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Er bleibt

(nach Eduard Mörike »Er ist’s«)

Winter lässt sein graues Band
wieder flattern durch die Lüfte;
Kalte, wohlbekannte Düfte
Streifen eisigkalt das Land.
Leise sinkt der Schnee
auf die Erde nieder.
Tiefgefroren ist der See.
Winter, du bist’s wieder!
Dich hab ich vernommen!

Pia Binder, Saskia Schillinger, Tulla-Gymnasium, Rastatt

 

Lümmelbolzen: Mein Wort-Schatz

Die Wörter »Kausche« und »Schäkel«, verblüfften Ihren Leser, dabei sind sie jedem Segler zur Hand, wenn eine Trosse zu belegen ist. Frivoler mutet da schon der Lümmelbolzen an. Dieses Wort lernte ich 1955 als Maschinenbau-Praktikant auf einer Schiffswerft kennen. Die Leute auf der Werft sind ja bekanntermaßen nicht zimperlich, verbarg sich hinter dem Wort also eine erotische Anspielung? Nein, der Lümmelbolzen gehört(e) zum Ladegeschirr jedes Stückgutfrachters. Am zugehörigen Mast abgestützt, gestattet(e) er dem Ladebaum die Hub- und Schwenk-Bewegung. Das Präteritum (siehe Klammer) ist übrigens dem Container-Zeitalter geschuldet: Moderne Frachter benötigen keine Ladebäume mehr.

Joachim Conseur, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Nach dem Tod meines Mannes war ich sehr traurig und konnte mir nicht vorstellen, jemals wieder so zu lieben, wie wir es taten. Doch nun lebt Götz bei mir und meiner neunjährigen Tochter. Und auch wenn es draußen regnet, lacht für uns die Sonne.

Simone Herold, Mannheim

 

Das ist mein Ding

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Dieser Pfriem erinnert an meine Schneiderlehre vor über 50 Jahren. Ich benutzte ihn damals, um Löcher in Gürtel zu bohren, die dann fein umstochen wurden. Lange hatte ich auf Flohmärkten nach so etwas gesucht. Die Freude war groß, als mir mein Bruder zu einem Geburtstag dieses Prachtstück (Elfenbein, 6,5 Zentimeter lang) zum Geschenk machte. er hatte es bei einem Klavierrestaurator aus einer Klaviertaste arbeiten lassen.

Wer weiß, wer diese Taste schon zum Klingen brachte?

Luci Friese, Hamm

 

Was mein Leben reicher macht

Das neue Hörgerät meiner 80-jährigen Mutter: Wenn wir in einer geräuschvollen Kneipe sind, kann sie die »Zwischentöne« vom Nebentisch sogar besser verstehen als ich. Das ist doch mal eine echte Verbesserung von Lebensqualität.

Joe Faß, Hannover

 

Vaters Zeugnis

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Kürzlich besuchte ich meine Eltern. Dabei kramte mein Vater, der ein Sammelsurium an Souvenirs aus seiner Seefahrerzeit besitzt, ein wenig in seiner Schatzkiste und förderte ein Dienstzeugnis aus dem Jahr 1967 zutage. er fuhr auf dem Schiff MS Ostfriesland über den Atlantik bis nach Panama, Costa rica, Guatemala, Vancouver und wieder zurück. Laut gelacht habe ich über das Bewertungskriterium Nummer zwei, »Nüchternheit« – ein Punkt, der bei Seefahrern stets im Fokus der Aufmerksamkeit stand. Diese Anforderung bestand mein Vater, der als Maschinist auf dem Frachter arbeitete, aber offenbar mit Bravour.

Stefan Moosleitner, Ainring, Bayern

 

Was mein Leben reicher macht

Ein Rotweinabend – ich lese meinem zukünftigen Mann expressionistische Lyrik von Georg Heym vor. Wir malen uns die bunten, wilden, kriegerischen Bilder aus. Dann sage ich: »Der hat den Krieg übrigens nie erlebt. Ist vorher beim Schlittschuhlaufen ertrunken.« Daraufhin er: »So wie Karl Marx, der war ja auch nie im Wilden Westen.« Ich pruste los, nach einem Moment merkt auch er, dass da etwas nicht stimmte. Wir lachen Tränen. Ich liebe diese Prise Verpeiltheit an ihm!

Anna Mackenbrock, berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Sohn Benjamin, der mich – in der Babytrage an meinen Bauch geschnallt – selig anschnarcht, während ich zwischen Abwaschbergen in der Küche Songs der Red Hot Chili Peppers singe und Luftgitarren-Soli zum Besten gebe.

Leif Schomann, Bremen

 

Bemusen: Mein Wort-Schatz

In der Ausgabe ZEIT Nr. 3/13 wurde in dieser Rubrik der »Schäkel« erwähnt, der in der Schifffahrt und im Maschinenbau dazu dient, Tauwerk, Seile und Ketten zu befestigen. In diesem Zusammenhang existiert noch ein anderes wunderschönes Wort und zwar bemusen. Einen Schäkel bemusen bedeutet, ihn mit einem Draht gegen unbeabsichtigtes aufdrehen zu sichern. Obwohl ich oft mit Schäkeln hantiere, bin ich, mangels technischer Notwendigkeit, bisher jedoch noch nie in den Genuss gekommen, selbst zu bemusen. Die Musen küssen eben nicht jeden.

Stephan Müller, Meerbusch

 

Wenn das Alter dahinschmilzt

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Dieses in klirrender Kälte aufgenommene Portrait hat seinen ganz besonderen Reiz: Hinter der Eisscholle scheint das Gesicht wie in Falten gelegt. Wenn sie schmilzt, erfährt es eine Verjüngung: Vergänglichkeit mit entgegengesetztem Vorzeichen.

Roland Schönmüller, Unterfranken, Nordbayern