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Doku über die Proteste in der Türkei: „Istanbul Rising“

Das Vice Magazin war bei den Protesten in der Türkei dabei und hat daraus eine 18-minütige Dokumenation geschnitten. Istanbul Rising begleitet die ersten Tage der Proteste rund um den Taksim-Platz, als Protestierende und Polizisten gewaltsam aneinander gerieten, und fängt dabei zahlreiche Stimmen der Demonstranten ein. Ein guter Rückblick mit bisweilen sehr angespannten Bildern.

(Den Film gibt es mit deutschen Untertiteln. Dafür unten im Player auf das „CC“ klicken.)

Mehr zu den Protesten gibt es hier auf ZEIT ONLINE.

 

Storytelling Online: Webdoku-Konferenz in Berlin

affiche

Wie Webdoku.de berichtet, findet mit Storytelling Online von Donnerstag bis einschließlich Samstag die erste Berliner Webdoku-Konferenz statt. Im Kino der Brotfabrik in Weißensee werden ausgewählte Webdokus gezeigt, darüberhinaus gibt es Vorträge von und Diskussionen mit den Machern. Los geht es jeweils um 18 Uhr, der Eintritt ist frei.

Die „Storytelling Online“-Vortragsreihe richtet sich an alle, die an neuen Erzählformen im Bereich der Dokumentation und Reportage interessiert sind. Ziel ist es, neue Formen des Dokumentarfilms vorzustellen und zu diskutieren. Die aus der Entwicklung der digitalen Medien entstandenen neuen Erzählweisen kombinieren verschiedenste Formate: Video, Foto, Ton, Animation und Infografik. Ein interaktiver und partizipativer Erzählansatz wird möglich.

 

Der Computer liest mit: „Naked Citizens“

Naked Citizens ist eine spannende und etwas beunruhigende Dokumentation von Journeyman.tv über die Überwachung von Bürgern mithilfe von Kameras, dem Internet und mobilen Geräten. Dass die Überwachung technisch möglich ist, etwa durch Mobilfunk- und GPS-Signale, ist hinreichend bekannt. Weniger bekannt aber ist, wie häufig diese Techniken bereits vorbeugend angewendet werden. In Deutschland hat das unter anderem die Handydaten-Affäre von Dresden und der Fall von Andrej Holm, der fälschlicherweise mit einer terrorristischen Vereinigung in Verbindung gebracht wurde, deutlich gemacht.

In England und vor allem in London ist die Überwachung allein durch Millionen von Sicherheitskameras aber noch stärker ausgeprägt. Neue Kameratechniken und Algorithmen erkennen mutmaßlich verdächtige Bürger innerhalb von Menschengruppen, professionelle Spionageprogramme finden immer öfters auch den Weg auf die Smartphones der Menschen. Die Auswertung machen anschließend keine Menschen, sondern Computer. Doch was passiert, wenn sie sich irren?

(via)

 

Netzfilm der Woche: „Crowded Healing“

Die philippinische Hauptstadt Manila und ihre Metropolregion zählen zu den am dichtesten besiedelten Orten der Erde. Bis zu 43.000 Menschen teilen sich hier einen Quadratkilometer Stadtgebiet. Das führt dazu, dass selbst auf Friedhöfen neue Armensiedlungen entstehen. Nun haben die Behörden darauf reagiert: Nach dem jüngsten Anstieg der Kriminalität wurden viele Familien von den Friedhöfen vertrieben.

Der Fotograf Manuel Domes, der zurzeit für eine NGO auf den Philippinen arbeitet, hat Menschen besucht, die ihr „Zuhause“ auf dem Friedhof verloren haben. Sie schlagen sich in Aushilfsjobs oder auf Müllhalden durch, wo der stechende Geruch und Rauch die Lungen schädigt. Da sie sich keine medizinische Hilfe leisten können, legen sie ihr Schicksal in die Hände sogenannter Geisterheiler.

An drei verschiedenen Schauplätzen in der Stadt, die doch alle miteinander verbunden sind, blickt Domes auf die enge Verbindung von Armut und Spiritualität. Crowded Healing ist das Abschlussprojekt seines Fotojournalismus-Studiums an der Ateneo de Manila University.

ZEIT ONLINE: Wie sind Sie mit den Personen im Film in Kontakt getreten?

Manuel Domes: Mehrere NGOs vor Ort haben mir bei der Recherche und Vermittlung sehr geholfen. Auf die Familie in Makati bin ich zufällig gestoßen, als ich dort in der Nähe des Friedhofs unterwegs war und mit einigen Leuten auf der Straße gesprochen habe.

ZEIT ONLINE: Sie ließen sich einfach filmen?

Domes: Generell haben die Leute hier wenige Berührungsängste gegenüber Fremden mit Kameras. Allerdings ist es in einigen Gegenden aus Sicherheitsgründen wichtig, vorher vertrauenswürdige Kontakte herzustellen.

ZEIT ONLINE: Im Film heißt es, dass die Familien auf dem Friedhof im Vergleich zum Leben „draußen“ relativ glücklich waren. Was hat sich für sie geändert nach der Räumung?

Domes: Auf dem Friedhof konnten die Familien recht einfach kostenlos Wasser und Strom beziehen, was „draußen“ schwierig oder zu teuer ist. Auch die Übernachtungsmöglichkeiten sind auf den Gräbern des Friedhofs besser und sicherer als auf der Straße. Die meisten Familien hatten ihre Einkommensmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe des Friedhofs, sodass sie nach der Räumung nun für den Weg zu ihrer Arbeit bezahlen müssen. Dies können sich die meisten kaum leisten und schlafen deshalb häufig in der Nähe des Friedhofs auf der Straße.

