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19. Juni 2019 – Ausgabe 26

Leserbriefe zu „Wir können so nicht weiterleben“ von Annegret Kramp-Karrenbauer

Der Artikel liest sich wie ein Plädoyer einer nimmermüden Umweltaktivistin. Fast entsteht bei mir der Eindruck hier würde eine leidenschaftliche Vorkämpferin für eine generationenengerechte Politik ihre unerschütterliche Überzeugungen zur Dringlichkeit einer solchen Politik  zum Ausdruck bringen. Ich frage mich allerdings warum ich ihr eine solche Überzeugung glauben soll, nachdem die CDU als langjährige Regierungspartei außer Worthülsen zu diesem schon ewig bekanntem Thema kaum etwas nachhaltiges geliefert hat. Viel mehr verstört mich aber die Tatsache das die ZEIT einer angeschlagenen Regierungspartei und deren Vorsitzenden unter dem Stichwort Politik an prominenter Stelle unkommentiert zwei Drittel einer Seite zur Verfügung stellt um durchschaubar nach Zustimmung heischend auf der Welle des Mainstream zu surfen. Oder habe ich hier etwas missverstanden? Bezieht sich der Hinweis ANZEIGE doch auf diesen Textbeitrag und nicht auf die darunter stehende Werbung? Wirklich sehr schade. – Günter Grimbach

 

Als Helmut Kohl 1992 zum Klima-Gipfel in Rio aufbrach, waren Rezo und Philipp Amthor noch gar nicht auf der Welt. Damals begann die Zeit der blumigen Reden und verpassten Chancen zu handeln. Wir müssten, wir sollten, wir könnten. Frau Kramp-Karrenbauers Artikel ist in diesem Stil geschrieben. Als stünden wir ganz am Anfang einer Debatte. Als wäre die CDU seit 1992 nicht die meiste Zeit in der Verantwortung gewesen. Heute brauchen wir keine schönen Konjunktive, sondern konkrete Gesetzesinitiativen, möglichst sofort. Vor vierzig oder fünfzig Jahren hätte dieser Artikel visionär geklungen. Heute wirkt er nur noch peinlich. – Dr. Ansgar M. Cordie

 

Der wertvolle Platz in der ZEIT-Sparte Politik wirkt auf mich verschwendet an die Phrasensammlung der CDU-Vorsitzenden. Sie glaubt an „neue Ideen, Tatendrang und Zukunftsoptimismus“. Ihre Partei müsse „transparent handeln, informieren, überzeugen, Verhaltensänderungen begleiten und vor allem echte Handlungsalternativen anbieten“. Es sei „richtig, wenn Deutschland sich zu einer klimaneutralen EU bis 2050 verpflichtet“. Für die nächsten 30 Jahre lässt sich AKK also noch Zeit. Bloß wird sie 2050 kaum noch als verantwortliche Politikerin zur Rechenschaft gezogen werden können. Wie „transparent“ ist es denn, dass die schon abgeschlossenen Verträge zur Umsetzung der nun gekippten Ausländermaut geheim gehalten werden? Worin soll denn die von ihr beschworene „Innovationsoffensive“ bestehen, wenn man sich den Einfallsreichtum ihrer Unions-Kollegen Dobrindt und Scheuer bei der Bewahrung der Diesel-Betrüger vor echtem Schadenersatz anschaut? „Zukunftsfähige Finanzpolitik“ müsste dem Casino-Kapitalismus das Handwerk legen. Selbst von einer Finanztransaktionssteuer ist aber nichts zu sehen. „Zukunftsweisende Klima- und Umweltpolitik“ sei „immer auch vorsorgende Sicherheits- und Friedenspolitik“. Der von der Regierung erlaubte Waffenexport in kriegführende Länder wie Saudi-Arabien spricht eine völlig andere Sprache.

Die CDU-Vorsitzende preist die Umweltpolitik ihrer Partei, weil diese „über viele Jahrzehnte und mit erfolgreichen Umweltministern die Umwelt- und Klimapolitik unseres Landes geprägt und vorangebracht“ habe. Wenn man sich vor Augen führt, dass z. B. der chinesischen Konkurrenz in der Photovoltaiktechnologie erlaubt wurde, die deutschen Produzenten durch Dumpingpreise in massenhaften Konkurs zu treiben, sind die Krokodilstränen um die drohenden Arbeitsplatzverluste bei der Braunkohlenutzung eine verlogene Selbsttäuschung. AKK schreibt über den „Umstieg von fossilen Rohstoffen auf nachhaltig erzeugte biologische Rohstoffe“. Warum wurde nicht längst der im Norden erzeugte Windkraft-Strom zur Produktion von Wasserstoff genutzt, der statt Benzinmotoren lediglich Wasser aus dem Auspuff kommen lässt? Auch der ölgebundene Transport von Wasserstoff ist technologisch längst entwickelt. Die Hohlheit der Bekenntnisse von Frau Kramp-Karrenbauer ließe sich an noch viel mehr Beispielen veranschaulichen. Aber ein Leserbrief sollte sich kurz fassen. – Viktor Rintelen

 

Ich nehme an, dass Sie versehentlich einen Beitrag aus dem Jahr 1995 abgedruckt haben. Es kann doch nicht sein, dass die CDU Vorsitzende erst jetzt erkennt, dass Nachhaltigkeit ein Überlebensthema ist? Ich bitte also um Korrektur und bin gespannt auf konkrete Vorschläge wie wir die hinlänglich bekannten Themen anpacken können. – Dr. Klaus Spiekermann

 

Wie glaubwürdig ist das denn?
Hat die CDU/CSU uns über die vielen Jahre hinweg, seit sie in Stadt und Land an der Regierung ist, nur an der Nase herumgeführt oder, besser gesagt: verarscht? Von all den Umweltschäden, die AKK zu Beginn ihres Aufsatzes fleißig auflistet, “wissen wir schon seit geraumer Zeit (!)“. Ist es nicht eigentlich im juristischen Sinne sträflich, dagegen nichts ernsthaft getan zu haben? „Wir haben der Entwicklung zugesehen“, meint sie weiter. „Wir“? Wer, wir? Haben die (auch und vor allem) CDU/CSU-Politiker uns nicht die Augen fest zugehalten und verharmlost, wo es nur ging?

Plötzlich wird also wieder an das solidarisierende „Wir“ appelliert, wie immer, wenn es (fast) zu spät ist. Wobei das verursachende bzw. verantwortlich zu machende „CDU-Wir“ eifrig und scheinbar unauffällig mit dem „Bürger-Wir“ vermengt wird (mehr als 60mal tauchen die Pronomen wir/uns/unser im Text auf): Wir (Politiker) haben leider die Sache verbockt, aber wir (Bürger) haben gefälligst die Karre aus dem Dreck zu ziehen, und zwar sofort. Die Rechnung ist ohne Abzug innerhalb 8 Tagen zu begleichen. Danke für diese Ermahnung. – Gérard Carau

 

Annegret Kramp-Karrenbauer schreibt in der Zeit, dass „der gesellschaftliche Wille und die Bereitschaft zu Veränderung deutlicher als je zuvor vorhanden ist“. Das ist wahr, leider hinkt die Bereitschaft der Politik diesem guten Willen bei den Menschen meilenweit hinterher, wenn er denn dort überhaupt vorhanden ist. Beispiel: Landwirtschaftspolitik, welche von einer CDU Bundesministerin verantwortet wird.

Hochgezüchtete Nutztiere können nur mit zusätzlichen Futtermitteln aus Südamerika den überhöhten Ertrag erbringen, was neben den Klimaschäden zusätzlich Mist und Gülle verursacht, wodurch wiederum die Böden in Europa überdüngt werden mit der Folge überhöhter Nitratwerte und einer Verarmung der Flora und Fauna. Die hohen Folgekosten trägt die Allgemeinheit in Europa, und in Afrika gleich mit. Denn mit dieser in Europa auch noch subventionierten Landwirtschaft und deren Überproduktion wird gleich auch noch der afrikanische Lebensmittelmarkt zu Dumpingpreisen versorgt, was dort wiederum die Eigenversorgung unwirtschaftlich macht und Arbeitsplätze kostet. Es sind eben nicht nur Kriege und Konflikte damit die Menschen aus Afrika nach Europa fliehen. Ein Wahnsinnskreislauf mit Opfern auf gleich drei Kontinenten. Denn für die zusätzlichen Futtermittel aus Südamerika wird dort der Regenwald großflächig abgeholzt. Und was tut die CDU und deren dafür zuständige Ministerin dagegen? Nichts. Oder doch, sie setzt auf Freiwilligkeit. Kling schön, ist aber auch hier nichts als überflüssiger Scheiß der künftigen Generationen vor deren Zukunft gekippt wird. Das wird nicht gut ausgehen, auch nicht für die CDU. – Alfred Reeb

 

Jaaaa Frau Kramp-Karrenbauer, überzeugen Sie Ihre Parteikollegen*innen von Ihrem Plädoyer und bilden Sie als Kanzlerin mit den GRÜNEN eine Regierung! – Walter Moritz

 

Letzte Woche ein Hoch auf Angela Merkels Wende „zurück“ zur „Klimakanzlerin“, diese Woche Annegret Kramp-Karrenbauers flammender Apell an eine neue grüne Unionspolitik. Es scheint als ob die einzige Lehre, die die Union aus Fridays for Future, Rezo Video und grünen Umfragehochs gelernt haben, dass man anscheinend wieder lauter verkünden muss, dass jetzt aber endlich mal etwas passieren muss, dieses mal aber wirklich (ohne natürlich wirklich etwas zu tun: AKK lehnt gleichzeitig die CO2 Steuer ab und aus der GroKo ist zum Thema Klima nichts neues zu hören). Das noch erschreckender ist für mich aber, dass anscheinend auch die ZEIT (als Teil der etablierten Medien) nichts daraus gelernt haben. Wieder werden leere Zukunfts- und Handlungsversprechen unkommentiert und unkritisch weiter gegeben. Die Jugend und viele Wahlberechtigte glauben den hohlen Versprechungen nicht mehr – und irgendwann auch nicht mehr den unkritischen Medien. – Severin Furtmayr

 

Frau Kramp-Karrenbauer meint es ja gut. Aber ist sie sich bewusst, dass sie als Spitzenpolitikerin Lösungswege anbieten muss – und keine Absichtserklärungen. Mit dem Satz „Wir glauben an neue Ideen, Tatendrang und Zukunftsoptimismus“ provoziert sie geradezu die Gegenfrage: „An welche denn – konkret, Frau Kramp-Karrenbauer?“ – Dr. Karg

 

Was sind das alles nur Gemeinplätze! Nichts konkretes, nur eine Motivationsrede wie von einer Trainerin, die in der Halbzeitpause appelliert, doch endlich mal Willen zu zeigen. Mir hat nur der Satz gefehlt: „Deswegen werden wir zu diesen Themen eine Expertenkommission einsetzen…“ Das fehlen dieses Satzes ist der einzige Fortschritt bei der CDU. POTZTAUSEND! – Wolfgang Michel

 

Ich möchte nicht unhöflich klingen, aber diese Seite mit dem Artikel von Frau Kramp-Karrenbauer, hätten Sie sinnvoller nutzen können. Meint Frau Kramp-Karrenbauer wirklich uns die Umweltsituation nochmals erklären zu müssen? Da hätte Sie sich mit all Ihren Politikerkollegen welche in den letzten Jahren Verantwortung hätten tragen müssen, schon lange die richtigen Entscheidungen treffen können. Sie kann ja gerne mal bei Friday oder Sience – of Future zur Nachhilfe gehen. – Bernhard Rubner

 

Statt Philipp Amthor auf Youtube jetzt also AKK in der Zeit als Antwort auf Rezo’s CDU-Attacke. „Plädoyer für eine neue Klimapolitik“ war der Artikel überschrieben. Worin dieses Plädoyer bestehen soll, erschließ sich mir jedoch nicht. Inhaltlich voller Plattitüden und altbekannter Sprechblasen betont die CDU-Vorsitzende (natürlich) die Bedeutung der Marktwirtschaft und sieht die Lösung in mehrfach wiederholten „Kreislaufsystemen“. Verkehrswende, Energiewende, Agrarwende, Konsumverzicht? Fehlanzeige. Nicht ein einziger innovativer oder auch nur annähernd kritischer Gedanke auf fast einer ganzen Seite, die die Zeit (aus welchen mir schleierhaften Gründen auch immer) der CDU-Vorsitzenden dafür eingeräumt hat. Wenn AKK damit den Höhenflug der Grünen stoppen und umweltbesorgte Wähler wiedergewinnen will sehe ich schwarz für die Union. – Oliver Dütsch

 

Wenn Frau Kramp-Karrenbauer „eine bessere Zusammenarbeit mit dem afrikanischen Kontinent“ befürwortet, fragt man sich, wie ernsthaft dieser Appell angesichts des nach wie vor Profit-getriebenen deutschen Exportverhaltens in diese Länder genommen werden kann. Vor dem Hintergrund der unablässigen Zerstörung afrikanischer Lebens- und Erwerbsgrundlagen durch Billigimporte von Nahrungsmitteln und Textilien und den absehbar zunehmenden Flüchtlingsströmen nach Europa wird es höchste Zeit, dass sich sowohl in der Entwicklungs- als auch in der Außenpolitik eine realistischere Einschätzung der mehr als brisanten Lage durchsetzt. Alle in diesem Zusammenhang geäußerten polierten Statements sind längst bekannt, konkrete und haushaltswirksame außenwirtschaftliche Ziele dagegen nicht. Politik ist nicht nur die Kunst des Möglichen, sondern auch die Kunst des Nötigen – quo vadis deutsche Entwicklungshilfe? – Herbert Beschmann

 

Wie lange ist AKK schon in der Politik aktiv? Seit 1984, wie ich gehört habe? Warum erfahren wir das, was wir heute in der ZEIT lesen können, aus ihrem Munde erst heute? Wo doch allen politisch aufmerksamen Bürgern diese Tatbestände schon seit Jahrzehnten bewusst sind? Sind nicht die Grünen aus genau diesem Grund entstanden? Haben nicht schon seit mindestens 1970 Wissenschaftler aus aller Welt darauf hinge­wiesen und vor den Folgen unserer Wirtschafts­weise und unseres Lebensstiles gewarnt? Warum sind alle die Probleme, die sie da aufzählt, nicht schon seit Langem, zumindest größtenteils gelöst? Immerhin konnte ihre Partei seit 1982 den Kanzler stellen und die Richtung der Politik bestimmen – mit der kurzen und scheinbar folgen­losen Unterbrechung durch Rot-Grün. Durfte sie das nicht, durfte sie die Probleme nicht einmal beim Na­men nennen? Wer hat sie davon abgehal­ten, das, was AKK nun auf einmal als so dringend notwen­dig bezeichnet, rechtzeitig anzugehen? Damals, als ein Gegensteuern noch mit viel geringerem Aufwand und gegen wesentlich weniger Widerstand möglich gewesen wäre?

Ich hätte mir gewünscht, sie hätte die dahinter verborgenen Strukturen offengelegt, vielleicht sogar ein paar Namen genannt. Aber wahrschein­lich wäre das zu viel verlangt, obwohl es die Demo­kratie in unserem Lande mit Sicherheit stärken würde und den Menschen die Freude an der Politik wieder ermöglichen würde. Ich kann den dringenden Verdacht nicht unter­drücken: Wäre ihre Partei nicht bei der letzten Wahl, auch in ihrem / unserem Ländchen, so schwer gebeutelt worden, ich bin sicher, wir hätten heute nicht dieses Geständnis in der ZEIT lesen können. Sie hätte weiter geschwiegen. Besonders getroffen worden sein muss AKK durch die Niederlage in ihrer Heimatstadt, die auch die meine ist. Scheint man ihr doch auch in diesem, dem schon immer schwarzen, durch den Bergbau geprägten (damals noch) „Dorf“, die Rote Karte vorgehalten zu haben. Der ZEIT bin ich dankbar, dass sie ihr die Gelegen­heit bot, sich und ihre Partei mal gründlich bloß­zustellen – mit dem Eingeständnis, Jahrzehnte verbummelt zu haben. (320) – Hans Contier

 

Diese Litanei der Allgemeinplätze enthält keinen einzigen konkreten politischen Ansatz, den Bedrohungen für unseren Planeten entgegenzuwirken – statt auf politische Führerschaft setzt die CDU-Parteivorsitzende auf bloße Anbiederung. Wenn Die Zeit schon Raum für einen derart inhaltslosen Beitrag zur Verfügung stellt, wieso wird dem nicht ein Artikel gegenübergestellt, in dem das bisherige Verhalten der CDU, und auch der Autorin selbst, zu den drängenden umweltpolitischen Fragen aufgezeigt wird? Das und nicht weniger wäre in meinen Augen die Aufgabe journalistischer Arbeit! Denn: vom Kohleausstieg, über CO2-Limits für die Autoindustrie, Konsequenzen aus der Diesel-Affäre bis hin zur Förderung für nachhaltige Technologien: Kleinreden, bremsen, verzögern und verhindern: Das war und ist die umweltpolitische Agenda der CDU. Leider ist die SPD nicht viel besser. – Sven Fahr

 

Eine Aneinanderreihung sattsam bekannter Worthülsen, Absichtserklärungen und Allgemeinplätzen. Nicht ein einziger konkreter Gedanke oder Vorschlag. Schade um die Zeit den Artikel zu lesen. Aber vielleicht ist die Autorin ja schlauer als mancher denkt und weiß schon, daß die Anwesenheit des Menschen auf diesem Planeten eh zeitlich begrenzt ist, daß wir diese Erde ebenso verlassen werden wie unzählige Arten vor uns, und es sich deshalb wenig lohnt viel zu tun um diesen Zeitpunkt marginal hinauszuzögern. – Ein/e Leser/in

 

Die Botschaft höre ich wohl. Doch allein mir fehlt der Glaube. Woher all dieser christliche und gesellschaftspolitische Pathos. Den anstatt sich ehrlich mit der eigenen Politik der letzten Jahre auseinanderzusetzten, entstaubt jetzt die neue Parteivorsitzende den neuen/alten Markenkern der CDU. Den Erhalt der Schöpfung. Und erweckt damit den Anschein, wie wenn sie noch nie etwas anderes im Sinn gehabt hätte. Das treibt mir ehrlich gesagt die Zornesröte ins Gesicht, den es ist so ausrechenbar, wie das ganze politische Gehabe. Das Leitmotiv ist Machterhalt. Die Werte sind nur Marketing Werkzeuge, mit einer Haltbarkeit bis vor die nächste Wahl oder wenn die Angst um sich greift, die Umfrage “Werte“ seien in Gefahr, dann sucht man auf einmal neue oder kramt die alten aus der Schublade. Ansonsten geht man dorthin, wo es warm herkommt. Aber die Zeiten sind hoffentlich vorbei, wo die Politkern dem Volk über den Kopf streicheln wie einem naiven Kind und so tun als wäre die Welt in Ordnung, solange man nur das Kreuz an der richtigen Stelle macht. Und am nächsten Tag, werden trotzdem die Begünstigt, die der Umwelt und der Gesellschaft wissentlich und offensichtlich Schaden zu fügen. Wie man am Beispiel der Landwirtschaftspolitik sieht. Wo die Großbetriebe, die Pharmaindustrie und die großen Player der Lebensmittelindustrie den Ton angeben und für ihre Sünden an der Umwelt und an unseren Mitgeschöpfen, nicht nur nichts zu befürchten haben, sondern sogar noch subventioniert und begünstigt werden. Dort hat unsere Regierung, allen voran die CDU leider keine Haltungs- und Lenkungsmentalität. Und das Beispiel der Landwirtschaft, kann man guten Gewissens, beliebig auf andere Lobbyfelder übertragen. Hier merkt man sehr deutlich, wo der Wind her weht. Und nun wendet sich Frau Kramp-Karrenbauer, unter dem Druck der Kinder und Jugendlichen, die die zukünftigen Wähler sind, alten Werten zu. Der Verlust der selbigen, hat mich vor Jahren dazu veranlasst, aus Ihrer Partei auszutreten. Man kann nur hoffen, das sie diesen blumigen Worten, endlich Taten folgen lassen, die wir auch für ehrlich und authentisch halten können. Denn das würde bedeuten auch mal unangenehme Dinge zu Tun. Und das Gemeinwohl, über Einzelinteressen oder Verbandsinteressen zu stellen. Ich hoffe die CDU schafft hier ein neues Bewußtsein, jedoch traue ich ihr es Moment leider noch nicht zu. – Markus Reinauer

 

Da haben Sie aber gesprochen! Voll häuptlingsmäßig und fast schon präsidial. Und alles so richtig! Aber halt auch nicht wirklich neu und bei anderen schon sehr lange on top! Sehr durchsichtig das Manöver! Da müssen Sie jetzt nur achtgeben, dass es Ihnen nicht ergeht wie den Fähnlein der bayerischen Schwester die meinten, sich in den Wählerwind hängen zu müssen. Bekanntlich blieb man dort doch eher beim Original. Aber wie sagte eine bekannte TV-Größe: Gib sie eine Chance… aber bitte nicht mehr zaudern jetzt! – Michael Kopp

 

Ich bin sicher keine Fan von Frau Kramp-Karrenbauer. Aber wer erlaubt es der Presse (ich gehe davon aus, dass Sie selbst es nicht ist) sie so dreist mit diesem AKK- Kürzel zu benennen? Ist Herr Lorenzo z. B. in der Öffentlichkeit jemals mit GDL bezeichnet worden? Respektlosigkeit fängt bei solchen Dingen mindestens an. Schade, dass die Medien da mit so schlechtem Beispiel vorangehen. – Dr. Ines Prüfer

 

Schade für die vergeudete Seite. Ich habe selten eine solche Anhäufung von Leerformeln gelesen. Frau Annegret Kamp-Karrenbauer fehlt die wirtschaftliche Kompetenz. Sie manövriert sich zusehends ins Aus . – Josef Vogt

 

Wir wollen… wir müssen…etc. Akk formuliert Klimapolitik aus Angst vor der künftigen Bedeutungslosigkeit, die sich die CDU durch Tatenlosigkeit und Kuschen vor den Lobbyisten der Wirtschaft selbst eingebrockt hat. Der Änderungswille ist halt leider nicht authentisch, sondern rein taktisch. – Christian Kahl

 

Nach diesen „Ergüsse“ der AKK wird deutlich, dass sie nicht, gar nichts verstanden hat. Erstens, wir sind bei Umwelt- und Klimaschutz schon lange nicht mehr an der Weltspitze – und zweitens es geht nicht um Weltspitze, es geht um Welt! – Michael Koehn

 

Was bei dem Beitrag fehlt ist der Hinweis „Anzeige der CDU“ Welches Honorar hat DIE ZEIT für die CDU-Werbung erhalten? Wie lange gibt es diese Partei schon und warum wurde bisher so wenig unternommen? Kommen in der nächsten „CDU-Anzeige“ dann die Lösungswege? Ich bin gespannt darauf…. – Hansjörg Denz

 

Um Gottes willen: Glaubt die gute Frau wirklich selbst, was sie da schreibt? Verstehen die Politiker wirklich immer noch nicht, warum ihnen in Scharen die Wähler davonlaufen? Noch mehr Plattitüden „zu gegebenem Anlass“ gibts wohl nicht mehr, wer soll ihr das wirklich glauben? Politiker mit Anstand hätten vielleicht gesagt, dass ihre Zunft bisher den Klimawandel und die damit verbundenen Probleme verschlafen haben und ernsthafte Korrekturen der Wirtschafts-, Verkehrs- und Energiepolitik angekündigt. Diese könnte man dann in absehbarer Zeit beurteilen. Aber solange nur Larifari-Politik zugunsten der Wirtschaft betrieben wird, kann man keine Politik-Dogmen-Änderung erkennen. Alles läuft weiter im Sinne von Scheuer/Seehofer/Klöckner & Co Die Zukunft kann warten – die Gesellschaft nicht! – Peter Litzenberger

 

In Ihrem Artikel zur Klimapolitik formulieren Sie viele wunderbare Postulate. Konkrete Maßnahmen zur Umsetzung, Ihr persönliches Engagement dabei kommen leider nicht vor. Sie sprechen sich wiederholt für „die Bewahrung der Schöpfung“ aus, finde ich toll, nur, dass dem leider auch keine klaren Handlungsoptionen folgen. Im von Ministerin Klöckner weiterhin zugelassenen Schreddern männlicher Küken und narkosefreiem Kastrieren männlicher Ferkel kommt Ihr gegen Ende des Artikels artikulierter Gedanke einer „ethischen Verpflichtung gegenüber unseren Mitgeschöpfen“ eher nicht so wirklich zum Ausdruck. Sind in der „Schöpfung als Ganzem“ männliche Küken und intakte Eberferkel nicht vorgesehen? Ein schöner Besinnungsaufsatz! Leider nichts Neues. Ich weiß, Küken und Eberferkel sind „pille-palle“ angesichts des generellen Umwelt-Desasters. Aber auch Ihr Artikel wird nichts ändern. Ich wünsche mir eine/n Politiker/in, die/der endlich mal konkret sagt, dass ein konsequentes Umlenken in der Klima-Politik jeden von uns was kosten wird. Ihre Reaktion auf das Rezo-Video war, sorry, lächerlich unprofessionell. Na ja, kann ja noch werden. Blöder Witz: „ Von Angie lernen heißt Siegen lernen“. Sie haben ja noch ein bisschen Zeit. Überzeugen Sie uns! – Dr. Sabrina Hausdörfer

 

Frau Kramp-Karrenbauer versucht in Ihrem Gastbeitrag, umweltpolitisch für die CDU die Kurve zu bekommen. Sie schafft es jedoch lediglich, Allgemeinplätze aneinanderzureihen, die an die Rio-Deklaration über Umwelt und Entwicklung erinnern. Es ist einerseits erfreulich, dass die CDU 2019 dort ankommt, wo die Vereinten Nationen bereits 1992 waren. Andererseits braucht sich bei diesem Tempo niemand mehr darüber zu wundern, dass der jungen Generation mit dieser Partei die Geduld ausgeht. – Simon Eckstein

 

Heureka; als hätte man es nicht schon lange geahnt, AKK ist die Weltenretterin und Erkentnisträgerin persönlich! Kaum sind 20 Jahre oder mehr ins Land gegangen, Grüne und umweltbewußte Menschen als Müslis und nostalgische, realitätsferne Spinner verunglimpft wurden, gerade und besonders von der CDU/CSU, erkennt AKK über Nacht die Probleme des grenzenlosen Wachstums und der Umweltproblematik. Wo hat sie eigentlich in den letzten Jahren gelebt? Jetzt so zu tun, als wäre sie die Weltenretterin und niemand vor ihr hätte die Probleme erkannt, ist an Überheblichkeit nicht zu überbieten. Wenn man sich über die Entpolitisierung der Menschen beklagt, ist AKK ein Beispiel für diese Entwicklung.

Es ist geradezu zynisch, diese Entwicklung als Politikerin jahrelang zu leugnen und die Menschen, die das längst erkannt haben, zu verunglimpfen, und sich jetzt selbst (wahltaktisch) als Heilsbringerin und Erkenntnisträgerin hinzustellen. Glaubwürdig ist eine solche Herangehensweise nicht, es entlarvt sie als wahltaktische Überlebensstrategin. Dies ist ein Zeichen dafür, für wie beschränkt sie die Wähler hält. – Horst Jakob

 

Huch, was hab‘ ich mich verjagt, als mein Blick zum Autoren schweift und sah mich bestätigt Blablablablabla! Was für ein durchsichtiges Public Relation Manöver, fehlt nur noch der blaue Pony. Und liebe ZEIT, vor diesen Karren lassen Sie sich spannen? – Dr. Markus M. Gutschow

 

Erbärmlich! Der Artikel wimmelt von „wir müssen“, „wir können nicht“ aber nirgendwo lese ich „wir werden…tun“. (Nicht dass die Grünen ein konkretes Programm hätten.) – Salvatore Algieri

 

Woher die CDU ihre politische Glaubwürdigkeit noch bezieht, weiß ich nicht. Eine ökologische jedenfalls hat sie bisher niemals besessen. Der wohl von einem besorgten Ghostwriter verfasste Artikel wirkt aus der angeblichen Feder der CDU-Vorsitzenden wie der verunglückte Kotau vor Greta und ihren zahlreichen Followern. Wenn sie wünscht, die CDU möge der Umwelt- und Klimapolitik „wieder“ die Priorität einräumen, dann ist das ein Witz, weil sie Jahrzehnte lang von anderen gedrängt werden musste, die Ökologie überhaupt in den Blick zu nehmen. Wer hat denn Herbert Gruhl 1978 aus der Partei getrieben? Und Klaus Töpfer musste seine Partei zum Jagen tragen! Ich habe meine Partei schon 1970 verlassen, weil das erste, vom damaligen Innenminister Hans-Dietrich Genscher verantwortete Umweltprogramm der sozialliberalen Bundesregierung kein kritisches Wort zur sog. friedlichen Nutzung der Atomenergie enthielt. Die Parteien mit dem „C“ im Namen sträubten sich noch 40 weitere Jahre dagegen, die Schöpfung künftig vor dem noch ein Million Jahre lang strahlenden Müll zu bewahren. „Die neue Denkrichtung muss vom Gedanken des Kreislaufs ausgehen.“ Den Satz niederzuschreiben und als neu zu bezeichnen, den sich Ökologen seit Jahrzehnten an den Hacken abgelaufen haben, ohne dass man ihnen gefolgt wäre, wirkt wie eine Platitüde angesichts dessen, dass die Zeit umzusteuern nun wohl schon abgelaufen ist. Übrigens: In diesem Jahr werden voraussichtlich mehr Deutsche in den Urlaub fliegen als im vorigen… – Wulf Denecke

 

Vielversprechende Überschrift! Kommt jetzt endlich mal was Konkretes? Nach der interessierten Lektüre: Große Enttäuschung! Wieder nur altbekannte, allgemeine Ankündigungen, wie z.B. „Wir wollen den Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung mit neuer Kraft und festem politischem Willen angehen. Nur so können wir die politische Glaubwürdigkeit erneuern für die Bewältigung der immensen Herausforderungen, die vor uns liegen.“ Diese Herausforderungen, verehrte Frau Kramp-Karrenbauer, liegen schon lange vor uns und sind hundertfach benannt worden. Wir Leser, Wähler und Betroffene wollen endlich Taten sehen, an denen wir messen können, wie fest Ihr Wille wirklich ist. – Norbert Schwenk

 

Dass als erster Lösungsansatz ein nachhaltigeres Design von Produkten genannt wird, zeigt, wie weit AKK noch von der Lösung des Problems entfernt ist. Die wichtigsten Hebel Energie (Kohleausstieg), Landwirtschaft und Verkehr werden nicht einmal erwähnt. – Anna Krämer

 

Vorsicht Mogelpackung! Hat AKK schon einmal mit ihrer CDU/CSU über ihre neue Öko-Sichtweise gesprochen? Eine zweite Angela Merken mit Hoffnung machenden Versprechungen und gleichzeitiger Beeinflussung der EU-Grenzwerte zu Gunsten der Autoindustrie, Verschleppung von Klimaschutzprogrammen etc. können wir uns nicht mehr leisten. Solche überraschenden Bekenntnisse sind leider nicht viel wert, wenn CDU/CSU keine Absicht erkennen lassen, sie mitzutragen. – Andrea Karsten

 

Die ewig Gestrige scheint aufgewacht, aber wovon? Von den Wahlergebnissen der Europawahl? Von den Umfragewerten des Politbarometers? Von den unermüdlichen und mutigen Aufforderungen der Fridays for Future Demonstranten? Leider nimmt man ihr dieses Plädoyer nicht ab, sie erscheint immer unglaubwürdiger und verzweifelter. Und mit konkreten Angeboten und Überlegungen kommt sie auch nicht um die Ecke. Also doch weiter im ewig Gestrigen mir leeren Worten und Parolen. So sieht auf jeden Fall keine neue Klimapolitik aus – dass sollte Sie vielleicht doch den Profils überlassen. – Sandra Rennhak-Friedrich

 

Damit Sie bei Ihrem plötzlichen Richtungswechsel auch die richtigen Prioritäten setzen, möchte ich Ihnen gern folgende Liste als Vorschlag schicken. Es handelt sich dabei um gravierende Umweltprobleme, die dieses von der CDU (und derzeit auch SPD) regierte Land teilweise seit Jahrzehnten unzureichend angeht:

  • Glyphosat und andere Herbizide und Pestizide, die derzeit ungestraft in die Natur ausgetragen werden dürfen, sollten Sie endlich verbieten → zu klären mit Ihren Mitstreitern aus dem Bereich Landwirtschaft sowie der Agrar- und chemischen Industrie
  • Nitratbelastung der Umwelt und des Trinkwassers sollten Sie drastisch reduzieren → zu klären mit den Bauernverbänden und anderen Lobbyisten, die sich im Bundeslandwirtschaftsministerium und den entsprechenden Strukturen in Brüssel eingenistet haben
  • Feinstaub, Stickoxide und andere Schadstoffe, die beim Verbrennen fossiler Energieträger entstehen und die Atemluft von Mensch und Tier vergiften, sollten Sie drastisch reduzieren lassen → anzugehen mit der Erdöl-, Auto- und Verkehrsinfrastrukturindustrie – sowie mit den unverbesserlichen, ungebremst fahrbegeisterten Bürgerinnen und Bürgern
  • Plastik, das nach wie vor in großen Mengen in die Umwelt gelangt, sollten Sie konsequent aus den Stoffkreisläufen nehmen → zu klären mit der Nahrungs-, Handels-, und Verpackungsindustrie
  • Die Verschwendung von Lebensmitteln sollten Sie effektiv stoppen → durch eine entsprechende Reglementierung des Einzelhandels
  • Massentierhaltung sollten Sie endlich verbieten oder so stark reglementieren, dass diese gesundheitlich und ethisch-moralisch unbedenklich ist → durch eine entsprechende Reglementierung der Landwirtschaft sowie auf der Nachfrageseite durch Einschränkungen des Handels
  • Den Massenflugverkehr, der die Umwelt besonders belastet, sollten Sie merklich eindämmen… usw.

Wenn ich all dies betrachte, sehe ich Sie und die CDU vor allem vor der Schwierigkeit, Ihre eigene Klientel – also diejenigen, die an all dem verdienen, was die Umwelt und das Leben auf unserer Erde belastet und zerstört – dazu zu bringen, in Zukunft umweltschützend zu denken und zu handeln. Wenn ich stattdessen lese, was Sie vor allem betonen, so scheint mir, dass Sie meinen, der Steuerzahler müsse für all das nun die Zeche zahlen, und es sich dann gegebenenfalls auf bürokratischen Wegen wieder zurückholen. Ich sehe daher in Ihrer angedeuteten Strategie einen großen Rohrkrepierer hinsichtlich Umweltschutz und einen Schwenk hin zu einem sozial noch ungerechteren Deutschland als es jetzt schon ist.

Eine CO2-Steuer, die Sie nicht direkt ansprechen, soll wohl mithin von allen Bürgern, inklusive derer, die die Umwelt seit Jahren schützen, ausgleichen, was die großen Verursacher – mithin die verschiedenen Industrien – bisher unzureichend reguliert fabrizieren dürfen. Abgesehen davon, dass Sie damit meiner Meinung nach an der falschen Stelle ansetzen, wird dabei wohl auch deutlich, dass Sie glauben, dass sich alle Probleme auf der Welt mit Geld lösen lassen. Ich denke, das ist ein Trugschluss, der auf einer fragwürdigen Ideologie zu beruhen scheint. Es geht beim Umweltschutz wohl nicht in erster Linie um Geld. Es geht um Verantwortung. Und Ehrlichkeit. Und Transparenz. Wenn Sie an diesen Stellen ansetzen, dann erreichen Sie uns – die Bürgerinnen und Bürger –, denke ich, mehr, als wenn Sie uns alle finanziell dafür bluten lassen, was seit Jahrzehnten nicht richtig läuft.

