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Bad Nenndorf 2013: Naziaufmarsch durchs Hintergässchen?

 

Trommler Bad Nenndorf had

Lange Zeit galt der Neonaziaufmarsch im niedersächsischen Bad Nenndorf als der landesweit wichtigste Event der extrem rechten Szene. Doch seit zwei Jahren gehen Teilnehmerzahlen beim „Marsch der Ehre“ kontinuierlich zurück: demonstrierten 2010 etwa 1.000 Neonazis beim wichtigsten Event der extrem rechten Szene in Niedersachsen durch den Kurort, waren es im vergangenen Jahr nicht einmal halb so viele. In diesem Jahr rechnet die Polizei mit etwa 500 Teilnehmern aus der extrem rechten Szene. 

Von Kai Budler, zuerst veröffentlicht bei publikative.org

Haben Neonazis dieses Jahr das Nachsehen?

Seit 2006 ist Bad Nenndorf unweit von Hannover am ersten Augustwochenende das Ziel von Neonazis aus dem ganzen Bundesgebiet. Bei ihrem

Seit 2006 kommen Neonazis nach Bad Nenndorf. Hier ein Bild von 2010, Foto: Kai Budler.
Seit 2006 kommen Neonazis nach Bad Nenndorf. Hier ein Bild von 2010, Foto: Kai Budler.

geschichtsrevisionistischen Aufmarsch durch den niedersächsischen Kurort ziehen sie vom Bahnhof rund einen Kilometer vor das Wincklerbad in der Stadtmitte. Es war zwischen 1945 und 1947 vom britischen Geheimdienst als Internierungslager für meist ranghohe NS-Funktionäre genutzt worden, in dem es auch zu Misshandlungen und Folter gekommen war. Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe veranlasste die britische Regierung die Schließung, das Personal musste sich vor Gericht verantworten. Mehr als 50 Jahre später nutzt das selbst ernannte „Gedenkbündnis“ diese Vorkommnisse, um mit nationalsozialistischen Mythen die Geschichte zu verdrehen – der Aufmarsch ist bis zum Jahr 2030 angemeldet. Doch geht es nach dem Willen des Landkreises Schaumburg als Versammlungsbehörde, können die Neonazis ihre Kundgebung in diesem Jahr nicht vor dem Wincklerbad abhalten. Stattdessen soll der Aufmarsch vom Bahnhof auf einen Platz an der Rückseite des historischen Gebäudes geführt werden. Das geräumige von den Neonazis favorisierte Gelände vor dem Wincklerbad und die bisher für den Aufmarsch genutzte Bahnhofstraße sollen stattdessen einer Gegendemonstration unter dem Dach des DGB vorbehalten sein. Dafür hat der Landkreis elf geplante Anti-Nazi-Veranstaltungen zu einer zusammengelegt und den Teilnehmern für den 3. August die bislang von den Neonazis genutzte Strecke zugewiesen. Steffen Holz, Regionssekretär des DGB Niedersachsen-Mitte, erklärte zu der Entscheidung des Landkreises, es gebe kein Grundrecht, „dass den Nazis für Jahrzehnte zubilligt, immer am gleichen Ort zur selben Stunde demonstrieren zu dürfen“. Neben dem örtlichen Bündnis „Bad Nenndorf ist bunt“ und anderen Gruppen ist auch die 2012 ins Leben gerufene Initiative „Kein Naziaufmarsch in Bad Nenndorf“ vor Ort vertreten. Sie hat erst kürzlich prominenten Zulauf bekommen, als der Vizepräsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse, ihren Aufruf zur Blockade des Aufmarschs unterzeichnete. Einen ersten Erfolg konnte das Bündnis im vergangenen Jahr feiern, als rund 200 Personen den eingleisigen Bahnhof in Bad Nenndorf besetzten. Acht von ihnen schlossen sich mit Bügelschlössern zusammen und trugen somit maßgeblich zur Verlängerung der Blockade bei. In einem nahe gelegenen Ort weigerten sich die Busfahrer zudem, die Neonazis

Bereits bei der Anreise beim Aufmarsch 2012 machten die Neonazis keinen Hehl aus ihrer Gesinnung, Foto: Kai Budler.
Bereits bei der Anreise beim Aufmarsch 2012 machten die Neonazis keinen Hehl aus ihrer Gesinnung, Foto: Kai Budler.

zu befördern, so dass sie in der glühenden Sonne zu Fuß nach Bad Nenndorf laufen mussten. Dort wiederum wurden sie von den Anwohnern der Bahnhofstraße mit einer „Partymeile“ in den Vorgärten ihrer Häuser empfangen. Laute Musik und überquellende Fröhlichkeit machte es den Neonazis schwer, ihre Trauerminen beizubehalten. Ob die für dieses Jahr vorgesehene Routenführung Bestand hat, werden voraussichtlich die Gerichte entscheiden müssen, denn das extrem rechte „Gedenkbündnis“ hat bereits rechtliche Schritte angekündigt. Auf seiner Homepage heißt es, „Die uns auferlegten Schleichwege in eine kleine Gasse hinter dem Kurpark werden wir sicherlich nicht beschreiten.“

Wie jedes Jahr: extrem rechte Einschüchterungsversuche bereits im Vorfeld

Schon vor dem Aufmarsch mehren sich die Anzeichen auf extrem rechten Aktivitäten in und um den Kurort. Am Bad Nenndorfer Gymnasium prangten ein Hakenkreuz und extrem rechte Parolen. Bereits Mitte Juli war das Banner „Bad Nenndorf ist bunt“ vom Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr gestohlen worden. Bereits im Jahr 2010 war ein solches Banner entwendet worden, es war später bei der Durchsuchung einer Wohngemeinschaft von Mitgliedern der extrem rechten Szene sichergestellt worden. Im 14 Kilometer entfernten Stadthagen hatten Unbekannte jüngst den jüdischen Friedhof geschändet, in den Tagen zuvor waren vermehrt extrem rechte Aufkleber in der Stadt aufgetaucht. Für die Nazigegner in Bad Nenndorf ist der Anstieg extrem rechter Straftaten kurz vor dem „Marsch der Ehre“ nichts Neues: im vergangenen Jahr hatten unbekannte Täter Neonazi-Parolen gesprüht, wenig später war

Das geschmückte Wincklerbad, der Kundgebungsort der Neonazikundgebung, Foto: Publikative.org.
Das geschmückte Wincklerbad, der Kundgebungsort der Neonazikundgebung, Foto: Publikative.org.

es zu einem Anschlag auf das Haus der zweiten Vorsitzenden des Bündnisses „Bad Nenndorf ist bunt“ gekommen. Dessen Gegenaktionen in dem Kurort sind den Neonazis ein Dorn im Auge, denn auch sie dürften zu den rückläufigen Teilnehmerzahlen geführt haben. In diesem Jahr fordert das extrem rechte „Gedenkbündnis“, „Die Gegendemonstration ist wie bereits im Jahre 2010 zu verbieten“. Das Verwaltungsgericht Hannover hatte vor drei Jahren entschieden, die Neonazis demonstrieren zu lassen, eine Protestveranstaltung des DGB aber nicht zu erlauben. Schon damals hatte sich Bundestags-Vizepräsident Thierse zu Wort gemeldet und kritisiert, eine solche Parteinahme zu Gunsten einer Neonazi-Versammlung sei angesichts der deutschen Geschichte erschütternd. Mehr als ein Jahr später musste das Verwaltungsgericht seine eigene Entscheidung im Übrigen als rechtswidrig korrigieren.