Lesezeichen
 

30. Januar 2020 – Ausgabe 6

Leserbriefe zu „Passt nicht“ von Bernd Ulrich

 

Seite 3 der aktuellen Ausgabe der Zeit thematisiert ein Grundproblem von Politik und Medien unserer Zeit: Die Politik tut nur noch so, als ob sie die wirklichen Probleme des Lebens lösen würde – und die Medien tun nur so, als würden sie das Handeln der Politik kritisch begleiten. Tatsächlich akzeptieren die Medien normalerweise kritiklos die Vorgaben der Politik und haben keine Vision eines anderen Ansatzes. Hier sehe ich exakt den Grund beschrieben, warum meine Heimatzeitung meine Leserbriefe in der Regel nicht druckt: Meine Meinung entspricht nicht dem mainstream und hat deshalb keine Basis für eine Veröffentlichung. Den Nachweis dieser Behauptung muss ich aus Platzgründen hier leider schuldig bleiben. Trotzdem will ich weiterhin Position beziehen – auch auf die Gefahr hin, als Querulant zu gelten. Danke für die Ermutigung durch diesen hervorragenden Artikel in der ZEIT! – Wilfried Geyer

 

Ein dickes Lob an Herrn Ulrich, der mit seinem Artikel wieder einmal den Nagel auf den Kopf trifft. Man möchte sich die Zeitungsseite förmlich an die Wand hängen. Nun sollte allerdings auch etwas daraus folgen – eben nicht nur die „journalistische Ratifikation von virtueller Politik“. Gerade die ZEIT könnte als Wochenzeitung mehr in die Tiefe gehen (was sie ja schon oft macht). Zum Beispiel die Umsetzung des Kohlekompromisses genauer unter die Lupe nehmen. Ich musste erst im Deutschlandfunk die Feinheiten rund um Datteln 4 und dem Aufrechnen mit alten Kohlemeilern hören. In der Tagespresse und den Nachrichten hörte ich nur, wie logisch es sei, alte Kraftwerke gegen ein neues Kraftwerk, mit weniger Schadstoffausstoß, auszuwechseln. Das ist schlecht recherchiert! Ich erwarte mehr Genauigkeit! So hoffe ich also auf noch mehr sehr gut recherchierte Artikel, die in die Tiefe gehen und helfen politische Entscheidungen einzuordnen. – Christa Herkströter

 

Die richtige Erkenntnis ist vorhanden, wie man auch bei Michael Hüther, Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, in der WamS vom 26.01.2020 nachlesen kann: „„Es fehlt ein gemeinsamer Sinn für das gemeinsame Interesse. … Im öffentlichen Diskurs dominiert das Gegeneinander, gar die Delegitimation des anderen.“ Er argumentiert, dass die Sinnhaftigkeit politischer Vorschläge – anstatt sachlich mit praktischer Vernunft, Analyse der Probleme und den zu erwartenden Folgen umgesetzter Maßnahmen- lediglich moralisch diskutiert und bestritten werden. An politischer strategischer Führung – insbesondere auch im Hinblick auf die grundlegenden Erfordernisse der Volkswirtschaft – hapert es seiner Meinung nach derzeit am stärksten.“ Es fehlt nicht nur Zivilcourage. Sondern Donald Trumps Anwalt Alan Dershowitz sieht politisches Handeln in einer Demokratie stocknüchtern so: “Jeder Präsident stellt seine Interessen über die des Volkes, wirklich jeder Politiker tut das. Deshalb sind sie Politiker.“ ( ZEIT N. 6) Wenn also das Zusammenwirken von Motivation und Courage ist, wie es ist, dann ist nichts, was Bernd Ulrich beschreibt, unnatürlich. – Dr. Hergen Heinemann

 

Danke für Ihren Artikel in der aktuellen Zeit: fast jede Aussage könnte ich unterschreiben. Doch wie kann erreicht werden, dass Wirklichkeit und politische Öffentlichkeit sich wieder einander annähern? Eine Aufgabe, der sich auch die ZEIT stellen könnte – eine Wochenzeitung, die sich überwiegend dem aktuellen Geschehen widmet. Mittel – und langfristig wichtige Themen wie der Klimawandel erhalten meines Erachtens nicht den Stellenwert in der Print- und der online-Ausgabe, den sie haben sollten. Mir fehlt eine Rubrik (neben Politik, Geschichte, Wirtschaft, … Wissen, Digital, Campus, ….) mit Namen „Langfrist-Probleme“ (wie Klimawandel), in der – online alle Reportagen oder Kommentare zu finden sind, die die ZEIT zu diesem Thema veröffentlicht hat (ohne diese im Archiv suchen zu müssen); Beispiele sind der Bericht über die Brände in Australien vor einiger Zeit, aktuell der Artikel von Ulrich Schnabel „Was, wenn es so kommt?“. – in der gedruckten Ausgabe eine Seite für Informationen zu diesem Thema / diesen Themen spendiert wird.

Missstände aufdecken und sie anzuprangern bedeutet – wenn diese den Politikern über den Kopf wachsen oder aus anderen Gründen nicht wirklich angegangen werden – Wiedervorlage der Missstände, sie wieder ins Bewusstsein der Politiker und der Öffentlichkeit holen (auch wenn das für den Klimawandel bis 2100 dauern kann). Andere (Nicht-ZEIT) Quellen könnten einbezogen werden: Der Bericht des McKinsey Global Institute „Climate risk and response“ oder die Studie des Vermögensverwalters Blackrock zu „Klimawandel und Ressourcenknappheit“ sind Stimmen aus der Wirtschaft, die einflussreich sind und nicht übersehen werden sollten.

Oder in dem Link https://climateactiontracker.org/publications/governments-still-not-acting-on-climate-crisis/finden Sie grafisch dargestellt, wie sich bis zum Jahre 2100 die Temperatur bezogen auf heute ändern wird – bei den aktuellen politischen Maßnahmen liegt der Erwartungswert-Bereich zwischen +2.3 Grad und +4.1 Grad. Ein Weg für mich, Wirklichkeit und politische Öffentlichkeit einander wieder anzunähern, ist, validierte Informationen interessierten Gruppen (Parteien, Unternehmen, Institutionen, Personen) permanent (einfach auffindbar) zur Verfügung zu stellen, um letztendlich Handlungen Konsens-basiert/demokratisch legitimiert zu initiieren. Ihren Artikel zu lesen war eine große Freude. – Helmut Welzel

 

Fast hätte ich geschrieben; Habe soeben Ihr Buch „Alles wird anders“ aus der Hand gelegt, aber das ist schon fast eine Woche her, Ihren Artikel „Passt nicht“ habe ich aber wirklich noch vor mir liegen! Ich weiß nicht genau, wir, meine Frau und ich, sind seit gefühlten 40 Jahren ZEIT-Abonnenten! Ihre Artikel gehörten immer zu den lesepflichtigen! Mir scheint, als ob Ihre Sprache an Klarheit und Direktheit zunähme! Dieses Gefühl freut mich sehr! Dazu fällt mir Georg Schramm ein, der Kabarettist aus „Der Anstalt“! Dessen Texte waren zum Schluss, bevor er entmutigt aufgab, auch von einer kristallinen Klarheit – und das lachende, schenkelschlagende Publikum merkte nicht, dass er das Publikum meinte! Es könnte also sein, dass Sie auch ein „Rufer in der Wüste“ sind? Hören Sie auf keinen Fall auf „zu rufen“, denn, Zitat: Bernd Ulrich: Die Entwicklung von Politik wäre kaum möglich, wenn die Medien sich dem hart widersetzen würden! – Horst Köppl

 

Welch ein Zusammentreffen! Auf Seite 3 wird der Zustand von Politik und Journalismus analysiert – Ausgangspunkt ist die These, daß „in einer [..] funktionierenden Demokratie [.. wurde] der Bürgerkrieg [..] weiter vorn verhindert, nicht erst da, wo sich unverhandelbare Identitäten und unversöhnliche Lager formiert haben“. Auf Seite 8 spekuliert der SPD-Ortsverband Voerde über Gründe der schlechten Umfragewerte: „[D]ann kommen halt die üblichen Floskeln. Die aber haben die Leute satt“ und „Nur werden wir in Berlin eben nicht als ehrliche Makler wahrgenommen“. Und auf Seite 11 kann man die Ursache lesen: Selten hat mir eine (hier: SPD-)Politikerin so deutlich gezeigt, daß es ihr nicht um Diskussion, Kompromiß, auch Argumente oder gar Erweitertung des eigenen Horizonts geht, sondern nur um die Wiederholung der eigenen Position. Sie ignoriert Fragen nach Belegen für ihre Position („95 Prozent…“), sie zieht sich auf terminologische Spitzfindigkeiten zurück („Das Wort … benutze ich nicht“), sie wiederholt Allgemeinplätze statt sich mit widersprechenden Studien zu befassen (von Amnesty, Aidshilfe, Human Rights Watch), sie unterbricht. Und sie macht auch klar, wo ihre Zielgruppe ist: „Sie [jede Person, die ihrer Theorie nicht folgt] haben meine Unterstützung noch nie gehabt.“

Wäre es nicht Aufgabe des Parlaments, vor der Formulierung einer Position die Sachlage zu klären? Wieso weiß die Politikerin nicht, wieviele Prostituierte Alleinerziehende sind, und kann mit dieser Angabe die Diskussion „versachlichen“ – anstatt Anekdoten zu erzählen, die man (nur „Sozialarbeiter“!) ihr zugetragen hat? Mir präsentiert sich eine Person, die sich eine private Meinung gebildet hat, für Erfahrungen von anderen Menschen taub ist, und nun Vorschriften für alle machen will. Ob diese Meinung auf Fakten und Zahlen beruht, ist der Politikerin einerlei, und auch eine nachdenkliche Auseinandersetzung mit Betroffenen findet nicht statt. Wie soll ich Vertrauen zu Menschen entwickeln, die nicht einmal in der Zeitung (also in aller Öffentlichkeit) eine sachorientierte Debatte führen können? Wie einen Dialog mit Politikern führen, die nicht argumentieren (wollen oder können)? Wie politische Entscheidungen akzeptieren, wenn sie offensichtlich auf Ideologie und nicht auf Fakten beruhen? Da ist die „unverhandelbare Identität“, mit der man keinen Kompromiß mehr schließen kann. Ich hoffe trotzdem, daß der Bürgerkrieg ausbleibt. – Norbert Bröker

 

Vielen Dank für diese treffende Beschreibung deutscher Politik und Medien (was sicherlich auch in anderen Staaten nicht gänzlich anders sein dürfte). Was ich hinzufügen möchte: Im Privaten produzieren wir doch auch „Handlungen ohne Wirkung“ zuhauf. Das gutgemeinte Hochbeet auf einem Kinderspielplatz, dass anschließend vor sich hingammelt (im Wortsinne), die Veranstaltung des Klimaschutz-Vereins, zu der nur Menschen kommen, die ohnehin schon relativ „neutral“ leben oder die liebe Oma, die ihre alten Spitzenblusen für die „armen N…-Kindern“ nach Afrika spendet. Alles ohne Wirkung, bis auf „das gute Gefühl, Gutes zu tun“ in uns selbst. – Michael Koehn

 

Mein Gott, Herr Ulrich. Ich hoffe, wenigstens Sie selbst haben verstanden, was Sie da so alles von sich gegeben haben. Mir fiel es ehrlich gesagt schwer, Ihnen zu folgen. Vielleicht bin ich, selbst Journalist und Politikwissenschaftler, nach fast 40 Jahren regelmäßiger Zeit-Lektüre immer noch zu ungebildet, um Ihre sprachakrobatischen Klimmzüge nachvollziehen zu können. Ist ja eigentlich auch kein Wunder angesichts der Tatsache, dass sich „der kumulative Charakter ökologischer Prozesse mit dem prokrastinierenden Bedürfnis demokratischer Politik“ stört und „der Arbeiter als Deus absconditus firmiert“. Mein Gott, wie abgehoben von dieser Welt. Wenigstens der Titel stimmt. Es „passt nicht“. – Wolfgang Wendling

 

Selten so eine gescheite Analyse gesehen wie die von Bernd Ulrich am 30.1. Die Aufgabe des Innenministeriums ist die Verhinderung von Aufständen, Bürgerkrieg und Gewaltentwicklung in der Bevölkerung. So gesehen, hat Horst Seehofer seine Aufgabe damals erfüllt als er Merkel an der Lockerung des Flüchtlingszustroms hindern wollte. Was Deutschland tun sollte: die Konzentration auf seine Stärken, allen voran die Wirtschaft, die Ordnung im Lande und die Rechtsstaatlichkeit. Dazu eine Bundeswehr, die für das viele Geld, das sie kostet, eine Hilfsfunktion bei kleineren, überschaubaren Beistandsleistungen in kleineren Krisengebieten leisten kann, um den mittleren Verbündeten Schützenhilfe zu geben.

Den großen imperialen Mächten, die heute nicht wissen, ob sie nicht doch bald wieder eine Atombombe einsetzen sollten, müssen wir aus dem Weg gehen. Statt dessen unsere Stärken trainieren. Steffi Graf wurde mal gefragt, was sie stärker trainiere: ihre starke Vorhand oder die schwächere Rückhand. Sie sagte: die Vorhand, weil sie die Rückhand nie auf den Stand der Vorhand bringen werde. So sollte Deutschland das mit seiner Wirtschaft, seinen Erfindergeist der Ingenieure und Tüftler auch tun. Und keine Abenteuer wagen wie: >Deutschland sollte Stärke zeigen, in der Welt präsent sein, militärisch versuchen, auf Augenhöhe mit den sogenannten Großmächten zu kommen. Ist nicht machbar, haben wir schon mal versucht und sind kläglich gescheitert. – Günter Killermann

 

Wirklichkeit und politische Öffentlichkeit entfernen sich voneinander.Politik wird immer öfter simuliert.Aus der Überschrift konnte ich nicht erahnen, welche Brisanz tatsächlich aus diesem Artikel hervorgeht. An gleich 7 signifikanten Merkmalen unterlegt der Autor seine These hinsichtlich Realitätsverlust in unserer Gesellschaft respektive bei Politik und Journalismus. Und dies mit ruhiger Sprache ohne polemischen Fingerzeig und daher umso eindrucksvoller. Zwischen den Zeilen lese ich eine „Rechtfertigung“ für das politische Handeln der Akteure gemäß: wir Bürger wollen möglichst ruhig gehalten werden! Ich glaube vielmehr, dass die Gesellschaft mehr als jemals zuvor bereit ist, mutige und klare Entscheidungen der Politik mitzutragen, dies insbesondere dann, wenn auch der Journalismus im Sinne der Argumentation des Autors den gesellschaftlichen Herausforderungen Rechnung trägt. Eine freie Gesellschaft braucht keine Trumps um als Nation oder Wertegemeinschaft im Gefüge der Staaten sich behaupten zu können, sehr wohl aber mutige und realitätsnah handelnde Politiker. Einige Handlungsoptionen dazu liefert der Autor frei Haus. Kompliment an den Autor Bernd Ulrich. – Dr. Albert Wick

 

Bernd Ulrich macht anhand von sieben aus der Realität abgeleiteten Grundmustern bei Politikern und Journalisten einen offenbar noch heilbaren Realitätsverlust aus. Therapie bei Politikern: Realismus und strenge Diät bei Ersatzdiskussionen. Bei Journalisten: Realitätsbezogen Missstände aufdecken und anprangern. Doch irgendetwas passt nicht! Kann Realismus tatsächlich gegen Realitätsverlust helfen? Gerade jetzt, wo die Realität in unserer medial vermittelten Welt auf dem Rückzug ist. Gerade jetzt, wo Illusionen, Vorurteile, Erwartungen, Fake-News, Vergangenheitsorientierungen, Ängste zu mächtigen Bestandteilen unserer Realität geworden sind. Welche Realität ist gemeint, wenn Realitätsverlust beklagt wird? Eine unschuldige und reine Realität als neutralen Bezugspunkt für Realismus existiert nicht. Wir leben längst in post-realistischen Zeiten. Und: Unterlaufen wir mit Realismus nicht die tatsächlichen Problemstellungen? Ist nicht ein einengendes Verständnis von Realismus geradezu die Ursache für den beklagten Realitätsverlust? Ein Grund, weshalb wir uns erst gar nicht auf den Weg machen?

Wo unsere Gegenwart ein Durchlauferhitzer für eine sich heiß laufende Realität ist, bietet es sich vielleicht eher an, sich von der Realität ein Stück weit zu lösen und die Dinge vom Ende her zu denken. In Szenarien. Futur II. Aus einer vollendeten Zukunft ableiten, was geschehen muss, damit es so kommt, wie politisch gewollt bzw. möglichst anders, als zu befürchten. Die gewonnenen Einsichten in Politik umzuwandeln, erfordert mehr als Realismus: Kraft, die notwendigen Mehrheiten für die Umsetzung dieser Einsichten zu organisieren und Mut, die verliehene Macht tatsächlich hierfür zu nutzen. Und paradoxerweise: weniger Realismus, mehr politische Phantasie. – Reinhard Koine

 

Mit viel Interesse (und Vergnügen!) habe ich Ihren Artikel „Passt nicht“ gelesen, und habe Samstag vormittag – wie zur Bestätigung Ihrer Thesen (Grundmuster, Nr. 1…6 des gegenwärtigen Realitätsverlusts, ich weiß nicht welche, aber ich glaube alle…) – folgende Schlagzeile in meinen Google-News gefunden: „Kramp-Karrenbauer fordert Ende des Zölibats“Ich habe ich mich als Kommentator jublu bei ZEITonline mit folgender Mitteilung zu Wort gemeldet: „Reality strikes back: Kramp-Karrenbauer fordert Ende des Zölibats“ Der Kommentar wurde aufgenommen (5 Minuten danach war er noch drin), aber offenbar wenig später wieder entfernt. Können Sie mir erklären, warum der kommentarlos entfernt wurde? – Dr. Helmut Jungblut

 

Sie sprechen mir aus dem Herzen, Herr Ulrich! Aber könnten sie als stellvertretender Chefredakteur der Zeit nicht auch selbst mehr gegen Pseudodebatten und simulierte politische Prozesse tun? Ich würde mir wünschen, im Wirtschaftsteil wieder mehr über wirtschaftliche Hintergrundfakten zu lesen anstelle von seitenlangen Genderdiskussionen, der Wissensteil könnte eine wesentlich ausführlichere Beschäftigung mit Möglichkeiten und Grenzen von Technologien zur Vermeidung von Klimaerwärmung enthalten, dabei das Gesamtproblem ansehen und nicht nur populistische Teilthemen wie Flug- und Straßenverkehr. Mehr Hintergründe, mehr Fakten, weniger Geschichten und „emotionale“ Aufhänger! – Prof. Dr. Oliver Deussen

 

Herr Ullrich hat nach meiner Meinung einige Grundprobleme der Politik treffend analysiert. Doch was soll diese verschwurbelte, elitäre Sprache? Ich finde das kontraproduktiv bis peinlich. Wieso entziehen Sie durch ihre sprachliche Selbstbeweihräucherung ihre Analysen einem Großteil der Bevölkerung? Um auf den Inhalt zurückzukommen sind die von Ihnen kritisierten Politiker und Journalisten gefangen in ihren Rollen, denn sie wollen wiedergewählt werden bzw. ihre Artikel sollen eine breite Öffentlichkeit bewegen. Wenn die Politik in den letzten Jahren große Entscheidungen getroffen hat (Hartz-Reformen, Grenzöffnung, Energiewende) bietet sie Angriffsfläche, weil es Verlierer gibt. Die Presse und die Opposition stürzen sich auf, die zwangsläufig vorhandenen, Schwächen dieser Entscheidungen.

Dies führt zum Verlust von Wählern. Also ist es doch allzu menschlich, nur mit kleinen Häppchenreformen, mit denen man Niemanden richtig wehtut, zu regieren, weil man ja zudem alles bei derzeit anhaltendem Wirtschaftswachstum mit Geld (Kohleausstieg, E-Auto-Prämie) zukleistern kann. Also ist den Personen allenfalls mangelnder Mut vorzuwerfen. Jedoch liegen laut Presse und der Gegenparteien die Fehler immer im persönlichen Versagen der Entscheidungsträger. Aber wenn zum Beispiel Herr Scholz eine nur eine halbgare Finanztransaktionssteuer auf die Beine bringt, handelt es sich hier vielmehr um ein Systemversagen (Systemtheorie! Luhmann! So wie sie formulieren, Herr Ullrich, müssten sie das kennen.).

Die Entscheidungsträger sind gefangen in verschiedenen Systemen (Wähler, Wirtschaft, andere Nationen) und wollen/ müssen es allen recht machen. Systemsprenger wie Trump oder Kaczinsky sind mit ihren Vereinfachungen sehr erfolgreich. Statt persönlicher Angriffe sollte eine anspruchsvolle Presse vielmehr versuchen die Entscheidungen zu erklären und nebenbei vielleicht auch noch, bezogen auf das Beispiel der Finanztransaktionssteuer, den gesellschaftlichen Nutzen von Hochfrequenzhandel, Leerverkäufen und Derivaten beschreiben. (Gibt es den?) Helfen könnte vielleicht nur die Initiierung eines gesamtgesellschaftlichen Diskurses über die Infragestellung unserer wachstumsorientierten Konsumhatz unter Einbezug aller Parteien. Lebenswerte Alternativen, die vor allem auch für Menschen von Vorteil sind, die sich eben so frustriert und zornig nach den süßen Früchten recken, sollten entworfen werden, um die Menschen mitnehmen zu können. – Carsten Wirth

 

Vielen Dank für die umfassende und stimmige Analyse, auch wenn wenig Hoffnung besteht, dass Ihr Klartext von entscheidenden Stellen gelesen und beherzigt wird. Sie schreiben: „ dass nämlich die Politik den Menschen nicht mehr Probleme zumutet, als das Volk verkraften kann oder mag … „. Dem wäre hinzuzufügen: „ – und nachvollziehen kann“. Vor mehr als 30 Jahren hat Neil Postman mit seinen Büchern auf die Gefahren der Auswüchse der Unterhaltungsindustrie hingewiesen. Die Tendenz, die öffentlich-rechtlichen Medien zu beschneiden zieht sich bis heute als roter Faden durch die Politik, siehe aktuell die Situation der BBC. Ein weiterer Aspekt des „verkraften können und mögen“ liegt in einer fairen Lastenverteilung. Wenn die Politik zum Beispiel nichts dagegen unternimmt, gigantische Kapitalabflüsse durch Cum-Ex zu vermeiden (der Fehler geht ja noch auf Hans Eichel zurück), oder die Gewinnabschöpfung aus den privatisierten kommunalen Wohnungsbauten zu unterbinden, kann sie schwerlich eine entsprechende Opferbereitschaft der breiten Bevölkerungsschichten erwarten. – Uwe Apel

 

Nur zwei Bemerkungen zu den o.g. Artikeln: Herr Ulrich hat m.E. klar erkannt, woran Politik und Politiker- innen kranken. Spätestens seit dem umfangreichen Buch “ Global zweitausend, Grenzen des Wachstums“ konnte auch die Politk wissen, was in der Welt mit Natur und unseren Lebensgrundlagen passieren wird, wenn ungebremst jedes und alles rücksichtlos ausbeutet wird. Es scheint eine „Wirklichkeitsverdrängung“ bei den entscheidenden Personen, bei Journalist-inn-en gleichermaßen wie bei Politiker-innen, stattzufinden, die m.E. bereits krankhafte Züge hat. Insofern passt das Zitat von Herrn Dershowitz: „Jeder Präsident stellt seine Interessen vor die Interessen seines Volkes“ (aktuelle Zeit, Seite 2), da dieser Zustand seit Langem besteht und es eben nicht nur die Präsidenten sind, die genau nach diesem Motto verfahren. Das wohl aktuellste Beispiel, ist das gerade verabschiedete „Kohleausstieggesetz“. Alle Wissenschaftler sind sich einig, es reicht bei weitem nicht aus, um die Klimaziele zu erreichen.

Und, es ist natürlich einfacher darüber hinweg zu schauen, als tatsächlich wirksame Maßnahmen einzuleiten. Stattdessen werden regenerative Energien so gedeckelt, das es sinnlos ist da zu investieren. Kohlearbeiter erhalten 4,5 Milliarden Steuergelder für den Umstieg, Solarfirmen gehen seit Jahren pleite und erhalten nichts. Windkraftfirmen werden derartige Steine in den Weg gelegt, das an einen zügigen Ausbau der Windenergie nicht zu denken ist und Massenentlassungen anstehen. Man könnte auch sagen, die Zukunft wird wissentlich und absichtlich abgewürgt. In dem Artikel „Was, wenn es so kommt“ beschreibt Herr Schnabel einen Teil der möglichen und leider wahrscheinlichen Szenarien, die eintreten werden, weil die Politk, weltweit seit 50 Jahren bekannte existenzielle Problem nicht wahrhaben wollte und immer noch nicht wahrhaben will. Es ist aber die Pflicht der Politik, genau das wahrzunehmen und entsprechend zu handeln. Aber, um Herrn Dershowitz ins deutsche zu übersetzen: das eigene Hemd ist einem halt doch immer näher als die Hose. – H-J Mosbach

 

Einleitend setzt Ulrich Problemakkumulation und Systemstabilität in eine nicht unproblematische Beziehung zueinander. Grundsätzlich ist ein (politisches) System solange stabil, wie es in der Lage ist, Forderungen zu befriedigen. Dabei formt sich in einer stabilen Demokratie die Realität als (un-)bekömmlich. Probleme sind dabei weder temporalisiert in ihrer gegenwärtigen Existenz als Fortbestände vergangener Zukünfte, noch als ihrer performativen Produktion vorgängige Entitäten zu denken. (Politische) Probleme formieren sich alssolche, d.h. in ihrer Problemhaftigkeit. Kann das jeweilige System diese befriedigen oder befrieden, sichert es seine Kontinuität. Schafft es dies nicht, kommt es zur Krise. Dabei geht es aber immer um Probleme, die alssolche wahrgenommen werden. In einer Ständegesellschaft steht die Wohlstandsverteilung unter anderen Vorzeichen als in einer Industrienation. Merkel verschiebt keine Probleme in die Zukunft, sondern erzählt eine mehr oder weniger überzeugende Geschichte, die mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft als Begriffen der Zeitlichkeit operiert.

Affekte, ihre Ausrichtung und Kanalisierung spielen politisch immer eine Rolle und sind kein pejoratives Kennzeichen einer fortschreitenden Moralisierung. Von der leidenschaftlichen Bindung an Nationalstaatlichkeit oder deren Mangel, über das Gutheißen oder Schlechtmachen eines Parteiprogramms, bis hin zur Identifikation mit politischen Angeboten von Zusammenhalt oder Zwietracht, sind Affekte eine treibende Kraft der conditio humana. Eine Wahrnehmung als zu starke oder schwache Moralisierung ist ebenfalls eine Problematisierung, deren Überzeugungskraft mit der Anzahl derer, die sich ihrem Narrativ verschreiben, variiert. Funktional dient Ulrich die Abwertung der Moralisierung als Stütze seines Dualismus. Im weiteren Verlauf kommt es zur Vermischung des anthropogenen Klimawandels mit einem anthropozentrischen Weltbild, welche ebenfalls in den Dienst des Dualismus gestellt werden.

Normalitätskonzeptionen unterliegen einem Wandel, da kommt es vor, dass Spitzenpolitiker zweigleisig fahren. Dabei fahren sie aber immer auf Gleisen und nicht in MAGLEVs, die den Bezug zur Schiene verloren zu haben scheinen. Sie befinden sich im Spannungsfeld konkurrierender Wirklichkeitsdefinitionen und nicht auf der Rampe des Realitätsverlusts. Hervorragend beschreibt der Autor am Beispiel des Brexits wie sich Werden und Wirkmacht einer Problemdefinition entwickeln. Dabei werden entgegen der vom Autor vertretenen Ansicht jedoch keine „wirklichen“ Probleme verdrängt. Vielmehr werden innen-, außen- und sozialpolitische Forderungen mit dem Brexit verknüpft, was diesem Wirkmacht verleiht. Ob Messias oder Mephisto, Telos oder Todesangst: der Brexit polarisiert, das verleiht ihm Kraft. Auch toben Parteivorsitzende nicht im luftleeren Raum eines substanzlosen Parteikörpers. Vielmehr tätigen diese Aussagen obsoleter Volksparteilichkeit, Aussagen mit Bezug auf ein nur noch rudimentär vorhandenes und daher überzeugungsschwaches Narrativ gesellschaftlichen Selbstverständnisses. Realitätsverschiebung statt Realitätsverlust.

Der Fake-Konservatismus AKKs und die ohne ihre Fähigkeit ein „Bluten-Lassen“ anzudrohen zum Scheitern verurteilte diplomatische Blut-zu-Tinte-Transformation, dienen dem Autor als Argumentationshilfen, vor deren Hintergrund er dann nochmals seine zentrale dichotome Unterteilung in wirkliche und virtuelle Politik am Beispiel der Medien, die zum politischen Entwirklichungsgehilfen werden, veranschaulicht. Diese Dichotomie so nicht haltbar, da sie einen diskursexternen Maßstab voraussetzt, der absolut und letztinstanzlich Wirklichkeit und Virtualität richtend trennen könnte. Vielmehr bezeugt der Autor durch seinen Argumentationsaufbau das fortwährende Vorhandensein einer Auseinandersetzung um Legitimität. Sowohl die in die Irre laufende Mittlerrolle der Medien, als auch die Ratifizierung scheinpolitischer Debatten durch echte Politiker fallen unter die wirklich-virtuell Dichotomie. Vor diesem Hintergrund erscheint auch die Unterscheidung zwischen „sachlicher Substanz“ und Macht, Ideologie und Psychologie, die der Politikjournalismus lange Zeit vernachlässigt habe, als unzutreffend. Eine wie auch immer geartete Materialität ist Macht, Ideologie und Psychologie nicht vorgängig, sondern immer schon mitläufig. Sie ist kein Stein, der unter Aufsatz einer Statue zum Sockel wird, sondern ein Sockel, der aus Sicht der Statue schon immer Sockel war.

Im vom Autor vorgebrachten Gedankengerüst fungiert die Anrufung abwesender Echt-Menschen, unter der Prämisse einer Legitimitätsasymmetrie zwischen materiellen und immateriellen Themen zuungunsten letzterer, als Substitut für ein spezifisches Allgemeinwohl (z.B. das der Landbevölkerung), dessen Erreichung Erstrebens-Wert erhält. Auseinandersetzungen werden immer „im Namen von“, „bezogen auf“, oder „in Gegnerschaft zu“ geführt. Dahinter stehen allerdings keine präexistenten Entitäten, wie Klassen oder Gruppen; es handelt sich vielmehr um performative Narrative mit Identifikationspotential. Der Autor beschreibt Prozesse politischer Sinnsuche, in die seine Dichotomie simplifizierend eingreift.