Und ich mag Ihnen ehrlich gesagt auch nicht so recht abnehmen, dass Sie es Ernst meinen mit Ihrer neuen Mission. Darf ich Sie daran erinnern, wie Sie und die CDU vor Kurzem noch die Deutsche Umwelthilfe öffentlich angegriffen, mithilfe der Boulevardpresse Axel Springers und Konsorten denunziert sowie versucht haben, sie auf rechtlichem Wege mundtot zu machen? Auch darf sich die Stadt München – eine Hochburg des Wirtschafts- und Verkehrsstandorts Deutschlands – erlauben, rechtskräftige Urteile zu Fahrverboten zu ignorieren – seit Jahren. Beim Diesel- und Abgasskandal schreibt die CDU/CSU antidemokratische Geschichte. Ihre plötzliche inneren Wende hin zu mehr Umwelt- und Klimaschutz klingt daher noch wenig überzeugend. Sie müssen Taten folgen lassen. Drastische und baldige. Und effektive. Und gerechte. Ich bin gespannt. – Benjamin Heinze

 

Ist das ein kluger Schachzug der ZEIT, nämlich Gastbeiträge zu veröffentlichen, damit sich die „Regierigen“ selbst entlarven ? Mein Vorschlag: Frau Kamp-Karrenbauer sollte die zahlreichen verwendeten Textbausteine gut aufbewahren und im Rahmen der nächsten Wahlkampfreden wieder verwenden, von Verantwortung und Verpflichtung ist keine Rede. Das Wort „Kreislauf“ kommt im übrigen in irgendeiner Form achtmal vor, ohne ein konkretes Beispiel. Man denkt eher an den üblichen Ablauf: Wahl-Ämterverteilung-Verteidigung des Lobbyismus und Einsammeln von Spenden-Wahl. Nicht zu vergessen ist der zwischenzeitliche Kuhhandel mit möglichen Koalitionspartnern, die diese „Klimaoffensive“ hoffentlich durchschauen. Hatten wir nicht schon eine Klima-Kanzlerin“ ? – Prof. Dr. Karl Heinz Kraft

 

Einen besseren Aufruf „Wählt die Grünen!“ hätte AKK nicht schreiben können. – Uwe Dieckmann

 

Da versucht also die Vorsitzende der CDU, der Bremserpartei im Bereich Klimaschutz, ihr klimapolitisches Profil zu schärfen. Diese gesammelten rhetorischen Allgemeinplätze wären ja fast zum Lachen, wenn die Lage nicht so ernst wäre. Und die ZEIT ist sich nicht zu schade, diese plumpe Aneinanderreihung von Wahlwerbeparolen zu veröffentlichen. – Thomas Lubin

 

Zuerst dachte ich bei der Lektüre: Falsche Autorin, das hat doch Robert Habeck geschrieben. Dann kam die Schöpfungsgeschichte ins Spiel, und ich dachte: Okay, doch CDU. Und als AKK dann mit dem Wachstumsdogma anfing, war mir klar: Schwarz macht auf Grün, und zwar so lange, bis dass die Umfragewerte wieder stimmen. Kurt Eimers

 

Soso. Frau AKK geriert sich nun also in der Pose der Umweltschützerin. Ja natürlich, das Thema ist ja ur-christdemokratisch, eigentlich immer schon gewesen, von wegen Bewahrung der Schöpfung. Ziemlich dumm nur, dass sie sich in ihren eigenen Ausführungen gleich wieder selbst entlarvt. Sie philosophiert ausgiebig über die Notwendigkeit von Kreislaufwirtschaften, die aber bitteschön doch Wachstum erzeugen mögen. Wie das Wachstum vom Ressourcenverbrauch abzukoppeln sei, verrät sie indes nicht. Ach ja, und dann soll am Ende alles durch marktwirtschaftliche Selbstregulation wie von Wunderhand geschehen. Pose bleibt eben Pose. – Till Buchmann

 

Boa, echt jetzt? Wo kommen auf einmal diese Einsichten her? Sie sind seit Jahren politisch tätig, seit 6 Monaten Vorsitzende der CDU. Dennoch sind Sie sind mir bislang nicht übermäßig als Klima – und Umweltschützerin aufgefallen. Auch die CDU selbst war bei diesem Thema die letzten Jahre äußerst zurückhaltend, obwohl sie seit fast 14 Jahren die Kanzlerin stellt. Vor 20 Jahren wäre ein solcher Beitrag einer CDU-Vorsitzende noch aufsehenerregend gewesen. Aber jetzt? Wen wollen Sie damit erreichen? Reden Sie nicht, tun Sie endlich etwas. Ich habe derartigen Ankündigungen, denen aber auch gar nichts folgt, gründlich satt. Seien Sie mir bitte nicht böse, wenn ich Ihnen Ihre Einsichten zum Thema Klima- und Umweltschutz nicht abnehme. Ich bin immer noch überrascht, wie ein YouTube Video, die ach so staatstragende CDU derart einfach aus den Angel heben konnte. – Till Borchert

 

An drei Kriterien meint Frau Annegret Kramp-Karrenbauer sich orientieren zu müssen, bei der Zukunftsfähigmachung der Republik in Sachen Klimaschutz. Hier mein Einspruch zu ihrem Kriterium Nummer 2:
Veränderungen zur Bewahrung der Schöpfung müssen eben nicht immer auch wirtschaftlich und innovationsanreizend sein. Der allgegenwärtigen Übergriffigkeit des Marktes gilt es vielmehr Grenzen zu setzen. Hat uns nicht gerade der stete Vorrang der Wirtschaftlichkeit (mit Effizienzsteigerungen auf allen Ebenen) genau dahin gebracht, wo wir heute stehen? Wer Klimaschutzpolitik vor allem als eine Art neues Geschäftsmodell begreift, hat die Zeichen der Zeit nicht richtig verstanden. Das Primat bei diesem Thema gehört der Nachhaltigkeit. Und es geht um wieder mehr Genügsamkeit – anstelle von gefühlt immer weiter um sich greifender Maßlosigkeit.

Fangen wir ruhig ganz klein an, dafür aber sofort. Zum Beispiel mit einem Tempolimit auf unseren Autobahnen (Investitionskosten: keine). Im Handumdrehen werden die Verkehrsströme besser fließen, wird es weniger Unfälle geben und Aggressionen werden vermindert. Energien und CO  werden eingespart, die Luftqualität nachhaltig verbessert. Wir suchen doch immer nach gemeinsamen europäischen Zielen. In diesem Fall sind die anderen längst angekommen, sogar weltweit. – Dr. Bernhard Bundscherer

 

Grüner Ghostwriter
Da hat Frau Kramp-Karrenbauer wohl einen guten grünen Ghostwriter beauftragt und das ganze mit je einer Prise Christlichem und Volkspartei aufgepeppt! So positiv ein solcher Sinneswandel auch wäre, wer sollte es ihr aber glauben? Seit 2005 stellt die CDU/CSU die Mehrheitsfraktion in der Regierung und hat sich in der Klimapolitik als zögerlich bis ignorant erwiesen. Aber angesichts vermutlich baldiger Neuwahlen und der aktuellen Umfragetrends soll dieser Artikel die an die GRÜNEN verlorenen Wähler zurückholen und vielleicht eine Eintrittskarte zu einer grün-schwarzen Koalition darstellen! – Jan Wallraf

 

Ihre Gedanken klingen nachvollziehbar, jetzt müssen Taten folgen: Fehlentscheidungen korrigieren, z.B. Atomausstieg. Mit Prio muss aus der Kohle ausgestiegen werden. Ein paar Fässer Atommüll mehr werden unser Lagerproblem nicht massiv verschlimmern. Weg von Nebenkriegschaupltätzen: z.B. Diesel Debatte: Schadstoffwerte sinken seit Jahren, Benziner verursachen noch mehr CO2, Fahrverbote führen zu noch mehr CO2, nur woanders. Zuverlässigen ÖPNV aufbauen statt soziale Wohltaten zu finanzieren. Koalition mit Sozialdemokraten beenden oder massiv umsteuern. Themen wie Grundrente sind nett, aber sind die wirklich wichtig? Es ist nicht die Zeit für soziale Wohltaten, z.B. kerngesunde Rentner mit Steuergeldern zu alimentieren. Themen wie Überbevölkerung realistisch ansprechen und Verantwortliche benennen. – C.Voss

 

Der als Plädoyer bezeichnete Text von AKK bringt meines Erachtens nicht eine neue Idee, keinen überraschenden Gedanken zum Thema Klimapolitik, dafür aber betont sie die Notwendigkeit des Wachstums. Solange man jedoch am Wachstum (gemeint ist wohl Wirtschaftswachstum) festhält bzw. Wachstum als Naturgesetz versteht, wird sich klimapolitisch nichts ändern. Da kann man die bekannten Schlagworte und Phrasen wie „Nachhaltigkeit“ und „Änderung des Verhaltens“ noch so vollmundig einfordern … – Dr. Heinz Kaiser

 

Ich lese gerade den „Artikel“ – Wir können so nicht weiterleben – von AKK, und muss mich ernsthaft fragen, warum die ZEIT sich jetzt zum Sprachrohr von AKK macht? Wird jetzt jeder Politiker, dessen Umfrage – und Symphatiewerte am fallen sind, eine halbe Seite in der ZEIT bekommen, wo er/sie unkommentiert erklären können, was sie plötzlich ändern möchten? Ist das unabhängiger Journalismus im Sinne der ZEIT? Ich war enttäuscht, von solch einer unkommentierten Veröffentlichung. – Rafael Pelka

 

Seit knapp 14 Jahren sitzt die CDU in der Bundesregierung. In dieser Zeit hat sich Deutschland für weichere EU-Abgasnormen eingesetzt, bei den pro Kopf CO2 Emissionen und beim Plastikverbrauch belegt es nach wie vor einen unrühmlichen Spitzenplatz in Europa. Angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Stimmung ist der verbale Schwenk Richtung Klimapolitik so nachvollziehbar wie unglaubwürdig. Konkret fordert die CDU Vorsitzende, Schäden an der Umwelt angemessen und sozial ausgewogen zu bepreisen. Entsprechende Vorschläge des Koalitionspartners zu einer derartigen CO2 Steuer wurden von der CDU bisher mit markigen Sprüchen abgelehnt. Die CDU wird sich an Taten messen lassen müssen. Mit blumigen Versprechungen wird man weder das Klima retten noch verlorene Wähler zurückgewinnen. – Jonas von Wangenheim

 

„Wir können so nicht weiterleben“ titelt Frau Kramp-Karrenbauer. Nun hat endlich auch die CDU begriffen, dass es darum geht „die Kosten unserer Lebensweise nicht länger […] auf die Zukunft abzuwälzen“ und springt auf den grünen Zug auf. Erleichtert und hoffnungsvoll beginnt man zu lesen. Von „neuer Denkrichtung“ ist die Rede und dem „Kreislauf der Natur“ als „Richtschnur“ und vielem mehr, ABER: Agrarsubventionen nicht nach Fläche, sondern nach ökologischem Nutzen? Niente. Güterverkehr auf die Schiene? Nada. CO2-Steuer? Nichts. Nichts. NICHTS! Liebe Frau Kramp-Karrenbauer! Wenn Sie mich als Wähler gewinnen wollen, dann hören Sie bitte mit dem Geschwurbel auf und bekennen Sie sich zu konkreten Maßnahmen! – Dr. Marcus Quint

 

Einmal innehalten in einer emotional aufgeheizten Klimakatastrophendebatte – und nachdenken. Dazu verhelfen mag der Aufsatz von AKK, die Rückbesinnung auf Caspar David Friedrich (gleiche DIE ZEIT), vielleicht auch einmal nur die Vorstellung eines kosmischen Ereignisses wie dem eines Asteroideneinschlags (wäre das nicht ein grandioses Motiv für CDF: „Mönch und Meteorit (am Meer)“?) Genügen aber würde schon ein einziger großer Vulkanausbruch, den Wissenschaftler, so seriös wie alle Klimaexperten, in Zukunft erwarten – in Italien, den USA, vielleicht wieder in Indonesien? Nach großflächiger lokaler Verwüstung verdüstert sich weltweit die Atmosphäre, was den Solaranlagen den Treibstoff kappt, die Photosynthese drosselt, die Temperatur senkt – mit allen denkbaren Folgen. Ereignete sich solch ein Ausbruch nach dem deutschen Kohleausstieg – welch eingefleischter fleischverschmähender Ökofreak sehnte sich dann nicht nach Strom für ein bißchen Wärme und Licht aus einem noch nicht ganz abgewrackten Kohlekraftwerk? Vielleicht aber hofft er klammheimlich, daß seine, in der Asylpolitik ach so unsolidarisch agierenden europäischen Nachbarn in einem plötzlich erwachten gesamteuropäischen Verantwortungsgefühl ihm einen Teil ihres Kernkraftstroms abgeben – so eine Art europäischer Klimasolidaritätszuschlag? Unbenommen von alledem bleibt das Ziel: ein Leben im Einklang mit dem „Kreislauf der Natur“ und – weltweit wesentlich weniger Menschen! Die Bevölkerungsexplosion ist keine Naturkatastrophe wie ein Vulkanausbruch; sie zu beherrschen haben wir selbst in der Hand! – Dr. med. Ulrich Pietsch

 

Interessiert, offen und durchaus hoffnungsvoll haben wir begonnen, den Artikel von Frau Kramp-Karrenbauer zu lesen. Fast so, als ginge man gespannt in einen neuen Kinofilm. Und dann das! Schon nach den ersten beiden Absätzen beschleicht einen das mulmige Gefühl, dass hier jemand viele Worte macht und dabei nichts konkretes sagt. Das hier jemand reumütig bekennt, ab jetzt alles ganz neu und „nun aber wirklich“ radikal anders machen zu wollen, nämlich kollektiver Umweltzerstörung, Verschwendung und Ausbeutung von Natur und Ressourcen entgegenzutreten und alles menschenmögliche zu unternehmen, um die Klimakatastrophe (ich nenne den „Klimawandel“ so, weil es nicht um eine harmlose Veränderung, einen „Wandel“, geht, sondern um eine –langsame, aber bereits stattfindende – reale Katastrophe) noch abzuwenden oder zumindest zu begrenzen. Und beim Weiterlesen nimmt das Unheil – wie eine Katastrophe – unausweichlich seinen Lauf: eine Aneinanderreihung von Worthülsen, Floskeln, beschwörenden, abstrakten Formeln und Phrasen, was man ab jetzt alles unbedingt und entschlossen besser machen müsse und dabei ganz dringend mit Europa gemeinsam und aufbauend auf Kreativität und Wachstum… ich könnte kotzen (und ich entschuldige mich nicht für diese Polemik!). Ich will versuchen, mein Argument mit Hilfe einer Analogie verständlich zu machen: Stellen wir uns vor, Deutschland ist die Titanic. Auf der Brücke stehen mehrere Kapitäne und Offiziere UND die Titanic ist bereits mit dem Eisberg kollidiert.

Es klafft ein riesiges Loch im Rumpf und das Schiff mit ca. 1600 Passagieren beginnt, zu sinken (so stellt sich mir und renomierten Klimawissenschaftlern das Bild dar). An Deck demonstrieren die jüngeren Passagiere wütend dafür, sofort die Schiffmotoren zu stoppen und das Leck zumindest teilweise abzudichten, damit der Ozeanriese nicht oder wenigstens langsamer sinkt. Und jetzt tritt beherzt die erste Offizierin vor und hält eine Rede vor den Passagieren, in der sie vor dem gewählten Kurs warnt: „Wir müssen auf jeden Fall und entschlossen den Kurs ändern, weil das Schiff sonst gegen einen Eisberg fährt“ ruft sie und erkennt mit keiner Silbe den wirklichen Ernst der Lage. Die Kursänderung ginge nur in Absprache mit anderen Schiffen und nicht, ohne den farbenprächtigen Tanzball im Luxusdeck zu unterbrechen… Was denken wohl diejenigen Passagiere, die sehen, dass die Titanic bereits sinkt? Genau! Und genau das denke ich über Ihren Artikel! Dennoch kann ich dem Artikel etwas abgewinnen: er entlarvt schonungslos die unfassbare Naivität und Ignoranz! Die Unfähigkeit führender PolitikerInnen, Reden von Handeln zu unterscheiden. Inhaltsleere Worthülsen, die kein anderes Ziel haben, als Wahlvolk einzufangen. Scheinbar entschlossene pseudo-problemlösende Rhetorik, wo mutiges, schnelles Handeln, d. h. die Formulierung von klaren Regeln und Gesetzen und deren Durchsetzung überlebenswichtig wäre. Und zwar auch gegen mächtige Interessengruppen, die uns weiß machen wollen, alles könne noch so weiter gehen. Genau das hat Rezo in seinem Video offengelegt: dass die CDU seit Jahrzehnten von Parolen und Worthülsen lebt, die ganz oft inhaltsleere Rhetorik und eben nicht gestaltende Politik sind! In Ihrem Artikel wird das erneut glasklar! – Jan Frehse

 

Hat das ein Bot geschrieben? Bitte noch mal prüfen, liebe Politik-Redaktion! Ich lese über dieser Reihung von Worthülsen und Satzbausteinen zwar den Namen von Frau Kramp-Karrenbauer, aber sind Sie wirklich sicher, dass es der richtige ist? Müsste es nicht Angela Merkel heißen? Oder doch Peter Altmaier? Aber eigentlich ist das egal. Das heißt, es wäre sogar konsequent, eine Random Software entscheiden zu lassen, welcher Name über so einem Text eingesetzt wird, nachdem schon der Algorithmus die Buzzwords ausgewählt, die Häufigkeit ihrer Nennung bestimmt und ihre optimale Verteilung errechnet hat. Wachstum, Fortschritt, Innovation (Innovationsbereitschaft, Innovationsoffensive), Kreislaufsystem, digitale Prozesse, Schöpfung, Marktwirtschaft, Wohlstand für alle, kommende Generationen… und dann, ganz am Schluss, tatsächlich noch der Bezug zur Überschrift: Änderungen des Verhaltens. Check! Ich danke der ZEIT für die Veröffentlichung dieses Zeitdokuments. Ein leidenschaftlicheres Plädoyer für Politikmüdigkeit und Parteiverdrossenheit und einen besseren Beweis für die grundsätzliche Richtigkeit von Rezos CDU-Zerstörungs-Video habe ich noch nicht gelesen. – Axel Klemmer

 

Ich bin eine neue ZEIT-Leserin und habe in Ihrer aktuellen Ausgabe den Artikel von AKK weitgehend fassungslos gelesen. Ist es normal, dass in Ihrem Medium Parteivorsitzenden eine Plattform (immerhin Hauptteil, S.5) zum offenen Wahlkampf geboten wird; geschieht das auch für Spitzenpolitiker_innen anderer Parteien oder ist dies die anbiedernde Antwort der ZEIT auf AKKs finstere Zukunftsvision der vorletzten Woche, in der sich Zeitungen kollektiv gegen (die Unions-) Parteien positionieren? Selbst wenn ich annehme, dass es weder der erste, noch der einzige Gastartikel einer_s Parteivorsitzenden ist, befremdet es mich, ihn so unkommentiert dastehen zu sehen neben einem Foto, auf dem Umweltverschmutzung wirkt wie ein ästhetischer Marmorierungsdruck in einer Berliner Hipstergalerie. Ein Haufen Plastikmüll am Strand hätte die salbungsvollen Worte AKKs wohl zu scharf kontrastiert – womit ich zum Inhalt ihres Artikels komme, der mich wütend macht und es mir schwerfallen lässt, meine Wut in zwei oder drei Sätze zu bündeln: Ich finde es ätzend, wie sie von drei handlungsweisenden Kriterien spricht, bei denen der Klimaschutz an erster Stelle stehen soll. Wie kann sie sich eine halbe Zeitungsseite lang in Floskeln verlieren, ohne Worte wie Kohleausstieg oder CO2-Steuer auch nur anzusprechen? Von klaren Ideen keine Spur und wenn solche fehlen, wird sich auch weiterhin – möglicherweise mit einer Kanzlerin AKK – nichts ändern. Wenn sie konkrete Ziele angeben würde, könnte sie die CDU vielleicht ein Stück weit aus der durch Rezo berechtigterweise mitverursachten Glaubwürdigkeitskrise befreien, aber so erscheinen ihre Worte mehr wie Trittbrettfahrerei an Stimmungen und Grünen-Wahlergebnissen. Sieht so aus, als müssten wir noch eine ganze Weile freitags auf die Straße! Danke aber für die vielen anderen guten Artikel und die gute journalistische Arbeit zB. über den Mord an Walter Lübcke ua. – Katharina

 

Auch wenn ich Leserbriefe an sich für sinnlos ansehe und häufig mit dem, was in der Zeit steht, nicht gänzlich uneinverstanden bin, muss ich Ihnen heute schreiben: in der aktuellen Ausgabe findet sich auf Seite 5 ein Artikel, in dem sie der CDU Politikerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Möglichkeit einräumen, sich als Vorkämpferin bzw. Neudenkerin einer Klimapolitik zu inszenieren. Als ich das sah, ist mir regelrecht schlecht geworden: ich werbe bei meinen Studierenden immer und immer wieder dafür, traditionelle Zeitung zu lesen, um nicht nur im Netz nach Informationen zu suchen, die eigene Echokammer zu verlassen, sich breit zu informieren und zudem den Journalismus als wichtige regulierende Kraft in der Demokratie zu stützen.

In der Art und Weise wie Sie sich aber mit diesem Artikel zum Steigbügelhalter der CDU machen und dieser Partei, die sich seit Jahrzehnten (nicht nur als Lobbbyisten der Autoindustrie) gegen jeden Versuch stemmen, eine dringend notwendige Umweltschutzpolitik durchzusetzen, ist unglaublich und widerlich. Sie entziehen damit der Presse jegliche Legitimation – wo bleibt eine kritische Einordnung dieses Artikels? Wo eine kritische Nachfrage, wie es zu diesem plötzlichen Gesinnungswandel kommt, war doch Laschet jüngst noch sehr erstaunt darüber, dass „Klima“ plötzlich so ein Thema wird (nicht inhaltlich, sondern in der Wählergunst: das macht die ganze Aussage umso schlimmer)… warum lassen Sie zu, dass hier in diesem Maße gelogen und verschleiert wird? In der Zeit, in einem großen Artikel? Sie haben eine Verantwortung, ausgewogen und kritisch zu berichten und nicht eine Bühne für die verlogene Selbstdarstellung von Berufspolitikern zu sein: Das ist Wahlwerbung, die als solche nicht ausgewiesen ist. Sie haben erneut gezeigt, dass die vermeintlich traditionelle „freie“ Presse kaum jemals existierte – und wie wichtig das Internet mit kritischen Stimmen wie Rezo et al sind – Sie sollen und müssen sich schämen, dass Sie diesen Artikel abgedruckt haben und ich ärgere mich maßlos darüber. – Henrike Haug

 

Deutlich zeigt dieser Namensartikel den geistigen Verfall der CDU – Führung: man kann zwar (noch) erahnen, wie D zukünftig NICHT leben soll, aber überhaupt nicht, wie es demnächst und noch weniger, wie und wovon es in der Zukunft leben soll! Wenn sich D -als Vorbild- schon mal bis 2050 Zeit zum Nachdenken nehmen will, was denn dann die „Nachzügler“ wie China und USA?? SCHADE nur, dass dieser Artikel im Teil POLITIK gedruckt wurde; unter GLAUBEN UND ZWEIFELN wäre er besser aufgehoben!! Wie AKK mit solchem Schwadronieren Wähler zurückgewinnen will, dürfte NUR ihr Ghostwriter wissen… – Franz Berger

 

In ihrem „Plädoyer für eine neue Klimapolitik“ kommt jetzt auch Annegret Kramp Karrenbauer zu der Erkenntnis: „Der Kreislauf der Natur muss Richtschnur unseres künftigen Wirtschaftens und unserer Lebensweise werden“. Es ist ihr klar, dass unsere bisherige Lebens- und Wirtschaftsweise den Planeten und die Zukunft unserer Kinder zerstört. Internationale und interkontinentale Freihandelsabkommen wie CETA wurden aber erfunden, um unser bestehendes Wirtschaftssystem noch einmal zu verstärken und zu beschleunigen. Von Kreislaufwirtschaft ist dort nichts zu lesen-Kreislauf über den Atlantik? In den kommenden Monaten wird über den Investitionsschutzteil von CETA im Bundesrat entschieden. DurchCETA kann dann die finanzielle Entscheidungsfreiheit der Bundesregierung für Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen eingeschränkt werden, zugunsten der Gewinnerwartungen internationaler Konzerne. Wenn die Vorsitzende der CDU glaubwürdig bleiben will, wenn Grüne, Linke und Freie Wähler zu ihren Wahlaussagen und Parteitagsbeschlüssen stehen wollen, dann müssten sie jetzt alles daran setzen, dass CETA im Bundesrat abgelehnt wird. – Ernst Hörmann

 

Wir können so nicht weiterreden!
Da erhält die CDU-Vorsitzende Deutschlands fast eine ganze Seite in der Zeit – und was macht sie daraus? Nichts. Ein Artikel in dem Allgemeinplätze und leere Formeln aneinander gereiht werden: „Es geht darum, die natürlichen Lebensgrundlagen zu sichern…“ Oder: „Wir wollen den Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung mit neuer Kraft und festem politischen Willen angehen…“ Konkrete Vorschläge oder Maßnahmen, wie das geschehen soll? Fehlanzeige! Die „neue Kraft“ wurde offensichtlich vom Erfolg der Grünen und unter dem Druck der „Fridays for Future“-Bewegung entdeckt.

Der Versuch, in der Klimadebatte Boden gut zu machen zu wollen ist offensichtlich. Mit derartigen Aufsätzen wird das allerdings nicht gelingen. „Wir müssen…echte Handlungsalternativen anbieten.“ schreibt Frau Kramp-Karrenbauer am Ende Ihres Beitrags. Na, dann mal los! Nur so weiterreden wird auf jeden Fall nicht reichen. – Thomas Meichle

 

Wir müssen unser Verhalten ändern, weil wir so nicht weiter leben können, fordert die CDU-Vorsitzende, und verlangt eine „neue Denkrichtung“. Die neue Lebensweise, die es zu entwickeln gilt, soll auf die Ausbeutung der Natur verzichten und unsere Lebensgrundlagen retten. Kurz: Ein „Kreislauf der Natur“ müsse, um die Schöpfung zu bewahren, zum politischen Leitprinzip werden. Die Melodie ist nicht neu. Doch wie soll die angekündigte Auseinandersetzung mit unserem bisherigen Wohlstandsmodell aussehen? Prompt heißt die Antwort: „Wir brauchen Wachstum“, ressourcenschonendes Wachstum, das durch Innovationen Probleme lösen kann. Denn: „Wir wollen weiter Wohlstand für alle schaffen.“ Ob diese Rechnung aufgehen wird? Von persönlicher Bescheidung ist jedenfalls keine Rede, im Gegenteil, wir müssen, aller Natur zuwider, ökonomisch weiter und weiter wachsen. Mein Vater, der ein Bauer war, gab mir auf den Weg: „Jedes Stück Vieh, weiß, wann es genug hat, nur der Mensch weiß es nicht.“ Oder, klassisch mit Epikur, gesagt: „Wem genug zu wenig ist, der hat nie genug.“ – Dr. Eugen Schmid

 

Frau Kramp-Karrenbauer – und vielleicht auch die CDU insgesamt – setzen also auf Kreislaufwirtschaft und technische Innovationen. Das ist gut, aber reicht es aus und kommt es nicht zu spät nach vielen Jahrzehnten „Raubbau first!“? Ich vermisse in dem christlich angehauchten Artikel die Wörter „Sparsamkeit“ und „Verzicht“. Davon zu schreiben hat Frau Kramp-Karrenbauer sich wohl nicht getraut. Konkret: Wer kein Auto oder nur einen Kleinwagen benötigt, aber einen Mittelklassewagen oder einen noch größeren Pkw fährt, wer mehr Kleidung, Lebensmittel etc. kauft, als er tatsächlich benötigt, wer mehr Wohnfläche nutzt, als für ein gutes Wohnen erforderlich ist, also z. B. mehr als 60 qm für eine Einzelperson oder 90 qm für zwei Personen, der verschwendet meines Erachtens Ressourcen und schadet der Umwelt und künftigen Generationen. – Dr. Ulrich Willmes

 

Die kommende (jetzige) Generation, die tut von Samstag bis Donnerstag gerade so, als wäre da alles paletti und gut. Der Freitag aber, der gehört immer wieder der „Fridays for future“-Jugend. Unsere Welt, die befindet sich aber, durchgehend in einem sehr schlechten Allgemeinzustand, mit einer relativ sehr kurzen Lebenserwartung. Richtig aufrappeln kann und will sich dann doch lieber, (fast) niemand, außer wie schon festgestellt, nur ein paar der Jugendlichen am Freitag, um wenigsten an diesem „Demo-Freitag“, auf diesen üblen Zustand der Welt, hinzuweisen! – Klaus P. Jaworek

 

Ich las die Gedanken AKK‘s aufmerksam. Aus meiner Sicht liegen zwischen den einzelnen Ansätzen/Wünschen der Parteichefin und der Wahrheit noch Welten. Viele Dinge sind bereits seit langem bekannt. Ich lese, was wir als christliche Partei tun müssen und sollen. Dennoch passiert…. Nichts! Zwar gibt es hehre Ziele, doch der Wirtschaft wird nachgegeben und die Umsetztung der Ziele verschoben und weichgespült. Es könnten ja Arbeitsplätze verloren gehen oder das Wachstum ausfallen. Also dann lieber befristet weiter so. In zwei Jahren werde dann alles umgesetzt. Und in zwei Jahren heißt es: “Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“ Ich nehme das Schriftwerk von AKK nicht ernst. Und ich glaube, dass es aus der Feder von gut bezahlten Redenschreibenden stammt… – Achim Bothmann

 

Der Artikel von A.K.-K. könnte von den GRÜNEN geschrieben sein. Glaubt sie wirklich, dass sie ihre Ziele mit der CDU durchsetzen kann? Zwei wesentliche – und demnächst tödliche – Phänomene sind es, denen die großen politischen Parteien und die Marktwirtschaft hinterherlaufen: 1. Der Fetisch des Wirtschaftswachstums – nur als materieller Wert gerechnet. 2. Der Glaube, dass die Freiheit des Einzelnen hochgehalten werden muss, unter der Maxime, dass der Mensch tun und lassen kann, was er will, soweit er anderen dabei nicht schadet.
Genau das tut er aber, wenn er zu viel fliegt, zu viel in der Stadt Auto fährt, mit Kohle oder Öl heizt, zu viel Plastik verbraucht und zu viel Fleisch ist. Leider ist der Wähler derjenige, der die Bequemlichkeit einerseits und die äußerliche Abwechslung andererseits sucht, da er verlernt hat, in sich zu ruhen. – Martin Grau

 

Wohl war das wir alle nicht so wie bisher im Überfluß weiterleben können.Ich kann mir eine schnelle Umkehr zu einer bescheidenen und somit vernünftigen Lebensweise nicht vorstellen.Sie hat ja recht,mit allen ihren Beteuerungen,wie über eines nachhaltigen Wirtschafts- und Gesellschaftsmodells – des Kreislaufes der Natur als eine Richtschnur unserer Lebensweise u.s.w. – diese Erkenntnisse sind ja alle richtig,übrigens auch andere Parteien haben erkannt,wie es um unsere Umwelt bestellt ist.Ich wage die Behauptung,das weltweit,der Hauptgrund neben vielen anderen Ursachen der Zerstörung an unserer Natur (Raubbau von Ressourcen – Plastikmüll – Erderwärmung – CO2 Ausstoß – Abschmelzung der Pole) der Wirtschaft (Industrie)anzulasten ist,durch einen ,,Raubtierkapitalismus,,den schon,die auch von mir hochgeschätzte Marion Gräfin Dönhoff in den frühen neunziger Jahren angeprangert hat.Besinnen wir uns alle,weltweit,denn jeder einzelne kann etwas tun zur Erhaltung des Planeten Erde,auch mit Blick für unsere Nachkommen. – Klaus-Dieter Michel

 

Hat Frau Kramp-Karrenbauer etwa neue Erkenntnisse erlangt? Wie lange ist unser Umgang mit dem Planeten Erde schon in der Krise – viel zu lange! Kaum hat die Kanzlerin geäußert, dass nun Schluss sein müsste mit „Pille-Palle“ in Sachen Klima, da kommt auch AKK aus der Höhle und schreibt uns eine lange Gardinenpredigt – wobei die Betonung auf Predigt liegt – was alles besser und schneller gehen sollte. Und bitte schön, das „christliche“ im Parteinamen miterwähnen, da hat es doch gleich einen anderen Anstrich. Es ist aus meiner Sicht einfach peinlich zu lesen und anstatt mal in den zurückliegenden Jahren „aus dem Quark“ zu kommen, derartige Plattitüden abzulassen. Doch die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt und die Erde hoffentlich nicht vor der Menschheit. – B. Gorny

 

Ein typischer Beitrag zu Klimawandel, Umweltschutz und zur Förderung von Politikverdrossenheit. Inhaltlich könnte jede Partei, mit Ausnahme der AfD, den Artikel unterschreiben. Wir leben spätestens seit Anfang der achtziger Jahre in einer Zeit zunehmenden Umwelt- und Klimabewusstseins bei gleichzeitig wachsendem Ressourcenverzehr. D.h. nicht, dass nichts erreicht wurde. Sofern es die direkte Belastung der Menschen betrifft, ist einiges passiert, wenn wir die Luftreinhaltung und die Qualität des Trinkwassers betrachten. Ansonsten ist die Bilanz ernüchternd. Deutschland gehört – gemessen an der Bevölkerung – zu den ganz großen Klimaschädlingen und nimmt einen Spitzenplatz beim Mülltourismus ein.

