Ein Hoch auf das Schlagzeug! Auf ihrem neuen Album betten die Foals ihre fordernden Rhythmen, mit denen sie berühmt wurden, in große, volltönende Melodien.
Es gibt nicht viele Musikstile, die vom hintergründigen Schlagzeug dominiert werden: Thrash- oder Speed-Metal bisweilen. Bestimmte Spielarten des Jazz. Und Math-Rock, eine Kategorie des Progressive, die so randständig ist in der Gitarrensoundfamilie, dass die allwissende Müllhalde Wikipedia ihr lange Zeit nicht mal eine eigene Rubrik gewidmet hat. Im Math-Rock also, wo die Taktlängen so krumm sind, die Metren so dissonant, dass sie nur mit dem Vorsilbenkürzel der Mathematik annähernd erfassbar werden, spielen Drums endlich mal die erste Geige.
Das tun sie auch im Falle der Foals. Zwar nicht allein, wie bei extrem strukturlastigen Virtuosen des Math-Rock von Shellac bis Dyse, aber doch sehr weit vorn in der Wahrnehmung, da also, wo die Musik spielt.
Die spielt nun bereits auf dem dritten Studioalbum der britischen Soundrechner aus Oxford, und Holy Fire, so der Titel, gelingt dabei ein kleines Kunststück: Jack Bevans wissenschaftlich präzise Schlagzeugkaskaden mögen ebenso vordringlich sein wie auf den ersten zwei Platten einer Band, die vom Feuilleton gefeiert wird wie kaum eine andere dieses Genres – aber die Trommeleien ragen nun nicht mehr so heraus, obwohl sie herausragend sind.
Denn Yannis Philippakis‘ mal harmonisierende, mal kreischende Gitarrenflächen haben sich ein Stückchen angestammtes Rockterrain zurückerobert. Seine verschroben hohle, manchmal fast gutturale Stimme legt sich fordernd darüber wie eine andauernde Befehlskette. Einzig der Bass von Walter Gervers bleibt gewohnt subtil.
Die Musik wird somit stetig variabler, melodiöser, voller, vor allem aber: besser. Am besten zu hören ist das in unmittelbarer Folge Richtung Finale, wo der neunte Track Providence Taktfolgen unter ein knappes Dutzend Worte über blutende Menschen und Tiere drückt. Gefolgt vom redseligeren Step Son, in dem die Drums fast minimalistisch daherkommen, einem Computerprogramm ähnlich. Bis Jack Bevan im abschließenden, sehr elektroiden Moon ganz von der Klangfläche verschwindet.
Diese Kommunikation der Einzelteile mit wechselndem Schwerpunkt sind das Alleinstellungsmerkmal der Foals. Und damit erreicht dieses saxofonbegleitete Quintett ein Niveau, dessen Vielschichtigkeit sich nur noch an sich selbst messen lässt, auch wenn es wunderbar zwischen anderen Klangvirtuosen hin- und herschwingt: dem Experimentalpop der Yeasayer zum Beispiel, mit denen die Foals die Jagdlust in allen Musikrevieren teilen, und dem elegischen Indie von Bloc Party etwa, mit denen sie kurz nach ihrem Debütalbum 2008 auf Tour waren.
Keine schlechten Referenzgrößen für eine Band, die gerade mal fünf Jahre lang besteht, seither aber im Grunde einen eigenen Stil geprägt hat. Mit Math-Rock wäre er nur unzureichend beschrieben. Kein Label, nirgends. Bis auf eines: Foals.
„Holy Fire“ von Foals ist erschienen bei Warner.