In einem Schlussakt stülpt der Autor, seinen Wirklichkeit-Simulations-Dualismus legitimierend, diesem die Louis’sche Hermeneutik der Wut, welche mit identitätskonstitutiv-antagonistischen Prämissen zu operieren scheint, über. Als Element eines diskursiven Gegenentwurfs wahrgenommener Missstände beachtenswert und tiefgründig, beruht Ulrichs Beitrag erkenntnistheoretisch doch immer auf der Prämisse der Trennbarkeit von Welt und Wort. Statt sich in einer Parteilichkeit für die Wirklichkeit zu verlieren, sollte der Autor eher für eine Parteilichkeit im Widerstreit plädieren und seinen Dualismus überdenken. Mit diesem als roten Faden verfolgten Wirklichkeit-Simulations-Dualismus führt der Autor allerdings eine Unwucht in seine Analyse ein, die die inhaltlich detaillierte Beschreibung des politischen Tagesgeschehens erkenntnistheoretisch etwas eiern lässt. – Roman Prystawik

 

Eine bemerkenswerte, aber auf den ersten Blick auch eine deprimierende Analyse. Ist das gegenwärtig zu beobachtende Entstehen von Diktaturen eine konsequente Antwort auf das Versagen von Demokratien? Vielleicht leiden die Demokratien heute unter einer Lebenslüge? Ein demokratisch gewählter Abgeordneter ist heute nicht mehr in erster Linie „dem Wohle des Volkes“ verpflichtet, sondern seinem eigenen Wohl und dem Wohl seiner Familie. Er muss von diesem Job leben mit dem Risiko, dass er ihn bei der nächsten Wahl verliert. Was dann? Ein verantwortlicher Politiker nennt klugerweise die Dinge nicht mehr beim Namen, sondern bleibt im Unverbindlichen. Andernfalls riskiert er, dass ihm seine Aussagen noch nach fünf Jahren „um die Ohren gehauen“ werden. Warum ist Herr Scholz so wortkarg, warum äußert sich Frau Merkel gänzlich unverbindlich? Vielleicht sollte man die beiden „einfachsten Aufgaben“ des Journalismus „Missstände aufdecken und anprangern“ noch um den Punkt ergänzen „dem Bürger die politischen Verflechtungen und Abhängigkeiten in einer modernen Demokratie erklären“ und zu erläutern, warum „der Bürger draußen im Lande“ nur zu Wahlkampfzeiten entdeckt wird. – Klaus Grieshaber

 

Bitte lest den Artikel von Bernd Ulrich „Passt nicht“ (Nr.6, 30.01.2020; Politik S. 3) noch einmal; ich selbst lese ihn dann zum dritten Mal. Bernd Ulrich hilft uns mit seinem Blick über den Tellerrand zu verstehen, dass wir in einem Dilemma stecken, das von Politikern, Journalisten und Wirtschaftskapitänen offenbar nicht bewältigt werden kann. „Möglicherweise leben wir in einer Phase politischer Stagflation: wenig bewegende Politik bei zugleich hoher politischer Erregung.“ Habt Ihr nicht auch das Gefühl, dass es jetzt auf uns alle ankommt? Sind wir nicht enttäuscht, wütend und bereit, mit den wie auch immer sie heissen auf die Strasse zu gehen? Nennt man das nicht Selbstermächtigung? Ich selbst brauche noch mehr Mut – also: Nur Mut! – Thomas Vehoff

 

Ihre Analyse ist interessant und zum grössten Teil nachvollziehbar. Was Sie aber mit dem Folgenden ausdrücken wollen, verstehe ich nicht: „Grundrente für alle Eigentumswohnung in Friedrichshain, Mindestlohn fordern, aber bei Amazon bestellen (letzteres tue ich aus Prinzip nicht). Sollen das Gegensätze sein? Auch: Würde eine funktionierende Bundeswehr den Realitätsverlust durchbrechen? Schreiben Sie bzw. Ihre Kollegen doch mal über eine funktionierende Friedenspolitik! Oder wenigstens über ein echt sinnvolle Bundeswehr! Haben kriegerische Einsätze der letzten Zeit wirklich Sinnvolles zustande gebracht??? Wirkliche Präventionspolitik ist etwas ganz anderes, als was die Regierungen praktizieren!! Die psychologische Hintergründe für Konflikte müssten angegangen und aufgearbeitet werden, z.B. damit Putin und seine Mitfühlenden in der Bevölkerung anders handeln. – Walther Moser

 

Ein Faß ungelöster Probleme rollen unsere Politiker gerade Richtung nächste Legislaturperiode, am liebsten gleich in eine möglichst ferne Zukunft. Es ist inzwischen so voll, daß es überläuft! Unserer Gesellschaft ergeht es gerade wie einem Patienten, der alle Konflikte in sich reinfrißt und verdrängt, bis ein Tröpfchen genügt, um auch dieses Faß überlaufen und die bis dahin verborgene seelisch/körperliche Erkrankung sichtbar werden zu lassen! Symptome der gesellschaftlichen Krankheit sind: Gebrüll, Wut, Haß bei den Bürgern, langes Aussitzen, Vermeiden, irgendwo anzuecken, Entscheidungsverzögerung und Verantwortungsverweigerung bei den Politikern. So werden sie etwa bei der Einwanderungs- und Asylpolitik wohl alles so weiterlaufen lassen wie bisher: mit schwammigen Obergrenzen, laschen (Grenz)Kontrollen, großzügiger Aufnahme und mangelhafter Abschiebung, bis Deutschland ein polyethnischer Parallelgesellschaftenstaat ist. Anecken werden sie damit nur bei den Rechten; die aber stehen längst in der rassistischen Schmuddelecke! Stattdessen aber könnten sie auch entscheiden, daß auch in Zukunft die einheimische Bevölkerung stets die Mehrheitsgesellschaft bleiben soll, und das nicht allein dank unserer robusten und rüstigen Rentner!

Dazu müßten sie sich mit den „Weltoffenen“ und Kosmopoliten anlegen, unseren aufnahmeunwilligen europäischen Nachbarländern wie eine Hornisse im Nacken sitzen (mein früherer Griechischlehrer sagte: „…wie eine Bremse…“, doch dieses Insekt hat mir einen zu retardierenden Beiklang!) und im eigenen Land eine strikte, konsequente Asyl- und Einwanderungspolitik betreiben! Über solche oder ähnliche Alternativen sollte das Wahlvolk abstimmen! Aufgabe seriöser Journalisten (wie der DIE ZEIT) wäre nun, die politischen Maulhelden und Schönschwätzer ins Feuilleton zu platzieren, während sie denjenigen, die Probleme ungeschminkt beim Namen nennen und ihre Lösung als persönliche Herausforderung an-, dabei einen Großteil der Bürger mitnehmen, einen angemessenen Raum im Politikteil lassen. Bliebe zu wünschen, daß eines nicht allzu fernen Tages der Politikteil doppelt so stark ist wie das Feuilleton! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Der Artikel bringt die derzeitige Art des Politikmachens perfekt auf den Punkt. Ein trauriges Beispiel für das übliche Zittern, Zagen und Zaudern war jüngst die Abstimmung im Bundestag über die Reform der Organspende. 379 Abgeordnete stimmten gegen die Widerspruchslösung, und das, obwohl fast alle europäischen Länder damit gute Erfahrungen machen. Was hat die Mandatsträger aller Fraktionen geritten, dass sie sich trotz fast zwei Jahren Berattung so ignorant gegenüber den Betroffenen verhalten? Ironischerweise fand der Vorschlag innerhalb der GroKo-Fraktionen sogar eine Mehrheit, dennoch reichte es nicht. Die Bundestagsentscheidung zementiert auf Jahre, dass im größten Eurotransplant-Land weiter viel zu viele Menschen auf der Warteliste auf ein Spenderorgan heruntersterben und dass netto Organe importiert werden müssen, die dann in den vernünftigeren Ländern fehlen.

Die Abstimmungssieger waren so schlau, einen eigenen Antrag einzubringen, so dass nicht die gescheiterte Widerspruchslösung, sondern die Zustimmungs-„Lösung“ die Hauptschlagzeile war. Mancherorts war in den Medien zwar von „vertaner Chance“ die Rede, doch leider nicht von mehr. Man hätte sich deutlichere Kritik seitens der politischen Öffentlichkeit gewünscht, aber anscheinend war diese noch im Winterschlaf. Zudem haben die Berichterstatter das Abstimmungsdesaster anscheinend nicht kommen sehen. Die Aussage des Artikels ist völlig richtig, dass große Fehlentscheidungen von den Medien zu häufig nachsichtig behandelt und somit durchgewunken werden. In der Europahymne heißt es: „Wem der große Wurf gelungen…“ Die deutsche und europäische Politik kann leider schon lang keinen Jubel mehr einmischen. – Tilman Lucke

 

Traurig aber wahr. Unsere Spitzenpolitiker glauben wohl selbst nicht mehr, dass sie die Herausforderungen unserer Zeit bewältigen können. Was nach Bernd Ulrich nur noch Simulieren von Politik ist, könnte man auch als Palliativpolitik bezeichnen. Politiker und Journalisten wollen uns noch ein paar schöne unbeschwerte Jahrzehnte ermöglichen, bevor Klimakrise und gewaltsame Konflikte von innen und aussen unserem Wohlstandsleben in sicherer Ordnung ein unvermeidbar schreckliches Ende bereiten. – Jürgen Klute

 

Ich vermisse in dem Artikel einen Hinweis auf die AfD. Meines Erachtens lässt sich die Zögerlichkeit von CDU/CSU, FDP und Teilen der SPD gerade in der Klimaschutzpolitik großenteils damit erklären, dass die Politiker(innen) dieser Parteien Angst haben, dass noch mehr Wähler(innen) und bisherige Nichtwähler(innen) AfD wählen würden, wenn sie tatsächlich Verzicht üben müssten. Deshalb die Symbolpolitik und das Verschieben dringend notwendiger Änderungen. Meines Erachtens könnte man gegensteuern, wenn man einerseits weniger gut situierten Bürger(inne)n Wohlstandsgarantien gäbe und andererseits die AfD entschlossener bekämpfte: Müsste man eine zu großen Teilen rassistische, faschistische, lügnerische und verfassungsfeindliche Partei nicht verbieten können? Das Grundgesetz sieht diese Möglichkeit vor. Und selbst wenn man die Partei als Ganzes nicht verbieten können sollte, so müsste es doch möglich sein, jene prominenten Vertreter(innen) dieser Partei, die den Nationalsozialismus verharmlosen, Opfer von Rechtsradikalen verhöhnen, politische Lügen verbreiten, Menschen verleumden und Hass säen, vor Gericht zu bringen, zu verurteilen und von weiterer politischer Betätigung auszuschließen. Falls entsprechende Gesetze fehlen: Noch haben die demokratiefreundlichen Parteien im Bundestag die Mehrheit. – Dr. Ulrich Willmes

 

Den kaum zu kontrollierenden Problemen der westlichen Welt, dem gesellschaftlichen Auseinanderdriften, den immer bedrohlicher werdenden Entwicklungen auf den Finanzmärkten sowie der Klima- und Umweltkrise entflieht die Gesellschaft in eine virtuelle Welt. Bernd Ulrich sieht hier insbesondere die Politik in der Verantwortung, benennt aber auch die Medien als Mittler und Meinungsbildner. Einen Weg aus dieser Sackgasse wird die Politik nicht alleine finden. Sie ist gefangen im Wechselspiel aus dem Wählerwillen, nicht überfordert zu werden, und einer Opposition, die eine Regierung, die versucht, die Gesellschaft auf den Boden der Tatsachen zu stellen, aus den Angeln heben wird. Die vornehme Aufgabe des Journalismus wäre es als Mittler zwischen den Bürgern und der Politik auf der einen und der Wirklichkeit auf der anderen Seite aufzutreten, um diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Im Bereich Klima- und Umweltschutz scheint Realismus besonders schwierig. Schon der Einstieg bei den Statistiken zum CO2 Ausstoß, die nicht von ungefähr 1990 anfangen, war von Schönfärberei getrieben. Der Rückgang der Emissionen war zum großen Teil der deutschen Vereinigung und dem Niedergang der ostdeutschen Industrie in Verbindung mit Massenarbeitslosigkeit geschuldet und nur zum kleineren Teil den Klimaschutzmaßnahmen geschuldet, die u.a. in der Umstellung der Braunkohlekraftwerke auf modernste Verbrennungstechnologie bestanden.

Seit die CO2 Einsparungen schwächer ausfallen, und der Klimawandel immer spürbarer wird, werden die vermeintlich oder tatsächlich Schuldigen an die Wand gestellt. Dann ist man verwundert, wie aktuell im Falle der Landwirtschaft, über die spielverderbenden Bauern. Solange wir nicht bereit sind, uns nach 40 Jahren Klimapolitik hinzusetzen, um – ohne voreilige Schuldzuweisungen an einzelne Gruppen – aus der Vergangenheit zu lernen, werden wir bei diesem wichtigsten aller gesellschaftlichen Projekte die Zukunft verlieren. Wir bräuchten ein Gesamtkonzept, das auch den stetig wachsenden privaten Verbrauch – insbesondere im Bereich der Freizeit und damit sozialverträglich – nicht mehr ausklammert. – Dr. Hans-Günther Vieweg

 

Das ist feinste journalistische Sahne. Eine exzellente Beschreibung der deutschen Politik! In meiner Boshaftigkeit hätte ich allerdings statt: „….. leidlich funktionalen deutschen Demokratie …..“,“ …..leidlich funktionalen deutschen Lobbykratie…..“, geschrieben! Ansonsten unschlagbar! – Peter Janssen

 

Ein bewegender Beitrag, denAutor B. Ulrich unter der simplen Überschrift „Passt nicht“ in der ZEIT-Ausgabe Nr. 6 geliefert hat. Bewegend aber nur in dem Sinne, daß man ihn als Leser schnell hinter sich lassen möchte. Er verwendet überflüssige Fremdbegriffe wie z. B. prokrastinierendes Bedürfnis, dystonales Königshaus, discursiver Tobe-Raum, Deus absconditus, virulentes Außen. Der Leser muß mehrmals zum Lexikon greifen oder gugeln, um zu verstehen, was gemeint ist. Die numerische Zählung von 7 Grundmustern des Realitätsverlustes der Politiker beginnt erst beim dritten Muster. Warum auch noch das? Was der politische Journalismus hier darbietet unterscheidet sich letztlich kaum von dem, was er mit diesem Beitrag an der Politik, den Politikern, kritisieren möchte. Alles ist verschwommen und verschwurbelt bis zum Geht-nicht- mehr. Das Einfachste ist leider oft das Schwerste. Dieser „Mißstand“ sei hiermit „aufgedeckt und angeprangert“. – Hans Anhoeck

 

Der Verfall einer kaum noch handelnden Politik konnte treffender nicht beschrieben werden. Auch wenn ein Bürgerkrieg nicht unmittelbar bevorsteht, die unglaubliche Zunahme von Bedrohungen und Gewaltdelikten gegenüber Staatsbediensteten und Personen des öffentlichen Rechts ist alarmierend und eindeutig dem Versagen einer Regierung geschuldet, die das Regieren verlernt hat und die Bürger nicht mehr mitnimmt (fairerweise nehmen Sie auch den Journalismus mit ins Boot, der zumindest teilweise in den Sog der „scheinpolitischen Debatten“ hineingeraten ist).

Als Ursache für die Flucht in Scheindebatten, den Realitätsverlust der Politik und das Vertagen überfälliger Entscheidungen vermuten Sie, dass die politischen Instrumente nicht mehr passen. Das mag zutreffen. Ich bin aber auch davon überzeugt, dass es sich um ein personelles Problem handelt: Wer im derzeitigen Berliner Gruselkabinett hat noch die fachliche Kompetenz, Charisma und das Vertrauen der Bevölkerung, um notwendige Entscheidungen zu treffen? Führungsqualität und Richtlinienkompetenz im komatösen Kanzleramt? Fehlanzeige! Bestenfalls ein bisschen Schaulaufen im Ausland. Der dickfellige Umgang mit einer gescheiterten Ministerin (Verteidigung / Bundeswehr!!), die zur Belohnung ihrer gigantischen Fehlleistungen in das höchste Amt befördert wird, das die EU zu vergeben hat, die schwelende, ungelöste Flüchtlingskrise, das Bauerntheater zu Lebensmittelpreisen mit Schuldzuweisungen an die Verbraucher, die bayerische Maut- Posse: Und da soll die Volksseele nicht kochen? Der Ruf ist ruiniert, so laviert es sich ganz ungeniert und das Verbitterungspotenzial in der Bevölkerung steigt rasant weiter an. Keine guten Aussichten. – Michael Deil

 

Ihre Charakterisierung der etablierten bürgerlichen Politik gefällt mir gut. Nachlaufende Krisenbewältigung so weit, dass der Laden nicht auseinanderfliegt, aber auch wiederum nicht soweit, dass die Ursachen von Krisen und Konflikten beseitigt würden, weil das von zuvielen diametral gegenüberstehenden Interessen konterkariert (bekämpft) würde.Die große Ratlosigkeit aller in den Parlamenten vertretenen Parteien führt zur Erosion der bestehenden Strukturen und Profiteure der ersten Schrecksekunde sind die Rechtsradikalen mit ihren scheinbar einfachen Lösungen des raus—und weg mit, notfalls mit militärischen Mitteln. Was selbstverständlich gar nichts löst sondern alles nur noch schlimmer macht.

Bei Ihnen fehlt der wichtige Hinweis zum Verständnis des Gesamtzusammenhangs. Die neoliberale Revolution von 1972 folgende erhebt das Individuum zum Selbst-Verantwortlichen seines/ihres Schicksals. Sei es für Bildung, Karriere und Wohlstand, sei es für Gesundheit und langes Leben, sei es für die großen ökosystemaren Umweltkrisen, die ja dadurch entstehen, dass wir, die individuellen Konsumenten, für die Plastikvermüllung der Ozeane und den Klimawandel verantwortlich gemacht werden müssen. Die Geheimformel der Neoliberalen (Neoklassiker) lautet, dass der möglichst unregulierte Markt für die besten Wohlfahrts- und Umwelteffekte sorgt. Die wissenschaftliche Beratungsliteratur ist voll von Feststellungen, dass diese Formel nur in der Theorie, aber eben nicht in der Praxis funktioniert.Die Folgen werden als Marktversagen bezeichnet, die zum Staatsversagen führen, wenn der Staat seinen Auftrag nicht erfüllt (nämlich, den Laden im Sinne einer “gesunden” Kapitalverwertung am Laufen zu halten), was dann zum Wissenschaftsversagen führt, weil die wichtige Funktion von Freiheit von Forschung und Lehre ausgehebelt wird über die Drittmittelabhängigkeit der Spitzenforschung von der “Wirtschaft”), die sich von der Wissenschaft die Erfindungen erhofft, die sie in den Stand versetzt, in der Weltmarktkonkurrenz bestehen zu können.

Was “nicht passt”, ist, dass in mehreren Bereichen Krisen existieren, die jede für sich schon geeignet sind, den “Laden zu sprengen”. Dass das globale Ökosystem mit seiner Eigengesetzlichkeit auf die Anforderungen des Anthropozäns reagiert, ist der Kulminationspunkt des multiplen Versagens: Mit der Natur kann man nicht verhandeln, doch bitteschön mit dem Klimawandel noch 20 Jahre zu warten, bis sich die Menschheit vielleicht doch noch besonnen haben möge. Das merkelsche Raffinesse durch “liegenlassen” den Problemen den Giftzahn ziehen zu können, versagt. Im Grunde wissen es alle. Die Bürger*innen, die Politiker*innen, die Parteien und letztenendes wissen es auch alle Vertreter*innen der Wissenschaft. Dieses Wissen und die Angst vor den politischen Konsequenzen verhindern, dass über ernsthafte strategische Optionen nachgedacht wird.

Die einzige mir plausibel erscheinende Strategie mit Chancen auf Erfolg besteht in der Etablierung eines transdisziplinären Planungssystems, das mit Hochdruck an strategischen Konzepten zur Bewältigung der hybriden Problemlagen zu arbeiten hätte. Die große Anbetung der Exzellenzstrategie für Hochschulen müsste schnellstmöglich neu ausgerichtet werden: Exzellenz in Wissenschaft und Forschung erwirbt sich die Institution die sich auf Interdisziplinäre Planungsforschung spezialisiert (die Arbeitsfelder werden in der “Herrenhäuser Erklärung” skizziert).

Dazu habe ich namens einer Gruppe ehemaliger Studierender des Faches Landschaftsplanung der TU Hannover (deshalb als “Herrenhäuser Erklärung” bezeichnet) veröffentlicht, die ich Ihnen in der Anlage mitschicke. Wir haben in der Vergangenheit wenig erreicht. Wir hatten aber das Glück beruflich in einer Zeit sozialisiert zu werden, als Planung noch als der große Zug unserer Zeit gegolten hat (Joseph Kaiser, 1965). Das damalige Wissen um Interdisziplinarität ist dank des Neoliberalismus praktisch verschwunden – es ist allerhöchste Zeit, es wiederzuentdecken. – Prof. Dr. Jochen Hanisch

 

Herrn Ulrichs Artikel schätze ich wegen seines Tiefschürfens, durch das er meinen Intellekt immer wieder anreichert. Großen Dank für seinen Artikel „Passt nicht“. Herr Ulrich spricht mir aus der Seele; denn ich beklage blinden Aktivismus in der Politik auch schon seit langem, weil er die Ursache der Apolitisierung von Politik ist. – Norbert J. Heikamp

 


 

 

Leserbriefe zu „Wellen des Hasses“ von Christian Fuchs et al.

 

Hass: Mit Entsetzen lese ich von der Flutwelle des Hasses und der Gewalt ( Drohungen) in Deutschland. Eine Drohung ist niemals normal und darf nicht weggesteckt werden Ein Kreis von Unterstützung muss um jede Person gebildet werden die mit Gewalt bedroht wird. Stärkt die Kirchen! Das heißt nicht wegschauen bei Verbrechen.( nennt die Verbrecher innerhalb der Kirchen mit Namen ) Stärkt die gute Arbeit die innerhalb der Kirchen geleistet wird. Mea Culpa! Was mache ich falsch? Was machen gute Menschen falsch? Was machen Medien falsch? Ist es Aufgabe der Medien nur zu berichten oder auch zu unterrichten? DIE ZEIT hat zu spät damit angefangen bei brisanten Themen Rede und Gegenrede zu drucken und so die Pluralität der Meinungen zu unterstützen. PS Sie haben vielleicht gemerkt, dass ich wieder mehr Leserbriefe schreibe. Ja. Ich bin krank und habe mehr Zeit. Ein gutes Thema: Vom Sinn der Krankheit. Nachdenken. Über alles, auch über den Sinn des Lebens – Marianne Werner

 

Offenbar hatte Karl Marx doch Recht. Die Geschichte wiederholt sich und wir sind jetzt wieder ziemlich exakt da, wo wir vor 100 Jahren schon einmal waren. HitlER ist nicht wieder da, er war die ganze Zeit da, nur geschwächt zurückgezogen wie Voldemort. Wenn es nicht so schlimm wäre, könnten einem die Menschen Leid tun, die die Hassparolen und Drohungen ausstoßen. Sie müssen ihr ganzes Leben lang ununterbrochen mit sich selber zusammen sein. Das stelle ich mir grauenhaft vor. – Iman Schwäbe

 

Wohin driftet unsere Gesellschaft ? Was sind das blos für „Menschen „, die derartige Äußerungen aus Hass und Wut in’s Internet bringen? Was geht in deren Köpfen um? Das ist doch nicht normal ! Mir ist ganz schlecht geworden beim Lesen. Nehmen die alle irgendwelche Drogen ? Ich bewundere alle in der Öffentlichkeit stehende Personen für ihren Mut diesen Widerlingen entgegenzutreten. – Ute Koch

 

Vielen Dank für die Veröffentlichung des Artikels über die „Wellen des Hasses“. Er war überfällig, noch überfälliger ist das Handeln der Politik und der Justiz in diesem Bereich. Zur Information: Sie erwähnen darin eine Webseite: „Nürnberg 2.0“. Diese Seite wurde im Januar 2020 von der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien als jugendgefährdend eingestuft. – Renate Bauer

 

Sehr bewegt habe ich diesen Artikel zur Kenntnis genommen. Dabei fällt mir eines auf: die Absender der verunglimpfenden, beleidigenden Aussagen scheinen sich größtenteils in der Anonymität des Internets oder der Dunkelheit zu verstecken. Dieses Verhalten verdient aus meiner Sicht nur ein Wort: feige! Daraus folgt die Frage: Warum gibt es keine Pflicht, im Internet den Klarnamen zu benutzen? Oder eine gute Idee wäre es, die Verfasser der Aussagen in eine Fernsehsendung gemeinsam mit den Betroffenen einzuladen. Ich vermute, keiner oder nur ganz wenige würden sich dem öffentlichen Diskurs stellen und ihrerseits anders denkenden Menschen die Möglichkeit geben, sich kritisch zu äußern. – Anke Pohlmann

 

Es gibt keine befriedigendere Belohnung für die armen Seelen, die so einen Schund schreiben, als die Veröffentlichung in einer seriösen Zeitung wie Die Zeit. – dr. Salvatore Algieri

 

Zu meiner Person, ich selber bin 18 Jahre alt und schreibe in diesem Jahr mein Abitur. Ich finde den Artikel bezüglich der rechtsradikalen Drohungen bzw. dessen Bewegung sehr wichtig und sehr gut, dass auch so viel Platz hierfür verwendet wurde. Es wird stimmen, dass sich diese Menschen auf Spielerplattformen zusammentreffen, allerdings bitte ich dann doch wenigstens um Korrektheit… Es heißt Steam und nicht Stream… Ich denke es war nur ein Tippfehler, allerdings wollte ich hierauf aufmerksam machen. Ansonsten wollte ich nur mein Lob aussprechen für den sprachlichgewandten, bildhaften Schreibstil, manchmal verschwomm mir persönlich der Aufbau ein wenig, konnte aber an den durchgehend fliesenden übergangen liegen. Es ist zwar kein wirklich konstruktiver Leserbrief, doch ich dachte mir die Autoren freuen sich über ein wenig jugendliches Lob. – Isidor Switalla

 

Jegliche Äußerung, die geeignet ist, jemand konkret oder allgemein einzuschüchtern muss als Verbrechen kriminaliert werden. Das Strafgesetzbuch und die Zivilprozessordnung müssen so geändert werden, dass Verfahren nicht mehr eingestellt und Strafen auf Bewährung nicht mehr verhängt werden können. Es gibt nur Haft- keine Geldstrafen. Wer Daten wie zB Adressen Dritter veröffentlicht wird genau so bestraft. Betreiber von Internetplattformen werden verpflichtet, keine anonymen Beiträge mehr zu veröffentlichen. Websites und Blogs, die Hass und Hetze verbreiten werden rigoros abgeschaltet, Zeitschriften verboten, entspreche Verlage geschlossen. Wenn die Chinesen ihre Internetkommunikation kontrollieren können, wird der deutsche Staat oder die EU das doch wohl auch hinbekommen. Der Staat muss nur wollen! – Rüdiger Weigel

 

Ihre Dossier-Artikel sind mir bisher oft erfreulich und interessant gewesen. Die letzten „Wellen des Hasses“ haben mich erschreckt und in Zorn versetzt. Sollten das Spätwirkungen der vor mehr als 40 Jahren von Frau Erika Steinbach tönenden Attacken gegen die versöhnenden Entscheidungen zu den ehemals deutschen (früher eroberten) Gebieten im heutigen Polen sein??? Was mich besonders verblüfft, dass es den von so vielen versierten Netzkennern und internetprogrammen nicht möglich sein soll, die Erzeugnisse derartiger Bösartigkeiten vor jeder Öffnung und Weitersendung zu löschen, nachdem die Absender notiert und verfolgt werden können. Muss nicht die Anonymität auf all diesen neu installierten Sendern verhindert werden?? Welche anderen Verhinderungen sind technisch möglich??? – Christa Krüger

 

Es ist an der Zeit, dass sich die schweigende Mehrheit endlich äußert und einfordert, das die Verantwortlichen für solche Hassbotschaften zur Rechenschaft gezogen werden. Die Anonymität des Netzes darf nicht zu einer weiteren Verrohung unserer Gesellschaft beitragen. – Dr. Dorothee Lansch

 

Ihre Artikel „Anstand wagen“ (Nr. 5/2020, Seite 1) und „Wellen des Hasses“ (Nr. 6/2020, Seiten 15 bis 17) bringen auf den Punkt, was zu tun ist, wenn Menschen durch Bedrohung, Vertreibung, Verletzung und Tod aus dem öffentlichen Leben verschwinden: öffentlich wirksam schreiben, was geschieht. Die zahlreichen Beispiele zeigen, dass viele Menschen offenbar nicht mehr wissen, wie man Sache und Person sprachlich trennt und in Achtung vor der Person trotzdem sachlich kritisieren kann. Die Handelnden in Schrift und Tat beschwören gegen die Demokratie das „Königreich der Angst“ (Martha Nussbaum) herauf. Noch scheinen sie – sprachlich wie handgreiflich – Einzeltäter zu sein. Ehe sie – wie vor knapp hundert Jahren – organisiert stürmen, wiederhole ich das Vermächtnis meines Großvaters, der beide Weltkriege erlebte: wir müssen rechtzeitig den Mund aufmachen. – Ralf Kopal

 

Ich möchte hier bezüglich der Internetüberwachung keine Verhältnisse wie in Russland, China oder der Türkei haben, aber Polizei und Staatsschutz sollten meines Erachtens schon in der Lage sein oder befähigt werden, Personen, die beleidigen, verleumden, bedrohen, politische Lügen in die Welt setzen oder verbreiten, Hass säen oder zu Gewalt und Mord aufrufen, ausfindig zu machen – auch im Internet – und vor Gericht zu bringen. Wenn der Staat das nicht kann und tut, ist das meiner Meinung nach Staatsversagen. Ebenso ist es meines Erachtens Staatsversagen, wenn Statsanwälte und Richter – wie bei Frau Künast und Frau Stokowski und wahrscheinlich in vielen weiteren Fällen – Beleidigungen, Verleumdungen, Drohungen sowie Aufrufe zu Gewalt und Mord nicht verfolgen und nicht bestrafen. Solche Äußerungen haben meiner Einschätzung nach nichts mit Meinungsfreiheit zu tun. – Dr. Ulrich Willmes

 

Die Zeiten werden noch schlimmer kommen – vermute ich. Ich mache kein Geheimnis daraus, daß ich näher bei der CDU als bei einer irgendwie gearteten linken Partei stehe. Obwohl ich mit der Politik von Angela Merkel hadere. Diese Frau steht auch für den Hass. Ich wohne in einem Viertel mit sehr wohlhabenden und auch bekannten Persönlichkeiten, die zur Elite der Wirtschaftsbosse gehören. Ich bin der einzige „Ausländer“, nicht weil ich nicht aus Deutschland komme (meine Geburtsstadt ist Zwickau) sondern vorwiegend in Singapur lebe – mein Paradis. Ich weiß, das einige davon die AfD wählen. Das Klima des Hasses ist der Tatsache geschuldet, daß fast sämtliche Medien Politik der linken Parteien aktiv unterstützen. Das wird klein gehalten und teilweise als Lüge bezeichnet. Ich kann das aber bestätigen, das habe ich ihrer Redaktion auch schon mitgeteilt. Ihre sechs Autorinnen und Autoren scheinen gut recherchiert zu haben. Das wird alles so sein.