Für eine Partei wie die CDU, die eher als Bremser in Sachen von Umwelt- und Klimaschutz im Bewusstsein des Wahlvolks ist, sind vollmundige, aber leere Phrasen nur eine Bestätigung dieser Sichtweise. AKK hätte ohne Not eine Bestandsaufnahme der bisher teuren, aber wenig erfolgreichen Politik fordern können. Dies wäre glaubwürdig und – wenn sie ehrlich erfolgt – eine zugleich effizientere und effektivere Klima- und Umweltpolitik zur Folge haben. – Dr. Hans-Günther Vieweg

 

Ich kann nicht glauben, dass diese Dreiviertelseite Text ernst gemeint ist, wenn schon im Einführungs-Geplapper, im vorletzten Satz des zweiten Absatzes, so gelobhudelt wird, dass „über viele Jahrzehnte und mit erfolgreichen Umweltministern die Klimapolitik … vorangebracht“ wurde. Wer davon so augenscheinlich beeindruckt ist, braucht kein weiteres Wort und unsere ZEIT zu verschwenden. – Gudrun von Felde


 

Leserbriefe zu „Nichts ist vergangen“ von Heinrich Wefing

Der – nach allem was man bisher weiß – politisch motivierte Mord an Walter Lübcke macht mich fassungslos, und fassungslos macht auch der Hass, der auf sogenannten sozialen Medien veröffentlicht wird. Fassungslos macht mich allerdings auch, wenn der Autor des Artikels ausgerechnet von den Betreibern der Plattformen fordert, solche Veröffentlichungen zu unterbinden und kritisiert, dass diese nur zögerlich gelöscht würden. Viel wichtiger wäre es, dass solche Veröffentlichungen eben nicht dem Handeln der Plattformbetreiber überlassen bleiben, sondern mit aller Konsequenz strafrechtlich verfolgt werden. Es wäre die Bankrotterklärung des modernen Rechtsstaates, wenn er die Strafverfolgung quasi an kommerzielle Unternehmen outsourct. – Christian W. Degner

 

Um diese Angelegenheit aus dem Besonderen ins Allgemeine zu überführen, fällt mir eine Zeichnung des spanischen Malers Francisco de Goya mit dem Titel „Die schlafende Vernunft gebiert Ungeheuer“ ein. Die schlafende Vernunft steht für die herrschende Politik (Lübcke), das Ungeheuer für den Rechtsextremisten Stephan E. – Ein/e Leser/in

 

Ich halte es für problematisch, den Mord an einem Politiker, als „hingerichtet“ zu bezeichnen. Hinrichtung hört sich für mich an wie eine Aufwertung eines Verbrechens, im Sinne eines politischen Programms und Denkens, zu dem auch die Todesstrafe gehört. Mord sollte Mord bleiben . – Irmgard Göttler-Rosset

 

Ich danke Ihnen für Ihre klare Position. Schon lange empfinge ich die allgemeine Hetze in den sogenannten „sozialen Medien“ unverantwortlich, verwerflich und kriminell. Und dies in sehr unterschiedlicher Ausprägung. Für mich sind diese Plattformen zutiefst „unsozial“, weil sie Hass, Gewalt und Vorurteile schüren und die Abwertung des Gegenübers fördern. Leider werden sie auf recht unterschiedliche Weise auch von Politkern und führenden Staatsmännern genutzt, um Stimmung gegen andere Personen, Bevölkerungsgruppen und / oder Länder zu fördern. Dies hat nichts – aber auch rein garnichts – mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung zu tun. Die Beiträge lassen den Respekt vor Andersdenkenden und Anderssein vermissen und treten unsere Demokratie mit den Füssen. – Ursula Thomas

 

genauso wie personen, die randalierer nach hamburg zum g7 eingeladen haben, muss unser strafrecht auch die erfassen, die die stimmung zu solchen mordtaten herstellen. – c.voss

 

Der Artikel von Heinrich Wefing trägt bedauerlicherweise den Untertitel „Vieles spricht dafür, dass zum ersten Mal seit Weimar ein Politiker von einem Rechtsextremen hingerichtet wurde.“ Hingerichtet? Was ist das für eine Wortwahl, die diesem feigen Mord, der alle Zeichen der Heimtücke trägt, den Anschein eines rechtlichen Vorganges verleiht. Hinrichten heißt in erster Linie laut Duden „an jemandem das Todesurteil vollstrecken“, in zweiter Linie erst „in einem Racheakt töten, aus dem Weg räumen“. Durch die Nähe zu richten, Gericht, Recht sprechen usw. erweckt „hinrichten“ immer noch den Anschein des Rechtmäßigen, des Folgerichtigen, des von der Gesellschaft Gewollten oder Akzeptierten. Ich halte diesen Begriff in meiner ZEIT für ganz unangebracht. – Christoph Werner

 

Mich regen solche Beiträge auf. Natürlich ist das alles schrecklich. Aber immer und immer wieder nicht nach den Gründen zu suchen, ist fahrlässig und wird der Sache nicht gerecht. Warum sind solche Zustände überhaupt möglich. Da höre ich so gut wie kein Wort. In keinem anderen EU-Land sind solche Zustände zu verzeichnen. Sie können doch nicht so verbohrt sein, nicht nach den Ursachen zu fragen und sich damit zu beschäftigen, wie das beendet werden kann. Es reicht nicht, ständig darüber seinen Unmut auszulassen. Das tut schon die Politik im hohen Maße. Selbst der Bundespräsident überbietet sich darin (zynisch, geschmacklos, abscheulich). Alles nur leere Worte. Und von der „Zeit“ erwarte ich eine eingehende Untersuchung und nach den Gründen zu suchen, die so was überhaupt möglich machen. Da wird eisern geschwiegen. Die einzige Zeitung, die die wahren Schuldigen benennen ist das Monatsmagazin „Cicero“. Das wäre produktive Arbeit. Die Empörung hört man nach jedem Attentat. Noch eine Nummer größer war die Hinrichtung am Breitscheidplatz in Berlin. Die gleiche Berichterstattung. Die Intellektuellen, die den politischen Zustand in Deutschland beklagen werden tot geschwiegen. Zum Beispiel Peter Sloterdijk – die Instanz der Intellektuellen. Alles was er geschrieben hat, ich habe sein Buch mehrmals gelesen, zeichnet seinen gesunden Menschenverstand aus.

Eine politische Grabschrift. Manche sprechen sogar von Ochlokratie. Es wird sich in Deutschland nur dann politisch etwas ändern, wenn die Befürworter einer Leistungsgesellschaft die Politik bestimmt. Nur so sind wir zum Wohlstand gekommen. Das dumme soziale Gerede bringt keinen Armen von der Straße. Und ihr Blatt wird seinen Betrieb auch einstellen müssen. Die Berliner Bürokratie und ihre Zweigstellen von Nord bis Süd sind der reine Wahnsinn. Die Islamophobe Verrücktheit der Politik und vieler Bürger hat krankhafte Züge wie das Wort schon sagt. Über 700 Bundestagsmitglieder ist für sie nur eine Randbemerkung wert. Und die EU ist eine Utopie. Jedenfalls so wie sie aufgestellt ist. Vereintes Europa wäre wichtiger den je. Wenn man hinter die Kulissen schaut weiß man warum. Dadurch das ich auch in Singapur lebe, eines der wohlhabenden Staaten, habe ich einen guten Vergleich wie erbärmlich mein Geburtsland politisch aufgestellt ist. Die lebensfremde Ideologie in Deutschland hat unser Land nur geschwächt. Die Bildung hat brauchbares nicht mehr gelehrt. Das hat insbesondere die Partei der Grünen zu verantworten. Das wird zwar schon lange beklagt, aber es ändert sich nichts. Wenn der Wohlstand ins Schlingern gerät, erst dann wacht vielleicht die Politik auf und versucht die Scherben aufzufegen. Dafür ist es aber zu spät. Die Karriere ist damit für das heutige Personal beendet. Dann kann man nur noch beten, daß besseres Personal, das gibt es nämlich, die Macht übernehmen wird. – Gunter Knauer

 

Wenn es sich bewahrheiten sollte, dass der dem Rechtsextremismus zuzuordnende Mord an Walter Lübcke der erste in der Geschichte der Bundesrepublik an einem Rpräsentanten des Staates ist, dann ist es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Personenschützern, Polizei und Justiz zu verdanken, dass es nicht längst vorher solche Gewalttaten gegeben hat. Der Bundespräsident bezeichnet die „Claqueure der Gewalt“ als zynisch, abscheulich und widerwärtig. Das ist ein richtiges Signal, wird aber Gewaltbereite und -unterstützende kaum von ihrem pauschalen und schon deshalb vollständig unbegründetem Hass abhalten. Genauso richtig, wie verantwortungsvolle Bürger in ihren Haltungen zu bestätigen, ist es, Gewaltbereiten den Spiegel vorzuhalten, ihre Motive, Absichten und Strategien aufzudecken.

Denn deren martialisches Gehabe in Aktionismus, Sprache und Symbolik ist nichts weiter als die Kompensierung einer äußerst passiven Haltung. Sie schließen sich so vehement in ihre standardisierten Echokammern ein, dass sie sich die Wahrnehmung der Vielfalt von Wirklichkeit selbst verbauen. Sie schaden sich selbst.Wie sagte schon Alexander von Humbold? „Die gefährlichichste Weltanschauung ist die der Leute, welche sich die Welt nie angeschaut haben.“ Was übrigens auch als Einladung an alle extremistischen Selbstbetrüger verstanden werden kann, doch noch mal den Blick über den eigenen Tellerrand hinaus zu wagen – um mehr von sich selbst und der Welt zu verstehen. – Christoph Müller-Luckwald

 

Der Mord am Regierungspräsidenten Lübcke: zunächst kamen hier in Kassel (spekulativ) Gerüchte auf, es könne ein privater/familiär bedingter Mord gewesen sein. Der Sanitäter, welcher angeblich Blutspuren auf der Tatort-Terrasse Wolfhagen-Istha weggewischt hatte, habe ein Haus von Lübcke gekauft und sei Freund von Lübckes jüngstem Sohn gewesen. So hießen die ersten Nachrichten. Nach genau dem Muster wurde bei jeder NSU-Mordtat ermittelt: Familie, Freunde, Drogengeschäfte….. Bei NSU zu spät und bei Lübcke – endlich (!) – gerät der politische und rechtsterroristische Hintergrund in den Blick . Können wir unserer Polizei, unseren Ermittlern trauen? Bei dieser Frage steckt die nächste Gefährdung für unseren Staat: Diese Taten, gekoppelt mit abstrusen Gerüchten, befördern das Misstrauen unter uns. Da beginnt der „Domino-Effekt“: Bluttat, unfassbar, zunächst unerklärbar, schnell zuordnen, falsche Verdächtigung, falsche Ermittlung, zufällig echte Spur gefunden (vielleicht). So lassen wir zu, dass Terrorismus (rechts, links egal, Terror ist immer die Sache mit Schrecken, Angst und Misstrauen) uns und unseren Staat kaputtmacht. Wenn die Ermittler so mitmachen ( wie bei NSU-Ermittlungen), dann ist uns nicht mehr zu helfen. Genau hingucken! Es gibt mehr (rechts-)extreme Menschenhasser, als man denkt/will/wünscht/sich vorstellen mag. Die Wirklichkeit ist anders als der Ponyhof, nur will das niemand öffentlich zugeben – das könnte ja einige unserer Bürger verunsichern. (Fernzitat de Maiziére). Ich bin froh über den Generalbundesanwalt. Dem vertraue ich. Mit Familie Lübcke trauere ich, mit der Familie von Stephan E. irgendwie auch (wie geht es jetzt den beiden Teenager-Kindern, wie der Gattin? Bekommen die jetzt ständig „Wir-halten-zu-euch-wahren-Deutschen-Emails“ von dummen Deutschen? Vielleicht von Frau Steinbach?) – Sabine Wilms

„Zum ersten Mal seit Weimar“ sei ein Politiker von einem Rechtsextremisten hingerichtet worden, steht in der letzten Ausgabe der Zeit. Morde an PolitikerInnen im Nationsalsozialismus hat es also nie gegeben? Grund genug mein Studierendenabo zu kündigen. Achso und dass die Zeit seit Jahren darauf verzichtet angemessen zu gendern. – Marike Andreas

 

 

Leserbriefe zu „Wer hat ihn erschossen?“ von Kai Biermann et al.

Jeder kann im eigenen Bekannten- und Kollegenkreis das Phänomen der wachsenden „rechtsoffene Mischszene“ beobachten. Sätze, die eine Nähe zur Tat und eine Distanz zum Staat zeigen, werden immer offener ausgesprochen. Sätze wie „Selber schuld“ oder „Mich wundert das nicht“ oder „Es muss immer erst was passieren, bis sich etwas ändert.“ – gerne auch eingeleitet mit „Ehrlich gesagt, …“. Ausgesprochen von Menschen, die einen sichern Arbeitsplatz haben, im Wohlstand leben, denen es nach einem allgemeinen Verständnis sehr gut geht. Was sich da jetzt zeigt, knüpft an das offensichtlich immer noch lebendige vordemokratische Erbe aus unserer Geschichte an: eine Grundströmung, die nie in unserer Demokratie angekommen ist und nun immer offener zu Tage tritt. Die Anschlussfähigkeit dieser rechten Gesinnung wächst kontinuierlich: Durch Einbringen von fremdenfeindlichen, rassistischen, geschichtsrevisionistischen und antidemokratischen Positionen in den öffentlichen Diskurs – insbesondere durch die AfD – und durch Multiplikationseffekte in den „sozialen“ Medien.

Der so entstehende Resonanzraum lässt bei den Trägern der rechten Gesinnung die Selbsteinschätzung wachsen, Teil einer bisher schweigenden Mehrheit zu sein, die nun langsam Oberwasser gewinnt. In diesem selbstreferenziellen Raum geht es nicht um die diskursive Prüfung von eigenen Aussagen und Positionen im Hinblick auf die Geltungsansprüche Wahrheit, Richtigkeit und Wahrhaftigkeit. Die aus Sicht der rechten Gesinnungsträger schon immer feststehende vorsprachliche Geltung ihrer Positionen vermag nun das offenbar große Bedürfnis nach Selbstgeltung zu stillen. Da es in diesem Resonanzraum keinen Ansatz für die Geltung abweichender Auffassungen gibt, ist die Entwicklungslogik die der Radikalisierung, der Fluchtpunkt ist die Tat. Wer hat Walter Lübcke ermordet? – Reinhard Koine

 

Chronischer Rechtsruck und was dagegen hilft
Der vermutlich rechtsextrem motivierte Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ist nach dem NSU-Gau ein weiterer Lackmustest für die Exekutive, Legislative und Judikative. Aber auch Medien und Gesellschaft sind gefordert. Der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sorgt derzeit für rege Diskussionen. Heinrich Wefing schreibt in der Zeit: „Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik, so scheint es, ist ein Repräsentant des Staates einem politischen Mord zum Opfer gefallen“.

Exekutive Verantwortung
„Man würde es sich freilich viel zu leicht machen, wollte man nur darauf schauen, wie Tun und Unterlassen der Sicherheitsbehörden sich auf Rechtsextremisten auswirken. Das Klima, in dem Hass und die Bereitschaft zur Militanz gedeihen, hängt nicht nur davon ab, wie Polizei und Geheimdienste agieren. Es wird auch davon geprägt, wie Politik und Gesellschaft diskutieren; ob sie heftig, aber fair für ihre Standpunkte streiten, oder ob sie in Schmähung, ja, Hetze abgleiten.” Diese Zeilen stammen von Ferdos Forudastan von der Süddeutschen Zeitung. Die Journalistin mit iranischen Wurzeln, die auch Sprecherin von Ex-Bundespräsident Joachim Gauck war, nimmt neben den ausführenden Sicherheitsbehörden auch die gesetzgebenden Politikerinnen und Politiker in die Pflicht.

Legislative Verantwortung
Denn gerade sie, die als Vorbilder agierenden Personen der politischen Zunft trügen durch ihre Wortwahl in hitzigen Diskursen eine hohe Verantwortung für die Stimmung im Lande. Das politische System braucht sich nicht wundern, wenn Politiker, die insbesondere bei Themen wie Asyl, Migration oder Muslime eine überspitzte Sprache gebrauchen und wenn Teile der Gesellschaft an diese Sprachform anknüpfen, diese weiterführen und möglicherweise zuspitzen, verschlimmern und pervertieren. Forudastan weist auch deshalb darauf hin, dass es User in den digitalen Netzwerken gäbe, die sich durch eine bestimmte Sprache erst recht befeuert fühlten: „Wenn der Politiker X sich in seiner Wortwahl vergreift, dann kann ich es doch auch. Und gar nicht von denen zu reden, denen es sowieso an Anstand, Sitte oder demokratischer Gesinnung mangelt. Sie alle fluten sodann das Netz”, schreibt sie. Die Journalistin benennt zwei wichtige Säulen unserer Staatsgewalt. Die Exekutive (Behörden) und die Legislative (Politik). Aber hat die Judikative (Rechtsprechung/Gerichte) nicht eine ebenso wichtige Verantwortung bei der Bekämpfung des Extremismus und Terrorismus?

Judikative Verantwortung
Wie wird es in der Bevölkerung aufgenommen, wenn Gerichte entscheiden, dass beispielsweise Akten im Fall der rechtsterroristischen NSU für 120 Jahre unter Verschluss gehalten werden sollen? Wie wird sichergestellt, dass nicht auch Gerichte von extrem nationalistischem oder linksextremistischem Gedankengut unterwandert werden? Falls es mögliche Verschleierungen, Verschleppungen und Vertuschungen gibt – egal in welchem Land – könnte man dort noch von unabhängiger Gerichtsbarkeit sprechen? Es gibt Staaten, in denen Staatsanwälte damit beauftragt werden, bestimmte Fälle zuzudecken, damit es zu keinem Staatsdesaster oder Skandal kommt. In diesen Staaten ist der sogenannte „Tiefe Staat” sehr aktiv. Im Zuge des NSU-Skandals haben überaus renommierte Journalisten deutscher Zeitungen von so einem Staat auch bei uns gesprochen und gewarnt.

Verantwortung der Medien und der Zivilgesellschaft
In demokratisch verfassten Staaten gelten Medien oft als „Vierte Macht” (Publikative Gewalt). Für manche Zeitgenossen gilt die Zivilgesellschaft, für andere dagegen die Lobbyisten als „Fünfte Macht”. Es bleibt unbestreitbar, dass Medien und Zivilgesellschaft, die einen mit ihrer Berichterstattung, die anderen mit ihrem Engagement in der Gesellschaft wichtige Akteure sind, dem Extremismus entgegenzuwirken. Manche Journalisten können mit ihrer Sprache ebenso dazu beitragen, dass sich die Situation aufheizt. Natürlich gehört Kritik zum Handwerk eines Journalisten. Aber wenn diese Kritik – wie bei einigen Medien – zu einer Feindschaft gegenüber bestimmten Gruppen ausartet oder zum Redaktionsalltag gehört, ist es oft schon zu spät. Neben den klassischen Medien geraten die sogenannten „sozialen“ Medien in den Fokus. Hetz- und Diffamierungskampagnen, Hasskommentare oder sogar die Live-Übertragung der Tat im Netz bereiten große Sorgen und schreien geradezu nach Regulierung.

Wehrhaft bleiben für den liberalen Rechtsstaat
„Die Mordserie NSU und deren gerichtliche Aufarbeitung haben gezeigt, dass Deutschland ein Problem mit rassistisch motivierter Gewalt hat“, schreibt die Politikjournalistin vom Redaktionsnetzwerk Deutschland, Marina Kormbaki, im Kölner Stadt-Anzeiger. Dies ist keine neue Erkenntnis. Unser Land befindet sich nicht erst jetzt oder erst seit ein paar Jahren in diesem Konflikt. Das Dilemma ist kein akutes, sondern ein chronisches. Manche Beobachter sprechen sogar von einer historischen Problematik. Der liberale Rechtsstaat muss wehrhaft sein und wehrhaft bleiben. Das bedeutet aber auch, eine Methode zu finden – falls erforderlich – gegen sich selbst wehren zu können. Es könnte als eine Art Immuntherapie gegen Extremismen im eigenen System verstanden werden. Und darin sind in der Verantwortung die Exekutive, die Legislative, die Judikative, die Medien und die Zivilgesellschaft. Dies bedarf einer Bewusstwerdung für die eigene Problemlage, daran anschließend einer Reflexion, Selbstkritik und Entwicklung von Mechanismen der Selbstreinigung. Dies gilt erstmal für den eigenen Verantwortungsbereich der staatlichen Gewalten (Säulen), jedoch auch in der Interaktion mit den anderen Verantwortungsbereichen. Das ist nicht leicht und erfordert Zeit. – Yasin Baş

 

Die Medien sind ja immer schnell dabei, die Vermutungen als klare Tatsachen zu verkaufen. Eine ganze Armada von Journalisten haben sich solidarisch gezeigt und, wie kann es anders sein, den Täter rechts von links festzumachen. Aus kann aber auch ganz anders sein. Diesen Stil kenne ich sonst von der Bild-Zeitung. Wie wäre es, wenn sie sich so intensiv darum kümmern würden, was für ausländische kriminelle Energien, besonders unter den Moslems, sich bei uns kriminell austoben. Das ist nämlich die eigentliche Gefahr in unserem Land. Wenn wir so unfertige Politiker in der Regierung haben, die das ganz allein zu verantworten haben, dann wären die Bürger auch nicht so lieb zu den Menschen, die das nicht mehr ertragen können, was in unserem Land so alles schief läuft. Das rechtfertigt keine körperlichen Attacken und gleich gar nicht einen Mord. Aber man sollte ihn auch nicht ausschließen. Wer nicht in der Lage ist für öffentliches Recht und Ordnung zu sorgen, der sollte nicht ein Regierungsamt begleiten dürfen. Das geht mir in einer Demokratie zu weit. In anderen demokratischen Ländern wird das vollzogen. In Deutschland wird eher ein Minister wegen abschreiben entlassen. Allein an dieser Tatsache sieht man, wie verblödet die meisten Menschen in Deutschland sind. Besonders wenn mit Methode vorgegangen wird. Betroffen waren bisher nur konservative Politiker. Auch das wurde nie thematisiert. – Gunter Knauer

 

Die folgende Anmerkung bezieht sich nicht nur auf Ihren Artikel, sondern ist gleichsam an überwiegende Teile der Berichterstattung mit Bezug zum selbsterklärten Nationalsozialistischen Untergrund zu verstehen. Sie schreiben von DEM Nationalsozialistischen Untergrund und DEM NSU, so als ob es ihn gegeben hätte und geben würde. Je mehr ich derartiges lese, umso mehr bekomme ich den Eindruck, wir gehen diesen Neonazis auf den Leim. Schlimmer noch, wir bestätigen deren narzisstische Selbstwahrnehmung und ihr selbstgewähltes Label, was größenwahnsinniger nicht sein kann. Selbst Anführungszeichen, und die Rahmungen ’sogenannt‘ oder ’selbsterklärt‘ sind noch zu schwach. Wir sollten diese Neonazis als das benennen, was sie sind. Mörder*innen, Rassisten und Helfershelfer mit Namen, von denen offenbar noch viel zu viele unbehelligt herumlaufen. Und die wollen sich nur allzu gerne als Teil eines „Nationalsozialistischen Untergrundes“ begreifen – das ist für die ein Ehrentitel. Die Täter*innen sind ermittelbar und man wünschte sich kompetentere Sicherheitsbehörden, die diesen Titel auch verdienen – aber Angst vor einem „Nationalsozialistischen Untergrund“ kann man auch herbeischreiben, und damit das Geschäft dieser Neonazis betreiben. Die mediale Wiederholung, Fortschreibung und damit Validierung einer neonazistischen Wortkreation erinnert leider an ähnliche Reflektionslosigkeit zum Unwort „Dönermorde“. – Marko Perels


 

Leserbriefe zum Titelthema „Macht“ von Malte Henk Und Britta Stuff

Die Inhalte ihres Leitartikel zur Ehrenrettung des menschlichen Machtstrebens, erregen in mir einen großen Widerspruch! Mit den Betrachtungen der Machtstrukturen in der Politik und den Entsprechungen in der Tierwelt bedienen Sie den Fortbestand von Verhaltensstrukturen und Gesellschaftssystemen, die seit Jahrhunderten noch immer in animalischen und trieb-gesteuerten Strukturen gefangen sind. Dies führt fortwährend zu menschlichen Konflikten in allen Spielarten und Formen von Tragödien!!! Die Schöpfung hat den Menschen mit Ressourcen wie Verstand, Gewissen und emotionaler Liebesfähigkeit ausgestattet, damit die Würde der Mitmenschen und auch unsere „Heimat Erde“ nicht durch „Machtstreben ohne wirkliche Verantwortung, fortwährend stark beschädigt und letztendlich zerstört wird. Der Untertitel „warum die Macht so wichtig ist wie die Liebe“ ist daher für mein Menschenbild nicht nachvollziehbar! – Volker Mühler

 

Die Dreiheit LIEBE WEISHEIT Macht oder VATER MUTTER KIND oder VATER SOHN HEILIGER GEIST sind kosmische Gesetzmäßigkeiten, die nur schwer ausser Kraft zu setzen sind. „Ja am Atemmaß wachend lass ich wachsen Wahrheitsmacht“ – Hans Joachim Hühner

 

Im Dossier schreiben Malte Henk und Britta Stuff einen bemerkenswerten Artikel über den miserabelen Ruf der Macht. Als Rheinland-Pfälzer hat mich natürlich das kurze Interview mit unserer Ministerpräsidentin Malu Dreyer besonders interessiert,die, laut Henk und Stuff, immer Blickkontakt hält und stets freundlich lächelt. Aus diesem Interview wird Frau Dreyer wie folgt zitiert. , ”Man braucht Macht um Gutes zu bewegen, aber daß man nie Macht um der Macht willen wollen sollte” Eine leichte Schnappatmung konnte ich bei der Lektüre dieses kunstvoll gedrechselten Satzes nicht vermeiden. Dann aber mußte ich für längere Zeit schallend lächeln. Nichts für ungut, liebe Landesmutter, kann jedem mal passieren, und keine Häme meinerseits, das würde ich niemals gewollt haben hätte. Es könnte allerdings auch sein, daß Herrn Henk oder Frau Stuff beim Zitieren der Bleistift ausgerutscht ist. Das sollte umgehend geklärt werden. – Willi Oberholz

 

Macht wird oft missbraucht. Erfreulicherweise gibt es sie aber auch, die helle Seite der Macht, von der der Artikel spricht. Doch es ist auch wichtig, die geistigen Kräfte hinter der Macht zu sehen. Wie ein Mensch denkt, so handelt er. Die Weltanschauung beeinflusst die Aktion. Wir vernachlässigen diesen Aspekt heute manchmal. Aber wir Menschen sind eben geistige Wesen mit einem physischen Körper. Wir bestehen nicht nur aus Materie. Geistige, nichtmaterielle Größen spielen bei unserem Verhalten auch eine Rolle. Mit einem ganz einfachen Experiment lässt sich zeigen, dass das so ist. In meine erhobene rechte Hand nehme ich eine Boggia-Kugel und lasse sie auf meine Füße fallen (aua!). Dann wiederhole ich den Versuch: Sobald ich die Kugel loslasse, greife ich aber mit meiner linken Hand ein und fange die Kugel ab (was für ein Unterschied für meine Füße!). Das Gesetz der Schwerkraft beschreibt die Kugelbewegung, die dann aber durch das Eingreifen meiner linken Hand plötzlich abgestoppt wird. Die Veränderung der Rahmenbedingungen verändert die Beobachtbarkeit der naturgesetzlichen Beschreibung.

Wir alle haben offensichtlich einen freien Willen. Ungezügelt kann das dazu führen, dass wir uns selbst und gegenseitig schaden. Die helle Seite der Macht sollte dazu dienen, diese Gefahr möglichst gering zu halten. Ich stelle mir einen Glasbehälter mit einer innen angebrachten Scheibe vor, auf der sich unterschiedliche stoßempfindliche Kugeln bewegen. Wenn der Glasbehälter frei bewegt wird, stoßen die Kugeln wild gegeneinander. Sie werden eventuell beschädigt. Es entsteht Chaos. Man könnte die Bewegung der Kugeln jetzt zum Beispiel mit Stöcken steuern, indem man den Weg einer Kugel jeweils so einschränkt, dass sie keine andere beschädigt. Die eigene Freiheit endet dort, wo die Freiheit des anderen beginnt. Man könnte die freiheitsbegrenzenden Maßnahmen mehr oder weniger subtil bewirken. Erziehung und Bildung kann zu einem Verhalten führen, das die anderen respektiert. Die Macht, diese Steuerstäbe zu führen, kann natürlich auch missbraucht werden. Macht korrumpiert und absolute Macht korrumpiert absolut. Manipulation und Unterdrückung können zwar einen optisch harmonischen Gleichlauf der Kugeln bewirken, schränken aber die Freiheit der Bewegung ein. Macht wird oft zum Selbstläufer und verliert das Ziel einer geordneten Freiheit aus den Augen. Wie das zum Beispiel ausgehen kann, daran denken wir in diesem Jahr zum 75. Mal.

Da wir aber mehr als Materie sind, spielt auch die geistige Komponente bei dem Machtkugelspiel eine Rolle. Wenn die einzelnen „Kugeln“ einen geistigen Steuerchip erhalten, der ihnen sozusagen ermöglicht, ihren Weg ohne Kollisionen mit anderen zu finden, werden keine Steuerstöcke mehr benötigt. Die christliche Botschaft lässt sich mit Hilfe dieses Bildes vom Kugelspiel verstehen. Ein Höherer hat sich in diese Welt der „Kugeln“ begeben, hat sich selbst in diesem vielfältig gesteuert-ungesteuerten „Kugelbehälter“ eingesperrt und ist dabei umgekommen. Er hat sich geopfert, ist aber wieder auferstanden. Dabei hat er aber den anderen „Kugeln“ die Möglichkeit gegeben, mit der übergeordneten Steuerung des Meisters in Kontakt zu kommen und sich an sie anzuschließen. Jeder, der das will, kann also einen übergeordneten „Chip“ bekommen, mit dessen Hilfe er Freiheit ausleben kann, die nicht zum Chaos führt. Und Ordnung, die nicht zur Willkürherrschaft entartet. Das ist dann wirklich eine helle Seite der Macht. In der Bibel, in Hesekiel 11,19, heißt es: „Ich werde ihnen ein einiges Herz geben und einen neuen Geist, und ich entferne das versteinerte Herz aus ihrer Brust und gebe ihnen ein Herz aus Fleisch und Blut.“ – Gerhard Jahnke

 

Von der Macht des Alphatieres in der Schimpansen-Gruppe über Shakespeares Gedankenspiel von Machtverlust zum Dirigieren eines Orchesters – die Ausführungen von Malte Henk und Britta Stuff über Aufstieg-Herrschaft- Abstieg von Macht habe ich sehr gern gelesen – nur ist es keine Ehrenrettung, sondern ein Abgesang . Die Idee von Gemeinschaft wie Familie oder Nation hat sich geweitet im letzten Jahrhundert. Wir sind eine Gesellschaft von kulturell verschiedenen Gemeinschaften und möchten als Individuum in seiner Unterschiedlichkeit wahrgenommen werden. Bestimmer unseres Lebens sind inzwischen die Technik, der Digitalismus und der Kapitalismus, in deren Fokus (lat. Mittelpunkt, Herd, Glut) nicht das Mensch-Sein steht. Macht wird inzwischen ausgeübt durch das Eindringen von Vorschriften, technischer Machbarkeit, von kapitalistischen Interessen und digitalem Zugang auf das Gegenüber, das sich einlässt auf diese Wirklichkeit.

Da braucht es >Dialogisches Denken< in Bezug zu einem >Sein Werden< auf gleichem Boden, bezüglich einer gelingenden Wirklichkeit in lebbarem Klima. Malte Henk und Britta Stuff finden bei ihrem Schimpansen-Beispiel einen wunderbaren Satz: „Macht ist die Bedienungsanleitung für gemeinsames Handeln“. Wir können unser „gemeinsames Handeln“ finden durch >dialogisches Denken< in Bezug zu einer gelingenden Wirklichkeit von >Sein Werden< auf gleichem Boden in lebbarem Klima. Und welche universitäre Gruppe erarbeitet die Bedienungsanleitung zu >dialogischem Denken< in dem Team aus Vertretern der kullturell verschiedenen Gemeinschaften, in denen das Individuum in seiner Unterschiedenheit genauso vertreten ist wie die kulturell verschiedene Gemeinschaft. Etwas geht zu Ende und ein neues Jahrtausend – Denken beginnt … die Aufklärung zu >Dialogischem Denken< übernimmt die Macht – doch eine Ehrenrettung? – Elke Blancke

 

Trotz des großen Fortschrittes im Reich der Tiere, dass sich die Stärke nicht mehr allein aus Körperlichkeit sondern auch aus Intelligenz und sozialer Kompetens zusammensetzt, bleibt das Ergegnis im Naturrecht des Stärkeren verhaftet, Der Stärkste wird nach einem gewalttätigen Machtkampf der Anführer, er bestimmt wie es läuft. Beim Menschen dagegen liegt die Macht bei der Gemeinschaft. Sie weist den Stärkeren in seine Schranken Was Sie als „Tratsch“ bezeichnen sind Sprechakte, die der Durchsetzung einer regelbasierten Ordnung dienen.. Würden sie nicht ausreichen, würde die Gemeinschaft sie mit Gewalt durchsetzen. Dies ist der große (kleine?) Unterschied: Der Mensch gibt sich selbst eine Ordnung (Regeln, Gesetze). Er ist „autonom“ also „sebst-Gesetz-gebend“ und damit „frei“. Der Affe bleibt dem Bioprogramm, dem Recht des Stärkeren unterworfen.

