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8. August 2019 – Ausgabe 33

Leserbriefe zum Titelthema „Wie grün sind die Grünen?“

Es müssen ungefähr 70 Jahre sein, seitdem ich ihre Zeitung lese. Die Unterschiede bei der Betrachtung der Ereignisse und deren Ausdeutung von der Gräfin bis zu Herren Joffe habe ich hinnehmen müssen, meist zustimmend auch mal scharf ablehnend. Liegt es nun an meinem Alter oder hat sich wirklich etwas Wesentliches an ihrer Zeitung gändert. Neben der fast erdrückenden Zunahme der Werbung (der Briefschlitz schafft es nicht mehr) verspüre ich auch zunehmend eine andere Grundhaltung. An ihren Darstellungen zu den Grünen kann man dies m.E. gut erkennen.

Sie als Zeitung und ich als Bürger haben den Beginn und dann das Auf und Ab der Grünen in ihrer politischen Ausrichtung und Darstellung erlebt. Die bisweilen chaotische Willensbildung und das Finden von politisch umsetzbaren Entscheidungen war dabei aber auch dem Reformstau oder der Blindheit der Gesellschaft geschuldet. Der Begriff und das Wesen der Ökologie wurde erst durch die Grünen in die Mitte der Gesellschaft getragen. Die Grünen waren häufiger in ihrer Existenz bedroht und wahrlich kein Liebling der Medien. Auch ich hatte und habe häufiger Abstand. Nachdem sich die Grundhaltung zu den Grünen in der Bevölkerung drastisch gewandelt hat, weil in den letzten Jahrzehnten in vielen ganz wichtigen Lebensbereichen dringend notwendige Lenkungen nicht eingeleitet wurden, werden von den Grünen schnelle, sofort wirksame Lösungen erwartet. Dass diese nur durch erheblichen Wandel und Abkehr vom gierigen Kosumismus erreichbar sind, wissen die meisten, die bisher zu den Mängeln der politisch Verantwortlichen – oft zur Wahrung eigener materieller Interessen – weitgehend geschwiegen haben. Jedem ist klar, dass jede geforderte wesentliche Veränderung der Lebensgewohnheiten vom Wähler abgestraft wird. Also soll der Mitbewerber ran. „Meine“ Zeitung sollte sich dazu nicht hergeben. – Klaus Wichmann

 

Der Leitartikel kommt zum richtigen Zeitpunkt und knüpft an den neuen Bericht und Appell des Weltklimarats an. Die Grünen können nur so grün sein, wie die sie tragenden Basisbewegungen. Dazu gehören die Natur- und Umweltschutzverbände, deren Entwicklung ich in den vergangenen Jahrzehnten ein Stück weit mitgestalten konnte. Nach wie vor besteht die Hauptaufgabe darin, die fortschreitende Ökonomisierung immer mehr Lebensbereiche und die maximale Selbstverwirklichung und -optimierung zu Lasten des Gemeinwohlprinzips zu überwinden. Die Umweltbewegung muss mutiger und Wortführer dafür werden, wie eine Gesellschaft ohne ständiges Wirtschaftswachstum und maximales Gewinnstreben aussehen kann. Die Veröffentlichung des Umweltbundesamtes „Gesellschaftliches Wohlergehen innerhalb planetarischer Grenzen“ von 2018 ist ein Anfang. Wie weit eine solche überfällige breite öffentliche Debatte gehen muss, wird sich dann zeigen. Kapitalismuskritik und die Suche nach anderen Systemansätzen dürfen dabei kein Tabu sein. Ganz entscheidend wird es aber sein, soziale Fragen in den Mittelpunkt zu stellen und alle Bevölkerungsgruppen mit einzubeziehen. Anderenfalls drohen weite Bevölkerungskreise Opfer rechtsnationaler Propaganda zu werden. –Dr. Helmut Röscheisen

 

Mit einiger Verwunderung habe ich die Titelgeschichte der neuesten Zeitausgabe gelesen. Ich hätte einen solchen Artikel eher in einem konservativ ausgerichteten Blatt, wie z.B. der FAZ vermutet. Die Autorin hat in ihrem Artikel überhaupt nicht dargestellt, worum es Annalena Baerbock und Robert Habeck im Kern eigentlich geht, wenn sie von einer neuen „Radikalität“ sprechen. Es geht eben gerade nicht um‘s Klein-klein. Es geht um eine grundsätzliche Neujustierung unserer Lebensweise. Wir müssen unsere Ziele ändern, weg von einer rein auf materiellen Wohlstand ausgerichteten Lebensweise, in der wenig Rücksicht auf Mensch und Natur genommen wird, hin zu einer nachhaltigeren und ausgewogeneren Lebensweise. Um diese Ziele zu erreichen, sind politische Trippelschritte eben nicht mehr ausreichend. Vielmehr ist es erforderlich, auch als „radikal“ empfundene Ansätze als ernsthafte Handlungsoption in Erwägung zu ziehen. Das wird nicht immer gelingen, ohne jemandem weh zu tun. Aber letztlich steht das gemeinsame große Ziel einer besseren Zukunft im Vordergrund. Es ist wichtig und es ist schwierig die Menschen auf diesem Weg mitzunehmen. Vor diesem Hintergrund ist es doch klar, dass, soweit möglich, mit Augenmaß gehandelt werden muss. Und dies immer mit dem Ziel vor Augen, vieles grundsätzlich zu verändern. Darin liegt schon eine gewisse Radikalität. Für mein Empfinden überschlagen sich die Probleme in sehr vielen Bereichen momentan. Wir laufen als Gesellschaft häufig in die falsche Richtung. Ich bin heilfroh, dass es da jemanden gibt, der auf eine realistische Weise Dinge einmal grundsätzlich in Frage stellt. Und Frau Raether kann sicher sein, dass es Robert Habeck und Annalen Berbock auf diesem Weg gelingen wird, ihre eigene Partei mitzunehmen. Viel spannender ist die Frage, wie sie die Gesellschaft mitnehmen können und wie sich eine solche Politik unter den momentanen nationalen und internationalen Rahmenbedingungen konkret umsetzen lassen wird. Robert Habeck wurde einmal gefragt, wie man sich mit solch großen Herausforderungen vor Augen fühlt. „… so ein bisschen wie die Hobbits auf dem Weg nach Mittelerde.“ Ich finde, dass trifft es auf den Punkt. Und sie werden etwas verändern, wenn man sie denn lässt. – Thomas Hinz

 

Was ist grüne Politik?
Die Zeit stellt eine gute Frage „Wie grün sind die Grünen?“, die sofort die Anschlußfrage „Was ist grüne Politik?“ auslöst. Meine Antwort: einerseits Motorenkritik, andererseits die Stärkung der Eigenbewegung. In diesem Sinne war die ökologische Bewegung zwischen 1970 und 1980 nicht nur in Deutschland eindeutig grün. Ab 1980 gelang es den K-Gruppen innerhalb der Grünen, diesen Ansatz massiv aufzuweichen, um den Kern, die marxistische Theorie, nicht infrage zu stellen. Wohlgemerkt, es geht um Motorenkritik, nicht um Technikkritik, denn das Tier ist durch die Fähigkeit, sich technisch zu entwickeln, zum Menschen (homo faber) geworden. Erst durch den massiven Einsatz von Motoren entstand der Klimawandel, letztlich die Realisierung des Anthropozäns. Natürlich gibt es auch gute Gründe für den Einsatz von Motoren in bestimmten Situationen, aber – so muss die Zukunft ermöglichende Maxime lauten: So wenig Motoreneinsatz wie möglich. – Boje Maaßen

 

Seit meiner einsetzenden politischen Sozialisierung zu Beginn der 90iger Jahre höre ich in Medien, die Grünen seien zu radikal, verstünden nicht, dass ihre Vorschläge die Probleme nicht lösten, dafür aber die Wirtschaft und damit die Grundlage unseres Wohlergehens zerstörten. Dazu die Charakterisierung der Menschen in der Partei als moralisch überhebliche Besserwisser, die von der wirklichen Welt und den Menschen da draußen keine Ahnung hätten.

Ich kann mich lebhaft erinnern, wie die Grünen für Ihren Vorschlag, den Preis für einen Liter Benzin auf 5 DM anzuheben, Prügel bezogen. Ich kann mich erinnern, wie die Vorschläge des damaligen Bundesumweltministers Jürgen Trittin in der Koalition mit der SPD gebremst, blockiert und zurechtgestutzt wurden, weil sie zu radikal waren. Ich stimme der Autorin des Artikels (Elisabeth Raether) zu, dass es drastischere Schritte und Maßnahmen bedarf, als es die aktuellen Vorschläge der Grünen darstellen. Dennoch empfinde ich den Bericht auch als selbstgerecht und unfair, da auf die politische Geschichte der Partei und die eigene Rolle in der Berichterstattung mit keinem Wort eingegangen wird. – Thorsten Bönning

 

Wie kann ‚grünes‘ Wachstum heute das „Zauberwort der Habeck-Grünen“ werden (Elisabeth Raether), wo vor sieben Jahren schon die wachstumskritischen Bücher von Niko Paech und Reinhard Loske vor solcherart Augenwischerei gewarnt haben – unter „Endlich schrumpfen dürfen“ in der ZEIT (#35/2012) besprochen von Fred Luks, der abschließend mahnte: „Frau Merkel – lesen Sie bitte beide!“? Frau Raether beklagt, etwas Grüneres als jene Grünen könne sich derzeit niemand vorstellen. In der Tat: „Der Schein trägt“. Warum geraten hier nicht die Ökodemokraten der ÖDP in den Blick, als historisch erwachsenes Korrektiv zu den ‚Grünen‘, die ihre einstigen Ideale verraten haben und in Amt und Würden (Kuhn und Kretschmann in Baden-Württemberg) fortan als Autonarren industrielles Wachstum schüren? Die Tierärztin Agnes Becker und der Physiker Prof. Klaus Buchner (erneut ins Europaparlament gewählt) haben als ÖDP-Politiker etliches bewegt, mit der Bienenretter-Initiative sogar Landeschef Söder umdenken lassen! Die Einsicht der ÖDP, „Weniger ist mehr“ führt zu elementarem Umdenken beim völlig überzogenen Lebensstil ‚westlicher‘ Prägung, welchen wir leitbildhaft in Schwellen- und Tigerstaaten exportiert haben – übernommen fatalerweise von Milliarden Konsumenten. Diese Dimension drängt umso mehr zu radikalem Umorientieren im Lebensstil.

Vom „Spiegel“ (#26/2010) wurde die neuerdings grünliche ‚Partei der Besserverdienenden‘ bereits vor neun Jahren auch als „Wohlfühlpartei“ etikettiert. Gesine Agena, damals Sprecherin der Grünen Jugend, kritisierte deren Infoblatt: „Grüner leben“ sei ein Lifestyle-Führer für wohlsituierte Wohlstandsbürger, gesponsert von einer Karton-Firma. Heute pocht Grünen-Berater Armin Nassehi in der SZ – von Frau Raether zitiert – auf die „ökonomischen Zugzwänge“ (!) der Moderne, setzt auf „kleine Schritte“ in Anbetracht globalen Klimadesasters und beschimpft besorgtere Gemüter als „denkfaule Demokratieverächter“ hinsichtlich sozialer Härten. Wie offensichtlich wird hier: den vitalen Leitbildern der ÖDP gebührte unter dem Menetekel eines absehbar nahen Umweltdesasters viel mehr Zuspruch, auch an der Wahlurne. – Wolfgang M. Wettlaufer

 

BEITRAG ZUR POLITIKVERDROSSENHEIT?
Wenn DIE ZEIT sich vorgenommen haben sollte, einen Beitrag zur Politikverdrossenheit zu leisten, dürfte ihr das gelungen sein: Wenn eine deutsche Partei, die nach gegenwärtigen Umfragen mit etwa 25 Prozent der Wählerstimmen rechnen kann, hämisch am (objektiv unerfüllbaren und von den GRÜNEN selbst auch nie erhobenen) Anspruch gemessen wird, „die Welt zu retten“, so ist das Polemik pur. Und wenn die Autorin Raether suggeriert, es mache im Grunde keinen Unterschied, ob Politiker wie Alexander Dobrind, Andreas Scheuer oder Christian Lindner die Richtlinien der Politik bestimmen oder der grüne Robert Habeck, dann sollte sie sich darüber im Klaren sein, dass dies die Beteiligung an künftigen Wahlen nicht gerade fördert. Nach meinem Verständnis treten die GRÜNEN für den Einstieg in den sozio-ökologischen Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft ein – wobei sie natürlich nicht durch überzogene, d.h. die Gesellschaft als Ganzes überfordernde, Vorschläge von vornherein jegliche Machtperspektive verspielen dürfen. Denn was würde „DIE ZEIT“ in ihrem Wirtschaftsteil wohl schreiben, stünde im Programm der GRÜNEN die Forderung, sich umgehend vom derzeitigen kapitalistischen Wirtschaftssystem mit seinem Wachstumsfetischismus zu verabschieden? Vermutlich wäre dies der einzig realistische Weg, „die Welt zu retten“ – aber das bekannte Gezeter um den „Wirtschaftsstandort Deutschland“ würde DIE GRÜNEN vermutlich an der 5-Prozent-Hürde scheitern lassen. – Dr. Wolfgang Fischer

 

Um die Welt zu retten, reicht es nicht, grün zu sein. Nötig ist auch das Eingehen auf die tieferen Ursachen des Klimawandels. Diese sind unterm Stichwort «Tragödie der Allmend» einzuordnen. Dieses Prinzip besagt: Was allen gehört oder zusteht und keinem Besitzer zugeteilt ist, der ein Interesse an überlebenswichtig schonender Nutzung hat, kann durch Übernutzung (hier geht’s speziell um hohes Bevölkerungswachstum sowie um hohe Co2 Produktion) zugrunde gerichtet werden. Bisheriger Erfahrungen zeigten: Leider gibt es nur ein bewährtes Mittel gegen die «Tragödie der Allmend»: Die Eigentümer von Ressourcen (insbesondere Staaten) müssen ein fürs Überleben wichtiges (alternativloses) Interesse haben an der verantwortungsvollen Nutzung ihres Eigentums. Gegebenenfalls muss die Nutzung rationiert sein. Allerdings muss dabei auf die Ursachen der tiefen ökonomischen und demographischen Gräben eingegangen werden (z.B. Geburtenrate in Südkorea unter 1, Verdoppeln der Bevölkerung Afrikas bis 2050). Die ökonomischen Gräben erfordern Transferleistungen, die aber nicht als bedingungslos nutzbare Allmend verfügbar sein dürfen. Insbesondere muss verhindert werden, dass für die fehlenden Perspektiven (wie sie sichere, gute Arbeit bietet) Ersatzperspektiven gesucht werden, die zur untragbaren Erhöhung der Geburtenrate führen.

Historische Vorbilder fürs Lösen des demographischen Problems gibt es. Dazu folgendes Beispiel aus Deutschland zur bäuerlichen Erbfolge: Nur eines der Bauernkinder konnte den elterlichen Hof übernehmen. Die Übrigen mussten sich (falls Alternativen fehlten, was früher oft der Fall war) als Dienstboten verdingen und hatten kein Recht auf die eigene Familie. Die Hochblüte der Klöster hatte ähnliche Ursachen. Diese Lösungen waren unfair, der Hinweis darauf kann aber die Akzeptanz von notwendigen faireren Lösungen erhöhen. Eine solche Lösung wäre das Rationieren (Chinas Ein-Kind-Politik beruhte darauf). Die Situation in etlichen Industrieländern (wie Südkorea) ist nicht in ausreichendem Masse übertragbar. Denn dort ist es auch die unsichere Aussicht auf Berufserfolg und der hohe Stress, beim beruflichen Wettlauf mitzuhalten, der die Geburtenrate senkt. Das Schaffen weltweit ähnlicher Bedingungen, würde auch an fehlenden Ressourcen für das dazu nötige Wirtschaftswachstum scheitern. – Gernot Gwehenberger

 

Mich stört, dass hier das „Schwarzer-Peter-Spiel“ angetrieben wird. Zwar verstehe ich die von der Autorin im zweiten Teil angesprochenen Probleme und auch, dass diese durch aktuelle Vorschläge der Partei(en) nicht gelöst werden. Das große Problem ist für mich aber das Dilemma, das entsteht, wenn auf der einen Seite eine radikale Grüne Partei als „Verbotspartei“ abgestempelt und auf der anderen Seite die Partei für ihre nicht ausreichende Radikalität verurteilt wird. Wir als Bevölkerung geben hier unverständliche Signale. Wenn wir radikale und wirksame Politik wollen, müssen wir diese auch verdammt nochmal wählen. Solange wir in der Gruppe nur wählen, was moderat ist und nicht zu sehr wehtut, wird auch die Politik nichts vernünftiges anbieten. Es könnte ja egal sein, welche Partei regiert, sobald fachliche Kompetenz und nachhaltiges Handeln ein gelebter Grundsatz wären. Die Frage stellt sich nach dem Huhn oder dem Ei: müssen zuerst die Wähler entschlossener oder muss zuerst die Politik mutiger werden? Aber zu sagen, durch eine grüne Regierung gäbe es keine richtige Veränderung, finde ich falsch. Aktuell sind die Grünen die einzige Möglichkeit, eine (annähernd) nachhaltige Politik zu machen. Das musste ich einfach loswerden. – Jan-Niklas Studt

 

 

zu „Der Schein trägt“ von Elisabeth Raether

Ja, vieles was die Grünen fordern klingt für eine, in weiten Teilen der Bevölkerung als ökologisch-radikal angesehene, Oppositionspartei nach verzagtem Klein-Klein. Und das Getrommel der Gegner bestärkt dieses Bild noch und macht die Grünen in ökologischen Fragen größer, als sie sind. Da hat Elisabeth Raether in ihrer Analyse Recht. Allerdings stellt sie dagegen einen anderen Scheinriesen auf, dessen Bekundungen vollmundig sind, dessen Bilanz aber verheerend ist. Dieser Scheinriese ist die regierende Koalition aus Union und SPD. Immer wieder spricht die Autorin davon, was in der Koalition angeblich Konsens sei, was erwägt würde oder was einzelne Unions- oder SPD-Politikerinnen bzw. Politiker gefordert hätten, politischer Konjunktiv allerorten. Dies ist mindestens genauso irreführend, wie die von der Autorin zitierte Behauptung, die Grünen seien radikal. Waghalsig wird die Argumentation, wenn etwa für den Bereich der Landwirtschaft Forderungen aus der SPD-Bundestagsfraktion zitiert werden, eine Gruppe von Abgeordneten, für die die Bezeichnung zahnloser Tiger derzeit eher noch schmeichelhaft ist.

Die Wahrheit ist: Die Klimabilanz der Großen Koalition ist verheerend und alle Forderungen aus Union und SPD, die Elisabeth Raether zitiert, werden entweder von den zuständigen Fachministerien oder führenden Köpfen dieser Parteien wieder kassiert. Die SPD fordert im Klimaschutz viel, das Thema war ihr aber schon bei den Koalitionsverhandlungen nicht wichtig genug, diese Forderungen auch im Koalitionsvertrag sicher zu verankern und viele SPD Länderchefs lassen sich gerne mit massivem Widerspruch gegen diese Positionen zitieren. Die Union findet Klimaschutz neuerdings wichtig, aber immer auch Gründe, warum notwendige Maßnahmen gerade nicht umsetzbar oder durchsetzbar sind. Im Zweifelsfall wird die Debatte damit beendet, dass man die Dinge nur auf europäischer oder internationaler Ebene klären könne, wie gerade in diesen Tagen wieder beim Thema Fleischpreise sichtbar wird. Dass es mit dem Pariser Klimaabkommen schon längst eine internationale Verpflichtung gibt, die Deutschland eingegangen ist, fällt dann unter den Tisch. Das Ergebnis ist Stillstand: Mehr SUVs auf den Straßen, ein Kohlekompromiss, der zunächst nur möglichst viel Geld möglichst breit verteilt und eine Agrarindustrie, die über Aufkleber auf Fleischverpackungen im Supermarkt und freiwillige Selbstverpflichtungen gesteuert werden soll. Derweil steckt die Energiewende in einer von genau dieser Großen Koalition verursachten Krise, die massiv Arbeitsplätze kostet.

Ja, die Autorin hat Recht. Gemessen an der Radikalität der globalen Veränderungen, die die Klimakrise schon jetzt hervorruft, sind die Forderungen der Grünen lange nicht radikal genug, fast handzahm. Nur eine tiefgreifende Veränderung unserer Wirtschafts- und Lebensweise kann wirklich zu einem Umschwung führen, wenn dieser überhaupt noch möglich ist. Die politischen Alternativen, die Deutschland derzeit anzubieten hat, stehen aber nicht einmal für kleine Schritte in die richtige Richtung, sondern für Stillstand oder sogar Rückschritt. Die Forderungen der Grünen sind nicht die Blaupause zur Weltrettung, wohl wahr. Wenn es durch Wahlerfolge und eine Regierungsbeteiligung der Grünen aber gelingt, den derzeitigen Stillstand aufzulösen, ist dies jede Stimme wert. Dem Land ist insgesamt die Erkenntnis zu wünschen, dass die notwendigen Schritte auch wehtun werden und die Grünen sollten den hoffentlich anhaltenden Schub mutig nutzen, diese Wahrheit auszusprechen. – Olaf Eigenbrodt

 

Die Autorin argumentiert, die Grünen seien gar nicht wirklich radikal, da sie ungefähr das Gleiche fordern wie die anderen, konservativen Parteien. Aber der Unterschied ist doch, dass die Grünen diese Forderungen seit Jahren stellen und nicht erst seit Fridays for Future. Sie sind also vielleicht nicht (mehr) die Radikalsten in ihren Forderungen, aber wahrscheinlich immer noch die Glaubwürdigsten. Dazu kommt, dass die große Koalition bisher absolut nichts umgesetzt hat, was einen ökologischen Wandel vorantreiben würde, warum also nicht mal einer anderen Partei die Chance dazu geben, ihre Glaubwürdigkeit in der Realität einer Regierungsverantwortung unter Beweis zu stellen? – Alice Scherer

 

Richtig schreiben Sie von Plänen und Vorhaben – bei den GRÜNEN und den derzeitigen Regierungsparteien.Hier vermissen Sie die ‚radikalen‘ Forderungen und stellen damit die Radikalität der GRÜNEN pauschal in Frage. Dieser Schluss ist in meine Augen unzulässig, da wir von den GRÜNEN eine UMSETZUNG der klimapolitischen Maßnahmen auf breiter Front erwarten können. DAS wäre das radikale: umsetzen statt reden. Es würde uns und unsere Umwelt geradezu schlagartig weiterbringen, im Gegensatz zu den Konjunktiven der gegenwärtigen Regierungsparteien. – Eberhard Goette

 

Der Unterschied zwischen den Grünen und den anderen Parteien besteht vielleicht darin, daß man den Grünen ihre recht moderaten Ziele auch abnimmt, während die Aussagen der anderen Parteien als reine Lippenbekenntnisse wahrgenommen werden. Eine Partei, die Regierungsverantwortung übernehmen will, muss Ziele verfolgen, die einen Grossteil der Bevölkerung mitnehmen. Es ist wahr: viele der „Altgrünen“ geben sich mit kleinen Schritten zufrieden und beschäftigen sich in den Städten und Kreisen mit Themen, die nur wenig mit Klimaschutz zu tun haben. Das ist auch Teil ihres Erfolges. Der starke Zuwachs der Mitgliederzahlen bei den Grünen wird m.E. aber durch Menschen getragen, die sich hier deutlich mehr „Radikalität“ erhoffen. Es wird interessant sein zu sehen, welche langfristigen Auswirkungen dies auf die zukünftige Parteipolitik der Grünen hat. – Dr. Wolfgang Schöppel

 

Der beste Satz im Beitrag ist: Wer glaubt, exponentielles Wachstum könne in einer endlichen Welt unendlich weitergehen, ist entweder ein Wahnsinniger oder ein Wirtschaftswissenschaftler. Eine treffende und zugleich erschreckende Feststellung; leider hat sie sich noch nicht bis in die Wirtschaftsredaktion der Zeit herumgesprochen wie der Artikel „Das erstarrte Land“ erkennen läßt. – Klaus Buchenau

 

Endlich eine Journalistin die auszusprechen wagt, was offensichtlich ist: Das politische Greenwashing durch grüne Politik wird den menschengemachten Klimawandel nicht verhindern, ja nicht einmal ernsthaft aufhalten. Wer glaubt, dass mehr E-Autos, mehr öffentlicher Verkehr, mehr Fahrradtourismus und mehr Entwicklung statt weniger Konsum und – auch das muss gesagt werden – weniger Menschen in allen Ländern der Erde den Klimawandel aufhalten, der betrügt die Menschheit weit folgenreicher, als der VW-Konzern in sämtlichen Werbelügen. Die Deutschen wollen zu gerne glauben, dass man das Weltklima durch Anreize retten kann. Grüne, SPD, Linke, CDU bis CSU bestärken sie in diesem Glauben.

