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Arte Webdoku: „Irak – 10 Jahre, 100 Blicke“

Klicken Sie auf das Bild, um zur Webdoku zu gelangen. (© Screenshot)
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Am 20. März 2003 bombardierten die USA die irakische Hauptstadt Bagdad und begannen den Zweiten Irak-Krieg. Offiziell erklärte US-Präsident George W. Bush nur zwei Monate später den Konflikt für beendet. Doch die militärische Besatzung und der Versuch, eine stabile politische Führung zu errichten, mündeten in einen Bürgerkrieg. Mehr als 190.000 Menschen sind in den vergangenen zehn Jahren an den Folgen des Irak-Kriegs gestorben.

In der aktuellen Webdokumentation 10 Jahre, 100 Blicke schaut Arte auf den Irak des vergangenen Jahrzehnts. Nicht etwa, um Bilanz zu ziehen, sondern um nachzufragen: Wie hat der Krieg das Land verändert? Was ist mit den Menschen geschehen? Und wo stehen Schiiten, Sunniten, Kurden und Christen heute?

Das Besondere an 10 Jahre, 100 Blicke ist, dass die Inhalte einen ganzen Monat lang aktualisiert werden. Wie schon bei dem gleichnamigen Projekt über den Krieg in Afghanistan und im Gegensatz zu traditionellen Webdokus gibt es keinen Anfang und kein Ende, keine Rahmenerzählung und keinen roten Faden. Es geht um WikiLeaks und Fußball, um Kunst, Öl und natürlich auch die Beziehung der Iraker zu den Amerikanern.

Schon die Aufmachung im Stile eines Mosaiks erinnert an organisiertes Chaos, das für die Zustände im Irak stehen könnte. Ganz unterschiedliche Formate treffen in zehn Rubriken aufeinander: Der franko-irakische Journalist Feurat Alani etwa hat ein kommentarloses Roadmovie gedreht, er hat das Land von Norden nach Süden bereist. In Irak, Meine Heimat filmen einheimische Nachwuchsfilmer persönliche Geschichten, in Im Exil werden dagegen Flüchtlinge porträtiert, die dem Krieg entkamen. Dazu gibt es mehrere Fotostrecken renommierter Fotografen, Kartenmaterial, sowie ausgewählte Artikel aus den Archiven von Le Monde, dem Guardian und der Süddeutschen Zeitung.

10 Jahre, 100 Blicke ist ein ambitioniertes und bisweilen überforderndes Projekt, das nicht am Stück, sondern häppchenweise erlebt werden möchte. Dann erfahren die Zuschauer in den scheinbar unspektakulären und alltäglichen Momenten, dass die Iraker trotz der instabilen politischen Lage schon viel weiter sind, als wir gemeinhin denken. Diese Stimmung einzufangen, ist vielleicht die größte Leistung des Projekts.

 

Skifahren in der Innenstadt von Reims

Skifahren in der Stadt, da könnte man dieser Tage in Berlin auch draufkommen. Léo Ginailhac hat 15 Zentimeter Neuschnee jedenfalls zum Anlass genommen, um seine Freunde dabei zu filmen, wie sie sich auf Ski durch die Innenstadt von Reims ziehen lassen. Das ist bestimmt nicht erlaubt und sicherlich nicht ungefährlich, aber dennoch beeindruckend, da mal was anderes.

 

„Aperture R&D“ macht „Portal“ zur Comedy

An Fan-Filmen zu den Videospielen Half-Life und Portal mangelt es gewiss nicht. Das war aber kein Grund für den YouTube-Kanal Machinima, eine neue Webserie in Auftrag zu geben, die im Portal-Kosmos spielt. Naja, so halb jedenfalls. Mit dem Spiel an sich hat Aperture R&D eher wenig zu tun, stattdessen geht es um die ominöse Forschungseinrichtung Aperture, deren Aufstieg und Zerfall im Spiel am Rande erzählt wird. Die Serie nimmt sich folglich auch einige Freiheiten und lässt sich wohl als klassische Büro-Comedy bezeichnen mit ihren absurden Erfindungen und durchgeknallten Wissenschaftlern.

 

Netzfilm der Woche: „Stille Nacht“

Kandahar, Afghanistan am 11. März 2012. Der 38-jährige US-Soldat Robert Bales verlässt nach einer durchzechten Nacht in den frühen Morgenstunden den Armeestützpunkt Camp Belambay. Er läuft in das nahe gelegene Dorf, betritt drei Häuser und erschießt insgesamt 16 Menschen, darunter neun Kinder. Einige seiner Opfer verbrennt er, dann kehrt er in das Lager zurück.

Ein Jahr später steht Bales vor einem amerikanischen Kriegsgericht. Die Staatsanwaltschaft fordert die Todesstrafe für den Unteroffizier, seine Verteidiger führen psychische Probleme durch frühere Kampfeinsätze an. Ein Urteil ist noch nicht in Sicht.

