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Frisches Rummsen

 

Dubstep ist ein junges Genre und hat längst den Mainstream erreicht. Nun kommen King Midas Sound, um es vor dem Stillstand zu retten.

© Hyperdub
© Hyperdub

Fast hatte man den Eindruck, die Sache mit dem Dubstep habe sich erledigt – schallt er heute doch nicht mehr aus dem Club, sondern vor allem aus Werbung für Computerspiele, Autos und Sportgeräte. Eigentlich das Todesurteil.

Und dann das: King Midas Sound hauchen dem Genre unverhofft neues Leben ein. Ihr Debüt Waiting For You reist dorthin, wo der Dubstep noch frisch rummst.

So lang sind die goldenen Tage des Dubstep gar nicht her: Anfang des gerade ausgeklungenen Jahrzehnts hatte er sich in den Clubs in London zusammengebraut. In den Tiefen rumorte es, in Zeitlupe schwingende Bässe und eindringlich vorgetragene Zeilen massierten das Trommelfell und zerfurchten das Gemüt. Weit, weit darüber zischelten mechanische Takte, hier und da erleuchteten grelle Keyboardblitze die Nacht.

In den Jahren 2006 und 2007 erschienen einige tolle Werke, die beiden Alben von Burial etwa, die Debüts von Kode9 und Distance und die Skreamizm-Serie von Skream. Labels wie Hyperdub, Planet Mu und Tempa sorgten stetig für Veröffentlichungen, meist auf 12-Inch-Singles. Danach wichen die Bässe aus der Londoner Disco, die sonnengetränkten Synthesizerklänge der Achtziger erlebten ihren dritten Frühling.

Dubstep veränderte sich. Burial entdeckte auf Untrue den Soul, The Bug führte die Kreaturen seines London Zoo in die jamaikanische Dancehall. Und Skream ging auf dem fünften Teil von Skreamizm sogar ein paar beschwingte Schritte Richtung Detroit. Und nun? Wenig ist zu hören von Burial, Skream remixen La Roux. Und Wayne Rooney schießt zu bravem Dubstep ein paar Tore für seinen Ausrüster.

Aber wie gesagt, King Midas Sound sind gekommen, den Dubstep zu retten (etwas dermaßen Heroisches passiert normalerweise ja nur im Rock’n’Roll).

Es muss etwa auf dem Höhepunkt des Dubstep gewesen sein, da begannen Kevin Martin und Roger Robinson, das Album Waiting For You aufzunehmen. Drei Jahre lang arbeiteten sie dran, der Titel entbehrt also nicht der Selbstironie.

Roger Robinson ist Dichter, er kommt von Trinidad und lebt mal in London, mal in der Karibik. Sein verwaschenes Falsett ist charmant und ungewohnt, es bildet den einen Pol von Waiting For You. Hier und da scharwenzelt die Sängerin Hitomi um ihn herum.

Vom anderen Pol wirft Kevin Martin drängende Bässe herüber. Neben King Midas Sound betreibt er ein gutes Dutzend weiterer Bands und Projekte, er verbirgt sich etwa hinter den bereits genannten The Bug. Deren London Zoo war der brachiale Versuch, Jamaika und Dubstep in einen winzigen Raum zu zwängen. Spannend war das, aber auch herausfordernd. Auf Waiting For You geht Kevin Martin viel gelassener zur Sache. Die Hektik, die Aggression sind verschwunden, die Basstrommel scheint tiefgefroren zu sein.

Nennen wir ein paar Namen, damit man sich das Ganze besser vorstellen kann: Cool Out etwa klingt erstmal, als spiele Tricky Fight For Your Right von den Beastie Boys nach, ins Mikrofon nölt die gelangweilte Kim Gordon von Sonic Youth. Das kann man sich so nicht vorstellen? Nun, Robinson spricht, singt, haucht. Der Beat ist karg und brüchig, um-pa, um-um-pa. Die Basstrommel scheint dem Tieftöner schon beim ersten Wumms den Garaus gemacht zu haben. In dicken Wintertretern wuchten King Midas Sound ihre Schritte über die Tanzfläche. Die Löcher zwischen den Bassschlägen flicken sie nur notdüftig. Ein bisschen Rascheln und Knacken, mal ein klagender Synthesizer, das ist alles.

Die Texte drehen sich oft um sich selbst, Robinson besingt die Klänge, die ihn umflirren, den Donner des Basses, die Blitze der Snare. „Voted by the ghetto for the best sound ever – bass super heavy and the lyrics well clever.“ Das glauben wir ihm gern.

„Waiting For You“ von King Midas Sound ist auf CD bei Hyperdub/Cargo Records erschienen.