Ich glaube, dass es besser wäre, die Bevölkerung und das Land auf den Klimawandel vorzubereiten: Deiche erhöhen, geeignete Pflanzen züchten, Klimawandel-Resilienz statt Hysterie vor hypothetischen Szenarien zu säen, die bezüglich lokaler Auswirkungen höchst ungenau sind. Der Jugend vorzuleben und beizubringen, dass innere Werte und Stärke und nicht maßloser Konsum glücklich machen. Es nutzt nichts, Inlandsflüge und SUVs zu verbieten, wenn Grüne Politiker ihre weltweiten Vergnügungsreisen damit rechtfertigen, dass man diese Destinationen nicht anders erreichen kann. Wo bleibt die Glaubwürdigkeit, wenn Städte den Klimanotstand ausrufen, aber Energieverschwendung durch Stadtfeste oder Weltreisen von Kommunalpolitikern als unverzichtbar darstellen.

Ich glaube, dass es besser wäre, mit Energieerzeugung und -verbrauch ehrlich und vernünftig umzugehen und gleichzeitig Mut zu machen, dass die Menschheit auch mit Klimawandel umgehen kann – weil sie damit wird umgehen müssen. Niemand kann die Jugend vor den Herausforderungen der Zukunft bewahren, höchstens Gott, aber der ist ja bekanntlich Tod. Hoffentlich ist den jugendlichen Demonstranten auch bewusst, dass sie ihre Future auf zwei Wegen verspielen können: Erstens möglicherweise durch Eintreten der hypothetischen Szenarien des Klimawandels und zweitens mit Sicherheit durch falsche vorauseilende Reaktionen auf dieselben. Populistisches und national-beschränktes Handeln gehört in Kategorie zwei. Es wird übrigens schon wieder über Kernkraft diskutiert. – Benno Blessenohl

 

Im Artikel werden die Grünen für ihre wenig radikale Forderung zur CO2-Bepreisung (Beginn mit 40 Euro pro Tonne statt vom Bundesumweltamt errechneter notwendiger 180 Euro) kritisiert und für den Begriff “grünes Wachstum” im Zwischenbericht zum grünen Grundsatzprogramm. Der Wachstumsbegriff wird grundsätzlich in Frage gestellt. Im Artikel “Das erstarrte Land”von Lisa Nienhaus im Wirtschaftsteil wird dagegen bedauert, dass der IWF für Deutschland nur noch 0,7 Prozent Wachstum für dieses Jahr erwartet und “Deutschland als Labor der Degrowth-Bewegung” praktisch ausgeschlossen. Ich fände es spannend, wenn die Redakteurinnen und Redakteure von Politik-, Wirtschafts- und Wissenschafts- Redaktion der “Zeit” angesichts der Klimakrise miteinander und aufeinander bezogen öffentlich in der “Zeit” diskutieren würden: Welche Maßnahmen sind in Deutschland nötig zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziels der Pariser Klimakonferenz? Sind sie mit Wirtschaftswachstum im herkömmlichen Sinne vereinbar, bzw. braucht es Degrowth oder einen anderen Wachstumsbegriff? Wie können die als notwendig erkannten Klimaschutz-Maßnahmen in einer Demokratie umgesetzt werden? – Bettina Fendler

 

Wer sich wie ich und manch anderer fragt, wie lange wir es insbesondere in Deutschland noch schaffen, die Erderhitzung und ihre Folge zu ignorieren, indem wir weiter fleißig Autofahren, Fleisch essen und fröhlich konsumieren als gäbe es noch 100 Ersatz-Erden zu bewohnen, für den ist der Artikel sehr erhellend gewesen. Kommen die Grünen, wird sich kaum etwas ändern. Das muss ich vermuten, weil – wie richtig konstatiert wird – der geistige Überbau fehlt oder weil er zumindest nicht kommuniziert wird. Von einer Partei wie den Grünen würde ich erwarten, dass sie den Bereich Forschung und Entwicklung in den Blick nimmt und echte Allianzen mit Bewegungen wie Cradle to Cradle schmiedet. Michael Braungarts Postulat vom positiven Konsum durch intelligente Produkte mag so klingen als wäre es zu schön um wahr zu sein. Es wäre aber der richtige Ansatz und ein zukunftsweisender dazu: Deutschland als Ort der Vordenkerinnen und -denker auf der Weltkarte zu etablieren, in dem an Produkten geforscht und geformt wird, die aus Materialien bestehen, die uns nicht krank machen und die unendlich wiederverwertet werden können. Es geht nicht mehr um Effizienz, sonderen um Effektivität. Es ginge nicht mehr um Grenzwerte und Fahrverbote mit aberwitzigen Konsequenzen, sondern um wirklich saubere Lauft. Elisabeth Raether hat richtigerweise aufgezeigt, dass Effizienz in den letzten Jahrzehnten nur zu noch mehr Konsum und Energieverbrauch geführt haben. Das zeigt auch das Aufkommen der E-Scooter, die aus meiner Sicht nicht zu weniger Autos auf den Straßen führen werden, aber zu weniger Platz auf den ohnehin schmalen Radwegen. Ein wirklich radikaler Ansatz wäre es, ehrlich zu sagen, dass unsere Industrien keine sauberen sind, auch wenn sie das behaupten und die Unternehmen davon zu überzeugen, dass sie auch an Produkten verdienen können, die länger halten und unzählig wiederverwertet und neu verarbeitet werden können. 11.000 solcher intelligenten Produkte – die weder Mensch noch Natur schaden – gibt es es angeblich schon wie den Cradle-to-Cradle-Bürostuhl. Für die Grünen könnte es eine gute Sache sein, diese Geschichte weiterzuerzählen und bekannt zu machen. Sie wären dann nicht Mitglieder einer verkappten Verbotspartei, sondern Motor einer neuen Bewegung, die statt Verzicht zu predigen eine ökologisch-industruielle Revolution anführt, die sich die Natur zum Vorbild macht anstatt sie zu bekämpfen und die den jungen Menschen der Fridays-for-Future-Bewegung eine echte Perspektive bieten würde. – Stefanie Zießnitz

 

Endlich mal wieder richtige Häme und Polemik gegen die Grünen. Ich dachte schon die ZEIT ist deren neues Zentralorgan. Aber im Ernst, dieses Niveau ist zu niedrig. Wir sollen das Programm der Grünen lesen? Kein Wort darüber, dass die Grünen gerade mit intensiver Beteiligung aller Mitglieder und vieler gesellschaftlicher Kräfte ein neues Grundsatzprogramm schreiben. In dem Entwurf dazu steht auch nicht, wie behauptet, dass grünes Wachstum nur durch Effizienz erreicht werden soll. Es heißt stattdessen: „Unser Ziel ist deshalb, Wachstum vom Ressourcenverbrauch und die Lebensqualität von der Wegwerfgesellschaft zu entkoppeln. Das Wachstum des Bruttoinlandsproduktes ist schon heute ein schlechter Indikator für Wohlstand und Lebensqualität, es ist blind für die sozialen Folgen und ökologischen Schäden unseres Wirtschaftens.“ Weiter heißt es, dass die Entkoppelung von Wohlstand und Wachstum soziale Innovationen und neue Solidarität braucht. „Teilen ist das neue Haben“ bedeutet eben nicht nur mehr grünen Konsum und ein paar mehr „Holzzahnbürsten.“

Eine Partei – insbesondere als potentielle Regierungspartei – kann nur so radikal sein wie die Gesellschaft. Ich bin froh das die Grünen diesen Weg mit den Menschen gehen und nicht gegen sie. Es ist ein Lernprozess der ganzen Gesellschaft. Ich selbst bringe mich deswegen gemeinsam mit dem Verein Mehr Demokratie in diesen Programmprozess mit dem Thema dialogische Demokratie ein. Dort werden tatsächlich „radikale“ Vorschläge gemacht: geloste Bürgerräte wie in Irland und intelligent gestaltete Volksabstimmungen für eine echte Beteiligungsgesellschaft. Es ist absurd die Grünen einerseits zu bejubeln, dass sie endlich eine Volkspartei werden und ihnen andererseits mangelnde Radikalität vorzuwerfen. „ Radikal ist das neue Realistisch“, heißt übrigens der vollständige Slogan. Der ehemalige Barrikadenkämpfer Cohn-Bendit hat das im nebenstehenden Interview im Gegensatz zu ihnen anscheinend verstanden. Ich bin mein Leben lang als Bio-Bauer, Selbstversorger, Ökodorfgründer, Antiatomkämpfer, Lebensstilaktivist den radikalen Weg gegangen, mit all seinen Härten. Jetzt bin ich froh, dass die ganze Gesellschaft sich öffnet und die Grünen sich nicht in scheinbarer Radikalität verschanzen. Ja, es gibt noch viel zu tun, und es braucht radikalere Schritte, aber Zynismus hilft da nicht weiter. Mir jedenfalls tut der Stil ihres Artikels in der Seele weh. – Dieter Halbach

 

Ihr Artikel ist hervorragend. Wie Sie die geschickt vermarkteten Unehrlichkeiten dieser Partei offenlegen, verdient Lob. Ohne deutliche Verhaltensänderungen der Bevölkerung beim Konsum ( Fleischessen, Autofahren , Flugreisen, Kreuzfahrten ) wird es nichts mit der Klimawende. Das sagen Grüne nicht . Schnell würden sie sich entmythologisieren, wären sie Teil einer Bundesregierung. – Stefan Kaisers

 

Ob die Grünen die Politik verändern werden? Sie haben sie bereits radikal verändert. Heute versucht sich jede Partei ( außer AfD), ein grünes Mäntelchen umzuhängen, weibliche Funktionsträgerinnen aufzustellen, ein Genderimmage zu geben etc. Themen für die die Grünen einst ausgelacht, ja sogar angefeindet wurden. Seit Whyl, Brockdorf, Wackersdorf haben Grüne radikal gegen die Allianz der Politik mit der Atomlobby agiert. Man erinnere sich an Themen wie Waldsterben, die Verwerfungen der industriellen Landwirtschaft, Flüsse- und Meeresverschmutzung, Energie- und Verkehrswende: Wer sonst, als die Grünen hatten sie immer auf ihrer Agenda? Dieser Partei vor dem Hintergrund einer leider immer noch weitgehend veräderungsresistenten Wohlstandsbequemlichkeit in diesem Lande vorzuwerfen, es mangele an Radikalität, ist wirklich billig. – Alfred Bröckel

 

Sie haben einen provokanten Artikel geschrieben. Sachlich und wissenschaftlich haben Sie recht, wenn Sie viel radikalere Veränderungen einfordern, um spürbaren Umweltschutz umsetzen zu können. Aber das ist nicht politisch gedacht. Die Grünen mussten schmerzlich lernen, dass man nicht sagen darf, was man denkt oder was dringend erforderlich ist. Denn der Wähler verhält sich tatsächlich wie ein Kind, das nichts weg genommen bekommen möchte. Die politische Kunst liegt darin, Änderungen möglichst unauffällig und unaufgeregt umzusetzen. Und da berechnet sich doch jede kleine Änderung als unendlich gross, wenn man sie ins Verhältnis setzt zur aktuellen Null Änderungs Politik. – Stefan Oehler

 

Ich bin ein großer Freund der Rezepte von Elisabeth Raether und teile ihre „Ernährungsphilosophie“ weitgehend. Ich stimme jedoch ihrer Meinung, die sie in Bezug auf die Grünen zum Ausdruck gebracht hat, in keiner Weise zu. Ich halte es für fatal, den Eindruck zu vermitteln, dass sich auch unter einem Kanzler Robert Habeck nicht viel ändern würde, es also egal sei, welche Partei denn nun regiere, da ja alle mehr oder weniger gleich entschieden (oder vielmehr nicht entschieden) seien, gegen den Klimawandel etc. vorzugehen. Dies ist exakt das Narrativ in den Medien, das mit dazu beigetragen hat, dass die Grünen bei den Bundestagswahlen 2013 und 2017 weit unter ihren Möglichkeiten geblieben sind und seit Jahren Stillstand herrscht, insbesondere in der Landwirtschaftspolitik. Es macht einen großen und entscheidenden Unterschied, ob eine ganze Partei, von der Basis bis zur Spitze und vom linken bis zum rechten Rand, einen Wandel herbeiführen möchte, oder eine einzelne bemühte Umweltministerin oder der bayerische Ministerpräsident, der anscheinend als einziger in der Union die Zeichen der Zeit – oder zumindest den Wählerwillen – erkannt hat. Zu glauben, dass solche Einzelstimmen nun zu einem wesentlichen Wandel in der Politik von Union und SPD führen könnte, ist schlicht naiv. Noch immer steht hinter fast jeder Äußerung eines CDU-, SPD- oder FDP-Politikers zu Maßnahmen gegen den Klimawandel ein „Aber“.

Der Hintergrund, dass die Grünen keine zu radikalen Forderungen aufstellen, ist, dass sie in der Mitte der Bevölkerung angekommen sind. Andernfalls stünden sie ganz schnell wieder bei 10 oder maximal 15 Prozent. Damit wäre auch nichts gewonnen. Es ist beispielsweise richtig, dass sie nicht für eine sofortige massive Verteuerung von Treibstoff und Heizung eintreten. Kein Experte tut das. Denn die Menschen, insbesondere im ländlich geprägten Raum, müssen die Zeit bekommen sich umzustellen. Im Übrigen müssen auch erst die Alternativen geschaffen werden. Denn die wenigsten fahren aus Jux und Tollerei mit dem Auto herum, sondern weil sie wirtschaftlich und sozial darauf angewiesen sind. Frau Raether nimmt jedoch, leider typisch für die „Zeit“, wieder einmal eine reine Großstädter-Perspektive ein. Herr Habeck legt genau diese reine Großstädter-Perspektive ab und ist deshalb so erfolgreich. Dass die Grünen zunehmend nicht mehr im Wolkenkuckucksheim leben, sondern eine realpolitische Alternative darstellen, halte ich für sehr positiv. Und selbstverständlich wird es einen ganz wesentlichen Unterschied machen, ob ein Grüner Landwirtschaftsminister ist (wie zum Beispiel Anton Hofreiter) oder ein SPDler (geschweige denn Frau Klöckner von der CDU), ob ein Grüner Wirtschaftsminister ist oder eine CDUlerin. Und ob ein Robert Habeck Kanzler ist, – oder eben Frau Kramp-Karrenbauer. – Konstantin Luther

 

Die Grünen sind Ihnen zu wenig radikal. Das eint Sie mit Ihrem Ressortchef, der letztes Jahr schon mit dem Gedanken spielte, die freien Wahlen stünden der Ökodiktatur im Weg. Anders als manche Journalisten und die FFF-Kinder müssen die Grünen an die Steuerung des ganzen Staatsschiffs denken. Bei dem wolkigen Begriff der Verkehrswende entsteht etwa die Frage, wie sich ein reduzierter Gebrauch von Autos, also weniger Entwicklung, Produktion, Fahren und Wartung, auf Lohn-, Mehrwert- und Spritsteuer auswirkt. Ob sich das durch Verkauf von Fahrrädern kompensieren läßt. Und was das für den Erhalt unseres hohen Sozial- und Kulturstandards bedeutet. Und was dies wiederum für den sozialen Frieden bedeutet.

Auf solche Fragen hätte ich gerne Antworten. Von Journalisten eines Leitmediums kann man sie erwarten, anders als von den FFF-Kindern. Den Hinweis, wir wüßten nicht, wohin das alles führen wird, sollten es aber einfach mal probieren, finde ich etwas dünn. Und eine Antwort auf den Grundwiderspruch der Klimahysteriker wäre auch einmal interessant: Sie fordern, unseren Planeten lebenswert zu erhalten, indem wir unser Leben vorauseilend weniger lebenswert machen. Oder was sonst ist mit der Forderung nach schmerzhaften Maßnahmen gemeint? – Thomas Matzner

 

Ich bin ja meist am Meckern aber der Bericht ist einfach Top das beste was ich letzte Zeit gelesen habe Hut ab wirklich gut auch für blöde verständlich. – Ein/e Leser/in

 

Ich nehme an, Lenin meinte Elisabeth Raether, als er von der Köchin sprach, die den Staat regieren können sollte. Denn diese Frau hat mehr ökonomischen Sachverstand als die Grünen mit ihrer gegenwärtigen Symbolpolitik zum Zwecke der Gewissensberuhigung und Machterringung. Hervorragender Artikel! – Achim Hauck

 

Es tut irgendwie gut, sich nicht alleine zu fühlen mit einer bedrückenden Beobachtung. Deshalb danke für diesen Artikel! Denn die Ernüchterung um die Grünen wird kommen. Es ist nicht damit getan, eine Partei zu wählen und weiter zu machen wie bisher, ein elementares Problem zu delegieren und damit scheinbar seine moralische Pflicht zu erfüllen. Wer wird es wagen, in aller Klarheit und Sachlichkeit coram publico zu sagen, dass die fetten Jahre vorbei sind und unser ausschließliches Streben sein muss, diesen wunderbaren Planeten zu retten?! Die Grünen sind es leider nicht. – Laura R. Bauer

Über diesen Beitrag habe ich mich sehr gefreut. Vielen Dank! Er wird hoffentlich vielen Anhängern der Grünen die Augen öffnen. Nun möchte ich auf Ihren Hinweis, betreffent des freundlichen Umgangs der Medien mit den Grünen, mit einem Beispiel eingehen. Der Ständehaustreff in Düsseldorf mit etwa 500 geladenen Gästen, veranstaltet von der Rheinischen Post, hatte am 6.Mai dieses Jahres als prominenten Gast Herrn Robert Habeck eingeladen. In einem Bericht der Zeitung am folgen den Tag lese ich u.a. : Die Eingangsfrage lag auf der Hand. Wie er denn angereist sei, wollte der Chefredakteur der Rheinischen Post von dem Grünen-Chef wissen. „Nicht ökologisch“ gab Herr Habeck zu. Er sei nun mal Bundesvorsitzender der Grünen und nicht Talkgast bei der Rheinischmen Post, ohne Flugzeug hätte er es nicht nach Düsseldorf geschafft.

Weshalb wurde nicht nachgefragt woher er gekommen sei? Weshalb er Termine annehme die er nur durch Benutzung eines Fliegers zeitlich bwältigen kann? War sein Auftreten im Ständehaus eine Pflicht? Im Bericht der RP lese ich nichts davon. Also: freundlich sein zu den Grünen. Interessieren würde mich auch, weshalb beim Betreten das Veranstaltungsraumes im Ständehaus, der reichlich mit Sonneblumen geschmückt war, die sicherlich anwesenden Grünen und deren Chef nicht protestiert haben. Diese Blume blüht in unserem Land Anfang Mai noch nicht, kann also entweder aus einem Gewächshaus oder aus einer südlicheren Gegend kommen, weit transporiert, vielleicht sogar mit einem Flieger. Beides ist umweltschädlich. Auch hiervon lese ich nichts in der Zeitung.
PS. Der Ständehaustreff lang für Habeck natürlich günstig, einge Tage vor der Europawahl. – Bernhard Buchwald

 

Wo sind die Politiker, die ausreichend Mumm und Mitgefühl haben, um vegan zu leben und das auch offen kundzutun? Ich will solche Menschen wählen. Mit politischen Rechten für Tiere käme starker Klimaschutz fast automatisch einher. Im Übrigen sind Klimaschutz und Sicherung der Welternährung von größter Wichtigkeit, aber nicht alles, worüber wir ehrlich reden müssen. Eine angeblich vernünftige und moralfähige Menschheit, die sich vorgaukelt, sie dürfe aus Persönlichkeiten anderer Spezies Bratwurst, Stiefel, Seife machen und jeden Tag Massaker bestellen – etwas Fundamentales stimmt nicht im Denken einer solchen Gemeinschaft. Und wie soll eines Tags die Entschuldigung lauten? “Wir waren so mit Konsumieren beschäftigt, für Nachdenklichkeit war da halt kein Platz.”? Nicht mitlaufen und vor allem auch nicht schweigen – das wäre ein kluger Beitrag zum Ganzen, den ich nicht nur von den Grünen erwarte. – Ute Esselmann

 

Der Artikel ist einfach fantastisch! Ich habe schon immer geglaubt, dass die „Grünen“ eine Religion und keine politische Partei sind! – Peter Janssen

 

Elisabeth Raether zeigt in „Der Schein trägt“ sehr gut die Tücken des grünen Wachstums auf. Gerade Realo-Grüne wie Kretschmann, Habeck und Baerbock sind dem Irrglauben verfallen, die Probleme der Welt mit den alten, fehlerhaften Rezepten lösen zu wollen. Es ist aber nicht so, dass dem keine politische Kraft entgegen stehen würde. Die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP) kritisiert den Fehlschluss vom grünen Wachstum und vom seichten gesellschaftlichen Wandel seit über 30 Jahren. Leider schafft es die Autorin nicht, diesen Fakt in ihrem Artikel entsprechend zu würdigen. Dabei hat die ÖDP das Thema Verzicht unter „Weniger ist mehr“ als großes Thema zur Europawahl aufgezogen. So thematisiert auch Die Zeit den Verzichtsgedanken regelmäßig. Der fehlende Hinweis ist ein Problem dieser Medienlandschaft und trifft gerade alternative Ansätze und Ideen. Dennoch bin ich als Vertreterin dieser Kleinpartei, die immerhin im Europaparlament und in zahlreichen kommunalen Parlamenten vertreten ist, und als begeisterte Leserin der Zeit dankbar für diese klare Analyse der Autorin. – Verena Föttinger

 

Ja, danke Frau Raether- alles richtig; nur noch ein kleines Schlußwort: „Sicher ist also, dass die Katastrophe kommt“. Und dann vielleicht noch: „Wie (über-)leben wir in der Katastrophe“. Und dann… – Dieter Herrmann

 

 

zu „»Habeck kann Kanzler werden«“ von Tina Hildebrandt

Ich frage mich, wie der nächste grüne Kanzler seine Antritts- besuche, Überseereisen umwelt- freundlich machen will? Schröder und der erste grüne Vize- kanzler Fischer flogen anno 1998 zuerst nach Washington. Ich habe da eine Idee. Er könnte mit dem Zug durch Russland fahren, dann über das Behringmeer nach Alaska segeln und dann weiter Kanada mit dem Zug durch- queren. Die Anreise , würde allein vier Wochen dauern. Gut, das Robert Habeck nicht nach Falkland oder Australien muss, das würde noch mal doppelt so lange dauern. Bezüglich dieser Form der Fortbewegung fällt mir die beste DB-Werbung aus den 60ern hier ein: “ Genießen Sie (ihren Urlaub) in vollen Zügen!“ – Günter Schullenberg-Tucholsky

 

Auch und gerade ein Vorzeige-GRÜNER von seinem Format erliegt der Faszination der Macht. Was ist an Macron so besonders, wenn der im Begriff zu sein scheint, sich eine ökologische Position anzueignen? Das hätte er sich schon vorher erarbeiten können… Und genau damit scheint es Cohn-Bendit auch nicht so wichtig zu sein – würde er sonst einfach so nach New York fliegen müssen? Dann lässt er doch lieber das Lustprinzip des Bonvivant raushängen; und genau daran krangt die ganze Chose: Eine radikale (d.h. von der Wurzel ausgehende) Wende unserer Lebensweise erfordert Verzicht und Bescheidenheit. Das ist mit Hedonismus nicht vereinbar – da muss ich mich anders definieren als über die Zugehörigkeit zu einer angeblich intellektuellen Oberschicht, die sich anscheinend noch immer alles leisten kann. Ich möchte nicht wissen, wieviel PS sein Auto hat. Da lobe ich mir Christian Ströbele – von dieser Liga ist C-B weit entfernt!! – Gerd Zahnhausen

