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Die Welt neu ertastet

 
Der französische Saxofonist Jean-Luc Guionnet und der japanische Mischpult-Spieler Toshimaru Nakamura begeben sich auf gemeinsame Entdeckungsreise und erfinden klangliche Extremsituationen

Am Anfang ist Stille, ein Moment der Konzentration und des Innehaltens. Danach ertönt behutsames Knistern, ein Rauschen, schließlich der lang gezogene Ton des Altsaxofons. Schrill klingt er, fast schmerzhaft. Map heißt das Album, das der französische Saxofonist Jean-Luc Guionnet mit dem japanischen Mischpult-Spieler Toshimaru Nakamura aufgenommen hat, vier Klangkunstwerke haben sie aus dem Moment der Stille erwachsen lassen.

Jean-Luc Guionnet ist Philosoph, Maler und Musiker. Er spielt Altsaxofon und Kirchenorgel. Seine Kompositionen aus elektronischen und organischen Klängen bewegen sich an den Rändern zur Musique concrète. Klangerforschung betreibt Guionnet auf vielen Ebenen: Er spielt Free Jazz und Freie Improvisation, konzipiert Klanginstallationen und verfasst Abhandlungen über Klangästhetik.

Sein musikalischer Partner auf Map, Toshimaru Nakamura, spielte früher E-Gitarre und entwickelte dann das No Input Mixing Board. Er verstöpselt Eingang und Ausgang eines Mischpults und lässt die Eigengeräusche der Regler und die entstehenden Feedbackwellen erklingen. Das Mischpult gibt ihm die Möglichkeit, mit elektronischen Klängen sehr kontrolliert zu experimentieren. Langsamkeit zeichnet sein Spiel aus, ein sehr behutsamer Umgang mit Geräusch und Stille. Gemeinsam mit Sachiko M und Otomo Yoshihide erarbeitete er Ende der Neunziger das mikroskopische Klangkonzept der Onkyo-Musik, eine japanische Spielart der Freien Improvisation. Das Wort Onkyo beschreibt den Nachhall eines Klangs.

Map wurde im Rahmen zweier Begegnungen der beiden Musiker aufgenommen, im März 2007 in Montreuil und im Juli 2007 in der Collègiale Sainte-Croix in Parthenay. Guionnet und Nakamura erschaffen auf dem Album klangliche Extremsituationen. Die Stücke werden getragen von musikalischer Spannung und Intensität, in die sie mikroskopische Variationen einfließen lassen. Sie ertasten eine neue Welt, pflanzen Klänge in den Moment der Stille. Wie auf einer weißen Landkarte bewegen sich die Stücke langsam vorwärts. Sie hinterlassen Spuren, schmale Wege, die sich nach und nach vernetzen.

„Map“ von Jean-Luc Guionnet und Toshimaru Nakamura ist bei Potlatch erschienen.

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