Ja, schön, wieder einmal eine neue wissenschaftliche Studie – allerdings mit Schlussfolgerungen beziehungsweise Insinuationen, die im besten Fall banal, im schlechtesten bedenklich sind.
Aber von vorn: Das schwedische Karolinska Institutet führte eine Umfrage unter 2450 Männern und Frauen zwischen 18 und 60 Jahren durch und fand dabei heraus, dass 13 Prozent der Männer und 4 Prozent der Frauen erregt werden, wenn sie „heimlich andere Leute beim Sex beobachten.“
13 bzw. 4 Prozent? Vermutlich ist die Pornoindustrie deshalb ein so verschwindend kleiner Wirtschaftszweig.
Möglicherweise liegt die Betonung auch auf „heimlich“ – aber wo ist der Unterschied, ob man jemandem heimlich oder un-heimlich zusieht? Gibt es Menschen, die von Pornos erregt werden, aber nicht von Voyeurismus (so bezeichnet es die Studie zumindest). Oder umgekehrt: Wenn jemand im Swingerclub anderen zusieht, fährt das bei ihm erst dann, wenn er sich als Lampenständer tarnt?
Meine völlig unwissenschaftliche Schätzung besagt, dass sich so gut wie jeder und jede davon anregen lässt, wenn er/sie anderen zusieht. Klassisches Einsatzgebiet von Spiegelneuronen: Wenn jemand vor unserer Nase sein Essen genießt, läuft uns auch das Wasser im Mund zusammen. Und wenn jemand seinen Körper (oder den eines anderen) genießt, werden wir geil. So ist das eben.
Übrigens auch die, die glauben, es nicht zu werden, also meistens Frauen. Wie die niederländische Psychologin Ellen Laan festgestellt hat, geben Frauen in Labortests oft an, von erotischen Bildern nicht erregt zu werden, während ihre Körperreaktionen längst ganz anderer Meinung sind.
Gerade bei solchen Fragestellungen kommt es, tja, auf die Art der Fragestellung an. Ich habe die Studie gerade angefordert, mal sehen, wie die Erhebung durchgeführt wurde. Bleiben Sie dran!
Ha, aber es geht noch weiter! In der Zusammenfassung wurde weiters erwähnt, dass „4 Prozent der Männer und 2 Prozent der Frauen zugaben erregt zu werden, wenn sie ihre Geschlechtsteile vor Fremden entblößen.“ Die Schlussfolgerung (wieder aus der Zusammenfassung) zitiere ich jetzt sicherheitshalber wörtlich:
There is no single dominant risk factor for such sexual behaviours. Those who found themselves aroused by these, possibly criminal, exhibitionist or voyeuristic actions were otherwise mainly „normal“, well-adjusted citizens. It was, however, somewhat more common (except for the male gender) that they had mental problems and were big alcohol or drug users. They were also generally more sexually interested than the rest of the population and more experimental.
Risk? Otherwise mainly „normal“? Frauen, die sich dazu bekennen, voyeuristisch und/oder exhibitionistische Tendenzen zu haben, sind also solche, die gleichzeitig psychische Probleme haben, saufen und junken? Und was hat eine völlig normale, gesunde körperliche Reaktion in dieser Schlussfolgerung zu suchen?
Ja, Leute werden geil, wenn sie anderen beim Vögeln zuschauen. Und das ist auch gut so. Das bedeutet nämlich, dass sie (hoffentlich) auch traurig werden, wenn es anderen schlecht geht und dass sie sich freuen, wenn es anderen gut geht.
Und dass die Pornoindustrie weiter hunderte neue Filme pro Monat produzieren wird.
Fortsetzung folgt.