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Was mein Leben reicher macht

Sonntagnachmittag. Schon eine ganze Weile ist es verdächtig still in unserer Wohnung. Ich begebe mich auf die Suche nach meinen Lieblingsmenschen. Im Schlafzimmer werde ich fündig: Mein Freund und unsere gemeinsame, vier Monate alte Tochter Frida liegen im Doppelbett und schnarchen um die Wette. Was habe ich doch für unbeschreibliches Glück!

Maria Gottschall, Offenbach am Main

 

Gassenhauer: Mein Wort-Schatz

Ein Begriff,der nicht mehr so geläufig ist: Gassenhauer. Das war im Zeitalter der Ritter einer, der mit seinem überlangen Schwert eine Bresche in die Front der Feinde zu schlagen hatte! In meiner Jugendzeit in den 1950er Jahren war damit allerdings eher ein Schlager gemeint, der so beliebt war, dass er in allen Gassen gesummt oder gepfiffen wurde. Als Beispiel fällt mir etwa der River Kwai Marsch ein.

Werner Müller, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Ärger im Job verschafft mir eine unruhige Nacht. Morgens sitze ich dann zeitunglesend in der U-Bahn. Trotz meiner schlechten Laune huscht mir hin und wieder ein Lächeln übers Gesicht – und der Mann gegenüber lächelt jedes Mal mit. Als ich aussteigen muss, hält er mir sein Handydisplay entgegen. Da steht: »Wenn Sie lächeln, gehen die Blumen auf und das Herz«. Es wurde doch noch ein schöner Tag.

Sarah Spitzl-Kirch, München

 

Zeitsprung

Als Bildjournalist hatte ich den Auftrag, Fotos für eine Beilage zum 50. Jubiläum der Nordbayerischen Nachrichten zu machen. Als Vorlage erhielt ich die obere Aufnahme, die Anfang 1962 im oberfränkischen Dorf Hundshaupten bei Forchheim entstand. Auf der Suche nach dem abgebildeten Motiv wandte ich mich an den Schlossherrn des Dorfes, Baron Heinrich von Pölnitz. »Wir gehen zur Betty Frauenknecht, die kennt im Dorf jeden«, meinte der Adlige. Die Genannte war zusammen mit ihrer Tochter Renate auch gleich zur Stelle. »Mutter, das bist doch du auf dem Foto«, sagte diese spontan, nachdem sie das Bild in Augenschein genommen hatte. Betty Frauenknecht holte ihre Brille hervor und bestätigte die Vermutung der Tochter, mit der sie zur Zeit der Aufnahme übrigens schwanger war. In den knapp fünf Jahrzehnten zwischen den beiden Aufnahmen hat der Fortschritt nicht haltgemacht vor dem Dorf und seinen 130 Einwohnern. Der Lebensmittelladen – zu dem die Fotografierte auf dem ersten Bild gerade unterwegs war – ist inzwischen geschlossen. Dafür wurde im Jahr nach der Aufnahme die Dorfstraße geteert.

Michael Müller-Jentsch, Nürnberg

 

Was mein Leben reicher macht

Mit unseren Enkeln saßen wir am Lagerfeuer. Gespannt hörten sie dem Opa zu, der vorlas. Moritz (elf Jahre) war derart begeistert, dass er spontan beschloss, Dichter zu werden. Am nächsten Morgen holte er sich Papier und einen Bleistift – auf dem er längere Zeit kaute. Schließlich meinte er: Opa, Dichten ist schwer, ich werde doch lieber Chemiker.

Rolf Smidt, Wilhelmsdorf, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Vor 39 Jahren gab mir mein damaliger Freund Manuskripte zur Aufbewahrung. Die Papiere machten viele Wohnungswechsel mit, ohne je abgeholt zu werden. Jetzt stand er urplötzlich mit seiner Frau vor meiner Tür. Er wollte die Freundin wiedersehen – an die Papiere hatte er gar nicht mehr gedacht.

Evelyn Schade, Lüneburg

 

Im Lebens(mittel)laden

(Nach Ernst Jandl, »im delikatessenladen«)

bitte geben sie mir ein halbes dutzend kindheitsträume.
etwas ausgefallen, aber nicht zu sehr.
so, dass man noch dran glauben kann.

nun, dann vielleicht zwei flaschen lebensideale.
von den lieblichen,
die sagen mir am meisten zu. etwas würze, fein dosiert,
kann dabei sein.

auch nicht. bliebe noch – schinken sehe ich
haben sie da hängen.
zwei, drei werden genügen.
sind die denn auch vom unschuldslamm?

Michaela Keller, Erlangen

 

Internationale Küche

Pfingstsonntag in Mailand. Am Castello-Start zur Endrunde des Giro d’Italia. Wir drücken uns durch Menschenmassen zur Via Dante. Dort lassen wir uns erschöpft im Straßencafé nieder. Vor uns ein teurer, aber köstlicher Eisbecher mit Gepeitschter Schlangsahne.

Marlise Mickler, Pfedelbach, Baden-Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Ich reise allein zu den Wasserfällen von Iguaçu in Brasilien. Eine Gruppe Touristen dort trägt Anstecker, auf denen der Name ihres Tour-Guides steht: Rejane Wenzel. Ich bin aufgeregt (»That’s my name!«), suche und finde sie schließlich. Trotz der Sprachbarriere stellen wir fest, dass unsere Vornamen »Königin« bedeuten. Für eine Viertelstunde habe ich eine brasilianische Schwester!

Regine Wenzel, Siegen

 

Internationale Küche

 

 

 

 

 

 

Hier ein Ausschnitt aus einer Speisekarte aus Lagos, Portugal. Das Englisch scheint nicht ganz astrein, aber als Frau gefällt mir natürlich das Erdinger Weibbier gut!

Miriam Dehne, Hannover