Daher ist es höchste zivilisatorische Aufgabe der Wiederkehr des „Rechts des Stärkeren“ durch die Katastrophe Krieg aber auch durch die, selbst geschaffenen Regelsysthene Eigentum und Markt, Einhalt zu gebieten. Bleibt noch darauf hinzuweisen, dass jede Macht letzendlich auf Gewalt bruht, was nicht ganz zu Unrecht ihren schlechten Ruf ausmacht. (Selbst die so harmlos daher kommende Macht Ihrer Dirigentin, beruht letzlich auf gesellschaftlicher Gewalt. Die Gesellschaft will Kultur, die nur so geht und wer immer hier boykotiert wird ausgeschlossen, und wenn er nicht freiwillig geht, von der Polizei entfernt (Hausrecht).). – Dieter Herrmann

 

Ich weiß nicht, ob es ihnen gelungen ist die helle Seite der Macht zu zeigen. Leider sind sie in dem Beitrag der umgangsprachlich üblichen Verwechslung von Macht und Herrschaft erlegen. Gewöhnlich werden beide Begriffe beliebig benutzt ohne sich bewußt zu sein, dass sie unterschiedliches meinen. Die nach meiner Meinung hilfreichste Definition liefert immer noch Max Weber. Der definiert Macht als „jede Chance innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ Dem stellt er den Begriff der Herrschaft gegenüber:“…soll heißen die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden;….“ So übt die Dirigentin in ihrem interessanten Beispiel zunächst Herrschaft aus. Dass, was wir in Organisationen oder auch im politischen Raum erleben ist zunächst Herrschaft. Sie kann, besonders in der Politik in Macht umschlagen. Gerade für eine Ehrenrettung der Macht wäre der Blick auf Webers vordergründig spitzfindig anmutende Definition nützlich gewesen, um diesen Punkt des Umschlagens deutlich zu machen. Macht könnte man nur dort retten, wo sie auf einer legitimierten Basis ausgeübt wird. Wenn beispielsweise ein Vorgesetzter gegenüber einem Mitarbeiter eine Anordnung durchsetzen muss, die dieser, vielleicht trotz vorausgegangener Erklärung, verweigert. Ansonsten ist das, was sie retten wollen, eigentlich Herrschaft – und die bedarf keiner Rettung, höchtens Erklärung. – Armin Zisgen

 

Der Artikel von Euch über Die Macht hat much sehr beschäftigt. Ich mag eigentlich Macht nicht. Aber habe erkannt, auch Ich will Macht Ich will Macht über mich Diese habe Ich manchmal nicht und desswegen ist es gefährlich, wenn Ich diese auch über Andere haben will …., denke ich. Danke sehr geehrtes Zeit-Team. – Tore

 

Vielen Dank für die Ehrenrettung der Macht und den Hinweis, dass die oft mit Machtmissbrauch verwechselt wird. Macht ist kein monolithisches Phänomen, im Gegenteil, wer sie so versteht, landet leicht im „Gefängnis der Hirarchien“, wie es im Artikel heißt. Macht fällt denjenigen als Bestätigung ihrer Haltungen zu, die sich um eine möglichst vielfältige und dynamische Wahrnehmung von Wirklichkeit bemühen und sich dementsprechend dialogisch und kooperativ verhalten. Zur den Voraussetzungen von Macht gehört also die Erkenntnis, dass die Welt nicht an den Grenzen individueller Verfügbarkeiten aufhört, sondern wir aufgefordert sind, durch Perspektivwechsel, Vertrauen und die Bereitschaft zu Kompromissen gemeinsam den Weg zu erfolgreichen gesamtgesellschaftlichen Gestaltungen zu gehen. Könnte es sein, dass die im 2. Korintherbrief 12,9 der Bibel gemachte Aussage, dass Gottes Kraft in den Schwachen mächtig ist, Gleiches oder zumindest Ähnliches meint? Aktuell lässt sich jedenfalls sagen, dass exklusiv interessengeleitetes, instrumentelles Machtgehabe, das seine protzende Kraft aus prinzipiellen Überlegenheitsansprüchen über andere bezieht, sich auf Dauer nicht durchsetzen wird. – Christoph Müller-Luckwald

 

Ich habe eben das aktuelle Dossier zum Thema Macht verschlungen. So gut recherchiert und so eindrücklich geschrieben. Es hat mich sehr zum Nachdenken angeregt, vielen vielen Dank. Auch das Tagebuch der ehemaligen Textchefin hat mich bewegt. Ich hoffe, es geht ihr weiter gut und wünsche ihr lange Gesundheit. – Carolin Fleck

 

„Die Sehnsucht nach Macht ist die Sehnsucht nach Klarheit, danach, dass die Welt für einen einfacher wird.“ Mir scheint, das ist die zentrale Aussage des Artikels „Die helle Seite der Macht“, Zeit 19. Juni 2019.Dieses Dossier erfüllt genau diesen Wunsch, die Welt als einfach darzustellen, zumindest dann, wenn der richtige Machtinhaber installiert ist. Aber eine moderne Gesellschaftin einer globalisierten Welt ist um ein Vielfaches komplexer als die Organisation einer Schimpansenhorde Macht ist notwendig ein Zusammenleben und Zusammenarbeiten zu ermöglichen. Das ist doch eine Binsenweisheit. Um diese Erkenntnis zu verbreiten muss die Zeit kein großes Dossier veröffentlichen. Die zentrale Frage der Gesellschaft ist doch, wie lässt sich Macht beschränken, um Machtmissbrauch zu verhindern. Wer dazu ein Beispiel sucht, der studiere die Machtausübung des aktuellen amerikanischen Präsidenten Donald Trump und beobachte die Machtbeschränkung durch das check-and-balance-System der Vereinigten Staaten. Deshalb lässt sich auch ein Staat nicht wie ein Unternehmen lenken, sondern erfordert komplexe Aushandlungsprozesse, um die grundlegende Zustimmung der Menschen zum einem stabilen politischen System zu erreichen. Man fragt sich, ob der Artikel in der Zeit vom 13. Juni 2019 „Hier könnte Ihr Windrad stehen“ dem erstrebten gesellschaftlichen Zusammenhalt dient oder eher so nicht existierende Gegensätze dem Leser präsentiert. Die Aussage nicht einmal 30Prozent der Deutschen leben in Großstädten ist richtig, aber die Folgerung daraus, dass die Minderheit der Bevölkerung die Politik bestimmt, ist doch sehr zu hinterfragen. Der Autor sieht eine Spaltung der Gesellschaft zwischen Stadt und Land, die so nicht existiert. Vielmehr lebt die Mehrzahl der Menschen in den wirtschaftlichen Zentren in Deutschland (die Region München, Stuttgart, Rhein-Neckar, Rhein-Main…), die viele Dörfer und Kleinstädte umfassen. Daneben gibt es viel wirtschaftlich weniger prosperierende Regionen, deren Infrastruktur unstrittig unterentwickelt ist. Die Menschen in diesen Regionen haben aber sicher nicht das Problem, dass sie mit ihrem Diesel nicht zum Einkaufen in die Metropole fahren können. Denn wenn jemand zum Einkaufen in eine Stadt fährt, die Fahrverbote für Dieselautos verhängt hat, dann wohnt der nicht auf dem Lande, sondern in einer wirtschaftlich prosperierenden Region. Die These des Artikels, die Menschen auf dem Lande hätten weniger politischen Einfluss wird leider mit keinerlei Daten hinterlegt. Fraglich ist auch die Annahme, die Menschen auf dem Land seien große Verfechter der Kohleförderung. Kohle ist für diese Menschen ein zentraler Wirtschaftsfaktor und deshalb halten die Leute daran fest. Man stelle sich nur einmal der Bund würde einen Ausstieg aus der Windenergie planen. Die Proteste der Menschen, die von der Windenergie leben, kann man sich leicht ausmalen. Man könnte den Artikel auf diese Erkenntnis zuspitzen: Die Menschen haben immer(zurecht?) Angst vor Veränderung und wirtschaftlich gleiche Lebensverhältnisse in einem Land herzustellen ist eine permanente Aufgabe, die politisch nicht einfach durchsetzbar ist. Oder aber: man setzt auf sozialistische Gleichmacherei oder findet einen „Führer“(siehe oben), der diese Probleme kurzerhand löst. Sollten die Artikel so verstanden werden? – Rupert Steegmüller

 

Ich beziehe die ZEIT seit vielen Jahren und freue mich stets auf das Erscheinen der neuen Ausgabe. Als langjähriger Leser möchte ich Ihnen hiermit meine Meinung über aktuelle Entwicklungen zum Schreibstil Ihres Blattes mitteilen. Der Hauptgrund für mein Abonnement sind interessante und informative Artikel. Ein weiterer wichtiger Grund ist jedoch auch die Freude beim Lesen der Texte. Die Lesefreude entsteht für mich dabei in erster Linie aus der Wortwahl und dem Aufbau der Sätze. Konkret genieße ich die Verwendung einer lebendigen Sprache, die lateinische, französische und auch englische Fremdworte in Maßen enthält. Entsprechend störe ich mich an der Verwendung übermäßig vieler Anglizismen und auch der krampfhaften Nennung beider Geschlechter (Italiener und Italienerinnen, Deutsche und Deutschinnen?, etc.).

Entsprechend habe ich mich beim lesen des Dossiers zum Thema Macht in der Zeit No. 26 sehr gefreut. Dort wurde die gerechte „Geschlechter-Nennung“ sehr elegant gelöst („Mal stand die Spurenleserin an der Spitze kurz darauf vielleicht der körperlich stärkste“). Diese Variante stört den Lesefluss in keinster Weise und wirkt zudem wesentlich natürlicher und nicht so aufgesetzt. Sehr gestört, ja fast schon geärgert, hat mich allerdings der Begriff „No-Bullshit-Kleidung“. Das Adjektiv „schlicht“ wäre hier meines Erachtens besser angebracht gewesen. – Hubert Wörle

 

Sehr anschaulich, wie Sie anhand von verschiedenen Ausgangssituationen das Phänomen Macht beleuchten: Tierwelt, Politik, Musik, Anthropologie. Ja „die Sehnsucht nach Macht ist die Sehnsucht nach Klarheit“ – oder die Sehnsucht, keine Verantwortung übernehmen zu müssen. Das aber ist nicht mehr zeitgemäß. Wir sehen, wie die Jugend sich erhebt! Das Konzept von Macht muss sich wandeln. Der menschliche Körper kann dabei als Vorbild dienen: Jede Zelle hat ihre ureigenste Aufgabe zu erfüllen, jede ist wichtig; nur im perfekten Zusammenwirken ist der Körper gesund. Wer wollte beurteilen, ob Gehirnzellen, Haut- oder Blutzellen die wichtigsten/mächtigsten sind?! Bei richtig verstandener Machtausübung geht es darum, dem Gemeinwohl zu dienen. Vielleicht müssen dafür Erziehungkonzepte und Gesellschaftsnormen überdacht werden, nach dem Motto: „Betrachte den Menschen als ein Bergwerk reich an Edelsteinen von unschätzbarem Wert. Nur die Erziehung kann bewirken, dass es seine Schätze enthüllt und die Menschheit daraus Nutzen ziehen kann.“ (Baha’u’llah). Bahai-Gemeinden auf der ganzen Welt praktizieren diesen neuen Umgang und beweisen, dass es möglich ist. Näheres unter www.bahai.de oder www.bahai.org – Marion Claus


 

Leserbriefe zu „Neben der Spur“ von Jörg Burger im ZEIT Magazin

Zunächst und zuerst: ich vermisse die Namen der Autoren. Zum Artikel: Der Ausflug nach Dänemark ist lobenswert. Jedoch wäre ein Blick auf die niederländischen Unfallstatistiken (28 tödliche Verkehrsunfälle insgesamt pro 1 Mio. Einwohner in 2017) die Recherche deutlich beflügelt. Denn diese niedrige Zahl liegt ganz klar auch in der grundsätzlichen Trennung von Rad- und Autoverkehr, schon im Denkansatz und in allen Bereichen. Das gelingt sicher nicht immer, ist hier aber weitestgehend realisiert. Die Folge: Radunfälle mit Todesfolge oder schwersten Kopfverletzungen im Zusammenhang mit Autos kommen so gut wie nie vor. Deswegen lachen die Niederländer auch über die Helmpflichtdiskussion der Deutschen. Denn Sicherheit für Radfahrer entsteht durch andere Dinge. – ute köhnen

 

Sie beleuchten die Problematik des Radverkehrs sehr detailliert. Und doch übersehen Sie einen wesentlichen Grund für die vielen toten und verletzten Radfahrer. Sie schreiben konsequent davon, dass sich Radfahrer verletzen. Es gibt bestimmt welche, auf die das zutrifft, aber die meisten werden verletzt. Und damit sind wir beim wesentlichen Punkt: es besteht kaum der Wille, Radfahrern eigene Rechte zuzugestehen. Wenn Autos auf dem Radweg stehen, gilt offenbar die Dienstanweisung für die Ordnungsämtler, nicht hinzusehen, und zwar konsequent. Wenn Autofahrer abbiegen, will offenbar nur eine Minderheit überhaupt daran denken, dass es da einen Radweg gibt. Wenn Radler überholt werden, wird es von etlichen offenbar als Zumutung empfunden, einen Bogen zu machen. Wie lang 1,5 m sind, ist anscheinend auch niemandem klar. Die „Vision Zero“ sollte zu allererst darauf abzielen, dass niemand mehr davonkommt, wenn er gegen Radler übergriffig wird. Dafür müssten die Befugten aber von ihrer Befugnis Gebrauch machen wollen und die Autofahrer mit den bestehenden Mitteln zur Ordnung rufen. Wenn aber die Polizei selber regelmäßig auf den Radwegen parkt, wird das nichts. – Hans List

 

Sie sagen die Wahrheit. Damit möchte ich ihnen nicht unterstellen, daß sie sonst lügen. Es ist in der Tat unmöglich in Deutschland ohne ständig Gefahr zu laufen verletzt zu werden oder gar Tod gefahren zu werden. Das geht alles nur noch auf dem Lande. Wir fahren mit der Bahn oder Bus an den Rand der Stadt und radeln dann los in die Landschaft. Ich lebe auch in Singapur und zwar mitten in der Stadt – dort geht das. Weil die Menschen alle mehr Rücksicht auf den anderen nehmen. Die Einwohner sind alle wohlerzogen – halt die sprichwörtliche asiatische Freundlichkeit. Das ist alles eine Frage der Erziehung, die die Politiker in den demokratischen westlichen Staaten schleifen lassen. In Singapur trägt keiner einen Helm. Wer einen Unfall verursacht hat, zahlt ein Vermögen an das Opfer. Und der Staat ist auch noch dabei. In Russland ist man rücksichtsvoller. Das wird für sie wie ein Witz klingen – ist aber so. Alles was ich schreibe, habe ich persönlich erfahren. Deutschland möchte ja diese Umstände. Darauf hat man schließlich hin gearbeitet. Ihr Autor Jörg Burger sollte die Probe auf Exempel machen. Eine schöne Geschichte für ihre Redaktion: Zum Gymnasium sind wir mit dem Rad auf der Autobahn gefahren. In einer landschaftlich reizvollen Umgebung in der Nähe von Meißen. – Gunter Knauer

 

Technische Lösungen wie Abbiegeassistenten, härtere Sanktionen gegen Radwegparker (nur wenn es am Portemonnaie wehtut, zeigt es auch Wirkung…) und weitere Maßnahmen sind ohne jeden Zweifel das Gebot der Stunden und mehr als überfällig. Jeder Unfall und jede Verletzung, die damit vermieden werden können, ist ein Gewinn. Die Wirksamkeit dieser Lösungen hat aber dort ihre Grenzen, wo Fahrradfahrer ihre Pflichten zugunsten ihrer Rechte außen vor lassen – liebe Fahrradfahrer, packt Euch mal an die eigene Nase und überlegt Euer Verhalten! Auch nicht zugeparkte Radwege werden ignoriert und stattdessen wird der Gehweg – egal in welcher Fahrtrichtung – genutzt, teils auch ohne Rücksicht auf Fußgänger; rote Ampeln – ausgewiesene Fahrradampeln – werden ignoriert, stattdessen wird zwischen den PKW-Spuren durchgeschlängelt, vor den wartenden PKWs quer über den Fußgängerüberweg gefahren und nach mehreren Gehwegen wird danach wieder die Fahrbahn genutzt; das „Absteigen“ und „Fahrrad schieben“ an ausgewiesenen Fußgängerüberwegen ist für die überwiegende Mehrzahl der Fahrradfahrer gar nicht mehr präsent und existent; und gibt’s überhaupt noch Fahrräder mit Licht? Diese 4 Beispiele können Sie in jeder deutschen Stadt täglich erleben und beobachten – nicht nur in PKW-orientierten Großstädten und auch nicht nur im Berufsverkehr.

Solange Verkehrsteilnehmer in solch eklatantem Ausmaß ihre Eigenverantwortung und ihre Gesundheit auf die Sorgfaltspflicht Anderer übertragen, werden die Unfallzahlen nicht in dem Maß sinken, wie wir es uns von technischen oder gesetzgeberischen Lösungen erhoffen. – Stefan Schissler

 

Natürlich ist jeder getötete und jeder (schwer) verletzte Radfahrer einer zu viel, keine Frage. Die Schlagzeile „Wir sollten alle mehr FAHRRAD fahren – Leider ist es lebensgefährlich“ erschreckte mich, so erlebe ich es nicht, obwohl ich Alltagsradler bin. Ich muss sagen, das klingt auch nach mehr als 382 Fahrrad-Toten im Jahr 2017. „Je mehr Leute mit dem Rad fahren, desto mehr werden verunglücken und sterben“ schreiben Sie – ist es nicht stellenweise auch so, dass eine höhere Anzahl von Radfahrern im Straßenbild zu mehr Sicherheit führt, weil Autofahrer besser auf Radfahrer achten, eben weil sie mit ihnen rechnen müssen? Bei uns in Regensburg bsp. gibt es Zebrastreifen, die sind so hoch frequentiert, dass sie von Fußgängern quasi blind benutzt werden können – (fast) alle Autofahrer wissen um die Notwendigkeit, an diesen Stellen mit Fußgängern zu rechnen. Ist es bei stark frequentierten Radrouten nicht genauso? Ich beobachte häufiger Auffahrunfälle im morgendlichen Berufsverkehr, wenn abbiegende Autos wegen querender Radfahrer stoppen (und nachfolgende Autofahrer nicht damit rechnen), als ich angefahrene Radfahrer erlebe.

Weitere offene Fragen: Je mehr Radfahrer, desto mehr Unfälle – gilt das auch bei abnehmendem MIV? Gilt das auch, wenn der größeren Menge an Radfahrern entsprechend mehr Fläche zugewiesen wird? Gilt das auch in Städten, deren Radverkehrsanteil noch niedrig ist? Können wir uns darauf einigen, dass aus vielen Gründen (Klimawandel, Flächenverbrauch, Luftreinheit…) ein höherer Radverkehrsanteil wünschens- und erstrebenswert ist und deshalb auch durch städteplanerische Veränderungen unterstützt werden sollte? – Peter Hannig

 

Was ich, neben anderen Maßnahmen, für sehr, sehr wichtig halte: eine vorausschauende, den Verhältnissen angepasste Fahrweise der Fahrradfahrer. So, wie man es in der (Auto-) Fahrschule lernt. Die Radlerin in der Illustration ihres Beitrages tut das Gegenteil: Sie radelt mit Tunnelblick stur geradeaus, hinein in den LKW. Da wird der Helm auch nicht mehr viel helfen. Diese Szene erlebe ich, als tagtäglicher Radler, regelmäßig. Radler bringen sich ignorant-unaufmerksam-rechthaberisch in Lebensgefahr. Wir brauchen einen Führerschein fürs Rad. – Kurt Eimers

 

Sehr enttäuscht und verärgert war ich über den Artikel. Selbst wenn man der Argumentation des Autors folgt, dass Fahrrad fahren einfach nur gefährlich ist, egal wie die Fahrradinfrastruktur aussieht (die auch in den Zentren oft sehr schlecht ist und Radfahrer schlichtweg nicht vorsieht), stellt sich die Frage, was denn dann die Alternative ist. Welche Gefahr für das Klima enttsteht, wenn wir alle Strecken mit sicherheitsmäßig hochgerüsteten Autos zurücklegen, wird im Artikel leider völlig ausgeblendet. – Imeke Holthusen

 

Es ist gut und schön, die Hardware (Radwege/Helme etc.) im Fokus zu haben. Meines Erachtens wird aber – bei aller Planung/Berechnung etc. – ein wesentlicher Faktor vernachlässigt: die mangelnde Fähigkeit bzw. Bereitschaft ALLER Verkehrsteilnehmer zur Impulskontrolle. ( „ICH! Zuerst! Ganz vorne!“). Jeder will sich ausdehnen, niemand sich begrenzen/ausbremsen oder beschneiden lassen. Die Maxime „freie Fahrt für freie Bürger“ gilt leider gleichermaßen für alle Verkehrsteilnehmer. Jeder, egal ob Fußgänger, Rad- oder Autofahrer, will schnell vorankommen und niemanden dicht vor sich haben. Diesen sehr menschlichen Impuls zu kontrollieren muss gelernt und (täglich) geübt werden. Das aber braucht Einsicht und Bereitschaft. So lange der einzelne Mensch nicht Willens oder in der Lage ist, sein Recht auf „Freiheit“ zurückzustellen, wird es weiter dazu kommen, dass Autoraser Fußgänger oder Radfahrer überfahren. Oder Radfahrer, wenn sie erlaubterweise in Einbahnstraßen gegen die Fahrtrichtung fahren, gefährden (und dann noch beschimpfen). Oder es werden Fahrradfahrer mit anderen Fahrradfahrern zusammenstoßen. (Rechts überholen – Abbiegezeichen? Uncool!); mal eben an der Fußgängerampel nach vorne drängeln, um als erster los zu kommen (Fußgänger UND Radfahrer); am Zebrastreifen einfach weiterfahren (die rote Ampel bzw. das Haltegebot gilt schließlich nur für Autos); den Kinderwagen trotz Verkehrs einfach über die Straße schieben („Ich bin Mutter! Ich darf das!“); andere Räder mit dem eigenen Rad einparken (so dass ein anderer vor dem Supermarkt erst einmal 3 Räder wegheben muss, um selbst wegfahren zu können); mit dem Auto Räder oder mit dem Rad Autos zuparken (soll doch der Beifahrer über den Fahrersitz einsteigen!)… Man könnte endlos viele Beispiele finden. Die Grenze zwischen unachtsam und achtlos ist fließend, und es betrifft uns alle. – Marina Scherhag

 

Radfahren ist also gefährlich, stimmt wohl leider. Die Alternative besteht nach der ausgebreiteten Logik offensichtlich nicht darin, es weniger gefährlich zu machen, sondern es wird nahegelegt, sich möglichst nur allseitig blechgeschützt in den Straßenverkehr zu wagen. Dann geht zwar nicht mehr viel, aber egal, wir sind sicher. Die paar Uneinsichtigen, denen das nicht egal ist, verunglücken sowieso, bevor gar nichts mehr geht. Sie hätten es wissen können. Sie hätten nur diesen zukunftsweisenden Artikel lesen müssen. – Petra Goll

 

Wie schön, dass Ihr Artikel zu diesem wichtigen Thema die Titelseite im Zeitmagazin bekommen hat. Leider musste ich beim Lesen feststellen, dass er meiner Meinung nach eine recht unvollständige Recherche wiedergibt und dadurch den Eindruck erweckt, sichere Städte für Radfahrer kann es nicht geben. Besonders schade fand ich einige einzelne Punkte, bei denen ich mich freuen würde, ihre Meinung zu hören. Sie gehen mehrmals auf Alleinunfälle bzw. Unfälle auf Radwegen ein und erwecken damit den Eindruck, Radfahrer sei inhärent unsicher. Dabei vergessen Sie allerdings zu untersuchen, inwieweit die in Deutschlands Großstädten häufig sehr mangelhafte Infrastruktur einen Anteil an den Unfallraten trägt.

Gleichzeitig hinterfragen Sie die Argumente bisheriger Planung nicht, z.B. dass gute Radverkehrsinfrastruktur gar nicht überall möglich sei, weil „sonst Auto-Fahrspuren“ weichen müssen. Dass dieser Platz bisher häufig ungerecht oder gar rechtswidrig (z.B. hieran ersichtlich: https://www.tagesspiegel.de/berlin/streit-um-benutzungspflicht-von-radwegen-anwalt-setzt-behoerden-unter-druck/11787976.html) verteilt wurde und dieses Argument somit kein valides sein sollte unterschlagen sie. Mir kam der Eindruck, dass Sie voreingenommen sind, als Sie die mögliche Reduktion der Todeszahlen um 65 (von 382, also 17%) durch Einbau von Abbiegeassistenten in LKW als „unerheblich“ bezeichnen. Warum ich aber diesen Leserbrief schreibe ist der folgende Grund: Sie säen über den Artikel hinweg Zweifel daran, ob ein sicheres Radfahren überhaupt und von allen Verkehrsteilnehmern aus möglich sei. Dabei erwähnen Sie sogar das Beispiel Kopenhagen, vergessen aber unser westliches Nachbarland komplett, welches seit Jahrzehnten vormacht, wie man eine sichere Radverkehrsinfrastruktur baut. Eine Infrastruktur, die allen Verkehrsteilnehmern zum Vorteil ist, wodurch sich ein großer Teil auch nicht genötigt wird, (bescheuerte) Regeln zu brechen. Eine Infrastruktur, die so sicher gebaut ist, dass fast alle Radler ohne Helm fahren können und trotzdem kaum höhere Unfallzahlen als in Deutschland vorweisen (https://ec.europa.eu/transport/road_safety/sites/roadsafety/files/pdf/statistics/dacota/bfs20xx_cyclists.pdf – und das bei weit höherem Radverkehrsanteil). Und eine Infrastruktur, die seit Jahrzehnten durch Planungsfirmen begleitet und untersucht wird. Stattdessen lassen Sie einen altgedienten deutschen Stadtplaner ein Beispiel für sichere Kreuzungen zitieren und als unrealistisch darstellen, welches in Holland weitflächig umgesetzt wird. So habe ich den Eindruck, dass ihr Artikel zwar prominent auf der Titelseite platziert wurde, durch die Deutsche Sicht hinter der Windschutzscheibe aber ein verzerrtes Realitätsbild darstellt und weit unter seinen Möglichkeiten bleibt. – Johannes Kaufmann

 

Mehr Radfahren führt zu mehr Radfahrer-Unfällen? Nein! Doch! Oh! Welch überraschende Erkenntnis aus der Titelgeschichte des ZEIT-Magazins vom 19.06.2019. Ich freue mich schon auf die Erkenntnisse zukünftiger Titelgeschichten. Was kommt als nächstes? Mehr Autofahrten führen zu mehr Auto-Unfällen? Oder: Mehr Zu-Fuß-Gehen führt zu mehr Fußgänger-Unfällen? Mehr Fahrten mit Elektrokleinstfahrzeugen… Sie erwecken im Artikel den Eindruck, dass die Unfallgefahr steigt, wenn mehr Rad gefahren wird. Dass die im Artikel beschriebene abflachende Kurve bedeutet, dass mit einer zunehmenden Anzahl an Radfahrten das Unfallrisiko pro geradeltem Kilometer deutlich sinkt, erschließt sich nur dem mitdenkenden Leser. Leider blenden Sie auch völlig aus, welche weiteren gesundheitlichen Vorteile es mit sich bringt, wenn man vom Auto auf das Fahrrad umsteigt. Eine britische Studie hat schon 2007 gezeigt, dass die positiven Effekte, welche durch die „normale“ Fahrradnutzung entstehen, gegenüber den durch Fahrradunfälle verlorenen Lebensjahren im Verhältnis 20:1 überwiegen. Eine Studie aus Dänemark hat errechnet, dass jeder gefahrene Radkilometer der Gesellschaft 0,22 Euro Profit bringt, während jeder gefahrene Autokilometer einen Schaden von 0,75 Euro anrichtet. Warum das so ist? Das haben diverse Wissenschaftler und Ärzte längst erforscht:

– Radfahren stärkt den Rücken, schützt die Gelenke, stärkt das Immunsystem und senkt sogar das Brustkrebsrisiko.
– Fahrradpendler haben 55 % geringere Krankenstandstage als Autopendler
– Wer ein Jahr lang 5 Kilometer mit dem Fahrrad (statt mit dem Auto) zur Arbeit pendelt, hat danach 5 kg Körperfett abgebaut und 500 kg CO2 eingespart
– Bewegungsmangel ist die Ursache für klassische Zivilisationskrankheiten wie Übergewicht, Bluthochdruck sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Altersdiabetes („Sitzen ist das neue Rauchen“), regelmäßiges Radfahren löst das Problem.

Von den positiven Auswirkungen auf Luftqualität, CO2-Ausstoß und Lebensqualität ganz zu schweigen. Ja, mehr Radfahren schafft das Problem, dass es mehr Fahrrad-Unfälle gibt. Ein Problem, dass nicht zuletzt für Autoversicherer und Notfallmediziner natürlich ein sehr großes Problem ist. Schade, dass sie nur mit denen gesprochen haben und nicht auch mit Wissenschaftlern oder Ärzten, die die Gesundheits-VORTEILE von mehr Radfahrern herausstellen. Die überwiegen nämlich deutlich, s. oben.

Ich habe kürzlich einen Fahrradroman veröffentlicht, in den ich zahlreiche Mobilitätsinfos eingestreut habe, der die Leserinnen und Leser zum Umdenken/Umsteigen anregen soll (das Buch heißt „Südtirol radelt“ – wenn Sie Interesse haben, schicke ich Ihnen gerne ein Rezensionsexemplar zu). Mit ihrer einseitigen Titelgeschichte haben Sie leider viel mehr zerstört, als mein Buch wird Positives erreichen können. Es ist natürlich wichtig, auch unschöne Wahrheiten anzusprechen, aber es sollte nicht so einseitig ein einziges Problemfeld thematisiert werden, wie das in Ihrem Artikel leider der Fall ist. Lesenswert und interessant ist der Artikel natürlich trotzdem, und vielleicht gilt ja auch für das Fahrrad, dass schlechte Presse besser ist als gar keine Presse… – Markus Belz

 

Menschenleben kann man nicht einfach in einer Statistik aufrechnen und dann daraus folgend planen. Auch wenn nur ein einziger Mensch unnötig im Straßenverkehr stirbt, ist das schon zu viel und Anlass zum Handeln. Der von den Politikern als Prestigeobjekt an die Brust geheftete Ruhrradschnellweg ist ein Witz. Denn gäbe es in Deutschland nur eine einzige Straße von sagen wir mal Dortmund nach Duisburg, was glauben Sie wohl wie wenige deutsche Autofahrer es gäbe. Das Fahrrad als Massenverkehrsmittel kann nur mit flächendeckender Infrastruktur funktionieren, und diese sollte dann mindestens so sicher und breit ausgebaut sein wie die des deutschen liebsten Babys seinem Auto. Ich fahre zwar selber auch Auto, verzichte aber so weit es geht darauf und nehme das Rad. Dabei stelle ich nur leider immer fest das große deutsche Städte wie Essen, Wuppertal, Düsseldorf etc. ein gruselig gefährliches Pflaster für Radfahrer sind, obwohl sich deren Stadtplaner mit dem Prädikat ‚fahrradfreundlich‘ brüsten. – Stefan Burda

 

 

Leserbriefe zu „»Ein guter Psychotherapeut ist ein denkendes Herz. Er muss das Leiden eines anderen Menschen mitfühlen und zugleich genau analysieren können«“ von Stefanie Kara

Es gibt selbst unter uns Kollegen und Kolleginnen der Psychotherapie aller Richtungen die verbreitete Ansicht, dass es mit den tiefgreifenden Unterschiede der Verhaltenstherapie und Psychoanalyse so weit her gar nicht sei. So auch Herr Bohus. Tatsächlich hat die VT z. B. einen anderen, erkenntnistheoretisch eingeschränkten Begriff von Erfahrungswissenschaft, der etwa dem der Zeit Isaac Newtons entspricht. Ich selbst arbeite als Psychoanalytiker seit 16 Jahren schwerpunktmäßig mit Patienten mit schweren Persönlichkeitsstörungen. Die Behauptung, hier sei mit vt mehr zu erreichen als mit analytischer Herangehensweise, erschließt sich mir nicht; tatsächlich dauern analytische Behandlungen- Einzel oder Gruppen- Jahre. Dafür ermöglichen sie aber emotionale und strukturelle psychische Veränderungen, die dauerhafter leiden mindern können als Veränderungen, die auf kognitiven und verhaltensbezogenen – und ja sicher, schneller erreichbaren – Modifikationen beruhen. Ich kenne kaum einen praktizierenden vt-Kollegen, der das nicht anerkennen würde. Anders an den Universitäten. Dass Herr Bohus die seiner, mit Verlaub, schlichten Perspektive widersprechen, durchaus vorliegenden, aufwendigen langzeitstudien nicht zu kennen oder zu ignorieren scheint, ist m. E. unredlich. Es würde mich freuen, in der sonst oft so differenziert berichtenden Zeit im Hinblick auf Psychologie und Psychotherapie auch einmal einen fundierten Beitrag zur zeitgenössischen Psychoanalyse zu finden. – Christoph Frühwein

 

„Die Wissenschaft hat festgestellt, festgestellt, festgestellt, dass Marmelade Schnaps enthält…“ lautet ein bekanntes Kinderlied. Diesem Motto scheinen die wenig differenzierten und ressentimentgeladenen Äußerungen des Psychologen Martin Bohus im Interview mit Ihrer Zeitung zu entsprechen, der für „wissenschaftlich“ offenbar nur hält, was gezählt, gemessen und in einen eindeutigen Ursache-Wirkungszusammenhang gebracht werden kann. Doch dieser naturwissenschaftliche Ansatz, der in den letzten 20 Jahren seinen Siegeszug auch in den Human- und Sozialwissenschaften angetreten hat, in Eliteuniversitäten in der USA allerdings zunehmend wieder infrage gestellt wird, bedarf dringend der Ergänzung durch einen verstehend-hermeneutischen Zugang, insbesondere im Bereich des menschlichen Seelenlebens. Dessen Komplexität kann in den genannten Studien nicht einmal ansatzweise abgebildet werden. Wie reduktionistisch die Kriterien für einen Therapierfolg sein müssen, zeigt sich in genannten Studienergebnissen, nach denen Computerprogramme „mindestens so gut“ wie Stunden bei einem Therapeuten seien. Da kommt man doch ins Grübeln über das Menschenbild der Psychologen. Man hätte sich in der Tradition Ihrer Zeitung eine kritische Journalistin gewünscht, die an solchen Stellen nachfragt und die Wissenschaftsgläubigkeit nicht einfach affirmiert. Einem Therapeuten, der meint, dass man mit wissenschaftlicher Evidenz Menschen heilen kann, möchte ich als Patientin jedenfalls nicht in die Hände fallen. – Prof. Dr. Ilka Quindeau

 

Seit geraumer Zeit stellt sich die ZEIT als Anwältin der Verhaltenstherapie dar, jeder einzelne Artikel zur Psychotherapie behauptet die Überlegenheit der Verhaltenstherapie gegenüber den Psychodynamischen Verfahren. Irritierend scheint mir dabei zweierlei. Erstens wird nicht zwischen Psychoanalyse und Tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie unterschieden, die TP (die im Gegensatz zur Psychoanalyse integrativ und fokussiert arbeitet) wird offenbar nicht als eigenständiges Verfahren wahrgenommen. Zweitens frage ich mich, warum in der ZEIT weder renommierte psychodynamische Psychotherapieforscher (z.B. Falk Leichsenring) noch psychodynamische Praktiker zu Wort kommen. Es gehört zu den Stärken der ZEIT, Themen aus mehreren Perspektiven zu erkunden und zu diskutieren – wieso ist ihr das in diesem Feld so vollkommen abhanden gekommen? – Dipl. Psych. Dagmar Kumbier

Mit Herrn Bohus haben Sie einem militanten Vertreter der kognitiven Verhaltenstherapie die Bühne gegeben. Seinesgleichen halten inzwischen die deutsche Universitätslandschaft schon weitestgehend besetzt, so dass man inzwischen von einer machtpolitisch gefestigten Monopolisierung der Wissenschaft sprechen muss: Die Deutsche Forschungsgesellschaft lenkt seit Jahren staatliche Forschungsgelder ohne demokratische Kontrolle in die immer gleichen Kanäle (Siehe Anhang: Interview mit Prof. Leichsenringim Deutschen Ärzteblatt PP), lange bekannte psychodynamische Verfahren erscheinen ohne Quellenangaben nun unter neuen Begriffen als verhaltenstherapeutische; der Omnipotenzanspruch gewisser Verhaltenstherapeuten geht sogar dahin, die künftige universitäre Unterrichtung für analytische und tiefenpsychologische Psychotherapie zu übernehmen – weil es an der Universität ja keine Analytiker mehr gebe und sie offenbar glauben, jede Kompetenz beanspruchen zu können.

So können wir nach den früher beherrschenden Psychotherapie-Schulen nun dieselben idealisierenden Überschätzungen bei den Verhaltenstherapeuten beobachten – allerdings sollte das nicht zur Unterdrückung dringend notwendiger wissenschaftlicher Forschung führen, die nicht nur Wirksamkeit im Allgemeinen untersuchen, sondern endlich differenzieren sollte, bei welchen Menschen in welchen Problemlagen welche Therapie erfolgreich angewandt werden kann. Die monopolistische Besetzung und Vereinnahmung führt nicht gerade zu methodischer Klarheit. Vielmehr segeln die unterschiedlichsten Methoden und Theorien unter der Überschrift der Verhaltenstherapie: Nach der reinen Orientierung am Verhalten und der kognitiven Wende hat die Verhaltenstherapie mit der dritten Welle alles aufgegeben, was als spezifische Methode hätte gelten können, so dass sich nun ganz simpel definieren lässt: Verhaltenstherapie ist was irgendwie hilft. Herr Bohus spricht anrührend vom Therapeuten als denkendem Herzen, verrät aber nicht wie sein Denken und Fühlen mit dem Denken und Fühlen seines Patienten in heilende Verbindung tritt, denn dafür hat er keine Theorie, wie sie die psychodynamische Psychotherapie bereit hält.

Mit Herrn Bohus stimme ich überein, dass Probleme, die rasch durch ein Übungsprogramm behandelbar sind, keine langfristige Umstrukturierung einer Persönlichkeit brauchen. In meinem Alltag als Therapeut begegnen mir aber zu oft Menschen, die eine oder mehrere jahrelange Verhaltenstherapien hinter sich haben und von ihren TherapeutInnen dann zum Analytiker geschickt werden – übrigens auch Patienten mit Störungen, die als Verhaltenstherapie-Domäne betrachtet werden wie Zwangs- oder Angst-Krankheiten.

Das Dodo-Bird-Verdict (Alle Psychotherapie-Methoden sind erfolgreich) kann nicht zufrieden stellen, weil ja alle Verfahren nur begrenzte Erfolgsaussichten bieten. Vielmehr gibt es schon heute Möglichkeiten, verschiedene Variable wie Therapeutenpersönlichkeit, Methode, Dauer einer Symptomatik usw. differenziert zu untersuchen. In der Praxis gibt es die schauerlichsten Vermengungen unterschiedlichster Ansichten, so dass es immer noch die Aufgabe der Patienten geblieben ist, sich den geeigneten Therapeuten zu suchen. Als Ambulanzleiter eines psychodynamischen Ausbildungsinstituts bin ich bestrebt, sie in dieser Suche zu unterstützen und keineswegs nur von meiner schulischen Ausrichtung zu überzeugen. Übrigens bin ich auch verhaltenstherapeutisch ausgebildet, weiß aber, wo ich mit meinen Möglichkeiten effektiver arbeiten kann. – Dr. J. Eichfelder

 

Es war einfach mal wieder an der ZEIT für ein Psychoanalyse-bashing, diesmal von einem »Experten für seelische Gesundheit«. Martin Bohus wirft der Psychoanalyse vor, sie sei dogmatisch, unwissenschaftlich, beziehungsorientiert, spezialisiert, zu langsam, ineffektiv und projiziere die »Ursachen für Misserfolge reflexhaft auf die Patienten«. Bohus bestimmt ›dogmatisch‹, dass neben der »vertrauensvollen Arbeitsbeziehung« der Therapeut »kognitive und emotionale Lernprozesse anstoßen« »muss«. »Spezielisierungen sollten sich nicht länger an Schulen orientieren, sondern an den Anforderungen die bestimmte Störungen oder Altersgruppen an die Behandlung stellen«. Wer anderen Dogmatismus vorwirft, sollte mit eigenen dogmatischen Äußerungen sehr vorsichtig sein.