Ich beschäftige mich aber nur damit, wo die Ursachen dafür liegen. Und das mache ich vorwiegend bei den Öffentlich-Rechtlichen fest. Jedes Ding hat zwei Seiten. Die Hassprediger kommen ja nicht mit angeborenen Hass auf die Welt. Hass wird in der Regel erzeugt, wenn der Mensch feststellen muß, das er oder sie ständig missachtet wird oder seine Umgebung nicht mehr vorfindet wie er oder sie es sonst gewohnt war. Deutlich wird es in den Ballungsgebieten und wenn sie dort mit Öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind. Dann entsteht der Eindruck als würden sie in einem Bus aus Ghana oder Bagdad sitzen. Das Verhalten gegenüber der AfD ist ein weiterer schmerzlicher Befund, der viele Menschen schmerzt. Die Gründungsväter sind durchweg Wissenschaftler, das wissen viele Menschen schon gar nicht mehr. Einer davon lehrt in Bonn, der kürzlich in seiner Universität von Studenten des Feldes verwiesen wurde. Das sind alles Zustände (ich könnte noch andere nennen) die die Menschen furchtbar aufregen bis hin zum Hass. Es lässt sich leicht anklagen und wollen nicht erkennen, warum sich dieser Bazillus immer mehr ausbreitet. Die Medien sind gefährlicher geworden als die Politik von Frau Merkel.

Das ist die Wahrheit, die ganze Wahrheit. Jetzt hat eine der wenigen guten Magazine den Medien diese politischen Aktivitäten um die Ohren gehauen. Der Staatsvertrag mit dem Rundfunk, der in den 50er Jahren geschlossen wurde, darin heißt es: „Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben bei der Erfüllung ihres Auftrags die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen“. Das wurde ständig und nachhaltig unterwandert. Darüber lese ich so gut wie nichts – auch nicht in der „Zeit“. Auch die Bildung hat dazu beigetragen. Das kann man heute sehr gut bei der Jugend feststellen. Und das hat die Partei der Grünen auf dem Kerbholz. „Selbstfindung“ hieß das Zauberwort. Im Klartext: jeder Schüler oder Schülerin hat selbst herauszufinden, wie was geschrieben oder gerechnet wird. Verrückt das Ganze, jedenfalls war das so in NRW, wo ich damals mit meiner Familie gelebt habe. So sieht es in Deutschland aus. Auch die altruistische Frömmelei an der Grenze zur Selbstverleugnung, der mangelnde Sinn für Konfliktpotenziale und die Interessen des eigenen Landes. Auch das führt zu Hass. – Gunter Knauer

 

Vielen Dank für das Dossier „Wellen des Hasses“. Hass sei keine Straftat, behauptet Alexander Gauland im Bundestag am 12. 9.2018. Wenn aber aus Hass Beleidigungen oder gar Morddrohungen – versteckte oder offene – werden, dann ist der Staat gefordert. Immerhin ist es ein vielversprechender Ansatz, wenn das Bundeskriminalamt mit einem größeren Stab gegen Beleidigung und Hetze vorgeht. Es ist auch nicht einzusehen, dass Facebook, Twitter und Co in solchen Fällen nicht gesperrt und die Verantwortlichen der unsozialen Medien nicht wegen Beihilfe belangt werden. Eine wehrhafte Demokratie muss Drohungen und Verunglimpfungen bekämpfen. – Helmut Bernecker

 


 

 

Leserbriefe zu „Freier oder unfreier?“ Streit von Leni Breymaier und Christina Marlen

 

Wieso braucht Deutschland eigentlich immer die Edelprostituierte die auch Verbrechen schön reden kann? Nervenkitzel für Otto Normalverbraucher . Das ‘ Bordell Europas’. Klingt irgendwie auch interessant. Vielleicht sollten wir besser sagen, Deutschland ist wieder zur ‘ Qualenkammer’ Europas geworden. Was sagen eigentlich die Grünen dazu? Die haben ja auch noch vor einigen Jahrzehnten behauptet Sex mit Kindern ist gut und dient der Entfaltung. Das Elend der Prostituierten , oft Kinder, Jungen und Mädchen, schreit zum Himmel und es gibt genug Leute in Deutschland die das Freiheit nennen. – Marianne Werner

 

Meines Erachtens hat Frau Breymaier zwei grundlegende Dinge nicht verstanden. 1. schließen Freier und Prostituierte einen Dienstleistungsvertrag, der sich rechtlich nicht von dem zwischen z. B. einer Friseurin und ihrem Kunden unterscheidet. Daher ist für mich nicht einmal ansatzweise nachvollziehbar, warum Prostituierte nicht die gleichen Rechte und Pflichten haben sollen wie andere Arbeitnehmer und weshalb dieser Beruf ein schlechteres Image haben soll als andere Berufe. 2. unterscheidet Frau Breymaier nicht zwischen Prostitution und Zwang. Der Zwang ist das Problem, nicht die Prostitution. Für mich kommt es so rüber, als schleppe Frau Breymaier eine veraltete, prüde Sexualmoral mit sich herum, die sie anderen überstülpen will. – Iman Schwäbe

 

Es ist unerträglich zu lesen, was in der Prostitutionsfrage alles in einen Topf geworfen wird: Zwangsprostituierte, freiwillige Prostituierte, Tantramasseurinnen, Dominas, Sexarbeiterinnen, die mit Behinderten und Alten arbeiten etc. Und dann kommt Frau Leni Breymaier und wischt mit einem Atemzug eine gesunde Lebenseinstellung einer professionellen, glücklichen Sexarbeiterin vom Tisch, indem Sie das Leben von Frau Kristina Marlen als Mythos und Legende bezeichnet. Wie selbstherrlich muss man sein, um einer ganzen Nation seine persönliche Denkweise aufzuzwingen? Warum setzt Frau Breymaier ihre Energie nicht dort ein, wo sie sinnvoll wäre. Zum Beispiel dafür zu sorgen, dass schon lange bestehende und völlig ausreichende Gesetze den Menschenhandel bekämpfen. Dass der Zwangsprostitution Einhalt geboten wird, damit lustvolle Wege für freiwillige Sexdienstleisterinnen geschaffen werden. Dass Migrationsprobleme in der Sozialpolitik und Arbeitspolitik behoben werden. Schlicht: Des Übels Wurzel bekämpfen.

Zur Bereicherung an den Frauen durch Zuhälter, Schlepper etc. sei die Frage genehmigt: Wie viel Freier muss in manchen Städten, so auch in Stuttgart, eine Prostituierte mit Appartement machen, um die Vergnügungssteuer zu bezahlen? Diese liegt in Stuttgart bei € 10,-/qm/Monat, die sich die Stadtkämmerei einsteckt. Stärkt diese tollen Frauen, die gerne und freiwillig Sexarbeiten leisten und trocknet auf der anderen Seite den Sumpf der Gewalt und des Zwangs in der Prostitution aus. Aber doch nicht mit einem Sexverbot in Deutschland, um Frauen zum Eigentum des deutschen Staates machen. Ihr Körper gehört immer noch ihnen selbst! Sie müssen darüber selbst bestimmen können! Mit einem Verbot verlagern sich diese unhaltbaren Zustände nur. Wohin möchte Frau Breymaier sie eigentlich schieben? Nach Rumänien? Dann bräuchten wir uns um diese Migrationsprobleme schon mal nicht mehr kümmern. Milieu? Aber ja!!! Sexverbot, nein danke!! – Silke Meyer

 

Ich habe eben mit großem Interesse in der aktuellen Ausgabe das Streitgespräch zwischen der Politikerin und der Prostituierten gelesen und auch die beiden Gastbeiträge auf Zeit Online. Vermutlich ist sich ein Großteil der Menschheit einig, dass Ausbeutung nicht wünschenswert oder gar zu bekämpfen ist. Klar ist, dass manche Prostituierte ausgebeutet werden, wohingegen andere diesen Beruf für sich selbst wählen und sich nicht ausgebeutet fühlen. Alle müssen unterstützt werden, aber nicht auf die gleiche Art. Grundlage aller Artikel und Meinungen, die ich zu diesem Thema gelesen und gehört habe, ist jedoch entweder das Über-einen-Kamm-scheren aller oder schlichte Unwissenheit der Sachverhalte oder moralische Wunschvorstellungen, wie die Welt zu sein hätte und was angemessenes Verhalten von Frauen ist. Übrigens sowohl aus konservativen wie aus feministischen Kreisen. Ich als Frau, die sich noch nie prostituiert hat und noch nie die Dienste einer*s Prostituierten in Anspruch genommen hat, kenne die Szene natürlich auch nicht, möchte aber differenziert und ohne Moralkeule über dieses Thema reden können.

Dazu fehlen jedoch Informationen. Aus meiner Sicht lassen sich Prostituierte in drei Gruppen aufteilen: Diejenigen, die diesen Job allen anderen vorziehen und darin die Erfüllung finden, diejenigen, die einen anderen Job machen würden, wenn dieser bessere Bedingungen vorweisen würde, oder sich nur gelegentlich prostituieren, weil es in ihren Augen eine Möglichkeit unter vielen ist, Geld zu verdienen. Und drittens diejenigen, die ausgebeutet und versklavt werden. Warum gibt es keine verlässlichen Quellen darüber, wie groß der Anteil der jeweiligen Gruppen ist? Wäre das nicht ein Teilbereich dieses ewigen Streits, der sich sehr leicht durch entsprechende Forschung lösen ließe? Ich kann mir vorstellen, dass der liberale Ansatz in Deutschland die beste Voraussetzung dafür ist, Prostitution von Ausbeutung zu befreien. Letztlich müsste man aber von Vertreter*innen aller drei Gruppen hören, was sie sich wünschen und was für sie das Beste wäre. Persönlich denke ich, dass unsere aktuelle Gesetzeslage auf die erste Gruppe ausgerichtet ist. Selbstbestimmt, kranken- und sozialversichert und geschützt vor Gewalt – so sollten wir doch alle unserem Beruf nachgehen können.

Der zweiten Gruppe wäre meiner Meinung nach nicht durch geänderte Prostitutionsgesetze geholfen, sondern indem in allen Berufen besser kontrolliert wird auf Ausbeutung, unwürdige Bedingungen und ja, auch, indem andere Berufe angemessen entlohnt werden. Da sich die dritte Gruppe (unverschuldet) im kriminellen Milieu bewegt, wäre hier die Frage, ob nicht eine bessere Anwendung der bereits bestehenden Gesetze helfen würde. Grundsätzlich sind ja Vergewaltigung, Menschenhandel und viele andere Dinge verboten. Warum sind Prostituierte nicht in der Lage, diese Gesetzesbrüche in ihrem Umfeld anzuzeigen? Wie können wir als Gesellschaft sie in diese Lage versetzen? Alles überschattend ist darüber hinaus auch die Frage nach den Freiern. Vermutlich kenne ich welche, es ist mir aber nicht bewusst. Darüber wird nicht geredet. Warum gibt es keine Freier, die öffentlich auftreten? Es ist doch schließlich auch als Freier möglich, sich komplett legal und ethisch einwandfrei zu verhalten, wie zum Beispiel die Kunden von Kristina Marlen. Wie kann man außerdem herausfinden, was die Beweggründe von Freiern sind? Worauf ihre Konsumentscheidungen basieren? Ob ihnen eine ausbeutungsfreie Prostitution überhaupt wichtig ist? Ob sie bei Verbot kriminell würden?

Letztlich: Wie kann man Freier dazu bewegen, sexuelle Dienstleistungen zu einem angemessenen Preis unter angemessenen Bedingungen zu kaufen? Braucht es Verträge? Rechnungen, wie bei anderen Dienstleistungen Standard? Da Frau Marlen Sexualassistenz anspricht: Ein interessanter Gedanke wäre doch, Sexualassistenz für Menschen mit Krankheit oder Behinderung als Ausbildungsberuf zu denken. Frau Marlen sieht sich selbst ja auch teilweise als Therapeutin. Auch hier wäre es doch gut, Leute machten dies mit Knowhow als ausgebildete*r therapeutische*r Sexualassistent*in. Das würde insgesamt dazu führen, Prostitution differenzierter zu betrachten und, zumindest teilweise, vom Stigma zu befreien. Das wären doch Fragen, die es sich lohnen würde, mal in einem Artikel zu klären, anstatt dass alle ahnungslos oder aus nur einer Sicht ihre Meinung und Moralvorstellung kundtun. – Corinna Hohlweck

 

Ich bin Psychiater und Psychotherapeut und möchte mich zum Artikel Sexarbeiter äußern. Wie Frau Merten richtig bemerkt, befinden wir uns in Mitteleuropa derzeit in einer sexfeindlichen Epoche. Sowohl Nacktheit als solche als auch alles Sexuelle wird derzeit gesellschaftlich geächtet und tabuisiert. Wenn darüber gesprochen oder berichtet wird, muss man zu dem Schluss kommen, dass lediglich erwachsene Männer an Nacktheit und Sexualität Interesse haben. Und dieses Interesse ist immer grenzüberschreitend, selbstliebend und im besten Fall „sexistisch“, was gleichzusetzen ist mit Frauenfeindlichkeit, Missbrauch und Gewalt. Gegen schwächere, Frauen, Kinder, Abhängige, Schutzbefohlene.

In dieser angeblich gut gemeinten, die Frau, das Kind, etc. schwach darstellenden aktuellen Sicht wird alles, was seit den Siebzigern an Gleichstellung und Selbstwert von Frauen und Männern erreicht wurde, zerstört. Übrig bleibt eine gesellschaftliche Abwertung der Weiblichkeit in Gleichsetzung mit Abwertung der Nacktheit, die mit Sexualtät tabuisiert wird. Unseren Kindern wird damit jegliche Natürlichkeit genommen und die Gesellschaft entwickelt sich rückwärts ins 19. Jahrhundert. Im Unterschied zu damals allerdings können heute Frauen ohne Konsequenzen Männer anzüglich und sexistisch kommentieren. Möglich ist dies gesellschaftlich doch nur, weil eine weibliche sexistische Äußerung nicht wahr-, also nicht ernst genommen wird, während umgekehrt sexistische Äußerungen von Männern sowohl gesellschaftlich als auch juristisch auf die Goldwaage gelegt werden.

Insbesondere geistig oder psychisch behinderte Menschen könnten ihre sexuellen Bedürfnisse ohne Sexarbeiterinnen oder Sexassistenninen nicht erleben. Sexarbeiterinnen wieder zurück in die Illegalität zu treiben würde letztlich Gewalt und Missbrauch in die Höhe treiben. Sexualität ist ein Grundbedürfnis wie Essen, Trinken, Schlafen und, ja, auf die Toilette gehen. Wieder so ein Tabuthema aus dem 19. Jahrhundert. Übrigens: Wieso ist sexuelle Gewalt von Gewalt zu unterscheiden. Jegliche Gewalt ist nicht zu tolerieren, eine Unterscheidung rein logisch nicht nachvollziehbar. – Ingolf Bühler

 

Es ist immer wieder ein brisant vergnügliches Erlebnis, die Artikel in der Zeit zu lesen.Das Doppelinterview mit der SPD Bundestagsabgeordneten Leni Breymaier und der Sexworkerin Christina Marlen zeigt, dass es keine einfachen Hauruck-Lösungen in diesem Bereich gibt. Und wenn Länder wie Schweden es sich einfach machen, indem sie Freier kriminalisieren und Prostituierte nicht, um sie zu einem „moralisch sauberen Leben“ zu motivieren, dann führt das allenfalls dazu, dass schwedische Männer in andere Länder fahren. Und/oder das Gewerbe vollends ins nicht Greifbar-Virtuelle bzw. ganz dunkle- halbseidene Milieu abrutscht. Die Realität aller daran Beteiligten ist viel komplexer als ein gut gemeinter, aber meist schlecht gemachter bürokratischer Beschluss, der allenfalls die Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis beweist. Die Argumente von Kristina Marlen haben mich ehrlich gesagt in Bezug auf ein liberales Deutschland/Europa mehr überzeugt als die bevormundende Haltung von Leni Breymaier. Denn nie kann eine Frau, auch wenn sie es wirklich gut meint mit allen Frauen dieser Welt, für alle sprechen oder gar handeln! Wie immer hilft nur genau und vorurteilsfrei hinschauen, klare faire Spielregeln für alle Beteiligten schaffen, so dass üble Zuhälterei, miese Bedingungen und Zwangsprostitution auch in Deutschland keine Chance mehr haben. – Karin Hepperle

 

Gut, dass Sie dieses brennende Problem thematisieren. Es wird von interessierten Gruppen bewusst marginalisiert. Das beginnt bereits mit der Behauptung, Prostitution sei ein Beruf. Der Kauf einer Frau wie der einer Ware zur eigenen sexuellen Befriedigung verstößt gegen die Würde der Frauen in ihrer Gesamtheit und damit gegen das Menschenrecht. Das sehen so: die UN-Frauenrechtskonvention, das europäische Parlament, Schweden, Norwegen, Island, Kanada, Nordirland, Irland, Frankreich, Finnland, Südkorea, Litauen und die Philippinen. In weiteren Ländern, wie Schottland und Israel teilt eine Bevölkerungsmehrheit diese Ansicht. Zudem zieht jede Art von Sexkauf stets unvermeidbar Zwangsprostitution u. Menschenhandel nach sich. Dabei bieten sich nach Meinung einer Reihe von Experten vor allem aus der Polizei maximal 2 bis 10% der betroffenen Frauen freiwillig an. Der Rest steht unter Zwang und leidet zu einem großenTeil unter brutalster Unterdrückung durch Zuhälter und Menschenhändler und dies vor unseren Augen.

Daher muss jedem Sexkäufer klar sein, dass er mit deutlich mehr als 50%iger Wahrscheinlichkeit eine Sexsklavin missbraucht. In welche Illegalität, Frau Marlen, sollen die Frauen denn noch verdrängt werden? Sie sind doch schon da. Die Behauptung von der Verdrängung in die Illegalität durch Kriminalisierung des Sexkaufs wird dagegen deutschlandweit von Sexkauffreunden monoton wiederholt. Sie ist schlicht falsch. Sie wird durch Aussagen der schwedischen Polizei zu den Erfahrungen im eigenen Land eindeutig widerlegt. Da die Frauen hier eben nicht kriminalisiert, ihre Blutsauger jedoch von der Polizei zunehmend erfolgreich verfolgt werden, sind sie weitgehend in Sicherheit, werden nicht stigmatisiert, erfahren soziale Hilfsangebote und können sich im Übrigen durchaus auch untereinander vernetzen.

Natürlich sind die Sexkaufangebote in Schweden, wie übrigens zunehmend auch in Deutschland, ins Netz ausgewichen. Deshalb entspricht Ihre Behauptung, Frau Marlen, der Sexkauf sei nirgends zurückgegangen durchaus auch wissenschaftlichen Untersuchungen. Der Grund ist ein internationaler Anstieg der Prostitution. Über einen Zeitraum von 6 Monaten ermittelten skandinavische Wissenschaftler jedoch, dass Sexkauf in Schweden am geringsten verbreitet ist, am weitesten verbreitet aber in Dänemark, wo Sexkauf legal ist. Dazwischen liegen die Werte für Norwegen, wo Sexkauf erst seit 2009 verboten ist. Über Deutschland müssen wir dagegen erst gar nicht reden. Wir haben es sogar schon weiter als bis zum Bordell Europas geschafft. Amerikanische Reisebüros bieten bereits Deutschlandreisen mit inklusivem Bordellbesuch an. Wir gelten also etwas in der Welt! Wollen wir wirklich diese Art von Wertschätzung? – Dr. Valentin Klöppel

 

Es ist ein heikles Thema, das in diesem Streit behandelt wird und ein wahrer Streit – keine Diskussion. Insbesondere von Frau Breymeier wird jede Äußerung der Gegenseite abgeblockt, abgetan oder ignoriert. Sie schlägt hingegen mit Klischees um sich. Bei Frau Breymeier ist keinerlei Verständnis zu erkennen, es ist fast ein Hass zu spüren, der alles ausblendet, was dem eigenen Weltbild entgegensprechen könnte. Die eine ist radikal, die andere informiert. Aus dem, was Frau Marlen sagt, ist zu erkennen, Bandbreite der Prostitution groß ist. Man sollte das Positive zulassen und das Negative mit Nachdruck strafrechtlich verfolgen. Frau Breymeier sollte man etwas erzählen über die Geschichte von Pauschalverboten und ihren Folgen. Man könnte angesichts des Jubiläums mit der Prohibition in den USA beginnen und dem so ausgelösten Aufstieg der organisierten Kriminalität. Beim Lesen dieses Artikels tauchte bei mir eine grundsätzliche Frage zum Ressort Streit auf. Was bringt es, wenn zwei Personen miteinander streiten und zumindest eine von beiden nicht die geringste Einsicht zeigt? Wenn ein Streit nur dazu dient, die eigenen Ansichten dem anderen um die Ohren zu hauen, ist er sinnlos. Eine lesenswerte und fruchtbare Diskussion wäre getragen von dem Gedanken: das Gegenteil ist der Teil, der mir zur Wahrheit fehlt. – Andreas Matt

 

Hier treffen völlig „ungeschützt“, zwei Frauen mit ihren zwei äußerst konträren Ansichten aufeinander. Die eine Frau „schafft“ gerne an, die andere Frau würde sehr gerne das „Anschaffen“ verbieten oder total abschaffen. Wie frau/man sich am liebsten bettet, so liegt frau/man eben gerne oder eben ungerne, und das nicht nur im „horizontalen Gewerbe“! – Riggi Schwarz

 

Frau Breymaier ist dringend zu raten, die Infografik in derselben ZEIT-Ausgabe über Prohibition zu studieren. Das von ihr geforderte Verbot wird die gleichen Konsequenzen haben: die Kriminalitätsrate wird drastisch ansteigen, Korruption und Mafia(un)wesen werden blühen und die Doppelmoral feiert fröhliche Urständ. Und den betroffenen Frauen wird es noch schlechter gehen als heute. Mit ihrem Vorschlag hat sich Frau Breymaier als Politikerin selbst disqualifiziert, denn eine fundamentale Grundregel lautet: Du kannst Dein Volk nicht durch Verbote erziehen. Es grenzt fast schon an Verblendung, zu glauben, mit einem Sexkauf-Verbot könnte man das „älteste Gewerbe der Welt“ abschaffen. Nur weil man im Alltag dann nichts mehr davon sieht, ist es noch lange nicht verschwunden. Ziel einer liberalen Gesellschaft muß es sein, daß auch der Sex-Kauf eine freie Entscheidung zweier gleichberechtigter (Geschäfts-)Partner ist, ohne Einmischung Dritter; Kristina Marlen vermittelt davon einen ersten Eindruck. – Wolfgang Heckl

 


 

 

Leserbriefe zu „Wir haben künstlich befruchtet“ von Nora Hirschfeld et al.

 

Herzlichen Dank für den spannenden Beitrag „Wir haben künstlich befruchtet“ (20. Januar 2020, No. 6), von Judith Luig. Die Enttabuisierung einer künstlichen Befruchtung ist ein wichtiges Anliegen und ich befürworte dies sehr. Jedoch war ich erstaunt, dass ausschließlich Frauen portraitiert wurden. Auch Männer müssen sich in einer kinderlosen Beziehung dem Thema der künstlichen Befruchtung stellen. Eine Fokussierung auf lediglich Frauen führt zum Ausbleiben des gesamtgesellschaftlichen Dialoges und stempelt es als „Frauenthema“ ab. Ebenso wäre die Perspektive der (meist männlichen!!) Gynäkologen spannend, die diese Behandlung durchführen. Doch dies bleibt aus und es wird das Mann/Frau Gefälle durchgezogen: Die Frau, das Opfer, welches sich behaupten muss. Die Frau, die über das Thema spricht, weil es eben doch ein Frauenthema ist?

In Ihrem Beitrag bleibt der Fokus fast ausschließlich auf Frauen, immerhin mit einer gewissen Diversität (hetero- als auch homosexuell). Zwar thematisieren sie Sexismus, wenn es um das Erlauben der Samenspende und des Verbotes der Eizellenspende geht aber Männer lassen auch Sie nicht zu Wort kommen. Die Aufmachung und Anlehnung an „Wir haben Abgetrieben“ (Frauenbewegung) ist verquer: Es geht bei der heutigen Diskussion um eine gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der künstlichen Befruchtung und nicht um deren Straffreiheit. Auch wenn es die Gesetzeslage zu reformieren gilt. – Leonie Herrmann

 

Ja, ich bin auch so einer! Wir wollten immer Kinder. Aber es klappte nicht. Nach über einem Jahr sind wir zum Arzt gegangen, „natürlich“ zum Frauenarzt. Das erste Vorurteil bestätigte sich aber nicht, es lag nicht an meiner Frau. Meine ersten Termine beim Urologen waren mehr als unangenehm. Sehr schnell war klar: es lag an mir. Gendefekt. Was folgte war der Schritt in die langwierige Kinderwunschbehandlung. Ich musste „unter das Messer“ für mehrere Biopsien. Aber davon abgesehen und obwohl sie als Verursacherin „entlastet“ war, blieb doch die überwiegende Belastung der Behandlung an meiner Frau hängen. Dafür kann ich ihr nicht dankbar genug sein! Heute sind wir Eltern zweier Töchter (12 u. 5 Jahre). Wir gehen damit offen um und haben in unserem Umfeld immer Verständnis erfahren. Jetzt stellen sich aber die nächsten Fragen: Wann und wie sagen wir es unseren Kindern? Wie schützen wir sie vor herabwürdigenden Blicken und Kommentaren? Eine wertfreie gesellschaftliche Debatte hilft bei den Antworten. Dafür danke. – Ein Leser

 

Unzählige Hormonspritzen, Rezepthaufen, Negative Schwangerschaftsstreifen und viele schlaflose Nächte. Ich sitze am Frühstücktisch mit meinem Freund als ich die Titelstory des Z-Teils aufschlage und fühle mich erhört. Mit nur 25 Jahren, kämpfe ich seit zwei Jahren für unser Wunschkind mit aller Entschlossenheit, die Hürden und die Scham zu überwinden. Doch erst vor wenigen Wochen verlor ich eine Freundin, sie ist schwanger, ich bin es nicht, da war sie wieder: die soziale Diskrepanz! Danke für diesen Artikel, danke für die mutigen Frauen. – Sarah Barthel

 

Zusammen mit meiner Frau haben wir über drei Jahre hinweg die von Judith Luig beschriebenen Prozeduren (mit Erfolg!) absolviert. Was ich jedoch in der ZEIT nicht erwartet hätte, war die maximal frauenzentrische Aufmachung des Artikels. Fast zwanzig Frauen erhielten die Möglichkeit, ihre Erfahrungen offen zu schildern. Warum ist auf den Fotos kein einziges Paar zu sehen? Wo beschreiben Männer ihre Gefühle und Ängste? Ihre Erfahrungen bleiben hier wieder leider im Dunkeln, was ansatzweise auch die Autorin im Artikel selbst kritisiert. Dabei kann das Prozedere nur gelingen, wenn man als Paar zusammenhält und sich nicht als Einzelkämpfer begreift. “ – Martin Pavlík

 

Ich finde es sehr mutig von Frau Luig, dass sie sich mit den eigenen Erfahrungen der Tabuthemen Fehlgeburt und künstliche Befruchtung an die Öffentlichkeit wagt. Grundsätzlich ist es sehr zu begrüßen, dass Frauen aus der Isolation heraustreten mit dem Ziel sich zu solidarisieren. Es kann anderen Frauen zeigen, dass sie nicht alleine sind mit der Problematik. Immer wieder kommen Frauen in meine homöopathische Kinderwunschpraxis, die schon diverse vergebliche Versuche mit künstlicher Befruchtung und viele Fehlgeburten hinter sich haben. Der umgekehrte Weg wäre sinnvoller und erheblich kostensparender (!) für die Paare als auch für die Krankenkassen und damit die Gemeinschaft der Versicherten. Frauen kümmert Euch rechtzeitig um das Thema Fruchtbarkeit ehe das Kind in den Brunnen gefallen ist! – Beate Maria Katharina

 

Danke fuer diesen leidenschaftlichen und (fuer mich) aufschlussreichen Beitrag. Mir war nicht klar, dass (immer noch) ein solches Stigma auf kuenstlicher Befruchtung liegt und ich stimme Ihnen vollkommen zu, dass die derzeitige Gesetzeslage ungerecht ist. Vielleicht koennen Sie mir in einem Punkt weiterhelfen: Was ist an einem eigenen Kind so bedeutsam, dass frau/man solche Strapazen auf sich nimmt? Ich selbst wollte nie Kinder, wuerde aber sehr gerne verstehen, wie sich andere Frauen fuehlen. – Sabine Moehler

 

Ihre Autorin unterstellt, dass die unterschiedliche Gesetzeslage hinsichtlich der Samen- und der Eizellenspende „sexistisch“ sei und den Kinderwunsch von Frauen und Männern unterschiedlich werten würde. Dabei ignoriert sie, dass beide „Spenden“ sich fundamental unterscheiden. Eine Samenspende ist bekanntermaßen risikolos und binnen Minuten erledigt. Eine Eizellenspende erfordert jedoch bei der Spenderin das gleiche medizinische Prozedere aus Hormonbehandlung und operativem Eingriff wie es die Autorin noch ein paar Absätze vorher als Vorbedingung für die In-vitro-Fertilisation beschreibt und als stark belastend bewertet. Eine potentielle Eizellenspenderin nimmt diese Belastung und das bestehende Risiko eines unnötigen medizinischen Eingriffs in der Regel nur aufgrund finanzieller Anreize in Kauf. Letztendlich lässt sich der Kinderwunsch einer Frau mittels einer Eizellenspende nur erfüllen, wenn dabei das zumindest temporäre Leid einer anderen Frau in Kauf genommen und finanziell entschädigt wird. – Ch. Reder

 

Eine Frage drängt sich beim ersten Hinschauen auf: Wo sind die Männer? – Martina Wichert

 


 

 

Leserbriefe zu „Was, wenn es so kommt?“ von Ulrich Schnabel

 

Ich las Ihren „Zeit“ – Artikel „Was, wenn es so kommt?“ Anschließend hörte ich Sie. Ich war verwundert ueber Ihre Inkonsequenz. Sie sprachen von Zuversicht und schreiben einen Beitrag, der die Klimahysterie befoerdert. Indem Sie Ergüsse eines Franzen, eines Bedell zur Grundlage Ihrer veröffentlichten Gedanken machen, nehmen Sie die ernst. Das allein genügt, um Klimaaengste am Kochen zu halten. Sie fügen zweifelhafte Graphiken hinzu, die keiner wissenschaftliche Prüfung standhalten: 1. Die atmosph. Temperaturen sind seit 17 Jahren weitgehend stabil, obwohl der C02- Gehalt jährlich um 1 % zunimmt. 2. Sie schreiben der CO2 – Anreicherung Wetter – Ereignisse zu, die in der Erdklimageschichte unabhängig vom CO2- Gehalt vielfach aufgetreten waren. Dansgaard – Oeschger-Ereignisse, also Temperaturspruenge von ueber 10 Grad C innerhalb einer Dekade – wurden in Eisbohrkernen nachgewiesen. Das zu einer Zeit der Neandertaler. – Wolfgang Eckardt

 

Was tun wenn ein Auto mit wachsender Geschwindigkeit gegen eine Wand fährt? Erste Priorität sollte sein, die Bremsen zu suchen und so stark wie möglich zu bremsen. Ausserdem ist zu untersuchen, warum nicht rechtzeitig gebremst wurde. Andere Fragen haben zweite Priorität, etwa die Frage nach aktueller Entfernung und Geschwindigkeit oder nach den Folgen des Zusammenstosses. Nun, der Klimawandel ist komplizierter als die genannte Situation, da die Verantwortung bei allen Menschen liegt und nicht nur bei einigen Technikern. Nicht einige wenige haben versagt sondern die Zivilisation, die Kultur, die Technik, die Religionen. Um bei erwähnten Vergleich zu bleiben: Es wurde ein fantastisches Fahrzeug konstruiert, aber ohne ausreichende Bremsen. Ein wichtiges Element der Kultur wurde nicht genutzt, um das Fahrzeug verkehrstüchtig zu machen, die Mathematik. Bereits einfache mathematische Formulierungen und Methoden sind geeignet, die Situation und mögliche Auswege zu beschreiben. Ein erstes hilfreiches Beispiel ist die mathematischen Formulierung «dann und nur dann» in der folgenden Feststellung: Die Menschheit kann «dann und nur dann» gut überleben wenn ihre Kopfzahl nur so weit wächst, dass auch die kommenden Generationen ein nachhaltiges gutes Auskommen haben. (Beispiel aus Mathe: Eine Zahl ist «dann und nur dann» ein Vielfaches von 3, wenn auch die Quersumme ein Vielfaches von drei ist.)

