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Propaganda für die Szene

 

Einer der Gründe, weshalb es für die überwältigende Mehrheit unserer Mitbürger_innen undenkbar ist, Sympathien für die organisierten Rechtsextremist_innen zu finden, ist der Verknüpfung letzterer mit dem Nationalsozialismus. Das äußert sich unter anderem im Verleugnen der nationalsozialistischen Verbrechen oder der Verwendung von und dem Spielen mit NS-Symbolen. Auch die krude Verehrung von Massenmördern aus der SS oder der NSDAP tut da ihr Übriges. Doch auch deren Verlautbarungen haben einen Unterton, der an die Sprache von Propaganda-Meldungen aus dem 2. Weltkrieg erinnern.

 Dass sich die rechtsextreme Szene seit langem moderner Medien bedient, ist hinlänglich bekannt.  Doch scheint sich bei der Plumpheit ihrer Berichterstattung seit den Wochenschauen anno 1944 nicht viel geändert zu haben. Auch die dümmste Aktion wird hinterher als Erfolg gefeiert, die schlimmste Niederlage umgedeutet und politische Gegner_innen in jedem Fall und bei jeder Gelegenheit verhöhnt.

Wer regelmäßig die einschlägigen „Weltnetzseiten“ – zu deutsch Websites – liest, dem stellt sich die Sache so dar: tapfere Kämpfer für die Nationale Sache bieten der allseits lauernden Gefahr durch westlich-kosmopolitische Dekadenz edelmütig die Stirn. Zu ihrem eigenen Erstaunen stoßen sie dabei auf unglaublich große und positive Resonanz der deutschen Bürger_innen. Dann tauchen einzelne Gegendemonstrant_innen auf, die wahlweise SED-Verbrecher_innen sind, antifaschistische Schlägerbanden, hirngewaschene Büttel der alliierten Reeducation oder nur hysterisch schreiende Alt-Hippies. Egal wer sich ihnen in den Weg stellt – er oder sie ist nicht ganz bei Trost. Einzig der nationale Kämpfer steht für das Gemeinwohl ein; das exklusiv deutsche Gemeinwohl, versteht sich.

Diese holzschnittartigen Stereotype wiederholen sich mit jedem Bericht eines Infostandes, einer Demonstration oder einer anderen Aktion. Selbst bei Schlägereien sind es immer die anderen – Migrant_innen oder Antifaschist_innen – die dem Nazi zu Unrecht in Konflikt geraten. Letzterer wiederum habe ja nur mit ehrlichem Mitteln für die gerechte Sache gekämpft; auch, wenn er wegen Körperverletzung mehrfach vorbestraft ist.

Dass diese Berichterstattung nicht der Realität entspricht, konnte man kürzlich in Hamburg erleben. Im Rahmen des bundesweiten Aktionstags der NPD hatte deren versprengter Landesverband mit Unterstützung durch Freie Kameradschaften (in Hamburg identisch) Anfang März eine Reihe von Infoständen aufgebaut. In Ihrer Erfolgsmeldung hieß es hinterher, es „konnten die Hamburger Aktivisten ihre Überzeugungsarbeit leisten“. Speziell zu einem Stand im Stadtteil Billstedt war folgendes zu lesen: „Die Begleitung durch eine Hundertschaft Polizei und vielleicht 20 Anhänger der Linkspartei (…) sorgte für erhebliche Aufmerksamkeit. Der Publikumsverkehr wurde dadurch aber nicht abgeschnitten. Bürgergespräche und Verteilungen konnten also stattfinden. Nur als eine Abordnung der Linkspartei erfolglos versuchte, den Tisch umzuwerfen, gab es ein wenig Aufregung. (…) Insgesamt kann festgestellt werden, dass die Akzeptanz für nationale und sozialistische Forderungen in den meisten Stadtteilen weiter zunimmt. Sofern es überhaupt noch zu „Protesten“ kommt, tragen diese eher dazu bei, unsere Position zu stärken.“ (Aktionsbüro Norddeutschland 14.3.09)

Tatsächlich aber spielte sich das Geschehen vollkommen anders ab. Der rechtsextreme Infostand war in einer zugigen und schattigen Ecke außerhalb eines Einkaufszentrums aufgestellt, von dem die meisten Passant_innen keinerlei Notiz nahmen. Die rund 15 umstehenden rechtsextremen Aktivisten – alle in schwarz und z.T. mit Hitlerfrisur – taten ein Übriges, um dem Stand aus dem weg zu gehen. Einer der Neonazis trug sogar einen Kapuzenpulli mit der altdeutschen Aufschrift „Gas“ und einen Helm am Gürtel. Die vermeintlichen Kämpfer hinter dem Stand wirkten dagegen sehr nervös, befürchteten sie doch einen linken Angriff. Während der Stunde, die ich den Stand beobachtete, kam kein einziger Passant auch nur in die Nähe desselben. Als schließlich zwei links aussehende Leute auf den Infostand zugingen und sich das ausliegende Material griffen, gab es ein unüberschaubares Gerangel, das relativ schnell von der anwesenden Polizei beendet wurde. Daraufhin war der Infostand und dessen rechtsextreme Beschützer von einem Polizeiring umgeben, der mehr denn je Passant_innen davon abhielt, diesen zu frequentieren (siehe Foto).

 Die unrealistische, von keinerlei Selbstkritik getrübte Berichterstattung rechtsextremer Aktivitäten müsste eigentlich jedem scharfsinnigen Beobachter der Szene ins Auge springen. Eine solche Diskrepanz zwischen Fremd- und Selbstwahrnehmung dient mit Sicherheit nicht dazu, beim Normalbürger oder der Normalbürgerin Sympathien zu erwecken. Einmal mehr stellt sich die rechtsextreme Szene hingegen dar als eine eingeschworene Clique – die es nötig hat, sich permanent selbst zu beweihräuchern.