Bohus verwendet einen rein naturwissenschaftlichen Wissenschaftsbegriff. Ist der tatsächlich für den Umgang mit seelisch kranken und leidenden Menschen angemessen? Ist neben dem ›Zählen und Messen‹ vielleicht auch (schwerer messbar) ›Fühlen und Verstehen‹ bedeutsam? An der Stelle der »therapeutischen Beziehung«, auf die sich nach seiner Auffassung »zu viele Therapeuten noch verlassen«, schlägt Bohus den Einbezug »digitaler Methoden« vor. Und er unterfüttert dies mit der unbewiesenen Behauptung, Studien hätten ergeben, »dass digitale Therapien mindestens so gut seien wie individuelle Stunden beim Therapeuten«. Bohus unterschlägt dabei die ganze komplexe Problematik der Digitalisierung, die nicht selten selber die Ursache seelischer Erkrankungen ist! Bohus selbst ist von der Psychoanalyse zur Verhaltenstherapie gewechselt, »weil ich sie (Psa) für meine Arbeit mit schweren Persönlichkeitsstörungen und Traumafolgen untauglich fand«. Das mag für ihn zutreffen. Ich selber arbeite seit 1982 in freier psychoanalytischer Praxis, häufig auch mit schwerer persönlichkeitsgestörten oder traumatisierten PatientInnen. Gerade für diese Klientel ist mir meine (klassische) psychoanalytische Ausbildung eine wichtige Grundlage!

Bohus setzt sich für störungsspezifische und altersspezifische therapeutische Methoden ein, »ein breites Spektrum von Methoden«. Persönlich verstehe ich lieber ›von wenigem viel, als…‹. Seine Interpretation der neuen Depressionsstudie der Psychoanalyse mit dem Ergebnis: »dauert es aber zwei Jahre. Mit einer Verhaltenstherapie erzielt man ein ähnliches Ergebnis innerhalb eines halben Jahres« ist so eine nicht haltbare sportliche Auffassung. Was Bohus völlig vernachlässigt, ist die Frage der Nachhaltigkeit. Und die ist bei der analytischen Psychotherapie erwiesen besser. Wenn Bohus das »Recht der Gesellschaft… dass Therapeuten effektiv arbeiten« betont, so ist ihm sicher zuzustimmen. Aber: was ist »effektiv«? Eine schnelle Symptombeseitigung, die langfristig nicht anhält oder zu einer Symptomverschiebung führt? Oder eine tiefgründige (länger dauernde), aber auch länger anhaltende Konfliktbewältigung?

Die schlichte Behauptung von Bohus: »Tatsächlich ist die Wirkung kurzer Therapien häufig besser« ist in ihrer Pauschalität weder bewiesen noch stichhaltig. Die Überschrift des Gesprächs: »Ein guter Psychotherapeut ist ein denkendes Herz. Er muss das Leiden eines anderen Menschen mitfühlen und zugleich genau analysieren können« stimmt meines Erachtens in keinster Weise mit dem Gesprächstext überein. – Thomas Auchter

 

Wahrheit, Richtigkeit und Wahrhaftigkeit (Habermas) ? – Martin Bohus verbreitet Fake News im ZEIT- Interview vom 26.6.2019.
(1) Für Bohus´ Behauptung, Verhaltenstherapie sei bei schweren Persönlichkeitsstörungen wirksamer als psychodynamische Therapie gibt es nach aktuellem Forschungsstand keinerlei wissenschaftliche Evidenz.
(2) Eine Form der Verhaltenstherapie für schwere Persönlichkeitsstörungen (Dialektisch-Behaviorale Therapie, DBT), von Bohus vertreten, schneidet in einer ganz aktuellen unabhängigen Prüfung deutlich schlechter ab als oft propagiert (mangelnde Replizierbarkeit).
(3) Die angeblich „überwältigenden Belege“ für die Verhaltenstherapie reduzieren sich beträchtlich, wenn sie von unabhängigen Forschern meta-analytisch beurteilt und Studien ausgeschlossen werden, die ein hohes Verzerrungspotential (bias) aufweisen.
(4) Laut Bohus gibt es keine Belege, dass psychodynamische Therapie bei irgendeiner Störung wirksamer wäre als Verhaltenstherapie. Das Umgekehrte lässt er weg: Psychodynamische Therapie erzielt in Meta-Analysen bei gleicher Therapiedauer dieselben Ergebnisse wie Verhaltenstherapie.
 (5) Ein „denkendes Herz“? – Teilnehmer haben sich sehr kritisch über ihre Behandlung in einer von Bohus durchgeführte Studie zur DBT geäussert (https://beauftragter-missbrauch.de/betroffenenrat/ aktuelles/ detail/erfahrungen-mit-der-dialektisch-behavioralen-therapie-dbt-im-deutschsprachigen-raum).

Bohus: „Weil die Universität wissenschaftsorientiert ist, lehren dort tatsächlich mehr Verhaltenstherapeuten.“ – Gehört das Verbreiten von Fake News zur „Wissenschafts-orientierung“, die Bohus reklamiert ? Eine solche gegenüber anderen Verfahren entwertende Haltung ist nach unseren Erfahrungen untypisch für die große Mehrheit forschender und praktizierender Verhaltenstherapeuten. – Prof. Dr. Falk Leichsenring, Prof. Dr. Simone Salzer und Prof. Dr. Christiane Steinert

 

Das Interview mit Martin Bohus enthält eine Reihe von wissenschaftlich nicht fundierten Aussagen, die zu einer insgesamt verzerrten Darstellung der Psychotherapie in Deutschland führen. Bohus behauptet beispielsweise, dass es „keinen Nachweis dafür“ gäbe, „dass eine psychodynamische Therapie bei irgendeiner seelischen Störung wirksamer wäre als kognitive Verhaltenstherapie“; dass eine aktuelle Studie zeige, dass Psychoanalyse depressiven Patienten erst nach zwei Jahren helfe, die Verhaltenstherapie aber schon nach sechs Monaten; dass die „Verhaltenstherapie eindeutig vielfältigere Techniken“ biete, um kognitive und emotionale Lernprozesse anstoßen; dass die Verhaltenstherapie für „schwere Störungen“ wirksamer sei, als Psychodynamische Therapie; dass in der Praxis „viel Wirkung verloren“ gehe, „weil sich die Therapeuten auf ihre Erfahrung verlassen statt auf wissenschaftliche Evidenz“. Keine dieser Aussagen ist aus wissenschaftlicher Sicht haltbar. Richtig ist stattdessen: Psychodynamische Therapie und Verhaltenstherapie sind gleich wirksam, sofern sie die gleiche Sitzungsanzahl aufweisen. Längere Psychodynamische Therapie bringt gegenüber kürzeren Behandlungen einen zusätzlichen Nutzen für die Patienten. Ob dieser zusätzliche Nutzen die durch eine höhere Sitzungszahl entstehenden höheren Kosten rechtfertigt, ist eine politische und keine wissenschaftliche Frage.

Gemäß der von Herrn Bohus zur Überwindung der „Trennung in Schulen“ vorgeschlagenen Ausbildung würden sich zukünftige Therapeuten einzelne Techniken je nach vorliegender Störung zusammenstellen, ein Vorgehen, das er in seinen Büchern als „Modularisierte Psychotherapie“ beschreibt. Für die Wirksamkeit einer solcherart zusammengesetzten Psychotherapie liegen keine wissenschaftlichen Studien vor! Alle bisherigen Studientherapeuten verfügen über eine komplexe Ausbildung in einem der wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren, und haben sich dann allenfalls zusätzliche Methoden und Techniken angeeignet. Schon allein aus Gründen des Patientenschutzes sollte durch die anstehende Reform des Psychotherapeutengesetzes sichergestellt werden, dass in der zukünftig universitären Ausbildung die „Breite der wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren“ gelehrt wird, wie es im aktuellen Gesetzentwurf vernünftigerweise heißt. Für Hegemonialansprüche einzelner Therapierichtungen oder gar selbstgestrickter Modularisierungen gibt es keinerlei wissenschaftliche Evidenz. – Prof. Dr. Cord Benecke

 

Wenn von Herrn Bohus betont wird, dass es „…überwältigende Belege dafür gibt, dass die kognitive Verhaltenstherapie wirkt“, so kann den verhaltenstherapeutischen Kollegen zunächst Anerkennung dafür ausgesprochen werden, dass sie früh mit der empirischen Wirksamkeitsprüfung dieses Verfahrens begonnen haben. Gleichzeitig stellt sich die Frage: Wer oder was soll denn hier bitte überwältigt werden? Im weiteren Verlauf des Interviews wird dies deutlich: Mal wieder geht es um eine Verunglimpfung psychoanalytisch begründeter Therapien. Wieder einmal wird der Schulenstreit bemüht und anstelle einer Wertschätzung der bestehenden Verfahrens- und Methodenvielfalt wird auf eine psychotherapeutische Monokultur abgezielt. Herr Bohus bekennt sich schließlich sogar mit seiner Aussage, er „…kenne auch keinen wissenschaftlich seriösen Kollegen, der diese Trennung in Schulen noch zeitgemäß findet.“ Hier würde ich ihm mehr Austausch mit Forschern und Praktikern außerhalb der eigenen Provenienz und Paradigmen wünschen.

Notwendig hierfür wäre aber eine Haltung, die Respekt für andere Perspektivierungen beinhaltet und weniger durch die Verbreitung alternativer Fakten gekennzeichnet ist. Auf die im Interview verzerrte Darstellung der gegenwärtig vorhandenen Evidenz einzugehen oder auf die resultierenden Schwierigkeiten, wenn psychotherapeutische Interventionen nicht länger aus theoretisch fundierten Störungs- und Behandlungsmodellen abgeleitet würden, passt vielleicht besser in eine Fachzeitschrift. Hier möchte ich aber auf das Menschenbild und die therapeutische Haltung hinweisen, die in dem Interview erkennbar werden. Abgestellt wird u.a. auf eine Steigerung der Effizienz bei Therapeuten und Patienten, die therapeutische Dyade solle am besten unter Zeitdruck arbeiten. Das sattsam bekannte „Höher, schneller, weiter“ also auch hier. Wenn sich die Zunft auf eine solche Engführung verständigen würde, käme dies einer Beschneidung von Psychotherapie in ihrem emanzipatorischen Potenzial gleich. Dass gesundheitsökonomische Aspekte bei kassenfinanzierten Behandlungen zu berücksichtigen sind, steht außer Frage. Dabei kann es erforderlich sein, psychotherapeutische Zielsetzungen auch über die kurzfristige Beseitigung von Symptomen hinaus zu denken, um so nachhaltige Entwicklungsprozesse zu ermöglichen. – Dr. Simone Salzer

 

Es ist schon ein paar Jahrzehnte her, dass ich einen empörten Leserbrief verfasst habe. Das in der letzten ZEIT publizierte Interview mit Prof. Dr. Martin Bohus hat mich dann aber doch auf den Plan gerufen, weil es eine Besorgnis erregende Tendenz bestätigt, die sich seit einiger Zeit in diversen gesellschaftlichen Bereichen bemerkbar macht. Wenn jemand einerseits als „Experte für seelische Gesundheit“, anderseits als „denkendes Herz“ vorgestellt wird, gehe ich (quasi als „Expertin für kritische Sprachreflexion“) bereits etwas misstrauisch an die Lektüre des nachfolgen­den Interviews. Das szientistische Vokabular einer auf Effektivität und technolo­gische Kompetenz angelegten „Denke“ will mir so gar nicht zu der emphatischen romantischen Metaphorik der Titelzeile passen. Die Lektüre des Artikels hat dann meine anfängliche Skepsis nicht nur bestätigt, sondern mich regelrecht fassungs­los zurückgelassen. „Wissenschaftlichkeit statt Dogmatismus“, fordert der Interviewte, und er meint: Ökonomie und Technik statt Bindung und Beziehung.

Ein „denkendes Herz“, soviel habe ich jetzt verstanden, ist für Herrn Prof. Bohus – buchstäb­lich – eine reibungslos funktionierende, sich selbstoptimierende und selbstreparierende Pumpe. Ihr Ziel ist es, ein System zu versorgen, dessen Funktionselemente schon mal etwas störungsanfällig („psy­chisch krank“) sind und deshalb der besonderen Aufmerksam­keit bedürfen. Die Reparatur kann unter diesen Umständen gegebenenfalls auch ein Computer übernehmen: „Die Gesellschaft hat ein Recht darauf“, sagt Martin Bohus, „dass Therapeuten effektiv arbeiten“. Als Literaturwissenschaftlerin und Dozentin an der Universität habe ich mein Leben lang versucht, jungen Lehramtsstudenten und Humanwissenschaftlerinnen ein Verständnis ihrer gesellschaftlichen Aufgabe nahezubringen, das kritische Selbstreflexion und persönliche Verantwortung gegenüber dem Anderen (der SchülerIn, der PatientIn, der KollegIn) einschließt. Mir graust vor der Gegenwart einer Zukunft, in der noch die intimsten seelischen Bereiche des menschlichen Daseins nicht anders als in Kategorien der Kosten-Nutzen-Rechnung zur Sprache kommen können. Was nun die notwendigen strukturellen Reformen auf dem (Aus-) Bildungssektor betrifft (die Psychotherapeutenausbildung ist hier nur ein Beispiel), scheint mir – vor diesem Hintergrund – umgekehrt eine Öffnung des utilitaristischen Horizonts von dringlicher, ja geradezu existentieller Bedeutung. „Experten“ wie Martin Bohus, die vor allem darauf aus sind, „Fehltage bei der Arbeit“ zu reduzieren, erweisen unserer ums Humane ringenden Gesellschaft einen Bärendienst; „bessere Therapeuten“ sehe ich auf der Grundlage so verstandener Wissenschaft mitnichten heranwachsen. – Dr. phil. Silvia Volckmann

 

Das Interview mit Martin Bohus zielt auf keine geringeren Themen als die Frage der Wirksamkeit verschiedener Psychotherapie-Verfahren und die zukünftige Psychotherapie-Ausbildung in Deutschland. Die Aussagen von Bohus sind zum Teil tendenziös und wissenschaftlich nicht fundiert. Zwei wesentliche Punkte sollen herausgegriffen werden:
1.Bohus suggeriert, dass die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) das wirksamste Psychotherapieverfahren sei. Dem ist entgegenzuhalten, dass Bohus die ebenfalls kurze und kostengünstige tiefenpsychologisch fundierte Therapie, die wie die Psychoanalyse zu den psychodynamischen Therapieverfahren gehört, unerwähnt lässt. Die tiefenpsychologisch fundierte Therapie ist für viele Störungen in ihrerWirksamkeit belegt, hat sich dabei als ebenso wirksam erwiesen wie KVT und ist damit als der KVT gleichwertig anzusehen. Längerepsychodynamische Psychotherapien benötigen zwar mehr Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten, haben aber auch weiterreichende Ziele, nämlichz.B. eine grundlegendere Veränderung der Persönlichkeitsstruktur im Dienste der Beziehungsfähigkeit. Es wurde in einigen Studien belegt, dass diese Ziele erreicht werden.
2.Bohus spricht von einer “Überwindung der Therapieschulen“ und einer Psychotherapieausbildung, die quasi modular abläuft, sodass nur noch einzelne, auf bestimmte Krankheitsbilder zugeschnittene Techniken gelehrt und gelernt werden. Dieses Konzept von Bohus und anderen, das gelegentlich auch als „modulare Psychotherapie“ propagiert wird, ist aus zwei Gründen kritisch zu sehen: Erstens gibt es keinerlei wissenschaftliche Belege dafür, dass eine solche eklektische Methode gelehrt und gelernt werden kann, und zweitens gibt es keinerlei wissenschaftlichen Beleg dafür, dass eine solche Therapie wirksam ist, geschweige denn ebenso wirksam wie die etablierten Psychotherapie-Verfahren.

Bohus übersieht, dass in nahezu allen Psychotherapie-Wirksamkeitsstudien die Psychotherapeuten, die die Studienpatienten behandeln, eine (schulenspezifische) Therapieausbildung durchlaufen haben und erst danach zusätzlich die krankheitsspezifischen Methoden bzw. Techniken erlernt haben. Ein Psychotherapeut benötigt mehr als das Erlernen von Techniken, nämlich ein Menschenbild, eine Grundhaltung zur Psychotherapie, ein theoretisches Fundament und eine spezifische Fähigkeit zur Beziehungsgestaltung mit dem Patienten, damit er mitfühlen und ein „denkendes Herz werden“ kann. All dies erlernt man nicht in einem Technikkurs, sondern in einer soliden, wissenschaftlich basierten schulenorientierten Grundausbildung zum Psychotherapeuten. Dies ist durch Forschung zur Ausbildung und Entwicklung von Psychotherapeuten belegt. Es ist daher notwendig, dass diese Ausbildungsform erhalten bleibt, wenn denn die Wirksamkeit der Psychotherapie erhalten bleiben soll. Natürlich besteht weiterhin das Bemühen, die Psychotherapie und die zugehörigen Ausbildungen wissenschaftlich zu verbessern und zu untermauern.Ergänzend ist zu erwähnen, dass es heutzutage nicht mehr zutrifft, dass der Therapeut in der analytischen Psychotherapie nur „distanziert“ bleibt, wie es im Seitentext zum Interview behauptet wird. Im Gegenteil ist der moderne psychoanalytische Psychotherapeut besonders aktiv in der therapeutischen Beziehung engagiert, da sie das Zentrum der Arbeit darstellt – allerdings nicht in dem Sinne, dass er aktiv Ratschläge gibt, sondern vielmehr dergestalt, dass er mit dem Patienten gemeinsam die therapeutische Beziehung kontinuierlich reflektiert. – Deutsche Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und. Tiefenpsychologie (DGPT) Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft (DPG)Deutsche Psychoanalytische Vereinigung (DPV)Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Medizin und Ärztliche Psychotherapie (DGPM)Vereinigung Analytischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten (VAKJP)

 

Mehrere Jahre Gewalt, ein paar Monate Therapie?
Kurzzeittherapien wie manche Verhaltenstherapien sind günstig und schnell zu beforschen. Das darf aber nicht dazu führen, dass andere Therapieformen als weniger effektiv oder wirksam angesehen werden. Betroffene brauchen flexibles und breites Therapieangebot entsprechend ihrer Bedürfnisse. Sexualisierte Gewalt und ihre Folgen, z. B. schwere Depressionen, sind individuell. Hilfen müssen es auch sein. Unsere Umfrage zu Erfahrungen mit DBT hat aufgezeigt, dass im stationären Bereich strukturelle Mängel und Machtdemonstrationen immenses Problem sein können. Die praktische Umsetzung der Verfahren muss mehr Beachtung finden. Auch Wissenschaft unterliegt immer bestimmten Denkmustern. Wenn die jeweils dominanten Denkmuster der Psychotherapieforschung und ihre Auswirkungen nicht reflektiert werden, verlieren die, die am Ende der Forschungsergebnisse stehen: Die Klient_innen. – Betroffenenrat beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs


 

Leserbriefe zu „Frauen sind anders“ von Cathrin Gilbert und Philipp Köster

Ihre beiden Autoren sind mir bestens bekannt und bin doch immer wieder überrascht, mit welcher Vernunft die Autoren zu Werke gehen. Die heutige Generation, die den Fußball liebt sind ungebildete Menschen, jedenfalls größtenteils, wenn nicht gar Strohdumm. Die vergleiche mit den Männern zeigt das ganze Niveau dieser Menschen und die Medien fördern das Verhalten. Ich könnte noch ganz andere Sportdisziplinen aufführen, wo der Unterschied klar geregelt ist (Leichtathletik, Wassersport, Golf, Handball, Kampfsport et cetera). Gefragt wären die Verbände, die das ändern könnten. Sie tun es aber nicht, weil sie sonst von der Bild-Zeitung und andere Gazetten verbale Dresche beziehen würde. Für ihren „weiblichen“ Körper haben sie „artgerecht“ gespielt, wobei bestimmt noch Luft nach oben möglich erscheint. Viele Männer werden auch aus sexuellen Gründen dabei sein wollen. Und ich werde auch verprügelt werden für das, was ich geschrieben habe. Übrigens, das schlechte Schussvermögen ist kein Alleinstellungsmerkmal der Frauen. – Gunter Knauer

 

Historisch betrachtet wurde Fussball – wie viele Sportarten – lange Zeit nur von Männern gespielt, bis sich Frauen in diese Domäne wagten und sie mehr und mehr auch für sich eroberten. Die Frauen eroberten aber nicht nur das sportliche Terrain sondern übernahmen auch die männlichen Gepflogenheiten, wie Fussball zu spielen ist, einschließlich des ‚Gestik-Katalogs‘ ( z.B. Triumpf-Gehabe nach geglücktem Torschuss) Nicht stattgefunden hat bislang der Versuch, mit der ‚Besetzung‘ der bisher männlichen Sportart dieser auch einen authentisch weiblichen Stempel aufzudrücken. So wurde in der oben aufgeführten Ausgabe der ZEIT im Artikel ‚Frauen sind anders‘ festgestellt: ‚Der Mann gilt auch 2019 noch als Maßstab im Fussball und die Frau als dessen ewige Ableitung.‘ Die FussballerIn wird ‚ewige Ableitung‘ bleiben, wenn sie nicht – endlich – anfängt, dem Fussball spezifisch weibliche Identität zu vermitteln. (Was sie darunter versteht, ist ihrer Phantasie überlassen.) Man kann über eigene Regeln wie Spielfeldverkleinerung und/oder Spielzeitverkürzung nachdenken. FRAUENFussball in seiner Selbstdarstellung und -behauptung könnte sicherlich auch dadurch überzeugender werden, dass man z.B. ein spezifisches Ballett-Training in den Trainingskatalog mit aufnehmen würde. Gemeint ist hier nicht die Projektion von Tschaikowsky’s ‚Schwanensee‘ auf den grünen Rasen. Vielmehr könnte so ein Beitrag zu (bisher vernachlässigten) grazilen eleganten Bewegungsabläufen erfolgen. Krafteinsatz und Eleganz müssen sich nicht widersprechen, anstelle von weiblichen ‚Wellenbrechern‘ hätten wir es so eher mit AthletInnen und Augenweiden des Fussballs zu tun. – Irmgard Glaser

 

Wollte nur sagen toller Artikel über den Frauenfußball. Den Vergleich mit Tennis und dem Ski Alpin Sport zu ziehen finde ich einfach toll. Warum Fußball als etwas Mythisches, Unantastbares begreifen? Dadurch fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Sehr ehrlich und wie immer mit zusammenhängendem Denken geschrieben. Vielen Dank! – Christian Jetschgo

 

Nicht Ihr Ernst! Ihre Einschätzungen zum Frauenfußball halte ich für unausgegoren bis abstrus. Ja, vergleichen Sie ruhig den Fußball mit anderen Sportarten! In keiner gibt es kleinere Spielfelder oder kürzere Spielzeiten für Frauen, weder im Handball noch im Basketball, nicht im Eis- und nicht einmal im Feldhockey. Und dass Frauen im Tennis einen Gewinnsatz weniger ausspielen, gilt ja auch nur bei den Grand-Slam-Turnieren und muss dort als Anachronismus betrachtet werden aus einer Zeit, da man Frauen in punkto Ausdauer für das schwächere Geschlecht hielt; eine Einschätzung, die medizinisch längst widerlegt ist. Und wollen Sie vielleicht die Marathondistanz für Läuferinnen auf 25 oder 30 Kilometer herabsetzen? Eigentlich sind Ihre Vorschläge also, wären Sie nicht so lächerlich, eine Beleidigung für die Frauen!

Schauen Sie die Entwicklung etwas genauer und gelassener an: Bei der WM in Deutschland vor acht Jahren konnte man wirklich den Eindruck gewinnen, das Ganze sei ein einziges Gerenne und Gekämpfe. Heute gibt es genügend Frauen mit hervorragender Ballbehandlung, selbst in höchstem Tempo. Worin sich viele Frauen noch verbessern könnten, sind a) Torhüterinnenspiel, insbesondere Strafraumbeherrschung; b) Ausnutzen des riesigen Tores durch präzisere Schüsse der Stürmerinnen (zu oft kommt der Ball selbst bei besten Chancen direkt auf die gegnerische Torfrau) und c) Nutzen der Räume mit besseren Entscheidungen, wohin der Ball als nächstes wandern sollte. Vielleicht entstehen diese Desiderate auch durch den Vergleich mit dem Männerfußball. Dass solches aber keine Einbahnstraße ist, sieht man doch an dem, was Männer von den Frauen lernen können und sollten: Frauen schauspielern und jammern möglicherweise weniger – und rotzen seltener auf den Platz. Wenn Sie denn den Frauen etwas Eigenes bieten möchten: Wie wäre es mit der Einführung des Begriffes „Frauschaft“ statt des buchstäblich dämlichen „Frauenmannschaft“? – Hanno Herzler

 

Dass Gilbert und Köster den Frauenfußball fördern wollen ist ihnen anzurechnen, doch schlagen sie dabei in dieselbe Kerbe, die sie eigentlich zu schließen versuchen. Die Überschrift alleine ist schon ein journalistischer Fehlgriff. „Frauen sind anders“ ist ein Paradebeispiel dafür zu definieren, was im Fußball als „normal“ und was als „anders“ angesehen wird. Ersteres sind die Männer, letzteres die Frauen. Die Autoren beschweren sich über die mangelnde Qualität in der Berichterstattung und scheinen dafür dem Sport die Schuld zu geben und nicht der Unfähigkeit ihrer Kollegen. Frauenfußball lässt sich sehr wohl aus sportlicher Sicht beurteilen. Taktik, Technik, Ein- und Aufstellung können genau wie im Männerfußball analysiert und erläutert werden – von Leuten, die Ahnung haben und Frauenfußball nicht als Kuriositätenkabinett ansehen. Das Spielfeld zu verkleinern und die Spielzeit zu verkürzen sind Forderungen, die es schon gibt, seit Frauen zum ersten Mal einen Ball am Fuß hatten. Als aktive Fußballerin weiß ich, dass sich keine Frau darüber beschwert, dass Tore oder Spielfeld zu groß oder 90 Minuten zu lang wären. Es fallen eben mehr Tore, wenn die Torhüterinnen kleiner sind. Das stört höchstens die den Männerfußball gewöhnten Kommentatoren, nicht aber Spielerinnen und Fans.

Tennis und Ski alpin werden als Beispiele angeführt, wie Damensport vermeintlich attraktiver gemacht werden kann. Was die Autoren nicht erwähnen sind Kampfsportarten wie Boxen. Auch hier ist die Rundenlänge je nach Geschlecht unterschiedlich. Das öffentliche Interesse bleibt trotzdem aus. Der Grund liegt darin, dass Fußball und Boxen noch immer als „Männersportarten“ gesehen werden. Die unterschiedliche Wertschätzung ist ein veraltetes Geschlechterbild zurückzuführen, nicht auf die Rahmenbedingungen des Sports selbst. Das letzte Argument des Textes ist schlichtweg falsch und nicht durchdacht. Dass die Fußballübertragungen vor allem Männer über 65 schauen liegt daran, dass öffentlich-rechtliche Fernsehsender generell von älteren Zuschauern frequentiert werden. Wer hingegen in Frankreich ins Stadion geht, sieht viele junge Gesichter, Frauen wie Männer. Der Kommentar war ist ein gut gemeinter Versuch, etwas für den Frauenfußball zu tun. Mit ihrer Argumentation stellen sich die Autoren aber leider selbst ins Abseits und fördern das, was das eigentliche Problem ist: die Definition der Norm und die Definition des „Anderen“. – Teresa Stiens

 

Ein Leitartikel über Frauenfußball an exponierter Stelle in der ZEIT, das ist gut. Auch das mediale Angebot zur WM ist gut, zumindest quantitativ. Dass die spielerische Qualitätssteigerung der Damen, die es sehr wohl gibt, gelegentlich infolge einer inhaltslosen Befangenheit der ansonsten so sportlich alerten Fachpresse nicht optimal rüberkommt – geschenkt. Der Frauenfußball sollte sich schlicht und einfach ohne jede Anbiederung und Sonderstellung weiter- entwickeln (können). Denn das Schlimmste, was diesem Sport passieren kann, wäre der Verlust von Authentizität; diesbezüglich kennen wir wohl alle kommerziell ausgehöhlte Beispiele zur Genüge. Im Übrigen, selbst des Kaisers Fußballspiel war seinerzeit deutlich langsamer als das heutige Durchschnittstempo der Uwe-Seeler-Traditionself. – Ira Bartsch

 

 

Leserbriefe zu „Frauen sind anders“ von Cathrin Gilbert und Philipp Köster und zu „Alles außer Sport“ von Andreas Rüttenauer

Bei altvorderen Festlichkeiten wurde eine Damenrede gehalten. Damit versuchten die Herren ihre patriarchale Selbstbezogenheit zu bemänteln und das schmückende weibliche Beiwerk bei Laune zu halten. Solcherart frauenfreundliche Turnübungen hat die Fußball-WM der Frauen nicht nötig. Banal und zutreffend: „Frauen sind anders“ (als Männer – und das gottlob!) Fußball bleibt sich immer gleich, solange er nach den hergebrachten Regeln gespielt wird und Neuerungen seiner Faszination keinen Abbruch tun, sondern sie eher fördern. Tore, Spielwitz, Raumnutzung, Taktik, Technik, Zweikämpfe – und wer weiß was sonst noch – hängen am Fußball und nicht am Geschlecht. Dass Frauen 90- oder 120-Minuten-Spiele bestreiten können, ist längst nachgewiesen. Sie entfalten ihre Spielkunst auf den hergebrachten Abmessungen des Spielfelds, dieses zu verkleinern ist ein lächerlicher Gedanke. Mädchen und Jungen vor der Pubertät spielen sehr oft zusammen Fußball. Später spielen die Geschlechter getrennt aus naheliegenden Gründen. Wer dann nur noch männliche Sprintfähigkeit, Sprung- und Schussstärke für erlebenswert hält, sollte sich über die Motive seines Fußballinteresses Gedanken machen. Ballbehandlung, Zweikampfstärke, Passgenauigkeit, Spielübersicht, Teamgeist, Fairness sind absolut geschlechtsneutrale Qualitäten. Es lebe die Freude am Fußball! – Viktor Rintelen

 

 

Leserbriefe zu „Alles außer Sport“ von Andreas Rüttenauer

Ihre Statistik über „Wer sieht die Spiele der Frauen-WM?“ hinkt ja nun beträchtlich: Wann laufen denn die Spiele im Fernsehen? „Die Jungen“ interessiert der Fußball sowieso nicht mehr in dem Maße, „die mittlere Altersgruppe“ arbeitet zu jener Zeit oder ist bestenfalls auf dem langen Heimweg – kein Wunder, dass „die Alten“ hier die größte Gruppe bilden: Sie haben eben auch nachmittags Zeit! Hier haben wir eben einen weiteren Unterschied zu den Spielen der Männer: Selbige werden grundsätzlich erst dann übertragen, wenn fast alle potenziellen Zuschauer auf dem Sofa sitzen. Ich selbst habe ein Spiel ganz und eines halb verpasst. Im Job halt oder auf dem Heimweg. Dabei bin ich über 65 😊. – Jörn Schramm

 

Das könnte man so sagen. Ihr Autor hat das gut zu Papier gebracht. Ich setze noch einen drauf. Wenn Fußball“spielen“ bedeutet, dann war’s das. Fußball ist heutzutage die Kunst, den Gegner körperlich so stark zu attackieren, daß am Ende nur noch zwei intakte Fußballer auf den Platz stehen. Das erinnert an die alten römischen Verhältnisse. Zu meiner Zeit wurde noch „gespielt“. Die Erfinder hatten ein Regelwerk mit dem ersten englischen Fußballverein Sheffield F.C. aufgestellt, in dem es hieß; der Fußballspieler hat den Gegner nur mit angelegten Armen den Ball abzujagen. Das hielt bis in die Zeiten von Franz Beckenbauer und seinen Mannen. Ziemlich lange. Man wollte damit ein zivilisiertes Ballspiel als das ältere Rugby mit einem eiförmigen Ball aus der Taufe heben. Das war nur möglich mit einem runden Leder und ein anderes Regelwerk. Warum man fast das Regelwerk des brutaleren Ballspiels übernommen hat, weiß kein Mensch, der gehört auf jeden Fall nach Rugbyart verprügelt. – Gunter Knauer


 

Leserbriefe zu „Umarmungen“ von Peter Dausend im ZEIT Magazin

Wenn Keanu Reeves so gehaltlos schauspielen würde, wie Sie schreiben, wäre er besser Schlittschuhschleifer geblieben. Was ist denn daran zu kritisieren, wenn sich einer korrekt verhält? Lassen Sie solche, die nicht auffallen, ausser durch ihre herausragenden Leistungen, doch einfach in Frieden. Es gibt sicher genügend Individuen auf diesem Planeten, bei welchen Sie sich nichts aus den Finger saugen müssen. Ironie liegt Herrn Martenstein weit aus mehr. Dann doch lieber noch etwas Werbung für den Zeit-shop. – Klaus Kulling

 

Der im Betreff genannte Artikel will also die Botschaft senden, dass mit einem Mann, der Frauen nicht begrapschen will, etwas nicht stimmen kann? (In diesem Fall: Keimphobie) – Martin Domke

 

Den Bericht „Keanu Revees, Über Umarmungen“ von Peter Dausend fand ich persönlich etwas gewagt. Also die Vermutungen sind wirklich echt fehlleitend und ich will mich in keinem Fall mit Keanu Reeves auf die selbe Höhe stellen aber ich umarme weibliche Personen auch nie außer es sind wirklich sehr enge Freunde und nicht mal die umarme ich. Meine beste Freundin habe ich bis heute nicht umarmt und ich verstehe mich mit ihr blendend. Und das kommt einfach aus dem Gedanken heraus nicht abstoßend, als Grabscher oder ähnliches wirken zu wollen. Ich beschäftige mich sehr viel mit Psychologie obwohl ich noch recht jung bin und um Persönlichkeitsmerkmale festzustellen gehört auch nunmal die Astrologie dazu. Viele meinen es sei Hokospokus, aber selbst im Psychologiestudium wird die Astrologie behandelt. Zudem hat sie mir schon sehr viel im realen Leben geholfen. Daher denke ich mit Blick darauf, kann uns dies hier ebenfalls verhelfen, zu erkenne weshalb Revees diese Verhaltensweisen aufweist. Er ist Jungfrau(Sternzeichen) genauso wie ich und diese sind oft zurückhaltend (Wie man auf Gruppenbildern von ihm wohl erkennen kann) Zudem achten diese oft darauf wie andere von einen denken und denken viel (sehr sehr viel…) darüber nach und wollen am besten vermeiden abstoßend zu wirken. Daher nehme ich nunmal anhand dieser Züge an, dass dies höchstwahrscheinlich auch auf Keanu Revees zustimmt. Ich hoffe sie denken nicht ich sei der letzte Abergläubige und Verrückter aber to be honest habe ich mich etwas angegriffen gefühlt als ich vorallem das mit den Bäumen gelesen hatte. Dies hat mich etwas „getriggert“ da ich genau das selbe mache wie Keanu Revees (also bezogen auf das nicht umarmen und die Gruppenbilder) und dies einfach auf den Charakter zurückzuführen ist, was im Anschluss auf sein Verhalten schließt. Ich hoffe ich konnte hier etwas klarstellen und ich bin mir nicht wirklich sicher ob ihr Bericht nicht eh voller Sarkasmus steckte. Wenn doch: freundliche Grüße – Fabian Kallmeyer

 