Eine weitere Anwendung von Mathe ist die indirekte Beweisführung (Ausgangspunkt ist eine Annahme, die zu einem Widerspruch führt). Angenommen, falls die Erde 10 mal grösser, wäre die Menschheit aller selbst verursachten Klima-Probleme ledig. Oder angenommen, es gäbe keine Menschen mehr, wenn die Erde 10 mal kleiner wäre. Beide Annahmen stehen im Widerspruch dazu, dass Beispiele von historischen Gesellschaften (überlebenden und gescheiterten) zeigen, dass die Menge der verfügbaren Ressourcen nicht entscheidend ist. Technische Massnahmen können daher die Probleme der Menschheit nicht lösen, da die Technik zwar die Ressourcen vermehren kann, aber wie die Erfahrung zeigt, reicht das nicht. (Beispiel aus Mathe: Es gibt unendlich viele Primzahlen denn:angenommen, es gäbe nur N Primzahlen, dann könnte man eine N+1 te Primzahl konstruieren indem man zum Produkt aus allen N Primzahlen eine 1 addiert).

Weitere mathematische Themen wären die Bedeutung von Mittelwerten und die Bedeutung von exponentiellem Wachstum. Dazu ein Beispiel zur Geburtenrate: Angenommen, in einer Gruppe von 1000 Personen hätten 90% der Paare in jeder Generation nur ein Kind und bei 10% wären es vier Kinder pro Paar (also einerseits Halbieren und andererseits Verdoppeln pro Generation). Dann sähe in der ersten Generation die mittlere Geburtenrate klein und nachhaltig aus. Aber nach zehn Generationen wäre die Kopfzahl der Gruppe auf über 100 000 angestiegen (denn 2*2*2*2*2*2*2*2*2*2*100=102 400). (Beispiel aus Mathe: Eine Seerosenart – neu eingesetzt in einen Teich – verdoppelt ihre Fläche pro Jahr. Nach 9 Jahren bedeckt sie die Hälft des Teichs. Welche Fläche bedeckt sie nach 10 Jahren?).

Mathematik ist ein wesentlicher Teil der menschlichen Kultur. Sie ist eine Sprache, die alle Menschen verstehen können und alle Menschen verstehen sollten, denn sie ist notwendig, um sich ein realistisches Bild von der Realität zu machen. Mathematik ist auch notwendig, um zu ermitteln, in welcher Richtung ein Wandel durchsetzbar ist. Dazu ein Beispiel aus China. Dort wurde die Ein-Kind-Politik aufgegeben. Neuerdings werden zwei Kinder pro Paar empfohlen. Die weiterhin tiefe Geburtenrate wird langfristig zu einer Reduktion der benötigten Ressourcen (und damit der Co2-Produktion) führen, die parallel zur Reduktion der Bevölkerung erfolgt. Anders sieht die Situation in einigen Gebieten von Afrika aus, etwa am Tschad-See. Dort hat die massive Bevölkerungszunahme in den drei an den See angrenzenden Staaten zu einem massiven Rückgang des Fischbestandes und daraus folgend zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen benachbarten Dorfgemeinschaften geführt. Angesichts der ungelösten demographischen Probleme Afrikas kann davon ausgegangen werden, dass die künftigen Generationen in China (trotz Überwachungsstaat) ein besseres Leben haben werden, als die künftigen Generationen einiger afrikanischer Länder. – Gernot Gwehenberger

 

„Du hast keine Chance – nutze sie“ Zitat Achternbusch. Was mal ein absurder Lebenswitz war ist, in Bezug auf den Klimawandel, zur bitteren Aufforderung an die Menschheit geworden. – Dieter Herrmann

 

Seit fast 50 Jahren ist das Thema der Umweltzerstörung, der Ausbeutung der Natur virulent. 1972 veröffentlichte der Club of Rome eine Studie, die sich mit den Grenzen des Wachstums beschäftigte. Der Umweltaktivist Bill McKibben spricht rund 20 Jahre später Politikern die Fähigkeit ab, aus den wissenschaftlichen Erkenntnissen über den bereits im vollen Gange sich befindenden Klimawandel die zum Erhalt der Natur erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die ZEIT lud 2007 Schriftstellerinnen und Schriftsteller, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, zur Zukunft der Natur Stellung zu beziehen. Den Schlusspunkt der Serie setzte T.C. Boyle, der aufbauend auf Bill Mc Kibbens These, bereits damals konstatierte, dass wir untergehen werden, dass es keine Hoffnung gibt. Zwar teile ich nicht die These des Evolutionsbiologen Jared Diamond über den zirkulären Verlauf von Zivilisationen, eine These, die ja schon Oswald Spengler vor 100 Jahren für die Entwicklung von Hochkulturen vorhersagen wollte und auch damit scheiterte, doch aufgrund der begrenzten Einsichtsfähigkeit der menschlichen Vernunft seit nunmehr 50 Jahren Ignoranz fällt es schwer, an Rettung zu glauben. – Udo Iffländer

 

In Australien brennt der Kontinent, die Gletscher schmelzen (fast) eiskalt ab, der Meeresspiegel steigt weiter an, das Wetter spielt immer verrückter, der Mensch fliegt mehr denn je herum, und viel zuviel CO2 wird weiterhin in die Luft geblasen. Der Mensch tut und macht eigentlich überhaupt nichts (richtig) dagegen, und so warten wir halt weiter und weiter auf den nächsten „Super-GAU“! – Klaus P. Jaworek

 

Zu viele unfähige und allem Anschein nach ignorante Politiker. Die ZEIT greift das Thema wieder einmal auf: der Kampf gegen den Klimaandel scheint verloren, die Gesellschaften werden kollabieren, dies sind nur einige Thesen. Dennoch reagieren unsere Politiker nicht. Es ist zum Verzweifeln. Dabei muss auf allen Ebenen nachgebessert werden: sofortiges Ende von Plastiktüten und Flaschen ohne wenn und aber und ohne lügnerische Ausnahmegenehmigungen, sofortiger Wegfall der Pendlerpauschale (Fahrradfahren oder sich zu Fahrgemeinschaften zusammenfinden oder umziehen), sofortiges Tempolimit auf Autobahnen (dies schränkt den Komfort des Individualverkehrs in keiner Weise ein), stärker Besteuerung von Energie, um den Verbrauch zu senken und und und… Es gibt hunderte von weiteren Maßnahmen, die wir SOFORT umsetzen können, aber sie werden von Politikern verhindert und wir müssen weiterhin zusehen, wie ohne Konsequenzen fatale Entscheidungen getroffen werden oder notwendige Entscheidungen nicht getroffen werden. Deswegen müssen wir darüber nachdenken, wie wir (das Volk, die Bürger) in Zukunft basisdemokratisch ohne große Verzögerung Politiker, die sich als unfähig und untragbar erweisen, aus dem Amt entfernen können. Als einen der ersten müsste es Verkehrminister Scheuer treffen, der sich als völlig unfähig erweist, den Steuerzahler Milliarden kostet (Maut) und immer noch gegen das emmisionssenkende Tempolimit ist, obwohl mittlerweile selbst der ADAC einlenkt. Solche Politiker werden leider nach wie vor von der Regierung im Amt gehalten. Dies müssen wir zukünftig als Bürger verhindern können. Basisdemokratisch. – Volker Windhorst

 

Beim Studium des Beitrags von Ulrich Schnabel fragt man sich zum wiederholten Male, wie konnte man auf Grund einer reinen Bauchentscheidung auf die emissionsarme Kernkraft verzichten. Wenn es darauf ankommt, „wie schnell wir die Emissionen stabilisieren“, führt mangels anderer ausgereifter und zuverlässiger technischer Möglichkeiten an der Atomkraft gar kein Weg vorbei. – Josef Vogt

 

Beides tun …Die Debatte um das Klima, dessen Entwicklung und Folgen wird zunehmend verschärft durch die Vorwürfe, dass die einen die bevorstehenden Klimaveränderungen womöglich unnötigerweise dramatisieren – bis hin zu apokalyptischen Prophezeiungen („wenn nichts geschieht, dann …“), während die anderen dringend notwendige Maßnahmen hinausschieben oder ganz verweigern (Tempolimit etc.). Da es sich frühestens in einigen Jahren oder Jahrzehnten herausstellen wir, wer Recht hat, bleibt uns im Grunde doch jetzt schon nichts anderes übrig, alsbeides zu tun: Einerseits Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen, uns andererseits aber auch auf „worst-case“-Szenarien vorzubereiten. Die Diskussion um die letztgenannten Aufgaben kam bislang aber deutlich zu kurz und wird vielleicht durch die in Ihrer Zeitung veröffentlichten Überlegungen von Jonathan Franzen weiter angeregt.

Nur reichen die bisherigen Vorschläge (wie verstärkter Hochwasserschutz, Lebensmittel-Notvorräte für zu Hause etc.) vermutlich kaum aus, die Auswirkungen größerer und anhaltender Umweltkatastrophen (wie Überschwemmungen, Dürren, Hitze, Feuersbrünste, Stürme etc.) zu bewältigen. Ein m.E. bisher noch nicht diskutierter Vorschlag ist, transnationale Organisationen wie die UNoder die EUnicht nur mit Frieden-stiftenden, sozialen und humanitären Aufgaben zu beauftragen,sondern auch „Klimaschutz-Abteilungen“ einzurichten. Die beispielsweise bewirken, dass für alle Bewohner in einem Land, einem Staatenbund oder gar überall auf der Welt verbindliche Elementarschäden-Versicherungeneingeführt werden, damit die Menschen, die von Klimakatastrophen betroffen sind, zumindest finanziell abgesichert sind, und die (zumeist zufällig) Nicht-Betroffenen wenigstens einen solidarischen Beitrag zum Ersatz der entstandenen Schäden leisten. Zumal es Versicherungen zunehmend ablehnen, Gebäude in Risiko-Zonen überhaupt gegen Elementarschäden zu versichern.

Aber welches Gebiet ist heutzutage nicht gefährdet? Wenn die dafür erforderlichen Prämien von allen Bürgern eines Landes zu leisten sind, wird deren Höhe für jeden Einzelnen vermutlich durchaus tragbar sein. Tragbarer jedenfalls als womöglich alles zu verlieren. Ein weiterer Vorschlag wäre, dass diese“Klimaschutz-Abteilungen“ nicht nur mit Hilfsgütern wie Lebensmitteln, Decken etc., sondern auch mit eigenen Notfall-Instrumenten ausgestattet werden, um im Katastrophenfall rasch und wirksam Hilfe zu leisten. Zu denken wäre an den Um- oder Neubau von Flugzeugträgern, die mit möglichst vielen, komplett ausgestatteten Wohncontainernund einer ausreichend großen Flotte von Lasten-Hubschraubernbestückt sind, die weltweit in kürzester Zeit obdachlos gewordenen Weltbürgern zusätzlich sichere und saubere Unterkünfte zur Verfügung stellen könnten. Bis die so ausgerüsteten – und von Militärs zu bedienenden – Schiffe in die Nähe eines Unglücks kommen, könnten die dafür benötigten Flächen planiert und mit der notwendigen Infrastruktur (Wasser, Abwasser, Strom etc.) ausgerüstet werden.

Dass so etwas funktioniert, haben die Chinesen kürzlich in Wuhahnbewiesen, wo sie in nur wenigen Tagen ein komplettes Krankenhaus buchstäblich „aus dem Boden gestampft“ haben. Auch dafür müsste es der Weltgesellschaft Wert sein, für die enstehenden Kosten aufzukommen oder sich dagegen zu versichern. Vernünftiger wäre das allemal, als weiter Milliarden auszugeben, um auf den Mars zu fliegen oder autonome Fahrzeuge zu entwickeln. Gibt es doch auch auf dieser unserer Welt immer häufiger – im wahrsten Sinne des Wortes – existentielle Probleme zu lösen. – Prof. Dr. Manfred Lange

 


 

 

Leserbriefe zu „Geiz schmeckt nicht geil“ von Kraft Prinz zu Hohenlohe-Oehringen

 

Wenn Prinz zu Hohenlohe-Oehringen wortreich die Probleme der Landwirtschaft und die fehlende Wertschätung für die Bauern beklagt, verschweigt er eine Reihe von Gründen gegen die gewünschte Wertschätzung, beispielsweise, dass in breiter Front deutsche Ferkelzüchter die gesetzte Frist von fünf Jahren für die Einführung einer Ferkelkastration mit Betäubung einfach verstreichen ließen und bei einer rückgratlosen Landwirtschaftsministerin Klöckner eine Fristverlängerung von zwei Jahren erreicht haben. Nun darf man raten, was nach Ablauf der zweiten Frist geschehen wird. – Lutz Landorff

 

In einem Punkt gebe ich Ihnen voll und ganz recht, den Deutschen sind ihre Lebensmittel nicht wertvoll genug. Das muß sich in unserer Gesellschaft grundlegend ändern. Aber ihre Haltung zu Pflanzenschutzmitteln kann ich nicht unkommentiert lassen. Eine Landwirtschaft ohne Glyphosat oder ähnliche Mittel ist möglich und erstrebenswert. In ihrem Beispiel führen sie den Anbau von Raps an. Raps ist keineswegs Lebensgrundlage von Bienen oder Wildbienen. Es gibt inzwischen viele Imker, die große Anbauflächen von Raps sogar eher meiden. Der Raps blüht in einer Zeit, in der es ohnehin viele Blüten gibt. Die Blütezeit ist relativ kurz und in einer Zeit des Überflusses. Ist der Raps abgeerntet leiden die Bienen Hunger, wenn es in der Umgebung nur konventionell betriebene Landwirstschaft gibt.

Ich wünsche mir wieder eine abwechslungsreiche Landschaft mit Blüten von März bis Oktober. Dazu können Landwirte ihren Beitrag leisten. Es gibt schon jetzt Landwirte, die das Unkraut nur ausrupfen und liegenlassen. Die Nutzpflanzen werden dazwischen gesetzt. So bleibt der Boden feucht und wird zusätzlich natürlich gedüngt. Auf diese Weise war der Ertrag sogar in den letzten beiden trockenen Sommern gut. Das kostet mehr Arbeitskraft, spart aber Ausgaben für Pflanzenschutz und -düngemittel. Ihre Kritik an der Agrarpolitik aus Brüssel ist dagegen grundsätzlich richtig. Wir müssen endlich weg von Subventionen nach Fläche hin zu Subventionen ausschließlich für ökologische Landwirtschaft ohne Pestizide und Herbizide. – Manuela Schmidt

 

Kraft Prinz zu Hohenlohe-Oehringen wundert sich darüber, dass die Öffentlichkeit Landwirten wie ihm das Interesse an einer intakten Umwelt abspricht. Wenn man seine weiteren Aussagen liest, wundert man sich, dass er sich darüber wundert. Zum einen ärgert er sich darüber, dass er keinen Stickstoff-Dünger auf seine Äcker aufbringen darf, weil das Grundwasser in diesem Bereich mit zu hohen Nitrat-Werten belastet ist (woran natürlich andere Schuld sind). Seine Logik ist offensichtlich: Wenn das Wasser dort eh schon versaut ist, warum es dann nicht noch mehr versauen? Zum anderen erklärt er uns sinngemäß, dass man nach der Rapsernte den Acker mit dem Pflanzengift Glyphosat reinigen muss, damit nicht aus Versehen etwas von dem Raps dort weiterwächst, obwohl man jetzt Weizen anbauen will. Kein vernünftiger Mensch würde in seinem eigenen Garten mit einer solchen Politik der verbrannten Erde arbeiten, wie der Prinz sie für normal hält. Und da wundert er sich, dass die Verbraucher das nicht mehr verstehen, was manche Landwirte machen? – Marc Strehler

 

Seine Durchlaucht Kraft Prinz zu Hohenlohe-Oehringen hat Recht, die Verbraucher zahlen einen zu niedrigen Preis für ihre Lebensmittel und die Bauern erhalten einen zu wenig Geld für ihre Produkte.Nur darf er die Schuld nicht bei den Verbrauchern suchen. Die haben den Slogan; Geiz ist geil, nicht erfunden. Das waren die „Einzelhändler“.Dass es die nur noch in Konzernstrukturen gibt, ist unserer Sozialen Marktwirtschaft zu verdanken, die die Konzentration auf wenige Ketten von Dicountern, wie LIDL und ALDI, und Vollsortimentern, wie Edeka und REWE, zugelassen hat. Unter Einschluss einer kleinen Zahl von Großschlachtern, Wurstfabriken und Fischlieferanten ist ein hocheffizientes System entstanden, in dem den Erzeugern die Preise diktiert werden. Darunter hat die Qualität gelitten. Fleisch kann man sich nicht aussuchen. Aufschnitt sieht schön aus, schmeckt aber alles gleich. Obst, Gemüse und speziell Tomaten werden auf Aussehen und Haltbarkeit gezüchtet. Der Gechmack ist verloren gegangen, die Deutschen haben es nicht gemerkt. Ich kann dem Prinz zu Hohenlohe-Oehringen versichern, dass wir für mehr Qualität und Geschmacksvielfalt bereit wären, höhere Preise zu zahlen, aber in Berlin-Mitte herrschen REWE und EDEKA. – Jürgen Kirschning

 

Die beklagte fehlende Achtung des Bauernstandes und seine mediale Verunglimpfung sind doch leicht zu verstehen. Wie soll Wertschätzung entstehen, wenn das Grundwasser zunehmend belastet wird und der Artenrückgang durch Chemieeinsatz, spezielle Anbaumethoden und Monokulturen steigt ? Der dumme Konsument ist einfach zu wenig mitfühlend und außerdem kauft er gerne billig ein. Diese Ansicht teilt die Landwirtschaftsministerin mit den Bauern. Dabei fördert gerade die bisherige und aktuelle Landwirtschaftspolitik die Probleme. Ca. 40 Mrd Euro fließen seit Jahrzehnten pro Jahr aus EU-Töpfen an deutsche Bauern, aus Steuergeldern der Bürger. Ohne große Auflage und nach Fläche gestaffelt . Der Prinz von Hohenlohe mit Betrieben in drei Bundesländern wird zu den Top-Empfängern dieser alljährlichen Wertschätzung gehören. Nitrat ist offensichtlich für ihn kein generelles Problem, sondern ein Sonderfall (Altlast durch DDR-Mastbetrieb). Aber das Problem ist in allen Bundesländern vorhanden.

Es liegt an der zu großen Zahl von Tieren, die Unmengen von Gülle produzieren und die inzwischen von Fachspeditionen mit Lkw durch die Länder gekarrt werden, um sie irgendwo halbwegs verantwortbar loszuwerden. Keine Antwort darauf vom Prinzen. Dabei wäre eine Debatte – initiiert von den Bauern – über den maximalen Tierbesatz pro Fläche nötig. Weniger Tiere = weniger Gülle und tendenziell höhere Fleischpreise. Die jetzige Überproduktion sorgt doch erst für die unterstellte Geiz-ist-geil-Haltung der Konsumenten. Dann wird man sich wohl auch davon verabschieden müssen, ca. 30 % der deutschen Fleischproduktion exportieren zu können. Und dann ist noch das Glyphosat-Thema: Es hilft den Wildbienen, weil Raps ihre bevorzugte Lebensgrundlage ist. Ohne Glyphasat kein Raps und damit keine Bienen. So einfach ist das, nur der Bürger ist zu dumm, das zu begreifen. So wird das mit der Wiederherstellung der Wertschätzung des Bauernstandes bestimmt nichts. – Olaf Kleinelanghorst

 

Sicherlich sind in Ihrem Artikel etliche richtige und gute Gedanken enthalten, wofür ich Ihnen danke. Aber an einigen Stellen sind Ihre Gedanken zu kurz und zu passiv: – Ja, es ist wahr: die Handelsketten und die Konsumenten gemeinsam treiben die Lebensmittelpreise nach unten, aber das gilt inzwischen nicht nur für konventionelle Produkte, sondern auch für Bioprodukte; der Ausweg ist daher nicht in der Biolandwirtschaft allein, sondern erst in der Vermarktungsstruktur zu finden: die Bauern müssen sich vom Großhandel lösen. – Wir (der Kattendorfer Hof, Demeter-Betrieb, 450 Hektar Pachtland) tun dies, indem wir mit 4 eigenen Läden, 1 Marktstand und mit dem Modell der „solidarischen Landwirtschaft“ praktisch alle unsere Produkte (Gemüse, Kartoffeln, Fleisch, Milch, Käse, Joghurt etc) direkt dem Konsumenten anbieten, die Großhandelsmarge selbst einnehmen; nur unser Getreide verkaufen wir (noch) nicht direkt, denn wir beliefern eine große Biobäckerei in der Nähe (Bargteheide), die wiederum praktisch nur von uns kauft, hunderte von Tonnen Getreide. Wir sind wohl Europas größter Betrieb dieser Art.

– Gestern besuchte ich einen jungen Bauern, der erst vor wenigen Jahren anfing, sich Pachtland zusammenzusuchen, er kaufte zusammen mit seinem Vater eine Hofstelle und hält nun 600 Bio-Galloway-Rinder auf 580 Hektar Land, gepachtet von Bauern, die aufgegeben haben. Er vermarktet sein Fleisch direkt, auf 5 Märkten und 3 Tage in der Woche in einem Hofladen (und sagte mir, er habe nicht genug Fleisch, er könnte viel mehr verkaufen). Er hat das Land von konventionellen Bauern gepachtet, die die Milchwirtschaft aufgegeben haben. Ein Teil der Flächen war von einem Landwirt, der ebenfalls direkt vermarkten wollte, daran aber scheiterte – der scheiterte an der Vermarktung!

– Es ist verkürzt gedacht, wenn Sie praktisch schreiben, daß wir Glyphosat brauchen, um Wildbienen zu schützen, weil nur so Raps als Blühpflanze angebaut werden kann: mit biodynamischer Landwirtschaft, einer (wie bei uns) sehr langen Fruchtfolge und vollkommen ohne Insektizide bzw Pestizide, mit maximal 5 Hektar großen Schlägen und 5% der Flächen als Blühstreifen sind unsere 450 Hektar nicht nur ein Eldorado für Insekten inkl Wildbienen, sondern auch gegenüber Schädlingsbefall widerstandsfähig; außerdem ist unsere Humusschichtdicke um ein Vielfaches mächtiger als auf konventionell bewirtschafteten Äckern, und zudem unendlich belebter – stechen Sie mal mit Ihrem Spaten in unseren Boden, dann in den eines benachbarten konventionellen Ackers! P.S.: dieser Leserbrief ist auch als Anregung an die Redaktion der ZEIT gedacht: wollen wir nicht mal über diese Art Landwirtschaft kombiniert mit Direktvermarktung miteinander sprechen? – Dr. Bernhard Weßling

 

„Von nichts kommt nichts“ (Ovid, 43 v. Chr. – 17 n. Chr.), römischer Epiker (eigentlich: Publius Ovidius Naso). Dieser Spruch hilft auch nicht groß weiter, wenn das Geld sehr knapp sitzt, ebenso wie der Spruch: „Geld regiert die Welt!“ Wer sich (sehr) gut und dazu noch bewusst ernähren will, der braucht einfach viel (Klein)Geld dafür. Wer nicht über das nötige Kleingeld verfügen kann, der hat wieder einmal die „A….karte“ gezogen, leider! – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Genug geheult“ von Jan Ross

 

Der Brexit wird sicherlich nicht alles verändern im britisch-europäischen Verhältnis, aber er hat die britische Gesellschaft schon jetzt verändert, vor allem durch den Siegeszug des rechtskonservativen Populismus. Jan Ross beschreibt „Brexitland“ als liberalen Hort mit sozialer Orientierung, doch es ist tief gespalten und das Klima teilweise vergiftet. Für Familien ist Brexit ein Tabu-Thema. Musliminnen in Burkas wurden von Johnson als „Briefkästen“ oder „Bankräuber“ verhöhnt. Die Kinderarmut steht bei rund 30 % und wird unter Johnson laut britischer Experten weiter steigen. Entgegen Jan Ross‘ Optmimismus verfolgt Johnson keine One Nation-Agenda und hat auch nie damit Wahlkampf gemacht. Er schwärmt wie Thatcher lieber von den Unternehmern – und hat wohl eher mehr Liberalisierung im Sinn. Er weiß, dass das Schrumpfen des Wohlfahrtsstaats und das Steigen der Ungleichheit für die Mehrheit kein Grund war, nicht konservativ zu wählen, weder 2015 noch 2017 und erst recht nicht 2019. Kaum etwas lässt erwarten, dass Johnson die vielfache Polarisierung des Landes überwinden kann oder wlll, die den Brexit mit verursacht hat. – Dr. Felix Römer

 

Sorry, aber die abschließende Feststellung in Herrn Ross‘ recht interessanten Beitrag, dass das Vereinigte Königreich ein liberales Land ist eines, in dem man weitgehend unbesorgt gegen den Mehrheitsgeschmack verstoßen kann, ob als Investmentbanker, der unverschämt viel Geld verdient, oder als Muslimin, die das islamische Kopftuch trägt, ist schlicht falsch, gerade nach Jahren der Brexit Diskussion. Die Diskussionen um die Krise des Gesundheitssystems, die Kluft zwischen Arm und Reich und den ausufernden Finanzsektor wird immer lauter und Lösungen sind nicht in Sicht. Auch wenn es um Menschen wie Farage etwas stiller geworden ist, ist deren Saat aufgegangen und die Rechte ist sehr viel lauter geworden. Wie überall auf der Welt wird sehr digital diskutiert, man kann entweder für oder gegen etwas sein, dazwischen jedoch gibt es kaum Raum für Argumente. Aber vielleicht hat Herr Ross ja Schottland gemeint, wo man deutlich liberaler gegenüber dem Rest der Welt (excl. England) ist. – Dietmar Finger

 

Das Mutterland der modernen europäischen Demokratie hat die EU verlassen. Ich bin überzeugt, die wenigsten, die immer noch Kommentare à la ‚Dann haut doch (endlich) ab!‘ verfassen, haben wirklich begriffen, was das ideengeschichtlich für den Kontinent bedeutet. Wie Amfortas liegt die EU mit schwärender Wunde auf dem Siechenbett, und wie die gealterten Ritter stehen die Mitglieder der EU-Tafelrunde ratlos herum. Es hätte der Gemeinschaft wohlangestanden, im Zuge des Brexit endlich über IHRE Wunde nachzudenken, nämlich über die immer noch mangelhafte Legitimation ihrer übergreifenden Setzung idealisierter Normen. Allein, keine der Ursachen, die letztendlich zum Brexit geführt haben, wurde – zum Mindesten seit dem verlorenen britischen Referendum – innerhalb der EU ernsthaft erörtert. Stattdessen harrt sie, wie Amfortas, weiter der Heilung durch unbefleckte Tugend, die es, so hört man, in der EU geben soll und in der Welt, wenn überhaupt, wohl nur dort zu finden sei. Legitimation entsteht – zumindest beanspruchen Demokratien dies für sich – aus dem Volk heraus.

So gesehen sollten wir uns klarmachen, dass wir nicht Großbritannien als Staat, nicht seine Regierung, nicht Boris Johnson, sondern das britische Volk verloren, vielleicht muss man sagen, leichtfertig aufgegeben haben. Fehlende Legitimation aus der Behauptung eines universell gültigen Fortschrittmodells inklusive weltweit bestehender moralischer Verpflichtungen abzuleiten, wie zuletzt 2015 von Deutschland gegenüber seinen Partnern brutal exerziert, war dem britischen Volk dann doch nicht mehr überzeugend genug, sich weiter in der EU zu engagieren. Geschichte kann in ihrer Ironie grausam sein. Ich wäre nicht überrascht, wenn die pragmatischen Briten diesen Schnitt weitgehend unbeschadet überstehen und die EU trotz, oder gerade wegen, ihrer hehren Ideale an seinen Folgen zugrunde geht. Es könnte sein, dass die Erfinder der modernen europäischen Demokratie spüren, besser als wir zu wissen glauben, was für ihren Erhalt wichtig ist. – Dr. Matthias Wagner

 

UK hat die EU verlassen, diesen alten, schwerfälligen und zahnlosen Tiger, die nicht einmal diese unsägliche „Zeitumstellerein“ beenden konnte. Inzwischen dürfen wenigsten ganz „EU-weit“ die Gurken und die Bananen wieder krumm vor sich hinwachsen. Boris Johnson kam, sah und siegte auf Etappen: „Get Brexit done, good luck UK!“ – Riggi Schwarz

 

Im Jahr 1887 beschloss das Englische Parlament den „Merchandise Marks Act 1887“. Er schrieb vor, dass Importe aus Deutschland unmissverständlich und weltweit mit „Made in Germany“ gekennzeichnet werden mussten. Jeder Käufer deutscher Waren sollte erkennen können, dass es sich bei „Made in Germany“ um billige und minderwertige Ware handelt. So wollte England seine damalige industrielle Vormachtstellung gegen das rasant aufholende Deutschland verteidigen. Der Schuss ging bekanntlich nach hinten raus und die Herkunftsbezeichnung „Made in Germany“wurde weltweit zum Inbegriff qualitativ hochwertiger Erzeugnisse. Heute ist die einstige Weltmacht Großbritannien wirtschaftlich eine Mittelmacht mit dem Trend zu weiterem Schrumpfen (Schottland, Nordirland). Der Kontinent war für GB stets nur ein wichtiger Absatzmarkt. In der EU haben die Engländer immer eine eigennützige Sonderrolle gespielt, um für sich, wo und wie es immer ging, Vorteile herauszuhandeln. Dies geschah dazu hin in der Attitude hochnäsigen und arroganten Verhaltens, das großen Teilen der englischen Elite eigen ist und auch die Austrittsverhandlungen geprägt hat. Großbritannien muss jetzt lernen, seine schwindende Bedeutung alleine gegen große und sehr starke S pieler auf der Weltbühne zu verteidigen. Die EU wird durchzusetzen haben, dass Mitglieder anders behandelt werden als Austretende. – Dr. Adrian G. Schickler

 

Jan Ross schreibt über Großbritannien: “ Ein liberales Land ist eines, in dem man weitgehend unbesorgt gegen den Mehrheitsgeschmack verstoßen kann …“ , Stimmt, dachte ich gleich. In Großbritannien wurde ich noch nie i(m Gegensatz zu Deutschland) auf meine Angewohnheit angesprochen verschiedenfarbige Socken zu tragen (links rot, rechts grün ). Aber dann führt Jan Ross als Beweise für die Liberalität den Investmentbanker an , “ …der unverschämt viel Geld verdient …“ und die “ …Muslimin, die das islamische Kopftuch trägt“. Er sieht dies als Zeichen für die unschätzbare Stärke von Großbritannien: „…eine vitale, instinktive Freiheitlichkeit“. Herr Jan Ross sollte 1. Steuerzahler fragen, was sie von der staatlichen Unterstützung von Banken halten, die durch Investmentbänker heruntergewirtschaftet wurden und 2.Muslimische Frauen aus dem Iran fragen, die in Deutschland gerne auf das in Großbritannien unbesorgte Tragen von Kopftüchern verzichten. – Dietmar Parchow

 

Kann Großbritannien als „iberales“ Land wirklich ein Vorbild sein für andere europäische Länder? Wenn ein Land aus der Europäischen Menschenrechtskonvention austritt, tut es das bestimmt nicht um die Rechte seiner Bürger zu stärken. Erst letzte Woche wurden die Umweltorganisationen „Greenpeace“ und „Extinction Rebellion“ auf eine polizeiliche Liste terroristischer Organisationen gesetzt. Dazu kommen Angriffe von seiten der Konservativen auf die BBC und der Plan einer Wahlgesetzänderung dahingehend, dass zusätzlich zur Registrierung als Wähler Ausweise bei Wahlen benötigt würden, wodurch Millionen Briten von Wahlen ausgeschlossen werden könnten. Solche Maßnahmen passen eher zu einem autoritären als einem liberalen Kurs.