 

Danke für das gelungene Interview. Herrn Cohn-Bendit stimme ich vollkommen zu. Nachdem die grünen Europaabgeordneten verkündet hatten, Frau von der Leyen nicht zur Kommissionspräsidentin zu wählen, habe ich mich mit folgender Anfrage an info@gruene.de gewendet: Was ist denn die „grüne“ Alternative? Weber und Timmermanns waren schon durch, die standen auch nicht auf meinem Wahlzettel. Wen soll der Europarat denn als Nächsten vorschlagen? Besser wird‘s nicht. Die Antwort – immerhin kam eine – fasse ich zusammen: Frau von der Leyen erfüllt nicht die Anforderungen. Meine Hauptfrage (wo ist der bessere Kandidat?) wurde auch auf Nachfrage nicht beantwortet. Damit handeln die Mandatsträger aus meiner Sicht verantwortungslos. Wohin Kompromißlosigkeit führt kann man im britischen Unterhaus betrachten, das brauchen wir im Europaparlament genausowenig wie im Bundestag. Es ist nicht der am grünsten, der den höchsten Einstiegspreis pro Tonne CO2 fordert. Oder den hemmungslos opportunistischen Söder gibt. Es muß nur endlich losgehen und zwar mit Gesetzen, die technologieoffen einen für Bürger und Industrie planbaren Rahmen setzen. Als Wähler habe ich doch auch die Verantwortung zum Kompromiß. In Ermangelung meiner Idealpartei wähle ich die „am wenigsten schlechte“ Partei. – Prof. Dr.-Ing. Rainer Schmid-Fetzer

 

Ich bitte Sie um Stellungnahme, warum Sie in der Bildunterschrift einen Hinweis darauf aufgenommen haben, in welcher Frankfurter Lokalität das Foto von Herrn Cohn-Bendit entstanden ist. Mir erschließt sich die journalistische Notwendigkeit überhaupt nicht, weil es keinen Zusammenhang mit dem Interview gibt. Ich werde den Verdacht nicht los, dass hier nicht deklarierte Werbung für eine Frankfurter Institution gemacht werden soll, die insbesondere in der Vergangenheit gerne von so genannten Frankfurter Intellektuellen und sicherlich auch Zeit-Lesern besucht wurde und immer noch besucht wird, und die regelmäßig in finanziellen Schwierigkeiten ist. Die Preise dort stehen allerdings in keinem Verhältnis zur der eher durchschnittlichen Qualität. Die Wahl des Ortes steht auch eher für Vergangenheit und Verklärung sowie Biedermeiertum als für Aufbruch, Offenheit und Ankommen im Frankfurt und Deutschland des 21. Jahrhunderts, das demnächst vielleicht von einem grünen Bundeskanzler regiert wird. Schließlich bitte ich um Stellungnahme, ob die Bewirtung während des Interviews als Gegenleistung für die Nennung kostenlos zur Verfügung gestellt wurde. Antworten darauf sind Sie Ihrer Leserschaft schuldig. Da der Ort, an dem ich diesen Leserbrief schreibe, auch in keinem Zusammenhang zu seinem Inhalt steht oder stehen sollte, erwähne ich ihn hier nicht. – Dr. Lars Rüve

 

„Radikal“ und „wie nehme ich die Gesellschaft mit?“: Alle Bürger*innen erhalten eine Chipkarte mit einem nicht ganz bedingungslosen monatlichen Grundeinkommen. Von diesem Grundeinkommen können nur Waren gekauft werden, die als nachhaltig ausgezeichnet sind. Der neue Markt der Nachhaltigkeit löst langsam den jetzigen Markt der Grenzenlosigkeit ab. Produkte, die die Kriterien der Nachhaltigkeit nicht erfüllen, dürfen zukünftig nur noch soweit zugelassen werden, als sie die menschlichen Lebensbedingungen durch den Klimawandel nicht weiter gefährden. Die Wirtschaft und das gesellschaftliche Zusammenleben würden sich in relativ kurzer Zeit neu gestalten. Neue Innovationen würden zu einem nachhaltigen Wohlstand führen. Das nicht ganz bedingungslose Grundeinkommen wäre ein intelligentes politisches Steuerungsmittel, das gleichzeitig einen Ausgleich zwischen arm und reich und mehr soziale Gerechtigkeit schafft. – Walter Moritz

 

Vielen Dank für das Interview mit Daniel Cohn Bendit. Soso. Daniel Cohn Bendit findet also nichts schlimmes daran, einfach so aus Lust mal kurz eben nach New York zu jetten. Es steht doch außer Frage, daß jeder einzelne seinen Beitrag zur Klimaentwicklung leistet. Wer den Ernst der Lage begriffen hat – das unterstelle ich mal Hern Cohn-Bendit -, sollte doch die katastrophale Entwicklung nicht noch durch sein Verhalten befördern wie ein kleines trotziges Kind, das mit dem Füsschen aufstampft und noch ein Eis mehr will als das hungernde Nachbarskind. Einem Politiker der Grünen sollte es doch eine Freude sein, wenigstens seine Freizeit lustvoll so gestalten zu können, daß nicht noch mehr Lebensräume für uns Alle verdorren oder im Meer versinken. – Tilman Opitz

 

Immer öfter überlege ich, ob ich meinem ZEIT-Abonnement weiterhin die Treue halten soll (ich bin ZEIT-Leser seit über 50 Jahren).Wenn ich das Interview mit Cohn-Bendit lese, stelle ich mir erschreckt die Frage, warum die Redaktion C.-B. soviel Raum für seine nicht sehr intellektuellen Bemerkungen gibt. (Die von mir sehr geschätzte Frau Hildebranrtikel scheint mir für dieses Interview mißbraucht worden zu sein). Addiere ich den Dossier-Beitrag über Falk hinzu, fühle ich mich sehr in der Nähe von Boulevard-Journalismius, der einst nicht das ZEIT-Niveau bestimmte. Ein sehr bedauerlicher tragischer Verfall. – Klaus Grasenick


 

Leserbriefe zu „Zwischen Recht und Rache“ von Holger Stark

Das, was dieser Beitrag aufdeckt, könnte auch für fast alle anderen Beiträge in dieser Ausgabe stehen. Nichts mehr wird aus unserem Land. Der Zug ist abgefahren. Selbst die Zustände im alten Rom sind Fliegendreck dagegen. Jetzt fehlt nur noch, daß die Wirtschaft abschmiert und Deutschland hat fertig. – Gunter Knauer

 

Jede Schule ist ein Mikrokosmos, der zur Struktur des Makrokosmos „Gesellschaft“ beiträgt. Um in der gegenwärtigen Lage zu einer liebenden, gerechten, humorvollen und starken Gemeinschaft heranzuwachsen, braucht das Schulpersonal viel mehr gesellschaftliche Würdigung und essentielle, finanzielle und ausbildungstechnische Unterstützung. Wir brauchen schon ab der Grundschule pro Klasse eine Lehrerin und einen Lehrer. In der Ausbildung muss es auch um die Entwicklung der natürlichen Autorität gehen, sodass die für das Lernen unerlässliche Ruhe hergestellt werden kann und das Lehrer-Tandem eine Beziehung zu den Schülern aufbauen sowie Stoff in lebendiger und vernetzter Weise vermitteln kann. Für Extremfälle wie im Zusammenhang mit Nadim muss geübt werden. Die Frage der Ehrverteidigung, die auch in Deutschland noch bis vor kurzem eine ähnlich große Rolle spielte, wird nicht einfach verschwinden. – Bettina Oehmen

 

So schlimm die Gewalttat im Klassenzimmer, so bedrückend ist die Passivität der Rektorin. Sofortiger Schulverweis hätte die konsequente und angemessene Reaktion sein müssen. Das hätte folgende Signale gegeben. An die Täter: Ihr kommt mit Gewalttaten nicht ungestraft davon. An das Opfer: Wir lassen dich nicht allein, wir helfen dir, wir stehen an deiner Seite. An die übrigen Schüler: Die Schule, das heißt auch der Staat, werden euch schützen. Aber leider nichts davon. Grund: Schulleitung mit fehlender Zivilcourage, versteckt hinter der vermeindlichen Fürsorge „den Tätern noch einmal eine Chance geben“. Dabei hätte der Schulverweis genau das sein können. Stattdessen 10 tägige Suspendierung von der Schule, da hätte man gleich mit Wattebäuschchen werfen können. Was lernen die Schüler daraus? Gewalt ist ein probates Mittel, seine Ziele zu erreichen. – Michael Thiemann

 

Einem 17- jährigen Schüler dürfen 4 gleichaltrige Kollegen während laufendem Unterricht 3 Minuten lang ungestört in übelster Art und Weise traktieren. Wäre ein weiterer Lehrer dann nicht eingeschritten, wer weiß ob dann nicht ungünstigenfalls ein Querschnittsgelähmter oder gar ein Toter zu beklagen gewesen wäre. Eine innerlich zerrissene Schulleiterin setzt dem ganzen noch die Krone auf; die Täter erfahren eine Zuwendung, als hätten sie sich in besonderer Weise für die Schule verdient gemacht. Das Opfer darf seinen Peinigern jeden Tag begegnen. Auch hier, wie so oft, eine perverse Verdrehung der Täter-Opfer-Rolle! – Rolf Schulz

 

Es ist erschreckend, dass am helllichten Tag in einem Klassenzimmer ein Schüler während des Unterrichts (!) drei Minuten (!) lang zusammengeschlagen wird und diese Tat (bislang) nicht geahndet wird. Es stellt sich die Frage, ob wir uns überhaupt noch in einem Rechtsstaat befinden. Was für ein Bild geben wir darüber hinaus für Integrationswillige (seine Familie) ab? Dieser schwerfällige und träge Justizapparat ist ursächlich dafür, dass Akzeptanz und Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat mehr und mehr verloren geht, mit all seinen Konsequenzen. – Helmut-Martin Felbel

 

Dass Menschen und gerade Jugendliche immer mehr verrohen, wird allenthalben beklagt. Aber so eine Situation, wie hier geschildert, ist mir in meiner vierzigjährigen Tätigkeit an einem Gymnasium tatsächlich noch nie begegnet. Dass es in einer Pause auf dem Schulhof mal zu einer Prügelei gekommen ist, das ist mir schon begegnet, aber dass sich Schüler im gewissermaßen gewaltfreien Raum innerhalb des Schulgebäudes bandenmäßig zusammenschließen und in einem minutiös geplanten Überfall einen Mitschüler auf brutalste Weise zusammenschlagen, das hat für mich eine völlig neue Dimension. Über den Lehrer, der drei Minuten lang untätig zuschaut, will ich jetzt gar nichts sagen. Aber von den Mitschülern, die diese Tat hilflos miterleben, hören wir nur, dass sie unter Schock standen. Was müssen diese Mitschüler für ein Bild von einem Rechtsstaat in ihr Leben mitnehmen, wenn seine Vertreter von der Schulleiterin (die den Haupttäter offensichtlich insgeheim noch bewundert!) bis zur übergeordneten Behörde nicht in der Lage sind, die geschehene Ungeheuerlichkeit angemessen zu bestrafen (von „Rache“ wie in der Überschrift kann doch wohl keine Rede sein!)

Hier hat eine Jugendbande das Gewaltmonopol an sich gerissen („Mit uns legt sich keiner an!“), das sie ungestraft auch weiter einsetzen kann, vielleicht demnächst gegen Lehrer oder gar gegen die Rektorin. Und offensichtlich haben die Täter auch keinerlei Unrechtsbewusstsein, wenn sie jetzt „extralaut auftreten“ und sich auch bewusst nicht entschuldigt haben. Ich habe volles Verständnis für Nadim, dass er nicht verzeihen kann und nicht verzeihen will und für sich in dieser Schule keine Zukunft sieht. Für mich gibt es in dieser Situation nur eine Lösung, die auch das Recht wieder herstellt und die Täter gewissermaßen „auf Bewährung“ entlässt: Sie müssen an vier verschiedene Schulen versetzt werden und dort unter besonderer Aufsicht bleiben, damit nicht nur das Opfer gerechterweise wieder sein „Gesicht“ bekommt, sondern auch der Staat in den Augen der Mitschüler. Die „Gewaltschutzverfügung“ dagegen ist schnell vergessen und in einem solch schweren Fall doch nur „Pillepalle“. – Hans-Dieter Kuch

 

Da schauen ein Lehrer und 20 Schüler drei Minuten lang zu, wie vier gleichaltrige Mitschüler – die unbewaffnet sind(!) – einen der Ihren im Klassenzimmer krankenhausreif schlagen. Nach diesen drei Minuten genügt ein einziger weiterer Lehrer, der dazu kommt, um die Sache zu beenden. Und dann überlegt die Direktorin dieser Schule, wie sie die Vier möglichst schonend behandeln kann. Von einer Strafanzeige gegen den Lehrer und die Mitschüler wegen unterlassener Hilfeleistung ist überhaupt keine Rede.

Ich konnte kaum glauben, was ich in der Rubrik „Recht und Unrecht“ der ZEIT vom 8. August gelesen habe. Wenn solche Pädagogen unsere Kinder erziehen, wenn das die Generation ist, die heranwächst, dann wird mir himmelangst um unser Land. Hier verschwimmen Recht und Unrecht tatsächlich ineinander. Vielleicht hat aber auch meine Frau Recht, die sich an den Film „Einer flog über das Kuckucksnest“ erinnert fühlte. Dort hat am Ende auch eine ihre Abreibung bekommen, der es alle gegönnt haben. Es wäre zwar nicht schön, wenn es so gewesen wäre, aber das könnte ich immerhin noch begreifen. – Ein/e Leser/in

 

Nadim hat die dreiminütige Gewaltorgie körperlich überlebt, sitzt nicht querschnittsgelähmt im Rollstuhl und ist auch nicht geistig schwerstbehindert. Den Schaden an seiner Seele kann vorerst niemand ermessen, quantifizieren. Seinen vier Peinigern begegnet er fortan nun täglich im Schulbetrieb. Das ist Nadims Problem. Im Beitrag wird geschrieben, dass das Leben an der Schule auf ungewöhnliche Weise beruhigt werden soll. Meines Erachtens ist die aktuelle Regelung das Ergebnis von Kompetenz-, Entscheidungs- und Durchsetzungsunfähigkeit. Wenn vier 16-jährige unter Zuhilfenahme eines Stuhles auf einen Jungen einschlagen, dann ist – im übertragenen Sinn – deren „Festplatte abnorm programmiert“. Sie sind auch nicht „alle gut angekommen“. Zunächst ist zu klären, wie das Leben des Opfers weitergeht. Die Gewaltschutzverfügung ist eine Maßnahme für „die ersten Tage“ bist zur Realisierung einer Dauerlösung. Die kann nur sein, dass Nadim seinen Peinigern nicht täglich ins Gesicht sehen muss. Rache, gar Blutrache, sind keine Elemente deutschen Rechts. Das darf man Nadim und seinem Vater erklären. Aber warum soll Nadim verzeihen? „Fünf Meter Abstand“ sind keine befriedigende Dauerlösung. Wie würden denn die beteiligten Stellen reagieren, wenn Nadim seinerseits ausrastet und seinen Peinigern ein Leid zufügt. Es ist Zeit, eine Lösung zu finden, die vorrangig für das Opfer und seine Familie lebbar ist. Erst dann sind die Defizite der Täter, deren Wohlbefinden und Lebensvorstellungen dran. – Reinhold Biggeleben

 

Danke für diesen Bericht. Dass prügelnde Schüler nicht sofort auf eine andere Schule umgeschult werden, ist unfassbar. Hier werden Täter geschützt und die Qualen des Opfers verlängert. Die Dickfelligkeit von Schulbehörden kennt offenbar keine Grenzen, das ist in Hamburg nicht anders als in Berlin. – Renate Kraft

 

Das Unfassbare an der Geschichte ist nicht der Gewaltexzess von vier prügelnden Jugendlichen, sondern die Tatenlosigkeit des Lehrers und der Mitschüler. Wir sind in unserer liberalen Bürgergesellschaft stolz auf Zivilcourage, doch Fehlanzeige im konkreten Fall. Ein Überfall während des Unterrichts auf einen Schüler ist auch ein Angriff auf die Autorität (Ordnungs- und Schutzfunktion) der Schule. Das Opfer fühlt sich nach eigener Aussage im Unterricht nicht mehr sicher. Allen Schülern der Schule wurde und wird vor Augen geführt, dass ein Schutz vor Übergriffen nicht gewährleistet werden kann. Insofern ist über den Einzelfall hinaus die Tat auch ein Angriff auf den Rechtsstaat. Weder hat das Gericht mit der Abstandsregel eine adäquate Entscheidung gefällt, noch die Direktorin mit der zehntägigen Suspendierung der Täter. Diese fühlen sich in ihrem Tun bestätigt, und bis die strafrechtlichen Ermittlungen zum Ende und zu einer vermutlich milden Strafe führen, wird es wie üblich lange dauern. – Dr. Hans-Günther Vieweg


 

Leserbriefe zu „Selbst ist der Wald“ von Fritz Habekuss

Sie machen schon wieder den alten Fehler wie vor 40 Jahren. Damals wurde das gleiche erzählt. Nichts hatte davon gestimmt. Und heute ist es nicht anders. Der Bayerische Wald erfreut sich bester Gesundheit. Ihr Autor scheint den Grünen sehr nahe zu sein. – Gunter Knauer

 

Herr Habekuss schreibt, die Wälder sollten die Chance haben, sich der neuen Realität anzupassen. Und, dass sie die Kapazität dazu haben. Beides ist grundlegend falsch! Der CO2-Gehalt der Atmosphäre schwankte in den letzten 400.000 Jahren gleichmäßig in einem engen Rahmen. Seit wir fossile Energieträger verbrennen, hat er sich verdoppelt. Die Temperatur ist in den letzten 20.000 Jahren um 3,5° gestiegen. Seit wir fossile Energieträger verbrennen, haben wir sie rasant um ein weiteres Grad erhöht.

Normalerweise verändern sich Umweltbedingungen über sehr lange Zeiträume. Damit kommen komplexe Ökosysteme wie Wälder zurecht. Aber an die massive Zerstörung der Umwelt in extrem kurzer Zeit, können sich Wälder nicht anpassen. Dazu haben sie eben nicht die Kapazität. Sie haben schlicht keine Chance – egal, ob mit einheimischen oder mit nordamerikanischen Arten. Statt dieses Desaster als „neue Realität“ zu bezeichnen, müssen wir es als Fehler begreifen. Den Weg, um diesen Fehler zu korrigieren, kennen wir: Die Umstellung auf erneuerbare Energien mit Speichermedien. Die Technologie dafür ist in großer Vielfalt vorhanden, marktreif und bezahlbar. Allein Einsicht und Wille fehlen. Warum? – Christoph Kreis

 

Vielen Dank an Herrn Habekuss, der sich zu den aktuellen Stellungnahmen–insbesondere von Frau Julia Klöckner -um die Trocknisschäden im Wald und ihre Aufarbeitung äußert! Wissenschaftler sind davon überzeugt, dass die Wetterphänomene Ausfluss des Klimawandels und damit einer neuen Realität seien. Viel zu lange sind seitens der Bundespolitik die Probleme für die Wälder unter Klimawandel klein geredet worden; das Bundeslandwirtschaftsministerium macht da keine Ausnahme. Herr Habekuss möchte eine Lanze brechen für die Berücksichtigung der Möglichkeiten, die Schadensflächen sich selbst zu überlassen, insbesondere bei der Verjüngung der Flächen. Herr Habekussfordert, „…die Wälder [sollten] die Chance haben, sich der neuen Realität anzupassen.“ Er schreibt, dass die Bäume in den vergangenen Jahrtausenden ihre Kapazität für Anpassungsfähigkeit gezeigt hätten und dass aus etwa 30 Baumarten sich die jeweils besten Mischungen für die verschiedensten Standorte herausbilden könnten. Und schließlich: „Lässt man den Bäumen Zeit, werden die Wälder selbst die besten Lösungen finden.“ Nun sind die Wälder in Deutschland seit mindestens 30 Jahren im Umbau begriffen: Die Lehren aus der Waldschadensforschung der 1980er Jahre werden vielerorts umgesetzt. Demnach kann die Toleranz der Waldökosysteme gegenüber Umweltstress durch Vielfalt der Baumarten und Vielfalt der Waldstrukturen deutlich gestärkt werden. In diese Entwicklung hinein kommen die Sturm-, Trocknis- und Borkenkäferschäden der letzten zwei Jahre. Der –vor allem im Naturschutz –weit verbreiteten Ansicht, in dieser Situation müsse man auf die Selbstheilungskräfte der Natur vertrauen, möchte ich folgendes entgegenhalten:

  1. Die Herausforderungen des Klimawandels überfordern die Waldökosysteme der Welt –und zwar alle; jene, die durch den Menschen geformt wurden und jene, die immer noch weitgehend sich selbst überlassen sind. Der Grund für die generelle Überforderung ist u.a., dass das Tempo der Veränderungen alles übertrifft, was in den Jahrmillionen der Evolution der Wälder dieser Erde jemals vorkam. Eine genetische Anpassung an diese Veränderungen kann es bei Bäumen in überschaubaren Zeiträumen nicht geben–man bedenke, dass eine Buche nicht vor dem Alter von 60 Jahren das erste Mal blüht und Nachkommen produziert, die mit neuer Anpassungsfähigkeit reagieren könnten. Der zweite Grund für die Überforderung ist, dass völlig neuartige Kombinationen von Veränderungen Herausforderungen darstellen, die in der Evolution nicht vorkamen: Für Mitteleuropa sind das Wetterextreme einerseits aber auch anhaltende Stickstoff-Eutrophierung und Versauerung der Waldböden andererseits. Es ist daher höchst fraglich, ob überhaupt „…die Wälder selbst die besten Lösungen finden.“können.
  2. Die spontane–ohne durch den Menschen direkt beeinflusste -Verjüngung der gestörten Wälder ist oft durch Faktoren geprägt, die nichts oder wenig mit einer „natürlichen Baumartenmischung am Standort“ zu tun haben. Deshalb ist durch diese Naturverjüngung auch keineswegs gesichert „…dass aus etwa 30 Baumarten sich die jeweils besten Mischungen für die verschiedensten Standorte herausbilden könnten.“ Waldökosysteme zeichnen sich u.a. durch ein Geflecht von Prozessen aus, die nach Störungen einsetzen und in Wäldern ohne katastrophale Störungen kaum beobachtet werden können. Die forstwissenschaftliche Forschung der letzten 50 Jahre hat sich intensiv –z.B. aus Anlass der Orkane „Lothar“, „Vivian“ oder „Kyrill“ –mit diesen Prozessen befasst. Diese Forschung erbrachte z.B. das Ergebnis, dass sich die Fichte oft erfolgreich natürlich wieder verjüngte, wenn sie im zerstörten Bestand schon eine dominante Rolle hatte–weitgehend unbeeinflusst vom Standort. Andere Baumarten haben dann für die nächsten Jahrzehnte kaum eine Chance und die spontane Verjüngung der Fichte sorgt für Bestände, die den vorher zerstörten erstaunlich ähnlich sein können. Außerdem ist die Zahl von 30 Baumarten, die an der Verjüngung eines zerstörten Waldes theoretisch teilhaben könnten, für die konkrete Einzelfläche illusorisch: Die verjüngungsökologische Forschung für unsere mitteleuropäischen Baumarten zeigt ganz klar, dass die Ausbreitungsdistanz der Samen der Baumarten i.d.R. sehr begrenzt ist und nur selten hundert Meter übersteigt. Diese 100 Meter schaffen oder übertreffen mit Sicherheit nur die Pionierbaumarten Zitterpappel, Weiden und manchmal Birken und Vogelbeeren. Für die anderen Baumarten gilt: Wo nicht Mutterbäume einer Art in der Nähe von Katastrophenflächen stehen geblieben sind, kann diese Baumart auch nicht auf der Katastrophenfläche auftauchen. Die Natur kann dann auch nicht „experimentieren“, welche Baumart von 30 verschiedenen am besten passt.
  3. Die Wälder Mitteleuropas werden für ihre vielfältigen Ökosystemleistungen geschätzt; die Sicherung dieser Leistungen ist an entsprechend funktionsfähige Systeme gebunden. Die Gestaltung der Wälder durch den Menschen versucht, die Funktionsfähigkeit der Systeme in gewünschter Weise zu erhalten. Ausschließliche Naturprozesse sichern diese Funktionsfähigkeit nicht. Durch zwei Beispiele soll deutlich werden, wie die gewünschten Leistungen auch die Baumartenwahl und die Verjüngungsartbei Störungen beeinflussen. Im Nationalpark Bayerischer Wald ist es das vorrangige Ziel, die Naturprozesse so weit wie möglich vom Menschen unbeeinflusst ablaufen zu lassen. Der Klimawandel verursacht Störungen, die vom Ökosystem z.B. durch spontane Naturverjüngung beantwortet werden. Die Störungen im Wald, aber vor allem die ihnen nachfolgenden Prozesse der Naturverjüngung und des Abbaus der Totholzmengen sind deshalb Teil des Zieles des Nationalparks. Besucher kommen und zahlen u.a. für das Erlebnis, dies einmal sehen zu können. Die spontane Veränderung oder auch die Beibehaltung der Baumartenzusammensetzung in diesem Prozess werden lediglich beobachtet. Im Trinkwasserschutzwald einer Kommune soll das Grundwasser vor Nitrateintrag geschützt werden und die Bevölkerung Möglichkeit zur Erholung bekommen. Störungen und das Absterben von Baumbeständen führen zu Nitratschüben ins Grundwasser und behindern die Naherholung. Deswegen ist eine zügige Wiederverjüngung –ggf.auch durch aktives Pflanzen –zur Aufrechterhaltung des Bodenschutzes und zur Wiederherstellung einer attraktiven Waldumgebung wichtig. Die gezielte Wahl der Baumarten nach der Störung berücksichtigt daher ästhetische Aspekte, die Fähigkeit, Stickstoff zu binden und darüber hinaus auch verkaufsfähige Sortimente zu erzeugen. Spontane Verjüngung z.B. von Weiden oder Birken kann dabei die Wiederbewaldung unterstützen. Sie reicht aber z.B. nicht aus, um Holz für Verwendungen zu erzeugen, die über Brennholz hinausgehen. Die stoffliche Verwendung des Holzes ist ein Teil einer lokalen Politik zur Reduktion des Kohlenstoffausstoßes. Für die forstwissenschaftliche Forschung –und in weiten Teilen auch für die forstliche Praxis –ergibt sich aus diesen Befunden die Notwendigkeit, auf den Störungsflächen sehr unterschiedliche Konzepte anzuwenden. Abhängig von den Zielen des Waldeigentümers und dem gegebenen Potenzial einer konkreten Waldfläche zur spontanen Naturverjüngung kommen deshalb reine Kunstverjüngungen, reine Naturverjüngungen und Mischungen aus Kunst- und Naturverjüngung zur Anwendung. Keinesfalls erkenne ich eine generelle Vorzüglichkeit („das Primat“) der spontanen Naturverjüngung nach Katastrophenfällen vor den anderen Möglichkeiten. Vielmehr sollte eine Prüfung im Einzelfall zur besten–differenzierten -Reaktion des Waldeigentümers führen. Extrem arten- und strukturarme Bestände haben oft die größten Probleme –wie z.B. nun viele reine Fichtenbestände. Das ist der forstwissenschaftlichen Forschung und auch der Forstpraxis bekannt.

