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Südniedersachsen: Neonazi-Konzert mit „Reichstrunkenbold“ angekündigt

 

FlyerFür den heutigen Samstag wird ein Rechtsrockkonzert für den Raum „Südniedersachsen“ angekündigt. Spielen soll dort unter anderem die Band „Randgruppe Deutsch“ und der Liedermacher „Reichstrunkenbold“. Veranstalter ist eine Gruppierung mit der Bezeichnung „Angriff Niedersachsen“.

 

Waffen, Hetze, Hassmusik

Hinter dem „Reichstrunkenbold“ verbirgt sich der Neonazi Philip Tschentscher. Seine Texte sind voll offener NS-Ideologie, Rassismus, Antisemitismus und Mordfantasien. Auf seiner mit Hakenkreuz „verzierten“ CD „Der Untergrund stirbt nie“ finden sich Liedzeilen, wie „In Buchenwald, in Buchenwald, da wird kein Jude richtig alt. Fiederallala, fiederallala, fiederallalalala“ oder „Nach Bergen-Belsen fährt unser Reisebus. Wir fahren nach Bergen-Belsen. Die Öfen sind voll, die Stimmung ist toll“.

Der Name „Reichstrunkenbold“ ist dabei offensichtlich eine Anspielung auf den „Reichsleiter“ der NSDAP, Robert Ley, der diesen Spitznamen wegen seiner Alkoholsucht bekam und ein glühender Antisemit war.

Der ursprünglich aus Hessen stammende Tschentscher wurde in Österreich in Verbindung mit Neonazi-Kulturverein „Objekt 21“ im Januar 2014 zu einer dreijährigen Haftstrafe verurteilt. Bei den Neonazis des „Objekt 21“ fand die Polizei zahlreiche Waffen, darunter auch eine AK 47, Pistolen, abgesägte Schrotflinten und Sprengstoff. Angeklagt war Tschentscher unter anderem wegen „NS-Wiederbetätigung“ und „Verstoß gegen das Waffengesetz“. Laut  machte Tschentscher ein „Schuldeingeständnis“ und äußerte: „Ich möchte ein unpolitisches Leben führen und mir in Deutschland was aufbauen“.

Seit seiner Freilassung im März 2015 tritt Tschentscher allerdings wieder bei Konzerten und Liederabenden der Neonazi-Szene auf. Wie die Frankfurter Rundschau berichtete musste Tschentscher im April 2016 im hessischen NSU-Ausschuß aussagen. Auch dort behauptete er, dass die Texte seiner Lieder nicht seine politische Meinung wiedergeben würde und er sie nur zur „Unterhaltung“ gespielt habe.

Braune Klänge rund um den Harz

Die Band "Notensturm" vor der Kaiserplatz in Goslar. Screenshot von Facebook
Die Band „Notensturm“ vor der Kaiserpfalz in Goslar. Screenshot von Facebook

Schon mehrmals organisierte der „Angriff Niedersachsen“ Konzerte in der Harz-Region: Am 6. Juni 2015 traten in Einbeck die Liedermacher „Odur“ und „Wecki“ und die Bands „Heiliges Reich“ und „Notensturm“ bei einem gemeinsam mit der Neonazi-Partei „Die Rechte“ organisierten Konzert vor ca. 70 Zuschauern auf. Für den 12.09.2015  lud der „Angriff Niedersachsen“ zum einem „Liederabend“ nach Einbeck, bei dem neben dem „Reichstrunkenbold“ auch Sören Högel, ehemaliger Kopf der Neonazi-Gruppierung „Burschenschaft Thormania“ aus Braunschweig als „Gassenraudi“ auftrat. Außerdem war ein gemeinsamer Auftritt von Karin Mundt („Wut aus Liebe“) und ihrem Partner Simon Basista („Notensturm“) angekündigt. Basista gilt als Kopf der „Nationalen Kameradschaft Harz“, die im Raum Goslar/Langelsheim beheimatet ist.

Behörden zurückhaltend

Laut einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage von Bündnis 90/Die Grünen wurde bezüglich des „Liederabend“ am 12.09.2015 in Einbeck zwar das zuständige Ordnungsamt am Veranstaltungstag durch die örtlich zuständige Polizeibehörde informiert. Allerdings bestanden dort „keinerlei Bedenken“ über den „ordnungsgemäßen Ablaufs der Veranstaltung“, so dass „keine beschränkende Verfügungen“ erteilt wurden. Auch bei den anderen insgesamt 8 für den Zeitraum vom 01.07.2015 bis 31.01.2016 aufgeführten Konzerte und Lieder-/Balladenabende der rechten Szene in Niedersachsen schritten die Ordnungsbehörden nicht ein. Bei 5 der dort aufgeführten Musikveranstaltungen gab es allerdings polizeiliche Maßnahmen im Vorfeld. Da es sich aber „ausschließlich um private Veranstaltungen in angemieteten Räumen“ gehandelt habe, erfolgte in diesen Fällen „Kontaktaufnahmen mit den Veranstaltern und den Vermietern sowie Inaugenscheinnahmen der Veranstaltungsörtlichkeiten“. Darüber hinaus wurden lediglich „Kontrollmaßnahmen im Rahmen der An- und Abfahrt“ durchgeführt. Bei 3 Musikveranstaltungen gab es keine polizeiliche Maßnahmen, da diese erst im Nachhinein polizeilich bekannt wurden.