Der bisherige wirtschaftsliberale Kurs der konservativen Regierung kann höchsten ein abschreckendes Beispiel sein. Er hat dafür gesorgt, dass die Zahl der Menschen in Großbritannien, die unter prekären Umständen leben – die ‚working poor‘ – stark gestiegen ist. Das Ausmaß an Kinderarmut in Großbritannien wurde im letzten Jahr von der UN bemängelt. Für diese Entwicklungen sind unter anderm ausbeuterische Arbeitsverhältnisse im Niedriglohnbereich und in der Gig Economy verantwortlich. Die Schulen und Gemeinden leiden unter der seit Jahren andauernden Sparpolitik. Hunderte von öffentlichen Bibliotheken wurden geschlossen. Angestellte im öffentlichen Dienst haben seit Jahren keine Gehaltserhöhung bekommen.

Man könnte sicher noch weitere Beispiele aufzählen. Interessant auch, dass Sie so ein bisschen Freibeuterei ganz erfrischend finden. Nett ist das aber nur, so lange man nicht selbst zur Beute wird. Wahrscheinlich denken viele Johnson-Wähler, sie hätten dann auch die Chance mal so richtig Beute zu machen. Das ist ein bisschen leichtgläubig, denn in Freibeuterkreisen sind es immer die Oberfreibeuter, die den Löwenanteil bekommen. Der trickle down-Effekt hat noch nie funktioniert. Aufgrund dieser Beobachtungen besteht also wenig Anlass in Bezug auf Großbritannien optimistisch zu sein. Der Artikel von Raymond Geuss auf S. 50 ist wesentlich realistischer. Man mag es ja nicht glauben, aber es sieht so aus, als ob die Konservativen ihre Regierungsmacht mit allen Mitteln auf unabsehbare Zeit festschreiben wollen. – Gudrun Rogge-Wiest

 


 

 

Leserbriefe zu „»Meinen Sie, das war ein PR-Gag? Wirklich nicht«“ Gespräch mit Joe Kaeser geführt von Giovanni di Lorenzo und Roman Pletter

 

Lieber Joe Kaeser, Sie haben in der ZEIT vom 30.Januar 2020 ein bemerkenswertes Gespräch mit Giovanni die Lorenzo und Roman Pletter geführt. Die Qualität des Gesprächs hat damit zu tun, dass Sie den Fragen nicht ausgewichen sind aber auch damit, dass Ihre Partner entsprechende „Schwergewichte“ aus der etablierten Medienwelt sind. Sie haben in dem Gespräch für eine differenzierte Betrachtung gesorgt und dafür, dass wir unbefangenen Laien die notwendigen Hintergrundinformationen bekommen haben, um eine eigene Sichtweise zu gewinnen. Neben den vielen wichtigen Gedanken hat es mich etwas gewundert, dass Sie bei den Unternehmenszielen die Gesellschaft und deren Einfluss auf Unternehmensentscheidungen, dass Sie eben dieses gesellschaftliche Gewichtuing herausgestellt haben und sie als neue „Errungenschaft“ benannt haben.

Wer sich jemals beschäftigt hat mit dem Qualitätsmanagement von EFQM, dem ist seit langem klar, dass der Blick auf die Gesellschaft ein wesentlicher Entscheidungspunkt für Unternehmen sein soll. Der letzte Satz in Ihrem Gespräch: „Und die Stimmung kippt – das ist einfach undenkbar. Aber so ist die neue Welt.“ klingt wohl gut, – aber stimmt so nicht. Das ist immer schon so gewesen, nicht erst in der neuen Welt. Eine einzige Bemerkung bleibt hängen und bestimmt den weiteren Verlauf von Debatte und Ansehen. Es braucht viel Mühe und Anstrengung, durch eine differenzierte Darstellung, immerzu wiederholt!, die vormalige Kippung wieder gerade zu rücken. Als vormaliger Leitender Arzt für den Arbeitsbereich Intensivmedizin in einem 650 Betten Krankenhaus weiß ich die Leistungen von Siemens in Sachen Medizin wohl zu schätzen. Ihr Gespräch war mir wichtig, wenn es darum geht, Siemens ins rechte Licht zu rücken. – Dr. med. Wolfgang Sielemann

 

Frau Neubauer sollte nach Indien reisen und dort Millionen von Jugendlichen erklären, warum sie weiterhin auf eine sichere Stromversorgung verzichten müssen. Warum ihnen Wohlstand, wie er für Frau Neubauer in den 23 Jahren ihres noch jungen Lebens zur Selbstverständlichkeit geworden ist, leider verwehrt werden muss. Zu sagen, so geht es nicht, ist das eine. Eine Antwort darauf zu geben, wie es gehen könnte, das andere. Sechzehnjährige dürfen sich auf das Erstere beschränken, das ist in Ordnung. Dreiundzwanzigjährige dürfen das nicht mehr, zumindest dann nicht, wenn sie ernst genommen werden wollen. – Dietmar Baier

 

Joe Kaeser überzeugt in dem Interview durchaus: Ein Verständnis von Verantwortung, das über den Tellerrand hinausgeht. Positionierungen auf der Höhe der Zeit. Authentisch, offen, mutig, konfliktfähig. Natürlich, als CEO des Konzerns beeinflusst Joe Kaeser mit seinem persönlichen Image die Marke Siemens maßgeblich. Selbstverständlich, um gewinnorientiert die Marktposition des Unternehmens zu verbessern. Das ist die Aufgabe des CEO nach dem Aktiengesetz. Wenn Siemens nun auch die Gesellschaft als relevanten Stakeholder in den Blick nimmt, so dient auch dies zweifellos dem Hauptziel, Gewinne zu maximieren. Etwas anderes wäre gegenüber den Aktionären nicht vertretbar. Verdienstvoll ist es gleichwohl, den Kontakt zur Gesellschaft zu pflegen. Dies wird auch mit Blick auf andere Branchen, in denen dies nicht gelingt, deutlich (z.B. Landwirtschaft). Eine Win-Win-Situation ist denkbar. Luisa Neubauer sollte den Gesprächsfaden zu Joe Kaeser nicht abreißen lassen. Der selbstüberhöhend wirkende Purpose-Ansatz sollte Gespräche auf gleicher Augenhöhe nicht verhindern. – Reinhard Koine

 

Es ist schon toll, den Josef aus Arnbruck zu holen, but Joe is still stuck in there! Name change doesn’t make you smarter! – Astrid Purps

 

Danke der ZEIT-Redaktion für gute Artikel und Interviews. Danke Ihnen Herr Kaeser für das aktuelle Interview in der ZEIT. Zur E-Mail-Flut möchte ich wahrlich nicht beitragen. Und ich möchte meine Teilnahme all denen ausdrücken, welche mit Hass-Mails behelligt werden. Dieser Unsitte und ihre Folgen einzuschränken ist eine echte Herausforderung für die es leider keine Patentlösung gibt. Ich möchte eine Aussage im Interview richtigstellen, die ich im Anbetracht von Spam- und Phishing-Gefahren für wichtig halte. Zitat aus Antwort 9: „Das hat mich wirklich irritiert, weil es ganz offensichtlich in unserem Land möglich ist, mit @nsdap.com eine E-Mail zu versenden.“ Meine Richtigstellung: – Es ist ohne Probleme möglich, eine E-Mail mit völlig beliebiger Absenderadresse zu versenden! Genauso wie bei einem Postbrief. – Die Absendung mit gefälschtem Absender hat überhaupt nichts mit dem Land zu tun, aus dem eine E-Mail verschickt wird. – Nur aus dem E-Mail-Header können unter Umständen Rückschlüsse auf die Server-Adresse des Absenders gezogen werden. Aber auch das kann verschleiert werden. – Nicht nur die Absenderadresse (from), sondern auch die Antwort-Adresse (reply-to) ist beliebig fälschbar. –

In vorbildlichen Unternehmen Firma-XYZ sind zumindestens interne Absender mit gefälschter E-Mail-Adresse nicht möglich. Und die von extern kommenden E-Mails mit Absender der eigenen Firma in der Form <…@firma-xyz.de> können einfach blockiert werden. – Vorbildliche E-Mails sind signiert mit PGP oder besser S/MIME, enthalten keine Bandwurm-URLs und möglichst reinen HTML-Inhalt mit nachzuladendem Internet-Inhalten. Aber das ist ein anderes Thema. Herr Kaeser, den E-Mail Sachverhalt sollten Sie eigentlich besser kennen. Ihre Aussage bezüglich der Absenderadresse ist leider nicht nur falsch, sondern auch irreführend, denn sie suggeriert, da könne eine Landesregierung oder -Behörde etwas dagegen tun. Aktuell ist die besagte Domain in Kalifornien registriert, steht aber zum Verkauf. Die E-Mail, welche Sie erhalten haben, kommt sicher nicht von dieser Domain. In meinen beruflichen Tätigkeiten habe ich mit IT-Security, Datenschutz, IT-Usability und Functional Safety in vielerlei Facetten zu tun.

Leider gehen viele (auch große) Unternehmen, Banken, Versicherungen und Behörden mit sehr schlechtem und unwissenden Beispiel voran. Da braucht man sich über aktuelle Cyber-Gefahren wirklich nicht zu wundern. Warum startet Siemens und/oder die ZEIT nicht einmal eine Offensive zur Sensibilisierung von Unternehmen und Verbrauchern zur sicheren Internetkommunikation. Dazu gehört die Information über sichere E-Mail-Tools, Browser und deren mögliche Addons. Aber auch die Werbung für signiert und verschlüsselte E-Mails trüge zur Sicherheit bei. Derzeit kenne ich nur zwei vorbildliche deutsche Banken, welche z. B. die PGP-gesicherte E-Mail-Kommunikation anbieten. Das sind die Unternehmenhttp://1822-direkt.deund http://bitcoin.deRudolf Eyberg

 

Die zentrale und neue Aussage des Siemens-Chefs Joe Kaeser, dass dieser Vertrag über die Lieferung von Bahnsignaltechnik für die umstrittene australische Adani-Kohle-Mine „mit einer unbegrenzten Schadenshaftung bei einseitiger willkürlicher Kündigung“ unterschrieben wurde, wirft die Frage auf, warum dieser wichtige Nebensatz „total untergegangen ist“. Hat die Kommunikationsabteilung von Siemens hier versagt und zu dem enormen Reputationsschaden des Konzerns beigetragen oder war diese Information bekannt und die Journalisten haben sie bei ihrer Berichterstattung übersehen? Dies hätte im Interview unbedingt zur Klarheit der Leser geklärt werden müssen!

Luisa Neubauer behauptet inzwischen, Kaeser habe ihr tatsächlich einen Sitz im Aufsichtsrat angeboten und nicht im Nachhaltigkeitsausschuss oder einem anderen Kontrollgremium. Kaeser behauptet dagegen, „dass ein Aufsichtsrats-Mandat nicht gehen würde“. Auch hier besteht noch Klärungsbedarf. Kaesers fortschrittlicher Gedanke in die multilaterale-Stakeholder-Gemeinschaft neben den Mitarbeitern, Kunden und Aktionären auch die Gesellschaft einzubeziehen, sollte auch bei anderen Unternehmenslenkern Berücksichtigung finden! – Hans-Henning Koch

 

Danke für das interessante Interview von Herrn Kaeser in der letzten Ausgabe. Es gab doch eine Frage, die ich vermisst habe: Wie ist seine Haltung zum Gegenvorschlag von Frau Neubauer, einen Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin in das Aufsichtsgremium zu setzen? Herr Kaeser beklagt, dass die Friday for Future Bewegung nur protestiert, ohne an Lösungen mitzuarbeiten. Ohne diese Protestbewegung, würde Herr Kaeser nicht einen „unabhängigen Umweltausschuss“ fordern. Demnach hat eine Gruppe von Schüler doch eine Veränderung beim Konzern erzielt.

Schade nur, dass Herr Kaeser in dem Interview nicht erläutert hat, was es mit diesem „Umweltausschuss“ auf sich hat? Ich habe im Netz leider keinerlei Infos darüber gefunden. Vielleicht haben Sie ja einen Link für mich, wo ich das nachlesen kann? PS: Bei den beiden Fotos (Aktivistin und Herr Kaeser mit jeweils einem Schild) könnte man den Eindruck gewinnen, dass Herr Kaeser auch jede Woche für eine gute Sache protestieren geht. Sich kurz für ein Pressefoto hinzustellen oder seit über einem Jahr, Woche für Woche auf die Straße zu gehen, ist vielleicht doch ein Unterschied. – Kumaran Herold

 


 

 

Leserbriefe zu „»Jeder Präsident stellt seine Interessen vor die des Volkes«“. Gespräch mit Alan Dershowitz geführt von Kerstin Kohlenberg

 

Es macht mich wütend wie in Deutschland über Trump gesprochen wird. Ausgerechnet Deutschland erlaubt sich ständig irgendwelche Maßregelungen anderer ausländischer Staatspräsidenten. Die deutschen Medien sind seit vielen Jahren dabei ihr Land gegen die Wand zu fahren. Die Politik gibt überhaupt keinen Grund sie dabei noch zu unterstützen. Trump ist ein Erfolgsgarant für sein Land. Deutschland mit seiner Multikulturellen und dissoziativen Gesellschaft und nicht mehr gewährenden Öffentlichen Sicherheit ist das Letzte was man sich wünschen sollte. Dummheit regiert unser Land. Das gehört angeprangert, ehe man den Stab über andere bricht. – Gunter Knauer

 

Der Journalismus ist dieser Tage nicht frei von der Kritik zu moralisieren, Gesinnung vor Fakten zu stellen, tendenziös zu berichten und Meinung und Fakten nicht sauber zu trennen. Pauschal ist diese Einschätzung sicher nicht korrekt, völlig aus der Luft gegriffen aber auch nicht. In der 4. Spalte ganz unter stellt Frau Kohlenberg die Frage bzw. konfrontiert AD mit der Aussage „ Ihre Interpretation, dass nur …. wird von nahezu allen Verfassungsexperten falsch beurteilt“. Diese Frage erfüllt m.E. leider alle Vorwürfe. Wer sind denn alle Experten?Gibt es dazu irgendwo eine offizielle, eine halbwegs anerkannte Liste? Und wo steht diese? Und falls es diese geben sollte, wie wurde ermittelt, dass nahezualle einer Meinung sind, gab es dazu eine Umfrage? Wann und von wem? Oder ist das ein gefühltes „nahezu alle“? Hier wird suggeriert, im Duktus eines Fakts, mehr oder weniger alle ernsthaften Staatsrechtlicher wären sich einig, ohne dass dafür irgendwelche Belege genannt werden. Die Frage/Aussage hätte meines Erachtens lauten können: Es gibt einige Verfassungsexperten, darunter Xyz und Abc die Ihre Einschätzung nicht teilen. Oder In einer Umfrage der „Quelle“ vom „ Datum“ unter „Anzahl“ Verfassungsrechtlern beurteilt eine große Mehrheit ihre Position als falsch. Dies ist nur ein Beispiel, aber Zeit, Spiegel, Welt, FAZ, TAZ usw. sind voll davon. Unsachliche Kommentare, Pöbeleien und Fakes in Sozialen Medien werden zur Recht kritisiert. Umso mehr müssen die Profis auf diesem Gebiet Vorbild sein. Berichten, was ist. Meinung und Überzeugungen von Fakten getrennt halten. Sie haben das doch gelernt, es ist Ihr Job. – Dietmar Baier

 

Durch dick und dünn. Das Gros der Republikaner folgt mit der knapper Senatsmehrheit der Meinung, es sei zwar unangemessen jedoch tolerierbar, wenn Trump Sicherheitsaspekte des Landes hintanstelle, um das persönliches Interesse an einer Wiederwahl mittels Pressionen zu verfolgen. Trumps Anwalt Dershowitz ändert seine frühere Meinung zum Machtmissbrauch als möglicher Grund für ein Impeachment, indem er im Interview mit der ZEIT vom 30. Januar erklärt, Präsidenten, die so etwas nicht (!) tun, sondern „das Interesse des Landes vor das eigene stellen“,seien„Versager“.Demgemäß meint Dershowitz heute, das Buch von John F. Kennedy „Profiles in Courage“ sei „ein sehr dünnes Buch“.Kennedy schreibt über amerikanische Persönlichkeiten wie etwa Präsident John Quincy Adams und Edmund Ross,„die mit ihrer Partei brachen, um für höhere Grundsätze zu kämpfen.“ Er ist überzeugt, dass das„treibende Motiv“ herausragender Präsidenten „weit mehr“ist als „persönlicher oder politischer Gewinn“. Gleichwohl erinnert Kennedy daran, was John Adams, „einer der selbstlosesten wie auch weisesten Diener der Allgemeinheit“, in seiner’Verteidigung der Verfassungen der Vereinigten Staaten‘schreibt:„Es ist einfach nicht wahr, dass es je Menschen gegeben hat, welche die Allgemeinheit mehr liebten als sich selbst.“Während Adams ein eher dünner Selbstverliebter war, mag Trump zu deren Dicksten gehören.Kennedy hat für sein Buch, das später mit dem deutschem Titel „Zivilcourage“erschien, den Pulitzer Preis erhalten. – Frank Müller-Thoma

 

Wenn Dershowitz die öffentlichen Anhörungen im Congress verfolgt hat, weiß er, dass es nicht um Politik ging: Trumps Untersuchungen liefen über seinen privaten Anwalt Giuliani. Die offiziellen exkulpierenden Untersuchungen über seinen vermeintlich stärksten Rivalen Biden für die Wahl 2020 hat Trump ignoriert. Trump ging es nicht um Korruption in der Ukraine. Es ging um „big stuff“, wie der Botschafter zur EU Sondland im Congress aussagte; „big stuff“ im Sinne persönlicher Ambitionen Trumps. Eine „Politik“ mit Stammtischniveau! Mitschnitt eines Geldgeber- Dinners : Der ehemalige Mitarbeiter Giulianis Lev Parnas bringt die ukrainische Botschafterin Yovanovich mit Trumps Impeachment in Verbindung. Trumps impulsive Antwort: „Get her out tomorrow!“ Verdienste und Lebenslauf einer angesehenen Botschafterin in wenigen Sekunden durch eine unverifizierte Äußerung zerstört.

Und diese Dinge werden durch Dershowitz im Senatsverfahren legitimiert: „Machtmissbrauch ist kein Grund für eine Amtsenthebung“. Das widerspricht seiner eigenen Äußerung zum Clinton-Impeachments vor 20 Jahren. Konfrontiert mit diesem Widerspruch lautet die Antwort: „Damals war ich korrekt, jetzt bin ich korrekter!“ Willkommen im Kellyann Conway Trump Club der alternativen Fakten! Demokratisch gewählte Führer weltweit werden sich über diese Legitimation von Machtmissbrauch freuen. Dershowitz‘ Lohn wird eine zweifelhafte Berühmtheit sein. Er hat beiden republikanischen Wackelkandidaten als sanftes Ruhekissen gedient, gegen neue Zeugen zu stimmen. Da rollt die Dampfwalze schon weiter: Joni Ernst, republikanische Senatorin von Iowa, lächelt verschmitzt und fragt sich, welchen Einfluss diese Senatsverfahren auf die Primary der Demokraten hat! Wir dürfen rätseln, ob in einer noch korrekteren alternativen Version Biden (Wie Hillary Clinton 2016) als der wahre Bösewicht kolportiert wird. In diesen Tagen kann man weder seinen Augen noch Ohren trauen. – Dr. (USA) Else Garnholz

 

Nach Meinung von Prof. Dershowitz reichen „Amtsmissbrauch“ und „Behinderung des Kongresses“ laut amerikanischer Verfassung als Gründe für ein Amtsenthebungsverfahren nicht aus. Das seien keine „andere hohe Verbrechen und Vergehen“, die den ausdrücklich genannten Verbrechen „Landesverrat“ und „Bestechung“ gleichwertig seien. Andernfalls hätten die Gründungsväter es doch leicht in die Verfassung hineinschreiben können. Dieser vielleicht noch vertretbaren Argumentation folgt der erstaunliche Satz: „Jeder Präsident stellt seine Interessen vor die des Volkes, wirklich jeder Politiker tut das.“ Der Zynismus dieser Aussage beleidigt alle die Menschen, die sich voll guten Willens – im Wissen um ihre Fehlsamkeit – für die Gesellschaft einsetzen. Er missachtet die keineswegs idealisierende Schilderung des Kampfes mutiger Männer und Frauen um Recht und Gerechtigkeit in der Geschichte der Vereinigten Staaten, wie sie John F. Kennedys uns in seinem im Lazarett geschriebenen Buch ‚Zivilcourage‘ überliefert hat.

Er verhöhnt all die Millionen, die in der Menschheitsgeschichte, speziell aber im 20. Jahrhundert, ihr Leben wagten im Kampf gegen die Tyrannei. Wir dürfen eine derart niederträchtige Beurteilung unserer Mitmenschen, besonders auch der im politischen Leben stehenden, nicht hinnehmen. Staatsrechtlich erscheint die Meinung des Harvard-Professors schlechterdings unvertretbar. Die Verfassungsväter der Union in den Neuenglandstaaten kannten kein höheres Ziel als die Verhinderung einer bonapartistischen Machtübernahme. Das System von check and balances solltetrotz starker exekutiver Befugnisse des Präsidenten einen Machtmissbrauchverhindern. Die vorliegenden und angebotenen Beweise für den Amtsmissbrauch des Präsidenten sind überwältigend. Das Argument: „So machen es doch alle“ muss als perfide und eines Rechtswissenschaftlers unwürdig zurückgewiesen werden. – Dietrich Siehr

 

Kerstin Kohlenberg hat ein geradezu erschreckend aufschlussreiches Interview mit Alan Dershowitz geführt, in dem des Präsidenten Advokat eine – vorsichtig ausgedrückt – überaus interessante Auffassung von Politik, demokratischer Legitimation und Verfassungsmäßigkeit vertritt. Dershowitz beschreibt und interpretiert dabei das Spannungsverhältnis zwischen politischen und juristischen Prinzipien ein bisschen sehr entspannt. Denn wenn Amts- und Machtmissbrauch, zumal im höchsten Staatsamt, de facto und de jure nicht deliktsfähig ist, werden Demokratie und Rechtsstaat zweifellos beschädigt. Hier leistet ein Anwalt meines Erachtens den moralisch-intellektuellen Offenbarungseid. Daran jedenfalls, dass fast alles, was mit Donald Trump in Verbindung steht, mental ohnehin ziemlich unwirklich wirkt, habe ich mich immer noch nicht gewöhnen können. – Matthias Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Musik von nebenan“ von Sebastian Reier

 

Ich habe gestern im Dossier „Musik von Nebenan“ gelesen. Ich beschäftige mich mit dem Thema seit Jahren und der Text von Sebastian Reier ist gut recherchiert, gut erzählt und vor allem ohne Fehler, im Gegensatz zu vielen anderen Texten über das Thema… – Ercan Demirel

 

Ich habe heute den Artikel über die Gastarbeiter Musik von Sebastian Reier gelesen. Sehr interessantes Thema. Werde mich versuchen in Zukunft mit dem Thema näher zu beschäftigen und ein paar Schallplatten holen. – Olcay Mete

 

Als ständige Mitarbeiterin der Musikzeitschrift FOLKER und dort vor allem mit den Themen Türkei, arabischer Raum, Balkan und Handpans befasst, verfolge ich mit großem Interesse, was in Deutschland über türkische Musik publiziert wird und bekannt ist. Es ist erschreckend wenig. Das ist um so unverständlicher, als dass in jüngster Zeit Gruppen wie Altın Gün und Derya Yıldırım ve Grup Şimşek einiges an Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben. Spreche ich mit Freunden, denken die zumeist, dass diese Bands neue Musik machen und sich nur ganz allgemein an psychedelischer Musik orientieren. Dabei covern die aktuellen Bands oft eins zu eins Kompositionen des Anadolu Rock aus den Sechziger- und Siebzigerjahren, ohne die Komponistennamen auf den CD-Covern zu nennen. Ich persönlich strafe diese „Geschichtsvergessenheit“ immer mit dem kleinstmöglichen Rezensionsformat der entsprechenden CD ab, was aber natürlich auch nicht hilft, um türkische Musik bekannter zu machen. Vor diesem Hintergrund habe ich mich sehr gefreut, dass die Zeit beziehungsweise Sebastian Reier dem Thema türkische Musik in Deutschland eine ganze und im Übrigen auch wohlinformierte Seite gewidmet hat. – Ines Körver

 

Kundig und sensibel geschrieben.Sebastian Reier beleuchtet in seinem fein recherchierten Artikel 60 Jahre musikalische Entwicklung von Millionen von Menschen in Deutschland. Der Einstieg über den türkischen Rockstar Barış Manço und Familie Uslu zu Gast bei Alfred Biolek ist besonders gelungen, da der paternalistische Ton Bioleks einen grundsätzlichen Duktus, der beim Bürgertum weiterhin herrscht, offenlegt: eine joviale Haltung den Migranten gegenüber. Reiers Analyse ist sehr treffend und gut formuliert. Die Geschichte, die danach folgt, zeigt, daß Sebastian Reier, sein Sujet beherrscht, und selbst für kundige Leser hält er noch Überraschungen bereit. Die Geschichte über den Musikverlag Uzelli aus Frankfurt und ihrem Patent auf hitzebeständige Kassetten lese ich hier zum ersten Mal.

Auch überrascht er durch genaue Terminologie und neuen Sprachgebrauch. Die oft als „saz“ bezeichnete anatolische Langhalslaute bezeichnet er treffender als „bağlama“, und er schreibt statt „türkischstämmig“, „türkeistämmig“, und bindet dadurch die nicht-türkischen ethnischen und religiösen Gruppen aus dem Staatsgebilde Türkei in seine Geschichte mit ein. Diese Nuancen machen seinen Text zu etwas ganz Besonderem. Radiolegende Barry Graves kanzelte bereits 1982 in einer WDR-Sendung über die Musikkultur der Einwanderer die deutschen Medien mit folgenden Worten ab: „ Die Medien (haben) ganz stark versagt. Da ist nichts unternommen worden, in all den Jahren, irgendwie zu sagen, das ist dein türkischer Nachbar, so lebt er, das mag er, diese Freizeitbeschäftigung hat er.“ Deswegen auch ein Lob an die Zeit Redaktion für diese bedauerlicherweise viel zu kurz geratene Geschichtsaufarbeitung. – Cem Kaya

 


 

 

Leserbriefe zu „Super, Mario!“ von Mark Schieritz

 

Sie ehren Mario Draghi als Retter des Euros. Sie rechnen ihm über 18 Zeilen die gesamte wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands der letzten 9 Jahre an. Gut, Sie spendieren auch noch zwei oder drei Zeilen, um festzuhalten, dass er nicht ganz alleine war. Selbst wenn MD mit seiner Geldflutung dem Euro Zeit gewonnen hat oder ihn gerettet hat, bleibt es fraglich, ob dies einen Orden Wert ist. Mario Draghi hat seinen sehr gut bezahlten Job gemacht, Alles, was er getan hat, war im Rahmen dieses Jobs. Selbst wenn er dies im Rahmen seiner Job Beschreibung gut gemacht haben sollte, rechtfertigt dies keinen Orden der Bundesrepublik Deutschland. Das Bedarf m.E. eines Engagements zum Wohle Deutschlands, das weit über die Pflichten eines bezahlten Jobs hinausgeht. Mario Draghi hat aber nichts außerhalb seines Jobs getan und er hat nicht primär für Deutschland, sondern primär für die Rettung der hochverschuldeten Südstaaten gehandelt. Sehr fraglich bleibt dazu, ob es sich wirklich um eine Rettung handelt oder ob das Unvermeidliche nicht einfach verschoben wurde. Es gibt einige Volkswirte, die den Crash des Euros für unausweichlich halten. Ob das in 5, 10 oder 20 Jahren passieren wird, sei dahingestellt. Für Überschuldungen in der Größenordnung wie sie einige zentrale Euro Staaten aufweisen, gibt es m.W. historisch keinen anderen Werkzeugkasten als Schuldenschnitt & Währungsreform.

Auch wenn das politische Narrativ ein anderes ist, eine Neuordnung des Euros vor 10 Jahren, wäre m.E. die bessere Lösung gewesen. Der Euro ist eine politische Währung, dem die ökonomische Grundlage fehlt. Die gut gemeinten Stabilitätskriterien wurden vom ersten Tage ab politisch gebeugt, gebrochen und ignoriert. Saaten, die ganz offensichtlich nicht reif waren, wurden aus politischen Gründen aufgenommen. Koste es, was es wolle. Zusammenfassend: Mario Draghi hat diesen Orden nicht verdient, diese Auszeichung entwertet das Bundesverdienstkreuz. Ein EZB Präsident, auch wenn er einen sehr guten Job macht, hat keinen Anspruch auf einen Orden. Er hat dann einfach seinen gut bezahlten Job gemacht. Bei Mario Draghi habe ich dazu große Zweifel, dass seine Leistung rückblickend, also in 10 oder 20 Jahren, mehrheitlich noch als gut für Deutschland bewertet wird. PS: Der Reallohnindex im Zeitraum 1992 – 2003 betrug durchschnittlich 2-3%, danach wurde es schlechter. Erst ab 2011 wieder positiv und bewegt sich seitdem im Bereich 1-2%. – Dietmar Baier

 

Das ging aber daneben. Was hat sich Mark Schieritz bloß dabei gedacht ? So unverständlich wie das Votum für die Verleihung des Bundestverdienstkreuzes an Mario Draghi ist, so unangemessen ist auch die euphorische Unterstützung dieser Verleihung durch Mark Schieritz. Die EZB hat einerseits mit Draghi´s „Whatever it takes“ die Finanzmärkte während der damaligen sog. EURO-Krise beruhigt. Dabei hat Draghi u.a. auch gegen die eigene Satzung der EZB verstossen, indem er ausfallgefährdete griechisch-römische Schulden kaufte. Die satzungsmäßigen Restriktionen räumte Draghi mit ein paar Tricks zur Seite.

Draghi war mit dabei, eine ursächliche Bankenkrise, entstanden durch jahrelange renditegierige Kreditvergabe, mit gigantischen Zahlungsausfallrisiken iW für deutsche und französische Banken, in eine Staatenkrise zu transformieren. Hätten die ursächlich verantwortlichen Banken für die selbst eingegangenen Risiken, gemäß dem westlich-marktwirtschaftlichen Verständnis, die Haftung übernehmen müssen, dann wäre es in Deutschland und Frankreich zu erheblichen Verwerfungen gekommen. Weil das verhindert wurde, stand letztlich nicht die verantwortlichen kreditgebenden Banken und nicht die EZB, die die Risiken aus der jahrelangen Kreditvergabe nicht erkannt hatte, am Pranger, sondern die ganze Schuld wurde den einzelnen Staaten zugeordnet. Eine gesamteuropäische Krise wurde zu einer Nationalitätenfrage. Staaten, nicht Banken, wurden gezwungen, nicht etwa den Militäretat, sondern den Sozialstaat abzubauen. Die EZB, als zentrale Säule der damaligen Troika, griff sogar in Grundrechte ein, indem sie z.B. das Recht auf gewerkschaftliche Vertretung verletzte, Tarifvereinbarungen ebenso wie Arbeitnehmerrechte und Kommunalrechte aufhob. Außerdem behielt die EZB/ Troika die permanente Kontrolle über das nationale Budget, die in Demokratien eigentlich den Parlamenten zusteht.