Irgendwie ein trauriges Resumee,dass die berühmte Dolly Parton, wenn sie neben Mr. Reeves steht, nur weil sie eine Generation älter ist als er nicht mehr erkannt wird, vielmehr zum „weiblichen Fan“ runtergeschubst ist – Karla Schneider

 

Wie kann es sein, dass Peter Dausend, der in Amerika gelebt und studiert hat, nicht erkennt, dass der „weibliche Fan“ an Keanu Reeves Seite Dolly Parton ist, die so großartige Songs wie „I will always love you“ (später gecovert von Whitney Houston) geschrieben hat. Fragt sich, wer hier eigentlich der Fan ist… – Ein/e Leser/in

 

Der komplette Artikel ist ein Zeugnis der Heuchelei und des Opportunismus der CDU-Chefin. Sie versteht einfach nicht, dass sich unser Wirtschaftsmodell des immer-mehr-wachsen-müssen nicht nachhaltig und umweltfreundlich gestalten lässt. Schon gar nicht, wenn sie/wir nicht auf unseren „Wohlstand“ verzichten wollen. Es traut sich anscheinend kein Politiker, auszusprechen, was wirklich nötig wäre: nicht mehr Wachstum, nicht mehr Wohlstand, sondern eine gerechtere Verteilung, etwas mehr Bescheidenheit und Vernunft von uns allen. Wir brauchen nicht jedes Jahr ein neues Handy, wir müssen nicht jeden Monat shoppen gehen und auch nicht jeden Tag Fleisch essen. AKK will diesen Lebensstil erhalten, dafür die Produkte langlebiger und die Produktionsweise ökologischer. Das ist naiv und wird nicht funktionieren. – Alice Scherer

 

Eine schöne Zustandsbeschreibung, die allerdings aus allen politischen Richtungen so verfasst sein könnte – verbunden mit den Forderungen „wir brauchen, wir müssen…..!“ Danke Greta Kramp Karrenbauer. Schade, ein Satz in diesem Aufsatz irritiert mich: „Wir (gemeint ist die CDU) haben über viele Jahrzehnte und mit erfolgreichen Umweltministern die Umwelt- und Klimapolitik unseres Landes geprägt und vorangebracht.“ Setzen 6. – Hans Rahn

 

Herrn Dausend ist in seinem Artikel über Keanu Reeves ein Fehler unterlaufen, bei dem vermeintlichen Fan auf dem Foto handelt es sich um keine geringere als Dolly Parton. – Cirsten Mirhadi


 

Leserbriefe zu „Fritzlar“ von Maria Christoph

Es ist ja ganz nett, was und wie s Se über Fritzlar geschrieben haben. FALSCH: es ist absoluter Unsinn, dass Sie dem Leser weiß machen wollen: „Der Fluss mündet in den Edersee bei Kassel…“ RICHTIG: Die Eder kommt aus dem Edersee und mündet bei Edermünde – südlich von Kassel – in die Fulda. FAZIT: ehe man geographische Behauptungen aufstellt, sollte man sich als Autorin an Hand von Karten kundig machen. – Dr. P. Mühlner

 

Die Eder mündet natürlich in den Ederseee, sondern kurz vor Kassel in die Fulda. – Dr. Maria Lang

 

Der Fluss Eder mündet südlich von Kassel in die Fulda. Den Edersee, ihren größten Stausee, hat sie dort bereits weit hinter sich gelassen: der liegt zwischen Frankenberg und Fritzlar. – Beate Sames

 

Eigentlich freue ich mich auf den Tag an dem die Artikel dieser Rubrik in einem Buch erscheinen. Hoffentlich muss ich dann darin aber nicht solche Sätze lesen: „Der Fluss mündet in den Edersee bei Kassel, …“. Alle anderen Angaben in Ihrem Artikel werde ich hoffentlich einmal vor Ort überprüfen können. – Fritz Eysel

 

Anbei erlaube ich mir, Sie darauf hinzuweisen, dass die Eder nicht bei Kassel in den Edersee mündet, sondern im Raum Kassel/Cuxhagen in die Fulda fließt. Der Edersee befindet sich ca. 20 km westlich von Fritzlar bei Waldeck. – Helmut Stadermaa

 

Fritzlar, da wollten Sie nie hin……Es reicht nicht einen Ortsprospekt zu lesen oder einfach mal durch Fritzlar zu wandern. Um so einen Artikel zu schreiben, sollte man mal auf eine Landkarte schauen oder der Fluss in der Stadt einfach weglassen. Die Eder („Edder“) fließt zwar durch Fritzlar, aber sie kommt vom Edersee und sie fließt bei Edermünde-Grifte in die Fulda und insofern auch nach Kassel. Aber das sind noch 20 km. Die Eder fließt auch durch den Edersee, daher der Name des Sees, aber der ist von Fritzlar auch ca 20 km entfernt und von Kassel ungefähr 80 km, allerdings flussaufwärts. Fritzlar hat also mit dem Edersee genauso wenig zu tun, wie mit Kassel. Es liegt halt ungefähr in der Mitte dazwischen. – Dietrich Horn


 

Leserbriefe zu „Schönes Erschrecken“ von Hanno Rauterberg

Warum ihr Autor Hanno Rauterberg den Beitrag geschrieben hat, ist die Tatsache, daß die Welt, bezugnehmend auf bestimmte Forschungsergebnisse, in wenigen Jahren außer Kontrolle gerät. Nichts wird außer Kontrolle geraten. Das sind meine Forschungsergebnisse, und die sind verbindlicher. Es wird viel gedichtet. Der Regisseur Roland Emmerich hat die Forscher angeregt zu fabulieren. Klimaveränderungen hat es immer gegeben. Die wird es auch noch in tausend Jahren geben ohne das die Welt und der Mensch mit untergegangen ist. Der Spaß an der Inszenierung, wie der Autor schreibt, kennt keine Grenzen. – Gunter Knauer

 

Nach der Lektüre Ihrer Bücher und Ihrer „ZEIT“-Artikel -aktuell „Schönes Erschrecken“ möchte ich mich bei Ihnen für Ihre Arbeit – für mich von unschätzbarem Wert – herzlich bedanken. Als Lehrer für Gestaltung, Kunst und Kunstgeschichte und als Bildarbeiter sind Ihre Publikationen für mich profunde, wichtige und notwendige Inspirationen. Sie sind unerlässliche Quellen solidarischer Einstellungen und Gedanken, wie die essentielle Frage oder das Problem „Kunst was soll das?“ („oder kann das weg“ ?) anzugehen. Als Lehrer am Gymnasium bin ich nach den radikalen Stundenkürzungen bei den musischen Fächern Ende der 90er Jahre in Bayern auf eine Fachoberschule für Gestaltung/Kunst gewechselt. Damals versprach ein positives Stundendeputat gute Arbeitsmöglichkeiten. In den letzten Jahren wird eine zunehmende Gängelung seitens der kultusministeriellen Behörden deutlich. Das dort betonte, mantramäßige Beteuern um die Bedeutung von Kreativität in Kunst und Leben ist weder in den Behörden und in der Gesellschaft in einem tieferen Sinne spürbar verankert, noch hat es akzeptable Spuren hinterlassen. Das Grundlegende an Kunst/Gestaltung wird – fast – nicht mehr gesehen.

Auf der einen Seite finde ich detaillierte und profunde Lernzielbeschreibungen in den Lehrplänen, die in vielen Punkten dem komplexen Phänomen „Kunst“ und künstlerischer Ausdruck Rechnung tragen möchten; auf der anderen Seite jedoch bleibt kaum Zeit, davon auch nur einen Bruchteil sinnvoll umzusetzen, geschweige denn zu vermitteln. Die Diskrepanz zwischen der Außenwirkung der Lehrpläne und die unterrichtliche Realität ist – sorry – brutal. Auf der einen Seite wird scheinbar alles getan, gute Vermittlungsarbeit leisten zu können, auf der anderen Seite ist durch die Stunden-begrenzungen fast alles verhindert. Die Komplexität der Lehrpläne wird im Hinblick auf abprüfbares Wissen auf unzulässige Weise reduziert. Was bleibt: Ein Unterricht im Stil des 19.Jahrhunderts. Die Schüler lernen auswendig, die Lehrer können einfach und zeitsparend korrigieren. Den Schülern lässt sich immer weniger an Wissen und gefühlter Auseinandersetzung mit grundlegenden Gestaltungs & – Kulturtechniken vermitteln. So lassen sich nur in geringem Maße eigenständige Sensoren, und Wahrnehmung künstlerischer „Produkte“, – auch die eigenen – entwickeln. Es findet kaum eine Auseinander-setzung mit Kunst & Gestaltung – egal ob traditionell oder zeitgenössisch – statt. Unter diesen Voraussetzungen ist es schwer vorstellbar, dass sich die junge Generatione für die Kunst an sich interessiert und darüber hinaus Institutionen wie Museen, Theater… nutzt und wertschätzen lernt.

War zu Beginn meiner Laufbahn als Lehrer noch einigermaßen sinnvoll „Entwicklungshilfe“ für „die Kunst“ bei Schülern zu leisten, werden nach der letzten Lehrplanänderung 2018 die Gestaltungsmöglichkeiten für Lehrer – und somit auch die Schüler – stärker eingeschränkt. Die Vorgaben aus dem Ministerium entsprechen noch nicht ganz z.B chinesischen Gestaltungs-prüfungen (siehe DIE ZEIT Nr 45 vom 31.10.18), kommen diesen jedoch immer näher: Nicht der Luxus der Freiheit der Gestaltung, die Intensität persönlicher Auseinandersetzung spielen groß eine Rolle, sondern die weitgehend kognitive, reflexive Arbeit: immer erst denken, dann tun, dann das Gedachte umsetzen. Der Raum, das Unwägbare, das „Gefährliche“, Neues auszuprobieren wird fast zum Verschwinden gebracht.

Den jungen Generationen wird durch diese Art von Pädagogik, diesen Einstellung zur Kunst Wesentliches vorenthalten bzw. gar nicht zum Einsatz gebracht wie eben: „Kunst, was soll das ?“ Keine eigenen Erfahrungen schaffen auch keine eigenen Erkenntnisse. Die aktuelle Situation von „Kunst in der Gesellschaft“ erscheint dann auch in einem weiteren Bereich so bedrückend, dem Bereich aus dem ich mich fast komplett zurückgezogen habe und in dem sich die sog. professionelle Kunst aufhält. In meinem Umfeld sehe ich immer weniger Künstler, die kritisch die eigene bzw. die Position Ihrer bzw. der Kunst, von Kunstmarkt, Kunstbetrieb und Gesellschaft hinterfragen. Kritik und Selbstkritik als Schwäche ! Das ist belastend und lähmend. Kritik innerhalb der Künstlerszene ist – wie Sie ganz richtig schreiben – wenig erwünscht, gilt z.T. als nicht statthaft – und was am schlimmsten ist, Auseinandersetzung über Positionen, Werke, Statements unterbleiben fast völlig ! Alarmierend ist, dass Kunst sich zum Spekulationsobjekt entwickelt. Es wird meist nur noch als ästhetische Spielerei ohne tiefe Bedeutung, als interessante Deko und schnell konsumierbares Enter bzw. Edutainment gesehen, geduldet und akzeptiert.

Dass sich unter diesen Bedingungen vertiefende Erkenntnisse in Gestaltung, sinnlicher Erfahrung und Bewusstsein, neue „Formate“ oder Präsentationen ergeben sollen, bedarf eines Umdenkens. Das „Geheimnis“ der Kunst, ihre Bewusstseins-erweiternde und damit auch „bedrohliche“ Wirkung muss wieder ins Zentrum der Betrachtung rücken. Darauf legen Sie immer wieder den Finger. Sie beschreiben den Teufelskreis zwischen Künstlern, Sammlern, Museen und Kunstmarkt auf das Treffendste. Um nicht in ein geistiges Vakuum, in ein „Sinnen“loses und bewusstloses Nichts zu fallen, sind und bleiben Ihre Arbeiten wichtige Stützen und Impulse. Ich wünsche Ihnen, dass Sie auf Ihrem guten Weg weitergehen, freue mich auf Ihre beeindruckende Energie und ihre vielfältigen, vielschichtigen Anregungen. – andreas riedlberger

 

Die Kunst und ihre Ästhetik zum Zweck der Klimawende zu benutzen, ist ein schöner Gedanke, allein mir fehlt der Glaube. Das das ästhetische Erleben von in Form der Kunst vorgeführter natürlicher und gesellschaftlicher Thematik einen merklichen Eindruck beim Rezipienten hinterlässt, ist ein gewagter Gedanke. Mir ist kein bisher geglückter Versuch dieser Art bekannt. Das Einspannen der Kunst für gesellschaftliche Zwecke, wie in sozialistischen und kommunistischen Systemen, dann aber meist im Nachhinein der gesellschaftlichen Veränderungen, hat einen schlechten Leumund. Wenn überhaupt, könnte man solche Kunst, die gar keine ist, also Kitsch viel besser einsetzen, einfach aus dem Grund, weil Kitsch in einer verkitschten Gesellschaft das adäquate Medium darstellt.

Aber abgesehen davon: was ist gegen eine gewisse Ökodiktatur einzuwenden, die uns letztlich als ultima ratio sowieso nicht erspart bleiben wird ( Abgesehen davon, was unter Öko-Diktatur verstanden wird!). – Dr. Hans Joachim Mayer

 

Der Umweltwahn der jungen Menschen endet spätestens dann, wenn die Neunmalklugen mit guten Beispiel vorangehen und ihre Handys entsorgen. Was da eingespart werden kann, dagegen ist der Diesel ein“Fliegenschiss“. – Gunter Knauer

 

Ihren Artikel zum Thema Klimawende habe ich mit Freude und Interesse gelesen. Sie sind der erste Autor im Feuilleton, der auf den Punkt bringt, was ich seit über zehn Jahren in meinen Kunstprojekten reklamiere: Die Klimawende braucht die Kunst. Ich habe in meinen Bildern und Aktionen im öffentlichen Raum wie dem WORLD CLIMATE REFUGEE CAMP aus Miniaturflüchtlingszelten mit dem Slogan ONLY ART WILL STOP CLIMATE CHANGE eine Reaktion der Kunst provoziert, vielleicht zu früh für die Meisten der etablierten Kunstszene. Insofern hoffe ich, dass Ihr Artikel möglichst viele Menschen erreicht und sie zum Handeln bewegt.

Die Frage ist ja, was macht die Kunst, um die Menschen zu erreichen. In der Bildsprache liegt eine Chance, Dinge zu vermitteln, ohne in die wissenschaftlichen Erklärungsebenen gehen zu müssen, die nicht jeder Person zugänglich sind. Die wissenschaftliche Erkenntnis außerhalb unserer Sinne benötigt die Vorstellung einer bildlichen Idee, ohne dass man die Details verstehen muss. Und nur die Kunst ist neutral, auf Augenhöhe, nicht wie Kommunikationsagenturen und Werber oder politische Propaganda, welche die Botschaften ihrer Auftraggeber übermitteln wollen. Gemeinsam mit meinem künstlerischen Weggefährten Andreas Pohlmann arbeite ich im übrigen an einem Projekt, das über die letzten 30 Jahre zeigt, wie viele Aktionen wir genau zu diesem Thema realisiert haben. Bei Interesse können wir Ihnen hierzu gerne mehr Input liefern. – Hermann Josef Hack


 

Leserbriefe zu „Ruhe vor dem Sonnensturm“ von Stefan Schmitt

Ich hätte mir gewünscht, daß Samuel, Heinrich Schwabe als Entdecker der 11- jährigen Sonnenfleckenperiode (1843) Erwähnung gefunden hätte. An der Stelle der Entdeckung Dessau, Johannisstr.18 (Schwabehaus ) erinnert eine Tafel an ihn und seine wissenschaftlichen Erkenntnisse. – Jochem Steinbiß

 

Schade: Auch DIE ZEIT verfällt dem Story- und Sensations-Journalismus, gar nur der Wichtigtuerei von Fachleuten – hier von Astronomen – geschuldet? Die Sonnenzyklen von 11,07 Jahren mit der „ins Herz der Sonne weisenden“ Linien-Ausrichtung der drei Planeten Jupiter, Erde und Venus zu korrelieren, mag interessant sein, hält aber selbst einer Amateur-Nachprüfung mit einem gängigen Astro-Programm (z.B. GUIDE 9.1) nicht stand. Eine solche Linien-Ausrichtung findet eben NICHT alle 11,07 Jahre statt, vielmehr ist dieser Ansatz definitiv Unsinn! Und so ist es umso irritierender, wenn einerseits die Zyklen exakt mit 11,07 Jahren angegeben werden – also auf einen knappen Monat genau! – , der nächste Gipfel dann aber „irgendwann zwischen 2023 und 2026 erreicht wird“. Irgendwann! Innerhalb von DREI Jahren! Nun: Sollte tatsächlich ein Zusammenhang mit Jupiter-Erde-Venus gegeben sein, können wir hier schon Entwarnung geben, denn im besagten Zeitraum 2023 bis 2026 findet keine „gefährliche Linie“ der drei genannten Planeten statt. Tatsächlich kommen sich die drei Planeten aus Sicht der Sonne nach Anfang April 2017 im Sternbild Jungfrau erst wieder Anfang Oktober 2034 etwas näher – dann aber keineswegs auf einer „ins Herz der Sonne weisenden Linie“, da nehmen die Planeten Erde und Venus mit einem Abstand von rund 10 Grad im Sternbild Fische den Jupiter lediglich in ihre Mitte. Aber vielleicht funktioniert es ja anstatt mit dem Jupiter auch mit dem Riesen Saturn, das wäre dann so im August 2023 sowie Oktober 2026 der Fall. Toll würde es dann im August 2258 werden, dann ziehen nämlich alle vier – aus Sicht der Sonne vereint im Sternbild Steinbock – gemeinsam in eine Richtung an ihr: Saturn, Jupiter, Erde und Venus! – Alles Weitere überlassen wir den Astronomen. – Paul-J. Hahn

 

Sie sind Stellvertretender Chefredakteur im Bereich Wissen. Deswegen wundert mich Ihr Artikel „Ruhe vor dem Sonnensturm“ besonders, vor allem, da er eklatante Fehler enthält:
Dass ein Sonnenfleckenzyklus etwa 22 Jahre umfasst (nach jeweils elf Jahren tauscht sich die Polarität des Magnetfeldes um), könnte man schon wissen; zugegeben, die Sonnenfleckenzahl ist unabhängig von der jeweiligen Polarität und folgt damit näherungsweise einem elfjährigen Rhythmus. Dass das Magnetfeld der Sonne (sic!) die Erde vor „gefährlicher kosmischer Strahlung“ abschirmt, ist eine völlig neue Erkenntnis. Wo finde ich die? Gemeinhin wird angenommen (und ist verifiziert), dass dieser „Schutz“ durch das Erdmagnetfeld erfolgt. Und ganz ehrlich, geladene Teilchen in der kosmischen Strahlung lassen sich nicht einmal durch das Erdmagnetfeld beeindrucken, geschweige denn durch das in Erdentfernung von der Sonne ziemlich schwache Magnetfeld der Sonne (das bestenfalls zu einem kleinen Teil durch den Sonnenwind mitgeführt wird). Die kosmische Teilchen-Strahlung auf der Erde ist übrigens isotrop. Mit anderen Worten, hier werden Sonnenwind und kosmische Teilchen-Strahlung durcheinander geworfen

Sie wissen sicher auch, dass Koronareruptionen sich maximal einen halben Sonnenradius von der Photosphäre der Sonne erheben, also vielleicht 500.000 km. Das ist offensichtlich klein gegenüber der Entfernung Sonne – Erde (150.000.000 km). Richtig ist, dass eine starke koronale Aktivität den Sonnenwind, also den Strom geladener Teilchen aus der hohen Atmosphäre der Sonne, deutlich verstärkt. (Dieser Sonnenwind wird übrigens durch das Erdmagnetfeld abgelenkt, und die Teilchen treten dann bevorzugt in der Nähe der magnetischen Pole in die hohe Erdatmosphäre ein.) Richtig falsch wird es dann bei Ihrer 11,07-Jahr-Periodizität, und hier hätte einfaches Nachrechnen genügt:
In diesem Zeitraum macht die Venus tatsächlich genau 18 Umläufe um die Sonne. Sie steht also, wenn man ein raumfestes Koordinatensystem verwendet, wieder an der gleichen Stelle ihrer Bahn.
Die Erde hat in dieser Zeit naheliegenderweise 11,07 Umläufe gemacht. Sie ist der Venus also etwa um 25 Grad auf ihrer Bahn voraus.
Der Jupiter hat noch nicht einmal einen Umlauf hinter sich gebracht, er ist noch rund 25 Grad zurück. Also ist die behauptete wiederholte Dreier-Konjunktion Unsinn. (Ganz abgesehen davon gibt es im inneren Planetensystem keine Resonanzen mit dem Jupiter.)

Ich finde, dass hier die journalistische Sorgfalt fehlt. Machen Sie bei solchen Artikeln eine Recherche? Vielleicht sollten Sie sich auch einmal schlau machen, warum es auf der Erde zwei Flutberge gibt. Ihr Text mit der „Masse des Mondes“ würde so nur einen ergeben. Schließlich: Wenn man die Kraftwirkung des Jupiter auf die Sonne zu 1 setzt, dann ist die Kraftwirkung der Erde auf die Sonne 0,085 und die der Venus 0,133. (Für den Saturn ergibt sich 0,089.) Also wird die ständige Kraftwirkung des Jupiter auf die Sonne bei einer Konjunktion aller drei Planeten um etwa 30% verstärkt. Ob dies relevant ist, sei dahingestellt.
Davon ist zu trennen, dass sich der Schwerpunkt des Sonnensystems tatsächlich außerhalb der Sonne befinden kann, wenn sich Jupiter und Saturn in Konjunktion mit der Sonne befinden. Und wenn wir schon dabei sind: „riesig“, „gewaltig“, „mächtig“, „gefährlich“ sind für mich keine Prädikate, die in einen Artikel auf einer Wissens-Seite gehören. – klaus henning

 

Danke für die tolle Arbeit, die Ihr jahrein jahraus leistet. Das folgende soll keine Leserbrief sein, sondern nur eine Anmerkung: In der aktuellen Ausgabe Nr. 26 auf Seite 31 links unten (WISSEN, Ruhe vor dem Sonnensturm) wird die Bahn des Merkur zwischen Venus und Erde dargestellt. Die Bahn des Merkur verläuft aber zwischen Sonne und Venus. Mir ist nicht bekannt, dass die beiden Planeten in jüngster Zeit ihren Platz getauscht haben sollen ;-)))) – Helmut Schuhmann

 

Seite 31, 1. Spalte, 3. Absatz: Ist es nicht vielmehr so, daß wir vor den Pratikelströmen a.d. Sonne (Polarlichter) und der kosmischen Strahlung vom Magnetfeld der Erde geschützt werden und nicht von dem der Sonne, die dafür viel zu weit weg ist. Das Magnetfeld der Erde schirmt uns zum Glück, wenn auch nicht ganz, vom Sonnenwind u.d. kosmischen Strahlung ab. – Werner Bisle


 

Leserbriefe zu „Russland im Visier“ von Klaus von Dohnanyi

Vielen Dank für die Veröffentlichung dieser informierten, vom üblichen geschichtsvergessenen Main-Stream-Geräusch abweichenden Stimme. “Was verteidigen also die USA in Europa …?” Klar, ihren geopolitischen Brückenkopf als Voraussetzung für Ihre Hegemonialstellung. Aber warum ist das eine Voraussetzung? Weil ein eventuelles Zusammengehen der europäischen quantitativen und qualitativen Industrie-Kapazität mit der russischen Bodenschatz- und Militärmacht nach dem Zerfall der Sowjetunion zum größten Albtraum der USA wurde. Wenn offensichtlich aber die USA die europäischen Interessen einer Entspannung mit Russland nicht vertreten wollen, dann – meint der Autor – müssten wir Europäer das “mutig und risikobereit”, zuvörderst wohl Frankreich und Deutschland, selbst übernehmen. Das sehen natürlich auch die USA, weshalb McMasters im Mai 2018 allen kund tat “ Wer aber entscheidet, unsere Interessen herauszufordern, der wird auf unsere entschiedenen Entschlossenheit stoßen.” Also wird es wohl nichts werden mit “mutig und risikobereit”. Bezüglich europäischer Verteidigung hat der Autor wohl recht, weil jede Gemeinschaft eine Verteidigung braucht, vielleicht nicht so sehr gegen Russland, mit dem man ja gegebenenfalls zusammenarbeiten will, sondern ganz generell. – Dr. Hergen Heinemann

 

Mit diesem Artikel haben Sie mir den Glauben an eine `gerechte Beurteilung´ Putins russischer Politik zum Thema “Nato-Osterweiterung” (Ukraine- und Krim-Konflikt) wiedergegeben. Neben Teltschik´s Buch dokumentieren aber “Die Eroberung Europas durch die USA” von Wolfgang Bittner (Westend), wie die USA (mit Geld und Personal) die “Krise zur Ukraine auf dem Maidan” initiiert und betrieben haben, und vor allem auch “Eiszeit” von Gabriele Krone-Schmalz (C.H.Beck), ´wie Russland dämonisiert´ wurde/wird und die letztlich zu Putin´s Reaktionen führten, wie abrundend dazu Hubert Seipel mit “Putin” (Hoffman und Campe) darlegt. Ich bedauere hingegen,
1. dass Sie sich ausschließlich auf “Aktuelle Bücher über den `diplomatischen Verlauf´ der Nato- Osterweiterung” beziehen und nicht auch auf “faktische, politische” Hintergründe und
2. Sie lediglich `rezitieren´, statt eine Meinung/Beurteilung zu artikulieren.
 Aber so was gehört wohl nicht ins `Feuilleton´. Jedenfalls herzlichen Dank für diesen `seriösen` Artikel, wie man es von Herrn Dohnanyi kennt. – Nikolaus Krost

 

Bildunterschrift S.40 : Der Kreml November 2018
Zu sehen sind v.l.n.r.
1) Der Wohnturm des Hauptgebäudes der Lomonossow Universität.
2) Das Völkerkundemuseum am Roten Platz (Bolshoye Ploschid)
3) Die Basiliuskathedrale
4) Das Leninmausoleum
5) Ein Eckturm der Umfassungsmauer des Kreml.
Nun- die Bildbetitelung liegt m.E. nun doch massiv daneben und bedarf wenig an eingehenderer Erläuterung. Aber derart ist unser Gesamtbild der Russischen Föderation, mediengeprägt natürlich, von der Realität sehr weit entfernt und nur ansatzweise korrekt. Herzliche Grüsse an ihre Russlandverdreherin Frau Alice Bota 😉. Es wäre wünschenswert, Die Zeit höbe sich doch etwas aus dem Gewohnheitssumpf der gängigen Printmedien ab. Ich persönlich schätze ‚Die Zeit‘ ungemein, und würde mich freuen, sie bliebe auch weiterhin das Leuchtfeuer im deutschbasierten Medienbetrieb. – Berthold Merkt

 

Klaus von Dohnanyi ist dafür zu danken, dass er in Erinnerung ruft, wie wenig Rücksicht der Westen in den 1990er und frühen 2000-er Jahren auf russische Bedrohungsängste und imperiale Ansprüche genommen hat. Er legt besonderen Nachdruck auf die mündliche Vereinbarung des Verzichts auf eine Osterweiterung der NATO, die der damalige US-Außenminister Baker im Februar 1990 mit Gorbatschow traf. Dohnanyi und die von ihm zitierten Buchautoren Burns, Sarotte, Talbot und Teltschik denken und argumentieren allerdings ausschließlich in den Kategorien der Großmächte Europa, USA und Russland. Burns und mit ihm Dohnanyi betonen zu Recht, dass internationale Politik von Interessen getrieben ist. Dass kleinere Länder wie einige ehemalige Sowjetrepubliken eigene Interessen haben, auf die der Westen Rücksicht nehmen könnte oder sollte, wird außer Acht gelassen. Was wiegt schwerer, frage ich mich, das mündliche Versprechen, das man Gorbatschow gab, dem Staatsoberhaupt der Sowjetunion, die zwei Jahre später nicht mehr bestand und der nicht nur Russland, sondern auch 14 andere Republiken angehörten, oder die Interessen der ehemaligen Sowjetrepubliken Estland, Lettland, Litauen, Ukraine und Georgien, die sich von Russland bedroht fühlten und sich der EU und der NATO anschließen wollten? – Prof. Andreas Kappeler

 

Dank an Klaus von Dohnanyi für seine Analyse der „Westen-Russland-Beziehungen“ und seine Besprechung der Bücher von Horst Teltschik und William Burns. Nach der Implosion der Sowjetunion 1990 und den folgenden Jahren der innenpolitischen und wirtschaftlichen Wirren in Russland wurde die große Möglichkeit eines auf guter Nachbarschaft basierenden Neustarts der Beziehungen nicht genutzt. Statt dessen sah man, vor allem in den USA, Russland als „Loser“ des Kalten Krieges und behandelte es auch so. Zumindest von den Europäern als direkte Nachbarn hätte man da mehr erwarten dürfen. Ein wenig mehr Fingerspitzengefühl und Hineinversetzen in russische Denkweisen und Empfindlichkeiten wären sehr hilfreich gewesen. Aus vielen Gesprächen mit Russen weiß ich, dass die seinerzeit großen Hoffnungen auf gedeihliche Zusammenarbeit und gute Nachbarschaft nicht erfüllt wurden und mittlerweile Enttäuschung, Gleichgültigkeit und sogar Verachtung an ihre Stelle getreten sind. Schade! Die Situation in der Ostukraine und auf der Krim hätte bei mehr Verständnis für russische Sicherheitsinteressen so auch nie entstehen müssen! Hätte Putin 2014 die mehrheitlich von Russen bewohnte Krim nach dem „Referendum“ nicht annektiert, völkerrechtlich sicher zweifelhaft, wäre Sewastopol am Ende ein Nato-Stützpunkt in der Ukraine: Putin wäre heute wohl nicht mehr an der Macht. Die Alternative möchte ich mir allerdings nicht vorstellen! Die Forderung Teltschiks und Burns´ nach einer diplomatischen Offensive gegenüber Russland, angeführt von Frankreich und Deutschland, ist vorbehaltlos zu unterstützen. Die Meinung der USA, die immer schon nur eigene Interessen hatten, sollte uns daran nicht hindern. – Jürgen Mems


 

Leserbriefe zu „Niemand will“ von Peter Dausend und Robert Pausch

Ich würde auch nicht wollen. Bei der Politik ist es kein Wunder, wenn Personalprobleme zur Tagesordnung gehören. Die Grünen halten sich aus allem raus. Das hat ihr den Höhenflug verschafft. Die jungen Menschen haben der Partei immens geholfen. Die eigentlich noch nicht in der Lage sind das Große Ganze in der Politik zu sehen. Die Bundeskanzlerin findet das alles gut. Von dieser Frau sollte man nicht allzu viel erwarten können. Wer nicht bis zu Ende denken kann, welche Konsequenzen das für die Gesellschaft haben könnte wenn wir dazu gezwungen werden Millionen von arabischen und afrikanischen Islamisten unkontrolliert ins Land zu lassen, kann nicht erwarten ihr das Vertrauen zu schenken. Das wäre zu viel des Guten. – Gunter Knauer

 

Danke für den interessanten Bericht. Müssen sich nicht zusätzlich die Parteien reformieren, so dass Quereinsteiger bessere Chancen haben, mehr Fähigkeiten statt Proporz bzw Partei-Karriere (Plakatekleben, Bezirksausschuss-Kleinkram,…) entscheidet? So könnten Politiker auch in die Wirtschaft (zurück) welchsen, nicht nur auf Lobbyisten-Positionen. Müssen wir nicht eine schärfere Trennung zwischen Exekutive und Legislative haben? Werden politische Ämter adäquat bezahlt? Im Kampf um die besten Köpfe steht man im Wettbewerb zu viel höher dotierten Jobs in der Wirtschaft ohne den von Ihnen beschriebenen Ärger. – C.Voss

 

Nahles hat (endlich) wahrgenommen, dass man als Chef „blank da steht“ – aber das gilt nicht nur für die Politik, sondern für jeden Grossverdiener mit 20.000€ im Monat! Entscheidend ist aber erst, wenn das zum Vorschein gekommene „Blanke“ nicht überzeugt – und das liegt wahrlich nicht an den Medien, sondern nur am dann offenbarten Inhalt. In D -auch in der SPD- erwarten halt viele Wähler mehr als nur Gossensprache! – Franz Berger

 

Keiner will so richtig am „SPD-Glücksrad“ drehen, obwohl doch der schönste Posten in der Partei kräftig winken soll! Der erste Preis wäre der „SPD-Chefsessel mit Schleudersitz“; verdammt eine „Luftnummer“ gedreht! Der zweite Preis wäre der „SPD-Tandem-Chefsessel mit Tandem-Schleudersitzen“; verdammt zwei „Luftnummern“ gedreht! Der dritte Preis wäre ein Tag auf der „harten“ Oppositionsbank mit Verlängerungsoption, ganz ohne Schleudersitz; Glück gehabt, den Preis hab ich gedreht, den Preis, den nehm ich sofort! – Klaus P. Jaworek


 

Leserbriefe zu „Liebesbeweise“ von Evelyn Finger

Vertrauen kann viele Wurzeln haben. Die schönste und wunderbarste, weil nicht hinterfragende, ist die Liebe: „Es ist wie es ist, sagt die Liebe“ (Erich Fried). Vertrauen zu anderen wächst auch aus Selbstvertrauen; Reue über eigenes Versagen und der Vorsatz, es wieder gut oder besser zu machen, lassen auch die Hoffnung auf ein entsprechendes Verhalten anderer zu. Mit Religion hat das nichts zu tun. Das verspielte Vertrauen in die Institutionen kann wohl nur über das Vertrauen in die Integrität einzelner ihrer Repräsentanten, also auf der menschlichen Ebene, wieder gewonnen werden. – Ludwig Engstler-Barocco

 

Was für ein Vertrauen in die Naivität der Bürger und sich dieses Kirchentagsspektakel von der hochverschuldeten Stadt Dortmund und der Allgemeinheit finanzieren zu lassen! Was für ein Vertrauen in die Toleranz der 37 Prozent der Deutschen, die keiner Kirche angehören und trotzdem zur Kasse gebeten werden! Was für ein Vertauen in die Zurückhaltung der Missbrauchsopfer, denen diese 8,6 Millionen Euro als Entschädigung für ihr oftmals zerstörtes Leben sicher eher zustehen würden, als einer Organisation, die die Täter gedeckt hat! – Margot Neuser

 

Ihr Artikel zum Thema Vertrauen aus Anlass des Deutschen evangelischen Kirchentags hat mich sehr bewegt, da ich auch eine Person mit wackeligem Vertrauen bin. Ich danke Ihnen sehr für diesen differenzierten und kenntnisreichen Text und für Ihre wunderbare Arbeit in der ZEIT-Redaktion! Ihre Beiträge sind eine Bereicherung für das Blatt; lange hatte mir jemand gefehlt, der so kompetent und angemessen solche Themen des Glaubens aufgreift. Aus meiner Sicht gehören sie zum menschlichen Leben und zu unserer Gesellschaft elementar dazu und damit auch in die ZEIT. – Alexa Länge

 

Heute will ich hnen endlich einmal ein Kompliment machen über das ganze Ressort, Ihren Fleiß, mit dem Sie jede Woche einen Aspekt des Themas tiefgründig und offen behandeln. Besondern Dank für den Artikel über das Kirchentagsthema. Er ergibt eine sehr gute Sonntagspredigt. Das ist wirklich die gute Nachricht, das Evangelium: Hab keine Angst, vertraue auf den liebenden Gott. Die Theologen haben es nur so furchtbar kompliziert verpackt. Luther hat es auch kapiert: pecca fortiter. Eine gute Erläuterung findet sich auch in dem Artikel: Hurra… mit der VR-Brille. In dem Moment, wo er sich aufgibt und fallen lässt, verschwindet die Angst und Handeln wird möglich. – Martin Müller


