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Rechtsrockkonzert mitten in Berlin

 

Es könnte ein schwieriges Wochenende für die Polizei werden. Zu einem Rechtsrockkonzert werden am Sonnabend mehrere hundert gewaltbereite Neonazis und Hooligans erwartet. Am gleichen Tag wollen bis zu 1000 Autonome „gegen Kapitalismus“ und die Wendefeierlichkeiten in Mitte protestieren. Die Linke Szene ruft im Internet dazu auf, nach der Demonstration zum Konzertort zu fahren, um die Veranstaltung zu verhindern. Die Polizei ist mit einem Großaufgebot im Einsatz, um Auseinandersetzungen zwischen den Gruppen zu verhindern.

Die Konzertveranstalter legen Wert auf Geheimhaltung. In der Einladung, die nur an ausgewählte Personen verschickt wurde, findet sich eine Handynummer, über die erst ab dem Nachmittag der genaue Konzertort bekannt gegeben wird. „Der Veranstaltungsort liegt sehr zentral und ist gut zu erreichen“, heißt es in dem Brief. Nach neusten Informationen der taz soll die Veranstaltung in der Trabrennbahn in Karlshorst (Lichtenberg) stattfinden. Der Vermieter wurde offensichtlich bewußt getäuscht und versucht jetzt den Vertrag zu lösen.

„Man hätte das Konzert im Vorfeld verbieten müssen“, sagte der verfassungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses, Tom Schreiber. Es sei offensichtlich, was für ein enormes Gewaltpotenzial von den Zuschauern der angekündigten Band „Kategorie C“ ausgehe. Vor wenigen Monaten musste die Polizei bei Rostock mit einem Großaufgebot anrücken, um einen Auftritt der Gruppe, die sich selbst als „unpolitische Hooliganband“ bezeichnet, zu verhindern. Dabei kam es zu Ausschreitungen. Die 450 angereisten Neonazis griffen die Polizisten an, ein Beamter wurde verletzt. Es folgten Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Körperverletzung.

Das letzte Mal trat die Band 2006 in Berlin auf – bei einem NPD-Aufmarsch für die Freilassung des Sängers der verbotenen Naziband „Landser“. Nach Aussage des Verfassungsschutzes Bremen ist die Band „besonders wegen ihrer gewaltverherrlichenden Lieder in der Skinhead-Szene beliebt und trat in der Vergangenheit zusammen mit rechtsextremistischen Skinhead-Bands bei Konzerten auf“. Im Herbst 1991 war der Sänger an einem Brandanschlag auf ein Flüchtlingsheim beteiligt und wurde dafür zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

Angekündigt wird das Konzert als „Weihnachtsfeier“ der umstrittenen Modemarke „Erik and Sons“ aus Königs Wusterhausen. Vor kurzem bedankte sich der „Nationale Widerstand Berlin“ auf seiner Internetseite bei der Firma für Sachspenden für eine Veranstaltung in der rechten Kneipe „Henker“ in Treptow. Die Marke wird unter anderem über das NPD-eigene Versandhaus „Deutsche Stimme“ angeboten. Vor wenigen Wochen musste in Lichtenberg ein Ladengeschäft der Marke nach heftigen Anwohnerprotesten und Demonstrationen geschlossen werden.

In dem Einladungsschreiben ist auch zu lesen, dass das Konzert von einem bekannten Rechtsrock-Versandhaus aus Niedersachsen unterstützt wird. Inhaber des Versands ist der Neonazi Timo Schubert, bekannt als Schlagzeuger der rechtsextremen Musikgruppe „Agitator“. Beliebt ist die Band vor allem wegen ihrer eindeutigen Texte: „Ich bin mit Leib und Seele Nazi und ich weiß mit Sicherheit: für mich kann es nichts Schöneres geben, ich bleibe Nazi für alle Zeit“. Über den Onlineversand von Schubert können neben einschlägigen Rechtsrock-CDs auch Sturmhauben, Schlagstöcke und Tränengas-Dosen bestellt werden. Zuletzt machte Schubert bundesweit Schlagzeilen, indem er das Wort „Hardcore“ als Wortmarke für Kleidungsstücke beim Markenamt eintragen ließ. Musikerinitiativen versuchen derzeit den linksalternativen Musikstil vor der Vereinnahmung durch die Naziszene zu retten.