Neben diesen rechtlichen Aspekten ist aus ökonomischer Perspektive auch noch nicht wirklich ausgemacht, ob die seinerzeit aus der Not geborenen und heute noch angewendeten operativen Geldmengen-Maßnahmen tatsächlich zur dauerhaften Gesundung führen. Hoffentlich muß man sich am Ende nicht eingestehen, daß eher eine Insolvenzverschleppung vorliegt. Zumindest gibt es gute Gründe anzunehmen, daß wir auf lange Jahre keine festverzinslichen Erträge mehr sehen werden, mit den bekannten existenziellen Auswirkungen, u.a. auf die Altersvorsorge aller Deutschen Schließlich ist zu fragen, was wohl die Griechen empfinden, sollten sie von der Verleihung des Bundestverdienstkreuzes an Mario Draghi erfahren. Das scheint Mark Schieritz nicht zu kümmern. Der Kommentar von Mark Schieritz ist einseitig, unsensibel und mit wenig europäischen Blick ausgestattet. Die Motivation so eine Verleihung derart prominent zu kommentieren ist auch nicht erkennbar. – Hans-Jörg Glaß

 

Vielen Dank für Ihren Artikel zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Herrn Draghi. Sie rücken die Schelte zur Niedrigzinspolitik und vor allem jetzt zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes ins richtige Licht. Verschiedene Äußerungen aus der Politik finde ich völlig unangemessen. Ja, die gesamte Bundesrepublik hat von den Niedrigzinsen sehr profitiert. Allein schon durch die Auswirkungen auf die Staatsverschuldung. Im übrigen ist dies ein echter Betrag zur Umverteilung. Haushalte, die kein – oder nur geringes – Sparvermögen haben, profitieren von der Entlastung aller Staatskassen – angefangen bei den Kommunen bis hin zum Bundeshaushalt. Auch alle Darlehensnehmer – dazu gehören die Studierenden genauso wie alle Kleinkreditnehmer, überschuldete Landwirte oder Häuslebauer, sollten sich nicht beklagen. Die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge sind hier weiter erklärungsbedürftig, von daher würde ich einen Grundatzartikel im Wirtschaftsteil dazu sehr begrüßen. – Anke Schlingmann

 

Bundesverdienstkreuz an Draghi – Ist das richtig?Das Wirken von Draghi war für den monetären Zusammenhalt und damit für die EU überhaupt der notwendige Kitt, denn die dafür eigentlich zuständigen politischen Instanzen standen sich ständig selbst im Weg. Dass es nicht für alle Beteiligten vorteilhaft war wie z.B. die deutschen Sparer ist auch richtig, aber sicher nicht so entscheidend. Aber warum wird jemanden, der nichts weiter als seinen gutbezahlten Job erfolgreich macht, so eine Ehre zuerkannt. Ist diese nicht erst dann richtig, wenn sich jemand außerhalb seines Amtes oder Berufes und ohne dafür bezahlt zu werden für deutsche Interessen einsetzt? Das wäre Initiative aus eigener freier Verantwortung und nicht nur Pflichterfüllung. – Wolfgang Clausmeyer

 


 

 

Leserbriefe zum Titelthema „CORONAVIRUS. Der unsichtbare Feind“ von Harro Albrecht et al.

 

Der „Glubb“ (1.FC Nürnberg) ist schon wieder einmal fast am Ende, ausgepowert durch die lange Winterpause, und China ist im Augenblick ganz oben; eben als der Marktführer in „Sachen Corona“! – Klaus P. Jaworek

 

Das sind schwere Zeiten für den Menschen: Erst wird er daran erinnert, dass er intelligent und grausam zugleich sein kann (Auschwitz). Dann muss er einsehen, dass er einsichtig, aber nicht handlungsfähig ist (Klimaproblematik). Und nun erlebt er, wie ein schlauer Winzling ihm das Steuer aus der Hand nimmt und zum Abgrund lenkt (Corona-Virus). Weil die Gefahr akut ist und jeden treffen kann, ist die Angst groß und zwingt zum Handeln: Grenzen werden geschlossen, Industrieproduktionen gedrosselt, Flüge und Vergnügungen werden eingestellt, Kontakte erschwert. Kurzum, es kommt zu einer Entglobalisierung und damit auch zu einer Reduktion von Treibhausgasen. Da stellt sich die Frage, sind wir oder die Viren die Krone der Schöpfung? Meine Antwort: Du bist schön, Corona./Bist du auch die Fortuna?/Du kommst als ungebet’ner Gast/der wie eine Drohne fast/den Wirt, der um sein Leben ringt/darum bringt./Sind Adam, Mary oder Mona/oder bist du der Schöpfung Corona?/Das Virus, scheint mir, entscheidet./Der Mensch ist Opfer und leidet. – Johannes Kettlack

 

Die Coronavirus – Epidemie in der chinesischen Metropole Wuhan- City ist derzeit das beherrschende Thema. Die Angst vor Ansteckung geistert weltweit durch die Medien und Expertenmeinungen tragen nicht wirklich zur Beruhigung von betroffenen, oder sich betroffen fühlenden, Beobachtern der Geschehnisse in China bei. Epidemiologen, Virologen und Immunologen, die sich öffentlich zu Wort melden, berücksichtigen bei ihren Einschätzungen der Lage viel zu wenig die Erkenntnisse der modernen Mikrobiom- Forschung, in deren Licht sich die Ereignisse in der zentralchinesischen Provinz Hubei folgendermaßen darstellen: Alle „Oberflächen“ des Menschen (dies gilt in gleicher Weise für Tiere und Pflanzen), wie die Haut, der Darm oder die Lunge, die direkt oder indirekt mit der Umgebung in Kontakt stehen, werden von Mikroben (Bakterien, Archaeen, Pilzen, Viren und Protozoen) besiedelt.

Diese Schutzschicht, bestehend aus „guten Keimen“, die mit uns in Symbiose leben, befindet sich in dauerndem Informationsaustausch mit unserem Immunsystem und gewährleistet das Funktionieren unserer Abwehr gegen alle Arten von krankmachenden Erregern (Viren, Bakterien, Pilze etc.). Über chemische, immunologisch wirksame Signale wird ein Gleichgewicht zwischen diesen guten Mikroben und unseren Abwehrzellen hergestellt, das als „Eubiose“ bezeichnet wird und eine Grundvoraussetzung für unsere Gesundheit darstellt.. Wird diese ständig ablaufende Kommunikation zwischen den „guten Mikroben“ und bestimmten Zellen unseres Immunsystems (sog. Dendritischen Zellen), die die Forscher als „Crosstalk“ bezeichnen, durch Gifte wie Pestizide, Luftschadstoffe, Antibiotika, Fehl- oder Mangelernährung gestört und ins Ungleichgewicht gebracht, dann leidet unsere Abwehr. Wir werden anfällig für pathogene, krankmachende Keime aus der Umwelt, z.B. das Coronavirus, das aber nur einer von vielen möglichen Erregern ist, die im Fall einer solchen Schädigung unseres Mikrobioms, unsere Immunbarrieren durchdringen können.

Wie die auf unseren „Oberflächen“ lebenden Mikroben dabei zu einer wichtigen Säule unserer Immunabwehr werden, beschreibt z.B. die folgende Untersuchung für das Darm- Mikrobiom: Siehe: medizin- aspekte de: „Die natürliche Darmflora kurbelt das Immunsystem an“ Zitate: „…Signale von natürlichen Darmbakterien sind notwendig für eine effektive Immunantwort gegen virale und bakterielle Erreger. Das war das Ergebnis von Versuchen im Team von Dr. Andreas Diefenbach und Stephanie Ganal, Institut für medizinische Mikrobiologie und Hygiene des Universitätsklinikums Freiburg…“„…“Inwieweit die Darmflora auch immunologische Vorgänge außerhalb des Darms wie z. B. die Abwehr viraler Erreger, etwa des Grippevirus, beeinflusst , war unklar und zentrale Frage unserer Arbeit“, so die Wissenschaftler…„…Wir zeigen hier erstmals, dass Veränderungen in der natürlichen Darmflora durch Antibiotika, Hygiene oder Lebensstil erhebliche Auswirkungen auf das gesamte Immunsystem haben“…so Diefenbach…“

Studien zeigen, die Auswirkungen einer gestörten Haut-, Lungen-, oder Darmflora betreffen v. a. die Bildung von schützenden Antikörpern gegen einen infektiösen Erreger, z.B. ein Virus. Im Fall einer schweren Schädigung des Mikrobioms, ist dann nicht nur die Antikörperbildung, sondern auch die Bereitstellung anderer Immunzellen (T-Zellen, Fresszellen etc), die, die vom Virus befallenen Zellen abräumen, deutlich vermindert. In der Regel gilt, je ausgeprägter der Mikrobiomschaden auf unseren „Oberflächen“ ist, umso leichter haben es die pathogenen Viren uns zu infizieren und umso vehementer erfolgt der anschließende Verlauf dieser Infektionskrankheit. Auch Keime die uns bei intaktem Mikrobiom nichts anhaben können, werden plötzlich zu einer Gesundheitsgefahr, wenn eine stärkere, dauerhafte Störung des oben beschriebenen Gleichgewichts eintritt. Wenn ein solcher Mikrobiom- Schaden durch Antibiotika oder Umweltgifte entstanden ist, wird nicht nur auf die in der Natur vorkommenden Erreger eine verminderte Antikörperbildung festgestellt, sondern auch die Antikörperbildung gegen Impfstoffe ist in solchen Fällen signifikant abgeschwächt, so dass diese keinen Schutz mehr bieten.

Russische Wissenschaftler haben schon im Jahr 2000 eine Studie veröffentlicht, aus der hervorgeht dass, in Städten mit hohen Abgaswerten eine Antikörperbildung z.B. nach Masernimpfungen nur noch eingeschränkt möglich ist, weil durch die toxische Luftbelastung das Immunsystem in seiner Funktion (der Antikörperbildung und der zellulären Abwehr) stark einschränkt wird. Heute wissen wir dass die eigentliche Ursache in einer primären Schädigung des Lungen-, Haut- und Darm- Mikrobioms zu suchen ist, weshalb in Städten mit hoher Schadstoffbelastung eine so genannte „Herdenimmunität“ auch durch hohe Durchimpfungsraten nicht erreichbar ist. Die wichtigsten Giftstoffe/Toxine, die es zu vermeiden gilt, will man eine Schädigung der Symbionten auf unseren „Oberflächen“ (Haut, Darm, Lunge) vermeiden, sind, durch viele Studien belegt: Antibiotika, Pestizide, Luftschadstoffe und Schwermetalle wie Quecksilber, Blei, Cadmium etc.

Chinesische Großstädte sind für ihre Smog-Entwicklung bekannt. Die dort herrschende extreme Luftbelastung durch Verkehrs- und Industrieabgase schädigt in hohem Maß das Lungen-, Darm- und Haut- Mikrobiom bei hunderttausenden von Einwohnern. Wuhan-City ist mit 11 Millionen die siebtgrößte dieser Metropolen. Gleichzeitig ist die Provinz Hubei, deren Hauptstadt Wuhan-City ist, eine ausgesprochene agrarwirtschaftlich ausgerichtete Region, in der, wie in fast allen chinesischen Provinzen, unter massivem Pestizideinsatz Landwirtschaft betrieben wird. In Hubei, der „Province of a thousand lakes“ werden hauptsächlich Paddy Rice (Terrassen Reis) Baumwolle und viele andere Agrarprodukte erzeugt, die aufgrund dieser Produktionsweise extrem mit Pestiziden belastet sind. Die Umweltgifte geraten über die Bewässerungs- Systeme in die Seen, wo sie die im Wasser lebenden (aquatischen) Insekten, Fische und andere Arten entweder vernichten, oder deren Mikrobiota schädigen und u. a. für das Coronavirus anfällig machen.

Die Pestizid Belastung von Böden und Gewässern in diesen Agrarregionen ist so hoch, dass Bienen und andere Insekten schon vor Jahren ausgestorben sind und deshalb die Bestäubung der Obstbäume von hand durch Landarbeiter erfolgen muss. Auf einem Marktplatz in Wuhan treffen dann die entscheidenden Faktoren, die zur Auslösung der Epidemie notwendig sind aufeinander. Einwohner der Stadt, deren Lungenmikrobiom durch die abgasbelastete Luft geschwächt ist, essen Pestizid verseuchten Paddy Reis und Fische oder andere Tiere*, in deren Körper das Coronavirus aufgrund eines Mikrobiomschadens eine „kritische Masse“ erreicht hat. Das heißt, zu einem chronischen Mikrobiomschaden der Lunge tritt eine Störung des Darmmikrobioms hinzu, wie die jüngsten Untersuchungen an infizierten Patienten zeigen. Das eigentlich – bei intaktem Mikrobiom – harmlos oder gar nicht in Erscheinung tretende Coronavirus wird zu einer tödlichen Gefahr, aber nur dort, wo es auf die entscheidenden Voraussetzungen trifft: Ein durch Antibiotika, Pestizide oder Luftschadstoffe schwer gestörtes Mikrobiom. *(Fische und Sea-food, Vögel, Schlangen Schleich-Katzen, Fledermäuse etc. Fast alle diese Arten sind inzwischen abwechselnd in Verdacht geraten Auslöser für die Epidemie zu sein.)

Durch die hohe Bevölkerungsdichte in der Großstadt wird die Ausbreitung von Mensch zu Mensch zusätzlich gefördert, aber Grundlage für die Übertragungen zwischen Tier und Mensch und von Mensch zu Mensch ist der Mikrobiomschaden, der allen von der Epidemie betroffenen gemeinsam ist. Durch die jetzt angeordneten Quarantänebestimmungen und Ausgangssperren ist anzunehmen dass die Luftbelastung durch Schadstoffe sinken wird, so dass nach ausreichender Erholung des Lungenmikrobioms der Stadtbewohner, ein Abklingen der Epidemie- zumindest in Zentral-China- erwartet werden kann. Fazit: Erst sterben die Insekten, dann sterben wir. Das Beispiel der Coronavirus- Epidemie in China sollte uns eine Warnung sein. Es macht unmissverständlich klar, worauf auch wir (der Rest der Welt) zusteuern, wenn wir in Sachen Abgasbelastung der Luft und Pestizid/Antibiotika- Einsatz in der Landwirtschaft nicht sofort auf die Bremse treten. – Dr. med. Theo Danninger

 

Ob die Angst vor dem neuen Coronavirus aus medizinischer Sicht begründet ist, lässt sich derzeit wohl noch nicht gänzlich beurteilen. Bereits klar geworden aber leider ist, dass es neben politischen und wirtschaftlichen Unbilden einen starken Anstieg von Rassismus und Diskriminierung gegenüber Menschen asiatischer Herkunft befördert. Und dieser global wirkende Gesellschaftsvirus sollte indes nicht minder entschieden bekämpft werden. – Ira Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Politischer Kredit“ von Lisa Nienhaus

 

Zur Bewertung der Berufung von Sigmar Gabriel in den Aufsichtsrat der Deutschen Bank schreiben Sie: „Zumal Gabriel von Wirtschaft etwas versteht und rechtlich auch nichts dagegenspricht.“ Das sehe ich ein wenig anders. Der § 25 d des Gesetzes über das Kreditwesen fordert nämlich: „Die Mitglieder des Verwaltungs- oder Aufsichtsorgans eines Instituts … müssen zuverlässig sein, die erforderliche Sachkunde zur Wahrnehmung der Kontrollfunktion sowie zur Beurteilung und Überwachung der Geschäfte, die das jeweilige Unternehmen betreibt, besitzen …“ Reicht es wirklich aus, „von Wirtschaft etwas zu verstehen“, um die äußerst komplexen Geschäfte der Deutschen Bank sachkundig zu kontrollieren und zu überwachen?

Was mich noch viel mehr bekümmert – es musste wieder einmal ein spektakulärer Fall wie Deutsche Bank/Gabriel sein, um die Medien zu einer Betrachtung der Motive und der Praxis bei der Berufung von Aufsichtsräten zu veranlassen. Würde man nämlich einmal sine ira et studio die Mitglieder der Aufsichtsräte der DAX-Konzerne auf ihre Eignung, die Geschäftsführung zu überwachen (§ 111 AktG), überprüfen, würde man auf so manche Merkwürdigkeit stoßen. Glaubt man allen Ernstes, dass fach- und unternehmensfremde Personen ohne irgendwelche Erfahrungen in der jeweiligen Branche einen versierten Vorstand in seiner Geschäftsführung überwachen können? Auch ein Professor für Betriebswirtschaftslehre, um nur ein Beispiel zu nennen, mag „etwas von Wirtschaft verstehen“, reicht das aber wohl aus, um etwa die Geschäfte eines Industriekonzerns, eines Energieunternehmens oder einer internationalen Finanzholding zu überprüfen und zu kontrollieren? –Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Heilmann

 

Sigmar Gabriel und Thilo Sarrazin sind für die SPD, derzeit nicht gerade die besten Aushängeschilder oder auch „Vorzeige-Genossen“. Einer von beiden, der will sich seine SPD-Mitgliedschaft gerichtlich unterfüttern lassen; der andere, der will zwar freiwillig weiter Parteimitglied bleiben, um sich dann ganz „urdemokratisch“ das große „(Banken)Geld“ einzuscheffeln, ganz im „lupenreinen Gerhard-Basta-Stil“. Die SPD braucht sich wirklich nicht groß wundern, wenn der Wähler sein „Heil“ bei anderen Parteien sucht! –Klaus P. Jaworek

 

Den geoffenbarten Optimismus von Sigmar Gabriel und Deutscher Bank hinsichtlich ihrer zukünftigen Zusammenarbeit teile ich nicht. Minus und Minus ergibt nicht Plus. –Ira Bartsch

 


 

 

Leserbriefe zu „Nahost: Macht Trumps Deal alles nur schlimmer?“ von Lea Frehse

 

Lea Frehses Bewertung von Trumps „Friedensplan“ kann ich nur zustimmen. Die Palästinenser wollen keine Verbesserung und Umbenennung ihres Gefängnisses, sondern ein Leben in Freiheit und Würde. Noch kein Volk hat sich mit einer kolonialen Besatzung und Entrechtung abgefunden. Frieden kann es nur auf der Basis von Recht und Gerechtigkeit geben. Deshalb müßte für entschädigungslos beschlagnahmtes palästinensisches Eigentum das Gleiche gelten wie für jüdisches – entweder Rückgabe oder Entschädigung. Da sollte nicht zweierlei Maß gelten. –Gerd S. Ullmann

 

Verhalten kritisch bis ablehnend – das ist in etwa die Reaktion der Medien in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu Trumps „Friedensplan. Es hat den Anschein, als ob die Berichterstattung über den Coronavirus dankbar ausgebaut wird, um am heiklen Thema Palästina vorbeizukommen. Unterschwellig ist die Hoffnung zu spüren, dass es bei der Drohung „Friedensplan“ bleiben wird. Das sehe ich eindeutig anders: Ich bin überzeugt, dass Trump es nicht bei einem Plan bewenden lassen wird als eine Art Wahlveranstaltung für Netanyahu. Nein – Trump wird das in seinem Auftrag von seinem Schwiegersohn Kushner und in Absprache mit dessen Nenn-Onkel Netanyahu – ausgearbeitete Konzept 1:1 so rasch wie möglich umsetzen. Trump wird eine Verurteilung Israels im Sicherheitsrat mit dem US-Veto verhindern – wie schon des Öfteren geschehen.

2019 hat Trump bereits tüchtig Vorarbeit geleistet: Er hat Jerusalem als „ungeteilte“ Hauptstadt Israels anerkannt und die US-Botschaft aus Tel Aviv nach Jerusalem verlegt. Er hat die Golan-Höhen als israelisches Staatsgebiet anerkannt. Er hat das Iran-Abkommen gekündigt und die Sanktionen gegen das iranische Regime wiedereingeführt. (Quelle: «Jüdische Allgemeine» vom 27.03.2019). Netanyahu wird dank der zeitgerechten „Friedensplan“-Verkündigung – im Hintergrund die Gedenkfeiern zur Befreiung des KZ Auschwitz – im dritten Anlauf doch noch als Ministerpräsident Israels gewählt werden. Netanjahu erklärt, er werde die (völkerrechtswidrige) Annexion des Jordan-Tales und der Siedlungen in Judäa und Samaria gemäß der Trump‘schen Doktrin des Rechts des Stärkeren schnellstens realisieren – man müsse nicht auf den Friedensplan warten. Wer will ihm da in die Arme fallen?

Macron überlegt, die EU kündigt eine Prüfung an, die Arabische Liga ist handlungsunfähig, denn Saudi-Arabien wird von den USA im verlustreichen, bis jetzt erfolglosen Krieg im Jemen unterstützt. Jordanien, ein Nachbar Israels ist an sich schwach, finanziell auf die USA angewiesen, wirtschaftlich (u. a. Erdgas) von Israel abhängig und durch den Friedensvertrag mit Israel gebunden. So auch Ägypten, dessen Herrscher Abdel Fatah El-Sisi sich nur mit Gewalt an der Macht halten kann. König Salman versicherte Präsident Abbas am Telefon des „uneingeschränkten Rückhalts“ durch Saudi-Arabien – hohle Worte, die schon morgen vom Winde verweht sein werden. Die Botschafter der Emirate (VAE), von Oman und von Bahrein waren bei der Verkündigung des „Friedensplans“ anwesend und haben applaudiert. Nur der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan – kein Araber – fand die richtigen Wort: „absolut inakzeptabel“. Jedoch – wer wird Trump und damit Netanyahu noch rechtzeitig mit Macht in den Arm fallen? – Jürg Walter Meyer

 

Palästina – ein Enklavenstaat. Der „Staat“ Palästina ist grundsätzlich nicht souverän – das ist auch das erklärte Ziel von Trumps Friedensplan: es gibt einzig den Staat Israel und in ihm die Enklave Palästina: Die Idee einer Zweistaatenlösung ist gestorben. „Palästina“ gliedert sich in drei inselartige Siedlungsbereiche, die durch schmale Landkorridore bzw. einen Tunnel (Gaza) miteinander verbunden sind. Von Gaza führt ein weiterer schmaler Landkorridor zu zwei Flecken in der Negevwüste, dies als Ausgleich für Landverluste in der Westbank palästinensisch sind – ? Im palästinensischen Staat verstreut liegen 15 israelische „Enclave Communities“ mit rund 400.000 israelischen Einwohnern. Diese sind durch je eigene, von der israelischen Armee gesicherte Zugänge mit dem israelischen Land rundum verbunden. Die Palästinenser können sich weiterhin nicht frei bewegen:

Immer wieder müssen sie an Checkpoints erniedrigende Kontrollen über sich ergehen lassen. Da große Siedlungsblöcke innerhalb der Sperrmauern liegen und so die Israelis behindert werden, sollen diese verschoben, also vermutlich um den Enklaven-Staat herumgebaut werden. Jerusalem ist die „vereinigte und unteilbare“ Hauptstadt Israels. Palästinas „Hauptstadt“ liegt im Vorort Abu Dis. Die Al-Aksa-Moschee, die drittheiligste Stätte im Islam steht nicht – wie früher vorgesehen – unter internationaler Aufsicht sondern ist Teil der jüdischen Hauptstadt. Zudem: Palästina ist ringsum von Israel umgeben – nirgendwo grenzt es an einen Drittstaat. In Gaza soll es einen Flugplatz für Kleinflugzeuge und auf einer künstlichen Insel einen Hafen geben – „soll“. Das Meer vor dem Gazastreifen wird von der israelischen Marine bewacht und kontrolliert. Palästina darf keine Armee haben, denn Israel ist für die „Sicherheitsverantwortung“ zuständig, es kontrolliert auch den Luftraum.

Fazit: Palästina ist nur scheinselbständig. Palästinenser können nur über israelisches Hoheitsgebiet aus- und einreisen. Nur eine sehr begrenzte Menge palästinensischer Flüchtlinge darf in den neuen palästinensischen Staat zurückkehren. Vor allem aber, die Ressource Wasser – der Jordan – ist fest in israelischer Hand.Schon früher führten die palästinensischen Bauern Klage über die Bevorzugung jüdischer Siedler bei der Wasserzuteilung. Ich rechne damit, dass irgendwann die in Israel lebenden Araber nach Palästina umgesiedelt werden. Denn der „jüdische Charakter Israels“ wird seit 2018 im Nationalstaatsgesetz festgeschrieben. Israel ist die „nationale Heimstätte des jüdischen Volkes“ und das „vereinte Jerusalem“ seine Hauptstadt. Hebräisch ist die alleinige Nationalsprache. Trumps Friedensplan sieht einen palästinensischen Gefängnisstaat vor – würden Sie darin leben wollen? – Jürg Walter Meyer

 


 

 

Leserbriefe zu „Die Wegwerf-AG“ von Henning Sußebach und Claas Tatje

 

Meine Empfehlung an die betroffenen ARAL-Pächter bzw. Vertragspartner wäre, wenn anderweitige Kontaktaufnahmen mit- oder Proteste bei der ARAL-Geschäftsleitung nichts fruchten, jede Woche die in den Abfall wandernden Lebensmittel eines Betriebes zu sammeln und diese Ladung dann vor der ARAL-Zentrale abzukippen. Natürlich vor „laufenden Kameras“. Jede Wette, daß sich die ARAL-Geschäftsleitung das nicht mehrere Wochen lang ansehen kann, ohne zu reagieren. – Herbert Rein

 

Was für eine grauenvolle Geschäftspolitik! Absehbar ist, dass bei einer Elektrifizierung und hoffentlich auch Reduzierung des Individualverkehrs der Gewinn, der mit Tankstellen zu machen ist, zurückgehen dürfte. ARAL und auch REWE mit ihren umfangreichen Geschäftsführungsapparaten und Marketingabteilungen haben das längst erkannt. Da werden nun rasch Strategien entwickelt, wie aus den verpachten Tankstellen noch das letzte an Gewinn herausgepresst werden kann. Nicht nur sozial- und verteilungspolitisch problematisch, sondern auch in nachhaltigkeitspolitischer Sicht – wenn, wie hier beschrieben, auch noch Lebensmittelverschwendung dabei heraus kommt. Dass REWE, ein Unternehmen, das sich nach außen den Anstrich einer nachhaltigen Geschäftspolitik gibt, sich daran beteiligt, ist ärgerlich. Der kritischen Verbraucherin sind die Hände gebunden, weil sie mit einem ARAL- Boykott die schwächsten Glieder der Kette, die PächterInnen schädigt. Ein Fall, der staatliches Handeln erfordert! Frankreich hat Lebensmittelverschwendung durch Supermärkte unter Strafe gestellt. Eine solche Regelung brauchen wir auch. Frau Klöckner, übernehmen Sie! – Sabine Hübner

 

Danke für diesen sehr erhellenden Artikel. Diese Lebensmittelverschwendung ist unerträglich! Man denkt ja meistens, wenigstens Wirtschaftsbosse wären intelligent, weil sie Geld verdienen wollen. Diese Geschäftsidee hat mich ob ihrer Dämlichkeit echt sprachlos gemacht. Also: Fürs Management mal ganz einfach erklärt: Wenn man tanken muss, fährt man an die Zapfsäule, dreht den Tankverschluss auf, tankt, dreht den Tankverschluss wieder zu, geht danach in den Geschäftsbereich der Tankstelle – wir wollen nicht vergessen: Der Wagen steht immer noch vor der Zapfsäule – geht zur Kasse (nimmt auf dem Weg dahin evtl. noch ein kleines Mineralwasser und einen Snack mit), zahlt und fährt das Auto schnell weg, weil – ganz große Überraschung – wahrscheinlich schon jemand hinter einem steht, der auch tanken möchte. Das ist doch keine Situation, entspannt mit dem Einkaufswagen gemütlich durch einen Supermarkt zu schlendern und hinterher ganz in Ruhe Einkäufe im Kofferraum zu verstauen. CEOs: Vorher einfach mal ein bisschen nachdenken. Sonst: Gier essen Hirn auf = Verlustgeschäft! – Dr. Sabrina Hausdörfer

 


 

 

Leserbriefe zu „Was für ein Tuch?“ von Johanna Pink

 

Zwei Textstellen in dem interessanten und sachlich-informativen Artikel werfen bei mir Fragen auf: 1. Welche Erklärung gibt es dafür, dass das Tragen religiöser Zeichen (Kreuz, Kippa, Kopftuch) in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten und Rollen (Gebetshaus, Kirche, WC, Bankschalter, Gerichtssaal, Klassenzimmer) hier kein Problem, dort aber ein Problem darstellt? Welche Gründe sprechen dafür, dass Personen im Staatsdienst ihre Religion (welche auch immer) sichtbar zum Ausdruck bringen sollten? Was bedeutet es für einen Angeklagten/eine Angeklagte, vor einem Richter/einer Richterin zu stehen, der/die sichtbar z.B. ein Kreuz, eine Kippa, ein Kopftuch (oder ein Parteiabzeichen) trägt, das seine Religion (oder seine Parteizugehörigkeit) zum Ausdruck bringt?

2. Stehen in der nebengeordneten Aufzählung die Begriffe „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ und „Religionsfreiheit“ tatsächlich auf einer Ebene mit den anderen Begriffen wie Gottgefälligkeit, Identität, Stolz etc.? Inwiefern geht mit dem Hinweise auf das Grundgesetz eine Bedeutungsaufladung und Überfrachtung des Kopftuches als weltanschaulich dichotom besetztes, religiöses Zeichen einher? Schützt die Religionsfreiheit (GG Art. 4) nur die Freiheit der Gläubigen, ihre Religion auszuüben, oder auch die Freiheit der „Ungläubigen“/Atheisten, von Glaubensbekenntnissen (z.B. in Schulen, Gerichtssälen, Rathäusern) nicht „überwältigt“ zu werden?

