, z.B. nach den Demonstrationen der >Gilets Jaunes< ? Er hat nur im Elysée einsam im „goldenem Ambiente“ seine vielfältigen politischen Präsidentenpflichten mit vielen Vertretern Europas und den ehemaligen französischen Kolonien erfüllt. Hätte er wie seinerzeit Henry IV. – der sehr sozial jedem Bauern sein „poule au pot le dimanche“ – zugesprochen hatte, die Bedürfnisse seiner Landsleute wahrgenommen, käme es heute vielleicht nicht zu den mannigfachen Demonstrationen gegen die Erhöhung des Rentenalters. – Christiane Fabarius-Clauß

 


 

 

Leserbriefe zu „Das große Graben“ von Maximilian Probst et al.

 

Die europäische Klage über die „ach so schreckliche Abhängigkeit von China“ bei den gar nicht so seltenen Erden ist nicht nur „ein wenig heuchlerisch“. In welcher Öko-Bilanz hinsichtlich E-Mobilität sind diese Schäden enthalten – beginnend beim Abbau bis hin zur Entsorgung des Abfalls? Ich bin gespannt auf den Artikel in WISSEN, der diese Frage behandelt. – Horst Weinläder

 

Gerne würde ich eine Recherche über das Recycling von gebrauchten Handys etc, alles, wo SE verbaut worden sind, erfahren. In Ihrem Artikel kommt dieser Aspekt gar nicht vor. Druck auf die Industrie, Recycling schon bei der Herstellung zu bedenken, würde ich mir wünschen. – Karola Schartner

 

Da muss ich fast aus Zynismus aus dem Halse lachen wenn ich so einen Satz wie diesen lese: „Aber auch die Samen (die Ureinwohner) müssen sich an den Gedanken gewöhnen, dass sich Dinge verändern werden, wenn wir die grüne Umstellung wollen.“ Wir, da ist es wieder. Wenn ich das mal runter breche, heißt das doch ganz einfach gesprochen, dass die, die seit jeher in Einklang mit der Umwelt leben, nun einen Stück ihrer eigenen Lebenswelt opfern werden müssen. Der Plan des europäischen Menschen ist nämlich der, die dortigen Naturschätze in seine grüne Technologie zu verbauen. Damit er die Welt so in Zukunft klimafreundlicher gestalten kann.

Irgendwie klingt, fühlt sich das Unterfangen ja leicht paradox an. Als würde sich die Katze in den Schwanz beißen. Dann gibt’s noch: „In China werden die Seen gelb, damit wir in Europa saubere Elektroautos fahren können.“ Das lasse ich einfach unkommentiert stehen. Ich finde ja die vorwurfsvollen Reden von Frau Thunberg im Kern ganz okay, fühle mich allerdings von der weinerlichen Note immer etwas peinlich berührt.

Da gefällt mir ein Wut- und Tobsuchtsanfall im Stile eines Herrn Pacino ja viel besser. Alle hatten sie sich ganz brav im Büro des Chefs eingefunden und nicht die leiseste Ahnung, was für ein Vulkanausbruch sich gleich über sie ergießen würde. Haha! In Martin Scorseses „The Irishman“ schlüpft Pacino in die Rolle des Gewerkschaftsbosses Jimmy Hoffa und schreit krähenhaft die Leute zusammen. Die Rüge, die sich gleich einem Crescendo, zunächst langsam, mit der Zeit aber dann heftiger zu einer Raserei entwickelt, müssen die Bediensteten wehrlos über sich ergehen lassen. „You dumb motherfuXXers, you let this happen!“ Traumhaft. – Michael Ayten

 

Ab und zu gibt es auch mal einen Chemiker, die Ihre Zeitung liest. Deshalb die folgende Korrektur: Es gibt nur 14 Elemente der Seltenen Erden (4f-Elemente). Lanthan (La), Yttrium (Y) und Scandium (Sc) gehören nicht dazu. Der(Die) Entdecker(in) des 15ten Elementes der Seltenen Erden würde mit Sicherheit umgehend den Nobelpreis gewinnen. La, Y und Sc gehören zu den d-Elementen (den sog. „Übergangselemente“). Sie sind gar nicht so „selten“. Die größten Lithiumvorkommen gibt es im Meerwasser mit rd. 1g-Li/m3 . – Prof. Dr.-Ing. Norbert Nowack

 


 

 

Leserbriefe zu „Jetzt bloß nicht die Nerven verlieren“ von Moritz von Uslar

 

Nichts gegen Süffisanz. Aber wenn sie so klebrig daherkommt, diskriminiert sie die vulnerablen Gruppen, die sich erdreisten, weiterhin eine Maske zu tragen. Sollen sie doch dem Fernverkehr fernbleiben – oder sich der Lächerlichkeit aussetzen. Und das im Feuilleton, und von Moritz von Uslar? Wird in der Redaktion nicht gegengelesen? – Ulla Blaß-Graf

 

Vielleicht wollte der so forsch auftretende Kellner, der ständig Publikum unterschiedlichster Provenienz zu bedienen hat, auch sich selbst vor Infektionen schützen, indem er die Anweisung „von oben“ durchsetzte? – Elfriede Huber-Söllner

 

Zugegeben: das übereifrige Verhalten des Kellners im ICE-Restaurant, der die Maskenpflicht vehement einfordert, zwei Wochen, bevor sie eingestellt wird, mag befremdlich wirken. Noch befremdlicher ist aber die Arroganz, die sich zwischen und hinter den Zeilen des Artikels verbirgt. Die „vornehmen Fahrgäste“, zu denen sich selbstverständlich auch der ZEIT-Redakteur zählt, vibrieren höchstwahrscheinlich vor allem deshalb vor Wut, weil sie sich von einem einfachen Kellner Anweisungen geben lassen müssen.

Ja, ein ganzseitiges Porträt über den „fundamentalistischen Kellner“ würde mich als Leserin interessieren, aber ganz sicher nicht der Name seiner Frau, seine Wohnungseinrichtung oder wohin er in Urlaub fährt. Ich würde gerne darüber etwas lesen, wie er die lange Zeit der Maskenpflicht erlebt hat, welche Herausforderungen sie mit sich brachte, welche Erlebnisse mit seinen Gästen dazu geführt haben, dass er auf den letzten Metern bei der Maskenpflicht kein Pardon gibt. – Angela Kappallo

 


 

 

Leserbriefe zu „Weil sie fühlen“. Gespräch mit Martha Nussbaum geführt von Elisabeth von Thadden

 

Bei allem Respekt für die Geste (neben der Weizsäcker-Rede vom 8. Mai 1985 der wichtigste und beste Moment der deutschen Nachkriegsgeschichte; das „Wunder von Bern“ und den Fall der Mauer lasse ich mal außen vor) glaube ich nicht, dass ein Widerstandskämpfer wie Willy Brandt die richtige Person für den Kniefall war. Wenn jemand Abbitte hätte leisten müssen, dann einer von den Altnazis. In diesem Sinne erwarte ich immer noch von Björn Höcke einen Kniefall vor dem Holocaust-Denkmal in Berlin. Aber ich glaube, da kann ich noch lange warten. Wenn sich jemand schämen sollte (Thema im „Dossier“), dann er und seine Konsort*innen! Es schert mich einen feuchten Kehricht, wenn mir deswegen „Moralismus“ oder gar „Gutmenschentum“ vorgeworfen wird, weil ich ja weiß, welche moralisch verkommene Seite dahintersteckt.

Vielleicht hätte Höcke ein wenig DDR-Drill gut getan. Es hätte diesem westlich-verweichlichten Bettnässer und seinem nicht vorhandenen Schamgefühl bestimmt gut getan, wenn man bei ihm konsequentes „Töpfchen-Training“ („Stimmt’s?“, S. 30) angewandt hätte. Dann wäre uns eventuell auch seine hauptsächlich an seine schwulen Nazikumpanen (nicht das Schwulsein ist hier das Problem) adressierte effeminierte Heulsusen-Rede erspart geblieben, wo er eine Wiederentdeckung der Männlichkeit forderte.

Wenn er noch ein gewisses Maß an Empathie übrig hat, was ich bezweifle, dann würde ich ihm Camp Copes „The Face Of God“ empfehlen, wo Frontfrau Georgia Maq von ihrer eigenen Erfahrung mit einem „sexuellen Übergriff“ (Euphemismus: Vergewaltigungsversuch scheint mir der passendere Ausdruck zu sein) singt. Ich höre das Lied eher selten, weil es mich immer wieder traurig und wütend macht. Für meine toxischen Geschlechtsgenossen kann ich mich nur schämen. Diese Art von „Männlichkeit“ kann mir gestohlen bleiben.

Ich könnte auch noch eine Episode aus einer Druckerei erzählen, wo ich kurzfristig mal gearbeitet hatte, aber ich möchte den unflätigen Spruch, den der Chef für die Maschine zum Feierabend hin abließ, nicht wiederholen. Eigentlich kam ich mit ihm ganz gut aus, aber dafür hätte er in Grund und Boden versinken müssen. Und was passierte stattdessen? Derjenige, der sich das anhören musste, also ich, schämte sich dafür. Das kommt davon, wenn man katholisch erzogen wurde. (Einfluss der Kultur, wie im Dossier thematisiert; Angst vor den Blicken – Sartres „Regard des autres“! – der Nachbarn: was hätten die wohl gesagt, wenn meine Mutter an einem Sonn- oder Feiertag die Wäsche aufgehängt hätte? Vielleicht war das früher wirklich so, heute interessiert so etwas jedenfalls keine Sau mehr.

Außer in den USA. Dort schämt man sich angeblich, die Wäsche offen auf die Leine zu hängen, weil man damit seine Armut zur Schau stellen würde, was nicht zum calvinistischen Arbeits- und Geldethos passt. Fenster ohne Gardinen? Unmöglich in einem katholischen Haushalt! Auch wegen des bösen Blicks der Anderen. Dies ganze neurotische Zeug überträgt sich natürlich.) Vielleicht ist es doch besser, wenn man atheistisch (?, bestenfalls protestantisch) in Rostock aufgewachsen ist. Das Töpfchen-Training hat offenbar nicht überall geholfen.

Mich hätte mal interessiert, was seine damalige Freundin, auf die sich der Spruch bezog, dazu gesagt hätte, wenn sie in der Situation dabeigewesen wäre. Ich hätte sie auch direkt fragen können, denn ich habe das Paar später mal beim Einkaufen kurz getroffen. Dagegen hätte aber Ihr 11. Gebot im Dossier („Du sollst nicht beschämen.“) gestanden. Das gefällt mir ganz gut. Für unverschämte Nazis muss jedoch eine Ausnahme gemacht werden. Das gilt auch (und gerade!) in der eigenen (erweiterten) Familie, wenn da entsprechende (ausländer- bzw. schwulenfeindliche) Äußerungen fallen. Es reicht mir allmählich, dass ICH mich immer hinterher ärgere und schäme, weil ich nichts dagegen gesagt habe …

Manche Leute sind aber auch nur einfach zu blöde, gescriptete Reality-TV-Klischee-Schwule von echten Menschen zu unterscheiden. Ich muss das Kommerzfernsehen (ich meine, es war die Trödelauktionsshow bei RTL und irgendeine Kochshow bei Vox) allerdings auch loben: Kürzlich bin ich da ausnahmsweise mal hängengeblieben. Nachdem jahr(zehnt)elang immer nur die exaltiert-freakigen „Paradiesvögel“ gezeigt wurden, gab es aktuell endlich mal ganz „normale“ 0815-Schwule, die doch wohl die überwiegende Mehrheit darstellen, zu sehen.

