Überblick: Er hat immer einen kühlen Kopf und will für sich das Beste rausholen: der homo oeconomicus, der wirtschaftende Mensch. Als Unternehmer will er den maximalen Gewinn, als Kunde die niedrigsten Preise, und als Arbeitnehmer den höchsten Lohn. Er vergleicht vernünftig Handlungsmöglichkeiten, Preise und Produkte, und entscheidet sich immer für die Alternative, von der er sich selbst den größten Nutzen verspricht.
Glaubt man dieser dominanten wirtschaftswissenschaftlichen Auffassung, so sind wir alle, wenn es um Geld geht, ein homo oeconomicus. Die Theoretiker gehen davon aus, dass es auch der gesamten Gesellschaft, dem ganzen Land dann am besten geht, wenn jeder seinen eigenen Nutzen maximiert: Denn jeder weiß ja selbst am besten, was er will. Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht. So dachten die Vordenker der heutigen Volkswirtschaftslehre, Adam Smith im 18. und John Stuart Mill im 19. Jahrhundert. Sie entwickelten daher in Abgrenzung zum Merkantilismus die Ideen der klassischen Nationalökonomie.
Aber deshalb sind wir noch lange nicht alle reine Egoisten: Es kann uns auch wichtig sein, dass es unseren Mitmenschen und der Umwelt gut geht – dann spenden wir oder kaufen auch mal teurere Produkte, die aber für die Natur weniger schädlich sind. In den letzten Jahren nehmen die Wirtschaftswissenschaftler diese Aspekte immer ernster: Sie untersuchen zusammen mit Psychologen, welche Rolle Gefühle wie Vertrauen oder Angst vor Verlusten bei unseren Entscheidungen tatsächlich spielen. Wirtschaftssoziologen untersuchen daher den Zusammenhang von ökonomischen Entwicklungen und gesellschaftlichem Kontext.
Warum aber wächst die Wirtschaft ständig? Weil wir immer mehr wollen. Als Kunden sind wir ständig auf der Suche nach besseren Produkten oder niedrigeren Preisen, deshalb müssen Unternehmen immer besser oder billiger werden, wenn sie ihre Gewinne steigern wollen. Die Geschwindigkeit, mit der die Wirtschaft deshalb wächst, wird als Konjunktur bezeichnet. Eine stabile, positive Konjunktur ist eines der wichtigsten Ziele der Wirtschaftspolitik.
Mit dem Klimawandel und der zunehmenden Umweltzerstörung wird auch die Frage immer wichtiger, welche ökologischen und sozialen Folgen unser wirtschaftliches Handeln hat. In unserem Streben nach Gewinn dürfen wir nicht die Grundlagen unseres Lebens zerstören oder andere Menschen ausbeuten – das ist der Ansatz, der in letzter Zeit unter dem Begriff Nachhaltigkeit und Fair Trade immer populärer geworden ist.
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Ausgewählte Artikel und Materialien zum Thema:
Ökonomisches Menschenbild:
Marx der Bourgeoisie (DIE ZEIT Nr. 43/1993)
Er wollte die Menschen auf ihren ökonmischen Kern reduzieren: Vilfredo Pareto hat den homo oeconomicus etabliert. Dabei war er weit mehr als ein kühler Rechner.
Wie vernünftig ist der homo oeconomicus? (Youtube, Deutsche Welle)
Wissenschaftler der noch sehr jungen Forschungsdisziplin Neuroökonomie nehmen den homo oeconomicus unter die Lupe. Der Mensch reagiert weit weniger rational als er meint, denn oft beherrschen Emotionen wirtschaftliche Entscheidungen.