Deshalb darf das Rezept für Frau Klöckner auch nicht heißen: Holz wegräumen, Holz verkaufen und die Fläche dann mit den Baumarten des zerstörten Bestandes wieder aufforsten. Allerdings ist eben das Gegenteil, die Eigendynamik der Natur als allein richtige Antwort auf die Schadflächen darzustellen, auch nicht korrekt. In unserer Arbeitsgruppe beschäftigen wir uns seit etwa 20 Jahren sehr intensiv mit dem Potenzial der Naturverjüngung von Baumarten bei Renaturierungsprozessen in Wäldern. Gerade laufen dazu drei Forschungsvorhaben in Deutschland (in Rostock, im Erzgebirge und in Nordsachsen). Wir exportieren die Erfahrungen aus Deutschland auch ins Ausland: Im Dezember beginnt ein neues Vorhaben in Vietnam zur Beteiligung der Naturverjüngung bei der Wiederherstellung degradierter tropischer Feuchtwälder und die z.Zt. laufende Betreuung einer Studentin in Kolumbien hat dort die Ökologie der Naturverjüngung einer ökologisch wichtigen Palmenart in Nationalparken zum Gegenstand. Die (Natur-)Verjüngungsökologie der mitteleuropäischen Baumarten ist Teil der Vorlesungen für die Masterstudenten des Studienganges „Forstwissenschaften“ an der TU-Dresden in Tharandt. Es würde mich freuen, wenn Herr Habekuss sich die Zeit nehmen könnte, meine Arbeitsgruppe zu besuchen. Die Professur heißt übrigens tatsächlich „Waldbau“–seit über 200 Jahren. Wir interpretieren den Namen heute anders als damals. Wir berichten gerne von unserer Forschung und darüber, dass die Dinge in der Praxis vielseitiger zu behandeln sind als einfache Rezepte es vorgaukeln. – Sven Wagner

 

Aus einem Winzerbetrieb kommend ist die Landwirtschaftsministerin vermutlich mit der leider auch im Weinbau üblichen Agrar-/Chemieindustrie groß geworden. Im Bio-Unterricht hat sie das Thema „Ökologische Kreisläufe der Natur“ (Boden + Mikroorganismen, Wasser, Klima usw.) aufgrund vorhandener Kenntnis moderner Agrarwirtschaft mglw. übersprungen. Den Wald „aufräumen“ statt gesunden Humus entstehen zu lassen? Da hat die Dame leider die Grundgesetze der Natur samt Evolution nicht verinnerlicht.

Bäume aus Nordamerika um die BRD aufzuforsten? Bereits vor Jahrhunderten wurden zum Wohlbefinden der Kolonialherren Pflanzen (z.B. Ginster) wie Tiere (Füchse, Ratten im Schlepptau) gen Down Under exportiert – mit fatalen, irreversiblen Folgen. In jüngerer Zeit die fleissige deutsche Honigbiene nach Südamerika eingeführt um die dortigen Wildbienen seßhafter zu machen, heraus kamen – Killerbienen. Frau Klöckner mag ja sympathisch lächeln, auf ihrem Politikposten ist sie für mich eine absolute Fehlbesetzung. – Dr. R. Kerler

 

Ich muss mich immer wieder aufregen, wenn ich solche Beiträge lese. Menschen, die gerade dem Studium entwachsen sind, nie einen Hektar Wald oder einen Hektar Ackerfläche bewirtschaftet haben, haben ein fundiertes Halbwissen über den „deutschen“ Wald, mit dem sie einen mainstream füttern, der befriedigt werden will mit einer Ökoromantik. Nachhaltigkeit hat seinen Ursprung in der Forstwirtschaft und ist in unserem Land immer vorbildlich umgesetzt worden. Wenn Sie aus Brandenburg kommen, dann können Sie ja durchaus dankbar sein, dass ihre Urahnen die umfangreichen Kiefernwälder angelegt haben, damit Sie nicht in einer Wüste aufwachsen mussten. Es ist traurig, was unsere Medien inzwischen für Dummheiten verbreiten, nur um Geld zu verdienen….hat nichts mit Nachhaltigkeit oder Umweltschutz zu tun, nur mit Geld, Kohle, Penunze, …….wirklich schade, wie die Jugend den Bach runter zu gehen scheint. – R. Seevers

 

Ihr Beitrag hat mir den Eindruck vermittelt, dass Sie anscheinen herzlich wenig über den Wald, die Forstwirtschaft wissen. Man gewinnt durch ihre Darstellung den Eindruck, dass Forstwirt- und wissenschaft im !9 Jhd. stecken geblieben sind. Um diesem Irrtum abzuhelfen, empfehle ich, aktuelle Veröffentlichungen z.B. der Landesforstverwaltungen zu lesen. Sie können sich gern z.B. an das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW wenden, das aufschlussreiche Beiträge zur Forstpolitik usw. herausgibt. (Ich bin Föster Pensionist und kein ‚Ministeraler‘). Vielleicht ändert sich Ihr Waldbild damit etwas mehr in eine realitätsnähere Richtung. Unabhängi davon: der Wald wird ja in der ZEIT dankenswerterweise thematisiert. Es kann nicht häufig genug sein. – Thomas Artmann

 

Etliche Aussagen in diesem Beitrag fordern meinen Widerspruch heraus! Es stimmt, die allermeisten Fichten- und Kiefernbestände in Deutschland wären ohne menschliches Zutun nicht vorhanden. Von Natur aus würden bei uns Buchenwälder dominieren. Der Bedarf an Holz und Waldflächen für die Landwirtschaft oder Bebauung führte über Jahrhunderte zu einer Übernutzung der Wälder. Um dieser Entwicklung zu begegnen, wurde vor über 300 Jahren in Deutschland das Nachhaltigkeitsprinzip propagiert und sukzessive eingeführt, wonach nicht mehr Holz genutzt werden darf als nachwächst. Wegen ihrer vielfältigeren Verwendungsmöglichkeiten und des schnelleren Wachstums wurden außerdem zunehmend reine Fichten- und Kiefernwälder begründet, deren Produkte wirtschaftlich von großer Bedeutung waren und nach wie vor sind. Trotz dieser Tatsache werden seit etwa 30 Jahren verstärkt heimische Laubbaumarten je nach den Standortverhältnissen (Boden, Klima,…) oft in Mischung verschiedener Arten gepflanzt und werden auch vorhandene Laubbestände in großem Umfang natürlich verjüngt. Immer mehr Waldflächen werden sich selbst überlassen und der Holznutzung entzogen, obwohl dadurch mehr Holz aus anderen Ländern mit oft weniger gewissenhafter Waldwirtschaft eingeführt werden muss.

Parallel dazu laufen umfangreiche Forschungsarbeiten, um unser Wissen über die Baumarten und ihre innerartliche Vielfalt zu vervollständigen. Dabei werden seit Langem auch nicht heimische Baumarten einbezogen. Das erleichtert es uns zu beurteilen, welche Arten mit welchen speziellen Herkünften als Ersatz für heimisches Pflanzgut in Betracht kommen könnte, das den veränderten Klimabedingungen nicht mehr gewachsen ist. Es ist eine Illusion, es den vorhandenen Wäldern allein überlassen zu können, sich auf die sich immer rascher verändernden Wuchsbedingungen einzustellen. Die durch den Menschen verursachten Umweltveränderungen vollziehen sich mit einer Geschwindigkeit, die evolutionäre Anpassungsprozesse völlig überfordern. Umfangreiche, langfristige Versuche mit verschiedenen Baumarten z. B. aus Nordamerika geben Grund zu hoffen, dass sie mit den erwarteten Klimaveränderungen besser zurechtkommen als manche heimische Art. – Hans-Martin Rau

 

Der Wald braucht mehr als nur Geld, um seine vielfältigen Aufgaben (Holzproduktion, Schutz vor Muren und Lawinen, Erholung für geplagte Städter….., und nicht zuletzt CO₂ Speicher) zu erfüllen. Landwirtschaftlich geprägtes Gewinnstreben schadet ihm schon seit mehr als 150 Jahren. Die Stürme Wiebke (1990), Lothar (2000) und Kyrill (2007) mit anschließenden Borkenkäferkalamitäten und der großflächige Borkenkäferbefall der letzten Jahre in Deutschland, Tschechien, Slowakei und Österreich zwingen zu grundsätzlichen Überlegungen zur Zukunft der Wälder. Die Hoffnung auf „Selbstheilungskräfte“ mit Hilfe der Naturverjüngung ist zu verwerfen, weil nach reinen Fichtenbeständen wieder nur Fichtenreinbestände heranwachsen. Größere Forstbetriebe verfügen in der Regel über weit zurückliegende Inventurdaten stehenden Holzes. Dies gibt gute Hinweise für die Baumarten zukünftiger Wälder. Somit sind Waldeigentümer, Forstbetriebsleiter und Förster endlich gezwungen, nicht nur über die Zukunft der Forstwirtschaft zu philosophieren, sondern nachzudenken und zu handeln. Unbequem wird dies allemal, weil die Begründung von Mischbeständen der – bisher kaum üblichen – Kontrolle bedarf. Wuchsverhalten in der Jugendphase und Bestockungsziel im Alter von Beständen sind eben zwei verschieden Paar Schuhe.

Größtes Hindernis für erfolgreiche Begründung von Mischbeständen ist der in allen obgenannten Staaten generell viel zu hohe Wildbestand. Die von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner angekündigte halbe Milliarde Euro als Soforthilfe muss daher unbedingt an den Aufwuchserfolg aller gepflanzten Baumarten gekoppelt werden. Ansonsten verkommt ein Großteil der gepflanzten Mischbaumarten in den Pansen von Rehen und Hirschen; die Fichte bliebe als „unbeliebte“ Verbisspflanze wiederum alleine übrig. Der Begriff „Soforthilfe“ lässt hinsichtlich des Erfolges doch begründete Zweifel aufkommen. Die Vergabe von Fördermitteln für einen dem wärmeren Klima und auch dem Waldboden angepassten Baumbestand in den nächsten hundert Jahren verdient. Die großen Waldschadensflächen sollten wir nicht als Katastrophe, sondern als eine Chance für rascheren „Umstieg“ auf klimatolerante Wälder begreifen. – Dipl.-Ing. Rolf Bernot


 

Leserbriefe zu „Die Nein-Sager“ von Gero von Randow und Michael Thumann

Sie haben in der Ausgabe eine Landkarte zum Golf von Oman abgebildet, eine Zeit-Grafik – leider mit (fehlenden) richtigen Staatsgrenzen. Der obere Teil der Halbinsel vor der Meeresenge gehört nicht zu Dubai (VAE) sondern zu Oman. Ihre Grenzen sind nicht präzise eingezeichnet. Die Staatsgrenze verläuft zwichen Dibba Al-Hisn und Ash Sha’m. Weiter gibt es die Enklave Nahwa, das ist VAE umgeben von „Oman“. Den Artikel werde ich natürlich noch lesen … – Daniel Marti

 

Auf dem Satellitenbild zum Artikel fehlt leider genau an der wichtigsten Stelle, der Straße von Hormus, eine internationale Grenze zwischen dem Territorium der VAE und der omanischen Exklave Musandam, die darauf hinweist, dass die Spitze der Halbinsel Rus Al-Dschibal, die in die Straße von Hormus hineinragt, zum Sultanat Oman gehört. Vielleicht wäre das ja eine Idee für eine selbstkritische Ausgabe von „Prominent ignoriert?“ in der ZEIT der nächsten Woche? – Otto Schnelzer

 

Etwas mehr Begriffsschärfe bitte: Artikel 6 des NATO-Vertrags definiert sehr genau und sehr konkret, was ein bewaffneter Angriff im Sinne des (die Beistandspflicht auslösenden) Artikels 5 ist. Der Angriff auf einen Stützpunkt, den die USA in irgendeinem Anrainerstaat des Persischen Golfes unterhalten, ist das GANZ sicher nicht. Von Herrn Lau hingegen würde ich mir etwas mehr militärischen Realismus wünschen: sein kürzlicher Einwurf, nun, mit den Piraten vor Somalia haben wir doch Erfahrung (die genaue Fundstelle finde ich just im Moment nicht), ließ mich gruseln. Das mag zwar sein; und es mag sogar richtig sein, eine deutsche Fregatte in einer Tanker-Schutz-Mission mitfahren zu lassen – aber das ist dann ein ausschließlich politisches Statement. Wenn es zu einer militärischen Auseinandersetzung kommen sollte, hat ein unmittelbar vor der iranischen Küste operierender Geleitzug die Chance Null, diese zu überleben.

Die persische Marine und die persische Luftwaffe mögen nicht die gefährlichsten der Welt sein, aber sie mit somalischen Piraten – also Schlauchbooten und Besatzungen mit Handfeuerwaffen – zu vergleichen ist absolut irrwitzig. DIE kann bei Bedarf ein einzelner Mann mit einer Panzerfaust erledigen (ich frag mich schon länger, warum die Reedereien das kleine Geld nicht aufwenden, den an Bord zu haben). Aber gegen eine Kriegsmarine mit U-Booten, die unter Luftunterstützung und ggf. Marschflugkörper unmittelbar vor der eigenen Küste operiert, können europäische Schiffe einen Shooting war nicht gewinnen. – Christian Naundorf

In Ihrem Artikel kritisieren Sie die Ohne-mich-Haltung der Mehrheit der Regierungskoalition wie der deutschen Bevölkerung angesichts eines möglichen US-geführten Krieges mit dem Iran als „Reflex“ einer „recht abwegigen Weltsicht“ und diskutieren vier mögliche Szenarien, in denen eine deutsche Beteiligung jeweils gesondert zu prüfen sei, um der Bundesrepublik so „Gewicht und Spielraum“ in der internationalen Politik auch jenseits der „idealtypischen Einsatzbedingungen“ eines UNO-Mandats zu verschaffen. Die ersten beiden Einsatzszenarien erledigen sich von selbst: Ein verbrecherischer Angriffskrieg auf den Iran wäre sowohl nach Völker- als auch deutschem Recht in all seinen Aspekten nicht nur illegal, sondern für alle Beteiligten persönlich strafbar. Ebenso wenig kann ein etwaiger iranischer Angriff auf US-Stützpunkte in den arabischen Golfstaaten den Nato-Bündnisfall auslösen. Hier übersehen Sie Art. 6 Nato-Vertrag, der diesen ausdrücklich auf Angriffe auf das Gebiet und die Truppen der Nato-Mitgliedstaaten in Europa, Nordamerika, dem Mittelmeer und dem Atlantik nördlich des Wendekreises des Krebses beschränkt. Die einseitige Beistandszusage Deutschlands an Israel nach Art. 51 UNCh aus dem Jahr 2008 griffe, drittens, allenfalls in der unwahrscheinlichen Konfliktkonstellation, in der zum einen Israel seinen engsten und mächtigsten Verbündeten, die USA, in den Szenarien 1 und 2 NICHT unterstützte UND zum anderen vom Iran erstmals DIREKT angegriffen würde. Alle anderen Verläufe stellten unabhängig von der US-Eskalation des Konflikts um das iranische Nuklearprogramm solange keinen qualitativen Unterschied zur im Grunde seit 1948/67 unveränderten Sicherheitslage Israels und der besetzten Gebiete, mithin auch keinen casus belli, dar, wie dadurch nicht tatsächlich die physische Existenz des militärisch haushoch überlegenen Israels gefährdet würde. In der Summe bleibt von den ersten drei Einsatzszenarien also bereits auf der Ebene von deren Grundannahmen wenig bist nichts.

Einer tiefer gehenden Diskussion bedarf dagegen das vierte Szenario, das des militärischen Schutzes der für die globale Handelsnation Deutschland essentiellen internationalen Handelswege, weil Deutschland nur hier realiter in die Situation einer Entscheidung über Krieg und Frieden, die zugleich eine politische Grundsatz- und Richtungsentscheidung wäre, kommen kann. Unterliegt man jedoch dem häufigen logischen Kurzschluss, der aus einem hohen Machtrang („Exportweltmeister“) unmittelbar auf eine bestimmte Art und Zielsetzung von Außenpolitik schließt, für die Macht ein Selbstzweck ist („Realpolitik“), begibt man sich jedoch ohne Not – und entgegen Ihrer eigenen, expliziten Intention – einer ganz wesentlichen Handlungsoption. Vielmehr steht Außenpolitik immer vor der Entscheidung zwischen zwei Rollenkonzepten: dem einer unilateralen, bevorzugt militärischen und grundsätzlich regellosen, relativen Nutzenmaximierung eines Machtstaats in einer als anarchisch wahrgenommenen internationalen Umwelt – die klassische „Kanonenbootpolitik“ – oder einer multilateralen, bevorzugt zivilen und grundsätzlich regelbasierten Kooperations- und Friedenspolitik einer Zivilmacht (Hans W. Maull) in einer von positiv bewerteten wechselseitigen Abhängigkeiten geprägten Umwelt – „Wandel durch Annäherung“. Wie stets KÖNNTEN beide auch im vorliegenden Fall beide zum jeweils gewünschten – Unterwerfung des Iran unter die US-Machtinteressen vs. unparteiische Aufrechterhaltung des globalen Freihandels- und Friedensregimes – Ergebnis führen. Welches Ziel man konkret anstrebt, ist sowohl eine nicht weiter begründbare weltanschauliche Frage wie auch eine der im Detail gegebenen Instrumente und Restriktionen, was zu diskutieren hier zu weit führen würde. Nur sich die Frage gar nicht erst zu stellen, heißt blind in eine militärische Auseinandersetzung zu stolpern und diese garantiert zu verlieren. Genau darauf liefe Ihre Idee hinaus, einerseits eine mit den Konfliktparteien („kaum begrüßen“) und den Vereinten Nationen (s.o.) nicht abgestimmte, einseitige Militäroperation durchzuführen, nur um diese andererseits sogleich unter die Führung der EU zu stellen, die keine eigenen militärischen Ambitionen am Golf hat. Klingt gut, heißt positiv formuliert jedoch, dass dieser militärisch, polititsch und völkerrechtlich im luftleeren Raum operierende Papiertiger von den USA und dem Iran im Zweifel im Handstreich zerrieben würde.

Im Ergebnis plädiere ich für die Fortsetzung der bisherigen klassisch zivilmachtlichen, auf Frieden, Ausgleich und Einhaltung der geschlossenen Verträge abzielenden Politik der EU, da die Alternative eines Militärschlages ungleich verheerendere Folgen für uns hätte als diese, auch wenn sie erfolglos bleibt. – Markus Herbert

 

Die Bevölkerung ist zu 59% gegen den militärischen Einsatz, nur 28% sind dafür. Die Autoren diffamieren die kritische Haltung der Menschen als einen Reflex, nein zu sagen, bedingt durch eine „sicherheitspolitisch bequeme, (…) abwegige Weltsicht“ . Sie machen diese Haltung zusammen mit „dem beklagenswerten Zustand“ der Bundeswehr dafür verantwortlich, dass sich das „politische Gewicht“ der BRD verringert.