Es wurde nicht einmal viel Aufhebens darum gemacht. Ich hoffe, dass das jetzt viel öfter der Fall ist. RTL hat sich ja inzwischen Diversität auf die Fahnen geschrieben, was mit den neuen Senderfarben symbolisiert werden soll. Gandhis „symbolischer“ Salzmarsch hat im Übrigen (nach ein wenig Vorarbeit durch die Iren) ein ganzes kolonialistisches Empire zum Einsturz gebracht. Könnten Sie ja mal in Ihrer „Sternstunden der Menschheit“-Serie behandeln.

Nachtrag: Ich war mir nicht sicher, ob ich Martha Nussbaum (S. 45) schon kannte (offenbar doch nicht) und habe deswegen ein wenig recherchiert. Laut Wikipedia hat sie sich auch schon mit der Scham beschäftigt. Zu der Frage, ob Fische Schmerz fühlen können, sollte sie vielleicht einmal Ed Yongs aktuelles Buch „An Immense World“ lesen. Es gibt offenbar eine wissenschaftliche Kehrtwende, wonach Fische doch (eine Art von) Schmerz empfinden können.

Zum Wolf als Wild- bzw. Raubtier (S. 3) hat sie sich ja zumindest indirekt auch geäußert. Irgendwie schafft DIE ZEIT es immer wieder, dass die Themenkreise sich wunderbar schließen. Eine weitere empfehlenswerte Lektüre ist auch Melanie Challengers „How to be animal“. – Thomas Manthey

 

Menschen müssen keine universitäre philosophische Ausbildung vorweisen oder (vergangenheitlich benebelt-verworren) verinnerlicht haben, um wahrhaft zu erkennen und zu empfinden: dass Tiere eine mit anwesende (schöpferische) Lebendigkeit der Evolution sind – genauso wie wir Homo sapiens als anteilige-mitbeteiligte Menschentiere auch nur evolutionäre jeweilige Gegenwärtigkeiten darstellen… Dass sich ein Großteil der tierischen Anwesenheiten vom gegenseitigen Fressen-und-Gefressenwerden als Nahrung zum Überleben sättigen müssen, liegt nicht in ihrer Möglichkeit dies sich vielleicht empathisch zu verweigern und umsteigen zu können auf vegetarische, pflanzliche Nahrung…

Tiger, Löwe oder Panther usw. werden Beutetiere in der wilden Natur jagen und sicherlich kein Mitleid empfinden, gar Gedanken an ihre „mörderischen“ Taten oder Betätigungen daran „verschwenden“ – und es ist geradezu erstaunlich, dass zum Vergleich die viel körperlich stärkeren Tiere wie der Elefant, das Nashorn, der Büffel, die Giraffe in ihren Voluminitäten: sich absolut vegetarisch ernähren… Für mich als so apostrophierter Mensch in meiner Betrachtung jener Lebewesen: in der beschaubaren Würde deren Daseins, der persönlichen gravitätischen Existenz. Und um es auch philosophisch zu verdeutlichen: ich kann schon deswegen nicht an einen Gott oder Gottheiten glauben, „die“ diesen Lebenszusammenhang auf Erden so kreiert haben sollten, dass sich die Mehrheit der Tierwelt gegenseitig auffressen muss – diese Erde für alle Lebewesen ein Planet der Angst und des Todes ist!

Schon diese Erkenntnis hat mich vom Gottesglauben entfernt und mir klar werden lassen: dass dieser Mord-und-Todesplanet ein schrecklichster Lebensaufenthalt im gesamten Universum (den Universen) sein muss – schlimmer kommts nimmer! Ohne jedwede göttliche inspirierende friedliebende Schöpfung und alleine schon in dieser gegenseitigen Vernichtung der Lebewesen, wird erkennbar: wie entsetzlich wir unsere brutale Umwelt zu verdrängen haben, um das Grauen nicht allgegenwärtig uns beständig zu verdeutlichen… All unser Dasein besteht doch nur aus psychischen Verdrängungen! Wir beginnen doch schon damit, dass wir als Kinder von den irdisch-traumatisierten Erwachsenen endlos belogen werden und wir dann diese konkreten „Unausweichlichkeiten“ später an unsere Kinder verlogen erweitern!

„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nicht mangeln, er weidet mich auf einer grünen Aue…“ – Welch eine tragische Illusion – und in den Formatierungen der anderen Gott- Religionen ebenso traumatisch zu den Lügengebilden verdichtet! Und über eine Milliarde Tiere werden in Deutschland pro Jahr abgeschlachtet (plus der Lämmchen) für den verfressenen Menschenkonsum!

Und nun zu mir als besinnungsloser „Mensch“, der dennoch die Möglichkeit des Mit-Fühlens und Denkens in sich vorfindet, selbstverständlich die Entscheidung treffen kann, keine anderen Mitgeschöpfe oder Mitlebewesen aufzufressen. Was geschah in meiner Umwandlung zum Vegetarier: Auf der Halbinsel Höri am Bodensee ging ich in einen kleinen Stall eines Restaurants, in dem zwei Schweine gehalten wurden. Ich hatte mit ihnen ein Gespräch – sie wussten um ihren Schlachttod an diesem Nachmittag! Und ich konnte beide durch einen Geldbetrag beim Wirt freikaufen: in einen Gnadenhof verbringen lassen!

Diese zwei Lebewesen hatte blaue Augen – in die dieser bewusst anwesende „Mensch“ hineinschaute und erkannte: dass es fühlende und wissende Mitgeschöpfe sind, die leiden und Todesängste haben! Die beiden Schweine bedankten sich bei mir – sagten mir aber gleichzeitig auch: dass nun zwei andere Leidensgenossinnen an ihrer Stelle getötet, geschlachtet und aufgefressen würden. In dem Zusammenhang wird mir heute zudem verdeutlicht: dass pro Jahr 55 Millionen Schweine in Deutschland ermordend zur Schlachtung kommen – ein unvorstellbares Abschlachten und Ermorden von Lebewesen, die eine 98-prozentig genetische Identität mit uns Menschentieren haben… Man kann das nur mit Entsetzen zur tragischen Kenntnis nehmen und furchtbar verzweifelt sein ob dieser Grausamkeiten.

Ab jenem Nachmittag – seitdem über 50 vegetarische Jahre vergangen sind – und nach diesem für mich seelisch überlebenswichtigen Ereignis auf der Insel Höri: habe ich kein Fleisch mehr gegessen, lebe von pflanzlicher Nahrung! Bin den Tieren gegenüber: ein Lebewesen der persönlichen Empathie – und „natürlich“ weiß ich, dass ich für große Raubtiere ein Fressopfer wäre! Doch wie schon beschrieben: dieses Fressenmüssen ist in ihrer Natur verfügt! Der Menschen-„Gott“ existiert nicht – somit ist die Natur eine brutale Entwicklung der furchtbaren Evolution und wir müssen mit und in ihr leben und überleben! Alle Kreaturen in ihrer jeweiligen Gefangenheit an unausweichlichen bzw. manipulierten Abhängigkeiten…

Doch selbst die eigene Art haben wir Menschen zu Zeiten (und Kulturen?) ebenfalls aufgefressen, dieser Kannibalismus hat wahrscheinlich keine menschlichen Hemmungen und seelischen Regungen vorausgesetzt – somit ist dieser ganze Wahnsinn eigentlich nur eine Anteiligkeit von den verschiedensten Programmierungen in unseren Menschenhirnen!

Wie auch die Kriege zu diesem kollektiven Menschenwahn erkennbar sind! Am unverständlichsten aber ist es, erkannt zu haben: dass trotz aller angesammelten philosophischen Ausrichtungen und Bedenkungen: die beteiligte Menschheit im 20. Jahrhundert noch grauenvoller und wahnsinniger sich zu vernichten versuchte, eine gegenseitige Ausrottung die bis in die industrielle Vernichtung zum Holocaust sich auswirkte… Der Mensch tut das seiner Menschenart an – und selbst die Vernichtungen in den Konzentrationslagern (der Nazi-Bestien) sind von Menschen an Menschen entsetzlich getan worden.

Menschen foltern, quälen, töten und morden – welch eine Welt der tragischen Ausweglosigkeit und brachialen Sinnlosigkeit. Die Philosophin Martha Nussbaum in dem DIE ZEIT-Interview vermerkt: „Ich behaupte, dass es immer falsch ist, ein fühlendes Wesen im Streben nach seinen Zielen zu behindern, wenn diese Behinderung nicht nur zufällig, sondern entweder böswillig oder schuldhaft fahrlässig ist. Wie üblich im Recht mache ich eine Ausnahme bei der Selbstverteidigung und der Verteidigung anderer. Ich entwickle auch eine komplexere Argumentation, um zu zeigen, dass es sich dabei nicht nur um Desiderate, sondern um tatsächlich Rechte handelt“

Schlecht gebrüllt, als philosophische Löwin! Was bedeutet all das zu Bedenkende in dieser Kopf-Branche, wenn dann in der Wirklichkeit das Fleisch der Tiere weiterhin (auch) von dieser Philosophin aufgefressen wird… – da kann man nur im Sinne des Aristoteles argumentieren: Der Mensch ist das furchtbarste Raubtier auf diesem Planeten! – und wir sollten darüber nachdenken: …wenn wir Menschen die Schweine wären und die Schweine die Menschen! Im Übrigen hat dieses ZEIT-Interview mit Martha Nussbaum eine (animalisch) bedeutungsleere Entschleunigung – und die Interviewerin (oder Gesprächsanfragende) Elisabeth von Thadden sollte sich an die Kandare nehmen: diese Beantwortende als die einflussreichste Philosophin der Gegenwart zu positionieren.

