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Briefkasten gesprengt: Anschlag auf Sprecher von „Zossen zeigt Gesicht“

 

Alltag in Zossen - immer wieder kommt es zu rechtsextremen Drohungen und Anschlägen © Zossen zeigt Gesicht

Die Polizei in Teltow-Fläming ermittelt vorerst nur wegen Sachbeschädigung. Allerdings entspricht der Anschlag genau dem Muster von Attacken auf SPD-Politiker und Neonazi-Gegner in den Berliner Bezirken Treptow und Neukölln. Die Initiative „Zossen zeigt Gesicht“ wird seit Jahren von Neonazis aus der Region bedroht.

Von PNN-Autor Alexander Fröhlich

Auf den Sprecher der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ ist ein Anschlag verübt worden – offenbar von Rechtsextremisten. Die Polizei in Teltow-Fläming ermittelt vorerst nur wegen Sachbeschädigung. Allerdings entspricht der Anschlag genau dem Muster von Attacken auf SPD-Politiker und Neonazi-Gegner in den Berliner Bezirken Treptow und Neukölln: Der Briefkasten am Privathaus des Zossener Initiativensprechers Jörg Wanke wurde in der Nacht zu Sonntag gesprengt. Zugleich versuchten die Täter die Glasscheibe in der Haustür des abgelegenen Gebäudes mit einem Stein einzuwerfen. Nachbarn und Wanke selbst hörten ein Auto davon rasen.

Erst Anfang September war der Rechtsextremist Daniel T. (26) rechtskräftig wegen Anstiftung zum Brandanschlag auf das Haus der Demokratie in Zossen im Januar 2010 für drei Jahre und acht Monate in Haft verurteilt worden. Daniel T. war der Kopf der rechtsextremistischen Szene in der Region und der „Freien Kräfte Teltow-Fläming“. T. hatte als „selbsternannter Führer“ etwa 50, teils minderjährige Jugendliche bei den „Freien Kräften“ versammelt. Die Gruppierung war zum Zeitpunkt ihres Verbotes eine der aktivsten und äußerst gewaltbereitesten Neonazi-Gruppen im Land Brandenburg: Der Brandanschlag auf das Haus der Demokratie, Hakenkreuze auf Gedenksteinen, Todesdrohungen gegen couragierte Bürger gegen Rechts, zerschlagene Fensterscheiben und ein fehlgeschlagener Brandanschlag auf den Wagen eines Mitglieds der Initiative „Zossen zeigt Gesicht“ – all diese Straftaten werden von den Sicherheitsbehörden den „Freien Kräften Teltow-Fläming“ zugeschrieben. Einer der Jugendlichen, der 2010 den Brandanschlag auf das Haus der Demokratie verübt hatte, aber wegen fehlender sittlicher Reife nicht verurteilt wurde, soll wieder frei unterwegs sein. Ein Gericht hatte im Sommer 2010 die Unterbringung des damals 16-Jährigen in einem Heim in der Uckermark angeordnet. Jetzt ist er wieder draußen.

Unbekannte hatten im Sommer auf das Treptower Wohnhaus des Berliner Juso-Vizechefs Nico Schmolke einen Anschlag verübt: Sie warfen eine Scheibe ein und sprengten den Briefkasten. Zuvor hatten Unbekannte in Britz nachts die Scheiben eines Einfamilienhauses eingeworfen hatten. Zwei Monate zuvor war am selben Haus der Briefkasten mit Böllern gesprengt worden. Dort lebt laut Opferinitiativen ein junge Familie, die mit Anhängern der rechtsextremen NPD aneinandergeraten war, die vergangenen Herbst Wahlkampfwerbung in ihrer Straße verteilt hatten. Zuletzt tauchten in Süd-Neukölln vermehrt Schmierereien mit Nazi-Symbolen auf. 2011war in Britz ein Brandanschlag auf das Anton-Schmaus-Haus der sozialistischen Jugendorganisation „Falken“ verübt worden.

Diese Aktionen rechnen Kenner der Szene einem Kreis von jungen Rechtsextremen zu, die seit einigen Jahren vor allem im Süden Berlins und dem südlichen Umland aktiv sind. Sie sollen zu einem Netzwerk um die einschlägig bekannte Internetseite „Nationaler Widerstand Berlin“ (NW Berlin) gehören, auf der Neonazis eine regelmäßig aktualisierte Liste mit ihren „Feinden“ mit den Namen von Politikern, Antifa-Aktivisten, von linken Einrichtungen, aber auch Journalisten veröffentlichen. Möglicherweise nutzen Brandenburger Neonazis das Signum dieser Internetseite für ihre Aktionen, um der repressiven Verbotspraxis in Brandenburg zu entgehen.

Auch im Teltow-Fläming-Landkreis häufen sich Aktionen von Neonazis, nachdem es nach dem Verbot einer militanten Kameradschaft „Freien Kräfte Teltow-Fläming“ durch das Brandenburger Innenministerium 2011 etwas ruhiger geworden war. Im August ist das Mahnmal für die Opfer des Faschismus im Stadtpark in Zossen mit Hakenkreuzen beschmiert worden – außerdem wurde die Internetadresse jener Neonazi-Seite NW Berlin hinterlassen. Auch In den vergangenen Tagen waren mehrere Hakenkreuz-Schmierereien in Zossen gesichtet worden.

Zudem wird ein nächtlicher und unangemeldeter Fackelmarsch von maskierten Neonazis in Hennigsdorf im Sommer der rechten Truppe unter dem Signum NW Berlin zugeschrieben. 30 bis 50 schwarz gekleidete und maskierte Neonazis aus Berlin und Oberhavel waren mit Fackeln durch die Stadt gezogen, Anlass war der 99. Geburtstag des SS-Kriegsverbrechers Erich Priebke. Die Polizei konnte nur von einigen Neonazis die Personalien feststellen. Die Ermittler fahnden noch nach Organisatoren und weiteren Teilnehmern. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin hat eine Belohnung von 1000 Euro für Hinweise ausgesetzt. In Storkow (Oder- Spree) wurden vor dem Haus eines linken Jugendlichen Name, Wohnadresse, Keltenkreuze und die Losung „Game Over“ auf den Beton gesprüht. Auch in alternativen Jugendklubs in Beeskow und Fürstenwalde wurden Keltenkreuze und das Label der Neonazi-Seite an Wände gesprüht, Scheiben gingen zu Bruch, ein Schuppen in Flammen auf.