Ich wünschte mir einen zweiten Artikel in der ZEIT, der auf diese Fragen näher eingeht. Die Beantwortung dieser Fragen könnte womöglich dazu beitragen, auf „Parteitagen und Konferenzen“ zu einer mehr gegenwartsbezogenen Einordnungdes muslimischen Kopftuches (und anderer weltanschaulicher Symbole) zu gelangen. Eine Klärung – unabhängig von feministischen, innermuslimischen oder innerkirchlichen Debatten, aber unter Berücksichtigung der Trennung von Kirche/Religion und Staat– könnte helfen, konsensfähige Entscheidungen für unser freiheitlich-demokratisches Gemeinwesen zu treffen. – Vinzenz M. Becher

 

Ein Aspekt kam leider gar nicht zur Sprache: das Kopftuch für Kinder. Meine Enkeltöchter (5 an der Zahl) müssen ab ihrem 6. (!) Lebensjahr ein Kopftuch tragen. Sie können dann nicht mehr ohne weiteres aus dem Fenster schauen, und den Müll schnell mal runterbringen, geht auch nicht. Sind männliche Verwandte, ob es der 11 jährige Cousin oder der Onkel, zu Besuch, müssen sie das Kopftuch tragen. Für mich bedeutet das eine Sexualisierung von Kindern. Das hat mit Religionsfreiheit und Elternrecht nichts zu tun. Ich habe nicht generell etwas gegen das Kopftuch. Aber es sollte erst ab einem bestimmten Alter mit entsprechender Reife getragen werden. Es wäre sehr wünschenswert, wenn die Politik sich ernsthaft diesem Thema annehmen würde und ein Kopftuchverbot für Grundschulkinder auf den Weg bringen würde. – Christiane Forwerk

 

Interessanter weise stört sich niemand daran, dass fundamentalistische Christinnen – wir nennen sie Nonnen – eine fast identische Kleidung tragen, wie sie muslimischen Frauen zum Vorwurf gemacht wird. – Horst Schwäbe

 


 

 

Leserbriefe zu „Brauchen wir Steuersenkungen?“ von Mark Schieritz

 

Vielen Dank für Ihren Artikel in der Zeit vom 30.1.2020 zum Thema Steuersenkungen. Mir fehlt in ihrem Artikel völlig die schon beschlossene Absenkung des Solidaritätszuschlags. Auch das ist für breite Teile der Bevölkerung (laut BMF 97%) eine große Entlastung. Außerdem: Ist in ihren Zahlen zu den Abgaben der Soli berücksichtigt? Momentan sollte man m.E. nicht 42% mit den 56% aus dem Jahre 1980 vergleichen, sondern 0,42*1,055= 0,443. Eine Kuriosität entsteht meiner Meinung nach auch durch die beschlossenen Änderungen ab 2021, wie Sie einem Schaubild aus Wikipedia entnehmen können. Somit erhöht sich der Grenzsteuersatz (ab ca. 74000 Brutto, 1. grüne Linie) auf 0,42*1,119 = 47%. Ab einem Einkommen von ca. 110000 Brutto sinkt der Grenzsteuersatz wieder auf 44,3%. Ich habe in der Schule unter progressivem Steuersatz gelernt, dass wer mehr verdient auch mehr Steuern bezahlt. Das scheint bald wohl nicht mehr zu gelten. Vielleicht erklären Sie das auch mal den Lesern? – Lukas van Husen

 

Vor ca. 5 Jahren forderten Sie, dass Haushaltsüberschüsse zur Schuldentilgung verwandt werden. In einer Mail an mich zeigten Sie sich optimistisch, dass künftig (also in den schon vergangenen 4 Jahren) zig-Milliarden pro Jahr getilgt werden. Nun ist in der ZEIT nur noch von einer Senkung in Relation zum BIP die Rede. Frei nach Adenauer: „Was schert mich mein Gerede von gestern.“ Öffentliche Haushalte dürfen nur für Investionen und zur Abwendung einer Gefahr mit Kredit finanziert werden (Letztere finanzieren sich angeblich durch künftige Steuermehreinnahmen von selbst). Investionen nutzen sich aber ab (siehe Sanierungen bei Brücken, Schienen, Straßen, Schulen etc.), sind also abzuschreiben. Im selben Maße sollten auch die zugehörigen Kredite getilgt werden. Private Baudarlehen werden im allgemeinen in ca. 30 Jahren getilgt, also mit durchschnittlich 3% pro Jahr. Angesichts der heutigen niedrigen Zinssätze sollte vorsorglich die Tilgungsrate eher höher sein bzw. sollten Sondertilgungen ins Auge gefasst werden. Bei einer Gesamtschuld von 2 Billionen Euro wären 3% Tilgung 60 Milliarden Euro pro Jahr. Wenn dies ernsthaft angegangen würde, hätten wir keine Haushaltsüberschüsse mehr. Soweit Bundesanleihen mit negativem Zins ausgestattet sind, erhöht dies die „Tilgung“. – Adolf Ronnenberg

 

Ein sehr interessanter Beitrag mit erfreulich viel konkreten Informationen. Bei der Grafik zum Haushalts-Bruttoaequivalenzeinkommen schlug allerdings zumindest in der Kindle-Ausgabe der Fehlerteufel zu – es fehlen die Zahlen an der x-Achse, so dass die Grafik nutzlos ist. Koennten Sie mir die korrekte Grafik zukommen lassen? – Sabine Moehler

 


 

 

Leserbriefe zu „Gehört ihr Fridays for Future?“ von Hannah Knuth und Kolja Rudzio

 

Das ist ja mal interessant. Das System, das es (angeblich) zu bekämpfen gilt, das für das nahende Ende der Welt verantwortlich ist, wird für eigene Zwecke gnadenlos ausgenutzt. Stiftung, nur für ökologische Projekte ……. kann man glauben, muss man aber nicht. Ich warte darauf, bis die ZEIT den Wortlaut der Stiftungsvereinbarung abdruckt. Übrigens einer der ganz wenigen Artikel, der einfach das tut, was guter Journalismus tun soll. Berichten, was ist. Ohne Belehrung, ohne Wertung, ohne Moral. Fällt nur auf, dass es gerade bei diesem Thema ist. Das ist dann fast schon wieder etwas peinlich. – Dietmar Baier

 

Die Greta (17 Jahre) wird es schon richten, dennoch muss auch sie irgendwie und irgendwann ihre „CO2-freie Kohle“ verdienen. Das Label „Fridays for Future“ ist schon jetzt ein Markenzeichen und dürfte auch dem allerletzten Eremiten im abgelegensten „Einödland“, längst ein Begriff sein. Ich kann nur eines noch dazu sagen: „Frauen an die Macht“, denn wir Frauen machen (vielleicht) nicht gar so sehr viel Unfug und dummes Zeug, am laufendem Bande! – Riggi Schwarz

 

Wie sagte schon der alte Goethe, die Faust geballt: „Geld, du also bist des Pudels Kern!“ – Peter Janssen

 


 

 

Leserbriefe zu „Ich rieche nichts“ von Thomas Melzer

 

Da ich als Strafverteidigerin beruflich immer mit Recht und Unrecht befasst bin, vermeide ich es normalerweise die Artikel der ZEIT dazu zu lesen. Man muss sich nicht auch noch privat mit der Arbeit befassen. Heute machte ich jedoch eine Ausnahme und ließ mich dazu hinreißen, den Artikel dieser Woche von Richter Thomas Melzer zu lesen. Dies führt nun zu dem ersten Leserbrief meines Lebens. Die Verpflichtung eines Richters ist in Ausübung seines Amtes unparteiisch zu sein. Unter Beachtung und Auslegung der Normen des Strafgesetzbuches und des Strafprozessrechtes im Lichte des Grundgesetzes und der EMRK Recht zu sprechen und – so heißt es – „die materielle Wahrheit“ zu erforschen. Es ist nicht so, dass es als Richter gilt, durch die Beweisaufnahme die „Lügen eines Angeklagten“ zu widerlegen – denn man finde den Fehler: Dann geht der Richter doch schon vor Prozessbeginn – trotz offizieller Unschuldsvermutung – davon aus, dass der Angeklagte lügt. Im Artikel schreibt Richter Melzer: „Jede Geschichte aus dem Mund des Angeklagten ist per se eine Lüge, die es durch die Beweisaufnahme zu widerlegen ist.“ Der Richter im deutschen Rechtssystem ist als objektive Figur angelegt. Er soll „Recht sprechen“.

Dabei hört er sich die Anklage der Staatsanwaltschaft an, entscheidet, ob die dort vorgetragenen Beweise ausreichend sind, um die Hauptverhandlung zu eröffnen und dem Angeschuldigten den Prozess zu machen – und dann sollte er – so ist es vorgesehen – die Beweisaufnahme so objektiv führen, dass er sowohl die belastenden Momente gegen als auch die entlastenden Momente für den dann Angeklagten abwägt und entscheidet, ob die in der Hauptverhandlung erhobenen Beweise ausreichen, um den Angeklagten zu verurteilen. Bei Zweifeln an der Schuld ist immer (!) freizusprechen. Durch den oben zitierten Satz von Richter Melzer lässt dieser aber schon so eine Verbitterung und Voreingenommenheit bei seiner Arbeit durchblicken, dass ich – sollte ich einmal das Vergnügen haben, vor einem Gericht in Brandenburg zu verhandeln – prophylaktisch für meine Mandanten entsprechende Befangenheitsanträge vorbereiten werde. Denn man unterstellt ihnen ja sowieso schon bereits eine Lüge, wenn sie sich dazu entscheiden auszusagen!

Dass der Alltag eines Richters frustierend ist, er oft angelogen wird und sich irrwitzige Geschichten anhören muss, wird hier nicht in Abrede gestellt. Doch das darf nicht dazu führen, dass man als Richter die Neutralität verliert und sich mit einer objektiv nicht zu rechtfertigenden Strafhöhe im Urteil rächt. Ich zitiere Richter Melzer: „Strafverschärfung wird sich leider – wenigstens offiziell – nicht begründen lassen.“ Auch sollte es nicht dazu führen, dass der Leserschaft durch persönliche Meinungen und Wertungen ein trauriges Bild über den deutschen Strafprozess vermittelt wird. Richter sind auch nur Menschen – sicherlich. Vielleicht helfen solche Kolumnen auch der Öffentlichkeit zu begreifen, dass Richter ein hartes Leben haben, wenn sie ständig mit übelriechenden Schöffen, stinkenden Akten oder Angeklagten zu tun haben – gebongt.

Aber die Frage, die man sich vielleicht selbst stellen sollte: Ist man dem Amt des Richters noch gewachsen, wenn man jeglichen Idealismus verloren hat und das mit der Objektivität der Richters nicht mehr so ernst nimmt? Und ist es nicht irritierend, dass der, der auf der Anklageblank sitzt, sich mit solchen Nebensächlichkeiten beschäftigen muss, ob sein Deodorant während der Verhandlung hält oder die Haare ordentlich sitzen, damit der Richter ihm wohlgesonnen ist und ein faires Urteil fällt? Lassen wir doch bitte der Leserschaft die Illusion, dass Justitia (duft-)blind ist. – Valerie Banse

 

Ich freue mich jedes Mal, wenn ich sehe, dass Ihre Serie „Meine Urteile“ in eine weitere Folge geht – denn immer folgt ein gut geschriebener, interessanter Text, dessen Unterhaltsamkeit in gutem Verhältnis zur Schwere der darin verhandelten Verbrechen steht. So ist es auch in dieser Ausgabe wieder, die einen etwas leichteren Ton anschlägt als sonst, die mich aber prächtig unterhalten und außerdem belehrt hat, dass das vorsätzliche Herbeitrinken eines Vollrauschs eine Straftat ist. Vielen Dank an Sie und die Redaktionsperson, die Sie ausfindig gemacht hat! – Cordula Hubert

 


 

 

Leserbriefe zu „Kommt das Böse aus den Bergen?“ von Thomas E. Schmidt

 

Da die letzten zwei Sätze des Artikels unlogisch sind, weiß man nicht, ob der Film nun sehenswert ist oder nicht. Es heißt, wer sich mühelos drei Stunden Lebenszeit hinzugewinnen möge, sehe sich diesen Filmnichtan. Er werde garantiert belohnt. Mir stellt sich die Frage: Womit werde ich belohnt, wenn ich mir den Film nicht anschaue? Und soll ich mir den Film anschauen, wenn ich einen mühevollen Kinoabend haben möchte? Ich habe mir den Film trotz der unverständlichen Kritik angesehen und würde sowohl die Worte „ohne große Mühen“ als auch „nicht“ streichen, also: Wer drei Stunden Lebenszeit hinzugewinnen möchte, sehe sich diesen Film an. – Denise Rüller

 

„Die Kamera plappert bedeutungsschwer“ – für diesen Satz gebührt Ihnen eine Art Feuilleton Golden Globe. Und natürlich ist der ganze Artikel, wie so oft, wunderbar geschrieben und trifft es auf den Punkt. Vor diesem Film muss man angesichts der Prominenz des Namens Malick wirklich warnen – so wie Sie es eindringlich getan haben. Hätten Sie ein paar Zeichen mehr Platz gehabt, wäre gewiß noch ein Hinweis dazu erfolgt, daß eine zutiefst oberösterreichische Geschichte in Südtirol verfilmt wurde – unter dem Motto „da gibt’s viel mehr Förderung, und die wenigsten erkennen Landschaft oder Akzent der Komparsen“. Meinen Respekt. – Rudolf Fiebinger

 


 

 

Leserbriefe zu „Die große Versuchung“ von Martin Machowecz

 

Wer sich in unserem Land umschaut, der kann nur feststellen, eine Politik die einen in die Verzweiflung treibt. Natürlich wäre es bitter nötig, wenn die AfD mit regiert. Und das nicht nur in einem Bundesland. Die Medien tun alles dafür, daß das nicht passiert. Das ist die eigentliche Schande. Auch die „Zeit“ lässt sie gewähren. Die elektronischen Medien schrecken auch vor Lügen nicht zurück. Ich erinnere, bei der Gründung der AfD waren es besonders Wissenschaftler, die diese Partei aus der Taufe hob. Die Medien boten alles auf, um das zu verhindern. Wer nicht blind durch die Gegend läuft erfährt täglich wie es um unser Land wirklich bestellt ist. Und die Politik hat sich nicht viel anders benommen. Für mich ist es keine Frage, unser Land zerstört sich politisch selbst. Und die EU ist ohne England auch zum scheitern verurteilt. – Gunter Knauer

 

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (Österreichische Volkspartei) bereist gerade Deutschland, um evt. auch seine Erfahrungswerte mit der FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) und mit den „Grünen“ als Koalitionspartner, hier im Lande kundzutun. Die politische Zukunft in Deutschland könnte vielleicht bald nur noch von drei Parteien geprägt werden; von der CDU/CSU, von den Grünen und von der AfD (Alternative für Deutschland). Es könnte ja demnächst auch zu einer Art „Bäumchen-Wechselspiel“, wie in Österreich, so hier in Deutschland kommen. – Klaus P. Jaworek

 


 

 

Leserbriefe zu „Jetzt wird niedergebrannt“ von Juri Sternburg

 

Golem ? Lyrik ? Isch ficke deine Mudda ? Beschimpfung als Amöbe ? Auf meinen Kopf treten ? Und all diese Scheisse nennt Herr oder Frau oder diverses Juri Sternburg die Platte des Jahres. In der Zeit ? Mit Absegnung der Leitung Feuilleton und der Chefredaktion ? Eine so grosse Plattform als Hymne ? Ernsthaft, Alter ? Das ist voll krass, Digger. Und ärgerlich, weil mehr als ein schlechter Witz. Damit fliegt der Rest der Zeit ungelesen ins Altpapier. – Udo Gartenbach

 

Geht es da zufällig um den Rapper, der in einem seiner Videos AFD-Politiker dahin metzelt ? Ah, künstlerische Freiheit und so, verstehe. In seinen Texten marxistische Analysen sehen zu wollen ist schon sehr gewagt. Wo genau stehen diese Zeilen ? In den Textausschnitten des Artikels war jedenfalls nichts davon zu erahnen. Was macht ihn eigentlich zu einem „hervorragenden Rapper“ ? Dass er unter all den drogenglorifizierenden, polizeihassenden und frauenverachtenden Deutschrappern die unsere Jugend mit ihrem verbalen Müll vergiften in der Lage ist Trauer zu empfinden über den Tod des eigenen Vaters ? Tatsächlich hat er dafür meine Achtung. Für alles andere allerdings nicht die Spur ! – Matthias Bolduan

 


 

 

 

Leserbriefe zu „Vertwittert“ von Ulf Poschardt

 

Herr Poschardt kennt den Unterschied zwischen Patriotismus und Nationalismus nicht. AfD Politiker mögen zwar zittrig sein, aber sie sind nie und nimmer Patrioten; sie sind Nationalisten. Ich zitiere aus dem Essay “ Über Nationalismus“ von George Orwell von 1945 (gerade in deutscher Übersetzung erstmals erschienen): Patriotismus ist von Natur aus defensiv, militärisch und kulturell. Der Nationalismus hingegen ist untrennbar mit dem Streben nach Macht verbunden. Zitat Ende. – Thomas Schmitter

 

Erneut ist es gelungen, den einfältigen und primitiven Kern des AFD-Gedankengut mit Sachargumenten zu entlarven. Allerdings würde ich H. Dr. Poschardt in einem Punkt widersprechen: weder bei H. Raepple noch bei seinen Gesinnunsgenossen, handelt es sich um Patrioten. Zwar stimme ich noch zu, daß der Raepple-tweet „undialektisch“ in bezug auf die Deutsche Geschichte ist, aber mit Patriotismus hat dies nichts zu tun. Raepple, genauso wie Gauland, Weidel, Höcke & Co. sind Nationalisten, letzterer gar Faschist, keine Patrioten. Patrioten im wohlverstandenen Sinne brauchen für Stolz auf Heimat und Vaterland keine Feindbilder, keinen Rassismus, keine Hass-und Gewaltstrategie, keine nationalistische Überlegenheitsattitüde gegenüber anderen Ethnien und keine Akzeptanz von Neonazis. All das gehört aber zum primären Instrumentarium der AFD.

Ein deutscher Patriot im wohlverstandenen Sinne, nicht im undialektischen AFD-Verständnis, kann stolz sein auf den Auftritt unseres Staatsoberhauptes während dieses historischen Erinnerungstages. Der Bundespräsident hat unser Land bei diesem Ereignis, bei dem die ganze Welt auf uns Deutschen geschaut hat, staatsmännisch, würdevoll und verantwortungsvoll vertreten. Die deutsche Politik hat dadurch weltweit an Achtung und Vertrauen gewonnen, weil sie erneut sehr verantwortungsbewußt mit ihrer Geschichte und den begangenen Verbrechen umgegangen ist. Der Preis dafür im Inland ist der ein oder andere nationalistische twitter-Vogelschiss. In diesem Kontext wird jedoch eine politisch initiierte Debatte bzw. kritisch-inhaltliche Auseinandersetzung mit dem AFD-tweet vermisst. Wo sind die politischen Schwergewichte, die sich analog zu H. Dr. Poschardt deutlich von der AFD-Position distanzieren ? Bei so einem Thema sollte es besonders leicht fallen, die AFD auf ihren dunklen Kern zu reduzieren. – Hans-Jörg Glaß

 


 

 

Leserbriefe zu „Striche für die Ewigkeit“ von Christof Siemes

 

Ein schöner Artikel! Aber auch Herrn van Eyck ist der selbe Logikfehler unterlaufen wie allen Malern, die sich an Eva probiert haben: Als Frau aus der Rippe Adams kann sie logischerweise keinen Bauchnabel haben. – Roland Fischer

 

Die revolutionäre Kunst des spätmittelalterlichen flämischen Meisters Jan van Eyck, mit seiner „Detailtreue und einem geradezu fotografschen Realismus ist eine einzige Feier der göttlichen Schöpfung“, schwärmt der Artikel, „von einem frommen Mann geradezu obsessiv in Szene gesetzt. … Es ist, als stecke in den nur mit der Lupe erkennbaren Details eine Botschaft: Seht her, wie wunderbar der Herr die Welt eingerichtet hat! Und je genauer wir sie anschauen und abbilden, desto überwältigender, unbegreiflicher wird ihre Vielfalt und damit Gottes Größe.“ „Noch in der größten Ferne“, heißt es weiter, „am Rande unseres Wahrnehmungsvermögens, hat ER alles perfekt eingerichtet“.

Johannes Kepler, einer des größten Astronomen der Weltgeschichte, dankte dem Schöpfer in Seinem Buch Weltharmonik: „O Du, der Du durch das Licht der Natur das Verlangen in uns mehrst nach dem Licht Deiner Gnade, um uns durch dieses zum Licht Deiner Herrlichkeit zu geleiten, ich sage Dir Dank, Schöpfer, Gott, weil Du mir Freude gegeben hast an dem, was Du gemacht hast, und ich frohlocke über die Werke Deiner Hände. Siehe, ich habe jetzt das Werk vollendet, zu dem ich berufen wurde. Ich habe dabei alle Kräfte meines Geistes genutzt, die Du mir verliehen hast. Ich habe die Herrlichkeit Deiner Werke den Menschen, die meine Ausführungen lesen werden, geoffenbart, soviel von ihrem unendlichen Reichtum mein enger Verstand hat erfassen könnnen. Mein Geist ist bereit gewesen, den Weg richtigen und wahren Forschens einzuhalten. Wenn ich etwas Deinen Absichten Unwürdiges vorgebracht habe, ich kleiner Wurm, im Sumpf der Sünden geboren und aufgewachsen, so sage mir, was Du die Menschen wissen lassen willst, damit ich meine Sache besser mache. Wenn ich mich durch die staunenswerte Schönheit Deiner Werke zu Verwegenheit habe verleiten lassen, oder wenn ich an meinem eigenen Ruhm bei den Menschen Gefallen gefunden habe in dem erfolgreichen Fortgang meines Werkes, das zu Deinem Ruhm bestimmt ist, so vergib mir in Deiner Milde und Barmherzigkeit …“ Das Buch der Werke Gottes (die Schöpfung) und das Buch der Worte Gottes stimmen überein. Das hatten die Pioniere der modernen analytischen Naturwissenschaft erkannt und das trieb sie an.

Und das tritt auch heute bei der Entdeckung der Großartigkeit des Schöpfers im Nano-, Mikro- und Makrokosmos noch unendlich intensiver zu Tage. Die Bescheidenheit und das ehrfürchtige Staunen der frühen Naturwissenschaftler wären heute noch weitaus angemessener als damals. Wie damals Paulus in Athen könnte man auch heute allen nachdenklichen Menschen zurufen: „… ich sehe, dass ihr die Götter in allen Stücken sehr verehrt. Denn ich bin umhergegangen und habe eure Heiligtümer angesehen und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt. Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen ist, er, der Herr des Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln, die mit Händen gemacht sind. Auch lässt er sich nicht von Menschenhänden dienen wie einer, der etwas nötig hätte, da er doch selber jedermann Leben und Odem und alles gibt.

Und er hat aus einem Menschen das ganze Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen Grenzen sie wohnen sollen, dass sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl fühlen und finden könnten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeden unter uns. Denn in ihm leben, weben und sind wir; wie auch einige Dichter bei euch gesagt haben: Wir sind seines Geschlechts. Da wir nun göttlichen Geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich den goldenen, silbernen und steinernen Bildern, durch menschliche Kunst und Gedanken gemacht. Zwar hat Gott über die Zeit der Unwissenheit hinweggesehen; nun aber gebietet er den Menschen, dass alle an allen Enden Buße tun. Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dem er richten will den Erdkreis mit Gerechtigkeit durch einen Mann, den er dazu bestimmt hat, und hat jedermann den Glauben angeboten, indem er ihn von den Toten auferweckt hat“ (Apg. 17, 22-31). – Gerhard Jahnke

 


 

 

Leserbriefe zu „Südtirol ODER Wallis?“ von Christian Schüle und Marius Buhl

 

Warum bezeichnen Sie das Grödnertal in diesem Beitrag fortwährend als Val Gardena? Das ist die italienische Bezeichnung für dieses Gebiet. Für die Südtiroler, die Deutschen und Österreicher ist es nach wie vor das Grödnertal. Und die „Zeit“ schreibt doch wohl für deutschsprachige Leser, nehme ich an. – Peter Schmitt

 

Wenn es auch eine schöne Geschichte ist, mit den Skiern um den Sellastock der Dolomiten zu fahren und sich mit allen Sinnen, dem Schnee, den Felsformationen, dem Kaiserschmarrn und dem Williams-Schnaps hinzugeben. Für einen Artikel darüber in der “Zeit” ist das meines Erachtens nicht ausreichend. Natürlich ist es nicht zwingend den Lesern auch noch über die geografische Lage der Provinzen Südtirol, dem Trentino und Belluno, in denen die Dolomiten liegen, zu informieren. Auch nicht unbedingt über die Sprachgrenzen zwischen dem Deutsch, Italienisch und dem Ladinisch, die der Autor bei seiner Skirundfahrt mindestens drei mal gequert hat. Doch in einem deutsch verfassten Artikel darf ich mir doch die deutschsprachigen Ortnamen erwarten. Ausserdem ist der höchste Brg der Dolomiten, die Marmolada kein Südtiroler Berg, ihn teilen sich die Provinz Trient mit dem Belluno. Auch die schweizer und französischen Alpen kann man von der Gegend des Grödner Jochs nicht ausmachen. Der Titel “Südtirol oder… Das Val Gardena…” klingt so wie wenn ich schreiben würde, “Die Freie Hansestadt Amburgo”. Das Val Gardena nennt sich in deutscher Sprache immer noch Grödental und Colfosco immer noch Kolfuschg. – Othmar Seehauser

 


 

 

Leserbriefe zu „Wie kriegt man als Türke eine Wohnung?“ von Can Dündar

 

Es tut mir Leid, dass Sie so große Schwierigkeiten haben eine passende Wohnung zu finden. All diese Menschen haben auch keine Wohnung bekommen: (Namen sind frei erfunden und werden rein als Beispiel gebraucht): – Suse, – 3-fach Vater Kevin, – Arbeitsloser Hartz-4-Empfänger Georg, – homosexuelles Paar Kurt und Erich, – Studentin Karla (ihre Eltern weigern sich, als Bürgen einzuspringen), – Seniorin Berta (sie hat einen Dackel). Die Liste könnte endlos fortgesetzt werden und alle finden frustriert,enttäuscht, verzweifelt,einen Grund, der Anlass gewesen sein könnte, dass ausgerechnet sie den Zuschlag für die Wohnung nicht erhalten haben. Also per se hier eine Ausländerfeindlichkeit zu unterstellen ist eine Beleidigung für die Gesellchaft in der sie künftig zu leben gedenken. Was raten Sie, soll Suse sich bei einem Immobilienunternehmen mit türkisch anmutendem Namen beser auch mit türkischem Namen bewerben? Jeder Vermieter DARF sich seine Mieter aussuchen! Und was die Müllthematik betrifft: Auch hier sind wir Umweltschützer, egal welcher Nationalität, uns einig. Viel Glück! – C. Steinberg

 

(Kultur-) kritische Kommentare von Dessidenten können und sollten eine Bereicherung für „Die Zeit“ sein, aber muss sich die Zeitung als Plattform für dieses „Dissidenten-Gejammer“ nach Art von Ai Weiwei hergeben? Wohnungen in Berlin sind nicht erst oder verstärkt, wie dargestellt, durch den Zuzug von politischen Flüchtlingen aus der Türkei rar gewordenund das von Can Dündar beschriebene Prozedere trifft tausende Wohnungssuchende in der Hauptstadt. Es ist natürlich skandalös, dass unser Immobilienmarkt so organisiert ist, aber es ist kein Einzelschicksal eines Migranten. Und dass Märkte, so auch der Immobilienmarkt je nach Nation / Kultur unterschiedlich funktionieren, dürfte einem Journalisten wie ihm bekannt sein, hier eben zumeist nicht durch „Vitamin B“. Wäre ich mit einem deutschen Namen und ohne Beziehungen, wie es in der Türkei hilfreich ist, bei der Wohnungssuche in Ankara erfolgreicher als er in Berlin? Wohl eher nicht. Also vielleicht sollte er einfach einmal die Gegebenheiten akzeptieren ohne sich sofort qua Herkunft diskriminiert zu fühlen. Mit derartiger Kritik wird die Gastfreundschaft, die er gewiss hier in vielfältiger, auch finanzieller Hinsicht (auch von der „Zeit“) erfahren hat, arg strapaziert und die Bereitschaft, künftige Dessidenten zu unterstützen, gewiss nicht gesteigert. – Elke Wurtscheid

 


 

 

Leserbriefe zu „»Wie klein kann man sich machen!«“ Gespräch mit Uwe Goemann et al. geführt von Marc Brost und Peter Dausend

 

Interessantes Gespräch. Nur erstaunlich, dass keinem Mitglied des Ortsvereins Voerde der SPD die einfache aber prägnante Frage von Franz Müntefering in den Sinn kam: Wer kann SPD? Saskia Eskens und Norbert Walter-Borjans können SPD offensichtlich nicht. Ein Eindruck, der nicht nur aus dem vorliegenden Interview entsteht, er ist überall mindestens zwischen den Zeilen zu vernehmen. – Dipl.- Ing. Henning Roeder

 

Die alten Arbeiterführer August Bebel, Wilhelm Liebknecht und Ferdinand Lassalle und die wirklichen, echten Parteiführer Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer und Willy Brandt werden sich allesamt in ihren Gräbern umdrehen, wenn sie nunmehr seit Jahren auf den Niedergang der „alten Tante“ SPD schauen und den Verlust als Volkspartei hinnehmen müssen. Was läuft falsch? Viele der derzeitig Verantwortlichen verleugnen, verkennen geradezu die Wurzeln der SPD. Zu allererst immer sich des eigenen Verstandes (im Sinne von I. Kant) bedienen und dann erkennbare, eigenständige Sozialdemokratische Politik machen: Echte Bekämpfung der Alters-und Kinderarmut, für gerechte Bildungschancen mit digitaler Unterstützung, Eintritt für nennenswerte Familienpolitik, für Klimaschutz (ohne Atomkraft und Kohleverbrennung) und einer Friedenspolitik im Sinne von Willy Brandt sowie einen Lückenschluss zwischen Arm und Reich. Wenn diese Ziele durch die SPD angegangen und erkenn-und spürbar umgesetzt werden, wird auch der Rückhalt bei den Wählern einsetzen. Ob das aber mit dem derzeitigen, doch ziemlich opportunistischen, Spitzenpersonal möglich ist bleibt abzuwarten. Wünschenswert ist dies auf jeden Fall. – Felix Bicker

 


 

 

Leserbrief zu „»Ein eifriger SA-Mann«“ von Katja Nicodemus

 

Gerade hatte ich den Leserbrief zu dem obigen GT-Artikel abgeschickt, da las ich Ihren Beitrag in der neuen ZEIT. In der Annahme, dass Sie dazu der erst seit kurzem vielleicht auch Ihnen schon bekannt gewordene Fall Helmut Bauer und die im GT mitgeteilte Stellungnahme der UMG vom 27.01.2020 interessieren würde, übermittle ich Ihnen diesen Leserbrief. Bei allen Unterschieden in den Lebensläufen von Alfred und Helmut Bauer gibt es sowohl erstaunliche Parallelen wie Besonderheiten, die auf etwas eigentlich längst bekanntes Gemeinsames hinweisen: ein gesellschaftliches Umfeld vor und nach 1945 bis heute, das solche Lebensläufe überhaupt erst ermöglichte und dringend „einer öffentlichen und weiterführenden Aufarbeitung“ bedarf, wie Sie zu Recht schreiben. – Eckhard Heumann

 


 

 

Leserbrief zu „Prominent ignoriert: Späte Reue“ von GRN.