Schon alleine die Fragestellung dero von Thadden: „Was ist daran auszusetzen, die Schmerzfähigkeit der Tiere philosophisch zu erfassen?“ – treibt einen auf die Spitze der Unfassbarkeit und der RvM schreit zudem in diese Menschenwelt hinaus: Stoppt endlich die furchtbaren Tierversuche; und fresst pflanzliche Nahrung! Auch wenn der Blumenkohl Euch evtl. verkohlt, dass da behauptet wird, dass hierbei ebenfalls eine Schmerzgrenze überschritten wird. Also sollten wir doch nur noch von Luft und Liebe leben. Ich jedenfalls wollte mit keiner Frau (sexuelle) Liebe haben, die kurz zuvor noch eine Schweinshaxe in sich reingefressen hat und zudem den Schweinebeinknochen abnagt… Bildlich besehen mag ich mir auch solche Verdauungen wirklich nicht vorstellen wollen. Ein verdautes Lebewesen wird zu menschlicher Scheiße! – Axel Manfred Rvmpf von Mansfeld

 

Vielen Dank für dies „Gespräch von Elisabeth von Thadden per Mail“ mit Martha Nussbaum zu deren neuen Buch „Gerechtigkeit für Tiere“. Ob sie sich selbst als „einflussreichste Philosophin der Gegenwart“ sieht, wie die redaktionelle Einführungsnotiz meint, darf bezweifelt werden. Wichtig ist, dass sie sich als lernende Philosophin sieht, die viel weiß, aber nicht alles. Darüberhinaus lässt sich Grundlegendes über uns und unser Verhältnis zu Tieren von ihr lernen: Ein Beitrag, dem viele Leser zu wünschen sind. – Eckhard Heumann

 


 

 

Leserbriefe zu „Das ist also wieder cool?“ von Anna Mayr

 

Die Raucherwochen bei der ZEIT gehen also weiter. Ich hatte dazu ja schon mal geschrieben. Was bin ich froh, dass meine Nachhilfeschüler*innen bisher alle Nichtraucher*innen waren. Zumindest gehe ich stark davon aus, weil ich diesen ekligen kalten Rauch auf drei Meilen hin rieche. Ich glaube, ich hätte verpestete Schüler*innen erst gar nicht angenommen.

Irgendwie traue ich den Statistiken nicht. Meine eigene Erfahrung spricht eher dafür, dass das Rauchen (auch bei Jugendlichen) schon länger nicht mehr im „Trend“ ist, was ich für sehr positiv halte. Umso schlimmer, was sich die Nikotin-Mafia mittlerweile alles ausdenkt, um diesen Trend umzukehren und um die Jugend anzufixen. – Thomas Manthey

 

Danke fuer den Artikel Ich wohne in Deutschland seit 1991 Allerdings ich komme aus einem land wo in 1975 die Tabakfirmen waren staatsfeind nummer eins genannt GANZ anders als in Deutschland wo ich bin der meinung dass das Rauchen nicht nur cool war und ist….waren sie mal im Berghain oder Insomnia oder im Hotel Marriott s bubble draussen zb aber auch gut fuer die wirtschaft !!! Es gab in 2014 ein bericht was sagte dass das Gesundheitsministerium ca 9 million eu ausgegeben hat um das Rauchen zu bekaempfen !! wow ! waehrend die Tabakfirmen genau soviel augegeben hatten bei werbung PRO TAG !!

Die Bundesregierung hat SEHR hart gekaempft um einschraenkungen fuer Tabakwerbung zu reduzieren ! Spaetkauf? von mir kann ich innerhalb 120 m VIER finden Werbung? nicotin werbung gibt es immernoch bei jeder Bushaltestelle, wo die warnung so klein wie moeglich unten geschrieben ist….besser so fuer die Tabakindustrie die eine neue fabrik in Brandenburg jetz hat !! was machen die da? nicotin produkten herstellen…… fuer Oasteuropa sicherlich Jeder zweite Tatortommmissar…ungefaehr weil es so natuerlich aussieht !!

Der ex Bundeskanzler was sogar Tabakmann des Jahres gennant in 2008…so eine ehre ! Findet man das wort Rauchen in einem Koalitionsvertrag? ueberhaupt? irgendwann? Ich zweifele Wie oft bis zum 2005 ich am tisch mit rauchern sass und gehoert habe ….gehen sie nachhause Ami…wir rauchen hier !! Oh es ist besser geworden….wie die Tabaklobby gekaemfte hat ….dass das Rauchverbot beim essen die wirtschaft kaputt machen koennte..und diese logik hat sehr lange so gut funktioniert ! So sorry fuer die rant hier – Brian Agro

 

Haben Sie nicht etwas vergessen? Etwa den Schwiegersohn Sigmund Freuds, der den Wahn des Zigarettenrauchens genial vermarktet hat und damit für unzählige Tote und schwer geschädigte Menschen steht? Das gleiche Genie, das einen räuberischen Feldzug der USA in Guatemala propagandistisch auf den Weg brachte etc., etc.

Edward Louis Bernays, geb. 22. Nov. 1891 (und mit 94 Jahren steinreich in New York gestorben) – war ein vielfältiges Propaganda-Genie. Ohne ihn wäre der Wahnsinn des Zigarettenrauchens und -Inhalierens nie aus der miefigen Ecke der Gelegenheits-Raucher herausgekommen. Er war ein Meister der ‚Public Relations‘, – ein schillernder Begriff, den er prägte und mit dem er den Nikotinmissbrauch aus der Schmuddel-Ecke herausbrachte und ihn nobilitierte…

Als Internist habe ich Unzählige an den Folgen dieser Sucht leiden und – viel zu viele – quälend zugrunde gehen sehen. Kriege und Notzeiten (Zigaretten als Ersatz-Währung) taten ein Übriges, um aus der gemütlichen Tabakspfeife oder der gepflegten Zigarre eine tödliche – weil tief inhalierbare – Waffe zu machen. Danke für Ihren sehr lesens- und beherzigenswerten Beitrag. – Bitte bleiben Sie dran; angesichts des sinkenden Einstiegsalters von Rauchern kommt der anspruchsvollen Presse eine steigende Bedeutung zu. – Dr. Hans-Georg Fritz

 


 

 

Leserbriefe zu „Wiener Lektionen: Wo beginnt Schuld? Wann endet die Unschuldsvermutung?“ von Peter Kümmel

 

Der Sender 3sat hat in seinem Programm für Dienstag, den 24.01. von 20,15 > 21,45 h den Film Die Toten von Salzburg annonciert. Einer der Hauptdarsteller Florian Teichtmeister. Ob der Sender den Film herausnimmt und einen Ersatzfilm bringt ? Herausschneiden, wie bei Kevin Spacey, geht sicher nicht Ich würde das für falsch halten, da der Fall wohl noch nicht abgeschlossen und Schuld gerichtlich festgestellt ist. – Hartmut Wagener

 

Ich verfolge die medialen Äußerungen zum Thema Burgtheater- Schauspieler Florian Teichtmeister. Mit Interesse habe Ihre Ausführungen dazu gelesen. Nun teile ich Ihnen meine Erfahrungen zu diesem Fall und auch zum anderen österreichischen Kriminalfall, der Bankenskandal um Herrn Pucher, ehemalige Commerzialbank. Nicht der einzelne Täter macht mir Angst, sondern sein Unterstützungssystem.

Das sind die Aufsichtsorgane, Richter, Anwälte und im Fall Teichtmeister auch die Psychiatrie. Es heißt immer wieder, Teichtmeister wäre schon seit zwei Jahren in psychologischer Behandlung. Die Datenträger wurde aber erst nach etwa 1 1/2 Jahren polizeilich untersucht. Warum wurde ihm in der sogenannten Therapie nicht die sofortige Auflage erteilt, sich von seinem kriminellen Bildmaterial zu trennen. Der Konsum hat also auch während der Therapie bestanden?

Ich möchte keineswegs von dieser psychiatrischen Einstellung, den Täter weiterhin gewähren zu lassen, als Patient etwas zu tun haben. Da kann ich nur noch mehr Schaden erleiden und keinesfalls Genesung erfahren.Auch auf mein Vertrauen in den Rechtsstaat wirkt sich Komplizenschaft aus. Wieso kann ein Richter in gehobener Position gleichzeitig Anwalt sein? Ich spreche aus sehr leidvoller eigener Erfahrung, wo in oberflächlichster Prozessführung ein Fehlurteil gesprochen wurde. Furchtbare Juristen, diesen Begriff habe ich schon vor Jahren in der ZEIT gelesen.

Ich habe der österreichischen Psychiatrie nie vertraut deshalb war ich mit meinen Beschwerden auch in einer Klinik in Deutschland in Behandlung. Aber letztendlich verdanke ich meine Genesung meinem Glauben an die Höhere Macht. Ich verteufle nicht Teichtmeister, denn Kranksein ist keine Schande, aber nichts dagegen tun schon. Allerdings nicht als Strafmilderung und Alibitherapie, das führt nicht zur Genesung von Abhängigkeitserkrankungen. – Ida Diemberger

 

Der Artikel, der im Feuilleton eingeordnet ist, setzt sich mit dem Umgang mit sexualisierter Gewalt an Kindern und Jugendlichen von kulturschaffenden Täter*innen auseinander und damit, wie die Kulturszene mit sexualisierter Gewalt (hier von Kindern und Jugendlichen) innerhalb ihres eigenen Kontexts umgeht.

Doch werden im betreffenden Artikel weder die Opfer angemessen gewürdigt, noch gibt es eine klare Positionierung des den Text zu verantwortenden Journalisten, dass es sich hier um sexualisierte Gewalt gegenüber Minderjährigen handelt. Zitat: „Teichtmeister hat selbst, soweit bisher bekannt ist, keine Minderjährigen misshandelt.“ – Diese erschreckend verharmlosende Einschätzung erinnert an die langandauernde Diskussion um die Frage, ob psychische Gewalt im Verhältnis zu körperlicher Gewalt überhaupt als Gewalt und mit schwerwiegenden Folgen für die Betroffenen anzuerkennen ist.

Ich möchte auf den erfreulichen Leitartikel in der ZEIT Nr. 1 vom 29.12.22 „Klein und allein“ hinweisen, in dem die Autorin die Politik kritisiert hat, Kindeswohlthemen würden u.a. deshalb vernachlässigt, weil damit keine „Karriere“ gemacht werden könne: Sieht so aus, als wäre das bei der ZEIT auch ein Thema?

Denn weshalb wird über einen mutmaßlichen schauspielernden Sexualstraftäter berichtet und wie sein Arbeitsumfeld (das international bekannte Burgtheater) mit ihm und entsprechendem Verdacht umgegangen ist, aber nicht darüber informiert, was sog. Kinderpornografie im Internet wirklich ist, nämlich eine Form sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche, welche schwerwiegenden Folgen sie hat, welches Leid sie auslöst, wie Betroffenen geholfen werden kann, wie überhaupt Anzeichen für Betroffenheit erkannt werden kann, wie eine gute Prävention aussieht und nicht zuletzt darauf hingewiesen wird, wo Täter*innen Hilfe bekommen können.

