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Nichts neues im Osten: Bundesparteitag der NPD votiert für „Verschmelzung“ mit der DVU

 

Von einem massiven Polizeiaufgebot abgeschirmt, ist am Samstag, d. 6. November, der außerordentliche Bundesparteitag der NPD ohne großen Überraschungen zu Ende gegangen: in Hohenmölsen im sachsen anhaltinischen Burgenlandkreis stimmten die 207 Delegierten nahezu einstimmig für den Vertragsentwurf zur „Verschmelzung“ mit der Deutschen Volks Union (DVU). Wenn das Verfahren abgeschlossen ist, soll die Partei künftig den Namen „NPD. Die Volksunion“ tragen. Im Gegenzug wählten die Delegierten auf dem selbsternannten „Parteitag der Einheit“ den bisherigen DVU-Chef Matthias Faust als dritten stellvertretenden NPD-Vorsitzenden. Der Posten war mit dem Tod von Jürgen Rieger frei geworden.

In Hohenmölsen dreht sich nicht nur in der Wirtschaft alles um den Braunkohleabbau. Auf einem Transparent vor dem Bürgerhaus

Die beiden Vorsitzenden Udo Voigt und Matthias Faust

der „Stadt der drei Türme“ heißt es „Braun ist bei uns nur die Kohle“, im Tagungssaal ertönt zum Beginn des außerordentlichen Bundesparteitages der traditionelle Bergmannsgruß „Glück auf“. Dabei war schon vorher abzusehen, dass die von den Parteivorständen ins Spiel gebrachte „Verschmelzung“ von NPD und DVU nicht an dem Votum der Delegierten scheitern würde. Bei Umfragen in den Parteien hatten sich 92% der NPD-Mitglieder für einen Zusammenschluss ausgesprochen, bei der DVU hatten 90% mit Ja gestimmt. Nun sollte also die „größte deutsche Rechtspartei“ auf den Weg gebracht werden, als positives Signal diente schon im Vorfeld der angekündigte Verzicht der DVU auf einen Antritt bei der bevorstehenden Landtagswahl in Sachsen Anhalt im März 2011.

1.000 neue NPD-Mitglieder

Fraglich bleibt die Zahl der späteren Mitglieder in der neuen Partei: Beobachter rechnen mit nur 1.000 DVU-Anhängern, die auch nach der Fusion Mitglied der NPD werden wollen. Bei einer geschätzten Mitgliederzahl von etwa 4.000 wird also nur ein Viertel die NPD personell verstärken. Für NPD-Chef Udo Voigt kein Problem: er rechnet mit zusätzlichen 1.000 „aktiven Kadern“. Die Hoffnung, in den fünfstelligen Mitgliederbereich aufzusteigen, hat sich offenbar auch in der NPD-Chefetage zerschlagen. Dennoch sorge die DVU für „eine Zahl, die die NPD gut brauchen kann“, sagt Voigt in Hohenmölsen. Eine

NPD schluckt DVU

„Schüttelphase“ oder „eine gewisse Eiszeit“ nennt er die voran gegangenen Streitigkeiten zwischen den Parteien : „wenn es in der Ehe kracht, hat man sich danach wieder richtig lieb“, so der Parteivorsitzende und watscht nebenbei die Unwilligen in der DVU als eine „fast schon Palastrevolution“ ab. Deren noch amtierender Vorsitzender Faust gibt sich zuversichtlich, dass der Vertragsentwurf zur Verschmelzung auch auf dem Parteitag der DVU im Herbst die notwendige Zustimmung finden werde. Anschließend müssen die Mitglieder beider Parteien in einer geheimen Wahl zur Urabstimmung antreten, die in Berlin ausgewertet werden soll. Geht es nach dem Zeitplan der Parteien, könnte das Prozedere noch in diesem Jahr abgeschlossen sein.

