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Lieder, Lieder, Latschenkiefer

 

Betörende Alben nahm Maria Taylor mit Azure Ray auf. Ihr drittes Solowerk „Lady Luck“ nun klingt, als sei es nach der Anleitung des Fernsehkünstlers Bob Ross gepinselt

Cover

 
Maria Taylor – Time Lapse Lifeline
 
Von dem Album: Lady Luck Nettwerk (2009)

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Maria Taylor gebührt Lob!

Drei pulsierende Alben und die unwerfende November EP nahm sie mit Orenda Fink zusammen als Azure Ray auf. Kurze drei Jahre lang pinselte das Duett aus Athens, Georgia, himmelblaue Lichtstrahlen in die Welt. Folk und Country, weder weird noch alternative, weder schroff noch schmierig. Aus Tönen, die jedes feine Härchen im Ohr umschmeichelten. Auf einer ihrer ersten Platten spielten sie Townes Van Zandts For The Sake Of The Song nach – damit war eigentlich alles gesagt. Die beiden Frauen hörten auf, als es am schönsten war, im Jahr 2004.

Maria Taylor spielte fortan alleine. Mit den Alben 11:11 und Lynn Teeter Flower musizierte sie dort weiter, wo Orenda Fink sie verlassen hatte. Nicht mehr ganz so opak, nicht mehr ganz so fließend, kein bisschen spröde. Aber weiterhin schrecklich schön.

Nun Lady Luck, die dritte Soloplatte. Und es fährt dem geneigten Hörer in die Glieder: Nicht wie sonst die Wärme, nein, der Schreck über das hier Erklingende. Künstliches Pferdegetrappel, Weihnachtsglocken, eine Querflöte und eine öde Melodie sollen von Frau Glück künden. Oder vom Frauenglück. Ob der Titel aus einem oder zwei Worten besteht, ist nicht genau zu erkennen. Ist angesichts des seichten Vortrags auch gleich.

Anfangs kämpft sie noch, die Platte, die Sängerin. Time Lapse Lifeline ist immerhin ein ganz gefälliges Folkrockstückchen, It’s Time schon nicht mehr. Ab Mitte des Albums bäumt sich dann gar nichts mehr auf: Ein seichtflotter Rumpelcountry, eine banalorchestrale Ballade, ein fades Poplied. Es gibt 245 Synonyme für „seicht“.

Ganz nett ist schließlich noch das finale Cartoons And Forever Plans, komponiert und gesungen mit dem Vortänzer von R.E.M., Michael Stipe. Zur Ehrenrettung gereicht das nicht.

In seiner Fernsehsendung The Joy Of Painting malte Bob Ross viele „happy little clouds and trees“ und „pretty little mountains“. Durchaus behände, aber immer viel zu nah am Kitsch. Er vertrat die Auffassung, jeder könne nach seinen Instruktionen ein zauberhaftes Gemälde anfertigen, seine Anleitungen, Farben und Pinsel sind in Bastelgeschäften erhältlich. Über die Qualität seiner Bilder kann man streiten, die Masse sprachen seine hyperrealistischen Landschaften und Tierbilder an.

Lady Luck klingt, als sei es nach einer Anleitung von Bob Ross gefertigt. Es ist gefällig, es ist schön, natürlich. Aber auf eine so einfache Art. Viel zu berechnende Hintergrundmusik. Der Schrecken weicht bald der Langeweile. Die Melodien gleichen sich, manche sind eben ein bisschen düster, manche säuselig. Brüche? Überraschungen? Fehlanzeige. Wie Seifenstücke in der feuchten Hand aalen sich die Lieder, manche riechen nach Vanille und Latschenkiefer, andere nach Lavendel und Papaya. Ob sie nun endlich auch einmal die Masse auf ihrer Seite haben möchte? Wer weiß, vielleicht klappt das ja sogar.

So wenig sich der Kauf ihres neuen Albums lohnt, so unausweichlich ist der Besitz der ersten fünfeinhalb Alben aus Frau Taylors Feder, denn die sind wahrlich einzigartig. Gelobt sei also wieder und wieder ihr früheres Werk. Und hoffentlich auch ihre nächste Platte wieder.

„Lady Luck“ von Maria Taylor ist auf CD bei Nettwerk/Soulfood Music erschienen.

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