Die Autorin und Filmemacherin Lela Ahmadzai vom Berliner Multimedia-Studio 2470media nahm den Jahrestag des Massakers zum Anlass, um mit den Menschen zu sprechen, die in den westlichen Medien nur selten auftauchen: die Angehörigen der Opfer. Für ihre Videoreportage Stille Nacht reiste sie nach Kandahar. Ein Unterfangen, das nicht leicht war, wie sie im Interview erzählt.

ZEIT ONLINE: Sie sind in Afghanistan aufgewachsen. War das für Sie ein Grund, gerade über diesen Fall zu berichten?

Lela Ahmadzai: Nachdem das Massaker passiert war, hatte ich recht schnell die Idee, darüber etwas zu machen, und bin dazu auch verschiedene Zeitungen und Zeitschriften angegangen. Ich bin Afghanin und mit 17 nach Deutschland ausgewandert. Paschto ist meine Muttersprache, so hatte ich einen direkten Zugang zu den Angehörigen. Die Recherche hat mehr als sechs Monate gedauert, denn die Menschen, mit denen ich sprechen wollte, haben kein Telefon oder E-Mail. Dazu kommt, dass sie nicht mehr in ihren Dörfern leben, wo das Massaker passierte. Sie sind über die ganze Provinz Kandahar verteilt. Ich brauchte also jemanden vor Ort, der losging, um diese Menschen erst einmal zu finden.

ZEIT ONLINE: In den hiesigen Medien werden meist nur „16 getötete Afghanen“ erwähnt. Wollten Sie den Opfern und den Angehörigen eine Stimme geben?

Ahmadzai: Ja. Aber ich wollte der Sache auch journalistisch auf den Grund gehen. Über die von dem Massaker direkt Betroffenen gab es fast keine Berichte. Ich hätte gerne auch mit weiblichen Zeugen gesprochen. Das durfte ich leider nicht, weil es Frauen nach den regionalen Sitten kaum gestattet wird, öffentlich zu sprechen. Geschweige denn gefilmt zu werden.

ZEIT ONLINE: Wie liefen die Gespräche ab?

Ahmadzai: Mein Ziel war es, aus jeder betroffenen Familie Überlebende zu interviewen. Der Film entstand in sieben Tagen in Kabul, was den Vorteil hatte, dass die drei Interviewpartner viel Zeit für mich hatten. Die Interviews, wie sie im Film und dem ergänzenden Footage zu sehen sind, entstanden am siebten Tag. Die Gespräche an den sechs Tagen davor waren aber nicht nur notwendig, um Vertrauen zu gewinnen, sondern auch, um zu verstehen, was gemeint war. Beispiel: Für Alter oder auch Uhrzeit – etwa als Zeitangabe „ich hatte eine Schulter Schlaf gehabt“ – verwendet man dort Einheiten, die kaum oder nur durch sehr detailliertes Nachfragen und gemeinsames Durchgehen in hiesige Zeitangaben zu übersetzen sind.

ZEIT ONLINE: Weshalb haben Sie sich entschieden, den fertigen Film so minimalistisch zu halten?

Ahmadzai: Für das Schwarz-Weiß-Format haben wir uns entschieden, da das Massaker ja in der Nacht, im Dunkeln passiert ist. Die Betroffenen hatten kein elektrisches Licht und alles, was passierte, nahmen sie nur silhouettenhaft wahr. Außerdem wirkten die Aufnahmen, die direkt nach dem Massaker gemacht wurden, in Farbe extrem brutal. Das hätte in unserem Film den Fokus weg von den Interviews und subtileren Botschaften genommen.

Bei 2470media produzieren wir Filme in erster Linie für das Internet – und wir möchten, dass möglichst viele Zuschauer sie bis zum Ende sehen. Dass mit dem kompakten Format nicht gleichzeitig eine verkürzte Darstellung des Themas einhergeht, ist dabei natürlich immer wieder die Herausforderung. Bei Stille Nacht haben wir zu den Interviews eine detailgetreue Karte des Geschehens und eine Chronologie der Ereignisse mit veröffentlicht. Der Film ist so „nur“ Teil eines größeren Ganzen.

 

Hip-Hop in Uganda: „Bouncing Cats“

Mit Uganda verbinden die meisten Menschen hierzulande wohl die unschönen Dinge. Die Menschenrechtsverletzungen der LRA um Joseph Kony etwa, Ebola-Ausbrüche und, wie jüngst berichtet, die von Politikern geduldete Verfolgung von Homosexuellen.