Die Unabhängige Beauftragte für Fragen sexuellen Kindesmissbrauchs informiert hierzu ausführlich auf ihrer Website (https://beauftragte-missbrauch.de); auch wird über die massiv gestiegenen Fallzahlen, hinter denen sich eine hohe Dunkelziffer verbirgt, berichtet. – Dr. phil. Anja Lorenz

 


 

 

Leserbriefe zu „Unser Reporter Wolfgang Bauer hatte in Afghanistan viele Helfer. Nach der Machtübernahme der Taliban holte er sie zu sich nach Reutlingen. Und dann?“ von Wolfgang Bauer

 

Zuerst Dank an den Fotografen! Die eingefangene Unterschiedlichkeit der Blicke sagt „mehr als tausend Worte“ – die Öffnung des Angesichts, die Aufhellung der Seele bei gleichbleibender Attitüde – unmittelbar begreift man und die Portraits rühren tief an Herz! Und dann der Artikel – diese unglaubliche vielschichtigen Aspekte verdeutlichend, die mit Migration zusammenhängen und von jeweils konkreten Individualitäten gelebt werden muss. Auch da Leserdank hier explizit geäußert! – Frauke Roloff

 

Ihr Artikel hat mich bestürzt und eine Menge Fragen bewegen mich. Aber eine möchte ich Ihnen persönlich stellen: Wieso konnten Sie und Ihre Kollegen Ihre afghanischen Helfer vor Ort in den vielfältigen Kontakten in den 20 Jahren der Zusammenarbeit nicht überzeugen bzw. beeinflussen, dass eine offenere und bildungszugewandtere Gesellschaft von Frauen und Männern auch für Afghanistan der einzige zukunftsfähige Weg ist? Wie kann es sein, dass die Ehefrau eines Ihrer Helfer nicht lesen und schreiben kann ? Wie kann es sein, dass eine Ehefrau ihren 4 Töchtern das neue Leben derart schwer macht und sie sich zurück sehnt?

Wenn nicht diese intelligenten Männer zu mehr Einsicht kommen, was Bildung und Frauenrechte anbelangt, wie ist es dann erst recht um die normale afghanische Bevölkerung bestellt ? Hoffnung machen da Mädchen wie Mokadassa… Ich wünsche Ihr sehr, dass die Männer ihrer Familie, die sie jetzt noch bedienen muss, ihrem Weg in ein anderes freieres Leben in Deutschland nicht im Wege stehen. – Ingrid Kube

 

Der Bericht über Möglichkeiten und Befindlichkeiten der nach Reutlingen geholten Helfer und ihrer Familien aus Afghanistan spiegelt deren unterschiedliche Prägungen und Hoffnungen, die sie von dort mitgebracht haben. Damit verbunden ist natürlich immer die Frage, wie es denn nun in Afghanistan weitergehen könnte. Wenn es dort positive Entwicklungen in Richtung mehr Eigenverantwortung und individuelle Entscheidungsmöglichkeiten für jeden Einzelnen und weg von festgelegten Verhaltensvorgaben geben soll, dann müssen die Taliban entweder weg, oder sie müssen von ihrem statischen Religionsverständnis Abschied nehmen. Eine gesellschaftliche Ordnung, die sich primär auf Kontrolle und Waffengewalt stützt, kann nicht in Anspruch nehmen, sich auf Religion zu beziehen. Darum geht es – nicht nur in Afghanistan. – Christoph Müller-Luckwald

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Position: Lasst doch kommen, wer Deutsch lernt!“ von Wolfgang Steinig

 

In Ihrem Artikel “Die Position: Lasst doch kommen, wer Deutsch lernt!” aus der aktuellen Zeit (Nr 4/23) argumentieren Sie sehr stringent, dass das neue Zuwanderungsgesetz ein großes Augenmerk aufs Deutschlernen legen sollte. Das ist so schlüssig argumentiert, dass es jedem mit etwas gesundem Menschenverstand einleuchten muss. Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass die Bundesregierung Ihrer Argumentation folgt. Eine derart weitreichend sinnvolle Entscheidung der Bundesregierung bleibt jedoch – ohne desillusionierend wirken zu wollen – leider schwer vorstellbar. Herzlichen Dank für Ihren bereichernden Kommentar. – Dr. Johann-Baptist Kleber

 

(Die Überschrift, d. Red.) lässt mich doch sehr im Unklaren, 1. ob dies jetzt ein Test an die Leser ist, ob falsche Grammatik auffällt, 2. ob dies Satire darstellen soll oder 3. ich mein ABO kündigen soll, was ich schon länger überlege, da die ZEIT in ihren Artikeln sehr am Mainstream hängt, und mir wenig bis keine Hintergrund- Informationen liefert, um mir die Möglichkeit der eigenen Meinungsbildung zu ermöglichen. – Ute-Charlot Bergmann

 


 

 

Leserbriefe zu „Stimmt’s? Kinder in der DDR waren früher trocken“ von Christoph Drösser

 

Ich abonniere die Zeit, weil mich neben der Vielfalt Eurer Themen Eure Fähigkeit, vielfältige Meinungen und Sichtweisen zu tranportieren und zuzulassen, auch abseits fester, scheinbar „allgemein gültiger Wahrheiten“. Gerade deshalb enttäuscht mich der kurze Artikel der Rubrik „Stimmts?“ dieser Woche um so mehr.

Es scheint auch für Euch gegeben, dass in ostdeutschen Krippen und Kindergärten regierungskonform gedrillt wurde. Sicher wurden auch gesellschaftspolitische Ansichten transportiert. Aber gehen sie doch mal in einen ländlichen katholischen Kindergarten in Unterfranken mit einem nicht katholischen oder vielleicht sogar muslimischen Kind. Die Erfahrungen meiner damals kleinen Tochter ( u.a. die permanente Androhung der Hölle für das Heidenkind) waren für sie wesentlich verstörender als meine Jahre oder die meiner Nichte in einem ostdeutschen Kindergarten.

Das wesentlichste, was mir im Kindergarten mitgegeben wurde, war das Selbstverständnis der Vollzeit berufstätigen Mutter. Ich bin Jahrgang 1965. Auch wird mir häufig von gleichaltrigen und teilweise auch jüngeren Freunden hier in Unterfranken von Schlägen in KiTa und Schule berichtet. So etwas kenne ich nicht aus meiner Kindheit. Deshalb final noch einmal meine Bitte: Bleibt bei Eurer hinterfragenden Sichtweise mit Respekt für andere Meinungen, Ansichten, Lebensformen und bedient keine klischeehaften Ansichten. – Gabi Schönborn

 

Stimmt’s Herr Drösser, man muss mal wieder einen kurzen Beitrag bringen, der das Quälen der Kinder in DDR Krippen thematisiert. Es wird über Massengräber auf dem Gebiet kanadischer Klöster berichtet, wo katholische Nonnen und Mönche Kindern von Ureinwohnern das Christentum beibringen wollten. Die Massengräber der Kinder sagen eigentlich alles aus über die Methoden, die dort angewandt wurden. Deshalb braucht man darüber auch keinen Artikel schreiben. – K. Eckbrett

 


 

 

Leserbriefe zu „Francesco Giammarco entdeckt: Babysprech“ von Francesco Giammarco

 

Ihr Artikel zum Thema Babys erste Worte und Taten hat mich sehr amüsiert. Wir haben uns als Familie mit einem 1 ½ jährigem Sohn/Enkel/Neffen wieder gefunden in ihren sehr witzigen und (zumindest bei uns) voll zutreffenden Zeilen. Mein Schwiegersohn merkte an, nachdem er den Artikel las: „sehr kurzweilig und man merkt, wie gern der Autor seinen Sohn hat“. Ich bin übrigens der Opa. – Peter Neumeier

 

Die Glosse dieses begeisterten Vaters ist drollig. Einzig etwas ist wohl falsch daran: daß er an Entwicklungsfortschritten zu erkennen meint, daß sein kleiner Sohn damit ein richtiger Mensch würde. Jedes Neugeborene ist ein Mensch ,weder richtig noch falsch ; diese Eigenschaftswörter sind die falsche Kategorie für MENSCH. So ist dem kleinen Sohn gutes Gedeihen und Entwickeln zu wünschen wie jedem Menschen nach seinen/ihren und den äusseren Möglichkeiten ist.Aber davon unabhängig darf kein Mensch als richtig oder falsch bewertet werden – das Handeln ja, aber niemals das Sein. So war es ja auch sicher nicht gemeint, aber diese Kategorie wurde früher schon einmal ganz falsch benutzt. – Gertrud Tammena

 


 

 

Leserbriefe zu „Dieser Text ist Schrott!“ von Daniel Haas

 

Dieser Text ist kein Schrott. Danke für den humorvollen und sympathischen Artikel über das Impostor-Syndrom, in dem ich mich, als Frau, sogleich erschreckt wiedererkannt habe. Dass der Autor Daniel Haas daraus eher einen Segen ableitet, zumindest für die Arbeitswelt, beruhigt dann irgendwie wieder. Lediglich ein Aspekt fehlt mir: Woher kommt diese Denk- Handlungsweise? Welche Ursachen hat sie? – Gisela Westenberg

 

Es ist tatsächlich ein genialer Text aus Ihrem Kopf in – wahrscheinlich – Ihren PC geflossen. Können Sie sich vorstellen, Putin hat das „Impostor-Syndrom“! Möglicherweise läuft er immer noch in seinem Kämmerlein auf und ab und grübelt: „ Mach ich das mit der Ukraine? Ist das nicht ein bisschen riskant, wegen des Westens? Was, wenn die der Ukraine helfen? Das kann doch nur in die Hose gehen!“…Und dann wieder von vorne… Fazit: Impostors an die Macht! – Matthias Lohse

 


 

 

Leserbriefe zu „Eine Frage der Dioptrien“ von Christine Lemke-Matwey

 

Kann man mit diesen AR-Brillen auch Sitznachbarn AUSblenden? Frage für eine ehemalige deutsche Tennisspielerin, die kürzlich ihr Leben stundenlang für Wagner aufs Spiel gesetzt hat. Die Dioptrien dürften kein Problem sein, ansonsten hätte sie den Ball wohl kaum so gut getroffen. – Thomas Manthey

 

Außer den „Glöckner von Notre Dame“-Streifen habe ich nie einen anderen Film mit Gina Lollobrigida (1927-2023) gesehen, in dem sie mitgespielt hat. Nun hat auch sie uns auf Nimmerwiedersehen verlassen, aber ihre Filme werden uns noch länger begleiten, und das werden wir bald selbst am eigenen Leibe zu spüren bekommen. Bilde ich mir das nur ein oder machen sich heuer, kaum dass das Jahr 2023 begonnen hat, besonders viele Prominente, hurtig schnell auf ihre letzte Reise ohne Wiederkehr. – Riggi Schwarz

 


 

 

Leserbriefe zu „Immer auf der Sonnenseite“ von Kim-Melina Bertram (Grafik) und Stefan Schmitt (Text)

 

Als Mensch höheren Alters kann ich mich noch gut an die erste Euphorie zu dieser Art der “sauberen“ Energiegewinnung erinnern. Auch ich war fasziniert von der Vorstellung einer konstant verfügbaren Energiequelle, die zudem für ihren Betrieb keine Ressourcen verbrauchen würde. D.h. weder Landschaft verwüsten, noch Schadstoffe in die Luft setzen und keine Abfallberge türmen. Doch schon damals kamen kritische Stimmen auf – zum Nachdenken anregende, also ohne öffentlichen Klamauk und medienwirksame Nötigungsversuche – die auf die Auswirkung einer nicht auszuschließenden störfallbedingten Positionsänderung des gigantischen Mikrowellenstrahlers hinwiesen, wodurch ganze Städte in Brand gesetzt werden könnten.