Dem liegt die verbreitete Vorstellung zugrunde, dass militärische Stärke, nach außen getragen, politisches Gewicht verleiht. In meiner Sicht, Jg.1933, hat sich diese Vorstellung für uns Deutsche in Stalingrad oder spätestens am 9.Mai 1945 ad absurdum geführt. Das haben manche von uns bei ihrer Vergangenheitsbewältigung leider übersehen. Die Amerikaner wissen noch nicht, dass sie im Begriff sind, es zu lernen. Imperiale Phantomschmerzen hindern die Briten und Franzosen daran, es zu lernen. Trotz ihrer Eingriffe vielerorts haben sie nicht das „politische Gewicht“, um zusammen mit uns und den Russen das Iranabkommen zu retten und damit die gegenwärtigen Spannungen politisch zu lösen. Infolgedessen hilft meines Erachtens in keinem der vier von den Autoren beschriebenen Szenarien die Entsendung militärischer Kräfte aus Deutschland. Politisches Gewicht kann man so in der gegenwärtigen Welt nicht gewinnen. Das könnte nur, wer der übergriffigen Politik der USA mit Entschiedenheit ein anderes Konzept entgegenstellt und dafür unerschrockene Mitstreiter findet. – Aber das in diesem Europa? – Dr. Ernstjoachim Vierheller

 

Ich frage mich schon seit längerer Zeit, warum in Zeiten zunehmender Globalisierung ausgerechnet die Geografie-Kenntnisse den deutschen Medien immer mehr abhanden kommen. Schauen Sie sich bitte zum Beispiel die Seite 5, Ausgabe DIE ZEIT Nr. 33 /8. August 2019, genauer an: dem großformatigen Satellitenbild der Straße von Hormus mangelt es an einer korrekten Abgrenzung der Territorien von Oman und den VAE. Nach Ihrer Darstellung hat wohl das Sultanat seine Gebiete Musandam und Madhah inzwischen den VAE überlassen. Die Kartenausschnitte auf Seite 4 oder 8 sind auch nicht ganz korrekt. Ein gutes Beispiel für eine schlechte Arbeit ist auch die thematische Weltkarte auf S. 32 /Abteilung WISSEN („Globalisiertes Fleisch“):

– Souveräne Staaten, wie Neuseeland, Sri Lanka, Kapverden und andere kleine unabhängige Inselstaaten werden in ihr außer Acht gelassen, während z.B. karibische Mikrostaaten oder sonstige Kleinstinseln dargestellt werden,
– Der Victoriasee in Ostafrika wird dargestellt, nicht aber z.B. die für das Bild von Kanada und USA so charakteristischen großen nordamerikanischen Seen,
– Das Kaspische Meer ist nicht abgebildet, sondern es wird mit den Gebieten von Aserbaidschan, Turkmenistan und Usbekistan vermengt und als eine gelbe Zone, d.h. ein Bereich ohne Verfügbarkeit von Daten dargestellt (wobei die gelbe Färbung müsste eigentlich in der Legende erläutert werden),
– Warum Venezuela und der Irak schwarz-gelb und nicht schwarz-rot schraffiert abgebildet werden bleibt rätselhaft. – Rudolf Lattka

 

Gut, dass Deutschland (bisher) konsequent nein sagt. Ein militärisches Eingreifen gegen den Iran – auch unter europäischer Flagge – wäre militärisch hoch riskant und politisch gänzlich falsch. Denn eine Eskalation hilft niemandem – außer den Hardlinern und Kurzdenkern in Amerika, Iran und Israel. Kluge Politik und geduldige Diplomatie müssen her! Nur so lässt sich die gefährliche Lage noch entspannen und das Iran-Atomabkommen retten. Vielleicht. – Ludger Gaillard


 

Leserbriefe zu „Oh, dear!“ von Jens Jessen

Sie können ja eine unerwiderte Liebe zu den Engländern haben, sie können auch gerne eine Seite der „Zeit“ darüber vollschreiben, aber ich bitte Sie ganz dringend, nicht „wir“ zu schreiben, wenn Sie „ich“ meinen. Eine großer Teil der deutschen Bevölkerung teilt Ihre eigenartige Neigung nicht. Vielleicht ist Ihnen auch schon aufgefallen, dass Vorlieben für und die Abneigung gegen das eine oder andere unserer Nachbarvölker sich in der Bundesrepublik weitgehend regional aufteilt. – Hans van Treeck

 

Sie haben zweifellos einen bemerkenswerten Artikel verfasst. Und ich bewundere Ihren Mut, zu behaupten, die Engländer seien `unwiderstehlich, wir Deutsche fühlten uns wegen des Brexit `gekränkt oder gar ungeliebt´ und dieser sei für uns ein `sentimentales Problem´. Sie sagen es, doch mir fehlt der Glaube; und wohl auch vielen anderen Deutschen. Dass das Land `auch gar nicht verstanden´ werden möchte, bezweifele ich hingegen auch wieder. Ist es nicht vielmehr so, dass sich die Engländer – von den “Windsors, eine schrecklich nette Familie” (Westend 2015) über die Privatschulen (darunter dem Eton-College) eine “Elite” heranbildet, die mit dem Volk wenig gemein hat, aber das Land beherrscht ? Trotz Demokratie – was können – sollen sie den sonst wählen, außer den “Eliten” ! “ Kinder an der Macht “ schreibt dazu der Spiegel (Jörg Schindler) in Nr. 32 v. 3.8.19. Die Parlamentsdebatten zum Brexit mit Frau May waren für mich “schockierend`, wegen der “eigen-sinnigen und launenhaften, ja schrulligen Borniertheit und des skurrilen – ja fast an Hass grenzenden – Fanatismus! (Wenn ich z.B. an die “Kindereien” der Clowns Nigel Farage und Boris Johnson denke, wie sie sich gegenüber den Medien äußern). Leider finden diese Aspekte in Ihrem Artikel – und in dem “Titelzusammenhang” – keine Erwähnung. Aber am Ende finden Sie doch wieder zur Realität und Einsicht zurück, dass dieses Land nicht `leicht zu verstehen´ ist. Wie wahr ! Verstehen eigentlich die Engländer sich selbst noch oder gar Ihr Land – Politik ? – Nikolaus Krost

 

For heaven’s sake!! Was sind das für Dinge, Vorbilder, Verhaltensweisen, an denen Jens Jessen seine – angeblich unerwiderte – Liebe und Bewunderung für England festmacht? Fragen über Fragen tun sich auf beim Lesen dieses Ergusses einer gekränkten Seele. Was meint er denn: England oder das Vereinigte Königreich? Mit welchen Kategorien arbeitet er denn? Von einem „Volkscharakter“ zu sprechen: „Es ist das Katzige?? und Kapriziöse??, was die Engländer unwiderstehlich macht“ ist immer höchst problematisch, und dieser Satz ist kennzeichnend für die absolut subjektiven Wertungen, die Jessen in seinem Artikel vornimmt. Kein Wort zu den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Spaltungen innerhalb des Landes noch zum Kern der Reserviertheit der Briten gegenüber Kontinentaleuropa, dem sogenannten „insular feeling“.

Nach vierzig Jahren, in denen ich als Englischlehrerin das tatsächlich durchaus schwierige Verhältnis zwischen Großbritannien und Europa (der EU) etlichen Schülergenerationen nahegebracht habe, nach vielen Besuchen in diesem Land und bleibenden persönlichen Kontakten ist mein Fazit: wenn Großbritannien als Staat die EU verlässt, werden diese freundschaftlichen Beziehungen die formale Trennung überdauern. – Und für diese Beziehungen passt der häufig strapazierte Begriff der Begegnung auf Augenhöhe besser als die enttäuschte Teenagerliebe, der Jessen so langatmig nachtrauert. – Dafür fast eine ganze Seite? – Oh, dear…. – Ingeborg Höhne-Mack

 

Ihr Autor schreibt das „Katzige“! Was heißt das? Ich habe die Engländer und Schotten Ende der 60er Jahre kennengelernt. Da hatte ich meine liebe Not mit ihnen. Ich war der unbeliebte Deutsche – recht hatten sie. Die Fußballweltmeisterschaft in England hat gezeigt, wie groß ihr Unbehagen gegen alles Deutsche war. Selbst ein Russe hatte mit denen Mitleid gehabt. Der Gewinn der Meisterschaft hat etwas geholfen dies abzubauen. Bis auf den Ton hat sich ihre innere Einstellung kaum geändert. Jedenfalls in der Politik ist das Mistrauen aber immer noch da. Das hat uns zuletzt Margarete Thatscher gezeigt bei der Wiedervereinigung. Ich kann das sehr gut verstehen. Die Deutschen machen sich immer gern unbeliebt. Das ist gengegeben. Die jetzige Zeit zeigt das wieder ganz deutlich. Ganz Europa ist nicht gut auf uns zu sprechen. Und als Weltreisender kann ich das gut verstehen. „Ihr Vereinsvorsitzender der Vielschreiber“. Das ist beruflich gegeben. Im Flugzeug habe ich Zeit ihnen meistens die Liviten zu lesen. – Gunter Knauer

 

Welche Freude war und ist Ihr grandioser Beitrag zum grauslichen Brexit mit den kratzigen Engländern in Little Britain. Danke! Ich kopiere und verteile den gerade an enge Freunde zur Erfreuung (mit einem cup of tea in der Hand). – Ulrike Schramm-Vogel

 

Nach der Lektüre von Jens Jessens Artikel „Oh, dear!“ sind mir als ehemaligem Englischlehrer und -hochschullehrer vom Jahrgang 1938 folgende Verse eingefallen:
Love’s Labour’s Lost?
„My Bonnie is over the ocean“,
so fing meine Liebe an.
Wir sangen das Lied mit „emotion“,
als ich Englisch zu lernen begann.
Ich sah schon als Schüler den Tower
und bin hoch zu den Highlands getrampt.
Vom Westwind getriebene Schauer
durchnässten mich bis aufs Hemd.
Von „Hamlet“ bis „Look Back in Anger“
hab ich englische Dramen studiert.
Beim Studiern im walisischen Bangor
hat die Liebe aufs Schönste floriert.
So wurde Beruf mir die Anglophilie.
Dass wie jetzt sie erschütterbar, ahnte ich nie. – Reinbert Tabbert


 

Leserbriefe zu „Ist das Grundeinkommen gerecht?“ von Daniel Gebhard et al.

Warum ein solch (ab)wertendes Bild? Ästhetsch super, aber die Bildaussage ist doch: wer Grundeinkommen bekommt, macht Freizeit. Warum nicht eine Friseurin bei der Arbeit, eine Person bei der Pflege von Angehörigen oder einen ehrenamtlichen Trainer im Handballverein oder oder Die 6 Wirtschaftsräte würden alle weiter arbeiten. Ich vermute, dass das repräsentativ ist. Ich kenne ausschließlich Leute, die GENAU SO handeln würden. Viele würden das Geld ausgeben, weil sie endlich nicht mehr jeden Cent umdrehen müssten. Konjukturprogramm pur. Jüngere würden teilweise Unternehmen gründen. Handwerk, Digitales, Bildung etc. Oder Familien. Schade. Das Bild gibt wohl die Einstellung der Redaktion wieder. Auf einer halben Seite und sehr subtil. Der ZEIT nicht würdig. – Fritjof Möckel

 

Lassen wir die Wünsche und Träume zum Thema Grundeinkommen mal außer acht und schauen uns die Finanzierung an. 1000 € monatlich werden oft als Größe ins Gespräch gebracht. Es müssten also bei 82.000.000 Bürgern jeden Monat 80 Milliarden Euro aufgebracht werden, also rund eine Billion im Jahr. In den letzten zwölf Monaten gab es nur einen (Dezember 2018), in dem die gesamten Steuereinnahmen der BRD ausreichend hoch waren, um diese Summe aufzubringen. Tun wir mal so als gäbe es keine anderen Ausgaben, müssten dennoch Monat für Monat im durchschnitt fast 30 Milliarden Euro aufgebracht werden.Wo kann das Geld herkommen und was bewirkt es?

  1. könnte die Regierung theoretisch Geld schöpfen. Das gäbe eine Inflation vom feinsten und innerhalb kürzester Zeit ginge es uns wirtschaftlich schlechter als vor dem Grundeinkommen.
    2. Steuererhöhungen
    Dem Bürger das Grundeinkommen zu geben und dann in Form einer saftigen Steuererhöhung (es handelt sich immerhin um rund 50 % der bisherigen monatlichen Steuereinnahmen) wieder abzuknöpfen ist nicht umsetzbar. Die Unternehmen zu besteuern (mal angenommen sie würden nicht erfolgreich gegen eine solche Maßnahme klagen) hätte eine deutliche Preissteigerung der Waren und Dienstleistungen zur Folge., also eine drastische Inflation (s. o.) Wahrscheinlich wäre dies das wirtschaftliche AUS für viele Kleinunternehmen. Wir leben in einer Zeit und an einem Fleck der Erde, in der und wo es uns so gut geht wie nie zuvor in der Geschichte der Menschheit. Wäre es vielleicht eine Variante sich an dem zu freuen, was wir haben und uns bei den wirklich drängenden Problemen (Klima etc) zu engagieren statt nach immer mehr vom Staat zu schreien? Im Schlaraffenland waren alle fett, faul und träge. heute wissen wir, dass uns das nicht gut tut. – Horst Schwäbe

 

Beim virulenten Thema bedingungsloses Grundeinkommen scheinen mir einige möglicherweise entscheidende Fragen nie wirklich gestellt, geschweige denn beantwortet zu werden, obwohl sie vielleicht k.o.-Charakter haben:
1. Sind wirklich alle Menschen mit nur wenigen Ausnahmen verhinderte Feingeister, die nur darauf warten, die gewonnenen Spielräume zur kreativen Entfaltung ihrer Persönlichkeit zu nutzen, oder sehen vielmehr all die Kevins und Alis, die schon heute keinen Bock auf Schule oder sonst irgendwas haben, dann überhaupt noch einen Grund, ihre Zeit mit Ausbildung zu vertrödeln, wenn die Gesellschaft sie doch sowieso alimentieren wird?
2. Glauben wir wirklich, dass heute schlecht bezahlte, aber dringend benötigte Dienstleistungen noch in genügendem Umfang zur Verfügung stehen werden, wenn man sich die Plackerei auch sparen kann?
3. Wird der Ansturm von Migranten der letzten Jahre nicht vielleicht nur ein leises Säuseln gewesen sein gegenüber dem, was uns erwartet, wenn sich erst in den letzten Winkeln Afrikas und Asiens herumgesprochen hat, dass man in Deutschland auch ohne jede Arbeit ein Leben führen kann, von dem man jetzt nicht mal zu träumen wagt?
4. Sollen wir wirklich glauben, dass eine um hunderte von Milliarden Euro vergrößerte Kaufkraft keinerlei Auswirkungen auf das Preisniveau haben wird bzw. ob es nicht viel wahrscheinlicher ist, dass die aufgepustete Kaufkraft innerhalb kurzer Zeit durch eine Mega-Inflation neutralisiert wird?

Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre ganz sicher keine ceteris paribus-Veranstaltung, sondern hätte völlig unvorhersehbare Auswirkungen auf allen Ebenen der Gesellschaft. – Gebhard Boddin

 

Die Argumente für ein Grundeinkommen sind nachvollziehbar dargestellt, dennoch überzeugt es nicht für die Praxis. Was sich aber für mich als sinnvoll herauskristalisiert ist
– ein Art Grundsicherung für Kinder, z.B. kostenloser Kindergarten auf hohem Niveau, wesentlich niveauvollere Schulen mit Ganztagsoption und ein deutlich erhöhtes Kindergeld ohne die Verrechnung mit dem dann abzuschaffenden Steuerfreibetrag für Kinder.
– Ausserdem scheint eine Erhöhung der Erbschaftsstuer sinnvoll, wobei es hier noch einer klugen Lösung für Unternehmen bedarf (vielleicht eine stille Teilhaberschaft eines Staatsfonds?)
– Ehrenamt sollte Ehrenamt bleiben, könnte aber mit Rentenpunkten honoriert werden, analog zur Anrechnung von Kindern, die übrigens ggf. noch deutlicher berücksichtigt werden könnten.
Ich freue mich auf die weitere Diskussion in Ihrer Zeitung. – Christian Voss

 

Die Diskutanten gehen davon aus, dass ihr übriges Nettoeinkommen unverändert bleibt nach dem Motto: „Ich falle ins Wasser, ceteris paribus bleibe ich trocken.“ Diese etwas idiotische Klausel „wenn alles andere unverändert bleibt“, darf man für den bestenfalls für einen allerersten Analyseschritt benutzen. Für die Diskussion realer Politik ist diese Annahme völlig unsinnig: Bei 82 Millionen Ein­wohnern in Deutschland führte ein monatliches Grundeinkommen von 1000 € für Erwachsene und 600 € für Kinder jährlich zu einem Finanzbedarf das Staates von über 900 Mrd. €, oder gilt das nicht für alle? Das wäre allerdings das Doppelte des Bundeshaushalts!

Dafür müssten wohl die noch Aktiven mit „mittleren und höheren“ Einkommen sehr massiv stärker besteuert werden und die vermeintliche „Wohltat“ erweist sich als Schuss in den Ofen, weil sich weder Nachtdienste in Krankenhaus, Elektrizitätswerk oder bei Feuerwehr und Notdiensten netto noch lohnen. Und für das „Zurücklegen“ für Kinder und Enkel bliebe per Saldo für viele hart Arbeitende weniger übrig! Man kann doch wunderbar unbefangen diskutieren, wenn man einige unwichtige Nebenbedingungen wie etwa Finanzierung von „Wohltaten“ außer Acht lässt. – Prof. emer. Dr. Wolfgang Ströbele

 

Der Kaufwert des Euro ist in den letzten 20 Jahren um die Hälfte gesunken. Der Reichtum wurde von den niedrigen Einkommensklassen nach oben verteilt. Es wäre also nur gerecht, wenn das zunehmend spannungsreiche Verhältnis zwischen arm und reich durch ein Grundeinkommen ausgeglichen wird. Das Grundeinkommen bräuchte aber nicht ganz bedingungslos zu sein. Es sollte eine Regelung geschaffen werden, daß von diesem Geld nur nachhaltig ausgewiesene Waren gekauft werden können. Das nicht ganz bedingungslose Grundeinkommen wäre dann der erste Schritt zu einem neuen Markt, der im Kampf gegen den Klimawandel den jetzigen Markt der Grenzenlosigkeit langsam ablöst. – Walter Moritz


 

Leserbriefe zu „Das erstarrte Land“ von Lisa Nienhaus

Ernsthaft? Griechenland mit einem BIP pro Kopf von 18.600 USD pro Kopf hat nach Jahren der Krisen und einer geschrumpften Wirtschaft ein höheres Wachstum als Deutschland nach 9 Jahren mit positiver Steigerung mit einem BIP von 44.000 USD und uns deshalb „abgehängt“. Könnte das einfach ein statistischer Effekt von unterschiedlichen Ausgangswerten sein? – Michael Großmann

 

„Und nun abgehängt“ ?
Ich habe Ihre Wachstumszahlen zum einen auf das BIP 2018 und dann noch auf die Einwohnerzahlen 2019 (beides statista) bezogen. Diagramme anbei. Sieht man das Wachstum absolut, so ist Deutschland mit vorne. Bezogen auf die Einwohnerzahl ist Deutschland aber eben auch nicht spitze. Muss man Deutschland dann gleich als „abgehängt“ bezeichnen? Ich erinnere mich an eine Forderung, guter Journalismus müsse Zahlen immer auch einordnen – fände ich gut. Für den Anfang: „Nach Prozenten abgehängt“. Und vielleicht wäre ein Artikel „Italiens wirtschaftliches Problem“ angebracht?

Mit meinen Lehrganggsteilnehmern mache ich gern eine Prozentrechenaufgabe: Ein Unternehmen machte im letzten Jahr 10 Mio EUR Umsatz und wächst im aktuellen Jahr um 4 %. Das ist eine Steigerung von (ausrechnen!) 400.000 EUR. Im nächsten Jahr plant es wieder eine Steigerung von 400.000 EUR. Wieviel Prozent sind das? Ergebnis: 3,85 %. Ich fürchte Sie würden schreiben: „rückläufiges Wachstum“ – tja. Und dann die Sache mit den fehlenden Innovationen und der Komfortzone. Völlig normal und sehr gefährlich. In welcher Situation hat VW den Golf gebracht? Kodak hat die Digitalkamera erfunden, und dann? Steve Jobs war bei Apple lange raus – warum haben die den wiedergeholt? Wenn Weinreben nicht beschnitten werden, produzieren sie Plörre. [Jetzt habe ich ein Beispiel aus der Natur gewählt, was gefährlich ist. Wahrscheinlich ließen sich in der Natur auch Beispiele für Spitzenleistungen finden, die ohne äußeren Druck erbracht werden. Nur fällt mir keins ein.] Trump läßt die Amerikaner zum Mars fliegen. Sie schreiben, der Staat solle einen Plan für „Schulen, Schienen, Stromtrassen, Innovationen“ haben. Great vs. deutsch. Darf ich eine Artikelserie zum Thema „Innovationen“ vorschlagen? Würde mich evtl. auch beteiligen. – Thomas Mair

 

Wieder einmal habe ich einen Artikel lesen müssen, bei dem zur Bestätigung der Überschrift „einen Haufen Leute“ zitiert werden, wie z.B. Gabriel Felbermayr, Hyun Song Shin usw. usw. Wieder einmal habe ich den Eindruck, da wird eine These aufgestellt und dann die passenden Fachleute wahllos zur Unterstreichung der Richtigkeit dieser Behauptung gedankenlos zitiert, möglicherweise sogar außerhalb des Kontextes der von denen geäußerten Behauptungen. Ich gebe Ihnen Recht, dass unsere derzeitigen Politiker etwas, nennen wir es konfus sind. Da folgt z.B. zur Beschleunigung des Asylantenabschiebens ein verschärfendes Gesetz dem Anderen, aber werden wirklich mehr abgeschoben? Da wird bezüglich des Handyverbotes die Strafe erhöht, bemüht man sich aber, die Täter zu fassen? Rotlichtsünder und Blinkfaule nimmt man gar nicht erst ins Visier. Da wird über die Umweltsünden der Zigarettenkippenentsorger oder dem Wildpinkeln diskutiert und dies härter bestraft. Aber der Verlauf ist wie das Rauchverbot bei der DB, es kümmert Keinen, weil es nicht wirklich umgesetzt wird, weil unsere Politiker scheinbar nicht wissen (wollen), dass Gesetze machen alleine nicht reicht, sondern nur Aktionismus für nichts ist. Dafür spricht beispielsweise auch die aktuelle Diskussion um die MwSt-Erhöhung auf Fleisch. Erstens gibt es keine zweckgebundene Steuer und Zweites hat auch die Tabaksteuererhöhung nicht nennenswert Raucher vom Rauchen abgehalten. Sind unsere Politiker so doof, dass sie das nicht Wissen? Oder wollen sie dem Wahlvolk Aktionismus vorgaukeln, ohne in Wirklichkeit etwas zu leisten. So erweckt man den Eindruck etwas zu tun, so sinnlos es letztendlich auch ist. Leider wird das wirklich Vernünftige, die Verbesserung der Standards in Haltebedingungen, nicht angefasst. Insofern sind wir im Ergebnis sicher nahe zusammen, weil sich die Politiker und deren Reformbemühen zur Zeit nicht richtig durchsetzen (oder durchsetzen wollen), nicht aber mit dem von Ihnen in Ihrem Artikel aufgezeigten Weg dorthin. Unser Land ist, wenn Sie wollen, erstarrt, weil unserer Politiker den Weg des geringsten Widerstandes gehen.

Ihr Beispiel im Artikel mit der verschlafenen Deutschen Autoindustrie kann ich nicht folgen. Seit Jahren bitte ich die Politiker fast aller Parteien ergebnislos, mir eine Ökobilanz des E-Autos zur Verfügung zu stellen, angefangen von der Produktion, dem Verbrauch und der Verschrottung. Einen ersten Ansatz hat vor Kurzem der ADAC (hier leihe mich mir mal die Kompetenz des ADAC) veröffentlicht, der festgestellt hat, dass bei der Produktion eines E-Autos die Ökobilanz ähnlich ausfällt wie die eines konventionelle Fahrzeuges zuzüglich ca. 150.000 km Laufleistung. Das E-Auto mag einfacher zusammenzubauen sein, die dafür erforderlichen Rohstoffe und deren Gewinnung sind es nicht. Dann gehen wir beim E-Auto fälschlicherweise davon aus, dass der Strom für dessen Betrieb durch Wind-, Wasserkraft oder Photovoltaik gewonnen wird. Wird der Strom konventionell gewonnen, ist die Co² Belastung, der Feinstaub usw. nicht wesentlich weniger als hätte ich einen Verbrenner. Der Ausstoß erfolgt dann nur nicht in der Stadt, sondern im Kraftwerk (Wirkungsgrad eines Verbrennungsmotors im PKW und der eines Kraftwerkes mit Leitungsverlust sind fast identisch). Wir sind heute noch nicht einmal in der Lage (sicher auch nicht in 10 Jahren, wenn alle E-Auto fahren würden!), alle E-Autos mit ökologischem Strom zu versorgen. Wie wäre die Bilanz, wenn alle jetzt auf E-Autos umsteigen würden? Was passiert dann mit dem Stromnetz? Ok, dann haben wir noch die mangelnde Reichweite und müssen am Ende der Lebenszeit des E-Autos auch noch verschrotten. Die Rückgewinnung der Rohstoffe, der verbrauchten Seltenen Erden, ist ja auch nicht so einfach. Die benötigten „Seltenen Erden“ werden übrigens schwerpunktmäßig in China und Südamerika gewonnen. Vielleicht schreiben Sie mal ein Artikel über Menschen und den Bedingungen, die in dieser Rohstoffgewinnung arbeiten müssen. Ach ja, zurück zum Ausgangspunkt, zu Ihrer Behauptung, hat die Deutsche Autoindustrie wirklich diese Neuerung verschlafen? Ich meine „Nein“! Aufgrund der Ökobilanz ist das E-Auto noch nicht so weit! Norwegen ist für uns aufgrund der fehlenden Wasserkraft kein Beweis, dass E-Autos auch bei uns ökologisch funktionieren. Was soll ich dann mit einem E-Auto, dass bei verringerter Reichweite und einem erheblich höherem Preis eine möglicherweise noch schlechte Ökobilanz hat? Ja, die Innenstädte leiden sicher nicht mehr so stark durch die Abgase, aber dafür die Kraftwerksanwohner. Und das, liebe Politiker und Journalisten, sind auch Menschen.

