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Gerichtsentscheidung: Blockade-Training darf nicht verboten werden

 

Massenblockaden stoppten am 1. Mai 2010 in Berlin die Nazis nach nur 800 Metern © Matthias Zickrow

Es ist eine wichtige Entscheidung für alle Bündnisse, die Naziaufmärsche mit Sitzblockaden stoppen wollen. Am Dienstag urteilte Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen über die Zulässigkeit eines öffentlichen Blockadetrainings. Fazit: Blockadetrainings dürfen nicht verboten werden.

Im Februar 2011 hatten sich rund 50 Menschen in Münster für eine geplanten Massenblockade eines Naziaufmarschs mit einer öffentlichen Versammlung vorbereiten wollen. Das Blockadetraining war vom zuständigen Polizeipräsidium mit strengen Auflagen belegt. Dem Veranstalter wurde verboten „in seiner Versammlung Taktiken zu vermitteln, die nur den Zweck hätten, nicht verbotene zukünftige Versammlungen zu verhindern […] und forderte dem Vorbereitungskreis auf […] ehrenamtliche Ordner einzusetzen und die Personalien der Trainer, Ordner oder Redner vorab mitzuteilen.“ Am Tag selbst wurde aus Polizeisicht beim Blockadetraining 2011 dann gegen die erteilten Auflagen verstoßen, daraufhin löste eine Hundertschaft die friedliche Veranstaltung auf.

Der 5. Senat des OVG hat nun festgestellt, dass die umstrittenen Auflagen rechtswidrig gewesen sind. Bei der Urteilsverkündung betonte Präsident Dr. Bertrams Die Versammlung des Klägers sei „ohne einschränkende Auflagen von seiner Versammlungs- und Meinungsfreiheit geschützt gewesen.“ Sie habe gewaltfrei zur öffentlichen Meinungsbildung hinsichtlich eines angemessenen gesellschaftlichen Umgangs mit rechtsextremen Ideologien beitragen wollen. Straftaten seien auch ohne Ordner nicht zu befürchten gewesen. Die Grundrechte schlössen es aus, die bloße Durchführung einer derartigen Probeblockade, bei der niemand behindert werde, als strafbare grobe Störung einer Versammlung (§ 21 VersammlG) oder als strafbare Aufforderung hierzu (§ 111 StGB) zu werten. Dabei sei unerheblich, dass das Training zu einer späteren echten Blockade habe mobilisieren sollen. Friedliche Blockaden seien grundsätzlich zulässige Mittel, um die öffentliche Aufmerksamkeit für ein kommunikatives Anliegen zu erhöhen. Die Grenze zur Strafbarkeit werde erst dann überschritten, wenn die Teilnehmer einer Versammlung eine andere nicht verbotene Versammlung über eine erhebliche Dauer blockierten, ohne dass deren Teilnehmer ausweichen könnten.

„Das reine Blockadetraining“, sagt OVG-Sprecher Ulrich Lau, „habe keinerlei strafrechtliche Relevanz besessen.“ Ringo Bischoff, Bundesjugendsekretär der ver.di Jugend begrüßte das Urteil. „Ob beim Naziaufmarsch in Dresden oder bei Sozialprotesten wie bei Blockupy in Frankfurt/Main. Ziviler Ungehorsam ist unser gutes Recht und natürlich bereiten wir uns auf unsere Aktionen z.B. in Form von Trainings vor. Von der Warte ist es erfreulich dass die Rechte der Menschen vom OVG gestärkt wurden und die Polizei in ihre Schranken gewiesen wurde.“