Heutzutage käme noch die Möglichkeit einer militärischen Zweckentfremdung der orbitalen Sonnenspiegel hinzu. Man denke nur an Charaktere wie Putin und Kim Jong-un, die pubertär alle Weile mit ihren Nuklearwaffen drohen zu müssen glauben und deshalb in ihrer Paranoia bestimmt schon an entsprechendem Böse-Buben-Spielzeug arbeiten lassen. – Ernst Kaffanke

 

Unsere Erde wird immer schwerer, weil laufend Meteoriten hernieder prasseln, auch steigt die Spannung der Erde, weil laufend Elektronen zur Erde nieder prasseln. Da der Mond kleiner ist als die Erde, dadurch der Sonnenwind den Mond seltener erreicht gibt es eine Spannungspotentialdifferenz zwischen Erde und Mond, die geerntet werden kann, wenn man Erde und Mond zum Beispiel mit einem Draht verbindet.

Da der Abstand Mond Erde sich laufend ändert, sind komplizierte Drahtwickelspulen notwendig. Aber in Brasilien, im Stamme der Casa-de-bola Indianern ist ein neuer Super-Gummi entdeckt worden, der elektrisch leitfähig ist und das Problem sehr elegant löst. Dieses hochinteressante Projekt soll gleichzeitig mit dem Weltraumaufzug realisiert werden, über den Weltraumaufzug hatte bereits DIE ZEIT zeitnah berichtet.

Der berühmte Wissenschaftler, der diese Zukunftsideen verfolgt ist leider, auf der Strecke Wendlingen Ulm mit fehlerhaftem Fahrschein aufgegriffen worden und musste darauf, warum auch immer, einige Tage in Stuttgart Stammheim verbringen, wo seine Ideen entstanden. Sehr geehrter Herr Schmitt,

lassen Sie sich bitte nicht verunsichern, auch ein Herr Jules Verne musste Spott ertragen. – Ulrich Bosshammer

 


 

 

Leserbriefe zu „»Scheut euch nicht, die Kirche zu kritisieren!«“ Gespräch mit Hans Zoller geführt von Evelyn Finger

 

Als Kinderchirurg ist für mich die Verhinderung der sexuellen Misshandlungen von Kindern ein wichtiges Thema. Die Klage von katholischer Seite, dass es diese doch auch außerhalb der katholischen Kirche gebe, bleibt in dem Interview unkommentiert. Aus Ländern, wo die katholische Kirche eine wissenschaftliche Untersuchung nicht verhindern konnte (z.B. Australien) ist bekannt, dass das Risiko für Kinder, in der katholischen Kirche Opfer von Misshandlung zu werden, deutlich höher ist als im Rest der Gesellschaft (seien es Sportvereine, andere religiöse Gemeinschaften, etc.- s. ZEIT 37/2018).

Der Grund liegt auf der Hand und wurde in deutschen Missbrauchsgutachten auch benannt: einerseits die erzwungene Asexualität der Priester durch das Zölibat, und andererseits ihre ungeheure Macht, die kaum einer Kontrolle unterliegt. Wir gestatten in Deutschland weiterhin den katholischen Kirchenfunktionären ihre Organisation in einer Weise zu führen, die eine erhöhte Rate von sexuellen Misshandlungen insbesondere von Kindern zur Folge hat.

Es ist mein Bedürfnis, dass dieser katastrophale Zustand möglichst rasch beendet wird. Weil wir davon ausgehen müssen, dass die katholische Amtskirche sich weiterhin den dringend notwendigen Reformbemühungen erfolgreich widersetzen wird, kann nur eine Verkleinerung ihrer finanziellen und organisatorischen Basis in absehbarer Zeit wenigstens einige dieser Misshandlungen verhindern. Ich bitte daher alle Mitglieder der katholischen Kirche, diese zu verlassen und sich einer anderen christlichen Konfession anzuschließen, bis das Zwangszölibat abgeschafft wurde, und Gleichberechtigung, Gewaltenteilung und andere basale Rechte auch in der katholischen Kirche gelten, sodass insbesondere Kinder dort besser geschützt werden. (*)

(*) Raoul Löbbert schrieb dazu in der ZEIT 7/2021: » „Die Kirche“, fasste vor einigen Jahren ein Weihbischof in einem Hintergrundgespräch mit mir die katholische Philosophie zusammen, „hat schon vieles überstanden in ihrer Geschichte: Sie übersteht auch die Demokratie.“ Das meinte er ernst.« Dazu dürfen wir es so wenig kommen lassen wie zu einem Triumph der anderen Trumps und Orbans dieser Welt! – Dr. med. Eberhard Schmiedeke

 

Gipfel der Scheinheiligkeit! Kein Wort über die Ursachen dieser Krebsgeschwulst der katholischen Kirche. – dr. Salvatore Algieri

 


 

 

Leserbriefe zu „Antakya“ von Carolin Würfel

 

Ein ganz vortrefflicher Städtebericht von Carolin Würfel. Da bekommt man gleich Lust selbst hinzufahren. Ich hatte die Stadt bis dato gar nicht auf dem Schirm gehabt. Im Zuge meiner nächsten Fußreise nehme ich mir nun vor, dem alten Antiochia einen Besuch abzustatten. Lieben Dank für die Inspiration. – Michael Ayten

 

Warum machen Sie so einen „Teaser“ für die Flugindustrie? Dieser Artikel führt uns doch auf die falsche Spur, denn er verleitet zum Fliegen und das ist der schnellste und ungerechteste Antreiber der Klimakatastrophe. Ein jede*r weis das. aber trotzdem veröffentlichen Sie einen Artikel der in Millionen Leser*innen ein Gefühl auslöst von: „Das will ich unbedingt noch schnell machen bevor mir die blöden Wissenschaftler, Bedenkenträger, Aktivisten und Politiker den Spaß auch noch verderben!“

Sie reden damit einem gedankenlosen Luxus für Reiche das Wort, der auch noch vom Staat durch großzügige Steuergeschenke gefördert wird und die Klimakatastrophe extrem beschleunigt! Wie lange wollen Sie das noch machen? Wie lange wollen Sie bei Ihren Leser*innen den letzten Gletscher bzw. die letzte Paradiese anpreisen und damit genau den Massentourismus befeuern, der unwiederbringlich unsere Kinder in den immer größer werdenden Abgrund der Klimakatastrophe stößt? – Klaus Siersch

 


 

 

Leserbrief zu „ABENTEUER ANTARKTIS. FOLGE 9. Eisfußball und Bananen“ von Stefanie Arndt in ZEIT leo, die Seite für Kinder

 

Bei der Erstausstrahlung war mir Frau Arndt noch nicht bekannt, aber bei der kürzlichen Wiederholung von „Kaum zu glauben“ im NDR fragte ich mich, ob das nicht Ihre Antarktis-Reporterin ist, was mir das Netz daraufhin bestätigte. Ich wusste gar nicht, dass Frau Arndt schon ein solches Renommee als Forscherin und Autorin hat. Das geht ja fast schon in Richtung Astro-Alex. Aber kein Wunder, wenn man die Endurance (mit)entdeckt hat.

Ich finde ihre Berichte über das Leben und die Arbeit am Pol sehr interessant. Die Fragen, die die Kinder ihr stellen dürfen, sind ebenfalls sehr interessant. Als Kind wäre ich auch mal gerne zu den Polen gereist. Bis heute meine zweitliebsten Traumreiseziele nach dem Mond, vielleicht auch noch die Wüste (die Antarktis ist ja auch nur eine Eiswüste). Also alles, wo möglichst wenige Menschen leben. – Thomas Manthey

 


 

 

Leserbrief zu „MEIN LEBEN ALS FRAU. Deutscher Traum“ von Antonia Baum

 

Puh, da haben Sie echt noch mal Schwein gehabt, dass der Sie nicht ausgeraubt hat. Solchen zwielichtigen Gestalten will ich ja nicht über den Weg laufen, wenn Sie mich fragen. Das sind doch alle Berufsverbrecher! – Michael Ayten

 


 

 

Leserbrief zu „Oooooooooooooh! Es funkelt!“ von Volker Weidermann

 

Das romantische Lebensgefühl – mitnichten eine typisch deutsche Angelegenheit! Wie es durch Ken Kesey als Reise ins innere Ich, als gemeinschaftlich Erlebtes, als Vision einer harmonischen Einheit von Kunst und Leben in das Amerika der 60er Jahre hineinwirkte, – das fängt der „Sternstunden“- Artikel beeindruckend ein. Gerade weil der Verfasser selbst von Keseys Begabung zur mitreißenden Selbst-Inszenierung so beeindruckt ist. Kein Wunder, dass Weidermann im „Dichtertreffen“ die Begegnung mit diesem Guru als seine schönste dargelegt hat. Es bleiben jedoch irritierende Widersprüche in dem Romantik-Projekt, durch das ein Hauch von Rio Reiser weht.

Einerseits die Neugier, die Offenheit für alles, der fundamentale Angriff auf die normierte Welt, – andererseits das fatale Denken in starren Gegensätzen: Entweder „ewige Finsternis“ oder „Glück für immer“. Das ist wenig lebenspraktisch. Und so sprang der Motor auch nicht an, der Motor jenes legendären Reisebusses, den Kesey seinem erwartungsvollen Besucher Weidermann stolz vorführen wollte.— In Keseys Vision von einer besseren Welt spielen Drogen eine große Rolle. Man sollte doch eigentlich viel mehr auf die eigenen Gemüts-und Geisteskräfte – im besten romantischen Sinne – vertrauen als auf Rauschmittel, bei denen man sein eigener Herr nicht ist. – Ingeborg Lukas

 


 

 

Leserbrief zu „Er hat die Server von Unis gehackt. Zum Glück ist er einer von den Guten“ von Eva Wolfangel

 

Das Problem der Unis ist dasselbe wie im gesamten Öffentlichen Dienst: in der IT sind die Gehälter nicht konkurrenzfähig, die Aufgaben oft uninteressant und Aufstiegsmöglichkeiten fehlen. Typisch ist die Reaktion der Uni Düsseldorf auf die Hinweise auf ihr marodes IT-System: völlige Ignoranz. PS: Letzte Woche wurde die IT der TU Freiberg lahmgelegt. – Peter Pielmeier

 


 

 

Leserbrief zu „NACHRUF. Das Gekraulte quieken lassen“ von Jens Balzer

 

Nicht jeder Rockfan dürfte diesen Supersong „Superstititions“ von Stevie Wonder kennen, aber bestimmt die Superversion davon von „Beck, Bogert & Appice“, erschienen auf deren einzigen Studio-LP von 1973, der müsste dann auch diese superstarke Live-Version auf ihrer Scheibe „Live in Japan“ (ebenfalls 1973 veröffentlicht) kennen! Nun, dieser Jeff Beck war eines ganz sicherlich, ein verdammt guter Gitarrist, aber kein „Gitarrengott“, keine „Gitarre-Ikone“ oder schon gar eine „Gitarren-Legende“, diese Begriffe werden heutzutage leider viel zu inflationär verwendet.