Aggressive Mahnung zur Einheit

Der außerordentliche Bundesparteitag der NPD war von dem Bemühen der Parteiobersten geprägt, der Öffentlichkeit Geschlossenheit und Zusammenhalt zu demonstrieren. Anders als bei Ausschlüssen auf voran gegangenen Parteitagen war es der Presse erlaubt, der Veranstaltung sogar in Gänze beizuwohnen. Doch auch die fast schon gebetsmühlenartig beschworene Einheit kann nicht darüber

Udo Pastörs in Hohenmölsen

hinwegtäuschen, dass von einem „Zusammenschluss auf Augenhöhe“ keine Rede sein kann. Dabei halfen auch keine pathetischen Reden wie die von Christian Berisha oder Udo Pastörs, die die Delegierten mit aggressivem Tonfall auf den Bundeskurs einschwören wollten. Seinen Applaus erntete der NPD-Fraktionsvorsitzende im Schweriner Landtag vielmehr durch die plumpe Rhetorik vom „Judengen“ und den „Demokröten“. Kritiker des Vertragsentwurfs hatten es schwer in Hohenmölsen: ein aus Mecklenburg Vorpommern eingebrachter Initiativantrag stieß auf Buh- und Schmährufe. Neben der Kritik an überflüssigen „Verschmelzungsgeschenken“ an die DVU hieß es, man dringe auf die Beibehaltung des bisherigen Namenszusatzes und des Logos. Doch schon diese Kritik brachte den Antragstellern von Udo Voigt den Vorwurf der „Engstirnigkeit und Kleinlichkeit“ ein. Der Parteivorsitzende hat mit der Zustimmung zum Verschmelzungsvertrag die Partei auf seine Linie gebracht, seine Stellung in der NPD gestärkt und mit der Wahl von Faust und zwei weiteren „neuen Kameraden von der DVU“ für die eigene Rückendeckung im Vorstand gesorgt.

Rückenwind für NPD in Sachsen Anhalt

Nicht zufällig war die Wahl des Ortes für den Parteitag auf den Burgenlandkreis in Sachsen Anhalt gefallen. Voigt bekräftigte, der Parteitag habe bewusst in Sachsen Anhalt stattgefunden, denn die Landtagswahl sei die „wichtigste kommende Wahl“, auf die die NPD sowohl Personal und Finanzen konzentrieren wolle. Der NPD-Spitzenkandidat für die bevorstehende Landtagswahl, Matthias Heyder.

Matthias Heyder: "das asoziale System"

warb für eine „Generalmobilmachung“. Ziel sei der Einzug der rechtsextremen Partei in einen dritten Landtag, um damit eine „Signalwirkung“ zu entfalten. Für den anstehenden Wahlkampf mit Beginn des kommenden Jahres kündigte Heyder an, die NPD werde sich besonders auf die ländlichen Gebiete konzentrieren. Mit kostenlosen Zeitungen nach dem Thüringer Vorbild will die Partei dort auf Wählerfang gehen. Bei der Hauptmotivation nahm Heyder kein Blatt vor den Mund: „weil wir das asoziale System da draußen verachten“. Dass auch die Vertreter der DVU in der NPD-Rhetorik angekommen sind, bewies in Hohenmölsen unter anderem Matthias Faust mit seinem Gerede von Politikern als „Gesocks“ und „den Verrätern unseres Volkes“. Mit seinem neuen Posten als stellvertretender Vorsitzender hat er seine Schäfchen ins Trockene gebracht. Die neuen NPD-Mitglieder aus den Reihen der DVU müssen noch bis zum Herbst 2011 warten, um zu zeigen, ob sie die Euphorie ihres Vorsitzenden teilen werden. Dann nämlich können sie als neue NPD-Mitglieder auf dem Wahlparteitag mitbestimmen. Bis dahin bleibt ihnen der Trost, dass für sie vorerst eine Übergangsfrist bei den Mitgliedsbeiträgen gilt.