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Die Kritzelei der Woche (1 von 2)

Heute hab ich ausgemistet. Auch meine Mitschriften von einer Fortbildung zum Thema »Personalentwicklung« mussten daran glauben. Von dieser Kritzelei konnte ich mich dann aber doch nicht trennen …

Anne Ames, Tübingen

 

Was mein Leben reicher macht

Die Letzte im großen Schwimmbecken zu sein und bei einbrechender Dunkelheit zu sehen, wie meine Wellen die spiegelglatte Wasserfläche kräuseln.

Martina Iffländer, Lingen

 

Lieber nicht

Auf der Terrasse eines netten Ausflugslokals bei Berchtesgaden in Oberbayern habe ich diese Tafel gefunden. Und hoffe jetzt, dass es in Ihrer Redaktion jemand gibt, der so viel von Pilzen versteht, dass er den Witz des Bildes kapiert.

Hubert Rößner, Böbing b. Weilheim
(Anm. d. Red.: Gibt es, gibt es, lieber Leser! Wir hätten den Witz sogar verstanden, wenn die Tafel »Eierschwammerl«, »Reherl« oder »Rehlinge« versprochen hätte.)

 

Am Stammtisch

(Nach Heinrich Heine, »Sie saßen und tranken am Teetisch«)

Wir aßen und tranken am Stammtisch
und hatten die Welt im Griff.
Der Wirt gab sich locker lakonisch,
und Hans durch die Zähne pfiff.

Die Welt muss sein platonisch.
Der Musiker wusst es genau.
Doch Ulla lächelt ironisch:
Was bist du doch, Hänschen, so schlau!

Die Welt ist süchtig und gierig
nach deinem und meinem Moos,
und guckst du nicht stur und stierig,
dann bist du’s ruck, zuck wieder los.

Drum hab ich, sagt Susi beflissen,
Musik in Kunststoff gebrannt.
Bei Bach und mit Wärmekissen
erschließt die Welt dir Herr Kant.

Und Frauke lächelt freimütig:
Die Welt ist mein größtes Pläsier.
Drum präsentier ich euch gütig
den Grünkohl und noch ein Bier.

Und Leo, vom Alter recht weise,
im Rücken den warmen Kamin,
stellt’s Hörgerät still und ganz leise,
lässt Welten vorüberziehn.

Doch Bärbel entscheidet westfälisch:
Ich habe die Welt im Griff.
Ich mal sie mit Farbe ästhetisch
und geb ihr den letzten Schliff.

Wir sitzen noch immer am Stammtisch
und halten die Welt ganz fest,
verzehren mal locker, mal hektisch
gemeinsam den spärlichen Rest.

Ulla Michalke, Selm

 

Was mein Leben reicher macht

Sommerferien im Hotel Mama. Jeden Morgen den legendären Obstsalat der Hoteldirektorin genießen, der hier »Obstler« genannte wird. Normalerweise ist er nur am Wochenende zu bekommen, aber im Sommer ist in diesem Hotel alles etwas anders – und die Direktorin im Ausnahmezustand.

Peter Bieg, Trier

 

Internationale Küche

Urlaub auf La Gomera mit einem liebevoll ausgestatteten Hotelbuffet: Die Speisen wurden – wie man sieht – nicht etwa mittels flüchtig hingekritzelter Zettel angepriesen, sondern es gab jeweils schön gestaltete Keramiktäfelchen. Ganz besonders gefiel uns der »Mansch von vatis« fürs Kartoffelpüree – abgeleitet offenbar vom kanarischen papas für Kartoffeln.

Elfriede Herberg, München

 

Was mein Leben reicher macht

Ich komme vom Joggen heim. Die ganze Zeit drohten dunkle Wolken. Als ich die Haustür schließe, prasselt es los. Welch ein Geschenk, das Dach überm Kopf!

Wolf Warncke, Tarmstedt

 

Was mein Leben reicher macht

Wir haben vier Kinder, dreizehn, elf, sieben und fünf Jahre alt. Zu Beginn der Sommerferien sind die drei Großen wie jedes Jahr in ihr Pfadfindercamp gefahren. Der Kleinste muss ohne seine Geschwister zu Hause bleiben und bittet mich abends beim Zubettgehen: »Mama, kannst du Lärm machen, damit ich einschlafen kann?« Nicht nur ich liebe unsere (Groß-)Familie!

Annette Huerre, La Hulpe, Belgien

 

Zeitsprung

1978 unternahmen mein Sohn Markus (11) und ich (29) eine vierwöchige Rucksacktour durch Italien: mit dem Zug über Venedig, Florenz, Rom und Neapel bis hinunter nach Sizilien. Das Frühstück auf dem Markusplatz, festgehalten mit der damals üblichen Pocketkamera, stand also ganz am Anfang dieser abenteuerlichen Unternehmung, von der mein Sohn heute noch schwärmt. Venedig ist seitdem unser beider große Liebe, und wir waren, zusammen oder getrennt, immer wieder dort. 1997 wünschte Markus sich noch einmal 14 Tage Venedig mit Muttern, inzwischen Rollstuhlfahrerin. Venedig im Rollstuhl? Nicht recht vorstellbar, aber ich war neugierig auf dieses Abenteuer. Markus besorgte uns als Quartier ein Holzhäuschen auf einem behindertengerechten Campingplatz am
Lido di Jesolo, und das Vaporetto brachte uns täglich nach Venedig, wo Markus mich dann samt Rolli klaglos treppauf, treppab über die vielen Brücken astete. Zwischendurch war auch öfter mal Ausruhen auf dem Markusplatz angesagt, verewigt diesmal mit einem vernünftigen Fotoapparat.

Sigrid Zandorf, Hannover

 

Was mein Leben reicher macht

Unser Sohn Nicholas (21) ist für vier Wochen auf kulturellem Austausch in Tansania. Er wohnt bei einer afrikanischen Gastfamilie mit drei Kindern im Schulalter und arbeitet in einem Waisenhaus. In seiner letzten E-Mail vor der Rückkehr schreibt er: »Ich werde meine host family und vor allem meinen host father Jack sehr vermissen. Gestern erklärte mich Jack offiziell zu einem Familienmitglied. Er sagte, ich hätte nun eine zweite Familie in Tansania und sei sein Erstgeborener.«

Harald Ströbitzer, Windischgarsten, Österreich