Für mich gab es neben Jeff Beck auch noch viele andere fantastisch gute Gitarristen nebenher, die ich natürlich an dieser Stelle nicht auflisten werde, diese Reihe wäre nämlich unendlich lang und ein zu oberbürokratischer Akt für mich, darum lasse ich das lieber sein. Mit und in seinem Trio „Beck, Bogert & Appice“ gelang ihm das, wie ich finde, am Allerbesten. Seine beiden Mitmusikanten in dieser „Super-Group“ (wieder so ein Begriff), die kannten sich bereits aus Zeiten von „Vanilla Fudge“, die sehr psychedelisch, aber auch ziemlich erfolgreich zwischen 1967 bis 1970 ganz groß aufrockten. Irgendwie war dieser Jeff Beck immer „in“ und fast bis zum Schluss auch immer musikalisch unterwegs. Dieser alte musikalische Haudegen hat sich nun leider verabschiedet, sehr schade, aber so ist halt nun Mal der Lauf der Dinge. – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbrief zu „ZEIT für Geld“ von Rüdiger Jungbluth

 

Der Artikel suggeriert eine Norm, nach der die Mutter 12 Monate Elternzeit nimmt, gefolgt von 2 Vätermonaten. Das finde ich irritierend. Es sollte heutzutage die Möglichkeit mitgedacht werden, dass beide Elternteile gleich viel Elternzeit nehmen (oder der Vater gar mehr Elternzeit nimmt als die Mutter). – Jörg Eisfeld

 


 

 

Leserbrief zu „Wir sind die Neuen“ von Josefa Raschendorfer in ZEIT leo, die Seite für Kinder

 

Ich wünsche Ihrem neuen „Kinderrat“ hellwache Augen und Ohren, viel Unterstützung und alles Gute…!! – Klaus Busch

 


 

 

Leserbrief zu „Der Schneimeister“ von Niclas Seydack

 

Vielen Dank für Ihren Bericht über das Skigebiet Sudelfeld: Der Schneemeister, 21.1.2023. Schon seit Jahrzehnten weisen Wissenschaftler darauf hin, dass in unseren Breiten unter 2.000m Höhe kein wirtschaftlicher Skibetrieb mehr möglich ist. Dem Sudelfeld ist wahrscheinlich noch der ein oder andere gute Winter vergönnt, reich wird es damit aber nicht mehr. Ist ein Skigebiet unzuverlässig, dann wandern die Touristen ab. Wie zum Hohn und als Ironie blendet mir mein Browser zu Ihrem Beitrag Werbung für Airfrance ein, um mit dem klimaschädlichsten Verkehrsmittel überhaupt ganz weit weg in die Sonne zu fliegen.

P.S. Das CO2 ist schon in der Luft, der Rest ist Physik, die wir immer noch zu schlecht verstehen. Aber die Klimawissenschaftler wissen, dass wir selbst 2 Grad nicht schaffen. Vor allem weil unsere Regierung fossilen Strukturen und sogar die Ski Infrastruktur weiter massiv fördert. Deutschen Autobauer setzen ähnlich wie beim Diesel auf die technologische Sackgasse immer größerer SUV ́s. Wir zerstören immer mehr Natur damit 0,5 MIlliarde reiche Menschen immer schneller, immer weiter und immer luxuriöser mit Auto, Zug, Schiff oder Flugzeug Reisen können.

So wie Milliarden Menschen noch heute, wuchsen unsere Großeltern ohne Heizung und Badezimmer auf. Reisen waren beinahe unmöglich. Seitdem sind unsere Ansprüche ins Absurde gestiegen und wir verlangen von der Politik, dass es immer noch mehr, unser Konsum immer grenzenloser wird. Dabei fordern auch bei uns die Klimakatastrophen immer mehr Opfer. Vor allem wir industrialisierte Länder, unsere Großeltern, Eltern und wir selbst verursachen diese, töten mit unserem kurzsichtigen egoistischen Verhalten. Tödliche Hitze, Dürren und Fluten nehmen zu. Wir können den Tsunami an Klimakatastrophen, den die Wissenschaft vorhersagt, nur noch mit drastischsten Maßnahmen aufhalten.

Jetzt haben wir die Wahl: Entweder reagieren wir nach jeder Katastrophe mit immer härteren Notmaßnahmen oder wir geben uns schon jetzt freiwillig die größte Mühe zu sparen, zu verzichten, schlauer, besser und gesünder für uns selbst, die Erde und unsere Kinder zu Leben. Über deren Dank und Anerkennung dürfen wir uns schon jetzt freuen. Denn ihnen blühen andernfalls noch viel drastischere Freiheitseinschränkungen. An Energie, Fleisch, Reisen und Luxus zu sparen ist jetzt wichtig. Für die Menschen der Zukunft möglichst viel motivierendes Mitleid zu empfinden und dementsprechend verantwortungsvoll zu handeln, noch viel mehr!

Warum lobt die Zeit dennoch in Reklamen und Artikel, bzw. bieten Sie genau die Produkte und Reisen an (Zeit- Geschenke und Leserreise), die am schlimmsten für unsere Zukunft sind? Warum setzen Sie sich als Verlag und Medienschaffende nicht konsequenter für eine gute Zukunft unserer Kinder ein? Warum drucken Sie nicht mit Ökostrom auf Umweltschutzpapier? Warum fordern Sie Ihre Konkurrenten und Leser nicht zu einem „Sustainability Challenge“ heraus, wie ihn die Luftfahrt bereits tut?https://www.youtube.com/watch?v=_tAyLoJBp_o Es wäre eine Reklame für Sie und ein starkes gesellschaftliches Signal, dass Sie die Mahnungen der Wissenschaftler nicht nur abdrucken, sondern auch verstehen und ernst nehmen.

Die Menschen warten auf eine solche durch Ihre Autorität bekräftigte Bestätigung des unheimlichen Gefühls, dass eine*n jede*n von uns angesichts dieses milden Winters beschleicht! Ich bin selbst Flugkapitän und profitiere massiv von der Steuerfreiheit des Fliegens, aber ich finde diese mehr als unzeitgemäß. – Klaus Siersch

 


 

 

Leserbriefe zu „Über das Land, in dem nicht mal mehr die Post richtig funktioniert“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Das war heute morgen ja wieder einmal grosses Kino! Es ist immer so schön in wenigen Spalten kurz und schmerzlos einen schnellen Blick auf die Realität geworfen zu bekommen. Ich hätte natürlich gerne gewusst was die Kolumne (neudeutsch: getriggert) vulgo: ausgelöst hat. Die Redaktion dürfte mit dem Inhalt nur mittelmässig einverstanden gewesen sein, aber immerhin hat man ihn veröffentlicht. Mein Glück wäre vollkommen gewesen, hätte ich noch gelesen, dass unsere führenden Politiker und Verwaltungsbeamten, nahezu durchweg gekennzeichnet von minderer oder keiner Qualifikation, die aktuelle Lage des Landes und ihre Arbeit sehr positiv sehen.

Das nimmt von unten nach oben in bemerkenswerter und exponentieller Weise zu, weil man unten den Mist sieht und sich damit herumschlagen muss, während oben ja schwadronieren als Kompetenzmerkmal schon reicht. Es immer wieder schön zu lesen welche vermeindlichen Kenntnisse, Erfahrungen und Fähigkeiten jemanden dazu befähigen höherer Verwaltungsbeamter oder gar Minister oder Parteivorsitzende(r) zu werden. Wir sind alte, weisse Männer. Das hat neben einer endlosen Liste von Nachteilen, nur einen Vorteil. Es befähigt zum Vergleich mit einer längeren Vergangenheit. Das würde sogar auch auf unseren Bundeskanzler zutreffen, aber beim ihm tun sich ja altersbedingt offensichtlich schon so viele Erinnerungslücken auf, so dass man da nachsichtig sein muss.

Bei vielen seiner Untertanen (Untertaninnen muss als Begriff aus vielfältigen Gründen wohl erst noch diskutiert werden) ist Nachsicht zu üben, denn sie können es ja nicht besser wissen. Damit leben viele weiter in einer schönen Blase, in der der Staat behauptet alles zu machen und zu können. Geldumverteilung kann schliesslich man am Schreibtisch erledigen, dafür braucht man keine besondere Qualifikation. Funktionierende Infrastruktur, Bildung, Sicherheit, Verteidigung und sonstige staatliche Dienstleistung anzubieten, die das Leben in diesem Staate für eine lange Zeit so angenehm und bewundernswert machte, ist allerdings simple harte, qualifizierte Arbeit und findet nicht in der Talkshow statt.

Nur jede Blase platzt irgendwann und irgendwie habe ich das Gefühl es ist schon passiert, nur gemerkt haben es noch nicht sehr viele. Der Kahn schwimmt ja noch. Kate und Leonardo lassen grüssen. Inzwischen ist bei meinen vielen internationalen Freunden, Kontakten und Besuchern aus aller Welt der Respekt, die Bewunderung und Anerkennung Deutschlands in Höflichkeit und manchmal, meine ich zu verspüren, sogar in Mitleid umgeschlagen. Das gilt ganz besonders bei denen, die auf Reisen hierher kommen und den Wandel dann tatsächlich erleben. Freue mich jede Woche wieder die Kolumne zu lesen, während nach über 40 Jahren Abo, der Rest der Wochenzeitung immer weniger überzeugend ist.

Es ist viel intellektuelles, liberales Denken in Meinungsjournalismus umgeschlagen. Man muss schon in jeder Ausgabe sehr suchen, bis man etwas findet was nicht in gleicher Form, umdekoriert und mit wenig sachkundigem Diskurs auch überall sonst zu lesen ist. Vieles ist inhaltlich zusammengegoogelt und damit flach, breit, vorhersehbar und wenig hinterfragt. ChatGPT lässt grüssen. Also bleiben Sie dran und erfreuen mich weiterhin mit dem ‚Martenstein Weg und Stil‘ im Zeit Magazin. – John R. Semmelhaak

 

Mit Ihrer Häme über zu hohe Steuern schaffen Sie die Stimmung, die bei den Abgehängten zu Verdruss und Randale führt. Die Wohlhabenden, dazu gehören Sie auch (und ich) müssen mehr zahlen, damit Staatsschulden und Umwelt ins rechte Lot kommen. Ps. Auch schnelle Züge sind ein Umweltschaden. – Hartmut Bernecker

 

Und immer grüßt das Murmeltier. Wie lange sollen wir eigentlich das dümmliche und dünne Geschwafel von dem alten Vater noch ertragen? Wenn alles und alle so schrecklich sind, empfehle ich eine Auswanderung in ein Land wo Milch und Honig fließen. Er kann dann hoffentlich bald positiv berichten. Seine Ansichten aus der untersten Schublade des Unwissens mögen uns hoffentlich bald erspart bleiben. Im Tagesspiegel vermisst ihn niemand. Also liebe Chefredaktion der ZEIT nur Mut. – Roger Kutschki

 

Alles über die derzeitige Malaise geschrieben! – Giesela Kettwich

 

DAS IST ES ! Das ist es wirklich! Eine exakte Definition Deutschland. – Thomas Walter

 