 

…Ich weiß ja, daß S i e, lieber Herr Greiner, hinter diesem grummeligen Kürzel stecken, Also: H e u t e nehme ich es aber s c h o n genau. An sich hatte ich mir das beckmessersche Verbessern schon fast abgewöhnt, aber Nachdem heute Morgen der Moderator im bayerischen Rundfunk ein Musikstück falsch Übersetzt hat – „Hable con ella“ mit: „Sprich mit mir!“ statt: „Sprich mit ihr“, was ja eher nach dem Rat eines guten, sehr guten Freundes klingt als nach weiblicher (Über-)Forderung,, – jetzt auch noch Sie mit einem Schillerzitat, das Sie zum Hofbräuhaus und zum Bierkrug passend verfälscht haben. „Der W a h n ist kurz, die Reu ist lang“ heißt es in der „Glocke“. Aber das wissen Sie ja. Wie gesagt: Heute bin ich (wieder mal) pingelig. Bei Sprache ist mit mir nicht zu spaßen. Ansonsten zu Ihrer Geschichte: „Más vale tarde que nunca“ – sagte schon mein Spanisch-Professor. Lang lang ist’s her.. P.S.: Manchmal… – manchmal sollte mann auf gute, sehr gute Freunde hören. – Beate Schwärzler

 


 

 

Leserbrief zu „Alte weiße Milch“ von Andreas Bernard

 

Es scheint mir unangemessen, die Kaffeekultur zu politisieren. Ich verbringe beruflich täglich mehrere Stunden in Cafés und habe noch nie erlebt, dass dem Kaffeehausbesucher bei der Bestellung alle Milchvarianten genannt werden, bevor er sich entscheiden soll. Das würde zu langen Warteschlangen und unzufriedenen Gästen führen, die sich wohl eher veräppelt als politisch korrekt behandelt fühlten. Man wird kaum einen Kaffeehausbesucher finden, der sich wegen einer Milchvariantenhierarchisierung diskriminiert fühlt. Den meisten geht es bei Auswahl der Milch um ethische und gesundheitliche Aspekte und – man höre und staune – um Geschmack und Genuss. Und die Kultur besteht vor allem darin, dass man sein Getränk und sein Stück Kuchen mit anderen gemeinsam genießt und die Cafés damit ein wichtiger Ort des sozialen Miteinanders sind, an dem man Bekanntschaften und Freundschaften pflegen oder neue knüpfen kann oder sich einfach nur freut, zwischen Menschen mit (in der Regel) guter Laune zu sitzen oder zu stehen. Ich wünsche mir daher, dass uns Kaffeehausbesuchern durch Journalisten, die das Angebot an Milchalternativen in Cafés als „eminent politische Frage verstanden“ wissen und in allem eine Politisierung sehen wollen, nicht der Appetit vergeht! – Denise Rüller

 


 

 

Leserbrief zu „Gesang ohne Ende“ von Marcus Rohwetter

 

Bevor Sie das nächste Mal scheininvestigativ sich einem verkorksten Gegenstand unserer Konsumwelt annehmen, recherchieren Sie doch bitte gründlich. In ihrem aktuellen Beitrag schießen sie sich auf das Musical von Harry Potter ein. Nur leider ist „Harry Potter und das verwunschene Kind“ kein Musical, sondern ein Theaterstück, dass in der Tat in zwei Teilen aufgeführt wird. „Gesang ohne Ende“ passt daher nicht so ganz als Titel. Die Eisprinzessin, die sie ja auch erwähnen, ist hingegen ein Musical. Ich finde es etwas schade, dass sie einen Gegenstand versuchen ironisch-kritisch durch den Kakao zu ziehen, wenn sie ihn noch nicht Mal vernünftig recherchiert haben. – Christian Wichmann

 


 

 

Leserbrief zu „Werden wir untergehen?“ von Elisabeth von Thadden

 

Der homo sapiens hat einige Eigenschaften, die ihn von allen anderen Arten erheblich unterscheidet. Er kann zum Beispiel naturwissenschaftlich denken und sich klar machen, dass die Verbrennung großer Mengen fossiler Brennstoffe dazu führt, dass der Treibhauseffekt zunimmt und es dadurch auf der Erde immer wärmer wird und dadurch die Lebensbedingungen immer schlechter werden und zum Beispiel die Lebensmitteproduktion zurück gehen wird. Es gibt keine andere Art die das kann. Allerdings verstehen das nur wenige Menschen. Im übrigen kommt es gar nicht darauf an, ob einzelne Menschen es verstehen, sondern es kommt darauf an, dass es die Populationen des homo sapiens verstehen und dies ist offensichtlich nicht der Fall. Wenn man das Verhalten einer Art verstehen will, genügt es nicht, das Verhalten einiger spezieller Exemplare der Art, also zum Beispiel studierter Klimatologen, zu betrachten.

Man muss das Verhalten von größeren Populationen des homo sapiens betrachten, also das Verhalten von Kommunen oder Staaten oder der UN. Populationen des homos sapiens haben nämlich die speziellen außergewöhnlichen Eigenschaften, die den homo sapiens von allen anderen Arten unterscheidet, nicht. Populationen des homo sapiens verhalten sich nicht anders als Populationen von Affen, Wölfen, Delphinen oder Regenwürmern. Alle bei uns lebenden Arten haben in der Evolution gelernt, dass nach jedem Sommer ein Winter kommt und wissen wie man den Winter überlebt. Dagegen hatte keine Art die Gelegenheit, in der Evolution zu lernen, dass es auf Dauer nicht gut geht, wenn man große Mengen Kohle, Erdöl und Gas aus der Erde holt und verbrennt. Das ist im homo sapiens genauso wenig genetisch programmiert wie in allen anderen Arten. Deswegen wird der homo sapiens in absehbarer Zeit untergehen und mit ihm viele andere Arten. Dass einzelne Menschen wissen, was zu tun wäre, um den Untergang zu vermeiden, hat keinen Einfluss. – Rudolf Pfleiderer

 


 

 

Leserbrief zu „Die Sachbuch-Bestenliste für Februar“ von René Aguigah et al.

 

Nur eine informative Frage: Wie viele Bücher kann ein Mensch mit anspruchsvollem Beruf im Monat lesen? Um in jedem Monat die 10 besten verantwortungsbewusst bewerten zu können doch offensichtlich alle Neuerscheinungen? Oder wie funktioniert das? – Uwe-Carsten Edeler

 


 

 

Leserbrief zu „Stolz am Boden“ von Dominic Gates

 

“If it’s Boeing, I ain’t going.” – Dr Robert Etges

 


 

 

Leserbrief zu „Mein Shitstorm“ von Christian Fuchs

 

Zu unserem Glück leben wir, in einer modernen multikulturellen Gesellschaft und in einem Land, in dem es eine Meinungsfreiheit gibt. All den mutigen Journalisten, die uns informieren und aufklären, ein großes Dankeschön, verbunden mit dem großen Wunsch ihrer weiteren unversehrten Gesundheit. – Maria Milewski

 


 

 

Leserbrief zu „»Ich habe kein erotisches Verhältnis zu Geld«“ Gespräch mit Lisa Blumenberg geführt von Lisa Nienhaus

 

Danke für das halbseitige Interview mit der Produzentin der Serie „Bad Banks“. Es ist beeindruckend, wie diffrenziert sie urteilt. Eine kleine Auswahl aus dem analytischen Begriffsarsenal: „ganz schlecht“, „überhaupt kein“, „ganz Spießiges“, „noch vielseitiger“, „ganz viel“, „exzellent“, „hervorragend“, „extrem“, „Riesen-Umbruch“, „viel mehr“, „völlig anders“, „so groß“, „wahnsinnig viel“, „riesig“, „extrem groß“, „spannend“ und gleich dreimal „toll“. – Michael Serrer

 


 

 

Leserbrief zu „WIE ES WIRKLICH IST … den Saunameister auf Festivals zu geben“ von Sebastian Kaiser

 

Ich bin schon sehr vielen Jahren Zeit-Leser und noch viel länger „Saunagänger“ – aber was Sie in der Rubrik „Wie es wirklich ist “ am 30.Januar abdrucken , ist auch für einen TOLERANTEN Leser , kaum mehr zu akzeptieren …. Geht es auf dieser Seite nur um das FÜLLEN von Zeilen oder fühlt sich auch JEMAND für den Inhalt verantwortlich ??? Es mag ja sein. daß Herr Kaiser mit seinen 28 Jahren, das von ihm praktizierte und empfohlene „Saunavergnügen“ aufgrund seiner Gesundheit/Kondition bis- her ÜBERSTANDEN hat ( Überlegungen, ob nicht bereits Hirnschädigungen hier- durch enrstanden sind , erspare ich mir ) , ABER vor und während des Saunagangs ALKOHOL zu konsumieren , lässt“ nicht nur „Ärzte entsetzt den Kopf schütteln“. Es ist mir bekannt, daß bei der ZEIT die Leserbriefe vor einer Veröffentlichung in Beug auf ihren Inhalt „bewertet“ werden – nicht jeder MIST abgedruckt wird. Deshalb würde ich gerne die Kriterien für die Seite 70 kennnen lernen …. – H. H. Jakober

 


 

 

Leserbrief zu „Die Angeklagten“ von Jeanne Rubner

 

Professor(inn)en kümmern sich um Lehrveranstaltungen, Prüfungen, Einwerbung von Drittmittelprojekten (Deutschland: DFG, VW-Stiftung, …), universitäre Selbstverwaltung und Fortgang ihrer Wissenschaft auf Tagungen etc. und genügen damit dem wissenschaftlichen Standard. Sie erleben dabei eine Wissenschaftsbürokratie ihres Bundeslandes, welche Stelleneinsparungen von Universitäten verlangt oder mit der rechten Hand bisher gut verwendete Mittel der studentischen Betreuung kürzt und etwa die gleiche Summe mit der linken Hand als „Sonderprogramme für gute Lehre“ publikumswirksam wieder auflegt etc.Wie soll ein(e) Professor(in) bei einer grundsätzlichen Unsicherheit über die einem Institut dauerhaft zustehenden Stellen und etwa ein bis zwei regelmäßig durch Drittmittel (befristet) eingeworbenen Stellen allen Mitarbeitern einen „lebenslange“ Stelle zusichern können? Diese „Macht“ übt das Land aus!

Wenn von 900 Studenten einer Vorlesung je ein Drittel die Quotientenregel (simple Oberstufenmathematik) parat hat, sich noch daran erinnert oder gar nicht weiß: Was soll man tun, wenn das Land kein Geld für Vorkurse hat oder mancher Student in Selbstüberschätzung diese nicht besucht? Darf man mit Abitur von der Schule entlassene „Analphabeten“ nicht auf ihre Wissenslücken hinweisen? Die in Klagenfurt betroffene Maria S. hat offensichtlich die Anforderungen an eigenständiges Erarbeiten wissenschaftlicher Themen und Sprachprobleme unterschätzt. Sie strebte immerhin für eine Habilitation an, in der selbstständiges wissenschaftliches Arbeiten in Forschung und Lehre überprüfbar nachzuweisen ist. Wenn dies nicht gelingt, muss nicht die „betreuende“ Professorin daran schuld sein. – Prof. Emeritus Dr. Wolfgang Ströbele

 


 

 

Leserbrief zu „Du siehst aus, wie ich mich fühle“ von Daniel Day

 

Die letzte Bastion fällt, nun beginnt auch die ZEIT damit, Fotos nachträglich zu retuschieren. Ich bin entsetzt. Das Bild zeigt doch ohne allen Zweifel ein Einhorn! Warum musste das Horn verschwinden? Soll uns etwa suggeriert werden, es gäbe keine Einhörner mehr? Ich bitte um Richtigstellung! – Angelika Rabe

 


 

 

Leserbrief zu „Politisches Virus“ von Xifan Yang

 

Ihre pointierte Aussage im Artikel „Politisches Virus“, „(w)o die Menschen sich vom Staat schlecht informiert oder gar belogen fühlen, trauen sie ihm schließlich auch dann nicht mehr, wenn er die Wahrheit sagt“ (Wissen S. 33, letzte Spalte) ist in China als die sogenannte Tacitus-Falle bekannt, eine eigenständige chinesische Rezeption einer Stelle in den Historien des römischen Historiographen Cornelius Tacitus zur indifferenten Politik des neuen Kaisers Galba nach dem Tode Neros und damit dem Ende der julisch-claudischen Dynastie 68 n.Chr. Das so denominierte Phänomen beschreibt sehr gut die Gefahren und Fallstricke von Kommunikation in unserer digitalen Zeit und wurde daher nach Verwendung von höchster Stelle auch und gerade bei sozial- und kommunikationswissenschaftlichen Arbeiten in China zu einem Topos – obschon er dort fälschlich als westlich-amerikanisches soziologisches Konzept deklariert wurde. Wie die auch im Westen weitaus besser bekannte Thukydides-Falle – Kriegsangst Spartas vor wachsender Macht Athens im Peloponnesischen Krieg auf den Dualismus USA-China übertragen – verweist die Tacitus-Falle auf die Kategorien Vertrauen-Mißtrauen/Angst als wichtige frames in einer Welt, die eben nur gefühlt faktenbasiert agiert und reagiert. – Prof. Dr. phil. Sven Günther, M.A.

 


 

 

Leserbrief zu „Der Stresstest“ von Harro Albrecht und Jakob Simmank

 

Links oben auf der Seite haben Sie eine schoene graphische Fotografie einer naechtlichen Kreuzung ausgewaehlt. Nur die Unterschrift passt leider nicht dazu: „Leere Autobahnen in Wuhan“. Naemlich: nach einer Weile des Zaehlens der abgebildeten Scheinwerferpaare durch die div. fahrenden Autos gab ich es auf, die wahre Anzahl von Fahrzeugen zu ermitteln. Sie liegt bestimmt jenseits der 50… Und nun zieht deswegen ein weiterer Verdacht auf: ist diese „typische“ Autobahnkreuz-Fotografie aus Wuhan…? Mit freundlichem Gruss von einem „Bild“leser, der den Untertexten manchmal misstraut oder Widerspruechliches sieht. – klaus brendle

 


 

 

Leserbrief zu „Der Club der jungen Jäger“ von Philipp Schaeffer in ZEIT leo, die Seite für Kinder

 

ich lese seit jahren diezeit und wuerde mir wuenschen das in beitraegen oefter weitere informationen verlinkt werden. zb. der artikel “der club der jungen jaeger” in der aktuellen ausgabe mit dem filmprojekt von philipp schaeffer hat keine weiteren informationen (weblinks etc) ueber den film, bzw. philipp schaeffer selbst. das wollt ich nur mal anmerken. – thomas rennhofer-reiter

 


 

 

Leserbrief zu „Torten der Wahrheit“ von Katja Berlin

 

Gibt es Katja Berlin wirklich, als Individuum meine ich? Ein einzelner Mensch kann doch nicht so regelmäßig so gute Ideen haben, oder? – Frank Hrebabetzky

 


 

 

Leserbrief zur Infografik „Prohibition“ von Matthias Schütte (Infografik) und Mats Schönauer (Recherche)

 

Sie haben öfter Infografiken in Zeit Wissen. Ich finde die Grafiken häufig zusammengestückelt und die einzelnen Grafiken nicht vergleichbar. So verwenden Sie häufig unterschiedliche Maßeinheiten oder Bezugsgrößen für die verschiedenen Tabellen und Diagramme. In der Infografik zur Prohibition sollten Sie meines Erachtens sowohl für „Soviel picheln wir hier“ und „Maß halten“ die gleiche Einheit verwenden, also entweder Masse (g oder kg) oder Volumen (l). Hilfreich wäre es auch, die gleiche Bezugsgröße zu nehmen, z.B. Konsum pro Tag. Ein Liter Alkohol hat 0,8 kg Alkohol. Der pro Kopf Verbrauch für 2016 von 10,9 l im Jahr entspricht also 23,5 g Alkohol pro Tag. Das läßt sich jetzt mit dem empfohlenen Grenzwert von 12 und 24 g pro Tag vergleichen. Ich erwarte von Ihnen, daß Sie derartige Grafiken nicht nur einfach kopieren, sondern vernünftig redaktionell aufarbeiten. Gewisses Rechen- und Einheitenverständnis wäre dabei hilfreich. Im Prinzip ist die Rubrik ja interessant, Sie müssten die Daten nur besser aufbereiten. – Rainer Timm

 


 

 

Leserbriefe zu „Über einen alten, kranken Hund und die Frage, wann es Zeit ist, Abschied zu nehmen“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

 

Wenn der Tierarzt Ihren Hund erlöst hat, nehmen Sie Ihren kleinen Sohn, kaufen Sie ein paar Frühlingsblumen und fahren Sie gemeinsam in Ihr Haus in der Uckermark und beerdigen Sie im Garten dort Ihren Hund. Es werden Tränen fließen, aber so wird er Verlust vor allem für Ihren kleinen Sohn bestimmt erträglich. Er wird das verstehen, da bin ich sicher. – Brigitte Hintze

 

Ihre Kolumne über Ihren Hund hat mich recht berührt. Ich möchte Sie trösten, indem ich Ihnen sage, dass unser letzter Hund in Ruhe auf dem Sofa eingeschlafen ist, nachdem wir alle Medikamente (vor allem die Herztabletten) weggelassen haben und ihm kein Futter und zuletzt auch das Trinken nicht mehr aufgedrängt haben. Es dauerte etwa einen Monat und war für uns alle sehr schwer, aber am Ende doch richtig. Übrigens: Heute morgen hat uns eine Frau aus dem Dorf erzählt, dass sie ihrer alten und inkontinenten Hündin jetzt zumindest nachts Pampers anzieht, die es speziell für Hunde gibt. P.S? Natürlich haben wir auch jetzt wieder einen Hund. Und da er jetzt zehn Jahre alt ist, fängt die Wehmut jetzt schon wieder an. So ist es, wenn man liebt. Das Ende ist der Preis des Anfangs! – Elisabeth Wagensommer

 

Betreff: was mein Leben reicher macht:ZEIT🗝MAGAZIN 30.01. N° 6 ….es „zu lesen“, dauerte keine 3 1/2 Minuten, davon Martenstein 15 Sekunden. Wie gut: ….so viel mehr ZEIT für‘s FEUILLETON! NS: und es gab ZEIT🗝MAGAZIN Ausgaben, die mich mehr als 2 Stunden in Atem hielten , sic. – suse v schwanenflügel

 

Kürzlich kritisierte an dieser Stelle ein ewig nörgeliger Dauerbriefschreiber an dieser Stelle Harald Martenstein. Dessen Horizont beschränke sich auf die eigene Familie, was ansonsten niemand interessiere, war dort sinngemäß zu lesen. Das hat mich geärgert, wie die Veröffentlichung überhaupt. Seien wir doch einfach froh, dass wir diesen klugen Kolumnisten haben, welcher den Lebensalltag anschaulich, wie häufig hintersinnig zu deuten vermag. So auch jetzt wieder. Es geht ja nur vordergründig um den kranken Haushund und dessen altersbedingt Aufsehen erregende Krankheits- und medizinischen Behandlungskosten. Tatsächlich wird die zitierte „Drecksarbeit“ von Betreuung und Pflege alter kranker Menschen fortschreitenden Verfalls gerne sich selbst überlassen. Einschließlich der Faktoren Zufall und Zeit, wo das einfache Pflegeheim mit seinen Unzulänglichkeiten unpopulär erscheint und dessen gehobene Klasse finanziell unerschwinglich. Damit wird auch die familiäre Verantwortung bequem allzu häufig weggeschoben. Nach dem Muster, der Staat solle doch bitte alles regeln. Harald Martenstein führt uns am Beispiel seines dahin siechenden Hundes vor Augen, was tatsächlich in einer religiös orientierten Gesellschaft angezeigt ist. Viel öfter als allgemein bekannt auch praktiziert wird. Unter der uralt menschlichen Erfahrung, dass neues Leben Altes verdrängt. Bis es eines Tages selbst alt wird, ist realistisch zu ergänzen. – Jochen Freihold

 


 

 

Leserbriefe zu „»Alte Freunde sind erstaunt, dass ich immer noch da bin«“. Gespräch mit Georg Stefan Troller geführt von Christoph Amend im ZEIT Magazin

 

Wenn man mit 98 Jahren so wach, humorvoll, lebensklug und selbstironisch ist wie Herr Troller dann gibt einem das Hoffnung für das eigene Älter werden. Bei all seiner Verschmitztheit sehe ich nicht nur Glück, wie er es ausgedrückt hat, sondern sogar eine gehörige Portion Weisheit. Herzlichen Glückwunsch für dieses überaus gelungene Interview von Herrn Amend und Herrn Unger, es war unterhaltsam, berührend und erfrischend. Nun noch eine Rückmeldung zu „fast überhört“, ohne die Rückmeldung zu dem Interview mit Herrn Troller hätte ich nicht extra geschrieben. Häufig verstehe ich diese Cartoons nicht, es bleiben Fragezeichen im Kopf. Ich kann gut nachvollziehen und akzeptieren, dass Herr Janosch seine Illustrationen im Zeitmagazin beendet hat. Ein Neuanfang auch im Hinblick auf die Erfolge von Herrn Janosch ist nicht leicht, hat aber auch etwas reizvolles. Hier denke ich aber – was für ein Verlust! – Reinhard Quecke

 

Mit viel Bewunderung habe ich das Gespräch gelesen: Eine bewahrenswerte Schatulle voll beeindruckender, bewegender, berührender und von gelassener Selbstironie getragener Gedanken. – Hans-Werner Bakeberg

 

Wer bezweifelt, dass ein 98-jähriger Kulturschaffer uns über Vergangenheit und Gegenwart aufzuklären vermag? Das lange Pariser Gespräch mit Georg Stefan Troller hätte noch viel länger dauern sollen… nicht nur, weil ein Münchner Hirnforscher im Jubiläumsmagazin der >Dt. National-Bibliothek< (Lpzg/ Ffm 2012) behauptet, LESEN IST Z E I T V E R S C H W E N D U N G . Die Lektüre des Pariser Gedankenaustausches von Troller und Amend entlarvt solch zeitgeistige Polemik als subjektive Propaganda. Hoffentlich wird Trollers Lebenserfahrung als Zeitzeuge, schade, dass wir auf den Kommentar von Ernst Jünger verzichten müssen, bald in einer stundenlangen TV-Doku in alle Ewigkeit bewahrt. Troller hätte es verdient, im Anhang die Bibliographie seiner vielen Bücher publiziert zu bekommen. Seine „Lebensbeschreibung“ ist schon verfilmt, wahrscheinlich gibt es das in ARD oder ZDF erst in memoriam zu sehen. Shame on us! – Günther Rossipaul

 


 

 

Leserbriefezum Wochenmarkt „EIN KUCHEN, DER SÜCHTIG MACHT“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

 

Das Zitat: …zu einer Himmelfahrt gegessen, um wessen Himmelfahrt genau es sich handelt, weiß ich nicht.“ finde ich betrüblich und dem Anspruch Ihrer Zeitung nicht angemessen. Eine Journalistin, die mit ihrem Nichtwissen koketiert, finde ich sogar bei Rezepten fehl am Platz. Man muss nun kein gläubiger Christ sein, um zumindest mit einem bescheidenen Grundwissen der abendländischen Kultur vertraut sein, gerade wenn man sich mit einem Backwerk auseinandersetzt, das einen besonderen Bezug zu einem Fest hat. Und ich glaube nicht, dass man es als humorvolle Einlage abtun kann. Vielleicht werde ich das Rezept trotzdem mal ausprobieren. – Reiner Letscher

 

Es geht kaum noch schlimmer. Letzte Woche ein letztklassiger Salat aus zusammengewürfeltem Gemüse mit dem Tip, Salzzitronen zu kaufen (schmecken nach Chemie !) anstatt sie – viel besser und ganz einfach – selbst zu machen. Diesmal ein Reiskuchen – na weiter bergab geht es wohl nicht mehr! Sollte Frau Raether in Ihrer Redaktion einen unkündbaren Vertrag haben, müssen wir Leser noch weiter ihre nicht mehr zu verbergende Lieblosigkeit bezüglich Essen ertragen. Ansonsten würde ich als Chefredakteur mich an Ikonen wie Wolfram Siebeck erinnern und Wege in Richtung neuem Geschmack und erfrischender Ideen einschlagen. Und dazugehörigen guten Geschichten, für die das Magazin ja geschätzt wird. Eine sehr enttäuschte Leserin und leidenschaftliche Köchin – Mag. Ilse Simbrunner

 

Über den Artikel von Frau Elisabeth Raether habe ich mich sehr geärgert. Von einer Zeit Journalistin hätte ich schon erwartet, daß sie über Himmelfahrt informiert ist und ihre offensichtliche Nichtkenntnis nicht einfach so abtut. Selbst wenn sie nicht religiös ist, sollte sie bedenken dass diese dumme Aussage Leser einer renomierten Zeitung (den Anspruch geben sie sich ja selbst) verärgert werden können und diesem Anspruch nicht gerecht werden. – Rolf Kellermann

 


 

 

Leserbrief zu „Das bessere Amerika“ von Klaus Brinkbäumer im ZEIT Magazin

 

In Ihrem großen, sprachlich wunderbar gemäßigten und doch punktgenau zutreffenden Artikel kommt das ganze Unbehagen über Machterhalt und dessen Spielregeln klar zum Ausdruck. Ich kann die Redaktion nur beglückwünschen zu einem so hervorragenden Journalisten!!! – Barbara Sayler

 


 

 

Leserbrief zu „UM DIE ECKE GEDACHT NR. 2522“ im ZEIT Magazin

 

Mit Frage 28 waagerecht verfälschen Sie die Odyssee: Der Ossa sollte nicht „der Oberste“ sein, Ossa auf den Olymp, Pelion auf den Ossa. Daher auch die mittlerweile in Vergessenheit geratene Redensart: den Pelion auf den Ossa türmen. – G. Fastje

 


 

 

Leserbriefzur Deutschlandkarte „EMPFEHLUNGEN DER »NEW YORK TIMES«“von Matthias Stolz im ZEIT Magazin

 

In der „Deutschlandkarte“ haben Sie links, zweites von oben „Die friesischen Inseln“, mit dem Zitat: ‚dunkler Himmel an Europas wilder und fortschrittlicher Küste‘. Kann es sein, dass im amerikanischen Original „progressive coast“ stand? Dann wäre das hier keine fortschrittliche, also moderne Küste, sondern eine fortschreitende Küste, also eine, die der Transgression, dem fortschreitenden Eindringen des Meeres unterliegt; was auch bei den heutigen nordwesteuropäischen Watten passierte und nur durch Kunstbauten aufgehalten wird. – Jörg Müller

 


 

 

Leserbrief zu „Frag doch den Therapeuten: Muss sie lautlos essen?“ von Wolfgang Schmidbauer im ZEIT Magazin

 

Ihren letzten Beitrag im Zeit-Magazin vom 30.1.: „Muss sie lautlos essen?“ (Beitrag Nr. 41) habe ich mit großem Interesse gelesen. Unabhängig davon, ob die geschilderte Situation eine fiktive ist oder ob ein kon­kreter Fall zugrunde liegt, deute ich anders als der Therapeut und möchte Sie auf diese meine Deu­tung hinweisen: Es handelt sich – so wie der Fall sich mir darstellt – nicht primär um ein Beziehungs­problem (wenngleich es sekundär natürlich zu einem solchen werden kann), und ein Mann wie „Kevin“ hat nicht einfach ein überspanntes Verhältnis zu zivilisatorischen Errungenschaf­ten. Seit gerade einmal zwei Jahrzehnten wird über das Phänomen der „Miso­pho­nie“ geforscht; vieles ist ungeklärt. Es handelt sich um einen erworbenen Reflex, der sich in Gestalt einer Muskelbewegung nachweisen lässt und der heftige emotionale Reaktionen hervorruft.

Anders als bei einer Phobie ist der Ratschlag, der Betroffe­ne solle sich dem Geräusch gezielt aussetzen und damit seine Überem­pfindlichkeit abbauen, nicht hilfreich; er führt umgekehrt zu einer Ausweitung der Störung (konkret: der sogenannten Trigger). Ich selbst leide seit über 20 Jahren an Misophonie. Ich habe das Glück, mit einem sehr verständnis­vollen und gutmütigen Mann verheiratet zu sein, anders lässt sich nicht damit umgehen. Eine Thera­pie, die unumstritten wäre, ist mir nicht bekannt. Die Thematik kann ich für eine weitergehende Recherche empfehlen; es wäre für viele Leserinnen und Leser der „Zeit“ sicherlich horizonterweiternd. Ich kann folgende Literatur empfehlen: Thomas H. Dozier: Misophonie verstehen und überwinden, dt. Übersetzung der engl. Ausgabe, zweite Auflage, Livermore 2016. Falls Sie meinen elektronischen Beitrag abdrucken möchten, etwa als Leserbrief, so bitte ich Sie, meinen Nachnamen nicht zu nennen. – Mirjam

 


 

 

Leserbriefe zu „Prüfers Töchter“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

 

von Ihrer Töchter-Kolumne im Zeit-Magazin sind wir alle große Fans – sowohl ich als auch meine vier Kinder, sowie auch andere Familien in unserem Dorf, das von 4-Kind-Familien erstaunlich wimmelt. Die Kolumnen habe ich nicht gesammelt, weil ich gelassen glaubte „Das kommt eh als Buch raus.“ Ja, es kam als Buch raus – aber leider nicht 1:1 die Kolumnen. Deren Charme ist, dass sie jeweils auf eine Altersstufe/Tochter zugeschnitten sind – und im Buch ist diese Führerscheingeschichte der rote Faden. Schade. Dürfen wir hoffen, dass die Originalkolumnen irgendwann auch noch erscheinen? Das wäre wunderbar. Dann hätten wir länger was zum Grinsen und Wiedererkennen. – Adelheid Bläsi

 


 

 

Leserbrief zu „»Wie stabil ist unsere Demokratie?«“ Gespräch mit Reiner Haseloff geführt von Martin Machowecz in der Regionalausgabe ZEIT IM OSTEN

 

Ich habe derzeit mal wieder das Glück, die ZEIT als Probeabonnement zu erhalten. Dafür DANKE. Und ich möchte Ihnen etwas mitteilen, das mir schon länger am Herzen liegt. Die „ZEIT im Osten“ finde ich immer besonders lesenswert, diesmal mit dem Interview Reiner Haseloff, einem ganz besonderen Ministerpräsident, wie ich finde, ein Politiker, wie man sich ihn wünscht, ehrlich, unbestechlich und vor allem: ein Mensch! ABER: Warum gibt es die Seiten „ZEIT im Osten“ nur in den Ost-Bundesländern? Wäre es nicht auch z.B. für einen Leser aus Stuttgart interessant zu erfahren, wie die Ostler ticken? Bzw, um bei dem Beispiel zu bleiben, den Artikel über R. Haseloff zu lesen?! Im Bemühen um ein besseres Verständnis zwischen OST und WEST wäre das doch ein Beitrag, den Sie leisten könnten. Umgekehrt wird uns „Ostlern“ Ihr angekündigter Beitrag „Recht und Unrecht“ Nr. 6, Seite 20 vorenthalten. Die ZEIT ist für uns keine Regionalzeitung, wenn ich regionales lesen möchte, kaufe ich mir ein anderes Blatt. Warum also diese Trennung?? Sie machen so guten Journalismus, die Artikel sollten keinem Leser vorenthalten werden, sowohl West- als auch Ostlern nicht!! – Nadja Röder

 


 

 

Leserbrief zu „Er oder sie?“ Gespräch mit Katharina Fegebank und Peter Tschentscher geführt von Charlotte Parnack und Marc Widmann in der Regionalausgabe ZEIT Hamburg

 

Tschentscher darf sich nach diesem Interview getrost als Sinnbild der parteilichen Orientierungslosigkeit verstehen. Unsere Zeit erfordert nun mal auch unpopuläre Entscheidungen, um den gesellschaftlichen, ökologischen und technischen Wandel verträglich aber nachhaltig zu gestalten. Tschentscher und SPD möchten niemandem weh tun und daher ohne Alternativen lieber nichts durchsetzen – es könnte ja um Wählerstimmen gehen. Dazu passt auch, den ÖPNV ausbauen zu wollen, aber keine Antwort auf den immer weiter wachsenden Individualverkehr zu haben. Ausweichen, wegducken, rumlavieren, aber dabei immer schön die Stadt im Blick behalten! – Moritz Thauer