 

Leserbriefe zu „Die andere Hälfte der Welt“ von Erich Follath

Sie schreiben in Ihrem Artikel über den Iran, dass die Bahai-Religionsgemeinschaft eine „Abspaltung des Islams“ ist. Das ist so nicht zutreffend: So wie das Christentum keine Abspaltung vom Judentum, sondern eine eigenständige monotheistische Weltreligion ist, so ist auch der Bahai-Glaube nicht lediglich eine Abspaltung vom Islam sondern eine eigenständige Weltreligion. Die Bahai glauben an die fortschreitende Gottesoffenbarung, nämlich dass alle monotheistischen Religionen den einen und einzigen Gott anbeten; die ethischen und sozialen Unterschiede erklären sich aus dem Zeitkontext, in dem sie erschienen. In einem Bahai-Zitat heißt es: „So wie der Mensch eines Gewandes bedarf um sich zu kleiden, so muß die Menschheit gekleidet werden. Ihr Prachtgewand ist der Gottesglaube. Wann immer dieses Gewand seinen Zweck erfüllt hat wird der Allmächtige es gewiss erneuern. Denn jedes Zeitalter erfordert ein neues Maß an Gottes Licht, jede göttliche Offenbarung wurde so herabgesandt, wie es den Verhältnissen des Zeitalters entspricht, in dem sie erscheint.“ Baha’u’llah
Näheres unter www.bahai.de oder www.bahai.org – Marion Claus

 

Immer mehr und gerade wider in Ihrem Artikel “Die andere Hälfte der Welt” benutzen Sie statt des Begriffs “Ankommen” oder “Vereinbarung” den Begriff “deal”. Dieser Begriff ist von Donald Trump in die Politik eingeführt worden und steht wohl eher für ein unter Druck und Lügen entstandenes Abkommen, welches nach Lust und Laune gekündigt und widerrufen werden kann. Ich habe nichts gegen sinnvolle Amerikanismen, aber indem Sie die Sprache eines unseriösen Politikers übernehmen, demonstrieren Sie viel Zustimmung und Unterstützung für eine solche Person. Ist das in Ihrem Sinn? Gerne möchte ich Sie bitten, Ihre Sprache nicht auch verrohen zu lassen, weil unmoralischer Schreihals gerade seine Macht demonstriert.
P.S. Ich würde sehr mich freuen, Ihre Zeitung zukünftig nicht mehr in Plastik verpackt zu erhalten. – Gabriele Kammradt

 

Donald Trump und Hassan Rohani haben „ihre Sache voll im Griff“; Kriegsangst haben anscheinend nur die „Anderen“. Trump und Rohani sehen sich selbst zu gerne, als die großen „Peacemaker“ in der Nahost-Region! – Klaus P. Jaworek

 

 

Leserbriefe zu „Geschickte Schattenkrieger“ von Jörg Lau

Auch wenn man dem Iran alle Untaten zutraut – solange man nicht weiß, wer hinter den Angriffen auf die Öltanker im Golf von Oman steckt (die USA haben die Welt schon einmal schamlos belogen, als es um die Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins ging), so kann es hilfreich sein, zu fragen, wem diese Anschläge nützen. Dem Iran sicherlich nicht, denn die Mullahs wissen ganz genau, dass sie den USA militärisch unterlegen sind. Aber vielleicht Saudi Arabien oder Herrn Netanjahu, der liebend gerne gegen den Iran militärisch vorgehen würde? Vielleicht zeigen diese Attacken ja auch nur, dass Teheran die Kontrolle über die Revolutionsgarde verloren hat und die Herren tun, was sie wollen. – Werner Fischbach


 

Leserbriefe zu „Eine AfD des Bauens“ von Adam Soboczynski

Das vom Architekten initiierte Pound-Zitat auf dem Walter-Benjamin-Platz finde ich höchst unglücklich – wie interpretierende Titel von Kunstwerken; jeder, der sich in diesem öffentlichen Raum oder in einem der angrenzenden Häuser aufhält, wird sein eigenes Urteil abgeben, und das kann und wird Individuell ganz unterschiedlich ausfallen. Dem wunderbaren Walter Benjamin wünschte ich einen Platz, wie er ihm selbst – in Paris – so ganz anders vorgeschwebt haben mag: „Diese Plätze sind glückliche Zufälle, […] nicht von langer Hand geplant“, sondern „architektonischen Improvisationen“ ähnelnd, „Häusermengen, wo sich niedrige Bauten etwas regellos durcheinander tummeln. Auf diesen Plätzen haben die Bäume das Wort; […] Diese versteckten winzigen Plätze sind die kommenden Gärten der Hesperiden.“ – Ludwig Engstler-Barocco

 

Der Artikel „widerlegt“ den Arch + Artikel lediglich mit Referenz auf den Schriftsteller Grünbein und des Frau. Das ist herzlich mager. Architektur gehört zu der kulturellen Ausdrucksform unserer Gesellschaft. Die rechte Kultur hat darin eine lange Tradition, die mit dem Mord am Politiker Lübke leider wieder aktuell ist. Antisemitismus ist keine Kleinigkeit und autoritäre Architektur ist es auch nicht – auch wenn Familie Grünbein nebenan wohnt. Das antisemitische in Stein gemeisselte Zitat war mir nicht bewusst, obwohl ich die Architektur des Platzes immer befremdlich fand. Sie wurde gegen den Willen der Anwohner vom damaligen Bausenator Nagel durchgedrückt. Nazi Architektur gibt es sicher nicht, sehr wohl aber eine autoritäre Architektursprache, die auf Unterdrückung aus ist. Das wahrzunehmen ist sinnvoll und die Zusammenhänge mit einer Mussolini-Architektur sind sichtbar. Das eine solche Architektur Schule gemacht hat (siehe auch die Kolonaden des Möckernkiezes in der Yorkstraße) ist nicht schön. – W.Linsenhoff

 

Der Block zwischen Mommsenstraße – Kürfürstendamm – Leipnizstraße und Wielandstraße war städtebaulich ehemals als geschlossener Block geplant. Schon vor dem Mauerfall gab es einen offenen städtebaulichen Wettbewerb, bei dem Hans Kollhof in seinem Beitrag eine öffentlichen Raum zwischen Leipnizstrasse und Wielandstraße vorschlug. Diesem Gedanken eine öffentlichen Raum für die Bürger zu schaffen ist er bei der Umsetzung des Projektes auch nach der Wende treu geblieben. Was kann Architektur mehr für eine offene Gesellschaft leisten ? – Dieter Mertens


 

Leserbriefe zu „Ein Quantum Sympathie“ von Josef Joffe

Wenn ich Existenz, bisherige Arbeit und sogar die prospektive Zukunft des Jüdischen Museums – von seinen Leitern bis zu seinen Mitarbeitern – mit einem Quäntchen Sympathie für die vielen „Judentümer“ in Berlin, in Deutschland und auf der ganzen Welt betrachte, komme ich zu einem deutlich positiveren Urteil als Ihr „Zeitgeist“-Artikel. „Das Judentum“ braucht im JMB nicht „ins Zentrum“ gerückt zu werden, dort befindet es sich seit je. Vielleicht vermögen die Bemerkungen von Shaul Magid in der Zeitschrift TIKKUN über die Bedeutung des Rücktritts von Peter Schäfer Ihr „Zeitgeist“-Bild zu korrigieren, vgl den angehängten link: https://www.tikkun.org/why-peter-schafers-resignation-as-director-of-the-jewish-museum-in-berlin-mattersJohannes Wachten

 

Erschreckend, wie hier mit 2 Buchtiteln argumentiert wird, um den Judaisten Peter Schäfer zu verdächtigen, ihm fehle die rechte „Sympathie“ für seinen Forschungsbereich. Natürlich ist „Die Geburt des Judentums aus dem Geist des Christentums“ eine bewusste Zuspitzung, wie der Autor gleich im Vorwort darstellt: Im Bezug auf das rabbinische (!) Judentum „können wir es wagen, nicht nur von der ‚Geburt des Christentums aus dem Geist des Judentums‘ (so der ursprüngliche Titel der Vorlesungsreihe) zu sprechen, sondern umgekehrt auch von der ‚Geburt des Judentums aus dem Geist des Christentums‘.“ Wie kann man nur auf den Gedanken kommen, hier gehe es um eine wertende Aussage zur Rang- oder gar Zeitfolge der Geschwisterreligionen im Sinne von „Erstgeburtsrecht“? Dass der Wissenschaftler Schäfer in seinen umfassenden und differenzierten Studien zu Wechselbeziehungen zwischen den ‚ungleichen Geschwistern‘ (Wolffsohn) auch „Jüdische Polemik gegen Jesus und das Christentum“ in den Blick nimmt, hat nichts mit irgendwelchen Schuldzuweisungen zu tun, deren Unsinnigkeit der Verfasser wiederholt betont hat. Hier „schreibt der Professor“ eben nicht „Geschichte um“, sondern bricht eine allzu einseitige Betrachtungsweise auf. Und das in der Tat „auf höchstem wissenschaftlichem Niveau“, wofür ihm mit internationaler Anerkennung gedankt wird. – Gerd Kuhlmann

 

Bitte fordern Sie mehr Platz für den „Zeitgeist“. Ihre Kolumne ist nämlich so pointiert und kurz formuliert, dass es schwer fällt, sie zu verstehen. Der Satz „Das Jüdische an diesem Museum war nie besonders ausgeprägt“ ist vollkommen überspitzt und falsch. Selbstverständlich kann man sich fragen, was das Jüdische eines Museums überhaupt ausmachen soll. (Dann wäre das Museum aber einfach falsch benannt.) Allerdings stellt das Jüdische Museum Berlin in seinen Dauerausstellungen den Holocaust und insbesondere das jüdische Leben in Deutschland so umfassend dar, dass sicher 90% aller Deutschen hier lernen könnten. In diesem Sinne ist dieses Museum jedenfalls so jüdisch wie Ihre Formulierung falsch ist. – Jörn Bullwinkel


 

Leserbriefe zu „Schee!“ von Björn Stephan

Ihre Begeisterung über die wahrhaftig wunderbare Einrichtung Biergarten in Ehren, aber das bedeutet noch nicht, daß automatisch München auch die tollste Großstadt (Groß?!) sein soll. Da stelle ich arg in Zweifel, zumal das „Stadt sein“ in München nur in den weniger vorzeigbaren, „normalen“ und unberühmten Vierteln erlebbar ist. Und daß der/die Münchner/in lockerer und freundlicher sein soll, ist m.E. arg weit hergeholt. Nicht meine Erfahrungen, im Gegenteil. Ich finde Ihre Herkunftsstadt beispielsweise wesentlich sympathischer, und die weiters genannten Städte HH und „dickes B“ sind m.E. die einzig echten Städte, per Definition. Nur mal so mein Eindruck. – Brigitte Meyer

 

Wir mussten wirklich auflachen beim Lesen des Artikels, weil wir München so komplett anders erleben als Sie es beschreiben. Mein Mann ist gebürtiger Münchner, ich lebe seit 1997 hier mit mehrjährigen Unterbrechungen – 4 Jahre Landshut, 3 Jahre Südengland, seit 2017 wieder in München. Die Münchner sind nicht so wütend wie die Berliner, aber nach unserem Empfinden extrem unfreundlich und unentspannt. Trotz der fantastischen Biergärten! München ist eine Stadt für Reiche und Schöne, idealerweise kinderlos. Je voller diese Stadt wird, desto mehr zeichnet sich das ab. Und desto weniger lebenswert ist sie. Als ich im Alter von 22 hierhergezogen bin, fand ich München auch prima. Seitdem ist es aber sehr viel voller, hektischer, teurer und weniger lebenswert geworden. Von der selbsternannten ‘Weltstadt mit Herz’ spüre ich im Alltag nicht viel – weder das Weltstädtische noch das Herzliche.

Freundlichkeit erleben wir hier selten. Im Gegenteil. Im Supermarkt wird man angeranzt, wenn man nicht schnell genug sein Zeug zusammenrafft. Am Zeitungskiosk darf man eine Zeitung nicht mit einem 50€-Schein bezahlen, Karten werden auch nicht akzeptiert. Busfahrer warten nicht. Busfahrer schimpfen Passanten an. Busse sind völlig überfüllt zur Rush Hour, dementsprechend genervt alle Beteiligten. Die S-Bahn ist überfüllt, fährt oft gar nicht, die Tarife sind ein Wirrwarr. Autofahrer benehmen sich rücksichtslos. Pöbeleien und Stinkefinger im Straßenverkehr sind alltäglich. Verkäufer reagieren genervt, wenn man sie um Beratung bittet (und damit eventuell das Gespräch mit den Kollegen unterbricht). Einem freundlichen Metzger bin ich hier noch nie begegnet, einem netten Bäcker auch nicht. Besonders unwillkommen fühlt man sich als Familie mit Kindern. Kita, Kindergarten, Schule sind leidige Themen in München- sowohl bezüglich Platzmangel als auch bezüglich mangelnder Qualität, Flexibilität und Individualität. Wenn man zudem äußerlich nicht der ‘Münchner Norm’ entspricht, wird man sehr gern staunend und hemmungslos angestarrt.

Auch wenn das Verhalten München untypisch ist, indem man zB freundlich und höflich reagiert, lächelt, beim Autofahren, an der Supermarktkasse oder sonstwo im Alltag, wird man beäugt, angehupt, überholt oder augenberollt. Neid ist auch ein spezielles Thema, das ist aber nach meinem Gefühl in ganz Deutschland so – in München vielleicht besonders stark ausgeprägt, weil alles so teuer ist und weil es besonders viele Selbstdarsteller gibt. Wenn die Biergärten tatsächlich (noch) so eine Funktion hätten, wie von Ihnen beschrieben, müsste es dann nicht viel weniger Widrigkeiten und viel mehr Herzlichkeit in dieser Stadt geben? Es gibt meiner Meinung nach viele herzlichere und lebenswertere deutsche Städte als München – von der Freundlichkeit und Herzlichkeit in anderen europäischen Ländern ganz zu schweigen. Wenn ich nur an die Höflichkeit der Engländer denke, werde ich ganz wehmütig. Es ist wirklich interessant, wie unterschiedlich Wahrnehmung sein kann. Wie beim indischen Gleichnis der blinden Männer und dem Elefanten. Und, genau: man darf München vor Münchnern nicht kritisieren. Das ist Majestätsbeleidigung. Aber: das Paradies ist anderswo, zumindest für mich! Ihnen natürlich trotzdem von Herzen alles Gute in dieser Stadt. – Carolin Bremer

 

Der Artikel über die Münchner Biergärten von Björn Stephan hat mir sehr gut gefallen, spricht er doch sehr für die Münchner Geselligkeit. Auch das Oktoberfest ist trotz seiner kommerziellen Auswüchse im Grunde genommen nur ein riesengroßer Biergarten. Hier sitzt man im Bierzelt genauso unkonventionell zusammen wie in allen Münchner Biergärten. Nur habe ich als Münchnerin Maximilian I nicht einorden können. Der Kurfürst aus dem 16.Jahrhundert kann es ja wohl nicht gewesen sein. Der Autor meinte wohl den ersten bayerischen König Max Joseph, der von 1806 bis 1825 regierte und in der Bevölkerung sehr beliebt war. Er hieß offiziell Maximilian I Joseph aber alle Münchner und Bayern kennen ihn nur als Max Joseph. – Angelika Krutisch


 

Leserbriefe zu „Was macht ihr heute?“ von Alexander Abdelilah et al.

Ich habe erst heute den Artikel in der Rubrik Entdecken „Was macht ihr heute“? über Flüchtlinge gelesen, welche für einige Monate in einer Turnhalle lebten. Zu den Antworten der Flüchtlinge haben sich mir einige Fragen aufgedrängt…… Warum sind nur Männer befragt worden? Auch hat sich bei den Antworten die Frage gestellt, warum manche Männer alleine die Flucht angetreten sind aus Syrien zB und die Frau samt Kind/er alleine im Krieg gelassen haben? Ich verstehe schon, dass die Flucht nach Europa sehr gefährlich ist, aber warum lässt ein Mann seine Frau und Kind im Kriegsgebiet zurück? Vielleicht könntet Ihr Antworten auf die Frage finden, da diese Frage sicherlich mehreren Menschen in Europa durch den Kopf schwirrt… Vielen Dank! – Andrea Seisenbacher

 

Ein prima recherchierter und aufgemachter Beitrag ! Nur ist Ihnen auch aufgefallen, daß die Befragten zu ca. 95% aus Syrien, vielleicht 4% Iran/Irak/Afghanistan und gerade mal 2 Personen aus Afrika (Eritrea/Ägypten) waren. Spiegelt das die Nationalitäten der Bewohner der Turnhalle in Berlin im Herbst 2015 wieder ? Ist meine Vermutung (mit positiven Gedanken) richtig, daß Ihre Redaktion für diesen Artikel die aktuell bei DIE ZEIT arbeitenden Auszubildenden und Praktikanten eingesetzt hat ? Richtig, so fängt investigativer Journalismus an. Ich schreibe den Leserbrief als einer der in ganz kleinem Umfeld seit dem 10. Sept. 2015 bis heute seine „ehrenamtlichen“ Erfahrungen machte. – Hartmut Wagener

 

Der Artikel hört da auf, wo es anfängt, spannend zu werden. Die Bestandsaufnahme zeigt, dass überwiegende Mehrzahl der Flüchtlinge keine Arbeit haben oder in gering entlohnten Aushilfsjobs arbeiten. Selbst hochqualifizierte Personen finden keinen Zugang zu entsprechenden Stellen. Häufig wird ein Ausbildungswunsch geäußert, unklar bleibt, weshalb seit 2015 keine Ausbildung aufgenommen wurde. Leider geht der Artikel bei all diesen Punkten der Frage nach dem “Warum” nicht nach. Dies wäre umso wünschenswerter gewesen, als Die Zeit in 2015 davon ausging, die Flüchtlingsbewegung würde dazu führen, dass dem deutschen Arbeitsmarkt eine Fülle an benötigten hochqualifizierten Kräften zuführen. – Dominik Dute


 

Leserbriefe zu „Wer wird auf meinem Stuhl sitzen?“ von Anna von Münchhausen

Sie liegen , nicht auf dem Sofa, mit Ihrer Schlußfolgerung genau richtig. An das Jahr , die Monate, die Tage, auch den letzten Tag kann ich mich kaum, fast gar nicht erinnern, habe das sicher verdrängt. Ich wurde im Alter von 63 mit 100% verrentet, das war wegen der hohen Renteneinkommen in den Wirtschaftswunderjahren noch möglich. Ich war 14/vierzehn Tage Rentner als ich den Anruf des Chefs einer befreundeten Firma erhielt. Bei einem Essen beim Italiener noch am gleichen Abend war ich im Hinausgehen wieder für volle Arbeitszeit mit einer Kündigungsfrist von 6 Monaten verpflichtet. Dieser „Zustand“ hat fast 12 Jahre bis Ende 2014 gedauert, da wurde ich 75 Ab 10.09.2015 (ich habe das Datum irgendwo festgehalten) bin ich in einem kleinen Wirkungskreis als sog. „Pate im Ehrenamt“ im regelmäßigen Einsatz für die Flüchtlingshilfe, im Moment sind es 8 Personen. Jetzt werde ich bald 80 So hat jede*r seine Story für den Neuanfang nach dem Renteneintritt. – Hartmut Wagener

 

Der berüchtigte „ Tag X“ des Abschieds aus einem langen Berufsleben bedeutet gewiss zunächst einmal für viele Betroffene ein Einschnitt in gewohnte Abläufe : man hat das Rentenalter erreicht, muss einem -meist Jüngeren- seinen Platz überlassen. Dergleichen sind wir nicht gewohnt. Aber die folgende Beobachtung hat dann doch jeder( mehr oder weniger) bereits gemacht : der eigene Arbeitssektor hatte sich langsam verändert, ein stetiger Wandel durch externe wie interne Einflüsse verschob hier u. dort Inhalte wie Örtlichkeiten. Das hat man nebenbei registriert, sich jedoch nicht sonderlich darauf konzentriert. Nun ist es soweit: es heißt abtreten u. damit vielleicht auch Fazit ziehen. – Erleichterung(?) stellt sich ein, gemischt mit der bangen Frage – : -…Und dann ?— Wie Sie notieren fühlt die/der Frischrentner(in) keine Ambitionen etwa zu den „ Beigen mit den flachen Schuhen“ zu gehören, oder auch endlich Babysitting zu übernehmen, endlos Zeitunglesen zu praktizieren(bis in die letzte banale Zeile), die aufgestaute Langeweile mühsam verdeckend. Da gibt es bessere Alternativen. Dazu ein kleiner Bericht aus eigener Lebenserfahrung als bildender Künstler: Völlig unabhängig von späteren Lebensumständen u. Berufsbindungen ist es entscheidend wichtig, von Anfang an ( Und als Rentner wieder besonders) den Blick auf seine Fähigkeiten und Anlagen zu werfen: So war der junge künstlerisch Begabte sich seit früher Kindheit bewußt : das willst Du, das kannst Du : Jedes auffindbare Zettelchen Papier musste bezeichnet oder bemalt werden, mussten Strich- oder Farbwelten entdeckt werden. Denn : der innere Antrieb gebot stringente Befolgung. Dafür bot er Lust u. Erlebnis pur, gefolgt von Erfolg wie Anerkennung. Über die Jahre als Hochschullehrer steigerte sich die selbstbewusste Haltung ( bei kommunikativer Begabung).Es ergaben sich viele anregende Zuwendungen, Kontakte, Bekanntschaften,Freundschaften, die ein hohes Mass an Lebensqualität ermöglichten. -So galt er als -DER „Reisepapst“ für alle Studies seines Fachgebietes: … und wohin reisen wir in diesem Semester ?? …( innerhalb Europas ) Blicke über alle Grenzen ( damals auch Ostblock) gehörten zum Programm, Austausch und Kenntnissförderung zischen den Kulturen war obligat. Dann war man auch Pensionär. Es blieb : die künstlerische Arbeit, brav Ausstellungen zu bestücken. War das alles ? Wohin mit der Energie ? Aber ,siehe da, als Überraschung ergab sich ein Ehrenamt auf unerwartete Weise : Da sollte eine erst vor 20 Jahren mit hohem Aufwand erbaute, architektonisch sehr wertvolle kleine Kirche, vollkommen intakt, im Zuge von Neubebauungen abgerissen , dazugehörige fast 100-jährige Eichen und Platanen umgelegt werden ( zwecks neuer Strassenführung) Dies war der Augenblick des Engagements, des Widerstands gegen sinnloses Vorgehen.

Zusammen mit Gleichgesinnten schloss man sich zusammen, wurde ein Kulturverein gegründet, wurde heftig argumentiert und für den Erhalt der Kapelle und der Bäume gekämpft. Nach zähem Ringen hat die Stadt eingelenkt, die Verwaltung begriffen, dass es auch anders geht, als schnell abzureißen. Nun sind wir Rentner dort alle ehrenamtlich tätig, bringen unsere Erfahrungen u. Kenntnisse ein, gestalten Kulturprojekte. Das eigene Berufsfeld, die Arbeit als HL liegen weit zurück. Mich interessieren weder Nachfolger , noch neue Entwicklungen. Das Ehrenamt als Vorsitzender eines Kulturvereins beherrscht die Gegenwart seines Lebens. KEINE MELANCHOLIE DER NUTZLOSIGKEIT, KEIN LUXUS DES DAUERND-VERREISENS( Flucht wovor ? ) KEIN SHOPPING/ EDELKONSUM bestimmen den neuen Lebensabschnitt. Alle Gedanken zu -niemand braucht mich mehr- sind vollkommen obsolet. Aber : Das Alter ist da, man spürt jenseits von 60 / 70 / 80 – unerbittlich die späten Jahre. Wohl dem, der seinen Kopf wie seine Füße weiterhin frei bewegen kann. Dennoch : kommt auch hier die -_lieber freiwillige Einsicht- : Gib ab, lass es gut sein, genieße dein schönes Zuhause, die Kunst bleibt dir ja. Ergebnis diese Beschlusses : Ein dicker Band Biografie eines Künstlerlebens – und die Gewissheit : als Europäer eingebettet zu bleiben in die Jahrtausende alten Werte u. Zusammengehörigkeiten : Kreta wie Peloponnes, Romagna wie Toscana, Provence wie Bretagne – Nord- Süd- West und Osteuropa bleiben unsere Heimat – Prof. Hans Sasse

 

Mit großer Aufmerksamkeit habe ich den Tagebuchtext von Anna von Münchhausen gelesen! Und nicht nur die private Auseinandersetzung ist lohnenswert, sondern ebenso die Frage, wie der Beitrag des Unternehmens aussehen könnte? Wertschätzend, sollte dieser sein, wie es die Inschrift über dem Portal des Rathauses der Freien und Hansestadt Hamburg zeigt: „Die Freiheit, die errungen die Alten, möge die Nachwelt würdig erhalten.“ Im UKE gibt es seit Jahren „berufsgruppenbezogene Einführungstage“ für neu eingestellte Beschäftigte, die den Berufseintritt deutlich für die „Neuankömmlinge“ erleichtern. Und wir stellten uns die Frage: Was möchten wir unseren Beschäftigten mit auf dem Weg geben, die bei uns in den Ruhestand gehen?

Seit dem letzten Jahr bieten wir allen interessierten Beschäftigten, die in den nächsten fünf Jahren in den Ruhestand gehen, den Workshop „Wenn der Wecker nicht mehr klingelt……“, an. Welche Herausforderungen und Aufgaben vom Berufsleben in den Ruhestand mit sich bringen kann und wie der „dritte“ Lebensabschnitt gestaltet werden kann, wird in einem Tagesworkshop mit einer externen Referentin betrachtet. Der Pilotworkshop 2018 fand so großen Anklang, dass wir diesen nun quartalsweise regelmäßig anbieten. – Marita Siefert


 

Leserbriefe zu „Orbáns nächste Schikane“ von Anna-Lena Scholz

Vollständigkeit ist erwünscht
Der Artikel von Anna-Lena Scholz ist informativ und bestätigt das verabscheuungswürdige Verhalten eines Herrn Orban und seiner Parteiclique. Leider fehlt ein entscheidender Hinweis. Die Autoin bemängelt, dass Europa dazu schweige. Sie weist aber nicht auf den schlimmen Lavierer Weber (CSU) hin, der, weil er noch die Stimmen der Fides benötigt, zu dem Vorgehen Orbans schweigt. Mir dröhnen noch die Ohren, als Herr Weber – vor den Europawahlen (sic!) – dröhnte, wie man Herrn Orban doch in seine Schranken gewiesen habe. Herr Webr muss den aufmerksamn Zeitgnossen schon für beträchtlich dumm halten, wenn er glaubt, mit dieser Haltung Vertraun in die Politik erzeugen zu können! – Marcus Schlüter

 

Es tut der Politik gut einen Mann wie Orbàn zu haben. Genau so gut wie die AfD in Deutschland. Links, Links, Links Schwenk Marsch. So hieß es bei der Bundeswehr. Es gibt noch eine andere Politik, die in Deutschland besser funktionieren wird. Die Linken haben aus unserem Land einen Sauhaufen gemacht. Ihre Autorin scheint nur eine Politik zu kennen. – Gunter Knauer

 

Ihre Autorin sollte sich nicht zu weit aus dem Fenster hängen. Ihr Wissen ist unvollständig und gefährlich. An den Unis wurde eine radikal linke Politik installiert. Genau das möchte Urbàn verhindern. Sie kennt wahrscheinlich die Unis in Ungarn gar nicht, dort wird ein sehr liberaler Lehrstoff vermittelt. Darauf legt Urbàn großen Wert. Oder welche Recherchen liegen der Autorin vor. – Gunter Knauer


 

Leserbriefe zu „Wohnungsnot: Schadet der Mietendeckel am Ende den Mietern?“ von Caterina Lobenstein

Wenn hier in Stuttgart ein Vermieter eine Mietwohnung bei ImmoScout einstellt, erhält er etwa 60 bis 100 Zuschriften, bei dreißig steht in der Betreffzeile: „Miete ist verhandelbar“. Ein Wohnungssuchender, der bereits seit einiger Zeit sucht, bereits viele, viele Bewerbungen abgeschickt hat, rechnet sehr genau, Fahrzeit vom Nordschwarzwald zum Daimler und abends wieder zurück, und weiß vor allem von den vielen Mitbewerbern. Was soll da eigentlich eine Mietpreisbremse? Eine Berliner SPD-Politikerin hat sogar vorgeschlagen, den Mietvertrag zu unterschreiben, und dann, wenn die Tinte trocken ist die Miethöhe vom Amtsgericht überprüfen zu lassen. Dumm nur, das funktioniert leider nicht: weil es schwierig ist, wenn der Wohnungssuchende einiges unterschrieben hat, auch tauchen beim Amtsgericht Wohnungssuchende auf, die auf dieselbe Wohnung gesetzt haben und die sich, zu recht, getäuscht fühlen, der Amtsrichter entscheidet nicht mehr zwischen armen Wohnungssuchendem und habgierigem Immobilienbesitzer, sondern zwischen ehrlichem und unehrlichem Wohnungssuchendem. Dumm gelaufen!

Um genau zu sein: bei 40 Zuschriften steht in der Betreffzeile: „Miete zahlt Jobcenter“. Da die Notfalldatei in Stuttgart so um die 5000 Wohnungssuchende erhält, ist die Stadt Stuttgart der größte Mietpreistreiber überhaupt. Vor Unterzeichnung des Mietvertrages unterschreibt ein verzweifelter Wohnungssuchender seinem Vermieter alles, was der so verlangt, verlangen braucht der Vermieter sowieso kaum etwas, ImmoScout formuliert es bereits, der Wohnungssuchende macht nur noch Häkchen. Auch die Stadt Stuttgart unterschreibt einem Vermieter einiges, was im Mietrecht eigentlich nicht so geht wie Miete auf Zeit. Egal. An die Mietpreisbremse hält sich die Stadt Stuttgart sowieso nicht. Wie auch! Man braucht wirklich kein Hellseher zu sein, nach Einführung eines Mietendeckels bleibt alles wie es bereits ist: ein Vermieter erhält Zuschriften bei denen in der Betreffzeile steht: „Miete ist verhandelbar“. Wenn der Wohnungssuchende meint, darauf verzichten zu müssen, ist er chancenlos. Der Mietendeckel wird also genau so ausgehen wie die Mietpreisbremse: als Lachnummer. Vor allem werden die Mieten nochmals gewaltig raufgehen da eine Mieterhöhung vorsorglich eingepreist wird. Schadet der Mietendekel am Ende den Mietern?

Ich möchte diese Frage genauer formulieren: in der Regelungstechnik gibt es eine Totzeit, nach dem Gesetze greifen, die ist mal kurz mal lang. Die Mietpreisbremse hat kurz nach der Einführung etwas gebracht, langfristig war sie für Mieter katastrophal, mehr Wohnungen entstanden nicht, im Gegenteil, viele privaten Vermieter warfen frustriert hin. So wird es auch mit dem Mietendeckel sein: kurzfristig vielleicht etwas, langfristig für Mieter katastrophal. Wer profitiert eigentlich von einem Mietendeckel? Einmal die Politik, die nach einem Wahldebakel Aktionismus zeigen will, dann Vonovia und Co. Diese Großwohnungsunternehmen haben im öffentlichen Bewusstsein keinen guten Ruf, sie benötigen dringend etwas mehr Reputation, langfristig gewinnen sie enorm wenn der private Wohnungsmarkt verschwindet: Monopol bedeutet Marktmacht, die Preise, die Mieten, können vollkommen frei vorgegeben werden ohne vergleichbare Konkurrenz privater Vermieter: Goldene Zeiten für Vonovia und Co. Diese Großwohnungsunternehmen rechnen sehr langfristig, fünf Jahre sind keine Zeit: die Mieter sind teilweise alt, in den nächsten zehn Jahren sterben xyz Prozent der Mieter weg, die Wohnungen werden zu neuen Konditionen vermietet, also: Goldene Zeiten für Vonovia und Co. – Ulrich Bosshammer

 

Natürlich schadet der Mietendeckel den Mietern, wem sonst? Noch nie in der Geschichte des Mietwohnungswesen hat es solche Mieterhöhungen gegeben, wie im Zeitalter der Regulierungen von Mieten durch unkluges lineares Denken. Man muß natürlich Berlin, München, Hamburg und andere Großstädte vom Rest des Landes trennen. Selbst auf dem platten Land wurden die Mieten erhöht, weil Eigentümer Angst haben, das es keine auskömmlichen Einnahmen mehr gibt. Geld ist ein scheues Reh! Die Gebäude und Wohnungen müssen instand gehalten werden. Die professionellen Vermieter haben keinen Safe im Keller, um mit dem Geld den Bestand nicht verkommen zu lassen. Im Übrigen ist dies bei vielen kommunalen Wohnungsunternehmen passiert. Das hat viele Gründe!

Aus meiner langjährigen Erfahrung im Wohnungsbau ist gut geschultes, verantwortungsvolles und gutbezahltes Personal notwendig, den Bestand zu erhalten und Mieter zufrieden zu stellen. Dazu gehören ebenso auch gute Mieter, die Miete bezahlen und sich umsichtig verhalten. Es gibt einzelne Wohnungsunternehmen, die Millionen EURO jährlich ausbuchen müssen, weil Miete nicht gezahlt wird oder Wohnungen zertrümmert werden, übrigens auch keine Seltenheit. Für 7,00 € Kaltmiete kann auskömmlich vermietet werden, aber Berlin will eine europäische Metropole werden, die Griechen und Russen müssen ihr Geld anlegen und diese Anlagen sollen Rendite bringen.

Das nächste Problem sind Neubauwohnungen. Die Baupreise für Bauhauptgewerbe und Ausbaugewerke gehen zur Zeit durch die Decke. Die Bauanträge gehen zurück. Vor ca. 10 Jahren hätte man locker 20% mehr Wohnung für das gleiche Geld bekommen. Das Versäumnis der Politik Wohnraum der letzten 20 Jahre zu fördern, fällt uns allen jetzt auf die Füße. Die SPD ist in den meisten Kommunen in der Regierung und hat dort auch nicht an Wohnungen gedacht. Dann wurden noch die kommunalen Wohnungen verkauft, weil Geld gebraucht wurde oder Bestand runtergekommen war und kein Geld für Sanierung bereit stand. Die Politik kommt mit ihrem linearem Denken an Grenzen, die sie nicht überwinden kann. Wir benötigen Politiker die kompetent und kreativ sind und nicht von Ideologien getrieben werden. – Rolf-Dieter Prochnio


 

Leserbriefe zu „In den Sand gesetzt“ von Martin Eimermacher

Bildauswahl und Überschrift stehen in einem pfiffigen, reizvollen Verhältnis. Dafür vielen Dank! Erlauben Sie mir aber bitte auch noch eine kleine Anmerkung. Wenn ich mich recht erinnere, hat Programmdirektorin Léontine Meijer-van Mensch das Jüdische Museum Berlin nach kurzer Zeit um einer besseren Position willen verlassen. Das „Hinschmeißen“ zu nennen, halte ich nicht für besonders redlich. – Johannes Wachten

 

Der missglückte Tweet, der letztlich zum Rücktritt des Direktors des Jüdischen Museums Berlin (JMB), Peter Schäfer, geführt hat, beweist deutlich, dass dem Beschluss des Deutschen Bundestages vom 17. Mai zur sogenannten BDS-Kampagne von palästinensischen Gruppen und vielen ausländischen Partnern, die Israel durch „Boykott, Desinvestitionen und Sanktionen“ isolieren und damit gegen seinen Umgang mit den Palästinensern protestieren wollen, keine offene Diskussion in der Öffentlichkeit vorausgegangen ist, sondern BDS als „israelbezogener Antisemitismus“ gebrandmarkt ist. Der Bundestag spricht damit auch den Palästinensern das Existenzrecht ab, zumal er nicht zwischen einem Boykott von Produkten aus Israel und einem Boykott von Siedlerprodukten in den palästinensischen Gebieten unterscheidet. Ein persönlicher Boykott von Waren aus illegalen Siedlungen der Israelis wäre demnach auch antisemitisch. Dabei hatte Deutschland 2009 und 2015 selbst noch entsprechende EU-Ratsbeschlüsse mitgetragen, wonach Produkte aus besetztem Gebiet einschließlich der Golanhöhen, Ostjerusalems und des Westjordanlands eindeutig kenntlich gemacht werden müssten. Generalanwalt Gerard Hogan, Rechtsexperte des Europäischen Gerichtshofes (EuGH), hat gerade erst die Kennzeichnungspflicht für Israels Siedlerprodukte für rechtens erklärt. Verbraucher müssten demnach darüber informiert werden, wenn in der EU angebotene Lebensmittel aus von Israel besetzten Gebieten stammen. Somit könnten Käufer in die Irre geführt werden. Sie könnten gegen den Kauf von Produkten aus einem bestimmten Land sein, weil es eine bestimmte Politik verfolge, die sie ablehnten oder sogar verabscheuten. So hätten etwa viele europäische Verbraucher in der Zeit der Apartheid vor 1994 den Kauf südafrikanischer Waren abgelehnt. Die israelische Siedlungspolitik sein ein klarer Verstoß gegen das Völkerrecht und könne deshalb ein solcher ethischer Gesichtspunkt sein.

