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Was mein Leben reicher macht

Das Gewitter, das sich mit taghellem Wetterleuchten in der Nacht bemerkbar machte und dann mit enormem Grollen aus den Rocky Mountains ins Tal rollte. Der Bär, der im Frühnebel nach dem Gewitter vor dem Haus auftauchte und sich quer über die Wiese in Richtung Sportplatz trollte. Auf dem gepflegten Rasen des Sportplatzes fand ein Fußballturnier für Mädchen statt. Die Luft war voll von begeisterten Rufen und Freundlichkeit. Die Eltern saßen auf dem Rasen, feuerten ihre Kinder an und trockneten auch die Tränen der Gegner. Ein Mädchen schoss den Fußball aus dem Spielfeld,  ich schoss ihn unbeholfen über den Zaun zurück und entschuldigte mich dafür bei ihr. „Macht nichts. Du hast den Ball über den Zaun zurückbekommen. Das ist toll.“

Gerade spielte eine Frauenmannschaft in Deutschland Fußball. Vielleicht haben sie einmal Fußball gespielt wie diese Mädchen.

Sigrun Seidel-Petry, Rostock

 

Was mein Leben reicher macht

Unsere wundervolle Hebamme. Dank ihrer Begleitung und Unterstützung konnten wir unseren jüngsten Sohn Benno dort bekommen, wo er hingehört: in unserem Wohnzimmer in unserer Mitte. Fernab jeglicher Hektik und Klinikroutine
kam er gesund und friedlich zur Welt.

Heidi Huckert, Landsberg

 

Liebe Helgoländer,

® dpa - Bildfunk

unsere Familie hat kürzlich Eure Insel entdeckt. Sie ist ein Kleinod und hat uns verzaubert: der rote Fels, die 360-Grad-Rundumsicht, eine Luft, die Nase und Lungen streichelt, glasklares Wasser mit Seehunden als Schwimmgefährten, Seevögel, die sich nur bei Euch fortpflanzen können… Wie froh sind wir, dass Ihr den Plänen zur Erweiterung Eurer Insel nicht zugestimmt habt! Helgoland darf kein Mini-Dubai werden, seine Zukunft darf nicht in die Hände gewinnorientierter Großinvestoren geraten. Wir sind zuversichtlich, dass dieses ökologische Refugium neue Freunde finden wird: Dies werden nun wohl weniger die lauten, eventorientierten, sondern eher die leisen sein, die mit wachen Sinnen die natürliche Schönheit Helgolands zu schätzen wissen. Wir kommen wieder!

Schöne Grüsse,

Christine Lehmann, Braunschweig

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Sohn, ein gestandener Mann, Mitte dreißig, war kürzlich mit seinem Wagen auf Urlaub in Frankreich. Als eine Warnlampe aufleuchtete, rief er mich an. Ich solle bei einer hiesigen Firma erkunden, was es zu bedeuten habe. Und per Internet herausfinden, wo in Orléans eine Fachwerkstatt zu finden sei. Man braucht mich noch immer! Das ist Balsam für die Seele eines ehemals alleinerziehenden Vaters mit drei Kindern.

Wolfgang Schlüter, Münster

 

Siehst du das Meer?

(Nach Hugo von Hofmannsthal, »Siehst du die Stadt?«)

Siehst du das Meer in seiner ganzen Wut,
Und was seit Tagen schon es mit uns macht?
Vor Sonnenbränden war’n wir auf der Hut,
Mit Cremes der Stärke 30, falls die Sonne lacht.

Stattdessen treibt ein Zyklon Wolken vor sich her,
Nunmehr schon ein, zwei Wochen lang:
Aus ihnen fällt ein Tropenregen schwer,
Und pfeifend tönt um unsre Hütte sein Gesang.

Das schwarze Grau der Tage wird zur Pein,
Zur Pein Moskito-Stich und Schweiß der Nacht.
Kann Urlaub wirklich so verdorben sein?
Ach, hätte man zu Haus ihn doch verbracht!

Kurt Wagner, Bonn

 

Was mein Leben reicher macht

Zur Einstimmung auf meinen Sommer in Schweden nach so vielen Jahren noch einmal Astrid Lindgren lesen und spüren, auf welche besondere Weise sie meine Kindheit und mein Leben bereichert haben! Danke für Pippi, Michel, für die Kinder aus Bullerbü und für die Ferien auf Saltkrokan!

