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Anti-GEZ-Protest von Rechts: „Junge Freiheit“ statt ZDF?

 

Screenshot des Demoaufrufs auf Facebook
Screenshot des Demoaufrufs auf Facebook

Mitglieder der marktradikalen und rechtsoffenen „Partei der Vernunft“ hatten für Samstag einen bundesweiten Aktionstag gegen den Rundfunkbeitrag initiiert. „Freiheit statt Sozialismus“, ließ ein Bundesvorstandsmitglied der rechtspopulistischen Kleinstpartei „Pro Deutschland“ die Demonstranten in München skandieren. Die NPD schreibt gegen den „Rotfunk“ an und in Köln wurde gegen angebliche „GEZ-Diktatur“ und 9/11-Verschwörung protestiert. Mit rechten Parolen und Verschwörungsideologien wurde in etwa dreizehn Städten demonstriert.

Von Felix Benneckenstein und Roland Sieber

Ausgerechnet vor der historisch vielfach vorbelasteten Feldherrnhalle startete die Demonstration „gegen Zwangsgebühren“ in München. Vermutlich hatte der sichtlich nervöse Patrick Samborski als Höhepunkt des Protestes das Verbrennen von GEZ-Zetteln und seine Rede eingeplant. Samborski ist Initiator des „Bürgerbegehrens gegen die GEZ“ mit inzwischen 130.000 Unterzeichnern und Mitglied der „Partei der Vernunft“ (PDV). Doch etwas ganz anderes sollte der Aktion in der bayerischen Landeshauptstadt besondere Aufmerksamkeit schenken: Nachdem die Protestierenden feierlich ihre Gebührenbescheide und so manch anderen Papierkram vor der Feldherrnhalle in das Feuer warfen, hallte es laut und energisch mehrfach Parolen wie „Freiheit statt Sozialismus“ von der vorderen Demonstrationsspitze.

Stefan Werner (Pro Deutschland)
Stefan Werner (Pro Deutschland)

Die Anti-GEZ-Demonstration war in der Höhe des „Platz der Opfer des Nationalsozialismus“, als Stefan Werner, Kreisvorsitzender der kulturrassistischen Partei „Bürgerbewegung Pro Deutschland – Kreisverband München“, die eigentliche Führung des Zuges übernahm. Werner instrumentalisierte unverblümt die Demonstration, deren Teilnehmer sich aber auch bereitwillig instrumentalisieren ließen. Denn spätestens auf einer spontan aufgrund eines Verkehrsstaus eingeführten Zwischenkundgebung, wusste jeder einzelne Demonstrationsteilnehmer, wer da vorne den Ton angibt: „Darf ich mich kurz vorstellen, ich bin Kreisvorsitzender der Bürgerbewegung Pro München“. Werner wurde weiter bejubelt, seine vorgegebenen Parolen und Werbung für die neurechte „Junge Freiheit“ weiter angenommen.

Außenstehende waren es, die Mitglieder der PDV dann darauf ansprachen und eine Erklärung forderten. Diese gab es rasch. „Wir, die PDV, distanzieren uns hier ausdrücklich von Pro Deutschland“- Was hohe Erwartungen bei manchen Zuhörern weckte, erwies sich schnell als Trugschluss. Denn, solange keine „nazistischen, sozialistischen“ Parolen durch Werner geschwungen werden, dürfe dieser selbstverständlich auch als „Pro Deutschland“-Vertreter weiterhin den Demonstrationszug anführen, so ein PDV-Funktionär. Dies verstehen die Gegner des öffentlich–rechtlichen Rundfunks nämlich „unter Meinungsfreiheit“. Auf den letzten 250 Metern erst wurde Werner dann doch noch das Megaphon „abgenommen“. Und hier scheinen die Veranstalter auch plötzlich bemerkt zu haben, dass die wenigen anwesenden Medienvertreter sehr wohl ein Auge auf diesen Vorgang haben. Doch die Aufregung kam reichlich spät – „Pro München“ hat noch am selben Abend über diesen ersten vermeintlichen Erfolg ihrer Organisation in München überhaupt auf ihrer Homepage stolz berichtet. Im Demonstrationszug befanden sich zudem mindestens zwei weitere Schilder, die mit dem Logo der „Bürgerbewegung“ versehen waren. Ohne, dass es irgendjemanden gestört hätte.

Auch in anderen Städten sah es nicht viel besser aus. Statt den 36.000 Teilnehmern, die der bundesweiten Facebook-Veranstaltung zusagten, waren es nur einige hunderte. In Karlsruhe nur ein kleiner Kreis an Personen, und dies, obwohl auch das neonazistische „Karlsruher Netzwerk“ zur Teilnahme aufrief. Das Kameradschaftsnetzwerk folgte damit dem neurechtem Magazin „Blaue Narzisse“ und dem Hassblog „PI-News“. Mangels eigener politischer Handlungsfähigkeit sprang auch die NPD auf den fahrenden Anti-GEZ-Zug auf. Die verschwörungstheoretischen Parolen gegen „Linksfaschisten“ und eine angebliche „Mediendiktatur“ dürften auch die letzten aufgeklärten Personen von der Teilnahme an den Protesten abgehalten haben.

Der Protest richtete sich nicht nur gegen den neuen Rundfunkbeitrag, sondern partiell auch gegen die öffentlich-rechtlichen Hörfunk- und Fernsehprogramme insgesamt, weshalb es in letzter Konsequenz auch ein Zeichen gegen deren kritische Berichterstattung über Antisemitismus und Rassismus sein sollte. Somit war diese Onlinebewegung von Beginn an rechtsoffen, was sich nun auch auf der Straße zeigte. Massenprotest jedenfalls sieht anders aus.