Staatsschutzbeamte aus Berlin und Dresden haben am Donnerstag Wohnungen von mutmaßlichen Angehörigen der linken Szene in Berlin durchsucht. Dabei wurde nach zwei Personen gefahndet. Einer davon ist der Vize-Vorsitzende der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten. Die beiden Männer sollen am 19. Februar dieses Jahres in Dresden versucht haben, den traditionell größten Neonazi-Aufmarsch Deutschlands zu blockieren. Den Männern im Alter von 34 und 48 Jahren wird vor allem schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen. In Dresden kam es seinerzeit zu Ausschreitungen. Einer der beiden Verdächtigen ist vorläufig in Gewahrsam genommen worden.
Von Hannes Heine
In Berlin soll auch der sächsische Staatsanwalt anwesend gewesen sein, der am 19. Februar die Razzia eines Büro der Linkspartei veranlasst hatte. Dies hatte das Landgericht Dresden später als nicht rechtmäßig befunden. Außerdem ließ die sächsische Staatsanwaltschaft am Donnerstag in Köln und in Aachen die Wohnungen von sechs mutmaßlichen Rechtsextremen durchsuchen: Verhaftet worden sei auch dort niemand, man habe nur nach Beweismitteln gesucht, bestätigten die Behörden.
In Dresden kritisierten Mitglieder von SPD, Grüne und Linke das Vorgehen gegen Neonazi-Gegner. Erst im August hatten sächsische Beamte die Diensträume des Jenaer Jugendpfarrers Lothar König durchsucht. Außerdem wurden inzwischen die Immunität von vier Abgeordneten der Linkspartei in Sachsen, Hessen und Thüringen aufgehoben. Wie König sollen sie sich an Aktionen gegen den Neonazi-Aufmarsch beteiligt haben.
Für Sachsens Linke-Fraktionschef André Hahn haben sogar die Gegendemonstrationen von 2010 ein juristisches Nachspiel. Anfang November werde gegen ihn Anklage erhoben oder ein Strafbefehl wegen eines Versammlungsdeliktes beantragt, teilte die Staatsanwaltschaft Dresden ebenfalls am Donnerstag mit. Der sächsische Landtag hatte zuvor mit den Stimmen der CDU/FDP-Koalition und der rechtsextremen NPD die Immunität von Hahn aufgehoben.
In Dresden versammeln sich jährlich um den Jahrestag der Bombardierung der Stadt im Zweiten Weltkrieg tausende Neonazis. Auch in diesem Jahr blockierten Gegendemonstranten die Marschroute der Rechtsextremisten.