Seit Jahren lese ich die Zeit und dazu gehört auch immer die Glosse von Harald Martenstein. Ich finde sie lesenswert, weil er teils bissig aber immer auch originell und witzig so vieles in unseren bunten Zeiten kommentiert. Die letzte hat mir aber gar nicht gefallen. Sie beschreibt unser Land als „Versager auf der ganzen Linie“ und dies in einem überheblichen Ton und leider überhaupt nicht witzig. Schade. – Doris Hoefer

 

Bitte mehr gute Nachrichten Harald Martenstein! Beispiel ‚Flüchtlingskrise‘: Was würden wir machen ohne die BäckerInnen, MalerInnen, ElektrikerInnen, IndustrienäherInnen, MetallbauerInnen, KöchInnen, Restaurantfachkräfte und LogistikerInnen mit Berufsausbildung, abgeschlossen im Schwebezustand der Duldung, in einem Land, in dem angeblich schon vor acht Jahren nichts mehr richtig funktionierte? Unsere LehrerInnen, unser duales Berufsbildungssystem, unsere Ausländerbehörden, unsere Jobcenter, unsere kommunalen Bediensteten, unsere Ehrenamtlichen, unsere Volkshochschulen, unsere ArbeitgeberInnen, unsere IntegrationsmanagerInnen und unsere PolitikerInnen haben sich mit langem Atem der sogenannten ‚Flüchtlingskrise‘ mit Erfolg gestellt. Beispiel ‚Deutsche Bahn‘:

Sich an deren Mängel abzuarbeiten lohnt sich nicht. Das System ist zu komplex. Berichten Sie doch mal was Positives über ein Bahn-Wunder. So wird zurzeit in meiner Heimat zwischen Karlsruhe und Basel die zweispurige Rheintalbahntrasse vierspurig ausgebaut, damit zwischen Genua und Rotterdam noch mehr Güter und Menschen in noch kürzerer Zeit bewegt werden können. Das wunderbare daran ist, dass dies auf einer der meistbefahrenen europäischen Bahntrassen im laufenden Betrieb geschieht. Über viele Jahre schafft es die Deutsche Bahn, den Nahverkehr, den Fernverkehr und den Güterverkehr durch diese Megabaustelle hindurch aufrecht zu erhalten.

Gelegentliche Zugausfälle oder -verspätungen sind da in Kauf zu nehmen. Nach neunundzwanzig Jahren Pendlerdasein mit achtzig täglichen Nahverkehrskilometern sage ich aufrichtig überzeugt „danke Deutsche Bahn“. Fazit: Mir scheint, ich lebe nicht im selben Land wie Harald Martenstein. Verwaltung, Post, Schulen, Supermärkte, die Bedienung im Restaurant, Polizei, Feuerwehr, die Verfügbarkeit guter Handwerker – alles hinreichend frei von Tadel, hier am Fuße des schönen Schwarzwalds. Vielleicht der ideale Altersruhesitz für Harald Martenstein, anstatt in Berlin vorwiegend Negatives erleben und beobachten zu müssen. – JOACHIM WALTER

 

Harald Martenstein ist oft zynisch, aber wie soll man sonst den von ihm geschilderten Umständen in Deutschland noch begegnen?! Stünden doppelt so viele Zeichen zur Verfügung, man hätte auch diesen Platz füllen können, sei es mit der wachsenden Zahl der durch eine Führerschein-Prüfung Fallenden, den aussterbenden Einzelhändlern, Bäckern und Hausärzten oder dem Umstand, dass immer weniger junge Leute ein Ehrenamt bekleiden oder sogenannte MINT-Fächer studieren. Die Schuld-Frage zu klären steht so viel ich weiß noch aus. – Heike Hatzfeld-Graf

 

Man kann sicher viel bekritteln in unserer Republik, aber so durch und durch vernichtend muss kein Kommentar ausfallen. Und ganz ehrlich: Wenn man alles, aber auch wirklich alles nur noch durch den Dreck zieht, so muss man sich auch nicht wundern, wenn letztlich niemand mehr Lust hat, an diesem Zustand etwas zu verbessern. Lieber Herr Martenstein, bitte nicht so fundamentalkritisch ……… das hat die „letzte Generation“ auch nicht verdient und ist absolut nicht geeignet ihr eine Perspektive aufzuzeigen. – Roland ZAHN

 

„Der Postillion ist faul und langsam, ich bin fleissig und schnell. Das ist natürlich, den er arbeitet für Geld, und ich für den Lohn der Liebe.“ Das sagte, lang, lang ist es her, einst der deutsche Dramatiker, Erzähler, Lyriker und Publizist Heinrich von Kleist (1777-1811) über die Post und auch über sich selbst. Sein Zitat dürfte somit mehr als 200 Jahre auch den Buckel haben! Irgendwie war das, was die Post betrifft, nie gerade das Wahre und/oder das Gelbe vom Ei.

Die Bahn war nicht nicht erfunden und kam daher nie unpünktlich, wenn überhaupt, an, Flugzeuge flogen ebenfalls noch nicht, und Autos mit den dazugehören Pannenserien, Unfällen und Staus, die gab es auch noch nicht. Jetzt haben wir das alles, aber vieles hat weiterhin seine Tücken; die Post leidet noch immer an den gleichen Anfangsschwierigkeiten und steckt irgendwie noch immer in den Kinderschuhen fest! Deutschland im Januar 2023 hat noch immer viele klitzekleine Defizite, aber weltweit gesehen, sind wir mit diesem Manko auch nicht die Einzigen. Und das ist irgendwie auch etwas Beruhigendes. – Klaus P. Jaworek

 

Schönen Dank für Ihre wundervolle Zeitung, die ich jede Woche mit Vergnügen lese. Anbei mein Leserbrief zu Kolumne von Harald Martenstein im Zeit Magszin 04/3023: Das in Deutschland einiges im Argen liegt lässt sich schwer bestreiten, aber wo tut es das nicht. Wenn in den letzten 40 Jahren alles derart den Bach runtergegangen ist, dann tragen die heute über 50jährigen den Großteil der Verantwortung. Einem 70jährigen stünde es gut zu Gesicht den eigenen Anteil zu reflektieren und mögliche Verbesserungen für die Zukunft aufzuzeigen, anstatt nur zu jammern. Und anschließend wundert man sich noch, wieso sich die jungen Leute auf der Straße festkleben. – Martin Stapp

 

Vielen Dank für Ihre Kolumne „Über das Land, in dem nicht mal mehr die Post richtig funktioniert“ vom 18.1.2023. Das Heute wird aus der verklärten Perspektive der Erinnerung verurteilt. Ihre Klage gab es schon in der Antike: „Die heutige Jugend ist von Grund auf verdorben, sie ist böse, gottlos und faul. Sie wird niemals so sein wie die Jugend vorher, und es wird ihr niemals gelingen, unsere Kultur zu erhalten“ (nach Paul Watzlawick – Wenn die Lösung das Problem ist (1987 ), ca. 1000 v. Chr., Babylonische Tontafel). https://www.youtube.com/?app=desktop&hl=de&gl=DE

Ihre Analyse stimmt, aber die egozentrische Pascha-Mentalität, die den Staat als Dienstleister sieht, der Ihnen so billig wie möglich so viel Komfort wie nur möglich zur Verfügung stellen muss, steht Ihnen schlecht. Sie klingen schon wie die „Alten“ nach dem Krieg, die wieder dick im Saft riefen: „Unterm Hitler hätte es das nicht gegeben und Autobahnen hat er auch gebaut.“ Sie klagen:

„Die Steuern sind zu hoch, die Züge sind zu schmutzig, zu spät und zu oft kaputt, die Flüge zu selten und teuer, die Autobahnen zu voll und zu schmal, das Internet zu langsam, die Schulen zu schlecht, die Häuser und Parkplätze zu teuer und die Polizei tut auch nichts.“ Unsere Großeltern wuchsen noch ohne Heizung oder Badezimmer auf und Reisen waren für sie beinahe unmöglich. Trotzdem haben sie sich für uns bis ins Grab krumm gemacht und uns dahin gebracht, wo wir heute sind. Dabei haben sie uns auch noch verwöhnt und ein gutes Leben bereitet.

Zu viele der glücklichen (60+) Generationen fragen nicht, was sie für den Staat oder unsere Zukunft tun können, sondern stellen ins Absurde gestiegene Ansprüche. Sie verlangen von der Politik immer mehr grenzenlosen Konsum, größere Autos, breitere Straßen, mehr und billigere Flüge, um über hunderte Kilometer zur Arbeit oder ins Ferienhaus pendeln zu können, und Sie fordern immer mehr und immer billigere Energie. Überall, jetzt und sofort. Ihnen ist es erst mal egal, ob dafür 3 oder 4 Erden nötig sind, um dies zu bewerkstelligen, wenn es alle Menschen auf der Erde täten.

Ich lebe hier, ich kann, ich darf und ich will das jetzt. Das ist ihre kindlich egozentrische Perspektive auf ihr Dasein auf dieser Erde. Davon, dass jeder Mensch eine Verantwortung hat für alle Menschen auf dieser Erde, für unsere Natur und den darin lebenden Tiere, davon wollen sie nichts wissen und darauf sollte nach ihrer Meinung auch „der Staat“, ungeachtet seiner Größe, Reichtums und Macht, keine Rücksicht nehmen.

Sie, lieber Herr Martenstein, sind doch besser als das. Wo ist Ihr feines Gespür für die großen Zusammenhänge, die Unterdrückten und unsere blinden Flecken wenn es um unausgesprochene Tabus geht. Sie wissen, alle wissen: Unser Wohlstand beruht auf der Ausbeutung von Tieren und Ressourcen mit Hilfe von Unrecht und Sklaven ähnlicher Arbeit, er wächst auf Kosten des Klimas, der Artenvielfalt und des zukünftigen Meeresspiegels. Bitte helfen Sie mit, dass es besser wird. Das braucht die Jugend jetzt, so wie wir unsere zupackenden (Groß)Eltern damals brauchten.

P.S. Sehen Sie bitte, wie „Die Zeit“ auf die Klimakatastrophen reagiert: Sie spult einerseits routiniert ihr Pflichtprogramm an Berichterstattung ab, versucht aber andererseits allen Leser*innen mit Werbung und entsprechenden Artikeln das Reisen mit Flugzeug und Kreuzfahrtschiff schmackhaft zu machen. Siehe Zeit Leserreise mit Queen Mary 2! Dabei stand „Die Zeit“ früher immer für das Gute, Richtige, die Gesellschaft in eine humane Richtung Weisende. Jetzt steht sie im hinteren Drittel und bremst eher, als dass sie hilft, die Zukunft unserer Kinder zu verbessern. Der Kern der Marke „Die Zeit“ geht verloren und damit geht auch (für mich) ihr Wert verloren.

Ungetrübt von der Wirklichkeit versucht „Die Zeit“ mit hedonistischen Inhalten den Umsatz zu steigern. Dafür macht sie Werbung für immer mehr Konsum, Reisen und Luxus (aktuelles Zeitmagazin über Design-Spiegel, 1.000 Euro unter dem Meer-Apple Watch). Uns gibt es das gute Gefühl: „Das Fest geht weiter“ und gleichzeitig wirbt sie damit neue Kund+innen für ihre Inserenten und die Verlagseigenen Zeit-Reisen.

