Die Platten von Koop sind Reisen durch die Jazzgeschichte. Aus Versatzstücken alter Aufnahmen basteln sie organische neue Lieder. Auf ihrem dritten Album „Koop Islands“ zelebrieren sie nun die exotisch schillernden Klänge der dreißiger Jahre
Oscar Simonsson und Magnus Zingmark aus Stockholm sind Koop. Sie erkunden die Geschichte des Jazz, indem sie alte Stücke auseinandernehmen und neu zusammensetzen. Das machen heute viele? Stimmt. Doch Koop mischen nicht einfach Versatzstücke alter Aufnahmen mit zeitgenössischen Rhythmen. Sie verwenden die Schlagzeugklänge alter Jazzplatten, kombinieren sie und modifizieren sie behutsam. Etwas Neues entsteht, es klingt alt und organisch. Ist es das Material des Schlagwerks, das man da hört?
Die Arrangements sind aufwändig, auch sie kommen aus dem Sampler. Koop verwenden dafür Teile alter Big-Band-Aufnahmen, die sie übereinander schichten. „Wir versuchen, eine Musik zu machen, bei der man nicht unterscheiden kann, ob sie echt ist oder nicht“, erklärt Oscar Simonsson. „Wir versuchen, eine Illusion zu erschaffen.“
Ihre bisherigen Platten bedienten sich beim skandinavischen Cool-Jazz der Fünfziger und bei der Musik von Sängerinnen wie Karin Krog und Monica Zetterlund. Koop Islands geht nun weiter zurück in die Geschichte. Man assoziiert exotisch geschmückte Cocktail-Bars. Und Broadway-Shows, in denen Männer in Zoot-Suits und knapp bekleidete Frauen zu Südsee-Folklore tanzen. Und Jazz, der hemmungslos bei den Stilen wildert.
Bereits in den achtziger Jahren spielte August Darnell mit solch exotischen Illusionen. Seine bunten Showtruppen Dr. Buzzard’s Original Savannah Band und Kid Creole & The Coconuts waren die trojanischen Pferde für seine satirischen Texte. Selten war Disko-Musik so überkandidelt und zynisch zugleich.
Koop sind keine Zyniker. Ihre Musik ist aus der Liebe zum Jazz geboren. Mit Yukimi Nagano haben sie eine begnadete Sängerin gefunden. Und Rob Gallagher, bekannt als Galliano, darf auf der Platte seine Poesie vortragen. Wie August Darnell spielen Koop auf Camp an, das sieht man auf den Plattenhüllen. Auf Koop Islands posieren die beiden Musiker stark geschminkt in Frauenkleidern im Stil der dreißiger Jahre. Das Verkleiden und Posieren betreiben sie bei all ihren DJ-Auftritten, Konzerten und Interviews. Ihre Musik bezeichnen sie als weiblich. Das Machogehabe der Rockszene ist ihnen ein Gräuel, ebenso der damit verbundene Wunsch nach Authentizität. Koop Islands ist ein Lob der Künstlichkeit und der Vielschichtigkeit.
„Koop Islands“ von Koop ist als LP und CD erschienen bei Compost
Hören Sie hier „Whenever There Is You“
…
Weitere Beiträge aus der Kategorie JAZZ
Soweto Kinch: „A Life In The Day Of B19: Tales Of The Tower Block“ (Impulse 2006)
Pharoah Sanders: „The Impulse Story“ (Impulse 2006)
William Parker: „Long Hidden – The Olmec Series“ (AUM 2006)
Soweto Kinch: „Conversations With The Unseen“ (Dune 2003)
Herbie Hancock: „Sextant“ (Columbia 1973)
Alle Musikangebote von ZEIT online finden Sie unter www.zeit.de/musik