Wie im letzten Jahr veranstaltete der Kreisverband Neu-Ulm/Günzburg der NPD am 18.6. sein Sommerfest in einer Scheune bei Illertissen. Trotz aller Konspirativität – die Gäste wurden über einen Schleusungspunkt an der Autobahn zur Veranstaltung geleitet – gelang es den über 50 Neonazis nicht unentdeckt zu bleiben.
Direkt am Entwässerungsgraben, wenige hundert Meter östlich vom Illertissener Ortsteil Tiefenbach im schwäbischen Landkreis Neu-Ulm, liegt die Scheune eines örtlichen Landwirtes. Das Gebäude, das dieser sonst als Unterstand für landwirtschaftliches Gerät nutzt, stand bereits im vergangenen Jahr für das Sommerfest der NPD zur Verfügung. Zur diesjährigen „Sonnwendfeier“ begrüßte dort der Kreisvorsitzende Stefan Winkler seine über 50 Gäste. Für deren Unterhaltung sollten erneut der braune Liedermacher Frank Rennicke und als Redner Sascha Roßmüller sorgen. Wohl um sich familienfreundlich präsentieren zu können, errichtete man eine Hüpfburg für die Kinder. Abends wollten die extremen Rechten gemeinsam am Lagerfeuer sitzen.
Die NPD im Bezirk Schwaben tritt jüngst vermehrt mit Aktivitäten an die Öffentlichkeit. Am 28.10.2015 etwa versuchten 20 der Neonazis einen Vortrag der Grünen-Politikerin Claudia Roth in Tannhausen im Landkreis Günzburg mit „rassistischen und provozierenden Fragen“ zu stören und die Diskussion zu dominieren. Während eines Infostandes des NPD-Kreisverbandes wenige Tage später in Blaubeuren fuhr der städtische Bauhof zur „spontanten Leistungsschau“ auf. Rund 50 Nazigegner begleiteten die Szenerie. Weihnachten will die NPD über 100 Besucher zum „Kerzenabend“ in Memmingen gelockt haben. Am 9.3.2016 waren Mitglieder des Bezirksverbandes zu Gast auf einem Vortrag des Kreisverbandes Unterallgäu/Memmingen der AfD in Babenhausen zu „Merkels Asylpolitik“. Der Inhalt war dabei so angelegt, dass Winkler seine Zustimmung formulieren konnte, wenn er auch die Parteispitze stellenweise zu lasch finde. Auch Mitglieder von „Voice of Anger“ und andere Neonazis waren im Saal anzutreffen.
Auch zur „Sonnwendfeier“ am Samstag zeigten sich die Überschneidungen und Sympathien der verschiedenen Szenen in Schwaben. Unter den Gästen in Tiefenbach befanden sich auffällig viele Skinheads. Mit dabei: Mitglieder von der neonazistischen „Voice of Anger“ (VoA). Die Skinheadkameradschaft ist noch immer eine der größten aktiven ihrer Sorte in Bayern.
Stefan Winkler wurde diesen April als Bezirksvorsitzender der schwäbischen NPD bestätigt, womit er diese nach eigener Darstellung seit zehn Jahren anführe. Der ehemalige Gartenmarktverkäufer ist zudem Vorsitzender in seinem Kreisverband Neu-Ulm/Günzburg. Neben seinem Engagement für die „Nationaldemokraten“ betreibt er im Nebenerwerb ein Imkergewerbe im 2012 erbauten Einfamilienhaus am Rande eines Neubaugebietes in Holzheim bei Neu-Ulm.
Roßmüller bekleidete diverse hohe Ämter in der Bayern- und Bundes-NPD und war Mitarbeiter der sächsischen Landtagsfraktion der Partei. Heute ist er stellvertretender Landesvorsitzender in Bayern. Der Neonazi war Gründungsmitglied des 1993 verbotenen „Nationalen Block“. Außerdem war er zeitweise Teil der Führungsriege der inzwischen aufgelösten „Bandidos“ Regensburg. Dieses Chapter hat sich inzwischen allerdings aufgelöst.