Sie macht, gewollt oder ungewollt, Journalist*innen zu Diener*innen eines unzeitgemäßen, rückständigen, die Zukunft unserer Kinder verratenden Kommerz. Die Zeit gräbt sich damit selbst zu Grabe, bzw. buchstäblich unter die Fluten des steigenden Meeresspiegels. Ich erwarte da mehr von Ihnen als Kolumnist und vom Verlag! Wir und unsere Kinder haben eine, in diesem Punkt bessere, „Zeit“ verdient. Sehen Sie das nicht oder haben Sie diesbezüglich schon selbst die Schere im Kopf bzw. wurde Ihnen nahegelegt, das nicht zum Thema zu machen?

Die Klimawissenschaftler wissen, dass wir selbst 2 Grad nicht schaffen. Vor allem weil unsere Regierung fossilen Strukturen massiv ausbaut, Deutschen Autobauer, ähnlich wie beim Diesel, auf die technologische Sackgasse immer größerer SUV ́s setzt und weil wir immer mehr Natur zerstören damit 0,5 MIlliarde reiche Menschen immer schneller, immer weiter und immer luxuriöser mit Auto, Zug, Schiff oder Flugzeug reisen können. Sie fliehen vor der Infrastruktureinöde zu Hause und schaffen somit den Bedarf für noch mehr Infrastruktur.

Warum lobt die Zeit dennoch in Reklamen und Artikel, bzw. bieten Sie genau die Produkte und Reisen an (Zeit- Geschenke und Leserreise), die am schlimmsten für unsere Zukunft sind? Warum setzen Sie sich als Verlag und Medienschaffende nicht konsequenter für eine gute Zukunft unserer Kinder ein? Warum drucken Sie nicht mit Ökostrom auf Umweltschutzpapier? Warum fordern Sie Ihre Konkurrenten und Leser nicht zu einem „Sustainability Challenge“ heraus, wie ihn die Luftfahrt bereits tut?https://www.youtube.com/watch?v=_tAyLoJBp_o

Es wäre eine Reklame für Sie und ein starkes gesellschaftliches Signal, dass Sie die Mahnungen der Wissenschaftler nicht nur abdrucken, sondern auch verstehen und ernst nehmen. Die Menschen warten auf eine solche durch Ihre Autorität bekräftigte Bestätigung des unheimlichen Gefühls, dass eine*n jede*n von uns angesichts dieses milden Winters beschleicht! Ich bin selbst Flugkapitän und profitiere massiv von der Steuerfreiheit des Fliegens, aber ich finde diese mehr als unzeitgemäß. – Klaus Siersch

 

Der Pessimismus eines alten weißen Mannes, dem es wohl lange im Leben sehr sehr gut zu gehen schien, ist wirklich nicht mehr auszuhalten. Machen Sie doch bitte Platz für etwas jüngeres, erfrischerendes auf der Kolumneseite. – I. Then

 


 

 

Leserbriefe zu „Im Spiegel betrachten wir uns jeden Tag. Warum ist er uns so wichtig? Und können wir ihm wirklich trauen?“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Zum Artikel im Zeit Magazin „Das bist nicht du. Im Spiegel betrachten wir uns jeden Tag…“ möchte ich einen Gedanken beisteuern – die Symmetrie. Harmonischer oder schlecht getroffen? Seit einigen Jahren suche ich nach Symmetrien die ungewöhnliche Assoziationen wecken und fand dabei heraus, wie verschieden unsere zwei Gesichts- hälften sind. Symmetrie ist ein Schönheitsideal. Man vergleicht sich im Spiegelbild unbewußt mit sich selbst. Vielleicht gefällt einem die eine Seite von sich etwas besser als die andere. Auf einem Foto dreht sich das dann um und man fühlt sich schlecht getroffen. – Bernhard Hoffmann

 

Es ist zwar nur eine Kleinigkeit, aber als Naturwissenschaftler kann ich diese Aussage einfach nicht unkommentiert hinnehmen: „Der Kopf im Spiegel erscheint […] immer genau halb so groß wie der Kopf vor dem Spiegel.“ Das ist so nicht richtig, und bei näherer Betrachtung gar keine sinnvolle Aussage – wie groß sieht denn schon mein Kopf aus? Ich kann ihn ja nicht sehen. Es folgt ein Versuch der Klarstellung. * Es geht bei dem Satz wohl um den eigenen Kopf des Betrachters, und nicht den Kopf jemandes anderen. Die Köpfe anderer und deren Spiegelbilder können mir in fast beliebigen Größenverhältnissen begegnen, je nachdem, wo ich stehe.

* Wenn ich mich in den Spiegel schaue, sehe ich ja meinen Kopf nicht, sondern nur das Spiegelbild, also ist ein direkter Größenvergleich nicht wirklich sinnvoll. Wie groß erscheint mir der gespiegelte Kopf? Der sieht immer so groß aus, als wäre er von mir doppelt so weit entfernt wie der Spiegel. Aber in welchem Abstand er „halb so groß“ (wie mein für mich nicht sichtbarer Original-Kopf) aussieht, ist eine subjektive Frage. Genauso wenig würde ich eine auf mich zugehende Person zu irgendeinem Zeitpunkt als „halb so groß wie ich“ bezeichnen.

* Worauf der Autor wohl hinaus will, scheint mir folgendes zu sein: Tatsächlich muss ein Spiegel, der den Kopf vollständig abbilden können soll, mindestens halb so groß sein wie der Kopf. Das gilt unabhängig vom Abstand des Betrachters zum Spiegel. Falls ich nun in einen Spiegel schaue, der halb so groß ist wie mein Gesicht, so wird mein Spiegel-Gesicht darin genau „Platz“ finden (falls ich ihn richtig halte). Man könnte daher sagen, das Spiegel-Gesicht und der Spiegel sehen gleich groß aus.

Doch nur weil der Spiegel halb so groß ist wie mein Gesicht, sieht deswegen das Spiegel-Gesicht noch nicht halb so groß aus wie das Gesicht, sondern eben nur so groß wie der Spiegel. Damit die abgedruckte Aussage stimmen würde, müsste der Spiegel halb so groß aussehen wie mein Gesicht, was i.A. nicht stimmt (nicht zuletzt, weil ich mein Gesicht ja gar nicht sehe). Ansonsten ein sehr unterhaltsamer Artikel, ich wusste bisher wenig über die Geschichte des modernen Spiegels. – Dr. Dominik Stürzer

 


 

 

Leserbriefe zu „»WER OFT IN DEN SPIEGEL SCHAUT, ALTERT LANGSAMER«“ von Ubin Eoh im ZEIT Magazin

 

Wow, auf elf Seiten halten Prominente ihr neues iphone ins Bild. Übertragen auf das gute alte Privatfernsehen, vermisse ich bei ihrer Reportage am Heftrand den Zusatz „Dauerwerbesendung“. – Jan Bruns

 

Im ZEIT-Magazin 4/23 veröffentlichen sie unter der Überschrift „Können wir dem Spiegel noch trauen?“ die Konterfeis von 43 mehr oder weniger Prominenten und lassen sie die Frage beantworten, wie sie sich selbst spiegelbildlich gesehen einschätzen. Peter Sloterdijk hat vor Jahren zu besagter Thematik folgenden Satz öffentlich gemacht: „ 90 Prozent der Menschen werden am Morgen durch einen Blick in den Spiegel so formatiert, dass sie zur Bescheidenheit nicht weiter ermahnt werden müssen.“ Auf 43 Personen bezogen wären das hochgerechnet 39. Dies als Rückmeldung und Fingerzeig für die im Magazin abgebildeten Personen. Wäre Hape Kerkeling unter diesen Personen gewesen hätte er vermutlich gesagt: „Weiße Bescheid!“ – Reinhardt Kunz

 


 

 

Leserbrief zu „Stefan Kleins Wissenschaftsgespräche (40) »DIE MEISTEN BEHINDERUNGEN WERDEN ENDE DES JAHRHUNDERTS NICHT MEHR EXISTIEREN«“ von Stefan Klein im ZEIT Magazin

 

So optimistisch in die Zukunft blicken kann wohl nur jemand wie Hugh Herr! Aus einem tiefen Abgrund hat er sich selbst befreit! Der Verlust beider Unterschenkel ließ ihn nicht verzweifeln, sondern unbeirrt einen Weg suchen und finden, sich selbst wieder „auf die Sprünge zu helfen“! Seither verfolgt er das Ziel, die menschliche Anatomie und Biologie optimal mit einer ausgeklügelten Technik zu verbinden.

Er will Schwerkranken und Unfallopfern wieder eine Perspektive für ein selbstbestimmtes Leben geben. Als Nebenprodukt werden auch Hilfsmittel zur Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit anfallen – keinesfalls vergleichbar mit Doping! Gäbe es doch Tausende Hugh Herrs in allen Ländern, die die derzeitigen Grenzen von Wissenschaft und Technik überwinden wollen! Unsere überhitzte Erde würde sich wieder in einen lebensfreundlichen Planeten wandeln – mit weniger Menschen im Einklang mit mehr Natur! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 


 

 

Leserbrief zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

Es freut mich, dass Herr Prüfer in seiner Kolumne das Thema Hühnersuppe aufgreift. Sowas (also Themen aus dem echten Leben) sollte öfter thematisiert werden! An einer Stelle stockte mir (als Landwirt und Hühnerhalter) jedoch der Atem: das gekochte Suppenhuhn wird samt Fleisch im Biomüll entsorgt! Entschuldigung, sowas kann nicht ohne Richtigstellung in einer Kolumne oder einem Artikel stehen bleiben! Daher bitte ich mindestens eine Kolumne zum Thema Lebensmittelverschwendung zu schreiben, in der explizit darauf hingewiesen wird, das Fleisch immer (und da meine ich wirklich immer!) gegessen werden muss (außer es ist schon schlecht (das riecht oder sieht man deutlich)) und niemals weggeworfen werden darf!

Schließlich handelte es sich um ein Lebewesen, dass zum Zweck der menschlichen Ernährung geschlachtet wurde. Und das Fleisch am gekochten Huhn ist definitiv zum Verzehr geeignet (entweder direkt als Einlage in der Hühnersuppe oder z. B. als Tiroler Gröstl mit Kartoffeln), man muss es halt von den Knochen trennen, macht etwas Arbeit…

Hühnerfleisch essen Sie übrigens alle gerne (und vermutlich auch öfter) z. B. im Chinarestaurant, dort finden Sie es super gut. (Die meisten Gerichte mit Huhn werden mit Suppenhuhn gemacht, auch z. B. die kross gebratenen Brüste.) Hühnerfleisch ist zwar ein festes Fleisch, allerdings nicht zäh und insgesamt sehr gut. Solches Fleisch über die Biotonne zu entsorgen ist unverantwortlich! Daher bitte unbedingt das ganze Richtigstellen! Und ganz ehrlich, sowas darf einer Redaktion nicht durchrutschen. Dafür haben sie zuviel Einfluss auf die Menschen in unserem Land. – Stefan Thurner