Shimon Stein und Moshe Zimmermann haben in der FAZ vom 31. Mai unter dem Titel „Nicht die falschen Antisemiten jagen“ davor gewarnt, dass der sich verbreitende Eindruck, „jede Kritik an der israelischen Politik gehöre in die Sparte Antisemitismus“ gefährlich sei. „So führt die Antisemitismusdebatte dazu, dass die israelische Besatzungspolitik gegen Kritik immunisiert wird.“ Sie fordern zur Bekämpfung des Antisemitismus, dass vor allem die Grundwerte der liberalen Demokratie gerungen werden müsse, „ohne von deren Hauptgegnern abzulenken.“ Diese notwendige Diskussion, die Unterstützung von 45 jüdischen Gelehrten aus Israel, Europa und den USA und der Beschluss des Stiftungsrates des JMB vom 20. Juni, sich geschlossen hinter das Haus zu stellen und alle Vorwürfe zurückzuweisen, das JMB verfehle seine Stiftungsziele oder hätte seine inhaltliche Richtung verloren, dürften für den hochangesehenen Judaisten und ehemaligen Direktor des JMB, Peter Schäfer, nur noch ein schwacher Trost sein. Die Beantwortung der Frage „ Wer bestimmt, was jüdisch ist?“ im Zusammenhang mit der Zukunft des JMB durch den Stiftungsrat dürfte einer Quadratur des Kreises gleichkommen. – Hans-Henning Koch


 

Leserbriefe zu „»Treue ist kein Selbstläufer«“ von Marc Widmann und zu „Liebesbeweise“ von Evelyn Finger

Der evangelische Kirchentag hätte sich das Motto „Glaubwürdigkeit“ – nicht „Vertrauen“ – geben sollen. Die geht mit gutem Grund aller Orten verloren und sollte zurück erobert werden. Die Beschwörungsformel „Vertrauen“ schadet der Glaubwürdigkeit. Sollen wir denen vertrauen, die seit Jahrzehnten unsere Zukunft aufs Spiel setzen? Sollen wir Gott vertrauen und damit unsere kritische Erkenntnisfähigkeit und ehrliche Wahrheitssuche aufgeben, den Kopf in den Sand stecken? Wer ist würdig, dass wir ihm glauben? Parteien, die das C für „christlich“ im Namen führen und Menschen auf der Flucht in unwürdigen Sammelunterkünften zentrieren (AZ statt KZ?), sie kriminalisieren (Abschiebehaft) und im Mittelmeer ertrinken lassen? Ist es „christlich“ unsere Lebensgrundlagen für eine alternativlos genannte Wachstumsideologie aufs Spiel zu setzen? Nein danke! Ich habe kein Vertrauen. Ich schaue nach Menschen aus, die glaubwürdig handeln, die ihr Ethos überzeugend leben – der Kaiser ist nackt und alle seine Hofschranzen ebenfalls. Aber die wache Zivilgesellschaft trägt genügend Glaubwürdigkeit als Potential in sich und wir haben eine Verfassung – das Grundgesetz -, die unser Vertrauen verdient. Frau Merkel war im Radio zu hören, wir müssten uns alle umstellen, KI, Digitalisierung etc. Warum sagt sie das nicht in Hinblick auf unsere Ressourcen verbrauchende Lebensführung? Wir haben Vertrauen in diejenigen, die uns unbequeme Wahrheiten zumuten und unseren Mut zu handeln befeuern. Wir sind stark, wir halten das aus, wir haben Vertrauen in die Kraft der demokratischen Zivilgesellschaft. –Dr. Regine Köhler

 

Der Kirchentag in Dortmund hat das Vertrauen zum diesjährigen Motto erhoben. Ein Thema, das nicht nur gläubige Menschen interessieren dürfte. Sie schreiben selbst, Vertrauen hat viel mit Selbstvertrauen zu tun. Nur daraus erwächst eine innere Stärke. Dass Vertrauen schwindet, hat mit Enttäuschung zu tun. Die Kirchen erleben seit Jahren diesen Vertrauensverlust. Mein Eindruck ist, dass sie sich noch immer nicht erklären können, woher dies rührt. Da arbeiten viele Menschen in wundervollen Programmen, die allen möglichen Menschen in Not überall in der Welt helfen. Warum also dieser Vertrauensverlust? Weil auch sie vor Verfehlungen nicht gefeiht sind. Da sind die Missbrauchsfälle, da ist die Dauer dieses Prozesses bis es an die Öffentlichkeit gelangt, da ist die Politiknähe, die übrigens ganz unverfroren auch bei diesem Kirchentag geübt wird. Die Institution, die oft Menschen in Not Schutz bietet, sucht Schutz bei den Mächtigen dieser Welt.

Die eilen natürlich herbei. Denn denen kommt es gelegen, auch sie befinden sich in der Krise, also stützt man sich gegenseitig. Aber wie kommt dies beim Volk an? Der diesjährige Präsident, Herr Leyendecker, sorgt in meinen Augen mit seinen Äußerungen, wer vertrauenswürdig ist und wer nicht gleichsam für Ausgrenzung. Wie vertrauenswürdig das ist, muss er selbst wissen. – Lieselotte Schuckert


 

Leserbriefe zu „»Das System ist völlig irre geworden«“ von Timo Lehmann

Ich arbeite als Psychotherapeut immer wieder mit Pflegekräften einer örtlichen, vor einigen Jahren privatisierten Klinik. Deren Klagen und Leiden an ihrer beruflichen Lage gehen stets in dieselbe Richtung: es fehle an Pflegekräften, neue Bewerber*innen würden so schlecht bezahlt, der Ruf der Klinik sei im übrigen derart verbrannt, dass sich in Deutschland keine fänden. Folglich blieben sehr viele Stellen entweder unbesetzt oder würden mit Kolleg*innen besetzt, die die deutsche Sprache bestenfalls rudimentär beherrschen würden. Eine Entlastung sei das nur in Grenzen, denn immer wenn Kommunikation mit Patienten nötig sei – und wann ist das nicht in der Krankenpflege – müssten dann doch die Kolleg*innen ran, die des Deutschen mächtig seien. Als mein hochbetagter Vater vor einigen Jahren als Patient in dieser Klinik aufgenommen war und eine Pflegerin um Hilfe bat, weil ein wohl dementer Mitpatient die Waschutensilien und Zahnbürste meines Vaters benutzt habe, war die Antwort: „Für Konflikte zwischen Patienten sind wir nicht zuständig.“ Diese Klinik ist der Grundversorger in der Region, in der ich lebe. Ich warne angesichts dieser desaströsen Erfahrungen seit Jahren davor, die Dienste dieses Hauses zu nutzen. Auch für mich ist das ein Beispiel dafür: „Das System ist völlig irre geworden.“ – Stefan Baier

 

Der Konzern Asklepios, der eine ganze Reihe von Krankenhäusern übernehmen könnte, warb einmal damit, dass er seinen Aktionären eine Dividende von 11-12% versprechen könne. Warum haben Politiker zugelassen, Patienten, Krankheit und Pflege als Wirtschaftsgut zu vergeben? Die einzige Maßnahme wirtschaftlicher Art ist das Einsparen von Personal, wenn Gewinn gemacht werden soll oder aber das Geld aus anderen Gründen nicht mehr reicht. Ich habe vor zwei Jahren mit 80 Jahren meine Tätigkeit als Betriebsarzt die ich in den letzten 19 Jahren meiner ärztlichen Aktivität nach der Abgabe meiner Praxis mit Freude an einem Grosskrankenhaus mit 2200 Mitarbeitern ausüben konnte, beendet. Während dieser Jahre habe ich einen guten Überblick über die fatale Situation der Pflegekräfte und der Ärzte gewonnen – und auch die Verwaltungskräfte waren wegen ihrer Verpflichtung, Geld zu sparen, nicht zu beneiden. Der Staat hat, wenn ich unser Grundgesetz richtig verstehe, eine Vorsorgepflicht gegenüber seiner Bevölkerung. Die ist -nicht nur in diesem Bereich – leider sehr oft zu vermissen. „Der Tanz ums goldene Kalb“ – eine Geschichte aus dem alten Testament – sie hat leider auch heute nicht an Aktualität verloren. Und die Konsequenzen werden die gleichen werden. – Dr. Matthias Bantz


 

Leserbrief zu „Mirko Borsche verfolgt einen Praktikanten mit einer Drohne“ von Mirko Borsche

Vielen Dank für Ihren Beitrag diese Woche in der Rubrik Unter Strom. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, als ich lesen musste, mit welcher Selbstverständlichkeit Sie über die Möglichkeiten schreiben, mit einer Drohne Menschen zu verfolgen, Gesichtserkennung durchzuführen und außerhalb Ihrer privaten Grenzen dieses Gerät einzusetzen. Zum Hintergrund: wir wurden in unserem Garten selbst Opfer von Drohnen Einsätzen eines mehrere hundert Meter entfernt lebenden Nachbarn und fühlten uns nicht nur beobachtet, sondern waren es de facto auch. Es bedurfte mehrerer Verfolgungen der Drohne, bis ich den Nachbarn ausfindig machen und ausdrücklich auffordern konnte, dies zu unterlassen. Zu allem Überfluss setzte eben jener Nachbar die Gaffer Drohne auch beim Brand eines Hauses in der Nachbarschaft ein – als die Feuerwehr noch im Einsatz und nicht klar war, ob man gegebenenfalls von Opfern im Haus ausgehen muss.

Letztes Jahr hatten wir außerdem „Besuch“ einer Drohne ohne Kamera, die von Nachbarskindern benutzt worden war und prompt über unserem Dach (und unweit unserer Terrasse, auf welcher wir saßen) abstürzte. Der Vater der Rasselbande klingelte daraufhin bei uns und bat reumütig um Herausgabe der Drohne (was auch passierte) und versprach, dass dies nicht mehr vorkomme. Das Bundesministerium für Verkehr untersagt die Nutzung solcher Drohnen außerhalb des eigenen Grundstücks – und dies sollte auch den technikverliebten Nutzern bekannt gemacht werden! Und über die gesetzliche Regelung hinaus: man verfolgt keine Mitbürger per Kamera. – Lutz Jäger


 

Leserbrief zu „Diskriminieren Wirtschaftswissenschaftler Frauen?“ von RUD

Der Artikel ist kurz – daher kann ich nur schlecht beurteilen, ob ich dort alle relevanten Informationen erhalte. Der Schluss, dass bisher ungleiche Maßstäbe bei der Bewertung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern galten, wird aber von dem dort Geschriebenen nicht gedeckt. Dieser Schluss wäre nur dann zulässig, wenn der Anteil der abgewiesenen Aufsätze bei von Frauen eingereichten Aufsätzen höher wäre als bei jenen, die Männer einreichen. Dazu schweigt sich der Artikel aber aus. Die Zitationsquote ist für die Fragestellung ein ungeeigneter Maßstab. Die kann z.B. auch dadurch beeinflusst sein, dass es bei Arbeiten sowohl von Männern als auch von Frauen heute als wissenschaftlicher Fehler git (zurecht!), wenn die weibliche Sicht auf eine Fragestellung nicht ausreichend betrachtet und gewürdigt wird. Wenn weniger Fachartikel von Frauen zur Verfügung stehen (z.B. weil diese weniger von Selbstüberschätzung geplagt sind und sich daher nur zu Wort melden, wenn sie auch was zu sagen haben) – dann ergibt sich logisch eine höhere Anzah von Zitaten pro veröffentlichtem Artikel.

Dennoch wäre es richtig, das Gutachter, die wissenschaftliche Aufsätze bewerten, nicht den Namen des Autors/der Autorin kennen sollten. Unabhängig vom Geschlecht drängen sonst zuviele fremde Einflüsse mit in die Bewertung (wo hat er/sie studiert, teilen wir den Doktorvater, wie alt und bereits renommiert ist die Autorin/der Autor). Die Schlüsse die hier präsentiert werden, halte ich auf jeden Fall für unzulässig und vom Artikelinhalt nicht gedeckt. – Holger App


 

Leserbrief zu „»Ich male nicht, ich schaffe!«“ von Tillmann Prüfer im ZEIT Magazin

Ich lese immer mit besonderer Freude Ihre Töchter-Kolummne und die jetzige, quasi Juli-Ausgabe, ist mal wieder besonders gelungen. Dafür herzlichen Dank. Immer sehr amüsant.:-) (Hoffentlich sieht das die kleine Juli in den nächsten Jahren auch genauso. Denn es ist ja nicht selbstverständlich, daß die familiäre „Vermarktung“ von den Töchtern später noch akzeptiert wird. Bei den Älteren bin ich mir sicher, daß Sie natürlich alles mit ihnen gekärt haben.) – Susanne Hüttner


 

Leserbrief zu „Für die Tonne“ von Marcus Rohwetter

Ein Albert Einstein zugeschriebenes Diktum besagt: „Es gibt nur zwei Dinge, die unendlich sind: das Universum und die menschliche Dummheit. Beim Universum bin ich mir nicht ganz sicher.“ Ihre Kolumne illustriert das wieder einmal sehr anschaulich. Das von Ihnen beschriebene Verfahren / Video ist tot-komisch, leider – wie Sie richtig bemerken – zum Nachteil der Wale (und anderer Meeresbewohner). Danke für diesen wunderbaren Text – obwohl einem das Lachen schon ein bisschen im Hals stecken bleibt. – Dr. Sabrina Hausdörfer


 

Leserbrief zu „Das plant Italien …“ von Ulrich Ladurner

In seinem Artikel über Italiens Innenminister Salvini erwähnt Ulrich Ladurner einen Premierminister Giovanni Conte. Der italienische Premierminister heißt aber Giuseppe Conte. Der Fehler ist einerseits ärgerlich, andererseits amüsant, weil er zeigt, wie sehr der Vorname Giovanni durch die Köpfe Ihrer Redakteure und Korrektoren schwirrt. – Eugen El


 

Leserbrief zur Grafik: Arzneien „Auf Rezept“ von Matthias Holz und Jan Schweitzer

Man hört ab und an, dass Kinder bestimmter Milieus den Berufswunsch „Hartz IV“ nennen. Das wird als Ausdruck familiärer und gesellschaftlicher Missstände angesehen und daher missbilligt. Die Infografik zu Arzneien zeigt „jeweils die fünf Berufe, in denen die meisten Medikamente verordnet wurden“. Dort steht „Arbeitslose“ auf Platz eins bei Männern und Frauen, während z. B. Elektroberufe bei Frauen auf Platz fünf landen. Die ZEIT scheint also in Bezug auf den oben erwähnten Berufswunsch einen Paradigmenwechsel einzuleiten und den „Beruf“ Arbeitslosigkeit offiziell anzuerkennen. Eine Missbilligung des kindlichen Berufswunsches „Hartz IV“ wäre dann nicht mehr zu rechtfertigen. Das wiederum missbillige ich. – Christian Sorge


 

Leserbrief zu „Geld lässt sich nicht essen“ von Karoline Kuhla-Freitag

Die Bildbetrachtung von Karoline Kuhla-Freitag zu Georg Flegels Dessert-Stillleben ist ein besonderer kunsthistorischer „Leckerbissen“ im Wirtschaftsteil der ZEIT. Die Aufgeladenheit solcher Gemälde mit heute teilweise in Vergessenheit geratener christlicher Symbolik ist immer wieder faszinierend. Für die Geldstücke bietet sich meines Erachtens allerdings eine nahe liegende Zuordnung an: wie bei der Nelke dürfte es sich um eine Anspielung auf die Passion und den Verrat Christi durch Judas Ischariot für dreißig Silberlinge handeln. – Ludwig Engstler-Barocco


 

Leserbrief zu „Der Garten der Freiheit“ von Can Dündar

Über so viel anderem und anderen Brennpunkten dieser geschändeten Mutter Erde ist mir die Türkei, ist mir die Unfreiheit dort aus dem Blickfeld geraten. Eigene große Sorgen auch… Aber ich hoffe doch, daß heute, Sonntag, 23. Juni 2019, bei den wiederholten Bürgermeisterwahlen in Istanbul die Wähler auch entscheiden über Freiheit oder Unfreiheit. Gegen Erdogan und seine Partei. F ü r die Freiheit. Sie führen in Nr.144 die deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu an, die inhaftiert und im Gefängnis war mit ihrem Kind, – weil sie auf Demonstrationen war. Die gekämpft hat uns weiterkämpft, inzwischen von Deutschland aus, nun um ihren Mann, der noch In der Türkei ist und nicht ausreisen darf. Möge diese Geschichte auch so ausgehen wie die Ihre: (Ich zitiere😊 „der Garten der Freiheit“, (145), letzter Satz: „Denn von Antigone wussten wir: Nur wer sich auflehnt, hat die Freiheit verdient. Und erblüht sie erst, wird die Welt zu einem herrlichen Garten“ Hoffen wir es ! – Beate Schwärzler


 

Leserbrief zu „Über Kommunisten in Österreich und die filmreife Geschichte der »Roten Fini«“ von Harald Martenstein im ZEIT Magazin

Auch ich habe mich schon bei einem Freund aus Österreich über den Erfolg der KPÖ gewundert und auch ich bekam die Erklärung, das läge am Geld. Allerdings erzählte mein Freund eine andere Geschichte zu diesem Reichtum: In den 1960ern, als die Gleichung konservativ = prüde und links = sexuell freizügig noch galt, kam die KPÖ auf die Idee, ins Pornogeschäft einzusteigen. Die Genossinnen und Genossen waren angehalten für den guten Zweck (also die Parteikasse) zu Pornodarstellern zu werden. Das Geschäft mit den Nackerten florierte. Für Kommunisten in Österreich ist es Ehrensache, an der Börse erfolgreich zu spekulieren. Es gilt als Beweis dafür, das man „Das Kapital“ von Marx wirklich verstanden hat. Entsprechend wurden die erwirtschafteten Porno-Gelder an der Börse investiert – Basis des Reichtums bis heute. Unklar an der Geschichte ist: Welche Rolle würde Hannelore Elsner spielen? – Stefanie Holuba


 

Leserbrief zu „Il conto per favore!“ von Mark Schieritz

Mit der Währungsumstellung in 2002 begann die ausufernde Armut. Das ist unbestritten! Profitiert haben nur die Exportfirmen. Der Bürger war der Bürger. Warum ist das so? Die Umstellung von 2 zu 1 wurde sehr großzügig von den Personengesellschaften und sonstigen Firmen im Handel und der Gastronomie umgerechnet. Ich selbst habe beim Italiener für eine Piza das gleiche bezahlt wie in DM – 8,- DM gleich 8,- Euro. Das war eine besonders dreist. Im übrigen, war Deutschland zu DM-Zeiten schon Export-Weltmeister. – Gunter Knauer


 

Leserbrief zu „Draghis Drama“ von Lisa Nienhaus

In Ihrem Aufsatz lobt Frau Nienhaus den Präsidenten der EZB dafür, daß er mit dem Aufkauf von Staatsanleihen für mehr als 2 Billionen Eu den Euro gerettet habe. Sie verschweigt aber, daß dies gegen feste EU-Regeln geschah und die meisten dieser Staatsanleihen völlig wertlos sind, da sie nie mehr zurückgezahlt werden. Unsere derzeitige Regierung hat nichts dagegen getan, was micht verwundert – ist es doch alternativlos!!! Ich empfehle Frau Nienhaus die Lektüre von Markus Krall „Der Draghicrash“ Wenn dann die „Zeit“ immer noch so unkritisch über die EZB – Politik berichtet, habe ich die „Zeit“ die längste Zeit gelesen. – Dr.Rudolf Zimmer


 

Leserbrief zu „Kleiner Kompromiss“ von Mark Schieritz

Mir fehlt bei der Neuregelung der Grundsteuer der ökologische Aspekt. An vielen Orten werden freie Grundstücke und ehemalige Gärten versiegelt. Neben der nicht unbeträchtlichen Anzahl von Wohneinheiten führen Garagen, Pflasterungen und Steingärten oft dazu, dass die verbleibende Grünfläche nur noch einen marginalen Teil der Fläche ausmacht. Mein Vorschlag: Je geringer der Grünanteil eines Grundstücks, desto höher die Grundsteuer. Unzulässig? Nein, denn wir haben schon oft erfahren, dass Steuern nicht zweckgebunden verwendet werden müssen und höchste Gerichte dies für zulässig erklären. Dazu muss man sich nur ansehen, was mit dem rund um das Autofahren vom Staat eingenommenen Geld passiert. Nicht umsetzbar? Wenn Städte wie München durch regelmäßige Auswertungen von Luftbildern das Fällen einzelner Bäume im privaten Garten feststellen und mit einem Bußgeld belegen können, dürfte die Bestimmung des Grünanteils eines Grundstücks keine Probleme bereiten. Die Grundsteuer darf gern auch zum Erhalt Kohlendioxid speichernder Strukturen dienen. – Dr. Peter Scheibl


 

Leserbrief zu „Gefährliche Gutachten“ von Uta Eisenhardt

Der Artikel zeigt, dass auch Experten in ihrem Fachbereich Fehler machen und somit intakte Leben zerstören. Gerade wenn es um schwerwiegende Entscheidung geht, sollte man nie eine alleinige Meinung einholen. – Sebastian Linkewitz


 

Leserbrief zu „Besoffen vom Brexit“ von Ingo Malcher

Bekäme Tim Martin Ihren Beitrag zu lesen (und er müsste dafür nicht einmal Deutsch können), er würde sich in seiner „Nix-wie-raus-aus-der-EU“-Haltung kräftig bestätigt sehen. Zehn Mal kommt in Ihrem Beitrag der Name seiner Pub-Kette vor, und zehn Mal ist er falsch geschrieben – Weatherspoon statt korrekt: Wetherspoon. Und in diesem speziellen Fall hätte ich Verständnis für seine Haltung. – Claudia Hagemann


 

Leserbrief zur Deutschlandkarte „Ich und isch“ von Matthias Stolz im ZEIT Magazin

Nääääääää, so kann dat net stehnbleiwen: Den Saarländern sei alles -sch, ein -ch gänzlich unbekannt??? Der Atlas zur deutschen Alltagssprache, der von Matthias Stolz als Quelle genannt wird, täuscht. Als gebürtige „Saargebieterin“, nach Frankreich jetzt in Frankfurt lebend, ist mir mein Ursprungsdialekt doch weiter im Blut geblieben. Zum Einen kann man die Saarländer nicht über einen Kamm scheren, was Dialekt angeht, da die sogenannte „das/dat-Grenze“ all die Dudenhöfers schon mal klar von den Saarlouisern trennt und von deren Umgebung. Wie andernorts auch, unterscheiden sich die Ortsdialekte dann auch noch punktuell voneinander. Aber ISCH ist, glaube ich, im Saarland wohl kaum zu hören. Eher das herrlich weich-breite EICH, wie in dem wunderschönen Berus an der Grenze zu Lothringen. Mit weichen Lippen und locker geöffneten Zahnreihen gesprochen. Keine Spur von Zischen und Lippenschürzen! Auch Kirchen und Kirschen werden fein säuberlich unterschieden. Was Martin Schulz da von seinem Vater geerbt haben soll, kann höchstens der Pfirsisch sein. Den schreiben wir dann am liebsten auch so. Bitte als regionale Variante in den Duden aufnehmen! – Rosita Nenno


 

Leserbrief zu „Klatschmohn“ von Anne Schwalbe im ZEIT Magazin

Mt Interesse verfolge ich die Serie „Die Gärten der anderen“ im Zeitmagazin. Leider muss ich sagen, dass ich von der Qualität der Fotos, die Sie dort abdrucken, sehr enttäuscht bin. Besonders flach ist das Foto des Klatschmohns in der Ausgabe vom 19.06.2019. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Fotografin dieses Bild so gewollt hat. Schade! Pikant ist zudem, dass Sie auf der gegenüberliegenden Seite eine Werbeanzeige der Zeitakademie mit dem Titel „Fotografieren wie ein Profi“ geschaltet haben. – Gerhard König-Kurowski


 

Leserbrief zu „Wenn Gott lächelt“ von Peter Dausend

Ein erzkonservativer „Mullah-Bischof“ aus Regensburg spielt sich als der letzte Retter einer erzkatholischen Männer-Runde auf. Irgendwann wird für uns Frauen jeglicher Zutritt zu den Kirchen, total verboten sein! „Männer sind so verletzlich, Männer sind auf dieser Welt einfach unersetzlich!“ (Herbert Grönemeyer: „Männer“) – Riggi Schwarz


 

Leserbrief zu „Die ganze Fülle des Lebens“ von Juliane Liebert

Die vom Verlag Schöffling & Co seit einigen Jahren geförderte Wiederentdeckung der großen Autorin Gabriele Tergit ist überaus verdienstvoll und völlig zu Recht würdigt die Rezensentin die 70 Jahre lang unbeachtete deutsche (authentische) Familienchronik als „Jahrhundertroman“. Doch hat der Roman neben der grandiosen Schilderung bürgerlichen Lebens in vielfältigsten Facetten und darin eingebetteter jüdischer Traditionen auch eine sehr aktuelle Dimension: die Tragödie eines zunächst unendlich öden bis schließlich mordlüsternen Nationalismus, der „Haß gegen den Gruppenfremden, nur weil er fremd ist“ ist in exakt jener geradezu nüchtern-beiläufigen Weise miterzählt, wie dies dem Prozess alltäglich-episodenhaften Erlebens und schleichender Gewöhnung entsprach – und entspricht. – Dr. Rüdiger Bolz


 

Leserbrief zu „Die Ahnung der Eltern“ von Harro Albrecht

Der Bericht basiert auf der Aussage meiner Mutter. Mich hat dieser Artikel über die kleine Jule, die sterben mußte, zutiefst berührt, einfach aus dem Grunde, weil ich Ähnliches erlebt habe . August 1951, Ich litt unter den gleichen Sympthomen wie die kleine Jule, Die Kinderärztin, von meiner Mutter herbeigerufen, plädierte auf „Abwarten, Kinder haben immer mal Fieber“. Meine Muter insistierte und setzte es endlich durch, daß ich zur Beobachtung ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Diagnose dann: Tuberkulöse Gehirnhautentzündung, und die Lunge war ebenfalls angegriffen – also TBC (war damals – so kurz nach dem Krieg – sehr häufig. Eine Behandlung wurde vorgenommen, stationäre Behandlung 6 Monate, anschließend Sanatorium (heute wohl REHA), Gesamtdauer 19 Monate. Ich bin gesund geworden. Das habe ich dem „Bauchgefühl“ meiner Mutter zu verdanken.

Heute verliefe eine Behandlung wohl anders und dauerte nicht so lange. Auf alle Fälle sind bei mir keine körperlichen oder geistigen Schäden (von dem langen Heimaufenthalt ohne Familie mal abgesehen) zurückgeblieben – ich konnte immer ein normales Leben führen und bin heute 71 Jahre alt. Diese Angaben zum Verlauf basieren – wie oben vermerkt – auf dem Bericht meiner Mutter, An das Krankenhaus und an die riesigen Injektionsspritzen, die ich erhielt, kann ich mich noch dunkel, an das Sanatorium aber noch recht gut und in manchen Einzelheiten erinnern. Darum, Eltern, seid wachsam – und bei den aufgeführten Sympthomen, nicht abwarten, sofort in die Notaufnahme! Dies als authentischer Bericht zu Ihrem Artikel. Ich hoffe nur, daß dieser von vielen Eltern gelesen und beherzigt wird. – Gisela Kröhner


 

Leserbrief zu „Schluss mit dem Träumen“ von Heinrich August Winkler und zu „Russland im Visier“ von Klaus von Dohnanyi

Es sind diesmal zwei Artikel, die sehr fundiert mit manchen Vorstellungen und gewissen Auswüchsen der Tagespolitik, die zum Mainstream geworden, aufräumen. Ich habe nur meine Zweifel, ob dieser Tiefgang bei den Verantwortlichen ankommt. Zudem muss man dem Schicksal dankbar sein, dass es zwei Zeitgenossen jenseits der 80 sind, die zeigen, welches Bildungsniveau einst herrschte und heute schmerzlich vermisst wird. Heinrich August Winkler zeigt anhand der Gründungsakte und Verträge der EU, wie die Machtverteilung im Staatenverbund geregelt ist, gerade am Beispiel des Europäischen Parlaments, was eine Vertretung sui generis aber keine repräsentative Vertretung eines europäischen Staatsvolkes ist, was so auch nicht existiert. Das Parlament gekenntzeichnet durch ein Repräsentationdefizit mittels derBevorzugung kleiner und die Deckelung großer Staaten, was die Zahl der Abgeordneten angeht. Statt dessen spiegeln sich als Volksvertretungen im Fundament der EU die einzelnen Nationalparlamente, die gezwungen sind zu kooperieren. Das ist die Realität, auch wenn es schwierig ist. Überhaupt ist die Forderung Winklers sich an den Realitäten des Vertragswerks zu orientieren mehr als berechtigt. Dagegen stehen nicht nur die Traumgebilde einer von den Talkrunden hochgepuschten Ulrike Guérot, welche die Nationen abschaffen will sondern auch unser Bundestag, der vom Bundesverfassungsgericht erst mit der Nase auf die Kompetenz in Sachen EU gestuppst werden musste. Überhaupt belegt Winkler mit seinem Befund die These, dass allein Deutschland bereit ist, Souveränität zugunsten Brüssels abzugeben, während für die übrigen Staaten die EU allein ein Instrument zur Durchsetzung nationaler Interessen ist. Auch das fragwürdige Juncker/Schulz-Spitzenkandidaten- Modell, was nicht den Verträgen entspricht, zerfleddert Winkler zu recht.

Hier von Wählerbetrug zu sprechen ist ziemlich anmaßend. Ich z.B. habe meine Partei gewählt nicht wegen sondern eher trotz des ziemich farblosen und überdies bis dahin eher unbekannten Spitzenkandidaten. Klaus von Dohnanyi Beschreibung des deutschen Verhältnisses zu Russland trifft die verpassten Chancen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs auf den Punkt. Als ich mich 1991 nach dem Putsch gegen Gorbatschow mit Unterstützung des Bonner Außenministeriums unter Hans-Dietrich Genscher mit meiner Hanse-Brücke zu Hamburgs Partnerstadt St. Petersburg aufmachte, um im Hungerwinter sozialen Einrichtungen zu helfen, führte einer der ersten Wege uns zum Piskarjowskoje-Gedenkfriedhof, um einen Kranz im Gedenken an die Opfer der Leningrader Blockade niederzulegen. Das – so unsere Gastgeber- brauchten wir in Zukunft nicht mehr zu tun. Beide Seiten sollten nicht mehr in die Vergangenheit sondern in eine gemeinsame friedliche Zukunft schauen. Hier schien sich das Begräbnis der Erzfeindschaft, einst zwischen Deutschland und Frankreich, nun mit Russland zu wiederholen. Die vielen kulturellen Schnittmengen waren seinerzeit spürbar. Unsere Hilfstransporte verliefen diskret, um das Gesicht der vom Kommunismus,befreiten Kooperationspartner zu bewahren. Unvergessen wie das Gymnasium auf der Basilius-Insel, das nach Jahrzehnten des Verbots den deutschen Sprachunterricht wieder aufnahm und die bis dahin gesperrten Lehrkräfte wieder einstellte, uns inständig bat, beim nächsten Transport lieber weniger Hilfsgüter und statt dessen deutsche Literatur, allen voran Rainer Maria Rilke, mitzuführen. Dankbarkeit auch für die Hilfe für das Kinderkrankenhaus, dessen westdeutsches Beatmungsgerät ausgefallen war und Kinder irreparable Operationsschäden davon trugen.

Das Anfangsjahr war eine Pionierzeit. Die westdeutschen Politiker, die bis dahin auch rote Teppiche, Krimsekt und Kaviar genossen, waren anfangs über den Fall der Sowjetunion geschockt und für uns wurde das Feld bis hin zu Oberbürgermeister Anatolij Sobstchak und seinen Stellvertreter für Wirtschaft und auswärtige Beziehungen, ein gewisser Wladimir Putin, frei. Es folgten 5 Jahre humanitäre Hilfe sowie politische Beratung einschließlich Pressekonferenzen im deutschen Generalkonsulat vor Journalisten aus ganz Russland, die gebannt zuhörten. Alles schien auf dem guten Weg, als wir uns 1996 verabschiedeten. Der weitere Fortgang mit den verpassten Chancen ist von Klaus von Dohnanyi eindrucksvoll beschrieben. Es fehlte im Verhältnis zu Russland die Expertise im Umgang mit der auch von der Geschichte geprägten Mentalität. Man wurde mit offenen Armen empfangen und um Rat und Tat gefragt, nur durfte man den Stolz der Russen nicht brechen. Dagegen wurde heftig verstoßen und das Ergebnis erleben wir jetzt. Immerhin legen zwei weise Männer die Finger in die Wunden.Ein Glück, dass wir dieses angesichts der Mainstreams mit wenig Tiefgang noch erleben. Was nach beiden kommt? Man höre sich nur das Geschwafel der aktuell präsentierten Politikwissenschaftler wie Guérot, von der Lucke und Genossen an. – Peter Schmidt


 

Leserbrief zu „»Wir finden Merkel beide sehr wichtig«“ von Linus Volkmann

„Tokio Hotel“ sind hier in „Good Old Germany“ längst Vergangenheit! Tom Kaulitz und Heidi Klum sind hier in „Good Old Germany“ die Gegenwart. Immer gut für ein paar Schlagzeilchen in der gelblichen Presse; ob aber das „(Nicht)Getue“ der beiden, wirklich noch jemanden vom Hocker hauen sollte, das bleibt die „k(l)eine Frage. – Riggi Schwarz


 

Leserbrief zu „Schluss mit dem Träumen“ von Heinrich August Winkler

Ein großer Historiker der das zu Papier gebracht hat. Selbst ich als Nicht-Akademiker hat das der Politik schon vor Jahren vorgeschlagen. „Europa lässt sich nicht gegen die Nationen vereinigen“! Mir hat mein gesunder Menschenverstand das gesagt. – Gunter Knauer


 

 

Leserbrief zu WIE ES WIRKLICH IST „… seinen Penis verlängern zu lassen“ von Silke Weber

Wen interessiert es wirklich wie lang der Penis des Psychologen Marcus ist? Und wie er jetzt damit ach so wunderbar klarkommt. Erstaunlich worüber sich Betreffender definiert. Und das auch noch öffentlich preisgeben. Muss jeder Schwachsinn veröffentlich werden? Oder ist in der nächsten Ausgabe die Antwort seiner Partnerin, wie sie sich jetzt damit fühlt, zu erwarten? Welch niedriges Niveau! Wenn Ihnen nichts mehr einfällt, dann lassen Sie doch mal die Rubrik einfach leer. – Hildegard Motoi