Der nachfolgende Artikel in der Zeit trägt übrigens wie passend die Überschrift „Hauptsache Dagegen“. Es drängt sich auf, dass Ihr Artikel diesem Leitsatz folgt. Trotzdem, Ihre Gedanken über Lösungsmöglichkeiten sind nachvollziehbar zum Beispiel im Hinblick auf die „Schwarze 0“. Beruhte unser Wirtschaftswachstum nicht auch auf „Schuldenmachen“ und auf sinnvolle Förderung? Und Ihr Vorschlag für Abschreibungserleichterungen, die heute die Steuerlast zu Lasten der Zukunft senken (Wenn ich eine Maschine in 3 statt in 5 Jahren abschreiben kann, bin ich im 5. Jahr mit den Steuervorteilen bzw. der Haushaltsbelastung des Staates bei 0!), haben eigentlich schon immer geholfen und kosten langfristig kaum etwas. Das reicht aber nicht, eine Firma wird trotz Förderung nicht ohne Nachfrage investieren. Der Leitartikel in der gleichen Ausgabe „Raus mit dem Geld“, der genau wie Sie die „schwarze 0“ in Frage stellt, beschreibt treffend, das auch Konsumanreize der Verbraucher erforderlich sind. In diesem Sinne ist auch die Teilabschaffung des Solis ein richtiger Weg, sicher noch nicht das Ende. Das belegt auch der Erfolg der Konsumanreize bei der letzten Wirtschaftskriese. Auch die Förderung des Austausches von alten Ölheizungen ist ökologisch sinnvoll. Leider wird dadurch aber eine Branche gefördert, die durch den „Bauboom“ schon stark ausgelastet ist. Wenn man 1/4 Jahr auf Klempner warten muss, braucht diese Branche keine Förderung. Das treibt höchstens den Preis in die Höhe. Gut gemeint aber trotzdem falsch. Die Absatzförderung eiern Branche, die einzubrechen droht, wäre wesentlich sinnvoller. Leider sind hier die Regierungsparteien, obwohl sie es besser wissen müssten, in ihren Verhaltensmustern gefangen. Der Soli gehört, um wirtschaftlich optimal zu wirken, sofort abgeschafft und nicht als Wahlgeschenk erst um die nächste Bundestagswahl herum. Und wären alle diese Fakten für Sie nicht ausreichend Gründe Keynes These des deficit spendings erst Recht ein-zwei Abschnitte Ihres Artikels zu widmen, wie Sie es mit (wie hieß er noch einmal?) Hyun Song Shin überflüssigerweise taten? Dann hätte allerdings das schöne Eisbergfoto kleiner ausfallen müssen, was dem Thema sicher förderlicher gewesen wäre als das Foto. Und Sie hätten etwas mehr schreiben müssen. Oder ging dies nicht wegen einer „Erstarten Presse“, weil irgend Jemand die 1/2 Seite für ein schönes Eisbergfoto festgelegt hat? – Gerhard Stroß

 

Wütende Briefe bekommen sie sicher reichlich, daher versuche ich sachlich kleine Ansichtsabweichungen anzubringen. Da der o.g. Artikel anonym erscheint, steht sicherlich die gesamte Wirtschaftsredaktion dahinter. (Zitat der ZEIT) „Wir waren zu erfolgreich“ (Jens Südekum), man dachte: bloß nichts ändern.“ Das galt für die Industrie, wo etwa die Autohersteller zu spät auf neue Antriebe setzten. Und das galt auch für die Politik, die mit Themen wie Mütterrente und der Rente mit 63 darauf setzte, es den Leuten gemütlich zu machen. (Zitatende)

Müsste es nicht heißen: Wir waren zu neoliberal. Wir dachten nur nicht regulieren. Wir ließen die Groß-Industrie mit Steuersparmodellen nur bis zu 1% ihrer Steuern entrichten. Hat die Politik nicht alles dafür getan, damit VW die Käufer ihrer Produkte in Deutschland um 77 Milliarden ‚prellen’ konnte? Muss die Politik nicht ihre Bürger schützen? (Mütterrente und Rente mit 63) Warum regen sie sich nicht über die zweistelligen Milliardenbeträge auf, die völlig unberechtigt als Raub dem Fiskus durch CumCum- und CumEx-Geschäfte entzogen werden. Seit den frühen Schäuble Tagen im Finanzministerium sind diese Raubzüge an der Tagesordnung. Sie sollen zukünftig mal vereitelt werden.

Alleine von diesem Geld, geschweige denn von den Steuerhinterziehungen – in womöglich dreistelliger Milliardenhöhe – geparkt in Steueroasen, könnte Deutschland das Zukunftsland Nummer 1 in der Welt werden. Finanzminister Scholz, mit seinem Goldman-Sachs-Staatssekretär, will aber in Zukunft keine Steuer-CDs von Whistleblower zur Aufklärung der Straftaten ankaufen? Warum eigentlich nicht? Aber nein, sie als Zeitredaktion outen wieder die teilweise Ärmsten der Armen, die es sich gemütlich machen wollen (Mit 900 € im Monat. Haben Sie das schon mal versucht?). Im Grunde genommen wollen sie dazu aufrufen, erneut Solidarmaßnehmen aus dem Feld zu schlagen und das noch vorhandene Geld der Wirtschaft zufließen zu lassen. Schade, Gelegenheit zur Umverteilung von oben nach unten wieder einmal verpasst. Beschweren sie sich bitte demnächst nicht über die ständig sinkende Kaufkraft in Deutschland. – Hasso Wendker

 

Schon wieder hat ein führender deutscher Ökonom, Jens Südekum, sich abfällig und frauenfeindlich über die Mütterrente als Ausgeburt rückwärts-gewandter Politik geäußert. Eine solche Kritik von einer Ökonomin habe ich noch nicht gehört. Besonders beschämend finde ich auch, dass Frau Nienhaus ihm das einfach ohne Kommentar durchgehen lässt. Was würde Her Südekum sagen,wenn man ihm nachträglich die Altersbezüge gekürzt hätte, weil zusammen mit ihm zu viele Professoren eingestellt worden waren? Auch die scheinbar auf objektiven ökonomischen Notwendigkeiten basierende Diskreditierung der Mütterrente erweist sich als unwissenschaftlich und ideologisch gefärbt: wenn man die ca. 6 Mrd. Euro vergleicht mit den 280 Mrd. Steuerersparnis 2009 _ 2019, also 28 Mrd pro Jahr dazu in Beziehung setzt und Gerechtigkeitskriterien berücksichtigt, kommt man wissenschaftlich-Mann objektiv zu einer ganz anderen Aussage. Alte weiße Ökonomen-Machos tretet ab! – Hans Kaufmann


 

Leserbriefe zum Wochenmarkt „Ein Moment des Sommers“ von Elisabeth Raether im ZEIT Magazin

Jede Woche bin ich gespannt, mit welcher Kulinarie Sie die Leser*innen erfreuen. Sehr vieles davon habe ich nachgekocht, nachgebacken, immer erfolgreich, weil ihre Rezeptangaben gut nachvollziehbar sind. Deshalb bin ich verwundert, dass für den Marillenfleck die Backtemperatur und die Backzeit fehlen. Meine lange Backerfahrung wird mir hoffentlich helfen, diese Köstlichkeit auf den Wochendkaffeetisch zu bringen.
Übrigens: Ihre Gemüsepaste ist in meinen Küchenalltag aufgenommen und wird auch mit als Mitbringsel u Einladungen gern gesehen. – Barbara Philipsen

 

Ihre interessanten Rezepte sollten Sie bitte auf die Kalorienanzahl überprüfen, vorallem z.B. dieses mit dem Aprikosenkuchen. Auch sonst sagt meine Frau oft: Das ist eine Kalorienbombe, kommt nicht in die Tüte! – Walther Moser

 

Ihr Rezept zum Marillenfleck ist eine Kalorienbombe ohnegleichen. Für den Teig dieses kleinen Kuchens ( 20×30 cm) sollen je 250g Zucker, Mehl, Butter und 5 Eier verwendet werden !? Das ist Völlerei ! Ohne Geschmacksverlust ginge es auch mit deutlich weniger Kalorien (Eier, Zucker und Butter, – zumal die Süße von den reifen Marillen kommt, der man am Schluss ein wenig mit Puderzucker nachhelfen könnte. – Stefan Kaisers

 

Ihr Backrezept für den Aprikosenkuchen ist nicht schlecht, aber zu einem Kuchenrezept sollten für Laien auch Hinweise auf Backzeit und Temperatur des Backofens angegeben werden. Ansonsten können Sie ja gerne auf diverse Backbücher mit präzisen Angaben verweisen und sich dafür die Einleitung zu Ihrem Rezept schenken, denn nicht jeder Leser verfügt über Backerfahrungen. – Leonhard Janta

 

Seit mehr als 35 Jahren lese ich Die Zeit. Die Kolumne von Siebeck hat in jungen Jahren meinen Horizont erweitert und mich sicher gemacht, dass kochen, vorausgesetzt man verwendet bestes Material und behandelt es mit Sorgfalt, einfach ist und Freude bereitet. Die Rezepte der Frau Raether empfinde ich nicht einfach, sondern belanglos. Pardon, jedenfalls können sie mich nicht begeistern, wären aber keinen Leserbrief wert. Dass sie einer großen LeserInnenschaft aber nun einen Marillenkuchen als Marillenfleck vorstellt, bedarf der Korrektur. Ein Marillenfleck ist – wie auch ein Zwetschkenfleck – in Österreich traditionell aus Germteig und nicht aus Rührteig! (jaja, im Netz findet frau auch anderes… wer macht denn heute noch selber Germteig…) Nun, die Diskussion darüber hat einen FreundInnenkreis (in der Tat auch Männer) an einem heißsommerlichen Nachmittag erheitert und köstliche Kindheitsgeschichten in Erinnerung gebracht. – Dr. Heide Anger


 

Leserbriefe zu „Raus mit dem Geld“ von Mark Schieritz

Ich glaube nicht, dass sich Herr Schieritz in letzter Zeit irgendwann darum bemüht hat, einen Handwerker zu bekommen. Dann würde er feststellen, dass alle voll ausgelastet sind und auch kurzfristig kein zusätzliches Personal bekommen können. Dies gilt auch für andere Branchen – vielleicht mit Ausnahme der durch Medien und Umweltaktivisten kriminalisierten Automobilindustrie und deren Zulieferer. Ein mit zusätzlichem Geld entfachtes „Feuerwerk“ befeuert in erster Linie somit die Preise, wovon letztlich ganze Bevölkerungsgruppen wie Rentner, Sparer, Empfänger von Sozialleistungen etc.) erst einmal gar nichts haben! – Hans Hardenberg

 

Die Schulden von heute werden morgen zu Fesseln. Regierungen die Schulden machen schränken die Handlungsfreiheit ihrer Nachfolger ein. Zukünftige Regierungen müssen nämlich mit den Folgen der Schulden leben und können nicht mehr frei über die dann anfallenden Steuermittel verfügen. Schlimmer noch: Übersteigen die Schulden ein gewisses Maß, dann werden die Gläubiger „mitregieren“, siehe Griechenland oder auch Italien. Damit übertragen heutige Schuldenmacher zukünftige Entscheidungsgewalt an demokratisch nicht legitimierte Kreise. Das ist ein geradezu atemberaubender Vorgang. Mit anderen Worten: Staats-Schulden ohne dedizierten Tilgungsplan sind absolut und kompromisslos abzulehnen.

„Es geht darum, eine
maßgeblich durch internationale Spannungen
ausgelöste akute Krise abzufedern. Um den Rest
kümmern wir uns dann später.“
Dieser „Rest“ wird aber „später“ nicht einfacher zu lösen sein, sondern aus o.g. Gründen sogar deutlich schwerer und sehr wahrscheinlich noch nichteinmal im Sinne des Souverän!

Mit diesem Schlusssatz Ihres Artikel schaufeln sie fleissig mit am Grab der Demokratie – bitte unterlassen Sie das. – Sebastian Fontaine

 

Wieso muss man sich bei neuen Herausforderungen von einem ausgeglichenen Haushalt verabschieden? Der Staat hat in den letzten 10 Jahren exorbitant hohe Einnahmen verbucht. Oft haben wir gehört, dass das viele Geld wegen fehlender Projekte oder nicht vorhandener Behörden-Kapazitäten gar nicht ausgegeben werden konnte. Da werden doch Milliarden-Beträge auf dem „Vorsorge-Konto“ liegen! Oder kommt ein Abschwung so unverhofft wie plötzlich Weihnachten? Die viel zitierte schwäbische Hausfrau hätte jedenfalls vorgesorgt und bräuchte auch keine halbe Titelseite um die Verlockungen der derzeitigen Zins-Situation zu verstehen. Im Übrigen stellt Ihre Kollegin Lisa Nienhaus auf Seite 17 („Das erstarrte Land“) klar, dass es Deutschland nicht an Geld, sondern an zukunftsträchtiger Wirtschaftpolitik fehlt. In dieser Situation auch noch der Schuldenpolitik das Wort zu reden, halte ich für fahrlässig. Herr Salvini dürfte die Idee aber dankbar aufgreifen. – Hans-Peter Baumann

 

Ich stimme natürlich zu, dass der Staat dringend auf die Rezession reagieren muss. Auch denke ich, dass es die beste Möglichkeit ist, die Kaufkraft und den Staatskonsum zu erhöhen und auf den Multiplikator- und Akzeleratoreffekt zu setzen, um die Wirtschaft kurzfristig wieder anzukurbeln. Jedoch sollte man dabei, auch langfristiger denken, denn warum sollte ein Konjunkturprogramm nicht die „strukturellen Defizite des Wirtschaftsstandorts Deutschland beseitigen“? Wenn der Staat mehr Investitionen tätigen soll, dann sollten das Investitionen sein, die Deutschland auf den zukünftigen Strukturwandel vorbereiten und die Wirtschaft auf die „natürlichste“ Weise wie möglich wettbewerbsfähig für die Zukunft gestalten. Denn heute sind es vielleicht primär die internationalen Spannungen, die die Wirtschaft ins Wanken bringt, aber morgen, wenn die Konjunktur fürs Erste auf Kosten von Staatsausgaben angehoben wurde, könnten die nationalen, oft nicht-zukunftsfähigen Wirtschaftsstrukturen die nächste Krise darstellen. Diese würde dann ihren Ursprung im eigenen Land findet. Wir bräuchten wieder ein neues Konjunktur- oder Reformpaket, jedoch wäre der Staatshaushalt schon vom letzten Deficit-spending strapaziert. Also warum sollte man nicht kurzfristig und langfristig in Einem unterkriegen, indem man mit dem kommenden Konjunkturpaket, langfristig-wirkende Innovationen bestärkt, die früher oder später eh von einem neuen Reformpaket angegriffen werden müssen. Denn die größten Wirtschaftszweige Deutschlands, wie beispielsweise die Automobilindustrie, sollten sich in sehr naher Zukunft auf „grün“ umstellen, um dem Wettbewerb standzuhalten. Vor allem, wenn man einen Blick nach Asien wirft, die weit vorne bei zukunftsgestaltenden Techniken sind; wie beispielsweise Wasserstoff-Autos. Wir sollten uns nicht erst später um den „Rest“ kümmern, sondern effektiv, nachhaltig, strategisch -und bloß nicht panisch, an die Krise heran gehen. Also nicht einfach „raus mit dem Geld!“. Ich denke es ist gefährlich, wenn der Staat weiterhin auf die alten Strukturen und Wirtschaftsträger baut, anstatt frühzeitiger auf den bevorstehenden Strukturwandel zu reagieren. Deutschland ist in der Lage sehr innovativ und kreativ in Richtung Zukunft zu denken. Und ich denke das folgende Konjunkturpaket stellt eine gute Chance dar, um die Weichen im deutschen Wirtschaftssektor in Richtung Zukunft zu stellen. – Eva Speck

 

Raus aus dem Geld? Es klingt sehr verführerisch: “Der Bund” borgt sich 2020 beispielsweise 100 T€, schenkt sie den Steuerzahlern zum Ausgeben nach Belieben und muss 2030 nur 90 T€ zurückzahlen. Eine Partei, die das vorschlägt und durchbringt, würde wohl von vielen begeisterten Steuerzahlern gelobt und gewählt werden. Unterdrückt oder übersehen wird der angerichtete hohe volkswirtschaftliche Schaden: Einige kaufen sich umweltbelastend SUVs, Kühlschränke o.ä. Deren Wert wird 2030 vieleicht nur noch 50% betragen, somit Wertverlust 2030 50%. Andere machen Flüge oder Seereisen, Wert 2030 gleich Null. Demgegenüber Gewinn für den Bund: Kaum mehr als 19% Mehrwertsteuer, bei anderweitiger Geldverwendung noch nicht einmal das. Ich bin diesbezüglich Laie und verlange von der “Zeit” eine unverzügliche sachkundige Gegendarstellung zur m.E. gemeinschädlichen Meinungsäußerung ihres Herrn Schieritz.

Seit sinnloser Plünderung des Juliusturms 1958 haben wir mit riesiger Staatsverschuldung auf Kosten unserer Kinder gut gelebt. Die verheerende Folge: Der Staat kann die Zinsen nicht mehr bezahlen, durch Nullzinspolitik wird u.a. den Bürgern eine sichere Altersversorgung und den Banken ein erträgliches Wirtschaften verwehrt. Zum Glück ist unser Nachwuchs nicht mehr so dumm wie wir und erkennt den Pferdefuß: “Der Bund” ist 2020 zwar juristisch identisch mit dem 2030, aber Tausende, die jetzt noch in Ausbildung stehen, müssen für das Verprassen durch die Älteren 2030 geradestehen. Die Politiker, die 2020 glänzten, würden sich 2030 verstecken müssen; ob die Scheiben ihrer Parteibüros heil bleiben, wäre ungewiss. Würde die angeführte schwäbische Hausfrau “schwach” und leistet sich per Kredit eine Seereise, würde das für ihre Tochter übel enden, sollte ihre Mutter in der Zwischenzeit sterben. Verantwortungsvolle Eltern sorgen, außer bei nachhaltig wertvollen Anschaffungen, nur mit ihren Einkünften für sich und ihre Kinder. Eine verantwortungsvolle Staatsführung sollte sich ebenso verhalten. Ein Wunschtraum? – Rolf Bachmann


 

Leserbriefe zur Grafik „Essen für alle“ von Matthias Schütte und Dirk Asendorpf

Deutschland importiert Tiefkühlerbsen aus China, Brokkoli aus Ecuador, Champignons aus Indodesien, Polen, Thailand und den Niederlanden, Auberginen, Tomaten, Zucchini und Olivenöl aus Spanien, Cayennepfeffer und Kokoscreme aus Thailand, Bohnen, Spinat und Karotten aus Belgien, Bambussprossen, Wasserkastanien, Erbsen, Fenchel, Honig, Paprika, Zucchini aus China, Quinoa, Brokkoli und Hähnchenbrüstchen aus Brasilien und Polen, Hartweizengrieß und Linsen aus Kasachstan und Kanada, Reisstärke aus Argentinien und Uruguay, Mango und Spargel aus Peru. Deutschland als Industriestandort betreibt anscheinend (fast) keine Landwirtschaft mehr, außer der „unartgerechten“ Massentierhalterei. – Riggi Schwarz

 

UNLAND – was für ein Wort!
Die Landfläche unsere Erde besteht also zu 32 % aus Unland. UNLAND – was für ein Wort! Und was für eine Haltung steht dahinter!? Für mich unglaublich, dass diese Anschauung heute im Angesicht des zunehmend verfeinerten Wissens über unseren Planeten tatsächlich immer noch, und anscheinend problemlos, als Information weiterverbreitet wird. „Unland (Wüsten, Berge, Gletscher …)“, also die Erdoberflächen, die unserer Ausbeutung bisher noch nicht so einfach zugänglich gemacht wurden, werden verächtlich abgewertet. Wenn das in einer Geographieuntersuchung der 1930er Jahre stehen würde, könnte man es wenigstens noch historisch einordnen. Aber heute 2019?

Wenn wir Menschen es, angesichts von z.B. massiver Klimaveränderungen, nicht schaffen wenigstens unsere Einteilungen im Kopf auf den aktuellen Stand zu bringen, hinken wir unseren Potentialen wirklich jämmerlich hinterher. Natürlich haben es die Bearbeiter dieser Seite Infografik nicht zu verantworten, wenn tatsächlich aktuelle Quellen solchen „UNFUG“ schreiben. Aber unkommentiert möchte ich das nicht lassen. Zumindest solange wir noch im Konsens davon ausgehen, dass Begriffe, Worte, Bezeichnungen in unserer Kommunikation und damit auch in unserem Denken etwas bewirken. – Andreas Bejenke

 

Ein so komplexes Thema wie die Welternährungsproblematik in wenigen Grafiken und Kernsätzen darzustellen ist zugegebenermaßen schwierig. Dennoch möchte ich in der Aussage dass „viel Verzehr von Fleisch , Eiern und Milchprodukte (wohl Butter und Käse gemeint?)“ die Fettleibigkeit verursachen auf das heftigste widersprechen. Dies ist blanker Unfug und geradezu VOLKSVERDUMMUNG wenn es im Fach „Wissen“ der Zeit verbreitet wird. Die Ursache von Fettleibigkeit sind Kohlenhydrate, Zucker (auch und vor allem Fruchtzucker! Aber auch Milchzucker/Laktose.), Alkopops und gesüßte Limonaden aller Art und keineswegs Fleisch, Fisch, gereifte Käsesorten (Bergkäse, Parmesan u ä. ist 0% Laktose nur Eiweiß), Butter oder Eier! Es gibt keine einzige Studie die diese von Ihnen verwendete Behauptung belegen. Die Deutsche Ernährungsgesellschaft rät nur deshalb – wieder besseren wissenschaftlichen Wissens – zu mäßigen Fleischkonsum, weil weltweit gesehen die Produktion von tierischem Eiweiß ökologisch d.h. im Ressourcenverbrauch problematisch ist einschließlich Wasser- und Co2- Bilanz. Die beiden Ebenen Gesundheit und Ökologie wird in der politischen Diskussion und auch in den – Gott sei geklagt – „seriösen“ Medien ständig vermischt. Dadurch leidet die Glaubwürdigkeit zu beiden Ebenen!!!

