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Was mein Leben reicher macht

Bei unserem letzten Besuch bei der englischen Verwandtschaft in London gingen meine Frau und ihre Schwester noch kurz in eine kleine Bäckerei, um einzukaufen. Ich wartete so lange vor dem Laden und sah mir das Treiben auf der Straße an. Jemand stellte sich neben mich, und noch einer, und noch einer … Bis ich merkte, dass sich eine kleine Schlange vor dem Bäckerladen gebildet hatte. Ist diese britische Disziplin nicht bewundernswert?

Wieland Rauh, Solingen

 

Mein Foto des Jahres


Im April dieses Jahres, zur Zeit des Arabischen Frühlings, haben mein Mann und ich während unseres obligatorischen Tunesienurlaubs spontan zwei Tage lang in einem Flüchtlingscamp an der libyschen Grenze gearbeitet. Bilder, die ich mein Leben lang nicht vergessen werde!

Ella Klenner, Bad Oldesloe

 

Heidewitzka: Mein Wort-Schatz

Heidewitzka! Dieses Wort verbinde ich mit meinem Kronshagener Elternhaus. Mein Vater, heute 80 Jahre alt, fügte als Kapitän zur See gern hinzu: »Heidewitzka, Herr Kapitän!« Das bedeutete für uns vier Kinder stets, dass er etwas Angenehmes oder Unangenehmes entdeckt hatte und dies in einem laut vernehmbaren Selbstgespräch kundtat. Ich eignete mir diesen Ausruf des Erstaunens an und ertappe mich bis heute dabei, leise oder laut auszurufen: »Heidewitzka!« Eine sprachlich wohltuende Weise, andere an der eigenen Gefühlswelt teilhaben zu lassen.

Felix Evers, Ratzeburg

 

Mein Foto des Jahres


Ich finde, dieses Bild aus Athen fasst die letzten (Krisen-)Jahre und die ungewisse Zukunft geradezu perfekt zusammen. Trotz all der negativen Schlagzeilen und der gravierenden Probleme musste ich schmunzeln, als ich diesem Motiv begegnet bin. Und das hatte der Künstler (ein stadtbekannter Obdachloser) wohl auch im Sinn: Leute, kann’s eigentlich noch beschissener werden

Steven Norman Bichat, Berlin

 

Was mein Leben reicher macht

Ein Samstag im Herbst. Beim Joggen durch die Felder fand ich einen schlaffen Luftballon, daran ein durchnässtes Stück Papier. Sicher eine Botschaft, dachte ich, die Kinder losgeschickt haben. Ich wollte ihnen zu einem Erfolgserlebnis verhelfen und steckte den Zettel ein. Als ich ihn zu Hause vorsichtig auseinanderfaltete, kam ein mit Buntstiften gemaltes Bild zum Vorschein: zwei Blumen auf grünem Boden, dazwischen wohl ein Großvater, zu erkennen an seinem Schnurrbart. Über ihm zwei lila Wolken und am oberen Bildrand ein Streifen blauer Himmel, in dem kaum sichtbar »Opa« stand. In die Mitte des Blattes aber war mit kindlicher Schrift geschrieben: »Von Ann-Sophie. Für Opa. Ich vermisse dich.« Wie auch an jenem Samstag kommen mir beim Betrachten dieser lieben Botschaft die Tränen.

Dietmar Finger, Rödermark

 

Mein Foto des Jahres


Im März dieses Jahres führte mich eine Reise nach Norwegen und für zwei Tage auch  auf die Lofoten. Von dort stammt das Bild, das für mich so sehr dieses bewegte Jahr 2011 symbolisiert: unsere verschneiten, idyllischen Ferienhäuschen dort, kurz darauf die Nachricht vom Erdbeben, dem Tsunami und der Atomkatastrophe in Japan – Schönheit und Schrecken, ganz dicht beieinander.

Eva Hauser, Darmstadt

 

Mein Foto des Jahres


Mein Foto entstand Anfang Oktober, während einer Reise durch Zentralanatolien im alten Basar von Ankara. Es zeigt so etwas wie lebendige Nachbarschaftshilfe. Und doch trügt es. In Wirklichkeit waren wir sehr beeindruckt von der modernen Infrastruktur im Inneren der Türkei – und von den liebenswürdigsten Gastgebern, die man sich vorstellen kann.

Elisabeth Weber-Strobel, Heidenheim

 

Drehumdiebolzeningenieur: Mein Wort-Schatz

Eines der Lieblingswörter unserer Familie ist Astrid Lindgrens Drehumdiebolzeningenieur, von dem Lasse sagt, man müsse Pappscheiben an Lichtschaltern anbringen können, wenn man so etwas Feines werden wolle. Unsere Kinder waren vom Kindergartenalter an davon begeistert, zumal ihr Papa Ingenieur ist und ihr Interesse am Basteln früh geweckt hat. Auch heute noch, kurz vor dem Abitur, fällt dieses Wort von Zeit zu Zeit. Ob es wohl die Studienwahl beeinflusst?

Rosemarie Horcher-Metzger, Rodenbach

 

Mein Bild des jahres


Mein Foto des Jahres habe ich am 11. März in Bamberg aufgenommen. Es handelt sich um die an exponierter Stelle angebrachte, in diesem Fall wohl seitens der Stadt verhüllte, zuvor von Neonazis beschmierte Gedenktafel für Graf Stauffenberg – laut Inschrift ein »Symbol des deutschen Widerstandes für seine Tat am 20. Juli 1944«. Ich finde dies ein Armutszeugnis, bezeichnend für den hilflosen Umgang mit den Nazi-Schmierereien. Quasi durch einen Müllsack wird das Gedenken aus der Öffentlichkeit entfernt.

Egbert Daum, Verl