Friederike Rotberg, Marl

 

Sammelsurium: Mein Wort-Schatz

Als Kind herrschte ich über einen wunderbaren Schatz, der in meinem Kinderzimmer, ohne erkennbares System, weitflächig verteilt war. Diesen Schatz hatte ich in vielen Jahren liebevoll zusammengetragen. Es handelte sich um außerordentlich wertvolle Dinge, wie Muscheln, Steine jeder Größenordnung, rostige Schrauben mit Muttern und Unterlegscheiben, Hunderte von Einzelteilen aus dem Märklin-Baukasten, halb fertige Traktoren und Portalkräne, speckige Stofftiere, Sportabzeichen der verschiedensten Leistungsstufen und viele andere Herrlichkeiten. Nichts davon hätte ich hergegeben, es sein denn über meine Leiche. Meine Mutter allerdings konnte den Wert der außergewöhnlichen Sammlung offenbar auch nicht andeutungsweise ermessen. Sonst hätte sie nicht eines unschönen Tages in wenig freundlichem Ton zu mir gesagt, ich solle doch endlich das ganze Sammelsurium wegschaffen. Geblieben ist mir ein frühkindliches Trauma neben der Gewissheit, dass es kein hässlicheres Wort auf der ganzen Welt gibt, als das Teufelswort Sammelsurium, vor allem im Zusammenhang mit den Schätzen eines Kindes. Und sollte ich jemals einen Meuchelmord begehen, wird mein Anwalt gut daran tun, diese tiefe Verletzung strafmindernd vorzubringen.

Willi Oberholz, Wittlich

 

Was mein Leben reicher macht

40 Tage lang war ich auf Krücken angewiesen: Außenknöchelfraktur. Und jetzt bin ich endlich wieder unabhängig!
Kann losgehen, wann ich will, mit dem Fahrrad durch den Park fahren und muss nicht mehr jeden unnötigen Weg vermeiden. Kann in der Bibliothek die Wendeltreppe nach oben laufen und mir einen Roman von Martin Suter ausleihen. Schwimmen. Klavierspielen mit Pedal. Ich genieße meine wiedergewonnene Freiheit und danke allen, die mir geholfen und mich ertragen haben.

Rebecca Theurer, Weimar

 

Erinnerung an Hedwig

Als ich Schwester Hedwig kennenlernte, war sie kurz vor der Rente. Eine kräftige, mittelgroße Krankenschwester, die zupacken konnte. Das Tun war ihre Stärke, weniger das Diskutieren. Kamen Praktikanten ins Pflegeheim mit neuen
Ideen, dann meinte Hedwig: »Die kommen her, stecken ihre Nase überall rein, wollen alles verändern, dann gehen sie studieren. Uns bleibt die Arbeit, weil sie die Alten völlig durcheinanderbringen« Wer die Pflegestation von Schwester Hedwig für die nächste Schicht übernahm, konnte sich darauf verlassen, dass alle sauber in frisch bezogenen Betten lagen. Hedwig war das Symbol für die Satt- und Sauberpflege. Sie starb in einem Pflegeheim, in dem es für Hygiene einen Zeitplan gab, für den sich niemand wirklich verantwortlich fühlen wollte. Nun hatte die Satt- und Sauberpflege einen geringeren Stellenwert. Alle wollten therapieren, in Gesprächsrunden, mit Maltherapie, Basteln, Musiktherapie, Tanz, Veranstaltungen, Ausflügen, Filmvorführungen und Vorträgen. Manchmal roch es unter Hedwigs Bettdecke. Dann war sie unruhig, murrte vor sich hin, der Schlaganfall hatte ihr die Sprache genommen. Aber keiner wollte sie verstehen. Einmal wurde sie in den Rollstuhl gesetzt. Es hieß, sie müsse beschäftigt werden. Sie sollte in die Bastelrunde. Hedwig hatte nie im Leben gebastelt. Plötzlich drängten Blase und Darm. Sie bat um Hilfe, aber Basteln war angesagt, nicht Säuberung. Die Therapeutinnen waren für den Schmutz in Hedwigs Unterhose nicht zuständig. Freundlich erinnerte man sie daran, dass sie eine Windel trug. Die Selbstverwirklichung kreativer Mitarbeiter in der Altenpflege bringt Qualitätspunkte. Erfolgreich wehrte sich Hedwig von nun an gegen jede Therapie, indem sie wütend mit dem noch funktionierenden Arm um sich schlug. Die Scham hatte sie nicht mehr losgelassen. Bald bedrängte sie keiner mehr. Nur wenn sich die Tür öffnete und der Therapiehund schnüffelnd um ihr Bett schlich, lag sie ganz still, liefen Tränen über ihr angespanntes Gesicht, vielleicht, weil sie an ihren Hund dachte und die Zeit der Selbstbestimmtheit zu Hause.

Margarete Noack, Berlin

 

Zeitsprung

1971

2011

1971: Das medizinische Staatsexamen hatten wir bestanden. Ein Glas Sekt entließ uns in eine hoffnungsvolle Zukunft, und wir verteilten uns über die damalige Bundesrepublik. Kürzlich trafen wir uns am Studienort Freiburg wieder: ein Landarzt, ein Radiologe, ein Internist und ein Nephrologe. Und natürlich feierten wir das Wiedersehen nach vierzig Jahren wiederum bei einem Glas Sekt. Die Haare sind grauer, die Bäuche runder geworden. Lediglich die Tischdecke
hat sich kaum verändert. Wir sind jetzt alle im Ruhestand, aber uns kam es vor, als seien nur vier Wochen zwischen den Aufnahmen vergangen.

Joachim Hacker, Eisenbach