ZEIT ONLINE: Sie lassen die Beteiligten im Film ohne Autor-Kommentar und Einschätzung erzählen, selbst bei Themen, die uns Europäern wohl als „spirituell“ vorkommen. Wieso haben Sie sich für diesen Ansatz entschieden?

Domes: Die Idee des Films war, eine Art Panorama verschiedener Gesichter und Geschichten von Überbevölkerung, öffentlicher Gesundheit und Spiritualität zu entwerfen. Ich wollte eher Fragen aufwerfen und Diskussionen anregen, statt zu versuchen, Antworten und Definitionen zu liefern. Deshalb habe ich mich dafür entschieden auf eine Kommentierung der Geschichten zu verzichten. Die Personengruppen, die ich im Film zeige, kommen im öffentlichen Diskurs in den Philippinen kaum zur Sprache. Oder sie werden von Interessengruppen und Politikern vereinnahmt, die behaupten, in ihrem Namen zu sprechen. Hierzu wollte ich einen Kontrapunkt setzen.

ZEIT ONLINE: Haben Sie weiterhin Kontakt zu den Personen und verfolgen ihren Weg?

Domes: Ich stehe weiterhin in Kontakt zu den vermittelnden NGOs und zu einigen der Personen im Film. Im Laufe der kommenden Wochen möchte ich allen Beteiligten eine Kopie des Films zeigen oder zukommen lassen. Ich habe auch noch mehrere Stunden ungenutzter Interviewmaterialien, die ich langfristig gerne als Basis für einen längeren Film verwenden möchte.

 

Chronologie des Boston-Attentats als Video

Emily Tolan hat für das College-Nachrichtenprojekt SCAD die Ereignisse der Bombenanschläge während des Boston Marathons und der folgenden Tätersuche in einem Video chronologisch zusammengefasst. Gut gefällt mir, wie sie dafür Nachrichtenbilder der TV-Sender mit Audios und Tweets verbindet. Zeigt es doch selbst in dieser stark komprimierten Form, wie schwierig es bisweilen für die Zuschauer war, bei der Vielzahl an Informatione, an Meldungen und Falschmeldungen den Überblick zu behalten. Tolan schreibt:

The government, the media, and especially social media were trying to search for answers and all effected each other, similar to Newton’s law of motion („For every action, there is an equal and opposite reaction“).

 

Kurzdoku: „Act of Terror“

Die Britin Gemma Atkinson (nicht das Bikini-Model) hat Polizisten immer geschätzt und geachtet – bis ihr Freund eines Tages in der Londoner U-Bahn von Polizisten festgehalten und durchsucht wurde. Atkinson fand die Begründung der Beamten unrechtmäßig und begann, die Aktion mit ihrem Handy zu filmen. Das gefiel den Polizisten wiederum gar nicht. Sie beriefen sich auf ein Gesetz, dass im Rahmen der Terrorbekämpfung erlassen wurde, wonach Polizisten/innen nicht gefilmt werden dürfen, wenn die Aufnahmen terroristisch nutzbar sind – was auch immer das bedeutet. Nachdem Atkinson sich weigerte, ihr Handy herauszugeben, wurde sie 25 Minuten lang in Handschellen festgehalten, bevor die Polizisten sie gehen ließen.

Atkinson, die Dokumentarfilmerin ist, wehrte sich gerichtlich gegen die Aktion – und bekam im Jahr 2010 schließlich Recht. Das Geld, dass sie aus den Anwalts- und Verfahrenskosten bekam, steckte sie in den Film Act of Terror, der ihre Geschichte erzählt und das Problem anspricht, wie willkürlich offenbar die Anti-Terror-Maßnahmen eingesetzt werden – und wie schwer es ist, sich selbst als Unschuldige/r dagegen zu wehren.

(via)

 

Auf dem Eisbrecher durch die Antarktis

Als Kind hatte ich ein Legoschiff. Eigentlich war es ein Polizeiboot, aber in meiner Fantasie war es meistens ein Eisbrecher. Ich war fasziniert von der Idee, dass ein Schiff sich einfach durchs Eis bohrt und dabei nicht kaputt geht. Vielleicht freue ich mich deshalb über folgendes Video der Meeresbiologin Cassandra Brooks, die gerade auf einer Expedition in der Antarktis ist.

Brooks hat nämlich zwei Monate lang den Weg des Eisbrechers Nathaniel B. Palmer gefilmt und die Reise in knapp unter fünf Minuten geschnitten. Dazu erzählt sie mit Begeisterung, welche unterschiedlichen Arten von Eis es gibt (jede Menge) und wie man jeweils am besten durchkommt (zur Not durch mehrmaliges Rammen). Hilfreich für alle, die sich mit dem heimischen Eisbrecher mal in die Antarktis verirren sollten. Mehr Geschichten von Cassandra Brooks gibt es auf National Geographic.

(via)

 

Ein anderes Demenz-Porträt: „Auf den Everest“

Demenz, ein schwieriges Thema. Nicht nur beim Schreiben über die Erkrankten und Angehörigen, sondern auch für Filmemacher, die nicht den üblichen Betroffenheitsfilm liefern möchten. Die Fotografen Fabian Biasio und Michael Hagedorn haben für ihr Porträt eines Demenzkranken deshalb einen anderen Ansatz gewählt. Statt mit dem Thema direkt durch die Tür zu fallen, führen sie die Zuschauer behutsam darauf zu, nur um sie dann mit der Wahl ihres Protagonisten und dessen Umgang mit der Krankheit erneut zu überraschen. So wird in Auf den Everest das Lebenswerk des Protagonisten, des Schweizer Karatemeisters Bruno Koller, zum Symbol der Krankheit und bietet gleichzeitig Motivation für den Kampf gegen sie. Der Film war u.a. für den Deutschen Reporterpreis 2012 nominiert.