Inmitten dieser unruhigen Lage hatte Abraham „Abramz“ Tekya im Februar 2006 eine Idee. Er gründete das Breakdance Project Uganda (BPU) in der Hauptstadt Kampala. Schließlich ist fast die Hälfte der Bevölkerung des ostafrikanischen Staates unter 15 Jahre alt. Tekya wollte seinen kleinen Teil dazu beitragen, den Nachwuchs und vor allem ein friedliches Miteinander zu fördern. Mit Hip-Hop und Breakdance im Mittelpunkt, bringt das Projekt Kinder und Jugendliche aus armen Verhältnissen und allen religiösen Hintergründen zusammen. Mehr als 300 von ihnen nehmen Woche für Woche an den kostenlosen Workshops des Projekts teil, die inzwischen auch an anderen Orten Ugandas stattfinden und die Unterstützung internationaler Künstler erfahren haben.

Der australische Filmemacher Nabil Elderkin hat Abraham Tekya im Jahr 2010 bei seinem Vorhaben begleitet. Sein Film Bouncing Cats ist inzwischen auch online zu sehen, und enthält neben zahlreichen Aufnahmen von der Arbeit des BPU auch zusätzliche Interviews mit bekannten Hip-Hop-Künstlern wie Mos Def und Common. Und er zeigt, wie auch die kleinen Dinge einen Unterschied machen können.

 

Kurzfilm: „Painkiller“

Mal wieder etwas Britisches an dieser Stelle: Der Kurzfilm Painkiller von der Autorin Selina Lim und dem Regisseur Mustapha Kseibati handelt von einem Raubüberfall, der etwas aus dem Ruder läuft. Doch was zu Beginn noch nach dunkelschwarzem Humor aussieht, entwickelt sich schnell zu einer dramatischen – und letztlich blutigen – Angelegenheit, in deren Mittelpunkt die Frage nach Gerechtigkeit und der eigenen Willenskraft steht.

(via)

 

Danja Atari präsentiert Soundcultures

Die Berliner Musikerin Danja Atari hatte vor drei Jahren für ihr Soundcultures-Projekt Polen, Tunesien und Portugal bereist, um auf eigene Faust und ohne großes Budget einen Einblick in die dortige Musikszene zu geben, mit Beteiligten zu sprechen und Eindrücke einzufangen.

Die Idee von Soundcultures geht nun weiter und Danja war dafür in Rumänien, genauer gesagt in Bukarest unterwegs. Dort spricht sie mit Musikern aus der Manele-Szene, einem Musikgenre, das zwar modern, aber gleichzeitig in der traditionellen, rumänischen Folk-Musik verwurzelt ist. Schöne Sache. Danjas nächster Stopp wird Island sein.

(via Sixtus auf Twitter)

 

Ambitionierte Studentenfilme: Die unicato Awards

unicato heißt das studentische Filmmagazin des MDR. Einmal pro Monat zeigt der Sender Kurzfilme von Studenten aus Mitteldeutschland, die von einer Jury der Bauhaus-Universität Weimar vorab gesichtet und ausgewählt werden. Neben Studenten dürfen inzwischen aber auch andere Filmemacher ihre Filme online einreichen und auf eine Ausstrahlung hoffen.

Einmal im Jahr werden die besten Einsendungen mit dem unicato Award ausgezeichnet. Vor einigen Wochen schrieb mir Jury-Mitglied Wolfgang Kissel von der BauhausUni mit dem Hinweis auf die Preisträger-Filme des vergangenen Jahres, die dankenswerterweise noch etwas länger online gezeigt werden dürfen, als es für die Öffentlich-Rechtlichen Sender die Norm ist.

Überzeugt hat mich dabei vor allem der Gewinner der Kategorie „Bester Dokumentarfilm“: In Testfahrer liefern Arvid Neid und Florian Arndt von der Filmfabrik Mühlhausen ein 20-minütiges Porträt des im Rollstuhl sitzenden Volkmar Kirschbaum. Was zunächst banal klingt, ist tatsächlich eine tragisch-komische Geschichte eines unermüdlichen Menschen, dessen Krankheit ihn im Laufe seines Lebens zwar immer wieder zurückwarf, aber nie gebrochen hat. Da der Player des MDR keine Einbettung unterstützt hier nur der Trailer, den kompletten Film gibt es hier und es lohnt sich.

Ambitioniert ist auch Trigger von Till Krücken, Maximilian König und Christian Fleischer. Die Nachwuchsfilmer verarbeiten in dem kurzen Spielfilm eine wahre Begebenheit: Jonas wird Opfer eines Angriffs dreier Jugendlicher. Infolgedessen entwickelt er zunehmend Angstzustände und grenzt sich von seiner Familie ab, die nach den Gründen sucht und dabei nur langsam den wahren Gründen auf die Spur kommt. Den Film gibt es hier in voller Länge.

Auch die restlichen Filme der unicato Awards 2012 lassen sich – auf jeden Fall noch bis Ende März – auf der Website des MDR anschauen.