Die Umstellung auf das Abitur nach zwölf Schuljahren („Turboabitur“) führt zwangsläufig dazu, dass Lehrinhalte gekürzt werden müssen. In Bayern sieht der Lehrplan für 2009/10 nun ausgerechnet eine drastische Reduzierung der Schulstunden zur NS-Zeit vor. Eine Art Mini-Schlussstrich durch den bayerischen Kultusminister sozusagen…
Laut Süddeutsche Zeitung sieht der neue Lehrplan für die Oberstufe nur noch insgesamt sieben Schulstunden zur NS-Zeit vor; auch für die Zeit der Weimarer Republik sind nur noch sieben Schulstunden geplant (zum Vergleich: Nahostkonflikt zehn Stunden, Industriegesellschaft 19. Jahrhundert vierzehn Stunden). Nur noch der Zusammenbruch der Weimarer Republik, der Holocaust, Antisemitismus und die NS-Propaganda würden im Unterricht behandelt. Die zwei Weltkriege, Novemberrevolution, Innen- und Außenpolitik der zwanziger Jahre, die NS-Außenpolitik und die Organisation des NS-Führerstaates hingegen würden nach Informationen der SZ gar nicht mehr behandelt. Begründet wurde diese radikale Reduzierung damit, dass die fehlenden Themen schon in der schon stark „entrümpelten“ Mittelstufe (der Nationalsozialismus am Anfang der neunten Klasse) unterrichtet würden.
Das bayerische Kultusministerium setzt mit diesem „Schlussstrich Light“ ein fatales Zeichen. Eine lebendige, vielschichtige Bearbeitung des Themas unter Einbeziehung von Zeitzeugen, gut vorbereiteten Besuchen von Gedenkstätten und einem für die Schüler/innen interessanten projektorientierten Unterricht (Beispiele hier) ist ein Auftrag, den die Schule erfüllen muss.
Ein gut gemachter Unterricht zum Thema Nationalsozialismus, Verfolgung und Widerstand – der natürlich Lehrer / innen voraussetzt, die vom Sinn dieser Aufgabe überzeugt sind – kann durch den Bezug zur Gegenwart dazu beitragen, gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus zu sensibilisieren. Die Entscheidung Bayerns sollte schleunigst rückgängig gemacht werden!