„Da geht halt einer mit durchgeladener Glock 17, einer halbautomatischen Kurzwaffe, durch die Straßen mit der Phantasie in einem finalen Schusswechsel mit der Polizei zu sterben.“ So plädierte die Staatsanwaltschaft in der Berufungsverhandlung gegen ein Ex-NPD-Mitglied. Das Risiko, dass der 25-jährige wieder so handele und es dann zu der von ihm gewünschten Ausführung käme, sei beträchtlich. Deswegen wurde das erstinstanzliche Urteil – ein Jahr und drei Monate Haft ohne Bewährung wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen – aufgehoben.
„Notfalls hole ich mir meine Sachen mit Waffengewalt zurück.“ Mehr hatte der 25-jährige laut dem Fachmagazin „Blick nach Rechts“ während des ersten Verhandlungstages vor dem Weilheimer Amtsgericht nicht gesagt. Was ihm genommen wurde, das sind verschiedene NS-Devotionalien, darunter SS-Auszeichnungen seines Großvaters, und Waffen. Unter Anderem einen SS-Totenkopfring photographierte der Weilheimer und veröffentlichte ihn auf Facebook. In seinem Zimmer, so berichtet die Hausärztin von einem Besuch, hingen Bilder von Adolf Hitler und eine Hakenkreuzfahne.
Lächeln statt Aussagen
Während der Berufungsverhandlung vor einer Kleinen Kammer am Landgericht München war er selbst allerdings nicht mehr zu einer Einlassung bereit. Statt dessen stand ihm unablässig ein Lächeln ins Gesicht geschrieben. So war das Gericht zur Aufklärung auf Vernehmungen von Zeugen und Sachverständigen angewiesen.
Demnach sei der Bäcker mit 15 oder 16 in die rechte Szene gekommen. Seinen Grundwehrdienst hätte er geleistet. Dabei war er unterfordert; schließlich habe er seine Vorbilder bei der SS und deswegen keine Karriere bei der Bundeswehr gemacht. Lieber wäre ihm ein Einsatz „in der Fremdenlegion“. SS-Orden wie sein Opa würde er auch gerne erhalten. Auch sonst stehe er den Gedanken des Nationalsozialismus nahe. „Multikultizeug“ wolle er nicht hören und habe „zum urgermanischen Glauben zurück gefunden“. Waffen können er sich jederzeit wieder illegal besorgen.
Massive und bizarre Gewaltphantasien
Ein Sachverständiger, der den Angeklagten während seiner Haftzeit psychologisch begleitete, „kriegt so die Phantasie von einem Amokläufer“. Er hätte derartiges in 14 Jahren Kontakt mit Häftlingen noch nicht erlebt. Der psychologische Gutachter des Gerichts spricht von massiven und bizarren Gewaltphantasien.
Menschenleben seien dem Weilheimer egal, er spricht mit Bezug auf seine Gewaltphantasien davon, er könne „ein Jahrhundertfall werden.“ Nach seinen Taten hätten Personen mit ihm Kontakt aufgenommen, die ihm helfen könnten, ein solcher Fall zu werden. Ob es sich dabei ebenfalls um Neonazis handelte, wurde vor Gericht nicht erörtert. Der Angeklagte jedenfalls wolle „bei etwas großem“, „wolle im Kampf sterben und dann in Walhalla einziehen.“
Freispruch?
Der Verteidiger wand sich in seinem Plädoyer an die Schöffen und forderte den Freispruch. Sein Mandant wäre Schuldunfähig, er hätte keine Entscheidungsgewalt über seine Taten. Die Schöffen seien an juristische Fachfragen nicht wie die sonstigen Verfahrensbeteiligten gebunden. Die Staatsanwaltschaft hätte eine höhere Strafe gefordert, kam aber zu dem Schluss, dass eine Verurteilung in diesem Fall auf Grund der Gefährlichkeit des Angeklagten nicht vor einer kleinen Strafkammer erfolgen kann und beantragte die Verweisung an die große Kammer des Landgericht München II als dann erste Instanz. Das Gericht folgte dem Antrag und hob das Urteil des Amtsgericht Weilheim sowie den Haftbefehl auf und ordnete die Unterbringung des Angeklagten in einer psychiatrischen Anstalt an. Dieser „nickt auch jetzt wieder und grinst wie schon das ganze Verfahren“, schloss die Richterin die Urteilsbegründung.