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Frei.Wild und ihr völkischer Regionalpatriotismus

 

„Frei.Wild“ bei einem Konzert in der Schweiz © CC BY-SA, Pakeha
„Frei.Wild“ bei einem Konzert in der Schweiz © CC BY-SA, Pakeha

Auf Facebook verlinkt „Frei.Wild“ das islamfeindliche Blog „Journalistenwatch“. Aktivisten von NPD und „Identitären“ starten Kampagnen für Frei.Wild, von denen sich die Band jedoch distanziert – und ein Streitgespräch im Bayerischen Rundfunk zwischen dem Undercover-Journalisten Thomas Kuban und „Frei.Wild“-Frontmann Philipp Burger lehnt die Band mit einer Stellungnahme ab. Wann immer „Frei.Wild“ im Fokus der Kritik steht, weist sie diese mittels eines standardisierten Schemas zurück, das inhaltlich jedoch kaum auf die Kritik eingeht. Der Störungsmelder hat dieses Verteidigungsschema der Band nun einmal näher betrachtet und analysiert.

In ihrer Ablehnung der Diskussionseinladung mit Kuban teilt die umstrittene Band mit: „Schlimm genug, dass ein „Verkleideter“ ohne Identität in deutschen Medien überhaupt Gehör finden darf und seine fortwährend immer selbigen vier Sätze im fast identischen Wortlaut in Endlosschleife abgedruckt und ungefragt für richtig deklariert werden“ und bitten darum, Kubans Namen nicht zu nennen. Frei.Wild gibt sich weiterhin als Opfer einer angeblichen Medienkampagne. Vor einer Woche veröffentlichten der Frontmann und Sänger Philipp Burger und die Band einen längeren Text zu ihrer Echo-Ausladung. Als Einführung in das Statement kommt das Standardargument gegen Musiker*innen, die Frei.Wild kritisieren: der „Promoeffekt“.

Auf die Idee, dass auch andere Menschen „Werte“ und Prinzipien haben, zum Beispiel Antifaschismus und der daraus resultierende Grundsatz „Wehret den Anfängen“, und sie deshalb nicht mit Musikern in “einer Reihe” stehen wollen, die bewusst oder unbewusst völkisch-nationale Inhalte verbreiten, kommen sie nicht. Und was daran undemokratisch, intolerant oder gar faschistisch sein soll, eine Nominierung zu einem Preis abzulehnen, erklären Frei.Wild leider auch nicht.

Sofort im Anschluss folgt das “Stempelargument”: Frei.Wild fühlen sich zu unrecht in die “rechtsextreme” Ecke gedrängt. Nur, das keine seriöse Kritik sie je als “rechtsextrem” bezeichnet hat. Und auch die gebetsmühlenartige Wiederholung der Ablehnung jedes „Extremismus“ macht diese nicht glaubwürdiger, vor allem angesichts der Huldigung einer „extremistischen“ Vereinigung, aber dazu später mehr.

Es folgt ein kurzer Exkurs in die Vergangenheit des Herrn Burger. Dass die „Kaiserjäger“ in der Kritik nur eine untergeordnete Rolle spielen und es vielmehr um die inhaltlichen Kontinuitäten geht, interessiert Frei.Wild scheinbar nicht. Es ist der selbe völkische Nationalismus, derselbe reaktionäre Heimatbegriff, der beiden Bands zu Grunde liegt und sich in den Texten von Liedern wie „Südtirol“, „Land der Vollidioten“ und „Wahre Werte“ artikuliert. Frei.Wild orientieren sich an einem von der Neuen Rechten propagierten Heimatbegriff, dem Ethnopluralismus, der so auch von den „Freiheitlichen“ geteilt wird, von denen sich Herr Burger nie ernsthaft inhaltlich distanziert hat. Die Nähe zum ethnopluralistischen Heimatbegriff unterstreichen sie einmal mehr mit den Worten „Heimat, das heißt für uns Familie, Freunde, Natur, Zusammenleben, Glaube, Kultur und vieles mehr. Es heißt für uns auch Geschichte, Tradition, Identität, Zugehörigkeit und einfach ein glückliches Zuhause zu haben…“. Sie unterstellen auch noch, dass dies „natürlich“ wäre und dies so „schier jeder empfindet“. Aber zumindest die zahlreichen Kritiker*innen scheinen das anders zu sehen. Und generell ist es schon sehr anmaßend im Namen von sieben Milliarden Menschen zu sprechen. Auch die Reduzierung der Diskussion auf Deutschland ist schlicht falsch. Frei.Wild und Herr Burger wissen ganz genau, dass sie ebenso von zahlreichen, und nicht wie behauptet „einigen wenigen“, Südtiroler*innen kritisiert (1), und ihre politischen Inhalte keineswegs von der Mehrheit getragen werden. Warum die Band eine inhaltliche Kritik mit Ausgrenzung und Rufmord gleichsetzt und warum Kritik an ihr verfassungswidrig sein soll, diese Antwort bleiben sie schuldig und bedienen sich so der Methoden, die sie ihren „Feinden“ unterstellen.

