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Literatur des Barock (1600-1720)

 

Überblick: Die Literatur in der Epoche des Barock ist geprägt von der Antithetik. Das heißt, die Menschen nahmen ihre Welt als gegensätzlich und widersprüchlich war. Sie waren hin und hergerissen zwischen den Gegensätzen aus Leben und Tod, Spiel und Ernst, Ewigkeit und Zeit, Erotik und Tugend. Kein Wunder, lebten die Menschen des Barock doch in einer turbulenten Zeit: Durch die Pest starben dreißig Prozent der Bevölkerung und der Dreißigjährige Krieg führte zu einem politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verfall im Deutschen Reich. Zugleich lebten die Fürsten einen luxuriösen und ausschweifenden Lebensstil vor. Sie nutzten die Wirren nach dem Krieg, um eine Neugliederung der Territorien vorzunehmen und ihre Macht auszubauen. Die absolutistischen Fürsten nahmen immer mehr Einfluss auf alle Lebensbereiche, kontrollierten die Wirtschaft und auch die Kirche mischte sich in Erziehung, Lebensstil und Bildung ein. Gleichzeitig genossen die Menschen antike Kunst, die oft heidnisch, sinnenfroh und lebenslustig – nach kirchlicher Vorstellung also sündhaft – war. Und Bauernaufstände sowie soziale Unruhen in den Städten führten dazu, dass die Bevölkerung ein zunehmendes Standes- und Selbstbewusstsein entwickelte und sich immer weniger der Ständegesellschaft unterwerfen wollte. Ein Wandel in der Gesellschaftsstruktur deutete sich also an. In der Literatur des Barock schlugen sich diese vielfältigen und teils gegensätzlichen Entwicklungen nieder.

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Eine Familie beim Essen, um 1650. © Fox Photos/Getty Images

Die Dichter der Renaissance schrieben noch auf Lateinisch, die des Barock begannen, ihre Werke in deutscher Sprache zu verfassen. Mit Martin OpitzBuch von der Deutschen Poeterey aus dem Jahr 1624 entstand außerdem ein Regelwerk, in dem er metrische Vorschriften für Sonette, Epigramme und Lieder festlegte. Opitz lehnte das silbenzählende Versprinzip der antiken Dichtungen ab. Stattdessen setze er das alternierende Versprinzip (Jambus und Trochäus) durch, da es besser zum Klang und der Melodie der deutschen Sprache passt.

Drei große Motive spielen in der Barock-Literatur eine wichtige Rolle: carpe diem, lateinisch für „genieße den Tag“. Dieses Motiv ruft dazu auf, fröhlich zu sein, das Leben zu genießen und sich von der Vergänglichkeit nicht belasten zu lassen. In den Werken geht es um Genuß, Feiern, Tanzen, Erotik und immer wieder heißt es: das Leben ist kurz, mach das Beste daraus! Martin Opitz beschreibt in seinem namengebenden Gedicht Carpe Diem (1624) dieses Motiv.

Das Motiv des Memento Mori, „bedenke, dass du stirbst“, drückt das quälende Todesbewusstsein aus. Dazu zählt die häufig wiederholte Erinnerung an den (nahenden) Tod. Es bezieht sich mehr auf den Tod und das Sterben als auf das Leben und steht somit im Kontrast zu dem aufmunternden carpe-diem-Motiv. Thränen des Vaterlandes von Andreas Gryphius behandelt dieses Motiv.

Das Motiv der Vanitas behandelt auch die Vergänglichkeit. Ander als beim Memento Mori steht aber nicht der Tod allein im Fokus – es geht allgemein um das Thema Verfall. Dieses Thema verbanden die Dichter mit Darstellungen von Schönheit und Eitelkeit. Aus dem Kontrast entstand das Bild einer Lust am Leid. Schädel, Ruinen, die Kerze und ihr verlöschendes Licht,  Tabak und das Rauchen oder leicht verderbliche Lebensmittel symbolisierten Vergänglichkeit und Verfall. Luxusgütern wie Schmuck, teure Speisen und seltene Tieren hingegen symbolisierten Eitelkeit und Schönheit. Aber auch der nackte Körper, die Rose und der Papagei. Letzterer symbolisierte die Eitelkeit des Menschen, der sich ein Tier hielt, um sich von ihm alles nachplappern zu lassen.

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