Lesezeichen
 

Was mein Leben reicher macht

Unser 14-jähriger Nikolai, der sonst französischen Hip-Hop hört, hat mir auf dem schönen alten Pfeiffer-Klavier meiner verstorbenen Mutter zum Geburtstag einen hübsch swingenden Ragtime vorgespielt.

Thomas Staiber, Stuttgart

 

Ohne Worte


Anbei ein Straßenbild, aufgenommen im Frühjahr 2011 in Schwäbisch Hall. Dazu braucht es aus heutiger Sicht keinen Kommentar.

Helmut Ballmann, Struppen in der Sächsischen Schweiz

 

Was mein Leben reicher macht

Ein kleines, offenbar zu neugieriges Eichhörnchen steckt mit seinem Kopf in einem der Löcher eines Gullydeckels fest. Passanten versuchen mit Wasser, Seife und Spülmittel den Nager »geschmeidig« zu machen, um ihn zu retten. Vergeblich. Die Feuerwehr wird alarmiert. Da das Tier felsenfest in seinem Gefängnis festklemmt, transportieren es die Beamten samt Eisendeckel ins Tierheim. Dort wird »Gullyver« vom Amtstierarzt betäubt und mithilfe eines Trennschleifers aus seiner misslichen Lage befreit. Deutschland – einfach herrlich.

Alexander Risini, Augsburg und Heidelberg

 

Tausendsassa: Mein Wort-Schatz

Mein Schulfreund Ralph war ein Tausendsassa. Er stand in allen Fächern »sehr gut«, auch in Sport. Rock-Gitarre konnte er auch, die Mädels stritten sich um ihn. Gibt es nicht? Gab es  doch. Wenn wir in Österreich aufgewachsen wären, wäre Ralph dort ein Wunderfuzzi gewesen. Auch schön!

Reiner Frey, Düsseldorf

 

Was mein Leben reicher macht

Smartphone, WLAN, Apps – solch Technikgedöns ist mir eigentlich egal. Wenn ich aber das Gesicht meiner in Kanada lebenden Freundin Alice in HD-Qualität auf meinem Multi-Touch-Screen aufleuchten sehe, möchte ich sofort jedem Entwickler um den Hals fallen und ihm für seine Leistung danken.

Lars Laemmerzahl, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn ich am Sonntagnachmittag mit meiner Mutter bei Kaffee und selbst gebackenem Kuchen im Wohnzimmer meiner 88-jährigen Oma sitze. Wenn es dann klingelt und sich meine Tochter mit ihrem fünf Monate alten Sohn Leo der Runde anschließt. Wenn schließlich fünf Generationen am Tisch sitzen und erzählen. Dann bin ich Tochter, Mutter, Oma und Enkelkind in einer Person.

Sabine Imping, Schopfheim

 

Wiedergefunden: Die Belohnung


Bei dem ewig trüben Wetter macht es Spaß, aufzuräumen und in alten Unterlagen zu lesen. So fand ich diese alte Urkunde. Wie sich die Zeiten geändert haben! Ob man heutzutage mit Marken, Stempeln und Unterschriften junge Leute für ähnliche gemeinnützige Arbeiten gewinnen könnte? Ich war damals 15 Jahre alt, und unsere Familie war im Jahr 1943 ausgebombt worden.

Helmut Beutel, Hamburg

 

Zeitsprung

1931

2011

Von 1929 bis 1931 betrieben meine Großeltern eine Gastwirtschaft im Berliner Bezirk Pankow. Mein Großvater kam aus dem Rheinland und hatte eine wunderschöne Stimme. Eigentlich wollte er Opernsänger werden und hatte auch die Aufnahmeprüfung an der Berliner Musikhochschule bestanden. Aber die Armut zwang ihn, die Ausbildung abzubrechen und Unterhaltungsengagements in diversen Etablissements anzunehmen. Er sang auch Selbstkomponiertes und zog mit meiner Mutter (Jahrgang 1926) singend und Akkordeon spielend um die Häuser. Meine Oma, die aus Riga stammte, als Hutmacherin nach Berlin gekommen war und hervorragend kochen konnte, hatte dann die Idee, ihrer beider Fähigkeiten zu verbinden. Sie pachteten das auf dem Foto abgebildete »Conzert-Restaurant« und nannten es »Zum Rheinischen Sänger«. Auf dem Foto aus dem Jahr 1941 posiert mein Opa mit 41 Jahren vor dem Haus, das es heute noch gibt – allerdings ohne Vorgarten. Auf der Rückseite ist das Foto gestempelt mit Adresse (»Wollankstraße 115«) und der Pankower Telefonnummer 324. Meine Mutter erzählt, wie ihre Mutter bis spät in die Nacht Stammgäste bediente und ihre berühmten Buletten briet. Diese wurden gerne für ein paar Groschen zum Pils verspeist, häufig jedoch nicht bezahlt (sondern angeschrieben), weil meine Oma sehr gutmütig war und mein Opa längst im Bett. Als die Wirtschaftskrise immer drückender wurde, mussten sie die Kneipe verkaufen. Am Fensterstuck ist das Haus gut zu erkennen. Ich stand vor ein paar Wochen davor und ließ mich ablichten.

Maria Schmidt, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Spiegeleis auf dem Baggersee. Meine erwachsene Tochter und ich holen nach Jahren wieder die alte Eishockeyausrüstung aus dem Keller. Am See laden uns ein paar junge Männer zum Mitspielen ein. Jugendliche aus dem Dorf haben Torkästen gebastelt. Stundenlang spielen wir, mit unbändiger Freude, aber ohne übertriebenen Ehrgeiz. Zum Schluss gibt es Schaschlik vom improvisierten Grill. Selbst ein kurzer Besuch im Krankenhaus konnte die Freude über diesen Tag nicht trüben. Die Platzwunde war rasch genäht.

Heinz Braun, Schwanau, Ortenaukreis

 

Denkmut: Mein Wort-Schatz

In Stefan Zweigs Triumph und Tragik des Erasmus von Rotterdam heißt es: »Im Humanismus feiert die Zeit ihren eigenen Denkmut und ihre neue Hoffnung.« Denkmut gehörte zur Zeit des Erasmus (1465 bis 1536) wahrhaftig dazu, die Kirche und den Papst zu kritisieren und sich darüber lustig zu machen in einer Satire und im Lob der Narrheit. Nach Erasmus ist zu Recht das Programm der EU für grenzüberschreitende Mobilität und Zusammenarbeit in der europäischen Hochschulbildung benannt. Denkmut bringen die vielen Millionen Studenten in Europa auf, die daran teilnehmen. Aber warum ist das schöne Wort aus unserem aktuellen Wortschatz verschwunden?

Renate Salz, Bonn