Im nächsten Abschnitt lehnen Frei.Wild erneut jeden „Extremismus“ ab. Nur wie glaubwürdig ist dieses Statement, wenn im offiziellen Video zu „Wahre Werte“  neben Südtiroler Separatisten auch Sepp Kerschbaumer und anderen Mitgliedern des „Befreiungsausschuss Südtirol“ (BAS)  gehuldigt wird – Der BAS führte Sprengstoffanschläge durch, um seine politischen Ziele durchzusetzen und wurde dabei auch von ehemaligen Mitgliedern der SS zumindest logistisch unterstützt. Dies passt nicht besonders gut zur „Extremismus“ablehnenden Haltung von Frei.Wild. Warum gibt die Band an, zu einem Dialog bereit zu sein, ignoriert jedoch die inhaltliche Kritik und wirft den Kritiker*innen Neid, Feindbildpflege, Selbstinzenierung und dergleichen vor? Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Kritik sieht anders aus. Auch die wiederholte Ablehnung von Neonazis hat Aufgrund der Huldigung Sepp Kerschbaumers und der BAS einen faden Beigeschmack.

Frei Wild  Wahre Werte Gedenkplatte
Salut für Separatisten unpolitisch? © Screenshot von YouTube

In einem Videointerview mit einem NPD Funktionär bekräftigt dieser die zahlreichen inhaltlichen Übereinstimmungen und äußert Verständnis für die ablehnende Haltung ihnen gegenüber. Anders wäre eine „Instrumentalisierung“ durch die NPD auch nicht möglich, denn z.B. die Ärzte lassen sich inhaltlich schlecht für die „nationale Sache“ ausschlachten.

Es folgt die schon gewohnte und dennoch politisch und soziologisch falsche Gleichsetzung, von „rechtsextremistischen“ und linksradikalen Inhalten, was das mangelnde politische Verständnis illustriert. Rechts wird auf den Nationalsozialismus reduziert, Links(radikal) wahlweise auf autoritären Sozialismus/Kommunismus, oder auf ein kleinbürgerliches Bild von Anarchismus.

Natürlich liegen die musikalischen Wurzeln von Frei.Wild im Rock´n Roll und Punk. Das ist aber auch bei RAC (Rock against Communism, meist faschistisch geprägte Musik-Veranstaltung) und Nazibands so, und sagt nichts über die textlich vermittelten Inhalte aus.

Glaubwürdiger werden Frei.Wild nicht, wenn sie den angesehen Journalisten Thomas Kuban diskreditieren, der sein Leben aufs Spiel setzt im von Frei.Wild angeblich so aufrichtig geführten Kampf gegen Nazis. Die Radiodebatte im bayrischen Rundfunk war die Chance auf einen Dialog mit einem der härtesten Kritiker – und Frei.wild kneifen.

Fazit: Mit der inhaltlichen Kritik haben sich Frei.Wild noch immer nicht auseinander gesetzt, sondern pflegen weiter ihren „Opferstatus“, was scheinbar wesentlich einfacher ist als sich der Kritik zu stellen und dadurch in einen Dialog zu treten.

 (1) https://blog.zeit.de/stoerungsmelder/2012/11/01/frei-wild-gehasst-verdammt-vergottert_10375 Kommentare 8 und 25