Ich kann Ihnen gerne ein Gespräch mit einem Ernährungswissenschaftler und Ökotrophologen (Diplomiert an der Uni Hohenheim bei Stuttgart) der in seine Berufs Praxis ständig mit diesen, durch den in Medien verbreiteten Vorurteilen irregeleiteten Menschen zu tun hat, die gerade deshalb von Ihrer Fettleibigkeit eben nicht loskommen!!! – Josef Kuligovszky


 

Leserbriefe zu „Die Täter ächten“ von Josef Joffe

Jens Jessens Leitartikel am 8. August („Die Täter ächten“) zu den Morden in den USA leistet einem gravierenden, ja gefährlichen Missverständnis Vorschub. Die Täter (Mörder) ächten? Einspruch! Jens Jessen ist es leider entgangen, dass jeder demokratische Rechtsstaat genau auf der heiligen Unterscheidung beruht, glasklar zwischen der Person und ihren Taten bzw. Handlungen oder Aussagen zu unterscheiden – deswegen machte Jesus aus Nazareth auch das Gebot der Feindesliebe zum einzigen Unterscheidungsmerkmal der Christen und richtete stadtbekannte Sünder wie die Ehebrecherin auf und aß sogar mit ihnen („Tut denen Gutes, die euch hassen; liebt eure Feinde!“). Demokraten und damit Gerichte achten die Täter (Sünder) – oft unerträglich für die Opfer, deren Zorn bisweilen dazu führt, Selbstjustiz üben zu wollen bzw. Sünder in die Hölle schicken zu wollen -, aber ächten ihre Taten (Sünden). Achtung vor den Tätern bedeutet, gebotenen Respekt vor den Personen zu üben, die eine Zumutung darstellen – genau das bezeichnen wir bekanntlich erst als Toleranz! Toleranz beginnt erst dann, wenn es wehtut und schmerzt. Niemals darf ein demokratischer Rechtsstaat, der genau deswegen vor Gericht die Taten eines Menschen verurteilt, aber den Täter als Menschen in seiner Würde restlos achtet und schützt, diese Unterscheidung preisgeben, sonst gibt er sein Fundament auf. – Pfarrer Felix Evers

 

Wohl keine Demokratie der Welt erträgt auf Dauer eine politische Führung ohne moralische Integrität und Glaubwürdigkeit. Geradezu zwangsläufig werden die (latent) radikalen Kräfte einer Gesellschaft vermehrt und verstärkt. Theodor W. Adorno hat dies als „Wundmal“ einer unvollständigen Demokratie bezeichnet. Donald Trump, der die Politik der USA teilweise mit atemberaubender Vernunfts- und Verantwortungslosigkeit prägt, erntet zunehmend den Hass, den er mitgesät hat. Und in dieser morbiden Stimulanz ruft der amerikanische Präsident nun eben nach der Todesstrafe. Demokratischer Frieden und Liberalismus indes werden nur auf einem schmalen Grat erreicht. Offenkundig ist dieser seit geraumer Zeit zu schmal für eine innere Versöhnung und eine einheitliche Würde der Vereinigten Staaten. – Ira Bartsch

 

„Hinter den Killern standen weder Führer noch Strukturen“. Ich halte diese Feststellung nicht für „tröstlich“, wie der Autor meint, sondern für falsch. Sind Gedanken und Vorstellungen über die Welt keine Strukturen? Lernen wir nicht alle, dass Gedanken und Ideen zunächst „strukturiert“ werden müssen, damit aus ihnen realisierbare Pläne abgeleitet werden können, bevor diese in konkrete Maßnahmen, sprich Taten umsetzbar sind? Auf S.4 zeigt Frau Kohlenberg („Im Netz des rechten Terrors“) detailreich auf, welch stabile Denkstruktur mit der Vorstellung einer „weißen Vorherrschaft“ sich in den USA etabliert hat, wie diese in eine gezielte Umorganisation der Sicherheitsbehörden mündete und wie der unanständigste Präsident der USA diese Umstrukturierung vorantreibt und nach belieben für seinen Vorteil ausnutzt. – Jürgen Pilz


 

Leserbriefe zu „Verrückt nach mir“ von Heike Faller

Das Wortbildungs-Element -ismus darf nur so – mit einem einzigen –s– geschrieben werden. Gleiches gilt für die Person, die dem -ismus anhängt: Sie ist ein -ist oder eine -istin. In DIE ZEIT und sicherlich in sehr vielen anderen Zeitungen und sonstigen Medien stößt man immer wieder auf –ss-Schreibungen in den Wörtern Narzissmus/Narzisst. Die namengebende Person ist der aus der griechischen Antike überlieferte Narkissos, später im lateinischen Umfeld Narzissos. Der Name ist eingedeutscht und z.B. von Hermann Hesse übernommen als Narziß im Titel der Erzählung Narziß und Goldmund. Ob bei Hesse die -ismus-Bildung vorkommt, kann ich im Moment nicht überprüfen. Wenn ja, dann kaum mit –ss-. Nach dem Namen der mythologischen antiken Person kann nur Narzissismus erwartet werden. -ißmus-/-issmus-Bildungen gibt es nicht bei Narzissos. Hieße die Person (griech. ) Narzos oder Narkos, wäre diese verkürzte Form möglich. Klammerformen kommen im Deutschen selten vor: Zu einem „Zauberer“ gehört die „Zauberin“, nicht die korrekt von „Zauberer“ abgeleitete „Zaubererin“. In dem ZEIT MAGAZIN vom 8.8.2019 hätte auf dies Problem eingegangen werden können. – Leopold Schütte

 

Lang, lang nach der Ankunft der ZEIT habe ich mir überlegt, ob ich mir d a s = Ihren Artikel antue. Hab’s aber trotzdem getan. Frage an Frau Elinor Greenberg: Hält sie es für möglich, daß „man“ auch deshalb zu bestimmten Zeiten Beziehungen beendet, weil man es längst hätte tun sollen und weil nun ein Punkt erreicht ist, an dem „man“ bestimmte Verhaltensweisen / Äußerungen einfach wirklich nicht mehr ertragen kann, weil sie einen noch Mehr niederdrücken? Deshalb muß man den anderen nicht schwarz / weiß sehen bzw. verdammen. Nur: „ mit uns beiden… geht es im Moment nicht“. (Ging es schon lange nicht gut.) Und: Ist es – und das ist wirklich eine Frage – ist es nicht besser, sich zu verabschieden von denen, die es nicht ertragen können, daß „man“ einen anderen Menschen sehr, sehr mag, gar liebt, und die häßliche Worte finden für diese Menschen bzw. Druck machen, sobald die Freude des Wiedersehens sich zeigt, als die Beziehung zu eben diesen geliebten Menschen zu verlieren, die Freude auslösen, Wärme geben und einen in der Welt zuhause sein lassen.

Im ZEITmagazin war vor längerer Zeit einmal ein Artikel über die „Whatabouts“. Daran sind bei mir erwünschte und in die Wege geleitete Klärungen gescheitert. W i r k l i c h zuhause in der Welt, getrost über den Augenblich hinaus bin ich schon lange nicht mehr. Der Faden, an dem ich mich entlanghangle und der mich hält, wird täglich, stündlich neu gesponnen. Daß dabei wenig Aufmerksamkeit bleibt für andere…. Versteht sich vielleicht. Ist „man“ deshalb ein Narzißt ? – Beate Schwärzler


 

Leserbriefe zu „Drei Fußballfelder pro Minute“ von Thomas Fischermann

Geld verändert die Menschen nicht,
aber Geld potenziert, wer und was du bist!
Bist du gut, macht Geld dich besser,
bist du ein großes Arschloch,
wirst du ein Riesen Arschloch! (Will Smith, Schauspieler *1968)

Vielleicht verdirbt Geld den Charakter. Auf keinen Fall macht der Mangel an Geld ihn besser. (John Steinbeck, Autor, 1902-1968)

Alles, was wirklich nützt, ist für wenig Geld zu haben. Nur das Überflüssige kostet viel. (Axel Munthe, Autor, 1857-1949)

Viele Menschen, manchmal besonders kluge, meinen, dass Geld alles ist. Sie haben recht. (Ephraim Kishon, Schriftsteller, 1924-2005)

In der ersten Hälfte unseres Lebens opfern wir die Gesundheit, um Geld zu erwerben, in der zweiten Hälfte opfern wir unser Geld, um die Gesundheit wiederzuerlangen. (Voltaire, eigentlich: Francois-Marie Arouet, Philosoph, 1694-1778)

Für eine Handvoll Geld, opfern wir unsere Welt! (kapejott) – Klaus P. Jaworek

 

In seinem Beitrag schreibt Thomas Fischermann sehr eindrücklich über die Abholzung des Amazonaswaldes. Das ist wohlfeil und passt zum Mainstream. Denn mit welchem Recht macht er Ländern wie Brasilien Vorwürfe? Herr Fischermann bräuchte nur an der Alster zu joggen oder durch Eppendorf zu spazieren, dann würde er sehen, dass es dort so gut wie keine blühenden Pflanzen gibt. In diesen grün wählenden Wohlfühl- und Besserwisser-Regionen gibt es nur Monokulturen. Alles andere würde den Gärtnern ja zu viel Arbeit machen. Auch in Niedersachsen oder Mecklenburg ist die Artenvielfalt platt gemacht worden. Zugunsten einer „grünen“ Energiewende und einer industrialisierten Landwirtschaft. Es ist sehr ehrenwert, die Welt retten zu wollen. Aber man macht es sich zu einfach, wenn man nur den Entwicklung- und Schwellenländern Vorschriften macht. Solange wir nicht begreifen, dass wir damit in Hamburg und in Deutschland anfangen müssen, ist das Heuchelei. Und arrogant. – Gottfried Unterweger


 

Leserbriefe zu „»Peinlich, daneben und anmaßend«“ von Mariam Lau

Vielen Dank für dieses Interview, nicht nur wegen der Schilderungen zur Situation in der DDR 1989, sondern auch wegen des zurückhaltenden Tons in seinen Einschätzungen und der durchgehend sachlichen Kritik an der AfD und ihrem Umfeld. Neben klugen Gedanken enthält es auch die ein oder andere interessante Information – gerade für Westdeutsche wie mich ohne große Bezüge zu den neuen Ländern, die wohl die Mehrheit der ZEIT-Leser darstellen. Das Interview lässt keinerlei Bemühen erkennen, sich einem bestimmten politischen Lager anzubiedern. Derartige Einschätzungen und Einsichten sind leider selten zu lesen, weder in Artikeln zu der Frage, warum „im Osten“ so viele Menschen die AfD wählen noch in der Reihe „Ruf des Ostens“ in der ZEIT. Es hätte gerne auch noch weiter vorne stehen oder schon vor drei Jahren erfolgt sein dürfen. Das Kompliment gilt nicht nur dem Interviewten, sondern auch der Interviewerin für die klugen Fragen. – Christian Schäfer

 

Was für ein entsetzliches Gejammer! Ich habe da ein paar Vorschläge für unsere lieben Mitbürger in den neuen Bundesländern:Unsere lieben Mitbürger aus den östlichen Bundesländern fühlen sich laut Herrn Schröder also gekränkt, mundtot gemacht. Nun, dem kann man Abhilfe schaffen. Es wird als neuer gesetztlicher Feiertag der „Tag der Wertschätzung“ oder auch DDR-Gedenktag eingeführt. Als Datum eignet sich dafür vortrefflich der 07. Oktober, der ehemalige Tag der Republik der so schmerzlich vermissten, kuschelig-heimeligen DDR – ach was war es doch früher schön… Ganz Deutschland flaggt Halbmast und gedenkt den Leistungen der lieben neuen Mitbürger und bekundet allgemeine Wertschätzung. Wir bedauern Sie dafür, dass sie 1991 nicht ihren sehnlichst erwarteten, 1977 bestellten Trabant in Empfang nehmen durften. Wir bedauern Sie dafür, dass sie stattdessen ihren Opel Manta gleich an den nächsten Alleebaum gesetzt haben Wir bedauern…

Aber auch den 30 Jahre später noch immer geschundenen und unterdrückten ehemaligen DDR-Bürgern gedenken wir. Wir gedenken der Schandtaten der Treuhand, die die ostdeutschen Innovations- und Weltmarktführer rücksichtslos platt machte und die prosperierende ostdeutsche Wirtschaft ruinierte. Wir gedenken dem historischen Kopfsteinpflaster welches die pittoresken Städte der DDR schmückte, Wir gedenken der unberührten, malerischen Landschaften die noch nicht durch sechsstreifige Autobahnen und ICE-Strecken entstellt waren. Wir gedenken… Ach,… war es nicht schön… ABER, liebe ehemaligen DDR-Bürger, es gibt Hoffnung.

Ihr müsst die unterirdische, alternativlose deutsche Politik und Pseudo-Altparteien-Demokratie nicht ertragen. Profitiert doch einmal von der so verachteten EU und nutzt die Freizügigkeit. Gar nicht so weit weg vom arroganten Wessi gibt es noch das eine oder andere paradiesartige Fleckchen Erde. Und mit Viktor Orban, Liviu Dragnea oder Jaroslaw Kaczynski auch noch den einen oder anderen wirklich fähigen und unbestechlichen Politker in Europa. Politiker, die noch wirklich die Interessen ihres Volkes vertreten! Und in den wunderschönen Ländern Ungarn, Rumänien, Polen, aber auch in Tschechien oder Bulgarien werdet ihr bestimmt noch ein Fleckchen Land (und sicher auch das eine oder andere Städtchen) finden, in dem die Welt noch so richtig in Ordnung ist. So wie ihr das von früher liebt und kennt. Diese glücklichen, beneidenswerten Länder mussten nämlich nicht den arroganten, wirtschaftstarken Besser-Wessi ertragen. Lediglich die böse EU gilt es dort ein wenig auf Distanz zu halten. Aber da könnte ihr beruhigt sein, bis die in der Walachei mit ihrer Autobahn angekommen ist, dauert es noch ein paar Jahre. Eine Zumutung gibt es allerdings auch da: Wladimir verehrt man dort nicht so uneingeschränkt. Ob ihr das vielleicht aushalten könnt. – Axel Jeske


 

Leserbriefe zu „Über den Umgang mit Nazis in den Jahren nach 1945 und den Unterschied zwischen Moral und Staatskunst“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Ich habe noch nie einen sachlich so zutreffenden Artikel von Ihnen gelesen, wie den vorigen und vermute, dass sie dabei vielfältig aus “Wolfszeit” lediglich zitiert und daraus “Textbausteine” verwendet haben. Aber zu einigen Punkten erlauben ich mir Nachfragen bzw. Bemerkungen, weil ich den “Unterschied zwischen Moral und Staatskunst” nicht zu erkennen vermag und auch sachliche Einwände habe.. Dass Deutschland am Kriegsende, von den `Kommunalverwaltungen” bis hin zur “Regierung, Ministerien etc.) und oberen Institutionen (Polizei, Justiz usw.), nicht ohne “Nazis” hätte funktionsfähig aufgebaut werden können, ist nicht neu und bedarf eigentlich keiner Erwähnung. Ich habe diese Zeit des Aufbaues und der Erneuerung miterlebt. Dass Sie ausgerechnet “Globke” als Beispiel für “ein Signal an alle Mitläufer” – nicht nur hervorheben, sondern – im Sinne Adenauers -als `kluge Entscheidung´ `zu glorifizieren´ scheinen, e m p ö r t mich geradezu ! Und ich verwahre mich auch gegen Ihre pauschale Begrifflichkeit, Adenauer sei ein “kluger Mann” gewesen !
* Wissen Sie nicht, dass Adenauer und von Papen mit Goering das Konkordat ausgehandelt haben, das als Voraussetzung für die Zentrumspartei gesehen wurde, Hitler zur Macht zu verhelfen?
* Wissen Sie nichts über die “Stalin-Note”? Lesen Sie: – “Die Ära Adenauer”, Fischer Bücherei 1964; Seite 30 ff. v. Rudolf Augstein und – “Kabale am Rhein”, Wartburg Verlag 1994; von Rudolf Jungnickel.
* Und was Sie als “ekelerregend” und SS-Angehörige pauschal als `Massenmörder` bezeichnen, finde ich schlicht als “anmaßend”, weil auch Sie – als Journalist – nach Trumps Definition, ein “Fake” (beständiger Lügner, Falschmelder) seien.
Wollen Sie all das und mehr – an Adenauers “Versagen und Korruption” als “weitsichtig” er gar “klug” `definieren´ ? Selbst das, was er in seinem eigenen Interesse – wie er auch seine “Verfolgung durch die Nazis – und sich als Opfer der Naziverfolgung” – dargestellt hat ? Selbst zu Lasten seiner Frau ! ? Und dabei stand er unter dem Schutz der Nazis, selbst als er in Maria Laach Rosen gezüchtet hat ! Oder glauben Sie ernsthaft, die Nazis (SS) hätten nicht gewusst, wo sie seiner hätten habhaft werden können, wenn nicht Goering “die Hand schützend über ihn gehalten hätte? N e i n , Adenauer war ein raffinierter – durchtriebener – egoistischer und u n m o r a l i s c h e r Mensch, den sprichwörtlich “Sein dummes Geschwätz von Gestern” n i e interessierte. Und Ihr Zitat: “Man schüttet kein schmutziges Wasser weg, solange man kein sauberes hat” ! , ist zweifellos eine generell “kluge” Lebensweisheit. Aber eine – in Ihrem Zusammenhang dargestellte Aussage – eher eine von –– Menschenverachtung zeugende – unmoralische Einstellung ! Herr Martenstein, ich lese Zeit und Magazin seit 50 Jahren; auch Sie – seit Sie zu lesen sind. Sie waren mir bisher gleichgültig. Aber dass Sie sich jetzt mit dem “abkupfern” eines Buches, eines anderen Autoren Gedanken etc. begnügen, spricht nicht gerade für Sie. Immerhin ist das mal ein neuer Ansatz: sonst wissen Sie ja eh nur über “sich und aus ihren persönlichen Erlebnissen” eine “Storry” zu erstellen. – Nikolaus Krost

 

Sie sagen zurecht, dass es Adenauers Staatskunst war die alten Nazis zu integrieren. Die Mitläufer, Anpasser, Opportunisten bekamen ihre Chance in der jungen BRD. Aber ich meine auch, er ist zu weit gegangen. Die meisten der Verbrecher und Mörder kamen durch eine Art Amnestie ohne Sühne davon. Das hätte nicht passieren dürfen und erzürnt mich gewaltig bis heute. Es raubt mir noch manchmal den Schlaf. Die BRD hätte auch funktioniert, wenn diese Leute ihrer gerechten Strafe zugeführt worden wären. – Heinz Schwalb


 

Leserbrief zu „WM 2006: Kommt jetzt raus, ob das Sommermärchen gekauft war?“ von Matthias Daum

Im Jahre 2006, da gab es in Deutschland ein „Sommermärchen“ mit Fußball. Fußball wird in Deutschland weitergespielt, aber die Sommer-Märchenstunde, die ist schon längst vorbei! – Klaus P. Jaworek


 

Leserbrief zu „Verkehr: Gibt es bald noch mehr Elektroroller?“ von Ann-Kathrin Nezik

Die „E-Scooter-Armadas“ entern sich gegenseitig schwer, um dann am Ende des Tages als lahme Enten, ganz energielos rumzustehen, und noch dümmer, als dumm dreinschauen zu müssen! – Klaus P. Jaworek


 

Leserbrief zu „Worüber denken Sie gerade nach, Corine Pelluchon?“ von Elisabeth von Thadden

„Die europäische Philosophie“, heißt es im Artikel, „in deren Zentrum die menschliche Autonomie durch Vernunft steht, macht gegenwärtig einem Denken der Verwundbarkeit Platz. Statt des stolzen Subjekts, das die Welt autonom gestalten konnte, rückt nun das verwundbare, leidende Individuum ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Und während in politischen Bewegungen auf der Rechten die Abweisung des Anderen, des störenden Fremden und die aggressive, identitäre Besinnung aufs Eigene zunehmen, gewinnt im philosophischen Denken die Entdeckung des kreatürlichen Menschen mit seiner Bedürftigkeit an Raum.“ Als Parallele in der Geistesgeschichte drängt sich mir eine umgekehrte Entwicklung auf: Ich denke zum Beispiel an den mächtigen römischen Kaiser Konstantin, der zu Beginn des vierten Jahrhunderts dem unbesiegten Sonnengott, Sol Invictus, den biblischen Messias überstülpte und das Römische Reich „verchristlichte“. Zuvor waren die Christen dem leidenden Gott gefolgt, der für die Wahrheit starb und “den Sinn für den verwundbaren Menschen [weckt]“. Die ursprüngliche Haltung der Christen in den ersten, nichtstaatlichen Jahrhunderten des Christentums, lässt sich am besten durch die Worte Tertullians wiedergeben, nach denen die Heiden von den Christen sagten: „Seht, wie sie einander lieben!“

Die europäische Geschichte ist seit dem vierten Jahrhundert von einem Christentum geprägt, in dem in problematischer Weise Macht mit Gottesfürchtigkeit vermählt wurde. Jesus hatte aber vor seinem Tod seinem Richter gesagt: (Joh. 18,36-37): „Mein Königreich ist nicht von dieser Welt. Wenn es so wäre, hätten meine Diener gekämpft, … Aber jetzt ist mein Reich nicht von hier.“ „Also bist du doch ein König“, sagte Pilatus. „Du hast Recht“, erwiderte Jesus, „ich bin ein König, ich bin dazu geboren. Und ich bin in die Welt gekommen, um für die Wahrheit einzustehen. Wem es um die Wahrheit geht, der hört auf mich.“ Und in Matth. 5, 44-45 heißt es: „Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen. So erweist ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne über Böse und Gute aufgehen und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ Autonome Vernunft kann die Einheit von Wirklichkeit, Wahrheit und Lebenssinn nicht finden. Im Laufe der Geschichte hat es unterschiedliche Schwerpunkte bei dieser Suche gegeben: Einige Elemente wurden überbetont und andere vernachlässigt, aber alle gehören zusammen.

Die Vernunft kann auf der Suche nach Wahrheit helfen, aber sie kann auch oberflächlich und stolz werden und den Sinn für den Gesamtzusammenhang verlieren. Gefühle können Freude und Freiheit schenken, aber auch Leid und Chaos mit sich bringen. Macht kann Ordnung und Frieden sichern, aber auch zur Unterdrückung führen. Autoritäten können Wahres weitergeben, aber auch Falsches zementieren. Man denke an religiöse Institutionen oder an die Wirkung von Platon. Der britische Philosoph und Mathematiker Alfred North Whitehead sagte: „Die sicherste allgemeine Charakterisierung der philosophischen Tradition Europas lautet, daß sie aus einer Reihe von Fußnoten zu Platon besteht.“ (Prozess und Realität, Teil II, Kapitel 1, Abschnitt 1, S. 91.)

Die Wirklichkeit ist unfassbar komplex und vielschichtig vernetzt – ganz unabhängig von unserer Beobachtung dieser Tatsache. Es gibt vielerlei Erklärungsaspekte. Z.B. können naturwissenschaftliche Beschreibungen elektrochemischer Prozesse im Gehirn bei Gefühlen diese Gefühle nicht ursächlich, geistig und im Gesamtzusammenhang erklären. Naturwissenschaftliche Beschreibung ist kein Ersatz für die Erfassung geistiger Prozesse. Vielmehr ist ein geistiges Gesamtkonzept die Voraussetzung für zielorientierte Funktionen. Wir sollten lernen, alle Elemente, wie z.B. Vernunft, Gefühle, bestätigte und berechtigte Autoritäten in einem ausgewogenen Zusammenspiel zu erkennen.

Wenn ich mit meinem Auto aus der Garage herausfahren will, müsen eine Reihe von Voraussetzungen erfülllt sein. Das Garagentor muss offen sein. Ich muss den passenden Schlüssel haben und ihn richtig ins Schloss stecken. Der Motor muss richtig arbeiten. Die Räder müssen montiert sein. Benzin muss sich im Tank befinden und vieles mehr. Wenn eins davon fehlt, funktioniert das Ganze nicht. Unfassbar viele Komponenten müssen zueinander genau in der richtigen Beziehung stehen, damit auch nur eine einzige der 30 Billionen menschlichen Zellen richtig funktionieren kann. So sollten wir bei der Beurteilung der Wirklichkeit alle notwendigen und ausreichenden Dinge in Betracht ziehen. Autoritäten, z.B. Menschen, durch die Gott nachweislich im historischen Kontext geredet hat, sollten nicht außer Acht gelassen werden, um ein ganzheitlich-rationales Gesamtbild zu gewinnen. Eine Ethik der Wertschätzung Anderer und des Kreatürlichen kann aus einer realistischen Einschätzung der Gesamtwirklichkeit erwachsen, bei dem der Schöpfer und sein Reden und Handeln mit berücksichtigt werden. – Gerhard Jahnke


 

Leserbrief zu „Polnische Hausfrauen“ von Jens Jessen

Mit einem Vorurteil sollte man gleich Schluß machen: In Rusßland, in der Ukraine, in Polen, in den meisten östlichen Ländern steht die Mathematik, Rückrat für Intelligenz, höher im Kurs, das heißt höher im Ansehen und in der Schule, als in den meisten westlichen Ländern – mit Ausnahme vielleicht von Frankreich. Das mag laut der herrlichen Glosse Grund dafür sein, dass Google polnische Leiharbeiter für die Verbesserung von Alexa’s Sprachverständnios engagiert hat. Nun habe ich schon etwas gegen den in die Umgangssprache gewanderten Fachausdruck “Künstliche IntelligenZ” (KI). Denn jede KI ist zunächst von Menschen in Computer programmierte, implantierte Intelligenz. Der Unterschied ist nur, dass bei der heutigen Hardwarentwicklung Datenansammlungen (Big Data, Internet-of-Things, IoT) und Verarbeitungsgeschwingkeiten erreicht werden, die in diesem Umfang und in dieser Schnelle vom menschlichen Gehirn nicht möglich sind.

