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Was mein Leben reicher macht

Ich komme spät nach Hause. Mein Sohn, 11 Jahre, schläft schon. Auf meinem Kopfkissen finde ich einen Zettel von ihm: »Liebe Mama, ich wünsche Dir eine gute Nacht, träum etwas Schönes, 19 Küsse, ich hab Dich lieb«.

Martina Homeier, Braunschweig

 

Zeitsprung

 

Im Juni 1992, also vor genau 20 Jahren, fuhr ich mit meinen Kindern Luise, Julia und Moritz in den Urlaub nach Otterndorf an der Elbmündung. Wir wohnten auf dem Bauernhof der Familie Johannsen. Es war ein Paradies, vor allem für die Kinder. Als Heu gemacht wurde und dabei ein Gewitter aufzog, bat mich der Bauer Uli, auch noch einen Traktor mit zwei Hängern zu fahren,um alles rechtzeitig und trocken in die Scheune zu bekommen. Ich sagte natürlich Ja, und wir schafften es vor dem Regen. Die Kinder tobten derweil in der Scheune im Heu. Gleich am ersten Tag hatte ich meine Brieftasche mit 800 Mark Urlaubsgeld und allen Papieren verloren! Schon eine Stunde später wurde alles auf der Polizei abgegeben, nicht ein Pfennig fehlte. Die Otterndorfer sind seither für mich die ehrlichsten Leute der Welt. Kürzlich waren wir wieder dort und haben an der Zufahrt zum Bauernhof das Bild von 1992 wiederholt. Zu den drei Kindern von damals hat sich nun noch Franz gesellt. Und den Leuten auf dem Hof geht es gut.

Rudolf Heym, Ingersleben, Thüringen

 

Internationale Küche

In einem schönen Restaurant in Girona, Katalonien, Spanien, wurde »mutwillige Ravioli Schweinefleisch Fußcreme mostassa« angeboten. Die Ravioli waren aber ungefährlich. Es handelte sich bloß um Nudeln, die mit Schweinefuß gefüllt waren und mit Senfsauce serviert wurden. Auf die Anwendung der Fußcreme haben wir verzichtet.

Doris und Alois Geyer, Klosterneuburg, Österreich

 

Was mein Leben reicher macht

Meine liebe Nachbarin Frau S., die mir nicht nur allwöchentlich ihre ZEIT zur Nachlese überlässt, sondern mir auch von Zeit zu Zeit ihr Haus und manchmal sogar ihr Herz öffnet.

Michaela Rosenstock, Gütersloh

 

Was mein Leben reicher macht

Es ist Juli, Sauerkirschenzeit. Ich stehe mit meinen beiden Kindern in der Küche. Wir machen Sauerkirschmarmelade ein. Die Große entkernt die selbst geernteten Kirschen, der Kleine schaut neugierig zu, ich koche die Gläser aus. Es spritzt der Saft, überall gibt es kleine rote Flecken, aber wir drei sind überglücklich.

Brigitte Helwig, Nürnberg

 

Internationale Küche

Teneriffa 1973. Auf der Speisekarte ihres Hotels begegnet meinen Eltern der Posten »Muscheln auf Matrosenbluse«. Kein Verfall der Tischsitten, sondern, wie sich nach einem Blick in den französischen Teil der Karte herausstellt, die aus dem Ruder gelaufene Übersetzung von »Moules à la marinière«. Seitdem ist der Ausdruck in unserer Familie sprichwörtlich geworden für jede Art von nicht artgerechtem Zusammentreffen von Lebensmitteln mit Textilien.

Petra Trinkaus, Köln

 

Was mein Leben reicher macht

Nach einem langen, ausgefüllten Arbeitstag im strömenden Regen am Maschsee entlang nach Hause zu radeln. Und irgendwie froh zu sein. Weil sich das Leben gerade in die richtige Richtung dreht. Und der Sinn wieder da ist, nach dem ich so lange gesucht habe!

Karin Berkhoff, Hannover

 

Was mein Leben reicher macht

Das schwarze Huhn unseres Nachbarn. Jeden Tag laufen seine Hühner pickend durch unseren Garten. Aber das schöne Schwarze läuft zielstrebig hinter eine Buchs-Hecke und legt ein Ei ins Nest aus welkem Laub: jeden Tag, bei jedem Wetter pünktlich zwischen elf und zwölf Uhr.

Heidrun Weismann-Kahl, Chemnitz

 

Sommergewitter

(frei nach Heinz Erhardt und Ludwig Uhland »Das Unwetter«)

Vater und Mutter, Handtasche und Kind
im dunklen Auto versammelt sind. –

’s ist Mittwoch. Da hört man von ferne
ein leises Grollen. Mond und Sterne
und auch die Berge hüllen sich ein,
einzelne Blitze leuchten fein.

Und es sitzt hellwach – im dunklen Gefährt
die Familie mit Tasche, die Stimmung gärt.

Das Gewitter kommt näher mit Donnerschlag –
und noch fünf Minuten bis Donnerstag!

Es heult der Sturm, es schwankt schon das Zelt,
der Regen prasselt, unter geht die Welt!
Und im dunklen Auto – man weiß es schon –
sind Eltern, Tasche, Tochter und Sohn.

Ein furchtbarer Krach! Die Mutter schreit:
»Der Blitz, er schlägt ein! Nun ist es so weit!« –
Sie sieht schon vor sich wie das Zelt verglimmt,
doch nach zig Gewittern: Es hat nie gestimmt.

Alle Camper begaben sich längst zur Ruh,
Familie F. hockt da, tut kein Auge zu.

Gudrun Thesing, Mechernich
Kindheitserinnerungen an die Campingurlaube in den sechziger Jahren. Und passend zum diesjährigen Sommerwetter