Homo Oeconomicus Versus Homo Reciprocans: Ansätze für ein neues Wirtschaftspolitisches Leitbild? (Technische Hochschule Zürich)
Ob der Mensch ein Homo Oeconomicus ist, lässt sich empirisch nachprüfen. Der Autor dieses Textes hat die These vom Homo Oeconomicus überprüft und meint, wenn es um Geld geht, sind wir häufig ein Homo Reciprocans: Wir denken nicht nur an den eigenen Vorteil, sondern wollen unsere Umgebung möglichst positiv gestalten, neigen zu kooperativem Verhalten und bestrafen unfaires Verhalten, selbst wenn es mit Kosten verbunden ist.
Die Revolution hat begonnen (DIE ZEIT Nr. 43/2002)
Auf Wiedersehen, Homo oeconomicus: Lange glaubte die Wirtschaftswissenschaft, dass der Mensch sich rational verhält. Doch jetzt zieht sie ihre eigene Theorie in Zweifel.
Fairness zahlt sich aus (ZEIT Campus Nr.1/2009)
Bislang haben Wirtschaftswissenschaftler behauptet, der Mensch sei ein Egoist. Stimmt aber gar nicht, sagen jetzt die Verhaltensökonomen. Ein Gespräch mit dem Vorreiter und Professor Armin Falk.
Ökonomische Denkmuster und Wirtschaftswachstum:
Die Dopplemoral der Wirtschaftsbürger (FAZ, 27.05.2005)
Die Öffentlichkeit wettert über die böse Wirtschaft, die nicht nachhaltig, sondern egoistisch den eigenen Gewinn maximiert. Dabei sind es die Bürger selbst, die durch ihr Konsumverhalten und ihren Wunsch nach mehr Zinsen und rentableren Anlagen den Kapitalismus befeuern.
Vorsicht, Aufschwung (DIE ZEIT Nr. 10/2007)
Wenn die Wirtschaft wächst, jubeln alle über den Aufschwung. Doch allein eine gute Konjunktur heißt noch nicht, dass es auch den Menschen besser geht. Denn in der neuen Arbeitswelt kommt davon nicht unbedingt etwas im Portemonnaie der Bürger an. Woran liegt das?
Immer auf die anderen (DIE ZEIT Nr. 39/2008)
Die Finanzkrise bringt die Konjunktur in ganz Europa unter Druck, erstmals schrumpft die Wirtschaft. Und ausgerechnet der Riese Deutschland wird nun gescholten: Sind wir mit Schuld an dem Einbruch, weil unsere Löhne zu niedrig sind?
Vonwegen Export (DIE ZEIT Nr. 35/2009)
Jahrelang wurde Deutschland als Exportweltmeister gefeiert. Nun wirft uns die Welt genau das vor. Weil unsere Wirtschaft vor allem dadurch wächst, dass wir so viele Güter ins Ausland verkaufen, und wir andererseits selbst relativ sparsam sind, sollen wir Mitschuld an der Wirtschaftskrise sein. Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit.
Nachhaltigkeit:
Nachhaltigkeitsrat kritisiert Regierung (ZDF, 23.11.2009)
Nach der Finanzkrise will die Bundesregierung so schnell wie möglich wieder die Wirtschaft ankurbeln und nimmt dazu hohe Schulden auf. Doch ist Wachstum um jeden Preis wirklich die richtige Strategie? Der Nachhaltigkeitsrat kritisiert die Politik und fordert, mehr Rücksicht auf die Umwelt und zukünftige Generationen zu nehmen.
Ökologisch, sozial – und erfolgreich (DIE ZEIT Nr. 12/2001)
An der Börse geht es nur darum, welche Unternehmensaktien die höchsten Gewinne versprechen – heißt es. Doch wenn man genau hinguckt, dann sieht man, dass die Anleger Firmen belohnen, die nachhaltig wirtschaften.
Dossier Nachhaltigkeit (Goethe-Institut)
Wie müssen wir unser Leben und unseren Konsum umstellen, damit wir der Umwelt und unseren Mitmenschen weniger schaden? Das Goethe-Institut hat ein ganzes Dossier mit Videos, Bildern und Texten zum Thema Nachhaltigkeit zusammengestellt.
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