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Zossen zeigt Gesicht mit Demokratie-Preis ausgezeichnet

 

In Berlin fand am Wochenende der bundesweite Jugendkongress „Demokratie und Toleranz – Zukunft mitgestalten“ vom Bündnis für Demokratie und Toleranz statt.Im Rahmen der Veranstaltung wurden mehrere Preise vergeben. Unter anderem an die Initiative „Zossen zeigt Gesicht“, deren Veranstaltungszentrum vor kurzem von Neonazis angezündet wurde. Mit den 5000 Euro Preisgeld kommt der Verein einem neuen Veranstaltungszentrum ein Stück näher.

Über 400  Jugendliche aus ganz Deutschland nahmen an dem Kongress teil. Nach drei Tagen mit intensiven Workshops und Abendveranstaltungen, wurden am Pfingstsonntag im Berliner Haus der Kulturen der Welt fünf Personen/Organisationen mit dem „Botschafter für Demokratie und Toleranz 2010“-Preis für Ihr Engagement gegen Gewalt, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus ausgezeichnet. Neben der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ gingen weitere Auszeichnungen an Thomas von Glahn aus Sachsen-Anhalt, Franz Rosenbach aus Bayern, Heiko Lietz aus Mecklenburg Vorpommern und den Berliner Verein Lichtjugend e. V.

Hier die Offizielle Begründung für die Auszeichnung von Zossen zeigt Gesicht:

Die Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“ hat sich im Januar 2009 gegründet und ist seit November 2009 Mitglied im Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. Der Initiativ-Gründung gingen insbesondere die sich verstärkende Präsenz und Aktivität rechtsextremer Gruppierungen voraus. So kündigte sich bereits im November 2008 Widerstand von rechts gegen die Verlegung von „Stolpersteinen“ zur Erinnerung an eine in Zossen einst wohnhafte jüdische Familie an. Einen Monat später störten Neonazis massiv eine Gedenkkundgebung für Zossener Juden, die in der Zeit des Nationalsozialismus vertrieben und ermordet wurden. Es folgten Demonstrationen der so genannten „Freien Kräfte TF“ und weiterer rechtsextremer Gruppierungen unter anderem auch zum Holocaust-Gedenktag im Januar 2009. Im selben Monat und als Reaktion darauf gründete sich das Bündnis „Zossen zeigt Gesicht“, das in Zossen das „Haus der Demokratie“ aufbaute. Als eigenständig entwickeltes Ein- bzw. Anwohnerprojekt wurde das Haus zu einer Zentrale für Aufklärungsarbeit und kreativen Widerstand gegen Rechtsextremismus in der Region. Zahlreiche Angebote der außerschulischen Weiterbildung, der Demokratieförderung sowie der kulturellen und politischen Bildung konzentrierten sich in dem Hausprojekt. Generationsübergreifend arbeiteten hier Zossener Anwohner an einer nachhaltig wirksamen Bildungs- und Begegnungsstätte.

Die über 50 Mitglieder der Bürgerinitiative waren mehrmals Opfer von Anfeindungen und Bedrohungen durch rechtsextreme Gruppen. Der Höhepunkt der Bedrohung gipfelte in einem Brandanschlag in der Nacht vom 22. auf den 23. Januar 2010 auf das „Haus der Demokratie“, in dessen Folge es vollständig zerstört wurde. Trotz der bestehenden Gefahr und Bedrohung für die Mitglieder der Bürgerinitiative, engagieren sich die Zossener weiter gegen die Präsenz von rechtsextremen Gruppen und leisten einen aktiven Beitrag zur Erinnerungsarbeit für die Opfer des Nationalsozialismus. „Zossen zeigt Gesicht“ wurde für sein Engagement mit dem Bündnispreis „Aktiv für Demokratie und Toleranz 2009“ ausgezeichnet.

Hintergrundinformation

„Volksverräter“ steht an seiner Tür und „Linke Sau“. Daneben prangen Hakenkreuze und an einer Mauer findet Jörg Wanke, Sprecher der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“, die Aufschrift „Jörg Wanke stirbt bald. Zossen bleibt braun.“

Jörg Wanke bleibt nicht der Einzige in Zossen, einem Ort nahe Königs Wusterhausen im brandenburgischen Landkreis Teltow-Fläming, der von den rechten Kräften der Region bedroht wird. Seit Januar 2009 gibt es die Initiative aus mittlerweile über fünfzig Ehrenamtlichen die nicht länger wegsehen wollten, wenn Stolpersteine geschändet wurden und auf Gedenkkundgebungen für die ermordeten und verfolgten Juden Zossens Neonazis „Lüge, Lüge!“ skandierten.

Die „Freien Kräfte Teltow-Fläming“, die im Umkreis von Zossen auftreten,  gehören zu den besonders aktiven Kameradschaften im Berliner Umland. Sie orientieren sich an dem Konzept der Autonomen Nationalisten, d.h. sie arbeiten in losen Organisationsstrukturen und benutzen zum Teil von der linken Szene verwendete Symbole. Als ein damals noch kleiner Kreis Zossener Bürger beschließt diesem Treiben etwas entgegen zu setzen ist eine Zielrichtung klar: Der „Haus der Demokratie“ getaufte und durch eigenes Geld und Spenden finanzierte Sitz der Initiative soll parteiunabhängig sein und jedem offen stehen, der sich der demokratischen Grundordnung verpflichtet fühlt. Das Haus der Demokratie entwickelt sich schnell zu einem Ort in der Stadt, in dem Kultur- und Demokratieförderungen auf unterschiedlichste Weise in die Praxis umgesetzt werden. Generationenübergreifend baut man das Haus zu einer Bildungs- und Begegnungsstätte aus. Es gibt ein Café, einen Proberaum für Jugendbands und Nachhilfeunterricht.

Diese Anstrengungen und Leistungen der fünfzig Engagierten finden in der Nacht vom 22. auf den 23. Januar diesen Jahres ein jähes Ende. Rechtsextreme Jugendliche im Alter von 13 bis 23 Jahren, aus Zossen und Nachbarorten,  brennen das Haus der Demokratie vollständig nieder. Zunächst gesteht ein 16 jähriger den Brandanschlag. Der genaue Tathergang dieser Nacht ist jedoch noch nicht abschließend geklärt.

Das „Haus der Demokratie“ in Zossen wird es wieder geben, das versprechen die Gründer und Neumitglieder der Bürgerinitiative „Zossen zeigt Gesicht“. Seit dem Brandanschlag gingen zahlreiche Spenden von Initiativen und Privatleuten ein. Das Engagement der über fünfzig Ehrenamtlichen ist gelebte Demokratie und steht für ein Bürgerengagement wie es für eine Gesellschaft wichtig ist. Die Initiatoren schauten nicht weg und schufen mit dem Haus für Demokratie einen Ort, an dem offen und gleichberechtigt Menschen jeden Alters mit einander diskutieren.