Die Lernfähigkeit gilt als höhere Form der KI. Dabei ist die Lernmethode auch vor-determiniert – programmiert. Sie umfaßt, Facebook&Co machen es vor, einmal die Aufnahme aller denkbaren persönlichen Daten und dann die Interpretationen, Ausdeutungen für die verschiedensten Zwecke. KI gewinnt dadurch unheimliche Eigenschaften, dass sie sich verselbständigen kann wie etwa bei Fernlenkwaffen. Die können sich “intelligent” ihren Weg bahnen, das vorgegebene Ziel finden und zerstören. Jede Programmierung kann Komponenten einschließen, die unheimlich und zerstörerisch sind: Programme können einfach so gestaltet werden, dass sie Änderungen und Stopps ausschließen, Auch können sie absichtliche oder zufallsgesteuerte (Zer-)Störungen beinhalten. Der Intelligenzbegriff ist schon schillernd und reicht von der mathematischen Intelligenz bis zur Strategie- und Taktikfähigkeit sowie bis zum Intellekt, Zusammenhänge zu “blicken” und zu bewerten. Bei Tieren (sogar bei manchen Pflanzen) kann man “Strategien” für Kampf und Verteidigung, allgemein fürs Überleben beobachten, die man “intelligent nennen könnte. Das wäre dann “tierische (pflanzliche) Intelligenz”.

Politisch und von der Autoindustrie wird besonders die Forschung und Förderung des “autonomen Fahrens” als Anwendung von KI betrachtet. Das ist zugleich ein Beispiel für diffuse Begrifflichkeit: Autos hießen deswegen so, weil sie einen eingebauten Antrieb hatten und nicht mehr auf Zugpferde angewiesen werden. Man müßte von autonomen Gefahren-Werden sprechen (wenn nicht sogar vom behütetem Fahren). Ob herumirrende KI-Autos wirklich die Verkehrsdichte in Städten und auf Autobahnen vermindern (oder sie erhöhen!) ist sehr fraglich. Die Autoindustrie verbindet damit eher die Vorstellung, mit der KI-Masche mehr PKWs und LKWs zu verkaufen. Die Angst wird sich verstärken. Während man vom traditionellen Verkehr erhofft, dass sich Menschen umsichtig verhalten, weiß man bei den Autonomen nicht, wie sie programmiert sind. Man kann sich auch vorstellen, dass man bis vors Theater fährt, das Auto dann autonom einen entfernten Parkplatz aufsucht (oder ums Karree kreist) und zum Vorstellungsende wieder vorfährt, von da bis zum Restaurant usw. Das hilft weder der Verkehrsdichte noch der Umwelt. Schließlich: Wer sich Alexa in die Wohnung holt, kann nicht intelligent sein. Während Europa nur überleben kann, wenn es sich von der fast totalen, digitalen Abhängigkeit von Staaten und Unternehmen außerhalb der EU-Einflußbereichs löst, von der Abhängigkeit von Plattformen. Es sind ja nicht nur die privaten Daten, die zur Werbung und polititschen Beeinflussung verwendet werden können. Es is ja die wirtschaftliche Plattformabhängigkeit jeder “APP” der Start Ups, die Abhängigkeit des öffentlichen Bereichs von Windows, die angestrebte G5-Vernetzung der Industrie uam. Dabei könnte man die Alexa-Funktionalität und den Spaß auch dezentral gestalten: Es gibt dezentral Anwendungen der Sicherheit, Beleuchtung, Rolläden, Heizung uam. Nur, wenn man das alles über sein Händy steuern will, begibt man sich in die Abhängigkeit der amerikanischen oder chinesischen Internetkonzerne.

“Was gar nicht geht” (wie Gabor Steingart sagen würde) ist, dass die ZEIT ausgerechnet in WISSEN Schaumschläger über die Lernbereitschaft von Robotern parlieren läßt. Praktische Intelligenz würde die Fähigkeit des Menschen umfassen, ohne Strom, ohne Internet, ohne Händy überleben zu können. – Gerhard Schroeder


 

Leserbrief zu „Wer darf mitmachen?“ von Hannah Knuth und Astrid Ehrenhauser

Vielen Dank für Ihren Artikel über die Digitalisierung der Schulen. Man kann diesen Pakt mit Wirtschaftsunternehmen gar nicht kritisch genug sehen, denn wie heißt es so schön? “Wes Brot ich ess, des Lied ich sing”. Mir fehlen aber in der Diskussion über digitale Klassenzimmer vor allem folgende Punkte, die zu wenige kritisch hinterfragen: Die Digitalisierung ist ein Fass ohne Boden, denn in regelmäßigen, relativ kurzen Abständen sind die Geräte auszutauschen. Vor dem Hintergrund von Ressourcenschonung und Klimawandel ist die Digitalisierung damit ein totales Desaster. Es ist schön und gut, wenn die Schulen digitalisiert werden und “die Schüler zeitgemäß digital lernen können”. Aber was heißt das denn bitte? Werden die Schüler damit wirklich nachhaltiger im Denken geschult und besser auf das Leben vorbereitet? – Benedikt Flurl


 

Leserbrief zu „Drei Sprachen? Kein Problem!“ von Martin Spiewak

Danke für Ihren interessanten Artikel, den ich aufmerksam gelesen habe, da auch in meiner Familie Mehrsprachigkeit vom jüngsten Mitglied gefordert, bzw. eben auch als Chance gesehen wird. Mit einer Ihrer Aussagen bin ich allerdings nicht zufrieden. „Bekannt ist das Problem von Japanern, ein R auszusprechen“. Sorry, das sind die Chinesen. In Japan (ich war dort längere Zeit Mitte der 80ger Jahre des vorigen Jahrhunderts) heißen Schließfächer „Coinrocker“ und „Hallo“ „harro, harro“. Nur zur Info! – Dr. Sabrina Hausdörfer


 

Leserbrief zu „»Mehr Radikalität täte uns gut«“ von Tina Hildebrandt und Stephan Lebert im ZEIT Magazin

Das Interview mit Renate Schmidt hatte es in sich. Ich hätte mir bald in die Hose gemacht. Ihr Spruch mit dem „Klarsichtfenster vor der Hose“ hatte so viel Witz wie man sonst von keinem Politiker hören kann. – Gunter Knauer


 

Leserbrief zu „»Ich fühle mich schuldig«“ von Kerstin Bund

Ein kleines Licht der Hoffnung, wie die Inuit sich mit den neuen Gegebenheiten arragieren könnten. Und dann die Frage nach der Schuld. Nicht die persönliche sonder gleich als ‚Weißer‘. Erbschuld, Sippenhaft oder Geburtsfehler ? Die Antwort ist bestenfalls erbärmlich, vermutlich heuchlerisch. Die Frage nicht minder. – B. Hadowski


 

Leserbrief zu „Verteidigen wir Europa“ von Jonathan Hackenbroich und Mark Leonard

Die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 muss unbedingt bis zum Ende gebaut werden. Wenn Gas aus Russland geliefert wird ist das die beste friedliche Verteidugung Europas. Auch nach Putin wird keine Russlandregierung auf den Gedanken kommen seine Hauptabnehmer von Gas zerstören zu wollen. Gegen Sanktionen der USA gegen einzelne europäische Firmen würde es helfen, wenn wir Europüer die Sanktionen auf alle europäische Firmen so lange ausweiten bis die USA die Sanktionen zurück nimmt. Nicht nur Europa auch die USA würde von dem wirtschaftlichen Schaden getroffen werden. Da gäbe es Hoffnung auf die Zeit nach Trump. – Dipl.-Ing. Walter Blischke


 

Leserbrief zu „E-asy Rider“ von Harro Albrecht

Bisher bin ich davon ausgegangen, dass die Zeit nicht dem Zeitgeist hinterherläuft und nach Recherche objektiv berichtet.. Ihr Artikel ist aber der allgemeinen Umwelthysterie geschuldet und bedient landläufige Klischees. In Deutschland gibt es einen Bestand an Fahrzeugen von insgesamt 64 Mio., davon sind PKW 46 Mio.. Die zweirädrigen Fahrzeuge betragen vom Gesamtbestand rd. 5%. Da sind aber alle Zweiräder enthalten wie Roller, Kleinstkrafträder und Motorräder. Welche Umweltentlastung soll hier stattfinden? Der Anteil an der Umweltbelastung ist absolut zu vernachlässigen (1mg vs. 120mg ). Es wird in Ihrem Beitrag letztlich nur die eingeschränkte Nutzung des E-Bike beklagt. Wie sich aber die Umweltbilanz eines E-Bikes von der Gewinnung der Rohstoffe, über die Herstellung der Batterien bis zu endgültigen Fertigstellung darstellt wird nicht erörtert. Im Übrigen fahren die meisten Biker nur in der Freizeit und nicht jeden Tag, wie viele PKW-Fahrer.

Dann werden mit folgenden Schlagworten Klischees bedient: Die Gefährten sind laut, gefährlich, technisch veraltet, Knatter und Bollergefährte, Benzin-Kraftprotze, Benzinköpfe, lautstarke Auftritte, aufgemotzte Auspuffanlagen usw. Was soll das ? Als wäre jeder Motorradfahrer in diese Kategorien einzuordnen. Wie viele Biker fahren eine Maschine auf dem letzten Stand der Technik, leise, regelkonform und vernünftig. Das Motorrad kann seinen Beitrag zur Umweltentlastung leisten, es braucht weniger Platz, beschädigt nicht die Straßen und hat einen geringeren Verbrauch. Das kann natürlich auch ein E-Bike, aber bitte mit sachlicher und objektiver Berichterstattung. – Manfred Wyrwoll


 

Leserbrief zu „Stimmt’s?“ von Christoph Drösser

Die in dem Artikel enthaltene Aussage, alle Grundrechte gälten unabhängig von Nationalität oder Aufenthaltsstatus für alle, die sich im Land befinden, ist falsch. Es gibt mehrere Grundrechte, die das Grundgesetz ausdrücklich nur Deutschen zubilligt: Artikel 8 (Versammlungsfreiheit), Artikel 9 (Vereinigungsfreiheit), Artikel 11 (Freizügigkeit), Artikel 12 (Berufsfreiheit). – Horst F. Koops


 

Leserbrief zu „Angela Merkel und der Abschied der Königin“ von Jan Ross

Dass Papparazzi die Kanzlerin überall verfolgen ist altbekannt. Auch dass die Bild-Zeitung unbedingt ein Foto von ihr braucht im Urlaub. Aber dass die ZEIT sich diesem Trend anschließen muss, das Foto drucken, auch noch interpretieren, warum die Kanzlerin genau dieses Buch liest, es empört mich. Vielleicht will sie einfach nur einmal lachen, alles hinter sich lassen, wissen, wie andere einen (und nicht DIESEN“) „Tyrannen“ sehen. Es gibt inzwischen unzählige solcher Romane. Selbst Bill Clinton is missing the president. Lasst doch diese Frau einfach mal Urlaub machen. Schwer genug ist es für sie bestimmt, einfach abzuschalten. – Christa Zemke


 

Leserbrief zu „Die Angst der Maschine“ von Eva Wolfangel

Nicht der Computer ist intelligent, sondern sein Programmierer. Schon der Begriff der „Künstlichen Intelligenz“ verwischt diesen kategorialen Unterschied. Nun macht die schlampige Sprache auch vor dem Unterschied zwischen Gefühlen und ihrer Simulation nicht halt. Natürlich weiß auch ein mit künstlicher Intelligenz trainierter Roboter nicht, „wie es ihm gerade geht“, er nimmt seinen Körper nicht wahr, er hat keine Angst und auch kein „Bauchgefühl“. All dies sind Formen des Erlebens, die Lebendigkeit, also Leben voraussetzen. Die Simulation von Gefühlen mittels Algorithmen gleicht dem Versuch, einem Thermostat beibringen zu wollen, dass es im Kühlschrank „zu warm“ ist. Doch diese Bewertung ist unsere eigene, wir sollten sie nicht auf den Thermostat proji­zieren. Und dass ein Roboter von selbst in den Schatten läuft, wenn der Tempera­tursollwert in seinem Inneren überschritten ist, sollte uns nicht dazu veranlassen, ihm Empfindungen zuzuschreiben. Kybernetische Systeme haben keine Gefühle, sie können sie nur simulieren. Dass wir Menschen freilich auf nahezu alles, was sich bewegt, Emotionen projizieren, zeigen schon Versuche, bei denen wir Drei­ecken und Quadraten Gefühle zuschreiben, wenn sie sich „ängstlich zurückzie­hen“. Bleiben wir daher lieber genau mit unserer Sprache, sonst werden wir uns am Ende selbst als Maschinen betrachten, und unsere Maschinen als Menschen. – Prof. Dr. Dr. Thomas Fuchs


 

Leserbrief zu „Ich habe panische Angst davor, was andere über mich denken. Wie kann ich denn zu mir selbst finden?“ von Ella

An und für sich sollte mich das nicht weiter interessieren, was eine Leserin ihnen schreibt. In dem Fall tue ich es doch, weil ihre Beraterin typisch heutiges Verhalten zeigt. Ich rege mich ständig über die heutige Jugend auf, obwohl ich eigentlich ein verträglicher und loyaler Mensch bin. Die Kopfhörer sind ein Übel in unserer Gesellschaft, was verboten werden sollte. Der Herr hat sich völlig richtig verhalten. Wer im Fahrstuhl Kopfhörer trägt und dann noch von seinem Chef ein Gespräch erwartet, der kann nicht ………! Ihre Mitarbeiterin hätte es nur dann verdient, wenn sie ihrer Kopfhörer abgenommen hätte. Damit hätte sie nämlich signalisiert, daß sie gesprächsbereit ist. Das sollte man eigentlich von einer Psychologin erwarten dürfen. – Gunter Knauer


 

Leserbrief zu „Im Minutentakt“ von Lara Malberger und Doreen Borsutzki

Da ist derzeit und zu Recht überall von der Problematik der Flugzeugreisen zu lesen und Sie schreiben einen Artikel für unsere Jüngsten, der das Flugzeug (zur Sommerreisezeit) als ganz normales, kritikfries Verkehrsmittel einstuft. Allein schon der Anfang des Artikels: „Kennst du das? Du bist gerade mit dem Flugzeug gelandet…“, suggeriert, so gut wie jedes Kind ist schon einmal geflogen, fliegen ist etwas Alltägliches. Und wer das noch nicht getan hat, der sollte es unbedingt nachholen.

Das mag bei Ihnen selber vielleicht (leider) so sein, dass Sie das Flugzeug als ganz normales Verkehrsmittel einstufen. Mitten in der Klimakrise, in der wir in einer Dekade klimaneutral werden sollten (was für ein Flugzeug auch in mehreren Dekaden nicht möglich sein wird), so etwas zu schreiben, ist pädagogisch sehr zweifelhaft. Viel mehr sollten Kinder, die niemals geflogen sind, nicht wie in Ihrem Artikel ausgegrenzt sondern ermutigt werden, es gar nicht erst anzufangen. Wenn Sie schon unbedingt das Bedürfnis versprüren, Kindern einen Flughafen erklären zu müssen, dann bitte mit größer Distanz und auch mit kritischer Herangehensweise. Diese können junge Menschen nämlich sehr wohl rezipieren. – Christian v.Appen


 

Leserbrief zur Deutschlandkarte „Preisgekrönte Privathäuser“ von Friederike Milbradt

Ich schätze Ihre Rubrik der‘ Deutschlandkarte‘ – war diese Woche aber bezüglich der Darstellung bzgl. der ‚preisgekrönten Privathäuser‘ doch ziemlich erstaunt. Entgegen Ihrer Ausführungen gab es in Hamburg seit 2009 mehrere prämierte Einfamilienhäuser, sowie aus unserer Feder als auch von 3-4 Kollegen. Ich würde sogar sagen die Rubrik ist durch den relativen Wohlstand und die hohe Architektendichte sogar stärker besetzt als in anderen Bundesländern. Zum Teil waren dies Preise oder Würdigungen des BDA-Hamburg, des AIV und zum Teil im Rahmen der ‚Häuser des Jahres‘. Auch in Thüringen finden ich mit 2-3 Minuten Google-Rechercheaufwand bereits 2-3 Privathäuser mit BDA-Preisrängen. Für die Teilnahme an einem BDA-Preis muss man wie auch bei den meisten anderen Design-Preisen bezahlen.

Im ersten Schritt eine Teilnahmegebühr, im zweiten Schritt eine Kataloggebühr wenn es zu einer Prämierung kommt. Da Privathäuser eine für Architekten tendenziell eher defizitäre Angelegenheit sind, setzt man in HH bzgl. des Marketings und der Selbstdarstellung meist doch lieber auf grössere Objekte. Zudem möchten solvente Kunden Ihre Häuser oft nicht unbedingt präsentiert bzw. publiziert sehen.​ In manchen Bundesländern wird m.E. Jährlich prämiert, in Schleswig Holstein z.B. nur alle 4-5 Jahre. In ländlichen Regionen zeigt man ggf. eher was man hat und der Marktanteil des Privathauses ist für die Kollegen auf dem Land ggf. etwas relevanter. – Tim Kettler


 

Leserbrief zur Fotokolumne „WER BIST DU?“ von Florian Jaenicke im ZEIT Magazin

Ich musste weinen, als ich den aktuellen Beitrag gelesen habe, so sehr hat es mich berührt und erschüttert. Ihre Frau und Sie, Sie leisten wahrlich unbezahlbare, wertvolle Arbeit in dem Sie sich liebevoll um Ihren Sohn kümmern. Das da kaum Zeit für sich selber und eigene Erholung bleibt ist tragisch, bzw. dass sich in einer Mutter-Kind-Kur so schlecht um Friedrich gekümmert wurde, zerreißt mir das Herz. Vielen Dank, dass Sie uns in DER ZEIT an Ihrem Leben teilhaben lassen. – Ein/e Leser/in


 

Leserbrief zu „Unflätige Unternehmer“ von Marcus Rohwetter

Einen Grund, weshalb alle nach 1945 geborenen Deutsche nicht entspannt mit ihrer Vergangenheit umgehen sollten, kann ich nicht erkennen. Die Geschichte haben die aktuellen Generationen der Deutschen nicht zu verantworten. Deshalb haben sie auch keine Schuld und ein entspannter Umgang mit der Zeit 1933 bis 1945 ist sehr berechtigt. Jeder, der die Deutschen wegen dieser Verbrechen selbst heute noch ermahnt, möchte doch nur eins: Deutschland schwächen für ganz eigene „niedere“ Motive. – Jens Roßbach


 

Leserbrief zu „Falks Plan“ von Klaus Brinkbäumer und Daniel Müller

Ich möchte Sie herzlich bitten, in Zukunft keine Kriminal-Roman ähnliche Artikel in Ihrer Zeitung zu bringen. Diese haben keinerlei sinnvollen Unterhaltungswert und bringen auch keine weiteren Erkenntnisse. Auch in der Ausgabe davor war ein solcher Krimi-Artikel, entweder im Dossier oder in „Zum Entdecken“. Bei der Gelegenheit fordere ich Sie auf zur Vermeidung von Papierverschendung in Zeiten des Klimawandels und Ressssourceneinsparung endlich auf eine kleinere und handlichere Blattgröße umzustellen! Das riesige Bild von Falk ist zum Kotzen!! – Walther Moser


 

Leserbrief zu „Das Wunder Bleistift“ von Jochen Bittner

Ich hätte ein paar Bemerkungen und Fragen an Herrn Bittner. Seine Frage: „Zu viel des Optimismus?“ würde ich mit einem klaren „Ja“! beantworten. Meine erste Frage: Wie kann eine EPOCHE klug oder gar die klügste sein? Frage 2: Was hat die Übertragung von gewaltigen Datenmengen mit KLUGHEIT zu tun? Bestenfalls kann es sich um die Verbreitung und das jederzeitige problemlose Abrufen von WISSEN oder Halbwissen handeln. Es sind nicht nur Geisteswissenschaftler, die befürchten, dass der Verzicht des Speicherns von Wissen auf der eigenen Festplatte, dem Gehirn (durch Lernen und die eigene Gedächtnisleistung), zugunsten einer bequemen, allgegenwärtigen Verfügbarkeit von Informationen zur Verblödung führt und die Kommunikation mittels der so genannten „Sozialen Medien“ in die Sprachlosigkeit mündet. Frage 3: Wie sollen PC und Internet helfen, um „ein Zeitalter zu überwinden“(wie überwindet man ein Zeitalter?). Sollte gemeint sein, dass die Sünden der Vergangenheit „ausgebügelt“ werden müssen, dann sind weder IT noch KI die geeigneten Mittel, sondern das entschlossene HANDELN von Menschen mit Sachverstand und einem Plan. Angesichts der jetzt schon erkennbaren immensen Gefahren eines „schöpferischen neuen Zeitalters“ den Begriff „Kulturpessimismus“ zu verwenden, ist verfehlt. Sämtliche Alarmglocken müssten schrillen, um noch zu verhindern, dass der Wahnsinn der gewaltigen, weitgehend unkontrollierten Datenmengen noch weiter aus dem Ruder läuft und das eigenverantwortliche Denken und Handeln verdrängt bzw. ersetzt werden. – Sven Herfurth


 

Leserbrief zu „»Statt Betroffenheit wünsche ich mir Schutz«“ von Evelyn Finger

Es freut mich jedes Mal, wenn ich positive Berichte über Potsdam als Zentrum für jüdische Kultur in Deutschland nach der Wiedervereinigung lese mit den Studiengängen an der Universität, dem Abraham Geiger Kolleg, dem Einstein-Forum und dem Moses Mendelssohn Zentrum. Und inzwischen werden damit viele fördernde Personen und Einrichtungen verbunden. Aber alles hat auch seinen Grundstein und der wurde gelegt, als kurz nach der Gründung des Landes Brandenburg der Minister für Wissenschaft, Foschung und Kultur, Hinrich Enderlein, die Idee hatte, den jüdischen Historiker Prof. Dr. Julius H. Schoeps nach Potsdam in den Gründungssenat der Universität Potsdam zu berufen, u.a. um dort einen Studiengang für jüdische Geschichte einzurichten, und Julius Schoeps sich bereit erklärte, nach Potsdam zu kommen und dort sofort mit Unterstützung des Ministers und des Ministerpräsidenten Manfred Stople das selbständige und spätere An-Institut Moses Mendelssohn Zentrum zu gründen. Auch das Gründungsbüro des Abraham Geiger Kollegs befand sich im Moses Mendelssohn Zentrum, Am Neuen Markt 8, in Potsdam. Bei der Berichterstattung über Potsdam als ein Zentrum für jüdische Kultur in Deutschland bekomme ich allerdings den Eindruck, dass die verdienstvolle über die jüdische Theologie weit hinausgehende Arbeit des Moses Mendelssohn Zentrums und seines Gründungsdirektors Julius H. Schoeps inzwischen weitgehend ausgeblendet wird. – Wolfgang Hempel


 

Leserbrief zu „Musik ohne Zäune“ von Stefan Hentz

Woodstock war das größte und schönste Erlebnis, das ich – nicht – gehabt habe. Stefan Hentz hat mit seiner Schilderung noch einmal jene Tage, in der sich viele junge Menschen wohl mehr als je zuvor und mehr als je danach als „Gottes Kinder, gemacht aus goldenem Sternenstaub, auf dem Weg zurück zum Garten Eden“ (aus Lied „Woodstock“ von Joni Mitchell) gefühlt haben, wachgerufen. Und durchaus ihre Ambivalenzen. So war Woodstock nicht ausschließlich der Himmel auf Erden, sondern ein drogistisch und später dann medial und kommerziell aufbereitetes Magical. Aber was zählt und erzählt das heute, insbesondere für die amerikanische Kultur und Politik? Das Narrativ Woodstock steht antipodisch zur derzeitigen gesellschaftlichen Situation in Amerika, aber auch darüber hinaus. Es steht dafür, dass eine bessere, menschlichere Gesellschaft mit mehr Love, Peace and Understanding möglich sein sollte und sein kann. Woodstock ist und bleibt daher für mich eine legale, wirksame Droge für Glaube und Hoffnung. Diese Überzeugung mag indes noch archaischer und amorpher anmuten mit der spitzfindigen Bemerkung, dass mir eine funktionierende Demokratie ohne ebendiesen Spirit (Liberalität, Verständnis und Solidarität als Dreiklang für ein friedlich(er)es Miteinander) in realiter nicht möglich scheint. – Matthias Bartsch